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Noch feinde mögen ietz, noch waffen mehr erschrocken
Da Virmondts Helmen mich, und creutze thut bedecken.

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Historische Nachricht
von der Röm. Kayserl.
Groß⸗Botschafft
nach
Constantinopel,
welche auf allergnädigsten Befehl
Sr. Röm. Kayserlichen und Catholischen Majestät
Carl des Sechsten/
nach glücklich vollendeten zweyjährigen Krieg,
Der Hoch⸗ und Wohlgebohrne des H. R. Reichs Graf
Damian Hugo von Virmondt /
rühmlichst verrichtet.
Worinnen ganz besondere Nachrichten von der Türken Policey, Religion,
Griechischen Antiquitäten und andern merkwürdigen anderswo vergeblich gesuchten
Sachen / zu finden; dabey vieles mit den accuratesten Kupfern erläutert ist.
Aufgesetzt von
Gerard Cornelius von den Driesch /
Sr. Excellenz Secretair und Historiographus.
Nürnberg /
zu finden bey Peter Conrad Monath. 1723.
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Der
Hoch⸗ und Wohl⸗Gebohrnen
Frauen /
Frauen Maria
Elisabeth
Reichs⸗Freyin von Burscheid /
Des Reiligen Römischen Reichs verwittibter
Gräfin von Virmondt /
Meiner Gnädigsten Frauen.

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Hoch⸗ und Wol⸗Gebohrne Reichs⸗Gräfin,
Gnädigste Frau Frau!


NAchdeme ich mich einmal entschlossen /
die vor mehr denn einem Jahr in La
teinischer Sprach heraus gegebene
Beschreibung der Kayserl. Groß
Botschafft an die Ottomannische
Pforte ins Teutsche zu übersetzen /
war es unnöthig / mich lang darauf zu besinnen/ wo
hin meine Zuschrifft müste gerichtet seyn; sintema

len

)( 3
- 12 -
DEDICATIO.

len sich alsobald meinen ersten Vorstellungen eine
vornehme Reichs⸗Gräͤfin praesentirte / welche an dem
Lob dieser rüͤhmlichst verrichteten Gesandtschafft kei
nen geringen Theil nimmt: verstehe aber darunter nie
mand anders / als Eu. Hoch Gräfl. Excellenz,
meine Gnädigste Frau / die / gleichwie Sie an un
serm unvergleichlichen Helden und Staats⸗Mann
Damian Hugo / des Heil. Römischen Reichs Grafen
von Virmonde/ als Jhrem ehedessen hochschäͤtzba
ren Gemahl selbsten / also auch an dessen Verrich
tungen / Glück / Ruhm und Ehre den grösten An
theil hat / daß derowegen Eu. Excellenz die
Zuschrifft solcher Ubersetzung von mir als eine un
umgängliche Schuldigkeit billig fordern köͤnnen.
Die unvergleichlichen Thaten dieses unsers Teut
schen Cyneas sind bekannter / als daß ich selbige der
Welt erst offenbahren solte / auch mehr und grösser /
als daß ich sie alle zu erzehlen und zu wiederhohlen
geschickt wäre: Ja wer sich unterstehen wolte/ de
nenselbigen einen neuen Glanz beyzusetzen / wurde
eben so viel ausrichten/ als wann er Wasser in den
Strom / oder Hitze zu der Sonnen / zu tragen ge
dächte: So haben mich auch schon andere dieser - 13 -
DEDICATIO.

dieser Mühe überhoben / welche durch öffentlich heraus
gegebene Schrifften solche der Welt laͤngstens vor
Augen gelegt. Doch der letzt zu Passarowitz her
gestellte Friede/ und die der ganzen Christenheit dar
durch zugewachsene Vortheile/ samt denen den Erz
Herzoglichen Hauß Oesterreich zugefallene König
reiche und Läͤnder sind solche Dinge / um welcher
willen Ihme auch nach dem Tod nicht allein wir /
sondern die ganze Nach⸗Welt biß zu ewigen Zeiten
sich zu aller Dankbarkeit und Ruhm billich verbun
den erkennen muß.
So geruhen demnach Eure Hoch⸗Gräfliche
Excellenz diese von mir aus dem Lateinischen ins
Teutsche übersetzte Türkische Reiß⸗Beschreibung ei
ner Kaiserlichen Groß⸗Botschafft / welche auf solchen
vortheilhaftigen Frieden erfolget / und von dem Frie
dens⸗Stiffter selbst mit seinem höͤchsten Ruhm und
Ehren geendiget worden / Euerer Hoch⸗Gräflich.
Excellenz aber aus vielfäͤltigen Ursachen allein
gebuͤhret/ in Gnaden an und aufzunehmen / als die den
Herrn Groß⸗Botschaffter / Höchstseel. Andenkens /
mit seinen klugen Anschlägen/ tief ausgesonnenen
Reden / und vornehmen Unternehmungen uns wie

der

)()(
- 14 -
DEDICATIO.

derum gleichsam lebendig vorstellen. Womit zu
Eu. HochGräfl. Excellenz beständiger Wol
gewogenheit mich gehorsamst recommandire/ und
mit unterthänigsten Respect verharre


Eu. Hoch⸗ und Wol⸗Gebohrnen /
Meiner Gnädigsten Frauen /


schuldigst⸗gehorsamster,
Gerard Cornelius von den Drisch.
- 15 -


Vorrede
An den geehrten Leser.


DJejenige / welche gegenwäͤrtige Historie zu
lesen sich gefallen lassen / belieben vor
allen Dingen sich zu versichern / daß
sie darinnen nichts finden werden / was
nicht mit der Wahrheit uͤbereinstimmet;
sintemahlen ich entweder selbst meinstens
darbey gewesen / wann sich etwas zugetragen / und
es mit Augen angesehen: oder zum wenigsten von de
nenjenigen vernommen/ die durch langen Auffenthalt
in diesen Läͤndern solches aus der Erfahrung gewust.
Noch vielweniger aber wird darinnen was anzutreffen
seyn / welches nur auf blossen Muthmassungen / die /
wie es öfters geschiehet / aus andern Buͤchern heraus
gezogen sind/ oder auf des gemeinen Mannes ungegrüͤn
deter Einbildung beruhet / welche letztere so unwahrschein
lich / als jene verstümmelt ist: daher es dann kommt /
daß / weil mancher nur nachsagt oder schreibt / was ande
re vor ihm gesagt oder geschrieben / ohne daß er seiner Mei
nung einen rechten Grund hatte / so viele Unwarheiten
in der Welt herum fliegen; angesehen immer eine Falsch
heit aus der andern entstehet / welche / ob sie gleich An

fangs

)()( 2
- 16 -
Vorrede.

fangs nicht viel zu bedeuten scheinet / doch nach und nach
einen merklichen Zusatz bekommt / und unter dem Deck
Mantel der Warheit sich so lang verstecket / biß diese end
lich mit grosser Mühe herfüͤrbricht / und jener die Masque
abziehet. Und dieser Warheit / welche die Historie am
meisten zieren muß / werde ich mich sorgfäͤltig befleissigen /
im uͤbrigen aber unbekümmert bleiben / ob einige vielleicht
dieselbige nicht wol vertragen köͤnnen. Gleichwol
soll diese bey vielen so verhasste Sache nicht aller Annehm
lichkeit beraubet seyn / indem die Erzehlungen fremder Sit
ten / als etwas / das die meisten nicht ungerne hoͤren /
allenthalben mit eingemischt werden; und wann al
so die mancherley Eigenschafften der Menschen sich dem
Leser vor Augen stellen / kan er dasjenige / was ihm
am besten duͤncket / auslesen / und sich eigen machen / das
übrige aber / als etwas unanständiges verwerffen. Dann
man muß nicht meynen / als ob einiges Volk in der Welt so
barbarisch / oder von der Erbarkeit und wol⸗anstäͤndigen
Sitten so gar entfernet wäre / noch auch das allgemeine
Verderben sie so gar unbändig gemacht haͤtte / daß sie
nicht auch noch vieles an sich haben solten / wordurch
man etwas lernen und zu seinem Vortheil anwenden koͤn
te / wann wir es nur selbsten darzu gebrauchen wolten.
Sind nicht die so vielfäͤltige Reisen in fremde Laͤnder von
unsern Vorfahren darzu angestellet / und heranwachsen


der
- 17 -
Vorrede.


der Printzen und adelicher Jugend einiger Zweck in der
gleichen Vornehmen dahin gerichtet / daß sie verschiedener
Völker Gebraͤuche und Sitten dabey erlernen / und das⸗
jenige an ihrer eigenen Person vorstellen sollen/ was sie
angemerket / daß andere beliebt und ansehnlich machet?
Dann eben daher entstehet der Nutzen von so vielfältigen
Fatiguen auf der Reise / und die Jhrigen empfangen sie
bey ihrer Zuruckkunft mit so viel groͤsserer Freude / je mehr
sie gute Sitten mit nach Hauße bringen. Kluge Reisen
de sollen demnach denen Bienen nachahmen / welche nur
den Thau und das Honig aus denen Blumen samm
len / nicht aber denen Spinnen / die nichts als Gifft dar
aus zu ziehen wissen. Diejenige / welche eher die Laster
als Tugenden an denen Nationen gewahr werden / las
sen sich gemeiniglich auch von ihnen zum Bösen verleiten /
weil man in anderer Leute Untugenden nicht geschwin
der vollkommen wird/ als wann wir dieselbige mitma
chen. Wann aber hier meines Thuns nicht ist / jemand
zu unterrichten / oder zu bestraffen / so wende ich mich viel
mehr wiederum zu derjenigen Materie / welche ich vor
habe. Man erwarte demnach keinesweges von mir /
was andere bis zum Eckel schon vor mir zu thun ge
wohnt gewesen / daß sie alle Kleinigkeiten / die ein jeder
aus ihnen täglich verrichtet / und andere nichts bedeuten
de Dinge aufs genauste erzehlen. Jch habe mir vorge
nommen / gelehrten und verständigen Personen eine Hi

storie

)()( 3
- 18 -
Vorrede.

storie zu schreiben / nicht aber dem gemeinen Pöbel / Kin⸗
dern und alten Weibern etwas vorzuplaudern / als mit
welchen Sieben⸗Sachen unsere Buchläden ohne dem biß
zum Uberfluß angefuͤllt sind. Ich werde aber daselbst
meine Erzehlung anfangen / wo ich meine Reise ange
tretten. Dann ob ich schon nicht läͤugne / daß die Erzehlun
gen des vorhergehenden Kriegs; die Ursache und Folge
rung desselben; die Zeit / da man zum Friedens⸗Tractaten
geschritten; den Ort / die Gerechtsame und andere darzu
gehörige Sachen / nicht unfuͤglich mit angebracht werden
könnten: so habe ich doch solches allhier darum uͤbergan
gen / weil noch alles davon bey jederman im frischen An
denken / und uͤber dieses schon zum oͤftern gedruckt wor
den ist. Anbey habe auch dafüͤr gehalten / daß es billich sey /
unsern in die Kaiserliche Residentz⸗Stadt Wien so praͤch
tigen und dergleichen noch nie gesehenen Einzug dieser
Beschreibung mit beyzufüͤgen / weil es dessen Kostbar
keit wol verdient / und die Verwandtschafft mit der
Haupt⸗Materie erfordert.


Noch eines / geliebter Leser! welches ich zu erst hat
te melden sollen: Ich habe vor einiger Zeit das aus mei
ner lateinischen Beschreibung gezogene teutsche Com
pendium,
so zu Augspurg edirt ist/ in die Hande be
kommen / und aus dessen Vorrede so viel verstanden /
daß der Verleger desselbigen für meine Arbeit nicht ge
ringen Estime bezeigt / wofür ich ihn auch verbunden;

- 19 -
Vorrede.


doch kommt mir dieses bedenklich vor / wann er un
ter andern setzt / daß man dem Herrn Auctori solcher
teutschen Beschreibung das Zeugnis geben müͤsse / wie
er sich dabey accurat, verständig und deutlich erwiesen
habe: Ich finde aber im Ansehen der Accutatesse noch
sehr vieles auszusetzen / also daß es scheinet / der Ubersetzer
müsse mich an vielen Orten nicht recht verstanden haben /
ohnerachtet die Worte im Lateinischen der geringsten
Schwürigkeit nicht unterworfen; und weil diejenige/
so nicht Latein verstehen / gar leicht die daselbst vorge
laufenen Fehler mir imputiren koͤnten/ wäre dieses ei
nige schon capable gewesen / mich zu einer neuen und
accuraten Ubersetzung zu obligiren/ damit ich nicht an
derer Versehen mir unverschuldet muͤsse aufbuͤrden las
sen; damit man aber das bekannte Sprichwort dißfalls
gegen mir nicht gebrauchen darf / si accusare sufficit,
quis innocens erit
,
will ich aus einer grossen Anzahl
nur ein paar Exempel zu meinem Beweiß anfuͤhren / und
den geneigten Leser das Urtheil anheim stellen / aus was
für einer Quelle solche gar grobe Fehler moͤgen geflossen
seyn: Es setzt nemlich der Verfasser des Compendii
pag. 159.
wo ich von der zu des Grafen von Oettingen
Zeiten entstandenen Feuers⸗Brunst gedenke: so brann
ten daselbst kurz vor seiner Ankunfft 1072. Haͤusser
auf einmal ab; und dieses soll eben dasjenige heissen /
wann ich in meiner Lateinischen Historie gesetzt: Modi-
cum
- 20 -
Vorrede.

cum ante Oetingii Comitis in urbem adventum do
morum LXXII CIC uno incendio deflagrarunt
: Viel
leicht hat er sich nicht einbilden köͤnnen / daß auf einmal
so viel Haͤuser abbrennen sollen / weswegen er auch vor
her / da er die Zahl zu benennen gleichfalls noͤthig gehabt
hätte / nur gesagt / daß unglaublich viel Häͤusser und
Palläste / nemlich im Jahr 1718. in die Asche gelegt wor
den; Doch wie es heißen muß / kan in gegenwartiger Be
schreibung p. 173. nachgesehen werden. Aus einerley
Quelle schreibt sich muthmaßlich derjenige Fehler her / wel
cher bald darauf / nemlich p. 168. folgt / wo er vorgibt /
die Botschaft hätte nach dem Aufbruch von dem Groß⸗
Vizir einen andern Weg nehmen muͤssen / dieweil sich
eine von denen Sultaninen / an einen gewissen Ort
begeben häͤtte / diesen Zug in verborgenen mit anzusehen.
Wann ich dieses also angesetzt / wuͤrde ich mir haͤßlich wie
dersprechen / weil ich an einem andern Ort gedacht / daß
sich keine von ihnen aus dem Serrallien begeben duͤrfe:
es lauten aber meine Lateinischen Worte ganz anders /
und zwar also: discedentes admonebamur, via nobis
alia esse redeundum: expectare in propinguo aliquà
Sultanum, qui videre nos desideret.
Solte es einem wol
zu verdenken seyn / wann man auf die Gedanken käme /
das Wöͤrtlein aliquà habe den Ubersetzer in den Kopf ge
bracht / es muͤße durch Sultanum eine Weibs⸗Person ver
standen werden? Doch ich bekenne es selbst / das wäre gar
zu
- 21 -
Vorrede.

zu grob geschlägelt / sintemaln ja die Lineola über den
Buchstaben à und das nachfolgende qui ein anders an
zeigen. Es sey nun aber wie ihm wolle / so ist gleichwol
gewiß / daß es kein Druck⸗Fehler / und meine Lateini
sche sehr deutliche Worte auch keine Gelegenheit zu sol
chen Verfall haben geben köͤnnen. Wie nun aber aus
diesen Kleinigkeiten / wie absonderlich das letztere in An
sehen der Materie / keineswegs aber in Regard des
Grammaticalischen Jrrthums ist / sich von dem übrigen
leicht ein Concept formiren laͤßt: also siehet man doch
daraus / daß der Verfasser mich / will nicht sagen die
Sprach / an vielen Orten nicht recht verstanden / und
könnte ich ohne Muͤhe noch wichtigere Fehler vorbringen /
wann es gegenwäͤrtig die Zeit / und der noch uͤbrige Raum
des Papiers zulassen wolte; ich will es aber hiemit zu
meiner benoͤthigten Defension, daß man mir die daselbst
vorgelauffene Fehler nicht imputiren solle/ genug seyn las
sen / und nur noch mit ein paar Worten zeigen / daß oft
gemeldter Verfasser jenes Compendii auch nicht fidel
gehandelt / und wo er einen Ubersetzer abgeben sollen /
vieles darzu gesetzt / woran ich niemalen gedacht / und
seinen Gedanken einen gar zu freyen Lauf vergöͤnnet.
Was das erste anbelanget / daß er nemlich vieles darzu
gesetzt / was mir auch nicht einmal im Traum beyge
fallen / so mag zum Beyspiel dienen / wann er pag. 89.
von einem Mann erzehlt / der seiner Frauen / welche in
des

)( )( )(
- 22 -
Vorrede.

des Herrn Botschafters Quartier ihre Zuflucht genom
men / nachgelauffen / und wegen dieser Frechheit von
den Tuͤrcken in die Eisen geschlagen / aber doch auf sein
Verlangen dem Herrn Botschafter ausgeliefert worden.
Gewiß! ich weiß von allen diesen nichts / ist auch in
meiner Lateinischen Erzehlung nicht mit einem Wort da
von gedacht worden; solte er es aber von einem andern
haben erzehlen hören / so wäre es nöthig gewesen / wann
er dergleichen hie und da zusammen geraftes Zeug dem
Leser communiciren wollen / den Titul ganz anders
einzurichten / und meinen Namen dabey zu menagiren.
Daß er aber seine Gedanken allzufrey herum spatzieren
lassen / beweiß ich daher / weil er z. E. wo ich des Orts
Jenihaan gedacht / und angemerckt / daß man es auch
Novihaan nenne / er gleich die Derivation aus dem La
teinischen genommen / und gemeinet, dieses Wort seye
aus Novi und Haan zusammen gesetzt / und müͤsse so viel
bedeuten / als das neu⸗gebaute Han/ da ich doch mit
bessern Recht dafür halte / man müsse die Bedeutung
eines solchen Worts von der Landes⸗ und nicht der Rö
mer Sprach herfüͤhren. Doch habe ich mich in meiner
Beschreibung unbekuͤmmert gelassen / wo das Wort
Jenihaan seinen Ursprung her hat / kan auch nicht ei
gentlich sagen / wann es nach seiner Art Jinehan ge
schrieben wird / ob man alsdenn mit der Etymologie
vird zurecht kommen können. Er pflegt sich aber der

glei
- 23 -
Vorrede.

gleichen Freyheit / welche ich ihm zwar nicht mißgönne /
in Benennung der Wöͤrter hin und wieder zu gebrauchen /
und Wusta Bassa Palankese / Sarebrud / Serembe rc.
zu schreiben / wo ich mich ganz anderer Namen bedie
net; allein / wann er dieses thun / und sich für einen so
guten Kenner der Tuͤrkischen Namen darthun wollen /
hätte er sich / da er hin und wieder so weit von meinem
lateinischen Original abgewiechen / nicht für einen Uber
setzer desselben ausgeben sollen. Von dergleichen
Schrot und Korn ist es auch / wann er vorgibt / die
Bulgarischen Weibs⸗Personen müsten in dem ersten
Jahr ihres Eh⸗Standes / das von dem Bräutigam für
sie erlegte Geld an ihrem Leib tragen / da sie es doch
freywillig thun / und für eine sonderbahre Zierde hal
ten / wann sie viel anhaͤngen köͤnnen / angesehen nach
deren Menge ihre Schoͤnheit und Stand estimiret wird.
Jedoch ich erinnere mich / daß ich mit niemand zu con
troverti
ren/ sondern nur mich zu defendiren / und ande
rer Leute Fehler von mir zu decliniren habe; daß aber
welche in meine eigene Arbeit eingeschlichen / wird
nachfolgendes Register zeichen / so zum theil die Eilfer
tigkeit des Druckers verursacht / und der geneigte Leser
auser einigen andern hier nicht angezeigten / nach
seiner Höflichkeit vor Durchlesung dieses Werks
corrigiren wird;

- 24 -
Vorrede.


Am Blat 89. Linie 1. ließ: für und; liesen. lin. 10. ließ: Princeßin des
Kaisers rc. am Bl. 96. lin. 25. ließ: für gaben; geben. am Bl. 99. lin.
30. ließ: Donau. am Bl. 102. lin. lezt ohn eine l. der die Mühle. am
Bl. 103. lin. 13. l. diesen. am Bl. 104. lin 23. u. 24. l. Jenihaan einen.
am Bl. 105. lin. 10. l. zärter. am Bl. 112. lin. 25. l. für ziehen; nehmen.
am Bl. 124. lin. 22. l. Verschnittenen. am Bl. 129. lin. 26. l. nicht.
am Bl. 161. lin. 16. l. Jaour. lin. 19. l. Fasten. am Bl. 170 lin. 33. l. aus
ihren Landen. am Bl. 208. lin. 7. l. gegen das End. am Bl. 215. lin. 11.
l. für auch; uͤber. am Bl. 220. lin. 27. l. Ordens⸗Tracht. am Bl. 228.
lin. 20. Quarantaine. am Bl. 239. lin. 30. l. nach. am Bl. 242. lin. 15.
setz ein (,) am Bl. 290. lin. 32.l. haben alsobald. lin. 33. bleibt haben weg.
am Bl. 297. lin. 14. l. Vetter. am Bl. 304. lin. 20. l. Quarantaine am
Bl. 346. lin. 12. l. kommen. am Bl. 473. lin. 6. nochmaln.


Anbey habe dem geehrten Leser den rechten und vollständigen Ti
tul desjenigen Buchs communiciren wollen, dessen der Patriarch zu
Jerusalem gedacht, als einige von den Unsrigen zu Sophia mit ihm ge
sprochen (siehe p. 450.), damit diejenige, so Liebhaber von dergleichen
Nachricht sind, eigentlich wissen mögen, wovon solches handele, und
wann es zum erstenmal edirt worden, weil aus angefüͤhrten Patriar
chens Worten nichts zuverlässiges hiervon kan geschlossen werden.
Es ist demnach derselbige folgendes Innhalts: Synodus Jerosalymi
tana
adversus Calvinistas haereticos, orientalem Ecclesiam de DEO
rebusque divinis haeretice, ut sentiunt ipsi, sentire mentientes, pro reali
potissimum Praesentia, Anno M. DC LXXII. sub Patriarcha Jerosolymo
rum Dosithaeo celebrata. Interprete Domno M. F. è Congregatione
Sancti Mauri, Ordinis Sancti Benedicti. Parisiis M. DC. LXXVIII.
Hier
aus ist nun so viel zu sehen, wider wem eigentlich die Schrift gerichtet,
was darinnen tractirt wird, und daß nicht vor ungefehr 20. biß 30. son
dern vielmehr vor länger als 40. Jahren dieselbe von gedachten Pa
triarchen, wie aus der Vorrede des Buchs zu sehen, dem Frantzösischen
Gesandten zu Constantinopel dasselbige zugestellt, und zum Druck re
commendirt
, auch endlich 1676, das erstemal, wegen seiner häͤuffigen
Druckfehler aber bald darauf, nemlich 1678. noch einmal in Griechi
scher und Lateinischer Sprach aufgelegt worden. So viel mag auch
hievon für diesesmal genug seyn. Der geehrte Leser lasse sich meine
Arbeit gefallen, und bleibe gewogen


Dem Auctor.
- 25 - - 26 -
- 27 -


Historische Nachricht
Von der
Röm. Kaiserl. Groß⸗Botschaft
nach Constantinopel.
Erstes Buch.


Erste Abtheilung.


ALs die von Jhro Röm. Kaiserl. Majestät
angesetzte Zeit zu dem sehr prächtigen Einzug
Jhro Excellenz Grafen von Virmonds /
Kaiserl. Groß⸗Botschafters an die Otto
mannische Pforte/ herbey gekommen, und
vorhero alle benöthigte Anstalten auf das sorg
fältigste gemacht worden, hat der Herr Botschafter den 26.
Der Ein
zug der
Kaiserl.
Groß⸗Bot
schaft in
die Stadt
und nacher
Hof.

April, 1719. an einem Mitwochen solchen durch die Stadt nach
der Burg auf das prächtigste gehalten. Alles hat sich üͤber densel
bigen verwundert, und wird man auch wol, so lang Wien stehet
davon reden.


Es haben die Wol⸗Ehrwüͤrdigen Patres, Augustiner⸗Or
dens / nahe bey Wien, in der Vorstadt, auf der Land⸗Strassen
nach Ungarn, einen Garten, wohin sich der Herr Botschafter
in aller Frühe mit seinem gantzen Adel, Bedienten, Edel⸗Knaben /
Knechten, Heyducken, und allen übrigen, so diesen Einzug zieren
helfen solten, begeben; woselbst sich auch viele Freunde und Clien
A
ten
- 28 -
2

Erstes Buch / Erste Abtheilung /

ten von Jhm eingefunden, bey demselbigen ihr Compliment abzu
legen, und ihre Reverenz zu bezeugen. Hierauf wurde ohngefehr
um 10. Uhr/ nachdem einem jeden sein Platz, welchen er in dem
Zug halten muste, angewiesen worden, zu dem voͤlligen Einzug der
Die Stadt⸗Garde
und derer
Führer.

Anfang gemacht. Den Vorzug hatten sechzig Mann von der
Stadt⸗Garde, unter Anführung des Herrn Stadt⸗ und Kaiserl.
Führer. Leib⸗Garde⸗Hauptmanns, Jacob Victor von Picky, und Herrn
Hauptmann, Wacht⸗Meister Lieutenant von Rosenfeld, welchen
vier Leibschützen: 12. Hautboisten, Fagotisten und Wald
hornisten, ein Pfeiffer und vier Trommelschläger aber den Fuß

Der Vor
laufer.
Knechten vorgiengen. Diesen folgte ein Vorlaufer / Christian
Kraft, dessen wir uns nachgehends auf der Reise statt eines Quar

Die Kai
serl. Cour
riers.
tier⸗Meisters bedienet haben. Hierauf kamen zwey Kaiserl. Orien
talische Courriers, Jsaac de Luna [1], und Johann Georg Jorkowitz,

Die Stall
Knechte.
in schöͤnen rothen mit Gold bortirten Kleidern zu Pferd. Her
nach ritte ganz allein des Herrn Groß⸗Botschafters Stallmeister,
Johannes Brinckmann, auf einen mit silbernen Zeug schoͤn aufge
butzten Rappen: deme vier Reit⸗Knechte paar und paar in des

Die Hand
Pferde.
Herrn Groß⸗Botschafters Livrée folgten. Diesen wurden zwölf
von Seiner Excellenz eigenen Hand⸗Pferden, welche mit
roth⸗sammeten und etlichmal mit breiten guͤldenen Borten ver
bremmten Decken aufs kostbarste gezieret waren, von eben so viel

Die Trom
peter und
Paucker.
Reit⸗Knechten nachgeführet. Alsdann kamen acht Trompeter
Paucker, und ein Paucker zu Pferd, deren Namen sind: Jacob Jaroch,
Franz Reichard, Joseph Schmied, Andreas Rieß, Albrecht und
Augustin Sesler, Gebrüdere; Franz Sondermar, Philipp Schab
schneider, Anton Winkler, deren silberne Trompeten mit silbernen
und güldenen Quasten gezieret, die Paucken aber gleichfalls von
Silber und mit einer sehr reich von Gold und Silber gestickten Pau
cken Fahne behenkt waren, auf welcher letztern der Kaiserl. Adler, in
dessen Mitte aber das Oesterreichische Ertz⸗Hertzogliche Wap
pen von Gold und Silber gestickt zu sehen gewesen. Alle erst erzehlte
Personen waren in roth⸗mit Gold und Silber verbraͤmten gefluͤgel
ten Röcken, gelb⸗sammeten mit Silber starck verbortirten Fut
ter⸗Hemdern, und weisen Federn auf den Huͤten, gekleidet.



Die Haus
Officiers.
Bald darauf zeigte sich der Hof⸗Meister, Johann Michael
Kern, mit noch funfzehen andern des Herrn Groß⸗Botschafters
Hauß
- 29 - 3
Von des Hn. Groß⸗Botschafters Einzug in Wien.

Hauß⸗Officiern, je drey und drey zu Pferd, in roth-ganz mit Gold
besetzter Kleidung; es sind aber selbige gewesen: Franz Jacob Zaun,
Paul Michael Zwenhof, beiderseits Cammer⸗Diener; Jgnatz A
dam Mayer, Johann Gottlieb Haueisen, zwey Speiß⸗Meister;
Johann Baptist Cervi, Zuckerbecker; Johann Georg Wolfa
rum, Kuchelmeister; Niclas Frankenberg, Apothecker: Anton
Morelli, Feldscheerer; Johann Semler und Joseph Ernst Schmied,
zwey Mahler; Bertrand Dierna, Canzelist; Swibert Holzbauer,
Capell⸗Meister; Johann Bernhard Meyer, Adam Meyers Bru
der / Johann Henrich Heckmann / Gerhard Cornel von den Driesch,
des Herrn Groß⸗Botschafters Secretarien: hierzu kom
men noch die zwey Leib⸗Aertzte Hr. Andreas Dorscheus, und Daniel
Lambert von Hulin, wovon der erste diesen Einzug zwar nicht mit
beygewohnet, weil er aber nachgehends bey allen andern Ein⸗ und
Auszügen diesen Platz bekleidet, haben wir seiner nirgend füͤglicher
als hier gedenken koͤnnen. Denen jetztgedachten folgten in reicher
teutscher Kleidung, von unterschiedenen Farben, sechs neu⸗ ange
nommene und drey alte in Tuͤrckischer Tracht gekleidete Kaiserl.
Sprach⸗Knaben, davon die ersten sechse heisen: Johann Latour, Die Orien
talische
SprachKnaben.

Ludwig Toutsaint, Anton Seleskowitz, Franz Joseph Meyer,
Carl Ludwig Momartz, Heinrich Christoph Penkler; die drey letz
tern aber: Carl Momartz, des vorigen Bruder, Johann Petro
witz, und Johann Götz. Zu diesen stoßten diejenige, welche der Die Can
zellisten
und übrige
vom HofKriegsRath.

Hof⸗Kriegs⸗Rath zu des Herrn Botschafters Diensten mitgeschi
cket hat, als: Urban Holtzbauer, Uhrmacher; Ferdinand Eurich,
Franz Xavier Kemmeter, Johann Christoph Kastner, Canzelisten;
Hermann Paul Cramer, Cassirer; ingleichen die zwey Kaiserl.
Die Doll
metsch.
Dolmetschen der Orientalischen Sprachen: Johann Henrich Vor
ner von Sonnenhold, dies Orts anwesender Aeltere zur rechten,
und der erst neulich darzu erwehlte Johann Godschalk, zur linken,
auf Türckisch gezierten Pferden, zwischen ihren auf Tüͤrckisch ge
kleideten Dienern zu Fuß: zu welchen beiden zu Belgrad noch der
dritte, Namens Niclas Theyls, angenommen worden, der vor
diesem den Holländern in dergleichen Verrichtung lang gedienet,
und derowegen zu vermuthen war, er muͤsse eine grosse Erkäͤnntnis
in den Tuͤrckischen Affairen erlangt haben. Nicht lang hernach
Der HofMarschalk.præsentirte sich der Hof⸗Marschalk, Herr Carl Ludwig, Baron
von

A 2
- 30 -
Erstes Buch / Erste Abtheilung.

4

von Seebach, Obrist⸗Wachtmeister unter dem Graf Virmondti
schen Regiment, und zwar ganz allein zu Pferd, in einem überaus
reich mit Gold verbräͤmten rothen Kleid, dessen zwey eigene Die
Die La
quayen der
Edelleute.
ner neben dem Pferd hergiengen. Nechst diesem erschienen der
Edelleute Laquayen zu Fuß, je drey und drey neben einander, alle
in gelben Futter⸗Hemden / und rothen reich bordirten Röcken ge⸗
Die Edel
leute.
kleidet; und hierauf der zweyte Adel selbst, wiederum drey und
drey, nemlich die Herrn: Ferdinand von Schopen, Anton
Joseph von Weipler, Anton Jgnatz Jmhof von Schillsberg und
Schwambach, Jacob Mattoni / Ferdinand Steger, Ferdinand
Preitenacher von Preitenau, Theodor Managetta von Lerchen
au, Michael Sautermeister, Johann Ludwig Camber, Philipp
Wilhelm Franken, Franz Christoph Joseph von Demerath, Her
mann Adolph Aussem, Christian Philipp Freyherr von Glimberg,
Adam Friederich Freyherr von Studenitz, und Adam Dominicus
Freyherr Locherer von Lindenheim.
Diese Zahl wurde erstlich zu Wien noch vermehret durch Abel
von Wettstein, zu Preßburg aber von Franz Anton Freyherrn von
Schmiddegg, und letztlich zu Grichisch⸗Weisenburg von Otho
Friederich von Obschelwitz / Kaiserl. Ingenieur-Hauptmann, alle
in den kostbarsten Kleidern und reichsten Pferd⸗Zeug. Der Mit
lere in der ersten Linie füͤhrte an einem roth⸗sammeten und mit Gold

Die Fahn
und der
Fähndrich
der Edel
leute.
rings um besetzten Pandalier eine roth⸗seidene und von Gold be

schwehrte Standart, so auf der einen Seiten des Hn. Groß⸗Bot
schafters Stamm⸗Wappen præsentirte, auf der andern aber war
eine durch die Wolken herfuͤrbrechende Sonne zu sehen, und in der
Luft zeigten sich zwey in einander geschlossene Hände, unter wel
chen ein Lorbeer⸗Cranz gemahlt war, welcher auf der Welt⸗Kugel
ruhete, mit dieser Beyschrifft: Mutuis officiis, durch wechsels
weise Freundschaft; davon die Bedeutung unschwehr zu erra
then, als welche um des gemeinen Volkes willen in so leichten Wor
ten verfasset war, und anzeigte, daß, gleichwie die Sonne nach
vertriebenen Wolken klärer herfür scheinet, und denen untern Ge
schöpfen ihren Einfluß kräftiger mittheilet: also auch nicht zu zwei
feln sey, es werde nach beygelegter Kriegs⸗Unruhe die nunmehro
glänzende Friedens⸗Sonne denen Menschen bessere Zeiten verschaf
fen, und die Gemüther der beiden Kaisere dermassen vereinigen,
daß
- 31 -
5

Von des Hn. Groß⸗Botschafters Einzug in Wien.

daß Sie anjetzo mit noch einmal so fester Freundschaft einander zu
gethan seyn werden, als sie vorhero in Feindschaft wider einander
gestanden, woraus dann nicht geringer Nutzen so wol füͤr ihre eige
ne Person, als auch für ihre Länder zu hoffen stehet.


Aber wiederum auf die Haupt⸗Sache zu kommen, so praesenDer Secre
tair von der
Botschaft.

tiret sich auf das neue Hr. Joseph von Dierling, des Heil. Röm.
Reichs Ritter, und dermaln Legations-Secretair, auf einen schön
gezierten und wol gewachsenen Pferd / in einem roth⸗weislecht mit
Gold reich gesticktem Kleid. Dieser trug, nachdem der Herr Groß
Botschafter von Jhro Röm. Kaiserl. Majestät die Ab
schieds⸗Audienz genommen, und gnädigst entlassen worden, oͤffent
lich in der rechten Hand Jhro Majestät Credenz⸗Schreiben in
einem weiß gewöͤlkten mit Gold schoͤn ausgestickten Umschlag, so wol
da wir zu Jhro Majestät der regierenden Kaiserin / und
beiden verwittibten Kaiserl. Höfen / als zu letzt durch die Stadt
zuruck kehrten. Gleich auf selbigem folgte die Geistlichkeit, oder die Die Geist
lichkeit.

Ehrwürdigen Väter, und Hr. Joseph Lovina, aus der Gesell
schaft Jesu; Robert Leeb, aus der Abtey vom H. Creutz im Wie
nerwald; Johann Adam Müller, aus dem Stift Borken in West
phalen; und Stringarius de Nano, welche alle Geistliche bey der
Gesandtschaft waren; ingleichen der Hochwürdigste, Hoch⸗ und
Wolgebohrne Graf Ernst von Schrattenbach / Benedictiner Or
dens⸗Abt zu Domben, Prälat bey der Gesandtschaft, und Seiner
Eminenz des Hn. Cardinal⸗Priesters Hanibal Graf von Schrat
tenbach, wie auch Bischoffen zu Olmütz Herr Bruder, und Seiner
Ertz⸗Bischöflichen Gnaden von Salzburg Franz Anton Grafen
von Harrach geheimder Rath: jene zierte die geistliche Eingezogen
heit besser, als Sammet und Purpur: der Herr Prälat aber liesse sich
anbey in einem seidenen vielfaͤrbigen Kleid, und langen Mantel mit ei
nem auf der Brust herab hangenden kostbaren Creutz, und grüner
seidener Schnur auf dem Hut sehen. Zu Grichisch⸗Weißenburg
kam noch ein anderer Priester aus der Gesellschaft Jesu darzu, mit
Namen Miroslawitz; und schon zu Wien fanden sich noch zwey
andere ein, die zwar nicht bey dem Einritt, jedoch aber bey dem
Kaiserl. allergnädigsten Hand⸗Kuß gewesen, aus dem Orden der
PP. Trinitarier, nemlich Josephus a Jesu Maria, und Andreas a S.
Ger

A 3
- 32 -
Erstes Buch / Erste Abtheilung /

6

Gertrude, denen ein Lay⸗Bruder, Dionysius, mit gegeben wurde,
welcher ihnen auf der Reise Handreichung thun solte. Nebst die
sen war auch ein Armenianischer Priester aus der Grichischen Kir
che zugegen, samt noch einem andern aus dem Orden des H. Fran
cisci, welcher Capistranus geheissen, und aus Päbstlichen Befehl
forthin sich als Missionarius in Orient um der daselbst befindlichen
Catholischen willen aufhalten wird.



Die La
quayen des
ersten Adels
Nach diesen nun kamen 13. Laquayen des Adels vom ersten
Rang je drey und drey zum Vorschein, welche an Kostbarkeit der
Livrée die von dem zweyten Rang uͤbertroffen. Kurz hierauf folg
ten die Herrn Cavaliers selbsten, deren einer Jhro Röͤm. Kai
serl. und Cathol. Majestät würklicher Cammer⸗Herr, die
andern aber unterschiedliche vornehme Ordens⸗Ritter, Obrist⸗Lieu
tenants, Rittmeistere, Hauptleute, und alle von Haus aus gebohr
ne Grafen und Freyherrn aus denen vornehmsten und aͤltisten Ge
schlechten waren. Es sind aber solche gewesen: Graf Olaguer Se
bastida, Graf Franz Bertram Arnold von Neßelrode und Rei
chenstein, Emanuel Graf von Kollovrath, Freyherr Otto von
Rhomberg, Bertram Ludwig Freyherr von Zweifel, Georg Jo
hann Raban Gottlob Freyherr von Hörte, Philipp Joseph Jo
hann Leopold Graf von Königl, Michael Victor Graf von Bielins
ki, Maximilian Graf von Scherffenberg, Michael Graf von
Thierheim, Michael Emanuel Graf von Althan, Carl Graf von
Bathyani, und Johann Marggraf von Besora. Diesen fügte sich
noch vor unserer Abreiß aus Ungarn bey Graf Norbert von Kollo
Die Fahn
und der
Fähndrich
des ersten
Adels.
vrath, obgedachten Emanuels Hr. Bruder. Absonderlich machten
des H. Röm. Reichs Graf Franz Bertram Arnold von Neßel
rode und Reichenstein, einem nahen Anverwandten des Hn. Groß
Botschafters / welcher der mittelste in der ersten Ordnung gewe
sen, seine holdselige Gebehrden, und die Jhm und Seinem Ge
schlecht angebohrne Annehmlichkeit und edelste Sitten nicht weniger
Ansehen, als seine kostbahre vom rothen Tuch mit Gold gestickte
Kleidung. Das Pferd, worauf er gesessen, ware schwarz⸗braun
lecht, muthig, und reich aufgebutzt; uber die linke Schulter hienge
Jhm ein von weisem Sammet mit Gold reich gestickter und rings
mit schwehren guldenen Franzen besetzter Bandelier: auf dem Kopf
hatte
- 33 -
Von des Hn. Groß⸗Botschafters Einzug in Wien.
7
hatte Er eine ganz weise Parucke und einen mit Gold reich besetzten
Feder⸗Hut; in der rechten fuͤhrte Er ein auf weisen Atlas mit Gold
und Silber / wie auch allerhand lebhaften Farben gestickte und mit
guldenen Quasten behenkte Reuter⸗Fahne, so auf einer Seite die un
befleckte Empfangnis der allerreinesten Jungfrau und Mutter GOt
tes, auf der andern aber das Erz⸗Herzogliche Stamm⸗Wap
pen deren Oesterreichischen Kaisere mit einem weisen Balken in
einem rothen Feld vorstellte: Die Beyschrifft war aus dem hohen
Lied genommen: Et macula non est in te, zu teutsch: und kein
Mackel ist in dir. Der uͤbrigen Kleidung war nach eines jeden
Gefallen eingerichtet, und einige davon mit Gold oder Silber ge
stickt, andere mit Spanisch⸗oder Französischen Borten aufs reich
ste besetzt, denen die kostbarsten Pferde mit ihren fuͤrtreflichen
Schmuck noch ein schoͤneres Ansehen gegeben. Bald darauf folgten Des Groß
Botschaf
ters La
quayen.

des Hn. Groß⸗Botschafters eigene Laquayen, welche an der Zahl
dreisig ausmachten, und zu Fuß in ihren gelben mit Silber ausge
machten Futter⸗Hemdern, rothen mit guldenen Borten besetzten
Röcken, weisen Federn auf den Hüten und Haar⸗Beuteln verse
hen einher tratten.


Endlich sahe man auf einem hohen und stolz⸗trabenden Pferd Der GroßBotschaf
ter.

Jhro Excellenz den Herrn Groß⸗Botschafter selbst in eigener
Person herankommen. An Kostbarkeit der Kleidung und uͤbrigen
Schmuck übertraf er die andern alle. Ein Spanisches Mantel
Kleid, welches auf neue Art und von dem reichsten guldenen Zeug
verfertiget war, aus welchem mehrerer Annehmlichkeit halber zwi
schen dem Gold die hohe rothe Feuerfarb ein wenig hervorblickte,
und mit mehr den Hand⸗breit silbernen Spitzen rings herum Falten
weis belegt war / zierete seinen Leib. Der Mantel, von gleichem
Zeug und auf gleiche Weise behenkt, ware inwendig mit Purpur
Seiten belegt; der Umschlag aber mit gleich reichen und breiten
Spitzen besetzt. Auf seinem Haupt stutzte ein in grader Hoͤhe stehen
der grosser weiser Feder⸗Busch, dessen Spitzen roth gefaͤrbt, er selbst
aber von einer sehr kostbarn Diamantenen Schlinge zusammen ge
halten wurde. Das Pferd, welchem an Muth, Ansehen und Kunst
ohne dem keines gleich, machten die guldene mit schwehren Crepinen
gezierte Decken oder Waldrappen, die Trensen, Mähn⸗Flecht und
Schnal
- 34 - 8
Erstes Buch / Erste Abtheilung /

Schnallen von gleicher Kostbarkeit, noch eine bessere Parade. Es
liesse sich führen, regieren, und wenden, wie es seinem vornehmen
Bereiter beliebte. Bald machte es niedrige, bald hohe Sprünge, wie
es das Schul⸗Recht mit sich brachte, und stolzierte mit seinem Herrn so
gravitätisch daher, gleich als ob es wüste, weme es zu tragen die Ehre
hätte. Neben dem Steigbügel gingen linker Hand zu Fuß der Hr.
Der Berei
ter.
Bereiter Daniel Zeckmann, Fähndrich unter dem Virmondtischen

Regiment, in Gold verbräͤmter Kleidung, hinter ihm zwey wol auf
gebutzte dem Hn. Botschafter zugehörige Stall⸗Knechte, deren ei
ner eine roth⸗sammete mit goldenen Borten besetzte Pferd⸗Decke auf
Die Hey
ducken.
der Achsel nach trug. An statt der Trabanten gingen zu beiden
Seiten zwölf grose auserlesene Heyducken, welche mit einem bis auf
die Hüfte kurz⸗gelben Wammes, und langen rothen mit Silber aus
gemachten Mantel bekleidet waren, deren Kostbarkeit die von Sil
ber gegossene Knoͤpfe und Blatten, wie auch die mit des Herrn Bot
schafters Wappen gezeichnete Taschen, mit Silber beschlagene
Wehrgehenk, Schwerdter⸗Hefte und Scheiden verdoppelten; wo
bey sie in der Hand einen silbernen Pusikan oder Streit⸗Kolben mit
einem schwehren Knopf führten. Auf dem Kopf trugen sie roth
sammete Hauben mit Silber umfasset, denen die weiß und schwarz
vermischte in die Hoͤhe stehende Straussen⸗Federn noch ein besseres
Ansehen gaben.


Zu nechst hinter dem Herrn Botschafter riete der Ober
Der Ober
Stallmei
ster.
Stall⸗Meister Sixtus Anton Ostmann, Freyherr von Leyh in ei

nem Silber⸗reichen Kleid. Auf diesen folgten unmittelbar 14. Edel
Die EdelKnaben. Knaben / deren Ober⸗Röcke von Scharlach mit Gold⸗durchbroche
nen Borten reichlich besetzt, die Unter⸗Kleider aber von Silber
Stücken mit seidenen Blumen waren: auf den Huten spielten weise
mit Gold gezierte Federn / und führten roth⸗sammete stark mit Gold
verbrämte Pferdes⸗Decken. Jhre Namen sind folgende: Leopold
Anton Pernöber, Johann Baptist Kempf, Johann Plum, Wil
helm Rieß, Christoph Kimling, Franz Joseph Pfoder, Adam Ru
pert, Caspar Drit, Franz Alexander Holz⸗Bauer, Johann Fer
dinand Altmann, Max. Vrinz, Joseph Neveu, Joseph Freyherr
Die Leib
wacht.
von Tiefenbach, und Joseph Freyherr von Rueßenstein. Dann
zeigte sich des Herrn Groß⸗Botschafters Leib⸗Wacht, welche aus
dreisig Granadierern bestunde, in gleicher Ordnung und einerley
Klei
- 35 -
Von des Hn. Groß⸗Botschafters Einzug in Wien.
9
Kleidung, die von zweyen Rottmeistern oder Corporaln und einem Die Offi
ciers der
Leib
wacht.

Feldwaibel geführet, und von Hn. Carl Joseph von Melzern / vor
maln gewesenen Obrist Wachtmeistern, commandiret wurde, unter
welchem Herr Friederich Anton Schötteler als Fähndrich stunde.
Jhre Kleider waren von Scharlach, und mit Silber praͤchtig aus
gemacht; über die Schultern hinge eine schwehre silberne Schnur
herab, der Guͤrtel war von gleichem Werth und Gattung, die La
dungs⸗Tasche zum Pulver und Bley schoͤn von Silber gestickt, das
Degen⸗Gehang von gelben Sammet und gleicher Kostbarkeit: auf
dem Kopf sasse eine rare von Bären⸗Peltz zugerichtete Haube, wor
an sich vorne ein üͤbersilberter Adler zeigte, von hinten aber der
schöne lange Schweif herunter hinge. An der Seiten hatte ein je
der seinen Degen, in der rechten Hand aber entweder die Fahnen
Spitze, oder eine scharf geladene Flinte mit aufgeflanztem kurzen
Seiten⸗Gewehr; in welcher Positur auch alle Unter⸗Officiers un
ter ihnen zu sehen waren. Vorher gingen zwey Hautboisten, zwey Die Musi
canten der
Leibwacht.

Fagotisten, und zwey Waldhornisten, ein Pfeiffer und Trommel
schläger mit einer messingen Trommel: diese alle waren mit schoͤnen
neuen Kleidern, von rothen und gelben Tuch, mit Gold und Sil
ber verbrämt, mundirt, und mit schwarz⸗ und gelben Federn auf den
Hüten versehen: der uͤbrigen Granadiere Schilde bestunden aus
Massiv⸗Silber, worzu noch die Patron⸗Taschen mit silbernen Bor
ten reichlich besetzt gewesen. Die vorgetragene Fahne zeigte zu beiDeren
Fahne.

den Seiten im Obern⸗Theil die unzertheilte H. Dreyfaltigkeit /
im unteren einen doppelten Adler mit den gluͤckseeligsten Anfangs
Buchstaben des Glorwuͤrdigsten Namens Seiner Römisch
Kaiserl. und Königl. Majestät / C. VI. bemerket. Der
Mannschaft, die gewiß die auserlesenste ware, hatten die borsteten
Hauben, so ihren Kopf bedeckte, ein noch heroischeres Ansehen ge
macht. Weiter kamen acht ausbüͤndig geschmuckte Maul⸗Thiere, Die MaulThiere.
welche mit schönen Reiger⸗Federn aufgebutzt, und mit roth⸗samme
ten mit Gold verbortirten Decken, gleich den Hand⸗Pferden, belegt
waren; am Hals hiengen ihnen an einer aus Gold und Seiden ge
würkten Schnur und Quasten verguldete Gloͤcklein, anbey waren
sie mit roth⸗sammeten, von Gold gestickten Maul⸗Köͤrben versehen.
Dieser Aufbutz hat denen sonst niedertraͤchtigen Thieren gleichsam B
einen
- 36 -
10

Erstes Buch / Erste Abtheilung /

einen neuen Geist und Muth mitgetheilet, welches sie mit ihren stol
zen und hochtrabenden Gang gar merklich angezeiget. Sie wur
den von dreyen darzu gehörigen Knechten gefuͤhret, deren schoͤne
Livrée mit dem obbeschriebnen uͤbereinkame; der erste aber von ih
Der Fal
ken⸗Mei
ster.
nen ist auf einen absonderlichen Maul⸗Thier voran geritten. Zu
letzt kam noch ein Falken⸗Meister, Jacob Brooms, zu Pferd, auf

Jäger⸗Art angekleidet / mit einem Hirsch⸗Fänger an der Seite, und
einer grün⸗sammeten mit goldenen Borten besetzten Falkner⸗Taschen;
Die OberKöche. deme noch vier Ober⸗oder Meister Köche Claudius Page, Michael
Zecha, Christian Groß⸗Mejer, und Johann Pichard in der Ord
StadtGarde. nung folgten. Den völligen Aufzug aber beschlossen abermal unter
An⸗ und Aufführung des Hn. Stadt⸗Garde⸗Lieutenants, Martin
Minkowitz / 40 Fuß⸗Knechte von der hiesigen Stadt⸗Militz.


Nun in dieser Ordnung, wie sie von mir jetzt beschrieben wor
Der Zug
nach der
Burg.
den, sind wir aus oben bemeldten Garten zum Stuben⸗Thor hin
ein, um den Bischofs⸗Hof über den Graben und Kohlmark die Mi
chaeler Kirchen vorbey zwischen der Reichs⸗Canzley, dem Dietrich
steinischen Haus und Minoriten⸗Closter durch das nechst daran
stossende offene Thor auf den Burg⸗Platz unter Trompeten⸗ und Pau
cken⸗Schall auch übrigen klingenden Spiel, mit fliegenden Fahnen und
erhöheten Standarten eingeritten, wobey uns jederzeit eine unbe
schreibliche Menge Volkes begleitete / welche so wol die Weege der
Vorstadt, als auch alle Gassen und Ringmauern der Stadt, ja so
gar die Fenster in den Haͤußern eingenommen und angefuͤllt, so daß
es nicht anders ließ, als wann alle Einwohner vors Thor hinaus ge
lauffen / an statt ihrer aber anders woher Leute bey tausenden in die
Stadt gebracht worden wären.



Ankunft
auf den
BurgPlatz.
Bey Anlangung auf den grossen Burg⸗Platz stellte der Mar
schalk die, so in der Livrée waren, in schöͤnste Ordnung, die uͤbrige
aber ritten fast bis zu der Brücken der innern Burg, stiegen daselbst
ab, und begleiteten so dann den Hn. Groß⸗Botschafter / der nun
allein ritte, zu Fuß über besagte Brücke in die innere Burg, allwo
derselbige gleichfalls abstieg, und mit Vorhergehung aller Vorbe
nannten die grosse Stiegen hinauf gieng, da immittelst die Ubrigen
von dem Gefolg in der von dem Marschalk gestellten Ordnung bis
zu des Herrn Groß⸗Botschafters Zuruckkunft auf dem grosen
Burg⸗Platz stehend geblieben, und die ganze Zeit hindurch mit der im - 37 -
Von des Hn. Groß⸗Botschafters Einzug in Wien.
11
im Gewehr stehenden Stadt⸗Militz ihre Musicanten sich tapfer höͤren
lassen. Jm Hinauf und Vorbeygehen der Trabanten und Hatschie
ren, welche beiderseits im Gewehr stunden, wurde der Herr Groß
Botschafter von allen den Seinigen bis an die Ritter⸗Stuben, wo
die Pagen, Haus Bedienten, und üͤbrige Canzley⸗Verwandte bis
zu Seiner Ruckkehr auf Jhn warteten, von den Edelleuten aber
bis in die erste Anti-Chambre, in welchem selbige gleichfalls stehend
geblieben, und von dem ersten Adel bis in die zweyte Anti-Chambre
begleitet. Daselbst ist der Herr Groß⸗Botschafter von Einfüh
rung zur
Audienz.

Jhro Röm. Kaiserl. und Cathol. Majestät würklich
geheimen Rath / Obrist⸗Cammerern und Rittern des gul
denen Vlieses / Hn. Rudolph Sigismund / des Heil. Rom.
Reichs Erb⸗Schatz⸗Meister / Grafen von Sinzendorf /
empfangen, bald auch hernach bey Sr. Kaiserl. Majestät
durch denselbigen angemeldet, auch auf so gleich allergnädigst ertheilte
Bewilligung in die Raths⸗Stuben zur Audienz eingeführt worden;
daselbst von Seiner Kaiserl. Majestät der Hr. Groß⸗Bot
schafter das an den Groß⸗Sultan gestellte Creditiv-Schrei
ben, welches auf weiß Pergament mit guldenen Buchstaben ge
schrieben, und von der Kaiserl. geheimen Hof⸗Kriegs⸗Canzley ge
wöhnlicher massen ausgefertiget war, eigenhaͤndig empfangen, und
von Seiner Röm. Kaiserl. und Catholischen Majestät
sich beurlaubet, so dann bey dem verstatteten Kaiserl. Hand⸗Kuß
die allerhöchste Gnade sich ausgebetten, daß Seine Kaiserl.
Majestät allergnädigst geruhen moͤgte, dem ersten und zweyten
Adel, wie auch übrigen Vornehmern seines Gefolgs den Kaiserl.
Hand⸗Kuß gleichfalls zu verstatten, welches auch Jhro Kaiserl.
Majestät allergnädigst verwilliget: worauf vor Se. Kaiserl.
Majestät welche in einem schwarzen Mantel⸗Kleid vor einem
mit einem roth-sammeten Teppich bedeckten Tisch gestanden, alle
nach der Ordnung zum Hand⸗Kuß gelassen worden. Jndem aber
dieses vorging, stunde zu Jhro Kaiserl. Majestät linker Hand
der Herr Groß⸗Botschafter / welcher bisweilen mit dem Finger
andeutete, was für ein Amt ein jeglicher bey der Botschaft verwaltete.
Von

B 2
- 38 -
12

Erstes Buch / Erste Abtheilung /

Von Seiner Römisch⸗Kaiserl. Majestät begab sich
der Hr. Groß⸗Botschafter mit seinem Gefolg zu Jhro Ma
jestät / der regierenden Römischen Kaiserin Elisabetha
Christina: von dar zu der Kaiserl. Frau Mutter / der ver
wittibten Römischen Kaiserin Eleonora Magdalena, wie
auch zu der gleichfalls verwittibten Römischen Kaiserin Ama
lia Wilhelmina / weiland Sr. Majestät / Kaiser Josephs /
Glorwürdigsten Andenkens / hinterlassene Kaiserl. Frau Ge
mahlin; folgends zu der regierenden Kaiserl. Majestäten
Durchlauchtigsten Erz⸗Herzoginnen Maria Theresia /
und Maria Anna / so fort auch zu denen weyland Kaiserl.
Majestäten Joseph und Leopold Glorwürdigster Gedächt
nis hinterlassenen Durchläuchtigsten Erz⸗Herzoginnen / Ma
ria Josepha, Seiner Durchlaucht des Chur⸗Prinzens
von Sachsen nunmehro Durchlauchtigsten Gemahlin, und
Maria Amalia / des Chur⸗Prinzen aus Bayern gleichfalls
Durchlauchtigsten Gemahlin / wie auch Maria Elisabeth
und Maria Magdalena / um von Jhnen ebener massen die Ur
laubs⸗Audienz zu nehmen. Zu denen verwittibten Roͤmischen
Kaiserinnen / und vier letzt gedachten Erz⸗Herzoginnen sind
wir durch deren Obrist⸗Hof⸗Meistere und Kaiserl. Geheime
Räthe und Cammerer die Hochgebohrne Herren Joseph
Folk des H. R. Reichs Fürst von Cardona, Max. Guidobald
des H. R. Reichs Graf von Martinitz / Joseph Jgnatz
des H. R. Reichs Graf von Paar / Gundacker Poppo des
H. R. Reichs Graf von Dietrichstein / Gotthard Helfried
des H. R. Reichs Graf von Weltz / zu denen zwey erst ge
nannten Erz⸗Herzoginnen aber von deren Frau Aya Anna
Dorothea des Heil. Röm. Reichs verwittibter Gräfin
von Thurn und Valsaßina / gebohrnen Gräfin Ratuit
von Suches, welche auch im Namen Jhrer Durchlauchten
wegen deren noch zartesten Alters bey dem Hand⸗Kuß die Abschieds
Complimenten empfangen, und beantwortet. So sind auch von der
regierend⸗ und denen verwittibten Kaiserinnen allergnädigst, und - 39 -
Von des Hn. Groß⸗Botschafters Einzug in Wien.
13
und von sämtlichen Durchlauchtigsten Erz⸗Herzoginnen / in Ge
genwart allerseits Hof⸗Damen gnädigst zum Hand⸗Kuß gelassen
worden nicht nur der Kaiserl. Herr Groß⸗Botschafter bey der
gehabten Audienz, sondern auch dessen Cavaliers, Edelleute, in
gleichen die Hauß⸗Officier und übrige andern alle.


Indeme wir nun so beehrt und begluͤckt entlassen worden, hat
ein jeder wider seine vorige Stelle eingenommen, und sich üͤber die
Brücke bey der Schweitzer⸗Wache nach seinem Pferd begeben, wel
che durch das lange Ausruhen noch muthiger worden: der Herr
Groß⸗Botschafter aber hielte so lang auf der Brucken auser der
Schweitzer Wacht, und sahe seine Suite vorbey gehen, bis die Hey
ducken eintrafen, da dann Derselbige in seinen vorigen Platz sich ver
fügte, und in derselbigen Ordnung unter Trompeten⸗ und Paucken
Schall und klingenden Spiel fort ritte; wobey Er das allerhöch
ste Glück gehabt, dem gröͤsten Monarchen auf Erden zum
zweytenmal das angenehmste Spectacul zu machen; wie dieser
Monarch dann Sein allergnädigstes Belieben an Seines MiniDes Kai
sers Ver
gnügen.

sters und Botschafters Aufzug gar merklich bezeiget, da Er
Sich allergnädigst gefallen lassen, von der Tafel aufzustehen, und
mit Seiner Kaiserl. Gemahlin zum zweytenmal zuzuschauen:
hat Sich auch in vieler Gegenwart ausdruͤcklich allergnädigst ver
nehmen lassen, wie Er heute in allen, und mehr als Er gehoffet,
vergnügt worden.


Anjetzo halte ich unnoͤthig zu seyn in der Beschreibung des Ruck
wegs mich aufzuhalten, angesehen solcher mit dem Anzug vollig uͤber
einkommt, auser daß wir dabey einige Oerter vorbey marchiret, wel
che wir anfangs nicht beruͤhret, und also den Weg etwas anders,
als zu erst, ausgetheilet; sintemaln wir durch das obere Burg
Thor zwischen dem Ball⸗Hauß und Kayserl. Hof⸗Cammer zum zwey
tenmal über den Kohlmarck, aber von dar durch das Pailer⸗Thor
bey den Tuch⸗Läden und Schranen oder Stadt⸗Gericht vorbey und
den Hohen⸗Markt hinunter gezogen, von dar wir uns nach der
Obern⸗Becker⸗Strassen durch den Schwibbogen über der untern
Jesuiter⸗Kirche nach dem Stuben⸗Thor, und so dann nach anfangs
bemeldten Augustiner⸗Garten auf die Land Strassen gewendet, wo
bey wir dann gleiche Ordnung mit der ersten gehalten, und in Be

B 3

gleitung
- 40 -
14

Erstes Buch / Zweyte Abtheilung /

gleitung einer unbeschreiblichen Menge Volkes, so uns fast den Weg
verlegt, daselbst gluͤcklich wiederum angekommen.



Gastierung
der Bot
schaft.
Hierauf wurde nun die ganze Botschaft, samt noch einigen
andern / so aus der Stadt darzu gekommen von dem Herrn
Groß⸗Botschafter aufs herrlichste und köͤstlichste tractiret. Un
ter wehrender Tafel haben sich die Trompeter und Paucker, wie in
gleichen die üͤbrigen Musicanten, sonderlich bey dem Gesundheit
Trinken, lustig hören lassen, so daß sich endlich diese ganze Ceremo
nie mit einem propren und freudigen Gastmal in aller zulässigen Er
götzlichkeit geendiget, und grosse Hofnung hinterlassen, es werde
das Ende mit dem so vergnuͤgten Anfang nach Wunsch uͤberein
stimmen: wie dann solches der Erfolg nachmaln genugsam bezeiget,
wann man aus Orient von nichts anders als den sonderbaren praͤch
tigen dem Herrn Groß⸗Botschafter erwiesenen Ehren Bezeigun
gen gehöret, dergleichen von der Ottomannischen Pforten vorhero
keinem erwiesen worden.


Zweyte Abtheilung.


NUnmehro wird es Zeit seyn die Reise nach Constantinopel
selbsten mit unserer historischen Feder zu entwerfen. Wir
machen uns demnach auf den Weg / zugleich aber den An
fang unserer Erzehlung mit der Abreiß aus Wien. Es ist sonst ge
bräuchlich, daß die völlige Abreise, nicht lang nach dem Einzug
aufgeschoben werde, weswegen auch der Herr Botschafter
gänzlich dafür gehalten, Er werde nun in wenig Tagen die Reise
antretten koͤnnen; nichts destoweniger sind einige Hindernuͤssen dar
zwischen gekommen, so Jhn wider Verhoffen länger als gebräuch
lich in der Kaiserlichen Residenz arêtirt, wie man uns denn nach
diesem drey und mehr Wochen noch in Wien herum gehen sehen.
Indem aber gleichwol inzwischen alle Anstalten zu einer so weiten
und beschwehrlichen Reise vorgekehret, und die darzu benoͤthigten
Sachen unterdessen in die Schiffe gebracht wurden, erhielte man
unvermuthete Nachricht, daß der Türkische nach unserm Hof be
stimmte Botschafter mit einer grossen Anzahl Tüͤrken auf dem Her
weg begriffen, und schon nicht weit mehr von der Gräͤnze seye, wo

selbst
- 41 -
15

Reise von Wien bis nach Ofen und Lora.

selbst er unsere Ankunft abwartete. Weshalben unser Herr Bot
schafter seine Geschäffte folgends in aller Eil expedirte, und end
lich den 17. Maji um vier Uhr nach Mittag mit allen den Seinigen
zu Schiffe gieng, und kurz hernach vom Lande abstossen liesse. Hier
war nun fast die ganze Wien⸗Stadt wieder auf, davon einige ihre
Curiosité zu vergnuͤgen suchten: andere aber ihre nach der Tüͤrkey
abgehende Freunde nochmaln sprechen, und ihren wolmeinenden
Glückwunsch bey ihnen ablegen wolten, welcher um so viel herzli
cher war, je leichter sie vermuthen kunten/ daß sie nicht alle wiederum
zuruck kommen duͤrften; begleiteten indessen diejenige mit dem Ge
müth, bey welchen sie dem Leib nach nicht mehr zugegen seyn kunten.


Hier waren nun abermal beide Ufer der Donau von Leuten Zulauf des
Volks.

unterschiedlichen Alters, Geschlechts und Standes häͤufig besetzt.
Was man nur immer in der Stadt von Kobel⸗Wäͤgen und Pfer
den hat zusammen bringen können, das wurde heute alles aufge
sucht und um gut Geld bezahlt, welche uns zum Theil bis nach
Preßburg begleiteten. Der mehreste und vornehmste Adel/ ja so
gar die Durchlauchtigsten Josephinischen Erz⸗HerzoginErz⸗Herzo
ginnen
Gegen
wart in
Prater.

nen selbst, als die nur allein in der Stadt Wien waren, sintemaln
die Leopoldinische samt der Aller Durchlauchtigsten Kaiserli
chen Frau Mutter Sich dazumal zu Baden aufhielten. Hat
ten sich nach dem nechst uͤber der Donau bey der Stadt liegenden
und bey dermaligen Früͤhlings⸗Zeit angenehmen Prater⸗Wald er
hoben, allwo Sie aus einem Kaiserlichen Lust⸗Hauß die in schoͤn
ster Ordnung rangirten Schiffe vorbey streichen sahen, wovon der
grösten an der Zahl zwey und siebenzig, und alle oben bedeckt, auch Anzahl der
Schiffe.

nicht nur zu der aufhabenden Nothwendig⸗ sondern auch Gemäch
lichkeit von dem Kaiserlichen Schiff⸗Lieutenant zu Wien sehr wol
verfertiget waren; worzu die Kähne nicht gerechnet sind, deren viele
an die grossen Schiffe angebunden und auf des Herrn Bot
schafters Befehl zur Zufuhr der Victualien und Ubersetzung der
Leute von einem in das andere Schiffe verordnet waren.


Unter allen præsentirte sich das Leib⸗Schiff, so den Herrn Leib⸗Schif
fes Be
schaffen
heit.

Groß⸗Botschafter führte ungemein wol, als welches mit man
cherley Farben und Gold ausgeziehret auf dem hintern Theil einen
Adler mit dem guldenen Vlies umgeben, auf dem Vorder⸗Theil
aber
- 42 -
16

Erstes Buch / Zweyte Abtheilung /

aber den Jupiter auf einem Adler führete der in der linken Hand
einen Oel⸗Zweig, als das Zeichen des Friedens, darreichte: der Ad
ler aber, als der Koͤnig unter den Voͤgeln, præsentirte sich auf ei
ner verguldeten Erd⸗Kugel, üͤber welche er seinen Kopf aus dem Schiff
über das Wasser streckte, und in der einen Klauen den Blitz hielte,
auf seinen Rucken aber den mit Lorbeer gekröͤnten und zwischen
zweyen Meer⸗Fräulein befindlichen Götter⸗Vater Jupiter aufhatte,
welcher durch seine ganze Kleidung und dieser Nymphen suͤssen Ge
sang, oder vielmehr derselben wunderbahren Harmonie, welche sie
durch ihre in den Häͤnden haltende Noten zu verstehen gaben, den
gestiftete Frieden anzeigten. Das Ansehen dieses Schiffes ver
mehreten die vierzehen schwarz⸗ und gelb⸗seidene auf lange Stangen
aufgesteckte Fahnen / als der Occidentalischen Kaisere gewöhn
liche Farbe, auf deren einer Seite der doppelte Adler / auf der
andern aber das Durchlauchtigste Oesterreichisch⸗Erz⸗Her
zogliche Wappen gemahlt stunde; von welchen auf den übrigen
Schiffe nur eine, oder auf denen vornehmern, zwey aufgesteckt wa
ren. Die zwischen jene herum gestellte Musicanten belustigten die
Ohren auf mancherley Weise, worzu auch die zwölf auf Schiffs
Manier gleich gekleidete Boots Knechte, mit ihren gewöhnlichen
Schiffer⸗Gesang das Jhrige mit beygetragen, welche mit ihren
schwarz⸗ und gelb⸗angestrichenen und hiemit von den andern Schiffen
distinguirten Rudern das Schiff fort getrieben.



Favorables
Wetter.
Das an dem Tage unserer Abreise so schöne heitere Wetter
prognosticirte alsobald eine vom Himmel beglüͤckte Schiffarth, welches
auch den ganzen Tag durch getauert, und erst dazumal, als wir bereits
in Sicherheit und zu Fischament angelangt waren, sich in ein mit
Blitz und Wetterleuchten vermengten Regen verwandelt hatte.
Fischa
ments Ge
legenheit.
Es ist aber Fischament ein von Wien ohngefehr drey Meil ent
fernter und an dem Donau⸗Strand gelegener Ort, deme eine nicht

unangenehme Jnsul gegen über lieget, worinnen sich bey dieser
Frühlings⸗Zeit die Nachtigalln und andere Vögel uͤberaus an
muthig hören lassen.


Bis dahin hatten die Hochgräfliche Fräulein Maria
Des Herrn
Botschaf
ters beider
Fräulein
Töchter
Abschied.

Louisa / und Maria Anna ihren allerliebsten Herrn Vater / de
me Sie beide an Sitten und Verstand, die Juͤngere aber auch an
der Gestalt ganz ähnlich, begleitet; von daraus sie, nach herzlichem
Wunsch
- 43 -
Reise von Wien bis nach Ofen und Lora.

17

Wunsch zur glücklichen Reise und empfangenen vätterlichen See
gen, mit bethränten Augen ans Land gestiegen, und noch selbigen
Abend mit der Post nacher Wien zuruck gekehrt: und dieses war
zugleich die erste Nacht, welche wir auf dem Wasser in den Schiffen
zugebracht.


Des andern Tages sind wir gleich früͤhe nach angehöͤrter MesAbreise
nach Preß
burg.

se, als worzu uns vor allen der eingefallene Himmelfarths⸗Tag un
sers Heylandes obligirte, bey gegebenen Zeichen aus den Trompe
ten, welche Gewohnheit nachgehends beständig so wol zu Wasser als
Land gehalten wurde, unter stillem Wind nach Preßburg/ der
Haupt⸗Stadt in Ober⸗Ungarn abgefahren; wohin die Freyherrn
von Locher und Studenitz in aller frühe mit einem Jagd⸗Schiff
voraus geschickt worden, damit sie die Ankunft des Herrn GroßNachricht
von des
Herrn Bot
schafters
Ankunft an
dem Köni
glichen
Stadthal
ter zu Preß
burg.

Botschafters dem Königl. Stadthalter, den die Ungarn Pa
latin nennen, ankündigen solten, wir selbst aber sind um den Mit
tag allda angelangt, nachdem die im Gewehr stehende Burger
schaft samt der Besatzung schon drey Tag auf uns gewartet hatte.
So bald das Leib⸗Schiff vom Schloß aus kunte gesehen und von
den andern recht deutlich unterschieden werden, wurden die Cano
nen rings herum dreymal abgefeuert, welchem die an dem Ufer steDessen Be
willkom
mung.

hende Büͤrger und Soldaten mit ihrem Gewehr eben so oft geant
wortet: und da dieses noch nicht vollig aufgehöͤret, und von unserer
Flotte die Helfte kaum angeländet, da zeigte sich schon der Koͤnig
liche Stadthalter / der Hochgebohrne Graf Niclas Palfi /
in einem mit sechs Pferden bespannten Wagen, welcher von unter
schiedlichen Ungarischen Bischöffen / dem Königlichen Obrist
Richter / und noch mehr andern vornehmen Stäͤnden des Köͤnig
reichs, die eben dazumal dem jäͤhrlich⸗gewöͤhnlichen Land⸗Tag da
selbst beywohneten, nebst verschiedenen vornehmen Graͤfinen und
Frauen vom ersten Rang, wie auch dem Stadt⸗Rath mit ihrem
Burger⸗Meister begleitet war, und alle dem Herrn Groß⸗Bot
schafter im Namen des ganzen Adels in der Stadt die Bewillkom
mungs⸗Complimenten machten. Nachdem sie hierauf eine zeit
lang von unterschiedlichen Sachen mit einander gesprochen, und des
Herrn Groß⸗Botschafters prächtige Logirung auf dem Schiff
genugsam betrachtet, ist derselbige von dem Graf Palfi in seinen
Wagen zu tretten ersucht, und darauf nach der Stadt gefüͤhret wor
den, C - 44 -
Erstes Buch / Zweyte Abtheilung /

18

den, wohin dessen Hoch⸗Gräfliche Frau Gemahlin unter Be
gleitung des vornehmsten Adelichen Frauen⸗Zimmers in einem gleich
falls mit sechs Pferden bespannten Wagen gefolget. Mehr andere
mit zwey und vier Pferden bespannte Wägen brachten ebenermas
sen den übrigen Adel in des Herrn Stadthalters Behausung,
woselbst eine für einen so hohen Gast und vornehmen Gefehrten
prächtig zubereitete Tafel fertig stunde, auf welcher die Menge der
Speisen mit denen kostbar⸗ und netten Geschirren sehr wol überein
kamen. So fehlte es auch nicht an Musicalischen Jnstrumenten,
womit das Knallen der losgebrannten Canonen bey dem Gesund
heit⸗Trinken beständig abwechselte / und den Appetit zu denen ohne dem
sehr delicaten Gerichten noch mehr reitzten.


Nachdem die Tafel endlich aufgehoben worden, sind schon die
Wägen wiederum bereit gestanden, die vornehmen Gäste nach dem
nah gelegenen Berg zu füͤhren, und auf denselben das gleichsam über
die Stadt hangende Schloß etwas eigentlicher zu betrachten, wobey
man ihnen zugleich den Thurn gezeigt, worinnen die Königl. Cron
mit vielen Schloͤssern verwahrt und aufbehalten wird. Nach die
sem hat man sich in den ohn weit der Stadt gelegenen Lust⸗Garten
des Herrn Stadthalters begeben, allda der angenehme Früh
lings⸗Luft und anderer Bequemlichkeiten zu geniesen. Bey der Zu
ruckkunft hat man sich wieder zu Schiffe begeben, um daselbst, wie
die vorige Nacht, das Nacht⸗Lager zu halten, auser etlichen weni
gen, welche von ihren Freunden eingeladen worden, und deswegen
ihr Quartier die Nacht über in der Stadt genommen.


Den Tag darauf, als den 20ten dieses Monats, ist die
Des Herrn
Botschaf
ters Frau
Gemahlin
Abschied
von ihrem
Herrn.
Hoch⸗ und Wol⸗gebohrne Frau Maria Elisabeth / Freyin
von Burscheid / Seiner Excellenz wehrteste Gemahlin / wel
che Jhren innig geliebtesten Ehe⸗Herrn bis hieher begleitet, nach
wechsels⸗weisen Abschieds⸗Complimenten und zärtlichster Umhal
sung, um 9. Uhr Vormittag, nicht ohne innerliche Gemüͤths⸗Be
wegung mit der Post wiederum nacher Wien abgegangen, wir aber
haben hierauf unter abermaliger Loßbrennung der Canonen unsere
Reise weiter fortgesetzet.


Ehe ich mich aber von Preßburg weg begebe, muß ich noch
etwas, das ich daselbst beobachtet, mit wenigen anmerken; ob ich
schon
- 45 -
Reise von Wien bis nach Ofen und Lora.

19

schon nicht zweifle, daß einige von den Lesern solches bereits gehöͤret,
aber doch nicht mit Augen gesehen haben:


Jn der Grafschaft Comorn auf des Graf Zichi Gütern, in Zwillinge /
so an ein
ander ge
wachsen.

dem Dorf Szany, sind von eines Bauern Eh⸗Weib, welche, da
ich dieses schreibe, mit ihrem Mann noch bis auf diese Stunde lebet,
im Jahr 1701. den 26. des Weinmonats, Zwillinge weibliches
Geschlechts gebohren worden, welche mit dem Ruckgrad an einan
der gewachsen, also daß eine der andern, wo sie sich hinwendet, fol
gen muß, sonst aber nicht haͤßlich wäͤren, wann sie nur diese Zusam
menwachsung nicht entsetzlich und ungestalt machte. Sie haben bei
de zwey Hände, so viel Füsse, eine jede ihren besondern Kopf und
Leib, können beiderseits ihre Glieder gebrauchen, und fehlt ihnen
auch im geringsten nicht an Verstand, so daß, wann man sie nur
sitzen siehet, und keine weitere Nachricht von ihnen hat / nichts un
gestaltes an ihnen zu bemerken ist. Die Aeltere, so drey Stund eher
gebohren, nennet sich Helena, die Juͤngere Juditha, welche vor
ohngefehr drey Jahren von einem Schlag⸗Fluß gerührt worden
wodurch sie an der Sprach und Vernunft Schaden gelitten, und
dahero anjetzo etwas einfältig scheinet. Die Aeltere aber, so allezeit
ihre gesunde Vernunft behalten, ist an Gesicht und Sitten wol be
schaffen, und bewegt billig jederman zum herzlichen Mitleiden, weil
sie bey vollkommener Gesundheit und Vernunft, ihre Schwester
bruͤnstig liebet, den Stand, in welchen sie ist, wol erkennet, und auf
solche Weise doppelt elend zu nennen, angesehen sie an ihrem und der
Schwester Unfall Theil nimmt. Sie sind noch in ihrer Kindheit
von einem Ungarischen Arzt, Namens Csuszi, mit der Eltern Er
laubnis, welchen er ein Stuck Geld dafuͤr bezahlet, um ihm die Kin
der auf eine gewisse Zeit zu überlassen, durch unterschiedliche König
reiche und Länder / nemlich durch Teutschland, Engelland, Frank
reich, Welschland, Pohlen, Bajern, Oesterreich, Mähren und Ungarn
geführet worden; wie sie dann auch noch Teutsch, Französisch und
Ungarisch reden koͤnnen, die uͤbrigen aber haben sie aus Mangel der
Ubung und wegen ihrer damaln noch zarten Jugend, wiederum ver
gessen. Es hat aber gleichwol Jhro Eminenz und Durchlaucht
der Cardinal Augustus von Sachsen⸗Zeitz und Erz⸗Bi
schof zu Gran / den seine Beständigkeit im Glauben, Furcht Got
tes, und Liebe des Nechsten genugsam bekannt gemacht, das ge
C 2
dunge
- 46 -
20

Erstes Buch / Zweyte Abtheilung /

dungene Geld dem Arzt zuruck zahlen, und die Kinder von ihm wieder
abfordern lassen, weil Er besorgt, es moͤgte das lange Umziehen dieser
Mägdlein ihnen einen schlechten Vorrath an guten Sitten zu wegen
bringen, vielmehr aber ihre Unschuld, wie es gemeiniglich bey der
gleichen Gelegenheit zu geschehen pflegt, dardurch verlohren gehen;
damit nun aber solche in bessere Sicherheit gestellt wäre, ist Er dem
besorgten Ubel noch bey Zeiten vorgekommen, hat sie besagtem Arzt
noch in einem Alter von neun Jahren abgenommen, und denen Ur
selinern zu Preßburg mit Vorstreckung der hierzu nothwendigen Un
kosten zu weiterer Erziehung übergeben; von denen sie erst Lesen
und Schreiben gelernet, und in der Religion, wie auch unterschiedli
cher Hand⸗Arbeit, als Sticken, Spitzen glöckeln rc. unterrichtet
worden. Jch habe etwas von ihrer Arbeit gesehen, welches für ein
Meister⸗Stück passiren kunte.


Sie sind in dieses Closter im 1710ten Jahr den 21. Merz auf
genommen, nunmehro bis in das eilfte Jahr erhalten, und anjetzo zu
dem zwanzigsten ihres Alters gebracht worden. Von der Zeit an,
da sie in dieses GOttes⸗Hauß gekommen, sind sie beständig darin
nen geblieben; wie man ihnen dann auch eine geistliche Jungfrau
zugegeben, welche immer um sie seyn, sie uͤberall hinfüͤhren und auf
ihr Thun und Lassen Achtung geben, auch von solchem auf Befra
gen Rechenschaft geben muß. Von dieser habe ich in Abwesenheit
anderer alles dasjenige, was ich in diesem Punct zu wissen verlangt
erfahren; weil sie nach der Warheit dafuͤr gehalten, daß meine so
genaue Nachfrag nicht aus Vorwitz, sondern Amts halben und dem
gemeinen Wesen zum Nutzen geschehe; wie ich dann zu dem Ende
alle andere weg gehen heisen, damit sie, wann niemand als ich allein
zugegen mit gröͤsserer Freyheit mir dasjenige erzehlen moͤgte, wovon
sie sonst durch die Schamhaftigkeit wegen der Gegenwart junger
Leute würde seyn abgehalten worden.


Habe demnach von ihr vernommen, daß jene die Theile des Lei
bes, welche Scham und Erbarkeit zu nennen verbiethen, und
durch welche Speiß und Trank, nebst dem uͤbrigen s. v. Wust und
Unflat abgeführet wird, nicht an den gewöͤhnlichen Orten stehen,
sondern daselbst, wo es andere Menschen haben, alles verschlossen
ist; hingegen von unten, wo die Zusammenwachsung anhebt, sind
ihnen diese Theil des Leibes gemein / jedoch also, daß gleichwol,
wann
- 47 -
Reise von Wien bis nach Ofen und Lora.

21

wann z. E. eine dasjenige, was sie incommodiret, von sich zu
schaffen benöthiget ist, die andere darum eben nicht so fort desglei
chen thun darf, sondern eine jedwede absonderlich von der Natur
deswegen erinnert wird, so daß, wann sich eine von den verdauten
Speisen entlediget, die andere bisweilen nur die Blase von der
überflüssigen Feuchtigkeit reiniget. Jhre monatliche Reinigung
stellt sich auch nicht zu gleicher Zeit bey ihnen ein, sondern manquirt
oft um acht und mehr Täge von der andern. Es kommt wol, daß
wann eine schlaͤfft, die andere wachet; und wann diese arbeitet, die
andere ruhet. Es isset wol eine, wann die andere trinket, oder was
anders vor hat: Hingegen sitzen, stehen, gehen und liegen sie allezeit
zusammen mit groser Beschwehrnis, weil die Zusammenfuͤgung der
Cörper es nicht anders zu lässet. Wann sie mit einander reden
wenden sie einander mit gebogenen Häͤlsen das Gesicht zu. Sie kuͤs
sen sich zusammen aus Liebe, schlagen sich aber auch tapfer mit Fäͤu
sten, wann sie boͤß sind. Wann ein Streit zu der Zeit, da sie beider
seits noch bey guten Kräften gewesen, zwischen ihnen entstanden,
hat diejenige, welche sich stärker zu seyn glaubte, die andere üͤber die
Achsel genommen und davon getragen: jedoch sind sie vielmehr eines
stillen und sanftmuͤthigen Wesens, als daß sie sich oft erzürnen sol
ten, und tragen ihr gemeines von GOTT aufgelegtes Creutz mit
Christlicher Gelassenheit.


Als vor drey Jahren die Jüngere gefährlich erkrankte, wovon
oben schon etwas gemeldet worden, hat man die Aeltere gleichfalls zu
einem seligen Tod bereitet, und durch einen Priester Christ⸗Catho
lischen Gebrauch nach mit allen Sacramenten versehen lassen, weil
die meisten Medici dafür gehalten, daß die eine nach Absterben der
andern nicht lang mehr werde leben koͤnnen: welches sie auch hier
aus behaupten wollen, weil, so oft sich eine nicht wol befunden, die
andere ebenermassen, ob sie schon mit gleicher Krankheit nicht behaf
tet war, einige Unruhe in dem Gemuth, Schwachheit der Sinnen
und unordentliche Bewegungen der innern Theile des Leibes verspuͤh
ret. Gleichwol aber ist nicht zu zweifeln, daß diese so wunderlich
gestaltete Cörper von zweyen Seelen begeistert werden: dann wir
moͤgen gleich das Herz oder das Haupt fur den Sitz und eigentlichen
Wohn⸗Platz der Seelen angeben, so wird doch keines von beiden
unsere Meinung umstossen, absonderlich da noch so vielerley unter

C 3

schie
- 48 -
22

Erstes Buch / Zweyte Abtheilung /

schiedene Verrichtungen, einander zu wider laufende Gedanken, und
mancherley Gemüths⸗Bewegungen hiebey zu schulden kommen.
Noch eines habe ich zu melden vergessen, daß nemlich nach dieser so
wunderwuͤrdigen und schwehren Geburth die Mutter gleichwol von
eben diesen Vater noch andere Kinder gebohren, die aber alle gesund
und wolgestaltet sind, und nichts unnatuͤrliches an sich haben.
Allein ich muß nun wiederum nach dem Strom zu eilen, wo
Reise nach
Comorn.

ich nicht noch einmal die Flotte versäumen, und in einem andern
Schiff derselbigen kümmerlich folgen will, wie mir dazumal würk
lich geschehen / da ich mich mit gedachter Jungfräulichen Zucht
Meisterin in ein so weitläuftiges Gespräch wegen ihrer seltsamen
Untergebenen eingelassen. Auf diesem aber schwimmet die völlige Flot
te schon Anker loß herum, und nimmt ihren Lauf gerades Wegs nach
Comorn zu / allwo wir doch erst den 21ten May Nachmittag an
gelangt, nachdem wir den vorigen Tag unser Nacht⸗Lager in der
Gegend der Jnsul Schütt zu Avazar auf den Fluß gehalten.
Allenthalben, wo wir vorbey fuhren, stunde das Volk Haufen⸗weis
MühlKnechte
springen
ins Wasser.
am Ufer; so sprangen auch einige Müͤhl⸗Knechte, die selbst halbe
Schif⸗Leute waren, vom freyen Stücken ganz nackend ins Wasser,
und schwamen dem Leib⸗Schiff zu, um ein Trank⸗Geld davon zu
tragen. Wir indessen haben heute so wol, als gestern / auf dem
Schiffe gespeiset, und, um keine Zeit zu verliehren, unter beständi
Die von
Comorn
entgegen
geschickte
Schiffe.
gen Fortfahren das Mittag⸗Mal eingenommen. Da wir noch bey
drey Stunden von Comorn entfernet waren, kamen uns schon
viere von ihren Schiffen entgegen, so die Ungarn Tschaicken nen
nen, und theils 16. theils 14. Ruder führen, welche die neu an
kommenden Gäͤste mit ihren aufhabenden Stucken und Doppelha
cken lustig bewillkommeten, sich so dann vor das Leib⸗Schiff setzten,
und den Herrn Botschafter bis an die Stadt bekleideten. Der
jenige, so selbige commandirte, hatte Denselbigen im Namen
des Commendanten complimentirt: dessen Schiff mit wol exer
cirten Kaiserlichen Soldaten, die übrigen aber nur mit Land⸗Volk
Ankunft
vor Co
morn.
besetzt waren. Da wir aber noch nicht völlig vor den Stadt⸗Mau
ern angelangt, kunten wir schon das Donnern der Carthaunen höͤ
ren, welches auch nicht eher nachließ, bis die ganze Flotte einge

lauffen.

Bald - 49 -
Reise von Wien bis nach Ofen und Lora.

23


Bald hierauf kame der Commendant von der Vestung
Herr Graf von Welz / in eigener Person, mit einigen Hand
Pferden versehen, und von seinen Bedienten und unterschiedlichen
Officiern aus der Besatzung begleitet / deme so gleich die Vornehm
sten aus der Grafschaft, der Stadt⸗Rath und etliche Geistliche aus
der Gesellschaft Jesu folgten / welche letzten dem Herrn Groß
Botschafter theils in ihrem, theils anderer Namen mit folgender
in Eil entworfenen, aber in Lateinischer Sprach verfaßten Rede, zu
seiner glüͤcklichen Ankunft gratulirten:


Da Eu. Excellenz, Jhro Römisch⸗Kaiserlich⸗ auch in
Teutschland, Spanien, Ungarn und Böheim Königlichen
Rede der
Priester
aus der
Gesellschaft
Jesu.

Majestät / des an Tugend⸗ und Thaten warhaftig grossen
CARLS des VI. Geheimer Rath, General-Feld⸗Mareschal, und
Groß⸗Botschafter nach der Pforten, an unserm Gestad glüͤck
lich angelanget/ lege ich im Namen der Loͤblichen Ge
spanschaft von Comorn, deren Herrn Prælaten, Ständen,
Freyherrn und Adels dieser Academie, wie ingleichen der Stadt,
und letzlich auch unserer geringsten Gesellschaft Jesu mei
nem ergebensten Wunsch darzu ab. Der Höchste lasse
Eu. Excellenz wie bisher / also auch noch ferner Dero Rei
se nach Wunsch fortsetzen / und das Constantinopolita
nische Ufer gluͤcklich erreichen; Er segne Dero hohe Ver
richtungen/ damit derjenige Friede / welcher durch Euer
Excellenz das vorige Jahr zu Passarowitz nach aller Ver
gnuͤgen geschlossen worden/ anjetzo zu Constantinopel noch
mehrers befestiget werde; und gebe/ daß alles zuvoͤrderst
zu Seines allerheiligsten Namens Ehre, und dann zu des Al
ler Durchlauchtigsten Oesterreichischen Hauses beständi
gen Sicherheit des H. Röm. Reichs unverbesserlichen Nu
tzen / der ganzen Christenheit höchst⸗erwünschten Wachs
thum / nicht weniger auch zu aller Seiner Kaiserlichen
Majestät getreuen Vasallen Trost und Zufriedenheit aus
schlage. Jch finde auch an glücklicher Erfüllung meines
so wolgemeinten Wunsches so viel weniger Ursach zu
zweifeln / je mehr ich solche an Euer Excellenz Schiff sol

che
- 50 -
24

Erstes Buch / Zweyte Abtheilung /

che bereits abgeschildert sehe. Dann was will der Lö
wen⸗Kopf auf dem Vorder⸗Theil des Schiffes anders
anzeigen / als die Stärke? was solte man sich wol na
türlichers durch die Welt⸗Kugel vorstellen können / als
die Beständigkeit? was könnte uns der auf dem Römi
schen Adler sitzende Jupiter mit seinem in der linken Hand
führenden aber mit Lorbeer gecrönten Blitz / und welcher
mit der rechten denen Meer⸗Fräulein ein Zeichen zum sin
gen gibt/ sicheres Versprechen / als einen nach aller
Wunsch bestättigten Frieden? Daß nun demselben Euer
Excellenz sieg⸗prangend zurück bringen und bestättigen
auch hoͤchst beglüͤckt nach denen Oesterreichischen Erb⸗Landen
umkehren und zugleich den best⸗verdienten Lohn Jhrer so
grosen Bemuͤhung empfangen moͤgen / wuͤnsche Euer Ex
cellenz in Namen dieser Löblichen Gespanschaft, Academie,
Stadt / und unserer geringsten Gesellschaft mit ergeben
sten Gemüth / Dero Gnade und Gewogenheit Sie aller
seits demüthig empfehlend.



Beschrei
bung der
Vestung
Comorn.
Nach diesem haben wir den übrigen Theil des Tags in Be
schauung der noch nie eroberten Stadt und Vestung zugebracht;
wobey wir auf Befehl des Commendanten von einem daselbst in
Besatzung liegenden, und in Kriegs⸗Sachen und andern passirten
Dingen nicht unerfahrnen Soldaten über die Stadt⸗Mauern durch
die Werker, Wälle und Gräben, Fläche und Abschnitte geführet
worden, welche wir alle mit guter Bequemlichkeit observiret haben.
Am merkwuͤrdigsten schiene uns eine in Stein gehauene Amazonin,
welche ihrer Feinde spottete, und in der linken Hand das gewoͤhnli
che Sieges⸗Zeichen, nemlich einen Lorbeer⸗Cranz hielte, wordurch
die Nachkommen solten erinnert werden, daß diese Stadt, so ehedem
vom Kaiser Ferdinand dem I. erbauet worden, bishero
von denen Türken nicht habe köͤnnen eingenommen werden. Sie
liegt vortreflich wol auf einem Huͤgel, so daß man ihr nicht leicht
beykommen kan, und wird auf beiden Seiten von der Donau und
der Wage umgeben; wo sie aber ans feste Land stosset, ist sie mit
vielen Gräben, Morast und Werkern versehen, so daß es schwehr
fallen wuͤrde, wann man daselbst Minen anlegen wolte, wie man
dann
- 51 -
Reise von Wien bis nach Ofen und Lora.

25

dann auch ohne die gröste Mühe keine Stüͤcke zum beschiessen da
hin bringen kan. Man gibt vor, als ob die Vestung ihren Namen
daher bekommen, weil, da sie einsmals vom Feind aufgefordert
worden, der Commendant, welcher ein Teutscher war / ihme, so
oft er angefragt, zur Antwort gegeben: Komm Morgen; wo
mit er so lang angehalten / bis der Feind aus Verdruß seinen Ab
schied wieder genommen, und die Belägerung aufgehebt. GOtt
und alle Schutz⸗Heiligen von ganz Ungarn geben, daß ich ein glück
seliger Prophet seye, und nachgesetztes zu einer guten Stund
schreibe:


Es wird diese Vestung allezeit ihrer Köͤnige sicherster
Schirm und Verthaidigung / hingegen der Feinde Schre
cken seyn / wann anderst ihre Commendanten nicht da
durch sicher werden / weil sie wissen / daß wir durch wie
der eroberte oder erst in Botmaͤßigkeit gebrachte Läͤnder
auch zugleich neue Vestungen dem Koͤnigreich zugebracht;
sondern die eingegangene Werker fleißig repariren / alle
Nothwendigkeiten anschaffen / und nichts / was zu einer
tapfern Gegenwehr erfordert wird / unterlassen / und die
ses eben so fleißig / als wann es die äusserste Gränz⸗Ve
stung und letzte Zuflucht waͤre.


Des andern Tages sind wir bey anbrechender Morgen⸗Röͤthe Gran.
unter mehrmaliger Abfeurung des Geschuͤtzes nacher Gran/ wel
che Vestung ihren Namen von dem vorbey laufenden Fluß hat, ab
gefahren, allwo wir mit aller gewöhnlichen Ehren Bezeugung aber
mal empfangen worden; wie dann hernach allezeit zu Ofen / PeEhren⸗Be
zeugungen
der Gesand
schaft in
Städten
und Ve
stungen.

terwardein / Belgrad und allen übrigen Städten, so wol bey
unserer Ankunft als auch bey unsern Aufbruch die Stüͤcke gelöͤset
worden. Es kamen uns hier, wie gestern bey Comorn/ noch un
ter weges einige Tschaicken entgegen, worauf wiederum die Loß
brennung des Geschüͤtzes, die Ankunft des Commendanten Ba
ron von Kuchenländer, und eine von den Herrn Jesuiten der
gestrigen nicht ungleiche Lob⸗Rede erfolgte.



Beschrei
bung der
Vestung
Gran.
Die ungestuͤmmen Wellen verhinderten uns an fernerer Fortse
tzung unserer Reise, und gaben mir zugleich Gelegenheit, mit den an
dern ans Land zu steigen, und meinen Gebrauch nach mich umzuse
hen, ob mir nichts sehens⸗ oder merkwürdiges aufstossen werde;
wes

D
- 52 - 26
Erstes Buch / Zweyte Abtheilung.

weswegen ich diesesmal mit einigen von unsern Leuten nach dem
Schloß hinauf gieng, welches mehr durch die Natur als Kunst be
Die Kirche
zu Gran.
festiget ist. Jn der Mitten desselben stunde eine sehr alte verwüͤste
te Kirche, von welcher die noch hier und da übergebliebenen alte
Mauren und Stücke von dem Gebäͤu zeigen, daß deren Eingang /
die Mauren, Säulen, Bilder, Porten, ja die ganze Kirche von
gehauenen Marmor, so nur zwey Stunden von dar soll gegraben
werden, aufgeführet gewesen: So zeigen sich auch gleich bey dem
Eingang die Bildnüͤsse der Heil. Propheten altes Testaments und
kan man noch die aus der Heil. Schrifft beygefügte Sprüͤche lesen
welche die Bilder desto erkaͤnntlicher machen, daß billig zu muthmas
sen, diese Kirche seye von den Christen zu erst erbauet, und dem
Heil. Adalberto geweihet worden, nach der Zeit aber und durch den
Krieg samt der Stadt und dem Schloß in der Tüͤrken Hände gekom
men, welche diesen alten Erz⸗Bischöflichen Sitz verwuͤstet, die Hei
ligthümer zerstört, die Bilder, wie es ihr Gesetz mit sich bringt, so
weit sie reichen koͤnnen, zerstuͤmmelt und ausgekratzt, und den Platz
zu einer Moschee gemacht; weil sie aber etwan durch die Kaiserliche
Sieg⸗reiche Waffen einesmals aus dem Feld geschlagen, oder mit
einer scharfen Belagerung heimgesucht worden, und dahero dieselbe
sich nicht läͤnger zu behaupten getrauet, haben sie muthmaßlich den
grösten Theil davon verbrannt: wie dann von einem so prächtigen
Gebäu unter einem so grossen Stein⸗Hauffen nichts mehr uͤbrig ge
blieben, als eine kleine Capell, deren anfangs sieben sollen gewesen
seyn / ohne das Schiff, oder den mittlern innern Theil, die bedeckten
Gänge, Vorgebäue, Eingang und Sacristey. Diese Capell hat
ein Erz⸗Bischoff aus dem Geschlecht der Grafen Esterhasi aus
einer Türkischen Moschee zur Kirche des wahren GOttes wiederum
geweihet; der grose Kirchen⸗Fürst aber und Cardinal Thomas
Bakacs / ein naher Befreunder der Grafen Erdödi / aus son
derbarer Freygebigkeit mit einem kupfernen Dach bedecken und noch
darzu viele Kostbarkeiten zur Auszierung reichen lassen. Dieser Kir
che stehet etwas zur rechten ein gleichfalls sehr altes Gebäu auf ei
nem Felsen, welches von dem Pfarrer dieses Orts bewohnet wird;
in demselbigen soll jenes Gemach anzutreffen seyn, worinnen der
Des Heil.
Stephani
Geburts
Ort.
H. Stephan König in Ungarn / dem gemeinen Ruff nach, ge
bohren worden. Uber dem Schloß liegt noch ein anderer Berg,
von
- 53 -
Reise von Wien bis nach Ofen und Lora.

27

von der Kirche des Heil. Thomas, so dieser Orten gar sehr verehrt
wird, und welche darauf gebauet ist, der Thomas⸗Berg genannt.
Man findet so wol in der Stadt als herum liegenden Gegend noch
von vorigen Zeiten her viele traurige Merkmale der Türkischen
Grausamkeit, welche, woferne Ungarn nicht ein so gesegnetes Land
wäre, schwehrlich wiederum hergestellt werden koͤnnten. So siehet
man auch da herum wenig Haͤuser, welche zierlich und nach der
Kunst gebauet, sondern entweder nur von Leimen und Holz, oder
ungehauenen Steinen ohne einige Ordnung aufgefuͤhret sind. Es
hat aber nunmehr die gesegnete Jesuiter Gesellschaft, die bekanntli
cher massen auf ihres Nechsten Wolfarth und die Unterweisung der
Jugend jederzeit eifrig bedacht ist, auf ein neues und schoͤnes Gebäͤu
gedacht, welches weit ansehnlicher als das vorige seyn und zu ihrer
Bewohnung und einer bequemen Schule füͤr ihre anvertraute Ju
gend dienen wird; und wann dasselbige seine Vollkommenheit er
reicht, und der Höchste neue Wolthäter und Goͤnner erwecket, wor
zu sie grosse Hofnung haben, werden sie auch um die Auferbauung
einer Kirche besorgt seyn, wordurch alsdann die Stadt ein besseres
Ansehen bekommen duͤrfte. Als wir von dem Berg zurüͤck gekom
men, haben wir mit denen andern das Mittagmal eingenommen,
wovon wir uns bishero durch unsere Curiositè abhalten lassen. Den
Nachmittag passirten einige mit Spatzieren gehen, andere mit Ja
gen, bis endlich Abends gegen sechs Uhr der Wind sich gelegt, und
die Donau stiller worden; weswegen man die, so sich etwas weit
entfernet, durch den Schall der Trompeten von dem Feld ab und zu
den Schiffen geruffen, zu welchen sie sich auch in aller Eil verfüͤgt;
worauf wir unter Abfeurung des kleinen und grosen Geschüͤtzes noch
zwey Stunde selbigen Tags zuruͤck gelegt, auch nach der Sonnen
Untergang zu Zopp angelanget sind. Allhier verehrte die Bauerschaft Geschenk
der Bauern
an den Hn.
Groß⸗Bot
schafter.

dem Herrn Groß⸗Botschafter ein Lamm, mit welchem einfäl
tigen Thier sie ihre eigene Einfalt an den Tag gelegt; doch wurde
es gleichwol mit einem solchen Herzen angenommen, mit welchen es
gegeben worden.


Des andern Tags nahme gleich bey anbrechenden Morgen die
Flotte ihren Lauf gegen Waitzen zu; welche Stadt im vorigen Waitzen.
Jahr⸗hundert der Kirchen wiederum restituiret worden / und durch
die Niederlag des Königs in Polen / Johannes / der dem von
D 2

Wien
- 54 -
Erstes Buch / Zweyte Abtheilung /

28

Wien flüchtigen Feind allzu hitzig nachgesetzet, genugsam bekannt
ist; welchen Verlust aber auch der Herzog Carl von Lothrin
gen bey Parkan an ihnen nachdruͤcklich gerochen. Es liegt bemeld
te Stadt zur linken an der Donau, an einem bequemen und frucht
baren Ort, ist aber durch den Krieg und Türkische Grausamkeit
lange Zeit geplagt, öfters verbrannt, und ihr selbst dardurch ganz
unehnlich worden, so daß sie nun rechtmäͤssige Ursach hat, ihren
vorigen Glanz, den sie unter ihren ersten Bischöffen gehabt, unter
wehmüthigsten Seufzen wiederum zurück zu fordern. Jndem wir
aber die Stadt Waitzen kaum aus unsern Gesicht verlohren, wur
den wir durch einen neu entstandenen Sturm⸗Wind genöthiget, oh
ne Verzug abermal das Ufer zu suchen, und unsere Schiffleute we
gen so lang daurenden Ungewitters zwey ganzer Stunde ausruhen
zu lassen. Nachdem endlich der Sturm etwas nachgelassen, und
man auf den Fluß wieder fort kommen kunte, sind wir durch das
scharfe Rudern, wiewol nicht ohne Gefahr wegen der an einander
stossenden Schiffe, erstlich zu Alt⸗hernach zu Neu⸗Ofen Nachmit
tag zeitlich angelangt.



Empfang
der Groß
Botschaft
von dem
Stadthal
ter und
Rath zu
Ofen.
Hier nun kame ohne langen Verzug aus dem Schloß des Ge
neral Löffelholz / Commendanten zu Ofen / Herr Sohn /
welchen der Herr Vater abgeschickt, weil er selbst wegen heftigen
Schmerzen vom Podagra schon lange Zeit des Betts hüten muste;
weswegen auch der Herr Groß⸗Botschafter seine beiden Aerzte,
die Herren Hulin und Dorschæus, schon den vorigen Tag durch
ein Jagd⸗Schiff abgeschickt hatte, dem Herrn General mit guten
Rath und Hülfs⸗Mitteln an die Hand zu gehen. Jndessen legte der
Sohn im Namen des Herrn Vaters die Begrüͤssungs⸗Complimen
ten ab, und führte den Herrn Botschafter samt allen ihn mit
gegebenen Adel auf drey mit sechs Pferden bespannten Wäͤgen den
Berg nach der Vestung hinauf zum Nachtessen; dabey man sich
dann recht lustig und vergnuͤgt bezeugt, worzu aber die alte Freund
schaft des Herrn Botschafters mit dem Herrn Stadthalter
das meiste beygetragen. Nach aufgehobner Tafel sind die vorigen
Wägen schon wiederum in Bereitschaft gestanden, diejenige, wel
che wiederum nach ihren Schiffen wolten, dahin zu bringen; da
hingegen andere zu den Jesuitern sich begeben, welche von ihnen tref
lich bewürthet worden: wieder andere liessen sich belieben, nach Pest - 55 -
Reise von Wien bis nach Ofen und Lora.

29

Pest, einer Vestung an der Donau, über zufahren, allda ihre
Freunde und Verwandten / die sie zum Theil wol noch nie gesehen
hatten, auch vielleicht nicht wieder sehen duͤrften, zu besuchen. Kaum
aber, als noch vorher der Herr Botschafter an das Land gestie
gen, und noch keinen Fuß in die Stadt gesetzet / machte der Bur
germeister mit dem Stadt⸗Rath seine Aufwartung, und com
plimentirte ihn mit folgenden Worten:


Wann bey Eu. Excellenz glüͤcklichen Anfurth das
aus hiesiger Vestung donnerende Geschütz dem grosen
GOTT das gebührende Lob dafür abgestattet / und das
Gloria in excelsis (Ehre sey GOTT in der Höhe /) deswe
gen angestimmet / fügen wir billig die bekannten Worte
darzu: Et in terra pax hominibus (und den Menschen Frie
de auf Erden); sintemaln wir nunmehro des Friedens
können versichert seyn / welchen vielleicht diejenige noch
für zweifelhaftig, oder wol gar noch weit entfernet
halten / die den Erz⸗Herzoglichen Hauß Oesterreich
nicht gewogen sind. Wir erfreuen uns demnach hier
über in dem HErrn / gratuliren aber Eu. Excellenz mit
demuthigsten Respect; weil Sie / die durch ihren unver
drossenen Fleiß / ungemeinen Klugheit / und ganz auser
ordentlichen Bemuͤhungen den Frieden uns zu wegen ge
bracht / solchen auch durch die auf Sich genommene ho
he Gesandtschaft zu befestigen die wol verdiente Ehre ha
ben. Der Höchste verleihe indessen die benöthigten Kräf
ten darzu / und setze denenselbigen noch mehrere bey / da
mit / was durch die bereits angetrettene mühsame Reise
angefangen ist / durch erwuͤnschten Fortgang noch meh
rers beglückt / und der Hoch Gräflichen Virmondtischen Fa
milie best⸗verdienter Ruhm und Name / von Abend / wo
Sie ihren Ursprung hat / bis gegen Morgen / nebst Eu.
Excellenz eigenen hohen Person ruͤhmlichst bekannt werde /
und beide Reiche anfülle; anbey auch denen unter den
Türkischen Joch seufzenden Christen zu sonderbaren Trost /
denen Ungläubigen aber darzu dienen möge / daß sie er
kennen / wie sie an En. Excellenz denjenigen zu betrach

ten

D 3
- 56 -
30

Erstes Buch / Zweyte Abtheilung /

ten haben / welcher von der Oesterreichischen Sonne
dem Türkischen Mond so viel Glanz mittheilet / als dessen
Unterthanen noͤthig haben werden / in der Finsternis ih
res Aberglaubens / in welcher sie bishero ganz hochmü
thig herum gedappet / das wahre Glaubens⸗Licht und
Christliche Sanftmuth zu erkennen / als die von der un
vergleichlichen Gütigkeit des siegenden Carls nunmehro
den Frieden geniesen. Jndem wir nun um unseres Wun
sches kräftige Erfüllung den grosen GOTT eifrigst anfle
hen, thun in Eu. Excellenz hohen Gnade wir uns in tief
ster Unterthänigkeit empfehlen.



Ofen.
Uber dieses / was andere Scribenten schon vor mir von der
so beruffenen ehmaligen Königlich⸗Ungarischen Residenz
Stadt / und ihrer Gelegenheit, Alter, Fruchtbarkeit des Erd
reichs, Menge der Früchten, Güte des Weins und dessen Uber
fluß, temperirten Himmel, gesunden Luft, vortreflichen und ihrer
Würkung wegen allenthalben berüͤhmten Bäder, der treflich forti
ficirten Vestung rc. angemerket, finde ich noch zu berichten, daß
der Commendant ein so prächtiges Hauß aufbauen lasse, in wel
chem zu residiren sich die alten Ungarischen Koͤnige / wann sie
aus der andern Welt wieder zurück kommen solten / oder auch wol
die heutigen, wo Jhnen die Oesterreichischen Erb⸗Lande nicht
noch mehr beliebten, Sich nicht schämen duͤrften. Die unter-irrdi
sche in Felsen gehauene Hölen, worinnen das Pulver und andere
Amunition aufbehalten wird, versichert dasselbige vor aller Feuers
Gefahr. Das Gießhaus, so unten an der Donau liegt / ist also
beschaffen, daß es die ganze Kaiserliche Armee mit genugsamen Stuͤ
cken versehen kan. Eine schwehre eiserne Kette, welche vormals in
Kriegs⸗Zeiten von Ofen bis nach Pest über die Donau gezogen
worden, die Türkische auf diesen Fluß getriebene Rauberey dar
durch zu verhindern, haͤnget um die aͤusere Mauern des Zeughauses,
und gibt durch dieses ihr muͤssiges Wesen nicht undeutlich zu verste
hen, daß man, nachdem die Feinde von den Gräͤnzen abgetrieben,
und man ihrentwegen nunmehro in guter Sicherheit leben kan, der
selben nun nicht sonderlich mehr noͤthig habe.


Den
- 57 -
Reise von Wien bis nach Ofen und Lora.

31


Den Namen dieser Stadt wollen einige von dem Buda, des
Hunnischen Königes Attila Bruder / herführen, als von wel
chem dieselbige soll erbauet, nachgehends aber von Ovus, welcher
in Ungarn zu Zeiten Kaiser Heinrichs des III. regieret hatte,
mit dem Teutschen Namen Ofen belegt worden seyn. Die vorBibliothec
der Corvi
ner da
selbst.

mals in der ganzen Welt so sehr beruͤhmte Corvinische Bibliothec,
welche zu Busbecs Zeiten noch beysammen und unzerstreuet war /
befindet sich nicht mehr daselbst, sondern hat, wie ich muthmasse,
ihr Quartier in Wien aufgeschlagen. Allhier haben wir unterschied
liche Weine und andere auf der Reise zu Land benoͤthigte Sachen,
welche uns noch abgiengen, eingehandelt; und nachdem solche zu
Schiffe gebracht worden, sind wir den 23. darauf unter mehrmali
ger Lösung der Canonen, mit welchen der Herr Stadthalter die
ser Provinz, General Löffelholz / seinen nach der Türkey ge
henden Freund, den Kaiserlichen Herrn Groß⸗Botschafter /
nochmaln beehrte, nach Lora verreiset. Dieses Lora ist ein
Dorf, zu Ende der Margarethen Jnsul / so die Ungarn in ihMargare
then⸗In
sul.

rer Sprach den Ratzen Markt nennen, gelegen, und welche dem
Durchlauchtigsten Prinzen Eugenius von Savoyen zu stäͤn
dig ist. Diese Jnsul begreift in ihrem Umkreiß ungefehr 20. Meiln,
nemlich sieben in der Lange, und drey in der Breite, welcher zur
rechten der Donau Adon lieget. Daselbst hatte uns zwar das schoͤ
ne Früͤhlings⸗Wetter, der heitere Himmel und angenehme Luft zur
Jagd einen Lust machen sollen; allein die schuldige Ehrerbietung,
mit welcher wir einem so grosen Prinzen verbunden waren, und
die sonderbare Hochschäͤtzung seiner Tugenden und Verdienste, hiel
ten uns billig davon ab; und wann es uns gleich sonsten wäͤre er
laubt gewesen, würden wir doch lieber unserer Ergötzlichkeit etwas
abgebrochen, als die Seinige im geringsten damit verstöͤret haben;
angesehen dieser Prinz ein sonderbarer Liebhaber von denen mit
Wild angefüllten Wäldern ist: haben uns demnach füͤr diesesmal
an der anmuthigen Lage dieser Landschaft und dem Anschauen der so
schöͤn bemahlten Wiesen und Feldern vergnuͤgt, und unsere
Lust auf eine andere Zeit und Gelegenheit
verschoben.

- 58 -
32

Erstes Buch / Dritte Abtheilung /


Dritte Abtheilung.


Empfang
der GroßBotschaft
vom Cardi
nal Czacki.

NUn hat sich der achte Tag unserer Abreise von Wien ein

gestellet, da wir den Weeg bis über Födwar / oder, wie
einige schreiben, Fintuar, welches wir vorbey gefahren,
zuruck gelegt, und nunmehro an dem Gestad der Bathiensischen
Gespanschaft angelangt, von dar der Herr Groß⸗Botschafter
von sieben mit sechs Pferden bespannten Wägen, nebst einer Wurst,
nacher Colocza in des Cardinal Czacki sein Schloß abgeholet wor
den, welches nicht gar eine Meil von der Donau entlegen war. Er
wurde von dem Adel der Botschaft dahin begleitet und von dem
Cardinal auf der Stiegen empfangen, hernach in den innern Pal
last zu einem recht Fürstlichen Gastmal hinein geführet. Unter
wehrender Tafel liesen sich die Trompeten und Paucken lustig hören,
und eine angenehme Tafel⸗Music ergötzte zugleich die Ohren der An
wesenden auf eine sehr anmuthige Art; nebst diesem wurde der Tag
und ein zimlicher Theil von der Nacht mit andern Lustbarkeiten zu
gebracht; und damit auch die Augen ihre Vergnügung haben mög
ten, wurden allerhand Luft⸗ und Freuden⸗Feuer angezündet. Je
doch wie immerzu die Freude mit einiger Widerwäͤrtigkeit begleitet
wird, so gieng es auch hier nicht leer ab, sintemaln der zur Frölich
keit bestimmte Tag mit einem traurigen Todschlag noch müͤssen be
Drey kläg
liche Fälle.
sudelt werden. Dann da das Festin bereits seine völlige Endschaft
erreichet, und der Herr Botschafter samt den Seinigen schon
wiederum in die Wagen gestiegen, um sich gegen 2. Uhr in der Nacht
unter Begleitung der Windlichter nach den Schiffen zu begeben,
kommt einer von der Herren Grafen Laquayen, und versucht zum
öftern auf einen Wagen zu springen, wird aber durch eines andern
Feld⸗Pagen, welcher eher darauf gestanden, etlichmal davon abge
halten, es mag nun seyn, daß der Wagen so viele Personen nicht er
tragen konte, als welcher ohnedem in und ausen beladen war, oder
daß der im Kopf gestiegene Wein die vielleicht schon ehmals gehägte
Feindschaft wiederum erneuert; weswegen es Anfangs unter ihnen
zum Worten und endlich zum Fäusten gekommen, wobey sie die
Schimpf⸗Worte so wenig gesparet, daß dieser von dem Wagen ge
sprungen, den Laquayen in die Enge hinter das Rad getrieben, und mit - 59 -
Reise von Lora bis Belgr. und den Ort der Auswechsl.
33
mit dem Degen so gefaͤhrlich verwundet, daß er kurz darauf den
Geist aufgeben müssen. So ist auch dieser Tag noch für einen an
dern unglücklich gewesen: Es gieng nemlich der Falkner mit seiner
Flinten auf das Feld an die Teiche und Moräste, des Vorhabens,
wilde Enden zu schiessen, welche daselbst nicht rar waren; er mag
aber vielleicht stärker geladen haben, als es sein Gewehr vertragen
können, weswegen die Flinten bey deren Loßbrennung ihm in den
Händen zersprungen, und die linke Hand also zerschmettert und auf
gerissen, daß man auf Gutbefinden des wolerfahrnen Feldscheerers
Morelli ihm noch denselbigen Abend den voͤlligen Arm herab neh
men muste, wolte er anders sein Leben retten / welches aber erst,
nachdem er gebeichtet, und mit allen Heil. Sacramenten versehen
worden, geschehen ist. Es hat auch noch einem andern, nemlich ei
nen von des Herrn Botschafers Heyducken, diesen Tag eine Fa
talité betroffen; dann weil dieser von dem Ungarischen Wein mehr,
als er vertragen koͤnnen, zu sich genommen, und auf dem Schiff ein
geschlaffen, ist ihm der Kopf zu schwehr worden, und er also be
trunken und schlaffend bey der Nacht ins Wasser gefallen, woraus
ihn jedoch, wiewol kümmerlich die Schiffleute wieder gezogen
haben, welches er der Wachsamkeit des Freyherrn von Locher zu
danken, der den Fall vernommen, und die Boots⸗Knechte eilend
vom Schlaff aufgeweckt, um den mit den Wellen ringenden Hey
ducken beyzuspringen. Und also wäͤren wir bey nahe in einem Tag
um drey Personen gekommen, wovon jedoch zwey wiederum durch
der Aerzte Sorgfalt und anderer Bemuͤhung erhalten worden.


Aber warum halte ich den Leser mit traurigen Erzehlungen so
lang auf? wir wollen viel lieber den von Jhro Eminenz zuruck
kommenden Herrn Botschafter begleiten, welcher die zwey fol
gende Täge bey Tolna / Baja und Mohacz / welcher Ort von Mohacz.
der Niederlag des Ungarischen Koͤnigs Ludwig, und hernach
durch den von Herzog Carl aus Lothringen wider den Erb
Feind in vorigen Krieg ansehnlich erfochtenen Sieg nicht wenig be
kannt ist, ferner die Moͤnchen und Brigitten⸗Insul schleunigst vor
bey gefahren, und auf Monastor/ von dar aber nach Peter
wardein fort geeilt. Die Hofnung, daß wir vielleicht das Heil.
Pfingst⸗Fest zu Peterwardein werden begehen koͤnnen, hat ver
E
ursa
- 60 -
Erstes Buch / Dritte Abtheilung /

34

ursachet, daß die Boots⸗Knechte bis in die Nacht um zehen Uhr
und noch länger frisch darauf gerudet, und die Nacht bey nahe zum
Tag gemacht, und duͤrften wir auch wol daselbst um bestimmte Zeit
eingetroffen haben, wann nicht den 27. May ein so starkes Unge
witter und unverhoft entstandener Nord⸗Wind uns zum Anländen
obligirt hätte; wie wir uns dann bemuͤssiget sahen, in der Insul /
BettlerGraben.welche man den Bettlers⸗Graben nennet, schon zum zweytenmal in
aller frühe ans Land zu steigen. Es wird aber besagte Jnsul darum
also genannt, weilen sich allda eine Menge Strassen⸗Räuber und
Mörder aufhalten, so sich Haufen weiß zusammen rotten, und die
Reisenden anfallen und ausplündern, wann sie ihrer mächtig wer
den können. Als vor eben noch nicht gar vielen Jahren der Wol
geborne Freyherr von Nehm / Kaiserlicher General-Feld
Zeugmeister / und neulich gewesener Commendant der Vestung
Peterwardein, alldort von ungefehr vorbey reisete, haben ihn 60.
von dergleichen Gesindel hinterlistig angefallen, und so gar verwun
det, ob er schon 50. Mann in seiner Suite hatte. Als der Him
mel Nachmittag wieder heiter wurde, und der Nord⸗Wind sich
gelegt hatte, nahmen die Boots⸗Knechte ihre Arbeit aufs neue vor die
Hand, worauf wir unsern Cours weiter nach Zunta genommen
wo ohnfern davon sich die Drau in die Donau ergießt / und dem
Sclavo
niens An
fang.
Königreich Slavonien den Anfang machet, darauf wir abends
um 8. Uhr zu Erdöd ankommen, woselbst auf einem Berg das
Stamm⸗Haus der ältesten und Hochgebohrnen Grafen Er
dödi und Palfi zu sehen, so aber in vorigen Zeiten durch die geführ
ten Kriege also zugerichtet ist, daß es anjetzo eher zur Wohnung der
Nacht⸗Eulen und anderer Raub⸗Vögel als der Menschen dienen
kan.


Jch habe aber nicht ohne Ursach gemeldet, daß Erdöd so wol
Stamm
Haus der
Grafen Er
dödi und
Palfi.
ein Stamm⸗Haus deren Grafen Palfi, als Erdödi sey / weilen
das Palfische Haus von dem Erdödischen herstammet, und gegen
wärtig zweyer Geschlechte Sprossen aus einer Wurzel grünen.
Dann da einer aus den Erdödischen Grafen zwey Söͤhne hatte,
davon der eine Petrus/ der andere Paulus hiese, ist des letztern
Sohn nachgehends Palfi genennet worden / welches eben so viel,
als wann wir in unserer Mutter⸗Sprach sagten, der Sohn des
Pau
- 61 -
Reise von Lora bis Belgr. und den Ort der Auswechsl.
35
Pauli (Pál Fi, Pauli Filius) [2]; und ist hernach dieser Name den
Nachkömmlingen geblieben, und zu einem neuen Stamm ge
diehen.


Das Schloß liegt zur linken der Donau, auf einem hohen
vorn abgebrochenen Felsen, worzu man fast keinen Weeg fin
den kan; dahero es auch ehmals seiner Feinde vergeblichen Dro
hungen nur spotten kunte, anjetzo aber bey Erinnerung der vorigen
Beschaffenheit seinen Ruin und gänzlichen Untergang beklagen muß. Der Sla
vonischen
Gebäude
Beschaffen
heit.

Auf dem Berg liegt ein Dorf / welches mit dem Schloß gleichen
Namen führet, dessen meiste Häͤuser, wie durch ganz Slavonien,
unter der Erden stehen, und nur mit dem Dach herfür reichen, al
so daß sie den Hoͤlen der wilden Thiere nicht gar ungleich kommen;
im übrigen aber von Baum Aesten oder Stroh⸗Halmen zusammen
geflochten sind. So bald wir hier angefahren, wurde uns befoh
len, den morgenden Tag noch vor der Sonnen Aufgang zum Ge
dächtnis der sichtbarlichen Sendung des Heil. Geistes Messe zu
halten, als dessen Jahrs Tag wir Morgen begehen würden. Nach
gehaltener Messe sind wir den 28. May als am Pfingst⸗Tag unter
guten Wind wiederum abgefahren, und in kurzem zu Bokovar, wel
ches im Ungarischen so viel als die Stadt Boka (vár arx, civitas)
heißt, und an der Donau liegt, angekommen, woselbst wegen des
heiligen Tags noch mehr Messen gelesen wurden, und deren zwar
so viel / als Priester bey uns waren, welche diesen Tag noch keine
gelesen hatten.


Jndem wir nun Christlichen Gebrauch nach dem Gebot der
Kirchen nachlebten, und GOTT in unserm Glauben durch das H.
Meß⸗Opfer verehrten, kam unvermuthet ein Kaiserlicher Courier
von Constantinopel / welcher nach Wien eilte, und dem Herrn Kaiserl.
Courier
von Con
stantinopel.

Botschafter die Nachricht gab, daß sich der Tüͤrkische Gesandte
schon 40. Tage zu Nissa aufhalte, und unserer Ankunft daselbst mit
Schmerzen abwarte; weswegen wir nach abgefertigtem Courier die
ein wenig unterbrochene Reise mit neuem Muth fortgesetzt, im vor
bey fahren auf der rechten Seiten der Donau Jllok, einen vorneh Jllok
men Flecken beobachtet, und denselbigen Tag erst nach der Sonnen
Untergang Futak erreicht, und daselbst uͤbernachtet haben. Allhier ist Futak.
ein Kaiserliches Proviant-Haus, und die bequemste Ebene / ein
Kriegs⸗Heer darauf zu versammlen; wie dann auch in vorigen Krie

E 2

gen
- 62 -
36

Erstes Buch / Dritte Abtheilung /

gen wegen des nahen Stroms, der vielen Wiesen, und Uberfluß der
Sachen, so man hier besser als anderwerts haben kan, unsere Sol
daten ihr erstes Lager allda auszustecken gewohnt waren.



Peterwar
dein.
Den 29. besagten Monats haben wir uns mit nicht geringerer
Eilfertigkeit nach Peterwardein, der Haupt⸗Stadt des Herzog
thums Syrmien und Sclavonien begeben / aber auch daselbst
nicht lang verweilet, sondern uns, nachdem wir bey dem Herrn
Obrist Tiller und anderer Orten das Früh⸗Stüͤck eingenom
men, kaum so viel Zeit genommen, diejenige Stadt, welche
einen Zeugen von der im 1716. Jahr den 5. Augusti über die Tür
ken so merkwürdig erhaltenen Victorie abgegeben, etwas ge
nau zu besehen. Dann da wir nur erst noch auf den Pasteyen wa
ren, und auf derjenigen Seiten stunden, wo anjetzo ein unerhörtes
festes Werk aufgeführet wird, welches vielleicht die alles verzehren
de Zeit selbst trutzen düͤrfte / zugleich aber denjenigen Ort betrachte
ten, wo der an Mannschaft uns weit überlegene Feind unsere erst
über das Wasser setzende Trouppen erwartete, anbey uns verwun
derten, daß, ob sie schon ganz eingeschlossen und noch darzu tiefer
und an einen weit gefährlichern Ort, als jene, stunden, sie doch
gleichwol es auf ihre Tapferkeit und die Anführung des noch nie
überwundenen Heldenmüthigen Prinzen Eugenii ankom
men liessen, und also denen mit ausgebreiteten Fahnen herzu eileten
und zum Treffen begierigen Türken mit ungemeiner Standhaftigkeit
entgegen giengen, siehe / da wurden wir durch öfftere Canonen
Schüsse ermahnet, uns eiligst zu den Schiffen zu begeben, und un
sere Reise weiter fort zusetzen: musten aber einen Uhrmacher⸗Ge
sellen, der denen Pagen zur Bedienung übergeben war, zuruck lassen,
weil er sich wegen beständig anhaltender Krankheit nicht im Stand
sahe, weiter zu folgen, wie er dann auch bald nach unserer Abreise
daselbst gestorben ist. Jndem wir nun vom Ufer abgestossen, und
uns in den Strom begeben, præsentirte sich in derselbigen Gegend
Capell zu
Carlowitz.
zur rechten der Donau eine Capell der allerseeligsten Jungfrau Ma
ria, welche den Namen vom Frieden führet, weil solche auf Kai
serlichen Befehl nach dem Carlowitzischen Frieden an eben das
Ort erbauet worden, wo das grosse Gezelt gestanden, unter wel
chem bey Ausgang des vorigen Seculi der fünf und zwanzig⸗jährige
Stillstand mit dem Türken seine Richtigkeit erhalten. Zur linken
Hand
- 63 -
Reise von Lora bis Belgr. und den Ort der Auswechsl.
37
Hand siehet man Kobila / Titel / und diejenige sumpfichte Oerter,
durch welche die Theiß ihr schleimichtes Wasser in die Donau er
gieset. Um diese Zeit wurde ein Kaiserlicher Courier nach BelKaiserl.
Courier
nach Bel
grad abge
fertiget.

grad an den Grafen von Oduyer, dasiger Vestung Commen
danten, und der in dem Koͤnigreich Servien stehenden Kaiserli
chen Miliz Gränz⸗Generaln abgefertiget, mit der Nachricht,
daß die Kaiserliche Groß⸗Botschaft im Anzug seye, und im
kurzen sich allda einfinden werde, weswegen er sich moͤgte belieben
lassen, dasjenige ohne Zeit Verlust anzuschaffen, was zur Reise über
Land nöthig seyn würde. Wir indessen sind bey Salankement Salanke
ment.

angefahren, welches Ort die Alten Acumincum genennet, und an
jetzo durch die vielen Kriege vollig verheert und in der Asche liegt,
auch wegen des 1681. den 19. Augusti von dem fuͤrtreflichen Feld
Herrn seiner Zeit, Prinz Ludwig von Baden / über die Türken Die
Schlacht
daselbst.

erhaltenen Siegs nicht unbekannt ist, welche Victorie, weil sie an
fangs lang zweifelhaftig gewesen, uns nicht weniger, als jenen
gekostet hat: wiewol es endlich doch darzu gekommen, daß nach ei
nem Verlust von sechs⸗tausend Mann der Unsrigen die Feinde eine
notable Niederlag erlitten, wobey der Groß⸗Vezier, ein Sohn des
grossen Kiuperli selbst geblieben, welcher nur darinnen allein unglüͤck
licher als der Vater gewesen, daß er durch der Feinde Schwerdt
umkommen, da dieser nach einer langen und glüͤcklichen Regierung
auf dem Bette sein Leben geendiget, welches sonst wenigen seines
Standes zu Theil worden.[3]


Der Berg, auf welchen die Schlacht gehalten worden, hat CalvarieBerg.
von den vielen darauf gelegten Menschen⸗Koͤpfen den Namen Cal
varie⸗Berg bekommen, wie dann noch bey Anbauung der Aecker
viel Gebeine von menschlichen Coͤrpern alldort gefunden werden.
Sonst ist dieser Berg daher noch merkwuͤrdig, daß er bey dem Car
lowitzischen Friedens⸗Schluß zur Gränze gesetzt worden; daher es
gekommen, daß, wann etwan aus Nachlässigkeit der Hirten das
Raitzische Viehe über die Gränze nach der andern Seite auf die Wai
de gelauffen, und nicht alsobald zuruck getrieben wurde, man dassel
bige entweder allezeit loͤsen, oder einen jäͤhrlichen Tribut dafür bezah
len müssen.


So bald wir ans Land gestiegen, begab sich der Herr Bot
schafter auf den Berg, diejenige Gegend zu besehen, durch welche
E 3
Er - 64 - 38
Erstes Buch / Dritte Abtheilung /

Er zu Zeiten der Ungarischen Unruhe die Kaiserliche Armée zum
öftern gefüͤhret hatte. Nachdem Er nun etlichemal daselbst auf und
ab spatziret, ist Er wieder zuruck nach seinem Schiff gekehret, wohin Er
sich einen Grichischen Pfaffen ruffen lassen, verschiedenes von ihrer
Religion und Sitten aus ihm zu erfahren; welcher sich auch also
bald unter Begleitung einiger Ehrwürdigen alten Männer einge
stellt, die ich vor Rechts⸗Gelehrte oder Vorstehere und Richter un
ter dem Volk angesehen, und ihme vermuthlich zu dem Ende beyge
sellet waren, damit ihre grauen Haare diesen jungen aber dabey
scil. gelehrten und verstäͤndigen Mann ein desto mehreres Ansehen
geben moͤgten. Hierzu fanden sich auch zwey aus dem ersten Adel
ein, nemlich die Grafen Bathyani, ein Ungar, und Bielinski/ ein
Polack, welche der Sprach dieses Landes kundig, und sich glüͤcklich
schätzten, daß diese Leute ihnen aufgestossen, von welchen sie eben so
wol vieles zu lernen hoften, als ich, der ich mir gleichfalls flattirte,
daß ihre Gegenwart mir nicht geringen Nutzen schaffen wuͤrde. Wir
sind aber leider in unserer Hofnung schaͤndlich betrogen worden, an
Unwissen
heit der
Grichischen
Priester.
gesehen wir an diesem Mann einen so grossen Ignoranten vor uns
hatten, als man uns jederzeit die Grichische Priester, so von den
ihrigen πάππας genennt werden, beschrieben hat, wovon auch, wel
ches höchstens zu bewundern, und schmerzlich zu betauren, die Bi
schöffe und Kirchen⸗Vorsteher selbsten nicht ausgeschlossen sind, wie
wir nachmals aus der Erfahrung und vielen Umgang mit ihnen wol
innen worden.


Endlich sind wir den 30. May nach vierzehen⸗tägiger Reise zu
Belgrad.

Belgrad glüͤcklich angelangt, welche Vestung wir erst im letzten
Krieg von dem Erb⸗Feind wiederum erobert haben. Sie liegt auf
einem Berg zwischen der Sau und Donau, und hat unterschiedli
che dort herum liegende und in das weite Feld sich ausbreitende
Städte unter sich. Auf derjenigen Seiten, auf welcher sie die un
sern angegriffen, wird ein neues Werk verfertiget, damit sie vor de
nen feindlichen Anfällen desto besser gesichert seyn könne. Es ist
nicht nur aller in der letzten Belägerung zugefügter Schaden wieder
um repariret, sondern auch mit neu⸗ angelegten gefütterten Horn
werken, ingleichen mit Cortinen oder Flächen zwischen denen Pa
steyen, Gräben und Wällen also befestiget, daß die Vestung nun
wol dreymal stärker, als sie zuvor gewesen: und wann die Tuͤrken, unter an
- 65 -
Reise von Lora bis Belgr. und den Ort der Auswechsl.
39
andern auch diejenige, welche sich bey der Gesandtschaft nach dem
Römisch⸗Kaiserlichen Hof befinden, und vielleicht ehmals all
da gewohnt, solche wiedersehen / werden sie sich kaum einbilden koͤn
nen, daß sie in ihrem alten Grichisch⸗Weisenburg seyn, sondern duͤrften
wol eher dafür halten, man füͤhre sie durch eine unuͤberwindliche
Vestung, so gar wenig mehr hat sie von ihrer vorigen Gestalt an
sich. Unweit von demjenigen Thurn / in welchem eine Feuer⸗Kugel
das Pulver angezuͤndet, und dadurch die untere Stadt vollig üͤber ei
nen Haufen geworfen, ist anjetzo zu mehrerer Sicherheit dieses schäd
lichen Elements eine doppelte Gruft in einen harten lebendigen Fel
sen gehauen, und durch ihres Commendanten Grafen Oduyers
ungemeine Klugheit, grosse Sorgfalt und unermudeten Fleiß in ei
nen so vollkommenen Stand gesetzet / daß, wo anders GOttes
Wille dabey ist, diese Vestung hinfort jederzeit ihrer Feinde Nach
stellungen wird großmüthig verlachen und vor aller Gefahr sicher
seyn können.


Es schiene unsere Ankunft jederman höͤchst⸗angenehm zu seyn,
wiewol auch solche einem Feuerwerker oder Constabels der BesaUnglück
eines Con
stabels.

tzung zum Nachtheil ausschlug, welcher, weil das kurz vorhero loß
gebrannte Stuck weder genug erkaltet, noch gebuͤhrender massen
ausgewischt und gereinigt war, von dem zur neuen Ladung hinein
geschütteten aber auch zugleich entzuͤndeten Pulver üͤber den Wall
bis an das Ufer disseits der Sau geschmissen, und halb verbrannt
auch ihm noch darzu beide Häͤnde vom Leib geschlagen worden. Doch Empfang
der Kaiserl.
Groß⸗Bot
schaft zu
Belgrad.

gleichwol hat dieser traurige Casus die uͤbrigen angestellten Lustbar
keiten nicht unterbrochen, und wurde zu dem Mittagmal, welche die
ganze Zeit unsers Aufenthalts zu Belgrad für den ganzen Adel auf
das köstlichste und prächtigste zu bereitet war, durch sechs kleine Stuͤ
cke, so in dem Garten gepflanzt stunden, und deren oft wiederholte Loß
brennung, das Zeichen gegeben, wodurch die ganze Nachbarschaft
zugleich versichert worden, daß die Kaiserliche Groß⸗Botschaft
nunmehro angelangt, welche der Herr Commendant von jederman
wolte geehret wissen. Zu diesem nun hat den Herrn Groß⸗Bot
schafter / welcher gleich bey Seiner Ankunft um besserer Gemächlich
keit willen das Schiff verlassen, besagter Commendant in einem mit
sechs Pferden bespannten Wagen in seine Behausung gefüͤhrt, all
wo Seine Excellenz von einer in Gewehr stehenden Compagnie
Grana
- 66 - 40
Erstes Buch / Dritte Abtheilung /

Granadierer empfangen worden, die auch daselbst zur Leib⸗Wacht
verordnet waren. Alle Ergötzlichkeiten, welche gegenwärtige Jahrs
Zeit und dasigen Orts Gelegenheit nur erlaubte, liese der Graf
Oduyer anstellen, den Herrn Groß⸗Botschafter und die uͤbrigen
Gäste damit zu beehren; welche unter andern in angestellten Gesell
schaften, Tänzen und Spielen, die mehrentheils bis in die spate
Nacht tauerten, wie auch Comoͤdien bestunden, so die Soldaten in
Teutsch⸗ und Welscher Sprach agirten, und in welchen der Herr
Groß⸗Botschafter bey Seinem Eintritt alter Gewonheit nach
allezeit mit einer Music beneventirt wurde; welches alles dann der
geneigte Leser ohne Zweifel für solche Sachen halten wird, bey wel
chen sich die Zeit auf das vergnüͤgste passiren laͤsset.


Jndeme wir uns nun zu Belgrad aufhielten, und etwas
zu gut thäten, damit wir zur küͤnftigen Reiß desto geschickter seyn
möchten, anbey uns allerhand erlaubten Kurzweil bedienten, wur
den nichts destoweniger die Kaiserlichen Geschäfte eifrig getrieben,
und von dem Herrn Groß⸗Botschafter und Grafen Oduyer
mit aller Treue und Sorgfalt ausgeführet, so daß die Verweilung
hiesiges Orts kein muͤssiger Aufenthalt, sondern die groͤste Bemü
hung zu nennen war, worinnen sich diese zwey grosse Kriegs⸗Män
ner in Vollziehung der Kaiserlichen Befehle jedesmal finden las
Absendung
eines Kai
serl. Cou
riers nach Nissa.
sen. Man fertigte einen Kaiserlichen Courier nach Nissa ab,
welcher den Tuͤrkischen nach Wien bestimmten Botschafter unse
re Ankunft bedeutete; auf der Gränz suchte man sich einen Platz
aus, wo die Auswechslung geschehen solte; das Lager wurde ausge
stochen, und Zeichen aufgerichtet / üͤber welche die Soldaten nicht
schreiten durften; man bemuͤhet sich mit Einrichtung des Ceremo
niels, wie es nemlich bey der Auswechslung solte gehalten werden,
welches auch nach einigen hin und her schicken mit beider Theile Ver
gnügen zum Stande gekommen; die zur Fortschaffung unserer Perso
nen und Sachen benoͤthigte Wägen wurden vom Land herein ver
schrieben, Küsten und Kasten aufgepackt, das Proviant herbey ge
schafft, und aus unterschiedenen Regimentern Dragoner, Curassiers
und leicht bewafnete Reuter, so die Ungarn Husarn nennen bis
1500. zusammen gezogen, worzu noch 200. Granadierer zu Fuß ge
stossen, so uns begleiten, auch im Fall es nöͤthig wäre, zu unserer Defens
- 67 -
Reise von Lora bis Belgr. und den Ort der Auswechsl.
41
Defension dienen solten, anbey die bevorstehende Reise ordentlich
eingerichtet.


Da nun dieses alles von andern aufs beste versehen worden, bin
ich eintzig und allein darauf bedacht gewesen, wie ich dasjenige, was
hier merkwuͤrdiges zu betrachten, oder auf einige Weiß zu unsers
Großmächtigsten Kaisers und unüberwindlichen Prin
zens mehrern Ruhm gereichen, und unsere Historie vermehren koͤn
te, aufsuchen möͤgte. Zu dem Ende habe ich mich den 2. Junii
auf dasselbige Feld begeben, wo vor wenig Jahren diejenige
Schlacht gehalten worden, welche der ganzen Sache den Ausschlag
geben muste, aber, wie bekannt, vor die Tuͤrken gar ungluͤcklich aus
gefallen ist. Es lag daselbst alles noch voller Toden⸗Beine / welche die
Türken unbegraben hingeworfen oder vielmehr zuruͤck gelassen, und
die der Erden eingeprägte Merkmale erzehlten die Victorien eines
solchen Feldherrns, dessen Tapferkeit die mit Schaden klug gemach
te Feinde furchtsam, uns aber voller Verwunderung darüber ge
macht; von welchen auch nicht leicht jemand anders als mit groͤster
Ehrerbietung und allen Respect reden wird: wie man Jhm dann
auch zu seinem unsterblichen Ruhm wird nachsagen muͤssen, daß er
die schon zweymal verfallene und beynahe verlohrne Sache der
Christenheit ganz allein voͤllig wieder hergestellet. Die von der Do
nau bis an die Sau gefüͤhrte Linie, mit welcher sich unsere Ar
mee zur Zeit der Belagerung vor dem aus allen Theilen der Welt
hertringenden Feind bedecket, ist mit einem breiten und hohen Wall,
aus Erd gemachten Schanz⸗Körben und unterschiedlichen hin und
wieder angelegten Werkern versehen, und siehet einer neuen Ve
stung nicht unähnlich, so daß man anjetzo weder dem Schloß noch
der Stadt beykommen kan, es sey dann, daß uns der Feind vorher
aus diesen Linien vertrieben: und also haben die Kaiserliche Läͤn
der nunmehr eine gedoppelte Vormauer, wo die Tuͤrken vorhero nur
eine einfache gehabt. Es ist nicht ohne innerliche Gemuͤths⸗Bewe
gung anzusehen, wie diejenige Stadt, so vor kurzem vom Tüͤrki
schen Aberglauben angefüllt, und des Mahomets vornehmster
Wohn⸗Platz in diesen Ländern war nunmehro dem Dienst des
wahren GOttes und den Glauben ihrer Christlichen Vorfahren
wiederum offen stehet; wie diejenigen Kirchen, spreche ich worin
nen zwar Anfangs der rechte GOttes⸗Dienst floriret, aber nachge
F
hends
- 68 -
42

Erstes Buch / Dritte Abtheilung /

hends schäͤndlich entheiliget und zu Gotts⸗vergessenen Huren⸗Häu
sern gemacht worden, nun auf das neue ihre vorige Heiligkeit wieder
erlanget; und da sie vorher zu des unverschäͤmtesten Bubens und
Erz⸗Betrügers Gottlosigkeit dienen müssen: zu des Dreyeinigen
GOttes Ehren von der glaubigen Gemeine anjetzo abermal besucht
werden. Hievon kunte man den 4. Junii, als am Fest der Hoch
heiligen Dreyfaltigkeit ein erbauliches Exempel sehen, da das
Heiligen Römischen Reichs Graf Ernst von Schratten
bach / infulirter Abt zu Domben, und Prälat bey dieser Groß
Botschaft, in dem GOttes⸗Hauß der Trinitarier in Beyseyn des
Herrn Botschafters dessen ganzen Hofstatt, und des gesamten all
dorten befindlichen Adels, ein hohes Kirchen⸗Amt hielte, wobey
unsere Musicanten mit allen ihren Instrumenten eine schoͤne und an
genehme Music machten. Auf dieses hohe Amt folgte eine zierliche
Rede, welche ein Priester aus der Gesellschaft Jesu zum Volk hiel
te, und auf die Besserung des Lebens, und andächtigere Begehung
dieses heiligen Festes zielete.



Türkischer
Mönch.
Als ich den 5. Junj ungefehr um die Stadt spatzirte, begegnete
mir ein Türkischer Monch, so sie Dervichs auf ihre Sprach nennen,
und eine Art von ihren Geistlichen ist, deren meiste Ubung im hin
und herwenden bestehet. Er gieng halb nackend, und wohnte in kei
nem Hauß, sondern lag unter freyen Himmel bey Regen und Unge
witter; seine Speise war nichts anders als Kräͤuter und Wurzel, so
er sich selbst zusammen suchte, und mit nichts als dem puren Wasser
abkochte, auch einig und allein mit dem frischen Wasser seinen
Durst löschte. Er sahe niemand an, redete auch mit keinem Men
schen; doch gieng er in der Stadt herum, und wann ihn jemand
freywillig was schenken wolte, so nahme er es mit Dank an, begehr
te aber von niemand etwas. Nicht ferne von der Vestung lage er
in den Grüͤnen unter den Disteln, und rauchte Tobac, oder kochte
sich etwas auf den Mittag, oder verrichtete sein tägliches Gebet,
RosenCränze der
Türken.
führte auch beständig seinen Rosen⸗Cranz in der Hand, welcher den
unsern nicht gar ungleich, nur daß die Coralln daran um ein merk
liches dicker, und auch an der Zahl die unsrigen zu uͤbertreffen schei
nen. An diesem Tag ließ der Graf Oduyer die zweyte Comoͤdie,
Jphigenia genannt, spielen, da Er schon vorher einmal die Bereni
ce agiren lassen; in welcher der Herr Botschafter abermal stracks
bey
- 69 -
Reise von Lora bis Belgr. und den Ort der Auswechsl.
43
bey seinem Eintritt mit einer Music beehret worden: nach derselbi
gen wurde ein Danz in des Graf Oduyers Behausung gehalten,
so bis in die späte Nacht gedauert hatte, welches nachgehends noch
öfters geschehen. Worauf den 6ten der Kaiserliche Ingenieur
Hauptmann Hr. Oebschelwitz mit demjenigen Tüͤrken, welcher
Ceremo
nie in Auf
richtung
der Säulen.

von Nissa aus zur Einrichtung des Ceremoniels an uns gesendet wor
den, nach der Gränz abgereißt, die Aufrichtung der Saͤulen daselbst
zu besorgen, und unsers Kaisers Nutzen dabey zu beobachten. Wo
die Mittlere stehen solte, da musten die Erden auszugraben, und die
Säule aufzurichten und zu befestigen, von einer Parthey so viel Ar
beiter, als von der andern, genommen werden: da hingegen bey
Aufrichtung der äussern einem jeden frey stunde, wie viel er von sei
nen Leuten dazu nehmen wolte. Den 7ten und 8ten Junj kamen
die Wagen an, welche unsere Sachen fort bringen solten, die man
auch in gleiche Theil getheilet, und das meiste davon an Me
dardi Tag nach Krotzka voraus geschickt. So gieng auch der
Hofmeister nebst einigen von Adel mit der Post ab damit jener
die Wohnung in Augenschein nehmen, und den Herrn Botschaf
ter samt dessen Gefolg bequem logiren, diese aber einige Zeit zum
ausrasten gewinnen moͤgten.


Als der 9te Tag des Monats Junii eingebrochen, und das Die Abrei
se der Bot
schaft von
Belgrad.

Mittagmal bey dem Graf Oduyer eingenommen war, ist der
Herr Botschafter mit wenig andern wieder zu Schiff gegangen,
ohnerachtet es den ganzen vorigen Tag und die Nacht, auch selbigen
Vormittag mit Wind und Regen beständig angehalten / woraus uns
die Bauers⸗Leute eine lang⸗daurende Näͤsse prognosticirten, wie
wol es sich Nachmittag wieder ein wenig ausgekläret. Die meisten
von den Unsrigen haben sich zu Land nach Krotzka begeben wollen, Krotzka.
sind aber nicht alle, wie wir wol glaubten, dahin gekommen, son
dern zum Theil durch die eingefallene Nacht von der rechten Stras
sen abgeführt, theils durch andere Zufälle verhindert worden,
daß sie diesen Abend nicht mehr, sondern erst den folgenden Tag bey
aufgehender Sonne / als wir eben schon wieder reißfertig stunden,
angelanget, da sie die Nacht vorher in dem Wald ausdauren
müssen. Zu bemeldtem Krotzka hat der Graf Oduyer laͤnger
F 2

denn
- 70 -
Erstes Buch / Dritte Abtheilung /

44

denn eine Stunde auf den Herrn Botschafter gewartet, weil er
zu Land den Weeg geschwinder zuruck gelegt. Allhier haben wir
Pferde von den Regimentern bekommen, deren wir uns bis an die
Gränzen bedienen konten.


Den 10ten sind wir nacher Kollar aufgebrochen, wohin die

Kollar.
Kaiserlichen Soldaten / die dem Herrn Botschafter mit seinem
Comitat zur Begleitung und Defension dienen solten, theils voran
gegangen, theils aber Demselbigen gefolget. Jn diesem vorzeiten so
ansehnlichen Flecken sind so wol, als in dem ganzen Königreich
wenig Häuser mehr unter den zerstöͤrten Gebäͤuen anzutreffen, wel
che man bewohnen könte. Nicht gar eine halbe Stunde davon zur
linken Hand lieget eine Wiese, worauf ein mit dem hellsten Wasser
angefüͤllter Brunne, wobey sich nach der erst neulich bey Belgrad
gehaltenen Schlacht viel fluͤchtige Tuͤrken niedergelassen, ihre ermat
teten Kräften etwas wieder zu erholen, sind aber von den Unsrigen
eingeholt und alle zusammen nieder gehauen worden. Den 11ten
Haßan
Bascha
Pallanka
haben wir wiederum Kollar verlassen, das Früͤh⸗Stuck zu Haßan
Bascha Palanka, oder in der von Haßan Bascha erbauten
Vestung (sintemaln Palanka eine Vestung bedeutet,) eingenommen,
Potischina und uns weiter nach Potitschina begeben, wohin aber auser dem
Herrn Botschafter die wenigsten gekommen / so wol wegen des
bösen Wetters / als auch weilen die Brucken auf dem Weeg zerbro
chen war / sondern abermal in dem Wald pernoctiren muͤssen:
von dar wir ferner den andern Tag über Devibakerdane nach
Morava
Palanka.
Jagodina / und den 13ten nach Morava Palanka / drey
Stunde über Jagodina hinaus / gerucket; nach welchem Ort der
General Oduyer schon den Tag vorher abgegangen, da wir kaum
zu Jagodina angelangt, aber heute gegen die Nacht erst kurz vor
dem Abend⸗Essen wiederum zu uns gekommen, damit Er die üͤber
Die Brücke
über die
Morava.
die Morava geschlagene Brücke in Augenschein nehmen mögte.
Als wir daselbst angekommen, haben wir länger als drey Stunde
auf dieser Seite des Ufers warten müssen, ehe wir über den Fluß
kommen koͤnnen, weil die erst neu⸗verfertigte Brüͤcke selbige Nacht
durch die Gewalt des Wassers, und der in dem Strom schwim
menden Baͤumen an dreyen Orten Schaden genommen. Nachdem
nun aber solcher in aller Eil repariret ward, und wir üͤber den Fluß
gesetzt, haben wir auf der andern Seiten zwischen zweyen Wassern
aber
- 71 -
Reise von Lora bis Belgr. und den Ort der Auswechsl.
45
abermal still halten muͤssen, weil üͤber die Ravenitz gleichfalls eine
Brucke muste geschlagen werden. In dem ersten Strom, welcher Merkmal
der alten
Brücken
über die
Morava.

viel breiter, als dieser letztere, reichen noch aus dem Wasser einige
Stein⸗Haufen von der vorigen Brüͤcke herfüͤr, welche die Tuͤrken
bey ihrer letzten Flucht von Belgrad nach Nissa, als die aͤusser
ste Retirade an der Gräͤnz, hinter sich abgeworfen, damit die Teut
schen durch den Fluß von weitern Nachsetzen abgehalten wuͤrden.
Dieser Brucken⸗Bau aber ist nicht ohne Ungluͤck abgangen; dann Ein Hand
werks
mann er
sauft.

als einer von den Handwerks⸗Leuten, ein Teutscher, und guter ehr
licher Mann, wie ihm diejenige, die ihn kannten, nachruͤhmten, die
ruinirte Brücke ausbesserte, und einen neuen Balken an den Ort, wo
sie aus einander stunde, mit allen Leibes⸗Kraͤften hinein stossen wolte,
damit solcher nicht weiter als die andern herfuͤr gehen solte, hat er
das Tempo verfehlt, und ist von der Brüͤcke in das Wasser hinab
gestürzet, und von dem Wuͤrbel fort gerissen worden, so daß er im
Angesicht vieler, die ihme gerne zu Hüͤlf gekommen waͤren, wann sie
nur eine Möͤglichkeit vor sich gesehen, ersaufen muͤssen.


Hierauf sind die mehristen von uns noch denselbigen Abend nach Parakin.
Parakin kommen, auser etlichen wenigen, welche mit den schwehr
beladenen Bagage-Waͤgen gefahren, und wegen immer anhaltenden
Regen und schlimmen Weeg an den ohnedem sumpfichten und mo
sichten Oertern nicht fort kommen koͤnnen, und dahero erst den an
dern Tag ganz beregnet und naß zu uns gestossen. Hier hat uns
abermal, wie zu Jagodina, die Moschee zum Speiß⸗Zimmer und
zugleich zur Nacht⸗Herberg dienen müssen, und wurde dem Bac
chus und der Ceres ein Altar allda aufgerichtet, wo vor kurzem der
gottlose Betrieger Mahomet seine Kirche hatte. Den 14ten haben
wir zu Parakin Rast⸗Tag gehalten und zur Auswechslung uns
fertig gemacht; an welchem Tag gegen acht Uhr der neulich nach
Wien abgeschickte Aga mit dem Herrn Schmiedt/ Kaiserli
chen Dolmetsch der Orientalischen Sprachen, von dar wieder zu
ruck kam, den Türkischen Botschafter durch Ungarn und Oe
sterreich nach der Kaiserlichen Residenz⸗Stadt zu begleiten:
welcher auch vor unsern Herrn Botschafter gefüͤhrt worden; und
so bald er seine aufhabende Commission abgelegt, hat er sich eilends
nach Nissa zur bemeldten Türkischen Botschaft begeben. Nach
mittag um fuͤnf Uhr wurde ein anderer Tüͤrkischer Aga vom Seras

F 3

kier
- 72 -
46

Erstes Buch / Dritte Abtheilung /

Ein von
Seraskier
abgeschick
ter Both.
kier Abdola Bascha / Commendanten der Gränz und Vestung
Nissa, mit 20. Reutern abgeschickt, welcher einen auf Pergament
geschriebenen und mit einem seidenen rothen und mit Gold gestickten
Umschlag versehenen Brief, dergleichen sie sich an vornehme Perso
Beschaf
fenheit der
Türkischen
Briefe.
nen, leinene oder wuͤllene aber an einen Unterthanen oder ihres glei
chen bedienen, an den Graf Oduyer mit brachte; den der besagte
Graf durch seinen Dolmetsch, so er nur nebst dem Uberbringer al
lein bey sich im Zimmer gelassen, da die andern indessen bey der Thuͤr
die angekommene Spahi vorwitzig betrachteten, auf alle Puncten
kurze Antwort ertheilte. Der Jnhalt des Briefs aber bestunde
vornemlich darinnen: wie ein und anders in dem Aufsatz des Cere
moniels absonderlich aber dieses zu verstehen wäre, wann wir prae
tendirten, daß man uns unter Paucken⸗ und Trompeten⸗Schall und
mit fliegenden Fahnen durch die Gränz⸗Vestung führen solle? wel
ches ihre Dolmetschen, wie es schiene, nicht recht capirt haͤtten.
Nachdem nun deswegen genugsamer Bericht ertheilt, und zum Zei
chen guter Verständnis und Freundschaft der gewoͤhnliche Caffé
nebst eingemachten Fruͤchten, als eine den Tuͤrken gar angenehme
Sache, vorgesetzt worden, ist er, wie solches verzehrt war,
mit den Seinigen wieder nach Raschna / woher er gekommen
zuruck gekehrt; welchen der Graf Oduyer bey seinem Abschied
aufgetragen, seinem Herrn Botschafter in seinem Namen das
Compliment zu machen, und ihn zu entschuldigen / wann er einen
solchen Gast, als er an Demselbigen bekommen wuͤrde, nicht nach
Wunsch logiren koͤnnte, weil die vornehmsten Haͤuser zu Belgrad
durch die letzte Belägerung ruinirt und in Asche gelegt worden, wel
che bishero noch nicht völlig wiederum aufgebauet werden koͤnnen.
Weil es auch vielen von unsern Leuten sehr wahrscheinlich vorkam,
daß einige von diesen Spahi oder Tüͤrkischen Reutern, welche dieser
Aga bey sich hatte, nebst der Tüͤrkischen auch der Teutschen Sprach
kundig wären, auch solches einiger massen aus ihrem Thun und
Lassen abnehmen kunten, haben wir uns sorgfaͤltig gehuͤtet, daß wir
ja nichts redeten, welches ihnen einigen Verdruß verursachen moͤgte.
Eben dazumal wurden denen Pagen, Heyducken und Laquayen des
Herrn Botschafters, der Leib⸗Wacht und andern, die Kleider aus
getheilt, in welchen sie des andern Tags erscheinen solten.


Je
- 73 -
Reise von Lora bis Belgr. und den Ort der Auswechsl.
47


Jedoch ehe ich in demjenigen fortfahre, was sich bey der Auswechs
lung zugetragen, muß ich noch etwas erzehlen, so derselbigen vor
her gegangen: Es sind die Tüͤrken, als ein sehr ehrgeitziges Volk, Ehrgeitz
der Türken.

jederzeit darauf bedacht gewesen, wie sie diese ihre Gesandtschaft an
sehnlicher, als wir die Unsrige / machen möͤgten; weswegen, hierzu
etwas zu contribuiren, derjenige, welcher zu Belgrad Tüͤrkischer
Seits das Ceremoniel mit einrichten helfen, und ein Quartier
Meister war, so sie Reczep Aga nennen, dem Graf Oduyer im
Namen des Seraskiers 50. Beutel, so bey nahe 10000. Ducaten
ausmachen, versprochen, wann er verschaffen wuͤrde, daß er nach
gethaner Auswechslung entweder die vordere Stelle oder rechte Hand
in der Zuruͤckkehr einnehmen duͤrfte, in Betrachtung, daß er ein
Bascha von drey Roß⸗Schweifen, und unter denen Beglerbey
und Viziren/ oder Stadthaltern deren Provinzen nicht der gering
ste wäre, oder welches ohne dem noch niemaln nach dem letzten
Friedens⸗Schluß geschehen, zu verhindern belieben moͤgte, damit er
nicht nach des Herrn Groß⸗Botschafters Besuchung nöthig
hätte, seine Gegen⸗Visite bey ihm abzustatten. Weme nun des
Herrn Generals standhaftes und unbezwingliches Gemuͤth nebst
seiner Liebe zur Gerechtigkeit und unverfaͤlschte Treue bekannt, wird
leicht errathen, was für eine Antwort auf diesen unvermutheten
Vortrag gefallen ist. Wann mir, ließ Er sich darauf vernehmen,
die ganze Welt vom puren Gold angebotten wuͤrde, koͤnnte noch
dürfte ich dieses gleichwol, in Ansehung meiner öͤffentlichen Bedie
nung, nicht verstatten, wann ich es schon als ein privat-Mann aus
sonderbarer Freundschaft zu lassen wolte. Was aber den Herrn
Groß⸗Botschafter betrifft, führt derselbige einen solchen Cha
racter, daß Er in dessen Betrachtung niemand weichen kan; ist an
bey von solcher Gemüͤths⸗Beschaffenheit und Wüͤrde, daß,
wann Er auch gleich Amts⸗halben nachgeben koͤnnte,
Er es doch nicht wuͤrde thun wollen.

)o(
Vier
- 74 -
Erstes Buch / Vierte Abtheilung /

48


Vierte Abtheilung.


SO sind wir nun, wie gemeldet, den 14. Junj zu Parakin
angelangt, und haben daselbst Rast⸗Tag gehalten; von
dar aber den andern Tag zu demjenigen Ort gekommen,
wo die Auswechslung würklich geschehen. Dieser liegt zwischen

Der Ort
der Aus
wechs
lung.
Parakin und Raschna / als woselbst sich eine lange Wiese befin
det, welche ein kleiner Fluß, Schuppellia genannt, durchschnei
det, und mit Bergen und Wäͤldern auf beiden Seiten umgeben ist:
allda haben wir uns von dem ordentlichen Weeg ab, und etwas auf
die rechte Seiten gewendet, weil dieser Platz am bequemsten war,
unsere Soldaten in Ordnung zu stellen, worauf wir auch in selbi
ger Ebne etliche Stunden stehend geblieben; der Herr Groß⸗Bot
schafter aber hat sich indessen in dasjenige Zelt retirirt, welches der

An uns ab
gefertigte
Türkischen
Bothen.
Graf Oduyer aufschlagen lassen. Als wir noch dahin unter Wee
ges waren, kamen unterschiedliche Tuͤrken bey bemeldten Grafen an,
wegen eines und des andern Bericht einzuholen: und indem wir am
erst⸗besagten Ort campirten, kam auch ein Capigi Baschi / oder

Wechsels
weiser
Gruß der
Herrn Bot
schafter.
Cammer⸗Herr bey denen Türken, unter einer Begleitung von 14.
Pferden zu unsern Herrn Groß⸗Botschafter / welcher Jhm
nach Contestirung öffentlicher Freundschaft in Namen seines Bot
schafters das Compliment machte. Diesem wurde, so bald man
ihn noch von ferne wahrnehmen kunte, der Freyherr von Stu
denitz entgegen gesandt, welcher das Gegen⸗Compliment ablegen
solte, wann er in Erfahrung bringen wuͤrde, daß jener um angezeigter
Ursach willen gekommen; wo er aber eine andere vermerken moͤgte,
könnte er sich nur auch anstellen, als ob er um einer ganz andern
Verrichtung wegen ausgeschickt wäre: angesehen der Herr Bot
schafter dafür hielte, daß es seinem Character nicht zukomme, der
gleichen Bewillkommungs⸗Compliment zu erst ablegen zu lassen;
jedoch aber solches anheut völlig oder über die Zeit zu verschieben
der Wohlstand gleichwol auch nicht erlauben wolle. Weil aber der
Baron seinen Weeg fortgesetzet, und nicht, wie er in Commission
hatte / im Fall der Capigi Baschi einer andern Ursach wegen sich
sehen liesse, wieder zurück gekommen, kunten wir leichtlich daraus
die wahre Beschaffenheit der Sache urtheilen. Es muste aber dersel

bige
- 75 -
Von Parakin und dem Ort der Ausw. bis gen Raschna
49
bige an der Spitze unsers Lagers so lang warten, bis daß dessen An
kunft dem Graf Waldeck, durch diesen aber dem Herrn Bot
schafter selbst angezeigt, und er hernach durch des Herrn General
Oduyer seine Leute vorgefuͤhret wurde. Diesen Abgeordneten em
pfienge der Herr Botschafter sitzend, da jener indessen vor ihm
stehend blieb; an statt dessen der Unsrige mit dem Tuͤrkischen Gesand
ten auf der Sofaus, oder dem in dem Zelt auf der Erden liegenden
länglichten Polster, gesessen: und nechst den Weeg / wo der Türkische
Abgeordnete herkam, und wieder zuruck kehrte, stunde unsere Hof
statt auf beiden Seiten rangirt, um ihren prächtigen Aufzug sehen
zu lassen. Aber laßt uns jetzo einmal, nach einem Aufenthalt von
dreyen Stunden auf vorgedachter Wiese, auch die Auswechslung
selbst ansehen.


Mitten auf der Wiese præsentirten sich in gleicher Linie hinter
einander drey steinerne viereckichte Säulen, welche oben zugespitzt Die GränzSäulen.
waren, und 20. Werk⸗Schuh weit von einander stunden. Bey der
Mittlern sind die beiden Herrn Groß⸗Botschafter einander zu
Fuß entgegen gegangen, und zu dem Ende fuͤnf Schritt vorher von
den Pferden abgestiegen; welche Saͤule auch ins kuͤnftige die Gräͤnz
Scheidung machen wird, so daß disseits des Röͤmischen Kai
sers Gebiet sich hinfuͤhro endigen, jenseits derselbigen aber das von
der Ottomannischen Pforte anfangen wird. Neben diesen
Säulen sind noch Stangen in ungleicher Weite aufgesteckt gewesen,
welche anzeigten, wo jedwede Parthey von ihren Pferden abstei
gen solte. Bey der letztern, welche von der ersten 80. Schritt ab
stunde, ließ sich unser Kriegs⸗Volk in den Waffen sehen, welches
kurz vorher mit dem Grafen Oduyer dahin abgegangen, unsern
Herrn Botschafter zu erwarten; die Ordnung aber, so dabey
gehalten wurde, ware folgende: In der Mitte stunden die zwey
Granadier⸗Compagnien vom Geschwindischen und Prinz Ale
xanders von Wuͤrtenberg Regiment; diese hatten zu beiden
Seiten drey Esquadrons von Dragonern, davon die erste aus dem
Prinz Friedrich Wuͤrtembergischen, die zweyte von Bareu
thischen / und die dritte vom Regiment de Batté gezogen war,
worzu noch zwey Haufen von den Carduanischen und Vasquezi
schen Curassirern kamen, die beiden Fluͤgel aber formirten 500. G
leicht
- 76 -
50

Erstes Buch/ Vierte Abtheilung /

leicht gewafnete und zum Nachhauen versehene Hussaren vom Na
dastischen und Babocsayischen Regiment, welche insgesamt der
Graf von Waldeck, Obrist⸗Lieutenant unter dem Bayreuthi
schen Regiment unter Commando des Grafen von Oduyer
anführte. Vor dieser kleinen Armee wurden 6. kleine zwey Pfund
und vier loͤthige Kugeln fuͤhrende Stuͤcklein hergezogen / damit man
selbige nach geschehener Auswechslung zum Freuden⸗Schiessen, oder
auch, wo es noͤthig, zu unserer Defension, gebrauchen koͤnnte, wel
che erst neulich zu diesem Ende in dem Zeug⸗Hauß zu Belgrad ge
gossen worden. Auf der andern Seite sahe man die Tuͤrkische Cavalle
rie, welche eben so stark, als die Unsrige, und von der Stange in
gleicher Weite entfernet, aber in keiner solchen Ordnung ausgethei
let war, sondern bald hier, bald dort herum schwermete, jedoch nicht
Das Ge
präng der
Auswechs
lung.
über die Gräͤnze noch Stange sich zu ruͤcken getrauete. Der hierzu
verordnete Graf Oduyer, wie auch der Seraskier / Gränz
Commendant, sind bis zur mittlern Saͤulen vorangegangen, nach

dem sie, wie nachgehends auch die Herrn Botschafter selbsten / ih
re Pferde bey der letztern ihre Bediente aber bey der äusersten
Stangen stehen lassen. Allda haben sie sich gegen einander auf zwey
Stüͤhle ohne Lehnen niedergesetzt, welche, nebst noch andern zweyen
gleichfalls ohne Lehnen, der Graf Oduyer aus seinem Gezelt da
hin geschaffet; und nachdem Sie eine zeitlang also mit einander ge
redet, und dasjenige folgends ausgemacht, was in dem Ceremoniel
noch nicht völlig erörtert war, haben sie einander mit Caffé und
Chocolate, und eingemachten Fruͤchten, wie auch wolriechenden
Wassern und Beraͤucherung die gewöͤhnliche Ehre erwiesen.


Nicht lang hernach hat der Graf Oduyer unsern Hn. Groß
Botschafter, der Seraskier aber dem Seinigen wissen lassen,
daß nunmehr die bestimmte Zeit zur Auswechslung herbey nahe;
worauf der Unsrige alsobald durch die Trompeter das Zeichen zum
Aufbruch geben ließ, und sich so fort aus des Grafen Oduyers
Zelt in der ohnläͤngst zu Wien gehaltenen Ordnung nach mehr be
meldten Ort, so noch 1000. Schritt davon entfernet war, begeben.
Wie unser Herr Groß⸗Botschafter nun völlig hinzu kommen,
ist Er von dieser, wie der Türkische von jener Seiten, in gleichen
Schritten mit diesen / zur mittlern Säulen gegangen, doch mit dem
Unterschied, daß der Türkische den Erd⸗Boden eher als der Unsrige
betret
- 77 -
Von Parakin und dem Ort der Ausw. bis gen Raschna.
51
betretten, weil dieser sich anstellte, als ob sein Pferd, welches Er Der Türki
sche Bot
schafter be
tritt den
Erd⸗Bo
den eher/
als der Un
srige.

auf alle Seiten herum lenkte nicht zum Stillstehen zu bringen wä
re, und bald gegen die Saͤule anfuͤhrte, bald unvermerkt wiederum
zuruck gehen machte, ohne daß jemand merken kunte, wie derglei
chen mit Vorsatz von Jhm geschehe; und also stunde der Türk
schon auf der Erden, da unser Herr Groß⸗Botschafter / gleich
als hätte Er sich in die Riemen verwickelt, noch ober den Sattel
sich befand. Als Sie aber zur Säule gekommen, und dieser den
Kopf ein wenig geneigt, jener aber zum Zeichen der Freundschafft
die rechte Hand dreymal auf die Brust gedruckt, haben sie einander
ihrer hohen Principaln Befehl und dieser Botschaft eigentliches
Was unser
Herr GroßBotschaf
ter sei
nem hohen
Principal
und dem
Sultan für
Titul bey
leget.

Absehen zu verstehen gegeben; wobey dieses absonderlich zu bemerken,
daß unser Herr Groß⸗Botschafter / damit Er sich desto deutli
cher expliciren, anbey seinem hohen Principal nichts vergeben
moͤgte, den andern in Lateinischer Sprach angeredet und unter
dem Reden Jhro Römisch⸗Kaiserlichen Majestät den Ti
tul Unuͤberwindlichster und Geheiligster Röͤmischer Kai
ser / beygelegt / und solchen von heute an vindicirt, welches
beides sich sonsten die Tuͤrken, nachdem sie die Stadt Constanti
nopel aus den Häͤnden der Grichischen Kaisere unbefugter Weise
entrissen, aus einem unertraͤglichen Hochmuth allein zu eignen; da hin
gegen / so oft des Sultans zu erwehnen noͤthig war, Er nur den
Titul Aller⸗Durchlauchtigst und Großmaͤchtigst gebraucht.
Es mag aber die Anrede ohngefehr in folgenden Worten bestan
den haben:


Nachdem der zwischen Seiner Geheiligsten, UnuͤberDie Anre
de des Hn.
Botschaf
ters.

windlichsten / Aller⸗Durchlauchtigsten und Großmächtigsten
Römisch⸗Kaiserlichen / auch zu Spanien, Ungarn, Bö
heim, Indien und Sicilien Königlichen Majestät CARL
dem VI. rc. rc. und dem Aller⸗Durchlauchtigsten, Groß
mächtigsten Ottomannischen, Asiatischen und Grichischen
Kaiser Ahmed dem IV. [4] zu Passarowitz neulich geschlossene
Friede durch zwey Groß⸗Botschaften alten Gebrauch nach
soll bestättiget werden / hat mich mein Geheiligster und
G 2

Aller
- 78 -
Erstes Buch/ Vierte Abtheilung /

52

Allergnädigster Kaiser und König hierzu erwehlet / daß
ich nach der erleuchteten Pforte gehen/ und den Aller
Durchlauchtigsten, Großmächtigsten Ottomannischen Kaiser
versichern solle / wie Seine Geheiligte Römische Kaiser
liche Majestät alle in dem Frieden enthaltene Bedingun
gen aufs genauste / und dem Buchstaben nach / auch in den
allergeringsten Stücken zu beobachten gesonnen / so
lang anderer Seits / welches Sie doch nicht hoffen wol
len / denenselbigen nicht wird zu wider gehandelt wer
den. Wie ich nun nicht zweifle / daß Eu. Excellenz in
gleichem Absehen zu Sr. Römisch⸗Kaiserlichen Geheilig
sten Majestät nacher Wien abgefertiget worden: als wer
den sie auch daselbst ein angenehmer Gast seyn; wie ich
dann gleichfalls hoffe / daß meine Ankunft zu Constantinopel
jederman erfreulich seyn werde.


Nachdem nun auf erst beschriebene Weise die erste Zusammen
Auffüh
rung bey
der ersten
Zusammen
kunft.

kunft nach geschlossenen Frieden geschehen, haben sich die beide
Herrn Botschaftere samt ihren Führern bald anfangs auf die ge
setzte 4. Stüͤhle in solcher Positur nieder gelassen, daß einer dem an
dern ins Gesicht sehen kunte, und ein jedweder von den Füͤhrern sei
nem Botschafter zur linken Hand sasse. Allhier unterhielten die
Herrn Botschafter einander eine zeitlang vermittelst ihrer Dol
metschen mit freundlichem Gespraͤch und andern Zeichen einer guten
Verständnis, da indessen das Reiß⸗Geräth auf andere Wägen, de
ren an der Zahl 370. waren, gebracht, und folgends nach einem an
dern Lager geführet wurde. Bey dieser solennen Unterredung ist
nur der erste Adel, welcher bis zur andern 15. Schritt weit von der
mittlern Säule entfernten Stange reuten durfte, im uͤbrigen aber
dem Herrn Botschafter zu Fuß folgte, nebst vier Laquayen, so
das Pferd führten, zugegen gewesen, da die übrigen von der Bot
schaft nicht weit davon auf ihren Pferden zur rechten Seiten hielten:
zwölf aber von dem Adel und Hauß⸗Bedienten des Grafen
Oduyer, samt dessen Stall⸗ und Hof⸗Meister, 4. Pagen, 8. Hey
ducken und 20. Laquayen in rothen Scharlacken mit silbernen Bor
ten besetzten Kleidern, ohne anderes Gewehr, als mit ihren Degen
an
- 79 -
Von Parakin und dem Ort der Ausw. bis gen Raschna.
53
an der Seiten zur linken Hand stunden, und den Ausgang der Forschung /
ob der Tür
kis. Gesand
te Briefe
an Seine
Durchl.
den Prin
zen Euge
nium habe.

Auswechslung erwarteten. Bey dieser Gelegenheit unterließ unser
Herr Groß⸗Botschafter keineswegs, etwas, so er von dem Tür
kischen gerne wissen wolte, auf eine solche Weise heraus zulocken,
nach welcher Er sich keineswegs merken ließ, als ob Er mit Fleiß
darnach fragte, oder Jhme solches zu wissen daran gelegen wäre,
sondern nur seinen Discurs gleich als von ungefehr dahin richtete,
wann er sagte: es gereiche gleichwol zu beider Kaiserlichen Ma
jestäten nicht geringen Splendeur, wann Sie zum Zeichen
wechsels⸗weiser Gewogenheit einander Briefe zu schickten, als auch
zum höchsten Ruhm und Ansehen des Prinzen Eugenii, und des
Groß⸗Vizirs / wann Sie mit Kaiserlichen Schreiben beehret
wuͤrden: Er seines Theils häͤtte noch mehr Briefe an unterschiedli
che Personen bey sich, und zweifle nicht / Jhro Excellenz wuͤrden
mit dergleichen nicht weniger versehen seyn; und dieses thate der
Herr Botschafter nur darum, damit Er erfahren moͤgte, ob je
ner nicht auch von seinem Groß⸗Vizir Briefe an Jhro Durch
laucht den Prinzen Eugenium, als eines Löbl. Hof⸗Kriegs
Raths⸗Præsidenten bey sich führe, welches die Türken, als ein
sehr hochmüthiges Volk, bisher allezeit unterlassen hatten, aber doch
des Prinzen gleicher Character, und der Teutschen rechtmaͤssige
Ehr⸗Begierde / vornemlich aber der letztere Sieg, nunmehro erfor
derte, daß solches ins künftige geschehe, worüber auch schon zu
Wien lang und viel berathschlaget worden: Es gabe auch Seine
Excellenz sich nicht eher zu frieden, bis Sie durch die hin und her
geführten Discurs bereits zum drittenmal deutlich versichert worden,
daß jener dergleichen Briefe bey sich habe. Man muß auch hier Die Kai
serl. Bot
schafter
müssen
Briefe an
den GroßVizier ha
ben.

zum Voraus wissen, daß kein Botschafter ohne dergleichen Schrei
ben zu Constantinopel bey der Pforten etwas handeln kan.
Dann weiln dem Groß⸗Vizir die Aufsicht üͤber das ganze Reich
anvertrauet ist, und er dahero aller ausländischen Potentaten, als
des Kaisers / der Könige und Fürsten Geschäfte, welche das
gemeine Wol betreffen, allein und mit so unumschräͤnkter Gewalt,
als der Sultan selbst, tractiret, also daß dieser alles gutheißt, was
jener dißfalls vorgenommen, so wird keiner füͤr einen Minister von ei
nem offentlichen Character gehalten, der nicht vorhero vor den
Groß

G 3
- 80 -
54

Erstes Buch / Vierte Abtheilung /

Groß⸗Vizir gelassen worden, bey welchem aber der Zutritt ohne
dergleichen Schreiben nicht verstattet wird. Wann demnach der
Botschafter, dessen Namen heißt: Vizir Mückerem Rurnili
Valasi Bajesile Taja Sade Jbrahim Bascha / dergleichen
Brief nicht gehabt hätte, wie er doch so wol an den Prinzen, als
selbst den General Oduyer zu bestellen hatte / würden Seine Ex
cellenz sich Jhn zu persuadiren bemuͤhet haben, daß er sich derglei
chen durch einen nach Orient zurüͤck geschickten Courier, es koste
auch was es wolle, verschaffen solte, wann er anders bey unsern Hof
angenehm und vieler Verdruͤßlichkeiten uͤberhoben seyn wolte. Wä
re aber diese Vorstellung auch nicht nach Wunsch ausgeschlagen,
war der Herr Groß⸗Botschafter entschlossen, dieses aͤusserste und
sicherste Mittel zu ergreiffen, und seine Briefe zwar bey dem Groß
Vizir abzugeben, damit durch deren Zurückhaltung Jhrer Rö
misch⸗Kaiserlichen Majestät Geschäften keine Hindernüsse
im Weeg gelegt wuͤrde, jedoch zugleich zu protestiren, daß diese un
terlassene Schuldigkeit ins künftige zu keiner Nachfolge oder Gesetz
dienen solle.


Dieser Affaire kommt diejenige bey, deren sich der Herr Groß
Botschafter schon vorhero zu Passarowitz zum allerersten unter
nommen hat: Es kamen nemlich die zwey Bevollmaͤchtigte aus der
Des Herrn Botschaf
ters Zumu
then an die
Türkische
Gevoll
mächtigte
Passaro
witz.
Türckey dahin, den Frieden zu schliessen, waren aber mit keiner an
dern Vollmacht versehen, als welche der Groß⸗Vizir allein unter
schrieben und gesiegelt hatte: als sie nun dieselbige den Englischen
und Holläͤndischen Gesandten, als Mediateurs des Friedens, üͤber
geben, solche nach Gewohnheit unsern Gevollmächtigten einzuzu

händigen, wolten Seine Excellenz mit ihnen in keine Conferenz
tretten, es sey dann, daß sie eine andere und von Sultans eigener
Hand unterschriebene Vollmacht aufzeigten; und wo sie keine bey
sich hätten, solten sie alsobald nach Constantinopel jemand abschi
cken, der ihnen solche üͤberbrächte. Sie solten gedenken, daß sie da
wären, den Frieden als Uberwundene zu begehren, nicht aber selbi
gen zu ertheilen; es schickte sich nicht, von denen Gesetze anzuneh
men, welchen man als Uberwundenen nach allem Kriegs⸗Recht selbst
Gesetze geben könnte; so käme es auch der Hoheit seines Aller
gnäͤdigsten Kaisers und Herrn nicht zu, mit andern tractiren
zu
- 81 -
Von Parakin und dem Ort der Ausw. bis gen Raschna.
55
zu lassen, als welche gleichfalls mit Kaiserlicher Vollmacht verse
hen wären: wo sie nun ihrer ohnedem sehr verfallenen Sache mit
Nachdruck rathen wolten, solten sie andere Credentialien, die des
Kaisers Hand selbst unterschrieben, geschwind herbey schaf
fen. Ob nun gleich der Englische und Holländische Gesandte, der
Ritter Robert Sutton und Graf Colyer, alle Müͤhe angewen
det, den Streit beyzulegen, und die Vorstellung gethan, daß die
ses die Gewonheit also mit sich bringe, und bey allen freyen Nationen
für güͤltig erkandt worden, wann der Groß⸗Vizir was unterschrie
ben habe, so war doch nichts auszurichten; und wolten sie den Frie
den haben, mogten sie sich gefallen lassen, nach Constantinopel
zu senden, und des Sultans eigene Vollmacht sich anzuschaf
fen.


Aber was halte ich mich jetzo lang zu Passarowitz auf, wo der
Friede schon längst geschlossen ist; ich wende mich vielmehr wiederum
zu der an der Gräͤnze stehenden Groß⸗Gesandtschaft. Daselbst Auswechs
lung der
Gesandten.

faßte nach einer halb⸗stuͤndigen Unterredung der Seraskier Beig
lerbey, oder wie sein ganzer Name lautet, Rurnili Beiglerbey
Abdola Bascha Dusum Sade / Stadthalter in Thracien, sei
nen Botschafter bey der Hand, und uͤbergab ihn dem Grafen
Oduyer in seine rechte Hand; desgleichen der Graf Oduyer mit
unserm Herrn Botschafter that, und ihme dem Seraskier bey
dessen Ubergebung gar nachdrüͤcklich anbefahl. Nach solcher Ein
händigung sind sie mit ihren Führern und ganzer Suite über die
Gränze gangen, der Graf Oduyer und der Seraskier aber blie
ben auf ihren Gräͤnzen stehen. Hiebey ist nicht auszusprechen, mit
was für Freudens⸗Bezeugungen, als mit ihrem gewöͤhnlichen Ge
schrey, dessen sie sich bey An⸗ oder Abzug ihrer Befehlshabere oder einer
anderer grossen Lustbarkeit insgemein zu bedienen pflegen, mit Hand
Klatschen und Fuß⸗Stampfen, die Türken diese geschehene Auswechs
lung bekleidet haben; worzu noch ihre seltsame musicalische Instru
menten, als Cymbeln, Pfeiffen, kleine und grosse Trommeln, wel
che ihnen gar schön uns aber zu bäurisch geklungen, gekom
men sind, deme sie noch die Abfeurung ihres kleinen und grossen Ge
schützes beygefügt; wobey die Unsrige zwar auch nicht still geschwie
gen, sondern ihr bey sich habendes grobes und kleines Geschuͤtz ta
pfer hören lassen, aber doch ihr unordentliches Geplerr nicht nach

machen
- 82 -
Erstes Buch / Vierte Abtheilung.

56

machen wollen, dafuͤr aber unsere Trompeter und Paucker samt den
andern Musicanten so lustig und anmuthig intonirt, daß die Tüͤrken
daruͤber ganz erstaunt schienen, und es nicht genug bewundern kun
ten: da wir hingegen weder uͤber ihre Waffen noch Pferde, deren
sie 700. bey sich hatten, worunter gewiß einige von ausbündiger
Schönheit waren, noch auch über ihre Medische und Arabische Ca
meel, so sich bis 200. beliefen, und andere Sachen, grosse Verwunde
rung bezeigten, damit wir dieses ohne dem hochmuͤthige Volk da
dadurch nicht noch hochmuͤthiger machten; jedoch sind wir ihnen
im Vorbeyfahren mit aller Höflichkeit und Wolgewogenheit
begegnet.



Der Herrn
Bot
schafter
Abzug.
Nachdem sich nun jetzt beschriebene Ceremonien geendiget,
und beide Herrn Botschaftere von einander nochmaln Abschied
genommen und eine glückliche Reise angewünschet, auch unterschied
liche Begrüssungen an gute Freunde einander aufgetragen haben, ist
der Türkische mit dem Herrn Graf Oduyer nach Belgrad/ un
ser Herr Groß⸗Botschafter aber mit dem Seraskier, oder,
welches eines ist, den auf den Granzen commandirende Feld⸗Her
ren, nach Nissa abgegangen.


Eines hätte ich bey nahe hier zu melden vergessen, daß / als un
ser Herr Botschafter einen Gruß an seine Frau Gemahlin in
Wien dem Tuͤrckischen aufgetragen, dieser nur daruͤber gelächelt,
und es mit Stillschweigen beantwortet, vermuthlich weil er sich nicht
getrauet, Jhme mit dergleichen wieder an seine Gemahlin zu
Constantinopel zu beladen; indem bekannt, daß die Tüͤrken ihr
Frauenzimmer in einen gar engen Arrest halten, und sie nicht leicht
lich vor jemand sehen lassen, angesehen sie, wie es scheinet, alle andere
Völker nach ihren ungezähmten Begierden urtheilen.


Auf dem Hinzug giengen zwey hundert Janitscharn, oder von
Die Ord
nung der
Reise nach
der Aus
wechs
lung.
der Leib⸗Garde zu Fuß, voran, denen unser Adel samt den Be

dienten des Herrn Botschafters folgten. Jn der Mitte befand
sich der Herr Groß⸗Botschafter, den Seraskier zu Nissa
zur Linken habend, auf dessen beiden Seiten die Laquayen, von hinten
zu aber die Pagen und Beschnittene rangirt waren, worauf die
Spahi / ein Volk ohne Ordnung und Disciplin, den Schluß
Türkische
Kuchen.
machten. So bald wir nun den Tüͤrkischen Boden betretten, haben
sich gleich eine grosse Menge Leute eingefunden, welche auf messingen
mit
- 83 -
Von Parakin und dem Ort der Ausw. bis gen Raschna
57
mit Zin uͤberzogenen Platten eine gewisse Art Tüͤrkischer Kuchen
verkauften, so denen Holländischen Buchwaitzen⸗ oder Westphali
schen Gersten⸗Kuchen nicht viel ungleich waren, wiewol sie derglei
chen Geschmack nicht haben, und uͤber dieß sehr unverdaulich sind;
nichts destoweniger assen solche die Tuͤrken mit guten Appetit, als
welche anderer Delicatessen nicht gewohnt, und der meiste Theil
aus ihnen sich derselben nebst denen Fruͤchten zur täͤglichen Nahrung
gebrauchet; wir aber liessen uns gar gerne mit dem Zuschauen ab
speisen.


Jch habe vorher schon etwas von ihrer Gewohnheit gedacht / der Ba
schen
Music

nach welcher ihre Stadthalter oder andere vornehme Personen, wann
sie über Feld ziehen, beständig ihre Music bey sich haben, die vor ih
nen her gehet, und wann sie schon zu gewisser Zeit, nemlich betens
wegen, am Tage still halten, sich nichts destoweniger immer fort hoͤ
ren lässet. Diese Gewonheit ist uns, so lang der Seraskier bey
dem Herrn Groß⸗Botschafer war, ohne Aufhören beschwehr
lich gewesen, als durch welche unsere an die anmuthige Teutsche und
Jtaliänische Music gewöhnte Ohren mehr verletzt als ergötzt worden;
und wann erst noch das entsetzliche Geschrey der Laquayen und BeFreudenGeschrey.
dienten darzu kame, mit welchen sie ihre Herrn / Patronen und
fremden Gäste so wol bey ihrer Ankunft als Abzug beehrten, so
hatte unser Verdruß den höͤchsten Grad erreicht. Sie wolten aber
gleichwol damit vermuthlich den alten Roͤmischen Soldaten nachah
men, welche ihren Kaisern und Feld⸗Herrn zu ruften/ daß Jhr
Vorhaben glüͤcklich und zur guten Stund (feliciter, faustisque omi
nibus) geschehen moͤge, und auf solche Weise Jhnen alles Glück
und Seegen auf den Weeg anwuͤnschten. Was uns anbelangt, Ein Adler
zeigt den
Weeg nach
Constanti
nopel.

machte uns ein Adler, der, so bald die Auswechslung geschehen, be
ständig vor uns herflog, und uns gleichsam den Weeg zeigte, keine
geringe Hofnung, daß wir unsere Reise glüͤcklich wuͤrden zuruͤck le
gen; wie er uns dann auch nicht eher verlassen, als bis wir denje
nigen Hügel erreicht, über welchen wir von dem Seraskier gefuͤh
ret worden, von hieran aber haben wir ihn nicht mehr gesehen, da
ich solchen vorher vielen von unserer Gesellschaft gewiesen habe. Wir
können es indessen für ein gutes Zeichen annehmen, daß wir noch
einmal Constantinopel wieder in unsere Häͤnde bekommen werden,
und dieser das Römisch⸗Kaiserliche Wappen zierende Vogel H
uns
- 84 -
58

Erstes Buch / Vierte Abtheilung /

uns den Weeg habe zeigen wollen, durch welchen wir dahin gelangen
sollen. Daß auch unsers Herrn Groß⸗Botschafters Ankunft
denen Tüͤrken nicht wenig Vergnuͤgen muͤsse gebracht haben, laͤsset
Der Se
raskier er
längert sei
ne Beglei
tung.
sich unter andern auch daraus schliessen, daß der Seraskier oder
Commendant der ersten Gränz⸗Vestung, wie auch Stadthalter in
Thracien, welche Stadthalterschaft bey denen Türken in Europa
die vornehmste ist, im ganzen Reich aber den dritten Rang hat,
denselbigen fünf viertel Stund, und also eine viertel Stund laͤnger,
als in dem Vertrag bestimmt war, begleitet hatte. Worbey er es
aber nicht allein gelassen, sondern Jhn noch uͤber das, nebst bestäͤn
diger Uberlassung der rechten Seite, auf dem nechst gelegenen
Berg in ein zwar kleines doch prächtig zu bereitetes Gezelt gefüͤhrt,
und allda aufs kostbarste bewüͤrthet; woselbst der Herr Botschaf
ter gestifelt üͤber Tüͤrkische mit Gold gestickte Teppichte gegangen,
Türkische
Schuhe.
so sie sonst nicht eher betretten, als bis sie andere Schuhe, die sie
Paposchen nennen, angezogen: allda hat Er wiederum den obern
Platz auf einem mit eben solchen Kuͤßen belegten Lehn⸗Sessel einge
Türkische
Polster.
nommen, deme der Seraskier auf einem Polster, den sie Sofaus
nennen, zur linken Hand sasse. Es sind aber diese Sofaus läng
lichte mit Cameel⸗Haaren oder Wolle angefüllte Polster, und
moͤgen wol den Namen von Sophi, den Persischen Köͤnigen, ha
ben, wie dann diese Weise zu sitzen von den Persern ihren Ursprung
hat.


Weil hier so oft des Vorsitzes gedacht wird, muͤssen wir auch
Die linke
Hand bey
den Türken
die vor
nehmste.

erinnern, daß zwar, nach Zeugnis Busbeck und Rigaut, die lin
ke Hand bey den Turken die vornehmste ist, sie behauptet aber diesen
Rang nur allein in Kriegs⸗Zeiten bey denen Soldaten; bey denen
Staats⸗Männern und Freunden aber hat sie zu Friedens⸗Zeit dieses
Ansehen nicht; wie dann Busbeck nicht uͤbel urtheilet, wann er
dafür hält, daß diese Gewonheit daher komme, weil derjenige, so
auf der linken Hand ist, zugleich des andern auf dieser Seite gegüͤr
teten Degen in seiner Gewalt, er selbst hingegen solchen zu seinem
Gebrauch frey hat.


Nachdem nun hier der Caffé getrunken, und die eingemachte
Früchte genossen waren, wobey man denen beiden Herrn kostbare
Schnuptücher, an statt der Servietten, über die Schooß gebreitet,
wur
- 85 -
Von Parakin und dem Ort der Ausw. bis gen Raschna.
59
wurde eine grosse überguͤldete silberne Platte, welche sonsten nur Gastmal in
des Seras
kier Zelt.

von Holz ist, an statt eines Tisches von zweyen Bedienten aufgestel
let, und hierauf die Speisen, deren bey funfzig waren, zum Mit
tagmal gesetzt. Man trug, ihren Gebrauch nach, nur eine nach der
andern in silbernen und fein Porcellanen Geschirren auf, deren letz
tern Gattung sie sich darum gar vielfäͤltig zu bedienen pflegen, weil
sie glauben, daß selbiges keinen Gift leiden könne. Die meisten
Speisen waren nicht übel zu bereitet, wie der Herr Botschafter
bey unserer Zuruͤckkunft von dem Ort, wo wir gleichfalls speissten,
uns solches zu sagen die Guͤtigkeit hatte; wie Er dann auch dem Se
raskier durch den Dolmetsch versicherte, daß Er sie alle gekostet ha
be, wordurch Er zu verstehen geben wolte, wie Er dieses Tracta
ment mit eben solchen Gemuͤth angenommen/ als es ihm vorgesetzt
worden. Zu gedachten Speisen wurden eben so viel laͤnglichte von
Schild⸗Krot oder Helfen⸗Bein verfertigte Löͤffel aufgelegt, deren
Stiele auf eine ganz neue Façon mit Seiden, Gold und Silber um
wunden waren. Dann die Tuͤrken bedienen sich der Messer und
Gabeln fast niemaln, und lassen die Speisen nicht anders, als ganz
klein zerschnitten, zu Tische bringen, daß sie also derselbigen auch nicht
nöthig haben; und so ja etwas kleiner gemacht werden muͤste, zerrei
sen sie solches mit den Fingern. Bey dieser Malzeit fehlte es an
nichts, als an Wein, dessen Stelle das liebe Brunnen⸗Wasser verDer Türken
Geträͤnk.

sehen muste; welche aber den Scherbeth trinken mogten, kunten des
selbigen nach Belieben haben, wiewol dieses Getrank, das sie aus
Honig, Gewürz, und dem Saft aus Fruͤchten machen, weder mei
nem Geschmack, noch meiner Gesundheit anstehen wolte; und wäͤre
mir eine einige Maß Wein viel lieber, als das grosse Heidelbergische
Vaß mit Scherbeth.


Nach aufgehobener Tafel, und denen mit wolriechenden Was
sern und Rauchwerk verrichteten Ceremonien, hielte sich der Herr
Botschafter noch in etwas auf, und discurirte von ihren sonder
baren Gebräuchen, Einrichtung ihres Regiments, sonderbarer Art
zu sitzen, Kriegs⸗Disciplin und andern Dingen; da es sich dann zu Des Herrn
Botschaf
ters Ge
spräch von
dem Gra
fen Oduyer.

trug, daß sie von ungefehr unsers Gränz⸗Generalen, des Grafen
Oduyer, gedachten, bey welcher Gelegenheit der Seraskier un
terschiedliches von dessen Lebens⸗Art, Sitten und Kriegs⸗Disciplin
wissen wollen, vermuthlich aus keiner andern Ursach, als weil es
ihm

H 2
- 86 -
60

Erstes Buch / Vierte Abtheilung /

ihm schmerzte, daß er an Jhm einen solchen Mann gefunden, wel
cher in Kriegs⸗Wesen wol erfahren war, auf jenes Vornehmen wol
Achtung gab, Seines Kaisers Nuzen zu befördern sich sehr angele
gen seyn ließ, dem Aller Durchlauchtigsten Oesterreichischen
Haus getreu diente, und mit keinem Geld kunte bestochen werden.
Hierauf rühmte der Herr Groß⸗Botschafter Jhm nach Ver
dienst, und ließ sich gefallen, seinen Lebens⸗Wandel von Anfang her
zu erzehlen: Er brachte darbey vor, wie er von Jugend auf im Krieg
erzogen, sich allezeit wol gehalten, bey allen Actionen tapfer und
vorsichtig erwiesen, und nach und nach zu so hoher Charge gestie

Soldaten
Verbre
chen.
gen seye. Diese Erzehlung kame dem Seraskier unglaublich vor,
als welche diesem Kriegs⸗Mann vom allen Versehen frey zehlete,
welcher doch eben so wol ein Mensch und folglich des Fallens unter
worfen wäre; hat aber vielleicht an das bekannte alte Sprichwort
nicht gedacht, daß es nemlich nicht erlaubt sey, zweymal im Krieg ei
nen groben Fehler zu begehen: weswegen der Herr Botschafter
ihm seine Meynung dardurch zu benehmen suchte, wann Er ihm vor
stellte, daß es mit dem Versehen im Krieg öfters eine solche Be
schaffenheit habe, daß daraus dem gemeinen Wesen ein unersetzlicher
Schade zuwachse, bey welchem man sich, wann absonderlich die
Schuld noch darzu kommt, wenig Gnade zu versehen, sondern ins
gemein Ehre, Leib und Leben darüber verlohren gehe: wo dasselbige
aber von geringer Wichtigkeit, und sich noch darzu wol gar wieder
Vermuthen zu getragen, wuͤrde die Straffe nach dem Verbrechen ein
gerichtet, und daure auch nicht länger, als das Verbrechen selbst;
es werde aber gleichwol keiner promovirt, so lang er solches an sich
merken lasse: er muͤsse dasjenige, worinnen er es versehen, noch einmal
vornehmen; und wann er es alsdann verbessert, stehe ihm die Thüͤre
zur Ehre so wol, als andern, offen. Und hierinnen sind wir in der
That von denen Türken unterschieden, als welche auf alle Verbre
chen fast einerley und wol gar die Todes Straffe setzen, absonderlich
wann solches den Staat und das gemeine Wesen betrifft. Diesen
geführten Discours hörte der Bascha zu Nissa aufmerksam und
wol bedaͤchtlich zu, und wann er meinte/ daß etwas seinen Beyfall
verdiente / gab er solches mit Nückung des Haupts zu verstehen;
schiene auch sonsten ein Mann von guten Verstand zu seyn, nur
daß er in den Mahometischen Aberglauben verwickelt war.

- 87 -
Reise von dem Läger gegen Raschna bis nach Nissa.
61


Fünfte Abtheilung.


NJcht lang hernach hat der Herr Groß⸗Botschafter sei
nen Abschied genommen, fuͤr das höͤfliche Traitement sich
bedanket, und durch den Dolmetschen sagen lassen / daß er
verhoffe, ihn im kurzen wiederum zu Nissa zu sprechen, wohin der
Seraskier anjetzo voraus gienge. Hierauf ist er nach dem ohnweit
von dannen geschlagenen Lager gekehret, und sind ihm 200. Spahi
zu seiner Bedeckung mit gegeben worden. Als wir auf den ohngeErstes La
ger in der
Türkey.

fehr eine halbe Stund von dar liegenden Berg gekommen, und uns
von dem Weeg nach Raschna zur linken Hand etwas abgewendet,
kunten wir schon das völlig aufgeschlagene Läger sehen; worinnen
wir diesen und den folgenden ganzen Tag zu bringen muͤssen, bis die
schwehren Bagage-Wagen wegen des schlimmen Wegs und nassen Das einge
fallene Re
genwetter
halten die
Türken für
glücklich.

Wetters endlich wieder zu uns gekommen sind: welche grosse Ver
änderung des Wetters die Tuͤrken gleichwol für ein gutes Anzeichen
gehalten, weil es eben zu der Zeit eingefallen / da die Auswechslung
geschehen / ob schon vorher den ganzen Tag der Himmel ganz heiter
gewesen; dann eben dazumal entstunde ein so entsetzliches Ungewit
ter, daß es schiene, als ob Himmel und Erden daruͤber zu Grund
gehen wolte. Sie nahmen aber ihre Muthmassung daher, weil es
ein sicheres Kennzeichen einer glücklichen Ehe wäre, wann es am
Hochzeit Tag regnete: Nun aber hätte die Auswechslung der
Herrn Botschafter einige Verwandnuͤß mit der ehligen Verbin
dung; Ergò wäre viel glückliches daraus zu vermuthen.


Den 16. Junj blieben wir also, wie gemeldet, in diesem Lager
stehen, nicht nur allein um erst angefuͤhrter Urfachen willen, sondern
auch, damit wir desto bequemer in einem Zug nach Nissa kommen
mögten, und denen Hussaren ihre Pferde / deren wir uns noch zur
Zeit allein bedienet, wieder zuruͤck gesandt werden koͤnnten, weiln ins
künftige die Türken die zur Reiß benöthigten Sachen allein anschaf
fen musten. Allhier hat sich früͤhe zwischen 8. und 9. Uhr zweymal Erdbeben.
ein so heftiges Erdbeben spuͤhren lassen, daß von dem einen die schwehr
beladene Wägen von der Stelle geruckt worden. H 3
Was
- 88 -
62

Erstes Buch / Fünfte Abtheilung /

Was indessen der Türken Sitten und üͤbrige Lebens⸗Art be

Der Türken
Beschaffen
heit.
trifft, habe ich sie nicht so unertraͤglich befunden, als man sie vor
alters beschrieben hat, so daß es scheinet, als ob sie durch so viele er
littene Niederlagen viel tractabler worden, als sie sonst gewesen sind
und wäͤren noch wol eines bessern Glüͤcks und eines gelindern Regi
ments wuͤrdig, wo sie nur ihren Aberglauben mit der wahren Reli

Zum Krieg
tüchtig.
gion vertauschen wolten. Die mehresten unter ihnen sind Leute,
von ungemeiner Leibs⸗Stärke, wolgestalten Leibe / gutem Ansehen,
die viel vertragen koͤnnen, und von solchen Krankheiten nichts wis
sen, welche von uͤbermaͤssigen Essen und Trinken entstehen; kurz zu
sagen: in Betrachtung ihrer Stärke und Leibes⸗Kraften sind sie zum
Krieg sehr geschickt, wann sie nur nicht so ungestümm angefuͤhrt,
sondern in guter Kriegs Disciplin und Gehorsam erhalten wuͤrden;
wiewol es nicht zu wuͤnschen, daß sie solches von den Christen eher
erlernen moͤgten, bevorab sie sich durch den Glauben mit ihnen ver
einiget haben. Sie gewöhnen sich schon von Jugend auf zum
Krieg, und sonderlich lassen sich der Vornehmsten ihre Kinder fast
alle darzu gebrauchen, weil sie dieses für die gröͤste Ehre halten,
welche durch tapfere Thaten in dem Krieg erworben wird. Jch ha
be selbst zu Nissa und anderer Orten mit Verwunderung gesehen,
wie vierjäͤhrige Knaben, als schon wol exercirte Soldaten mit Waf
fen, die schwehrer als sie selbst waren, nebst ihren andern Camera
den mit den Janitscharn, den Kern der Tüͤrkischen Miliz, herum ge
lauffen, und damit sie desto fertiger darzu wäͤren, sind sie eben wie
diese mit einem kurzen Wammes ohne Ermel, weiten ober den Wa
den gebundenen Hosen, rothen oder grüͤnen mit ungebleichter Lein
wand umwundenen Kappel versehen gewesen, den Leib haben sie um
guͤrtet, die Brust nebst Armen und Fuͤssen blos, oder an diesen nur
leichte rothe Schuhe, so sie Gemenni nennen, gehabt: und dieses
alles zu dem Ende, damit sie desto hurtiger in denen Waffen und von
Ungehor
sam der Ja
nitscharen.
Jugend auf der Arbeit gewohnt wuͤrden. So habe ich auch unter de
nen Janitscharn alte ausgediente Leute gesehen, die wider das aus

drückliche Verboth ihrer Officier mit Wissen und Willen gehandelt,
und ihr Schulter⸗Gewehr auf der Strassen zum öftern los gebrannt;
und ob sie schon noch uͤber dieses von einem Chiausen auf des Se
raskiers Befehl nochmaln davon abgemahnet wurden, fehlte es
doch so weit, daß sie solchen hätten pariren sollen, daß sie vielmehr
des
- 89 -
Reise von dem Laͤger gegen Raschna bis nach Nissa.
63
desselbigen nur gespottet, und in dessen Gegenwart noch stäͤrker ge
schossen, so daß es ihre Officiers mit vielen guten Worten kaum dahin
bringen koͤnnen, daß sie es unterlassen haben.


Chiausen
oder Bo
then.

Jndem wir aber hier des Chiausen gedacht, ist zu wissen, daß
dieses Leute sind, welche die Zeitungen und Briefe hin und wieder
tragen; sie haben in ihrer Hand kleine mit Silber beschlagene, bis
weilen auch wol ganz silberne Stecken, die denenjenigen gleich sehen,
deren sich ehedessen die Friedens⸗Bothen bedienet; an den obern
Theil hängen 4. 6. bis 8. oder auch mehr silberne Kugeln an eben so
viel Kettlein: wann diese Staͤblein völlig mit Silber uͤberzogen sind,
nennen sie solche Theugian / die andern aber Topous; dieser be
dienen sich nur die Gemeine, jener aber die Vornehmern, als der
Baschen / Stadthaltere und der Vizir Chiausen. Alles vorerzehl
te aber bestättiget meine Meinung, daß die Tuͤrken keine schlimme
Soldaten abgeben wuͤrden, wann sie nur besser im Gehorsam koͤnn
ten gehalten werden.


Den 17. bekamen wir Alexintza zu sehen, nachdem wir Rasch Alexintza.
na und den Bach Toppolnitz waren vorbey gezogen; daselbst sa
he man auch die Morava / welche aber hier zu Land Banaraioa /
in Bulgarien und Servien aber nach denselbigen Landschaften ge
nennet wird. Und weil diesen Tag viele Sachen durch Nachläͤssig
keit unserer Fuhrleute verlohren gangen, oder wol von ihnen selbst
heimlich weg practicirt worden, haben wir uns bey der Janitscharn
Odabaschi darüber beklagt, welcher versprach, daß alles wieder
herbey geschafft, und ins kuͤnftige nichts mehr vermißt werden solte;
es war aber nichts wenigers, als dieses, und ist insonderheit unserm
Teutschen Gewehr sehr nachgestellet worden, welches wir zwar nicht
so wol den Tüͤrken, als den Grichen und Armenianern schuld geben
kunten; dann jene haben von Natur einen Abscheu vor dem Steh
len, und vermaledeyen dasselbige im höchsten Grad, ausgenommen
bey entstandener Feuers⸗Brunst, wo die Janitscharn alles füͤr erlaubt
halten, und ärger als andere zu greiffen: diese hingegen machen gleich
sam eine Profession vom Lügen, Betrüͤgen und andern schlimmen
Händeln, und muß ihnen diese schäͤndliche Kunst öͤfters an statt der
Waffen dienen: sie verkauffen aber gleichwol hernach dasjenige, was
sie uns gestohlen, denen Türken auf gut Treu und Glauben. Es Teutsches
Gewehr
lieben die
Türken.

ist ihnen auch unser Gewehr lieber, als alles andere, und ist kaum ein
vor
- 90 -
Erstes Buch / Fünfte Abtheilung /

64

vornehmer Janitschar, der nicht mit dergleichen solte versehen seyn.
Nur ist einiger Catholischen Christen Unverstand zu beklagen, die
aus liederlicher Gewinnsucht solches Gewehr an diese Barbarn
verkaufen, da sie doch, wann sie klug wären, leichtlich wuͤrden er
achten können, daß solches nachgehends wieder sie selbsten solte ge
braucht werden.


Damit wir aber nichts übergehen, müssen wir, ehe wir in un
serer Erzehlung fortfahren, vorher gedenken, wer die obbemeldten
Obabaschi
wer sie
seyn.
Odabaschi seyn. Sie sind nemlich Vorstehere dererjenigen Zim
mern, so sie Oda nennen, dergleichen auch die Spahi haben, in
welchen die Janitscharn, die in dem ganzen Reich ausgesandt sind, er
zogen werden, und wo ein jedweder des Tags dreymal, nemlich des
Morgens vor der Sonnen Aufgang, zu Mittag, und auf den
Abend dasjenige bekommt, was er zu seines Leibes Unterhalt benö
thiget ist.


Den 18ten sind wir von Alexintza wieder aufgebrochen, und
in einer zwey Stund vor Nissa zwischen denen Bergen und Wäl
dern liegenden Wuͤsten still gestanden, um uns zu dem am folgenden
Das Quar
tier in der
Stadt Nis
sa wird ab
geschlagen.
Tag bevorstehenden Einzug in Nissa zu schicken. Auf dem Weeg ist
zu uns ein von Seraskier abgefertigter Bothe gekommen, welcher
dem Herrn Botschafter Briefe überbrachte, worinnen gemeldet
wurde, daß wir in Nissa nicht logiren koͤnnten, welches uns doch
bey Accordirung des Ceremoniels versprochen worden; es muste
aber zur Entschuldigung dienen, daß die Pest daselbst grassire, und
die vornehmsten Häuser davon angesteckt waren, weswegen man so
liebe Gäͤste nicht zu bewuͤrthen vermoͤgte. Wir glaubten aber vielmehr,
wie wir auch nachgehends versichert worden, daß es deswegen gesche
he, weil man sich einer Aufruhr von denen Janitscharn besorgte, in
dem ihnen die gefassten Grillen von der verwichenen Schlacht noch
nicht aus dem Kopf wolten; und weil sie ohnedem geschwohrne Fein
de des Friedens sind, und kaum erst mit grosser Noth befriediget
worden, hätten sie leicht treulos werden / und uns, wann wir in den
Stadt⸗Mauern eingeschlossen wären, unvermuthet üͤberfallen düͤrfen.
Andere muthmaßten gleichfalls nicht uneben, daß wir darum nicht ein
gelassen wuͤrden, weil die Tuͤrken nicht haben wolten, daß dieser
Platz, den sie künftig befestigen und mit neuen Werkern versehen
wolten / von uns allzu genau in Augenschein genommen wüͤrde, an
- 91 -
Reise von dem Läger gegen Raschna bis nach Nissa.

65

gesehen es die Gränz⸗Vestung, und derjenige Platz ist, deme es
bey einem neu entstehenden Krieg am ersten gelten duͤrfte. Es hat Wird wie
der ange
tragen.

sich aber der Herr Groß⸗Botschafter nicht eher befriedigen las
sen, bis es Jhm der Seraskier in sein freyes Belieben gestellt
hatte / ob er in der Stadt wohnen wolte; welches Er alsdann höͤf
lich abgeschlagen, und sich also unter die Vestung gelegt, daß er von
den Stucken kunte defendirt werden. Unsere Ankunft aber wurde
dem Seraskier durch den Ingenieur-Hauptmann Hn. Oebschel Herr von
Oebschel
witz nach
Nissa abge
schickt.

witz angedeutet, und dieses darum, damit er bey solcher Gelegenheit
die Stadt und den Vestungs⸗Bau desto besser observiren und ent
werfen könte.


Dem darauf folgenden Tag, als dem 19. Junj / da wir die
schwehren Bagage-Wägen bereits voraus geschickt, welche vor der
Stadt bis zu unserer Ankunft halten musten, sind wir zu Pferd in
derjenigen Ordnung, wie zu Wien, der Herr Groß⸗Botschaf
ter aber in einem schoͤn verguldeten Parißer⸗Wagen in die Stadt
eingezogen, und von denen Wäͤllen mit allen Stücken dreymal be
gruͤßt worden. Wir haben uns jedoch nicht lang darinnen aufgehal
ten, sondern wieder heraus zwischen die Vestung und des Se
raskiers Läger begeben, so daß wir dieses zur rechten, jene aber zur
linken Hand hatten.


Es ist aber Nissa ein vornehmer und von den Tuͤrken sehr be Nissa.
wohnter Ort, von mittelmaͤssiger Groͤsse, und die obere und untere
Vestung zusammen gerechnet mag in ihren Umfang etwas mehr aus
tragen, als das Schloß zu Belgrad; und lauft die Nissa, von
welcher die Stadt den Namen füͤhrt, mitten hindurch: sie hat ei
nen hohen Wall, so hin und wieder, vornemlich aber auf der
Wasser⸗Seiten, in dem Graben selbst, mit Ziegeln und alten
Mauerwerk ausgefüttert ist. Um besagten Wall ist gedoppelte Gla
cis oder Anhöhe des bedeckten Weegs, so zugleich den Wall also
bedecken, daß man weder von demselben, noch von der ganzen Stadt,
auser einigen Thuͤrnen von den Tuͤrkischen Moscheen, deren etliche
mit Kupfer bedeckt sind, nebst der Cron von der Brustwehr und
Batterien auf den Spitzen sehen kan. Zwischen dem hohen Wall
und beiden verdeckten Weegen befinden sich trockene Gräͤben gleich
unter ohne Böͤschung ausgegraben. Auf der Seite gegen der Bul
garey zu ist üͤber die Nissava eine Brüͤcke geschlagen, unter welcher J
eine
- 92 -
Erstes Buch / Fünfte Abtheilung /

66

eine grosse Wasser⸗Müͤhle liegt, die mit einem Horn⸗Werk bedeckt
ist, um welches durch den Graben erst besagter Fluß laͤuft. Dieser
Graben ist gleichfalls, wie die andern, ohne Boͤschung ausgeholen
und nicht gefüttert; doch reichen unten an den Fuß des Walls, so
hoch als die Nissava ist, aus dem Fluß dicke Pfäle heraus, so die
Gewalt des Wassers abhalten. Um die auf bemeldten Seiten lie
gende Vorstadt ist eine Linie mit einem Banquette oder Schemel der
Brust⸗Wehr gezogen, drey Schuh und also noch einmal so hoch /
als sonst gebräuchlich, und ein Graben von 8. bis 10. Schuhe breit,
in welchem die Nissava gleichermassen herum fliesset. Die Defen
sion der Linie bestehet in rund herum angelegten kleinen Pasteyen
mit Leisten und Flanquen, und nicht in halben Redouten der Schan
zen, wie ein gewisser Autor dafür halten wollen. Die Länge der
Fläche von einem Käl⸗Punct bis zum andern hat bey die 150.
Schritte. Es kan auch durch das Muͤhlwerk an der Brüͤcke, und
in denen Graͤben obgedachter Werker der Nissava⸗Fluß zwar ge
schwellt, und so wol die Vorstadt, als auch deren aͤusseres Erdreich,
welches niedriger, dann das disseitige ist, gar leicht unter Wasser ge
setzt, doch diese Uberschwemmung durch guten Fleiß und Arbeit auch
wieder abgeleitet werden. Um die ganze Stadt herum ist eine gleiche
Ebene, und wuͤrden der Vestung die in rechter Weite herum liegen
de Berge nichts hindern, wann nicht üͤber selbige zur Zeit der Be
lägerung eine Linie so leicht als vortheilhaftig köͤnnte gefuͤhret wer
den. Nach jetziger Beschaffenheit der Stadt und deren Befestigung
wüͤrde solche nach Eröfnung der Lauf⸗Gräben, wann man sie mit
Gewalt angreifen wolte, ob sie gleich mit allen Behöͤrigen wol und
genugsam versehen wäre, nichts destoweniger in einer Zeit von sechs
Wochen gar leicht zur Ubergab zu bringen seyn.


Es darf sich niemand verwundern, daß ich mich in Beschrei
Nissa die
äusserste
Vestung
gegen Con
stantinopel
bung dieser Granz⸗Vestung laͤnger aufgehalten, als ich bey denen
künftigen vorkommenden Oertern thun werde; sintemaln es derjeni
ge Platz, welcher noch allein zu erobern, und wornach der Weeg
nach Constantinopel voͤllig offen stehet: so ist mir auch des unver
gleichlichen Herrn von Oebschelwitz Arbeit in Beschreibung dieser
Vestung gar wol zu statten kommen, und hat mich der eigenen Mü
he uberhoben. Man darf aber dabey nicht gedenken, als ob von dar
der
- 93 -
Reise von dem Laͤger gegen Raschna bis nach Nissa.
67
der Weeg nach Constantinopel so eben, daß man nur gerades
Fusses dahin lauffen könne, angesehen man noch viel Beschwehrlich
keiten darauf finden wuͤrde; sondern ich verstehe nur damit so viel/
daß man nach dieser Eroberung alsdann keine Vestung mehr zu oc
cupiren uͤbrig habe, welche etwan denen siegreichen Waffen verhin
derlich seyn dürften. Die Häuser daselbst sind, wie in allen andern Türkische
Häuser.

Türkischen Städten, gar klein, und von Leimen und Holz zusam
men gesetzt, deren mehreste Taͤcher man mit der Hand erreichen kan.
Jn der obern Stadt sind die Häͤuser naͤher an einander gebauet, und
mehr bewohnt, als in der Vorstadt, wiewol man auch in selbiger an
vielen Orten zu bauen angefangen, wordurch der Weeg und Gassen
also verlegt worden, daß billig zu befuͤrchten wo ein Feuer auskom
men solte, es duͤrfte die ganze Stadt darauf gehen, ehe man zu Hüͤlf
kommen könnte. Als bey unsern Durchzug das Geschüͤtz los geUnord
nung der
Tuͤrken.

brannt worden, hat man deutlich gemerket, daß diese Leute nichts
ohne Unordnung thun koͤnnen, indem man bald eine, bald zwey, bald
drey, auch wol noch mehrere Stüͤcke auf einmal abfeuren höͤren.
Und wann auch sonst nicht bekannt wäre, was grosse Noth die Mangel
an groben
Geschütz.

Türken nach den zwey auf einander verlohrnen Schlachten an gro
ben Geschuͤtz leiden, wuͤrde man solches allhier zu Nissa mehr als zu
wol verspüͤhret haben. Keine einzige Carthaune war da zu hören
gewesen, sondern nur kleine Feld⸗Stücklein, wie die Armeen uͤberall
mit sich zu fuͤhren pflegen, worunter das groͤste kaum zwoͤlf Pfund
geschossen. Dieses aber ist gleichwol merkwürdig / daß man uns Stärke ei
nes Man
nes.

berichtet, wie ein Soldat aus der Besatzung von solcher Leibes
Stärke gewesen, daß er dergleichen Stuck aus dem Gestell genom
lmen, in seinen Arm gelegt, und es in demselbigen ohne Bedenken
[l]os gebrannt habe; und wo ich nicht irre, haben mich einige von
den Unsrigen versichert, daß sie es mit ihren Augen gesehen
hätten.


Jm wehrenden Durch⸗March stunden die Janitscharn auf beiHaß der
Janit
scharn ge
gen die
Teutsche.

den Seiten im Gewehr, dem Herrn Groß⸗Botschafter damit die
gebuͤhrende Ehre zu bezeugen, welchen sie auch hernach in das Lager be
gleitet haben. Es wolte fast scheinen, als wann denen guten Leuten die
Galle zimlich daruͤber aufgestiegen, da sie den Schall der Trompe
ten vernommen, und die fliegende Fahnen nebst denen Granadie
rern, als des Herrn Groß⸗Botschafters Leib⸗Wacht, in der letz
J 2
ten
- 94 -
Erstes Buch / Fünfte Abtheilung /

68

ten Ordnung ankommen sehen. Diese, sagten sie, sind die garsti
ge Hunde und Feuer speyende Drachen, welche, indem wir uns mit
den andern herum schlagen, nichts anders thun, als mit Feuer
und Schwefel auf uns los werfen. Sie haben auch ihren Haß so
wenig verbergen koͤnnen, daß sie vielmehr mit heftigen Fluchen und
Vermaledeyen uns alles Unglüͤck üͤber den Hals gewuͤnscht, welches
sie uns zwar nur durch ein heimliches Murmeln, wann ihre Officier
ihnen nicht auf der Hauben gewesen, zu verstehen gegeben / wir aber
gleichwol nicht gar undeutlich hören können. Man kunte auch ihrer
leichtfertigen Schmach Reden nicht muͤssig gehen, wann einer von
den Unsrigen allein, oder auch in Gesellschaft anderer herum gienge/
ob wir gleich als Freunde zugegen waren, dann da hieß es gleich:
Der Tür
ken ge
wöhnliche Schmach
Rede.
Ana sen sictim Jaours; ich habe mit deiner Mutter zu thun
gehabt / du Unglaubiger / welche Schmaͤh⸗Worte sie jederzeit
im Munde führen, wann sie einem aus Zorn schäͤnden wollen, oder
sonst nicht güͤnstig sind.


Allhier kamen dem Herrn Groß⸗Botschafter die meisten
Der Spahi
und ande
rer Zu
spruch bey
dem Herrn
Botschaf
ter.

Spahi, und Vornehmsten von der Militz und aus der Stadt mit
ihren grossen Bünden entgegen, deren sie sich nur bedienen, wann
sie gegen jemand ihre sonderbare Hochachtung bezeigen wollen. Die
Weiber, so in den Winkel⸗Gassen uns nur von den Fenstern und
Kleidung
der Wei
ber.
Dächern betrachten durften, hatten lange Röͤcke an, welche ihnen bis
über die Füsse herunter hiengen, und unter denselbigen Hosen, die
aber nicht so weit als der Männer ihre, und unten daran die Schu
he angehefftet waren: den Kopf, Mund, die Nase, Wangen
Stirn / und das ganze Gesicht hatten sie vermoͤg ihrer Gesetze mit
weisen Tüchern also verhüllet, daß nur eine kleine Oefnung übrig
bliebe / wordurch sie sehen und frischen Luft schoͤpfen kunten.


Als kurz vor unserer Ankunft dem Seraskier / welcher, wie
Nachricht
an dem Se
raskier von
unserer An
kunft.
ich vor schon gemeldet, um mehrerer Sicherheit wegen sein Läger
nicht weit von dem Unsrigen aufgeschlagen, da er auser diesem bey der
gleichen Begebenheit sonst in der Stadt zu bleiben gewohnt war,
durch des Herrn Botschafters Hof⸗Marschalk Freyherrn von
Seebach und vier Edelleuten die Herren von Weipeler/ Glim
berg, Wettstein und Demerath wissend gemacht wurde, hat
derselbige alsobald durch seine Dolmetschen sein Compliment wegen
Geschenk
des Seras
kiers.
glücklicher Ankunft machen auch unterschiedliches Obst und Garten⸗
Ge

- 95 -
Reise von dem Laͤger gegen Raschna bis nach Nissa.
69
Gewächs überbringen lassen; der Janitscharn Aga hingegen Des Janit
scharn Aga.

wolte seine Freundschaft auf eine andere Weise bezeugen: Es hatte
nemlich derselbige einen jungen Edelmann, von Geburt ein Venetia
ner mit Namen Stephan Ottoni, der eine Hauptmanns⸗Char
ge bekleidet, aber im letzten Tüͤrkischen Krieg in Morea von dem
Feind gefangen worden; denselbigen haben die Tuͤrken, nachdem sie
die völlige Insul wieder erobert, auf mancherley Weise zu ihren
Glauben zu bringen gesucht, aber doch weder durch Bedrohung
noch Schmeicheley bey ihm was ausrichten köͤnnen, weswegen sie
Gewalt gebraucht, und ihm 500 Streich auf die Fuß⸗Solen geben
lassen, welche er alle mit zu GOTT gerichtetem Gemuͤth aus Liebe
zur wahren Religion, standhaft und gedultig ausgehalten, und dabey
doch nicht weniger als vorhero seinem Herrn, deme er im Krieg zu
Theil worden, redlich gedient; ohnerachtet vorhero zwey Priester,
aus einer gewissen geistlichen Gemeinschaft, da sie kaum 15. Strei
che empfangen, wegen Zärtlichkeit des Fleisches von dem Glauben
abgefallen. Hierauf ist er nach Constantinopel gebracht, und
an einen Herrn zu Adrianopel verkauft worden, bey welchen er ei
ne zeitlang gedienet, von diesem aber dem Janitscharn Aga zu
Nissa überlassen worden. Bey diesem hat sich zu getragen, daß die Treue eines
Sclaven
gegen sei
nem Herrn.

Besatzung rebellirt, wobey er Gelegenheit hatte, seinen Herrn vor
der Soldaten Muthwillen zu schüͤtzen, indem er selbige auf der Stie
gen mit gewafneter Hand von dem Zimmer so lang abhielt, bis jener
aus dem Fenster spruͤngen und durch ein kleines Thuͤrlein sich salvi
ren köͤnnen. Für diesen grossen Dienst hat sein Herr ihn nicht nur Des Herrn
Dankbar
keit dafür.

der Sclaverey entlassen, und in seinen Schutz genommen, sondern
ihme auch seine einige Tochter zur Ehe und alle seine Güter angebot
ten, wann er zu dem Mahometanischen Glauben tretten wolte.
Weil er sich aber auch dardurch nicht zum Fall kunte bewegen lassen,
und den wahren GOTT höher als den Mammon geschätzet, hat
sein Herr ihn gleichwol bey seiner ihm einmal ertheilten Freyheit ge
lassen, und noch darzu versprochen, ihn mit Kleidern, Pferden,
Decken, Geld, und aller Nothwendigkeit zu versehen, wann er ent
weder wieder in sein Vaterland zurück kehren, oder anders wohin rei
sen wolte, welches er nachmals redlich gehalten. Damit aber die
Türken dieses Vorhaben nicht merken solten, als vor welchen ermeld
ter Sclav wegen des Vorgelaufenen sich noch immer zu hüͤten hatte,
faßte

J 3
- 96 -
Erstes Buch / Fünfte Abtheilung /

70

faßte der Aga die Resolution, ihn so lang bey sich zu behalten, bis
der Römisch⸗Kaiserliche Groß⸗Botschafter von Wien an
kommen wuͤrde, deme er solchen anbiethen und selbigen in seinen
Schutz zu nehmen ersuchen wolte, welches auch anjetzo ge
schehen.


Janit
scharn in
tendirte
Aufruhr.
Dieser hat mir auch erzehlet, daß sich einige aus dem Janit
scharn zusammen verbunden / bey unserer Ankunft eine neue Auf
ruhr zu erwecken, und damit sie dieses ihr ungerechtes Vorhaben de
sto hitziger hinaus führen mögten, haben sie sich im Wein vollge
trunken; aber durch des Aga Sorgfalt seye dieser Anschlag zu
Wasser worden, angesehen er auf alle Gassen und Ecken der Stadt
Wachten ausgetheilet, so auf diese unruhige Köpfe fleissig acht ha
Die Janit
scharn zu
Nissa zur
Aufruhr
vor andern
geneigt.
ben solten. Der Geringste unter ihnen findet leichtlich einen An
hang, so ihm nicht bald gewehrt wird, und sollen sie in dem Nisse
nischen Gebieth viel geneigter, als anderswo, zur Aufruhr seyn;
und mag auch dieses wol den vorigen Seraskier bewogen haben,
denen Janitscharn den Scherbeth schlechterdings zu verbiethen, wel
chen auch dieser ihnen gar selten erlaubt/ ob sie solchen gleich an an
Janit
scharn ha
ben zu Frie
dens⸗Zei
ten kein
Gewehr.
dern Orten gar wol trinken darfen. Welches auch vermuthlich die
Ursach ist, warum denen Janitscharn in Friedens⸗Zeiten weder Ge
wehr noch Pulver und Bley zugelassen wird, und die Commendan
ten mehrentheils vor der Stadt unter den Zelten in Laͤgern sich auf
halten, und sich daselbst lieber etlichen tausend Spahi, als denen
Jhre Ur
theil von
der Dauer
haftigkeit
des neuli
chen Frie
dens.
wankelmuͤthigen Janitscharn anvertrauen. Sie scheuen sich nicht,
offentlich zu sagen, daß der neulich geschlossene Friede von schlechter
Dauerhaftigkeit seyn werde, und wofern in sieben oder acht Jahren
anderwerts nicht was vorfallen werde, wuͤrden ihn wenigst die be
nachtbarten Janitscharn selbst brechen. Die neuliche, wie auch die
Urheber
der Auf
ruhr.
letztere Aufruhr haben nur gemeine Leute erreget, welche noch immer
in der Stadt frey herum gehen, und nichts wenigers befüͤrchten, als
daß sie deswegen zur Straffe solten gezogen werden: daher auch die
grosse Freyheit / welche dieses Volk genieset, Ursach ist, daß man sie
mehr fürchtet / als daß sie andere füͤrchten solten. Sie essen und
trinken, was sie selbst moͤgen, ohne ein Absehen auf ihr Gesetz zu
haben; und wann ihre Officiers nicht um sie sind, so schlagen sie zu
auf wen sie wollen, ohne daß sie sich deswegen etwas Widerwärti

ges
- 97 -
Reise von dem Läger gegen Raschna bis nach Nissa.
71
ges befürchten. Jch habe gleich von dem ersten Tag an, da wir in Janit
scharn sind
WeinSaufer.

ihre Gränzen gekommen, beobachtet, daß, wann sie Gelegenheit ha
ben, sie sich alle mit Wein also anfüͤllen / daß sie auf keinen Fuß ste
hen köͤnnen. So groß aber die Freyheit ist, die man diesen Leuten
gestattet, so schwehr ist hingegen die Dienstbarkeit, mit welcher an
dere Unterthanen gedruckt werden. Es befindet sich zu Nissa ein
Bürger, welcher im vorigen Krieg in einer Besatzung gefangen, und
von dar in des Graf Philipps von Diederichstein Hauß ge
bracht worden, woselbst er uͤber fuͤnf Jahr als ein Sclav gedienet;
nachdem aber der Fried wieder erfolgt ist, hat man ihn auch frey
und nach Hauß gelassen. Dieser kunte nicht genug aussagen, wie
grausam die Türken mit ihren Unterthanen verfahren; er versicherte, Scharfes
Traite
ment der
Türkischen
Untertha
nen.

daß bey uns die Dienstbarkeit viel leichter, als bey ihnen die Freyheit
sey, welche ihnen so viel Befehlshaber, als sie uͤber sich haͤtten, mehr
als zu schwehr machten: er wolle lieber hundert Jahr unter den
Christen, als eines unter den Tuͤrken leben; es waͤren betruͤgerische
Leute, denen nicht weiter zu trauen, als man sehen koͤnne; er hielte
es für sein gröstes Unglüͤck, daß er unter diesen Woͤlfen gebohren
und erzogen seye, sein Haußwesen unter ihnen habe, und auch ins
künftige sein Leben unter ihnen zu bringen muͤsse.


Den 20. Junj gaben Seine Excellenz der Herr GroßDes Herrn
Botschaf
ters Visite
bey dem
Seraskier.

Botschafter mit seinem ganzen Comitat dem Seraskier die Visi
te, wobey Er eben diejenige Ordnung hielt, welche Er beobachtet,
als Er zu Wien nach der Kaiserlichen Burg geritten, auser daß
die Musicanten nebst der Leib⸗Wacht im Lager zuruͤck blieben. Der
Seraskier schickte hierzu gleich Morgens früͤhe Pferde ab, deren
wir uns bedienen solten; so stellten sich auch seine Chiausen, Diener,
Hauß⸗ und unterschiedliche Kriegs⸗Officier ein, den Herrn Groß
Botschafter Ehrenthalben zu begleiten: Die Janitscharn giengen Der Janit
scharn
Tracht und
Ursprung.

zu beiden Seiten vorher, mit langen Roͤcken von unterschiedlichen
Farben angethan, die rings herum aufgeguͤrtet waren, wobey zu mer
ken, daß sie nicht, wie es bey uns gebräuchlich, gewohnt sind, in ei
nerley Regimenter auch die Muntur von einerley Farbe zu tragen;
auf den Kopf hatten sie ihre feyertägliche Ordens⸗Hauben / welche
sie Ketche nennen: auf deren vordern Seite gegen die Stirne ein
Stuck vom geschlagenen und mit unterschiedlichen Figuren gezierten
Kupfer fest gemacht ist, so einer Messer⸗Scheide nicht ungleich sie
het; - 98 -
Erstes Buch / Fünfte Abtheilung /

72

het; über den Rucken und Schultern aber hanget ein langer weiser
Filtz herab. Die Manier sich also zu kleiden haben die Janitscharn
daher bekommen: Es hat ein unter den Türken gar beruͤhmter
Mann, Namens Bechtasch, als er nun sterben wolte, einen Er
mel von seinem Rock abgeschnitten, und solchen einem von seinen
Nachfolgern auf dem Kopf gelegt, also daß das End davon über
den Rücken hinab gehangen, worzu er noch diese Worte gebraucht:
Du soltst hinfüro ein Janitschar / oder ein Mit⸗Glied der
neuen Militz seyn; von da an ist ihr Orden entstanden, zu des
sen Zeichen sie sich dieser Ketche bedienen. Bey gegenwäͤrtigen
Seras
kiers Zelt.
Aufzug hatten sie auch Stecken in Händen, mit welchen sie das an

tringende Volk abhielten. So bald sie an das Zelt gekommen, hiel
ten sie still / und liessen uns zwischen sie durchgehen. Dieses Gezelt
ließ sehr propre, und war nach Türkischer Art verfertiget, dessen Stan
gen⸗Knöpfe verguldet, der Boden aber mit Persianischen Teppichen
belegt; vor denselbigen sahe man an dreyen Stangen eben so viel
Tug oder Roß⸗Schweife aufgestecket, welches eines von den groͤ
sten Ehren⸗Zeichen dieser Völker ist, und oben daran gleichfalls
grosse vergüldete Knöpfe. Und dieses hat der Bascha
von Nissa / wie auch ehmals der von Ofen und Belgrad,
vor den andern besonders, daß er drey Roß⸗Schweife in denen
Provinzen, welchen er vorgesetzt/ wann es ihm beliebt, vortragen
lassen darf, da denen andern nur ein einiger erlaubt ist, so daß kei
ner im ganzen Reich, auser dem Groß⸗Vizir, dem Stadthalter
von Babylon / und dem zu Algier, solchen Vorzug praetendi
ren darf, als der diesem ersten Bascha nur allein gebuͤhret. Vor
dem ersten Gezelt, dergleichen noch mehr waren, und die des Seras
kiers Wohnung ganz umringt und eingeschlossen hielten, stieg ein
Empfang
des Herrn
Botschaf
ters in
demselbi
gen.
jeder von seinem Pferd; der Herr Botschafter aber ritte nicht
nur durch den Eingang, sondern durch das ganze vordere Zelt, und
wurde von dem Bascha bey dem Eingang des andern / das um eine
Staffel mehr erhöͤhet war, empfangen, welches die Tüͤrken gar füͤr
eine besondere Ehre hielten, angesehen dieser Beiglerbey keinem
Bascha in diesen Landen, wer er auch immer sey, sondern nur allein
dem Sultan und Groß⸗Vizir/ aufstehet. Die rechte Hand be
hielte der Herr Groß⸗Botschafter / und sasse fast auf gleiche
Weise,
- 99 -
Reise von dem Lager gegen Raschna bis nach Nissa.
73
Weise, wie neulich nach der Auswechslung, neben dem Seras
kier auf der Sofaus.


Als Jhro Excellenz bey Jhm durch den Dollmetsch seinen Anrede an
den Seras
kier.

Gruß abgelegt, verlangte er kurz darauf im Namen Seiner Rö
misch⸗Kaiserlichen Majestät / daß er die nun wiederum herge
stellte Freundschaft auf der Gränz durch seine Gewalt und Autho
rität zu erhalten sich moͤgte belieben lassen, anbey den Kauf⸗Handel
allen Vorschub thun, die gemeine Bothen schuͤtzen, und den übrigen
Umgang unserer Leute mit den Jhrigen auf alle Weise in Sicherheit
stellen. Es sey auch Gegentheils Seiner Römisch⸗Kaiserli
chen und Catholischen Majestät / Seines Allergnädigsten
Kaisers und Herrns ausdrücklicher Wille, der auch allen auf der
Gränz sich aufhaltenden Officiers hinterbracht worden, daß die
mit der Ottomannischen Pforten neu⸗aufgerichtete Freundschaft un
verbrüchlich solle gehalten, und welche darwider zu handelen sich un
terstehen wuͤrden, auf das schäͤrfste gestrafft werden. Es lasse sehr
wol, wann freye Völker, als wie die Teutschen und Tuͤrken wäͤren,
welche vor kurzen wegen neu-entstandener, oder vielmehr von an
dern gestifteten Uneinigkeit mit einander in Krieg verfallen, nun
mehro nach wieder aufgerichteter Freundschaft und gemachten Frie
den einander doppelt so viel Gewogenheit erweiseten, als sie vorher
Feindseeligkeit gegen einander gehägt hätten. Es gefiel Jhm an de
nen Muselmännern vor andern, daß sie ihrem Herrn in Krieg
und Friedens⸗Zeiten alle Treue und Gehorsam erzeigten, und sie
gleichsam wie Göͤtter verehrten. Ach wann wir Teutschen
doch dieses von denen Barbarn lernen wolten / wir wür
den uns gewiß dardurch unuͤberwindlich machen. Nach dem Uberrei
chung des
Prinz Eu
genius
Schreiben
von dem
Freyherrn
von Locher.

der Herr Groß⸗Botschafter auf diese Weise ungefehr seine An
sprach gehalten, hat Er dem Seraskier des Prinz Eugenii Brief
durch den Freyherrn von Locher uͤberreichen lassen, welcher ab
sonderlich zu dieser Verrichtung um der sonderbahren Verdienste
willen seines Seel. Herrn Vatters aus ersehen worden. Dann dieser
hat das Königreich Ungarn zur Zeit der entstandenen Unruhe durch
seine kluge Rathschläge von dem ausersten Verderben und unver
meidlichen Untergang erhalten, die von andern zwar öͤfters aber ver
geblich gesuchte Einigkeit wieder hergestellet, und durch die dem
K

Kai
- 100 -
Erstes Buch, Fünfte Abtheilung /

74
.
Kaiser und Vaterland getreue Dienste sich den grösten Ruhm
und ein unauslöschliches Andenken zu wegen gebracht.


Bey Uberreichung des Briefs ließ sich der Herr Groß⸗Bot
schafter vernehmen, wie der Prinz nicht weniger dahin werde be
dacht seyn, daß hierinnen Seiner Römisch⸗Kaiserlichen und
Catholischen Majestät ernstlicher Wille in allen Stüͤcken er
füllet werde. Er trage auch keinen Zweifel, es werden diese Briefe,
welche von einem solchen Herzog herkommen, der in aller Welt
so berühmt ist, gar angenehm seyn. Nach Endigung dieser Rede
überreichte der Freyherr von Locher das Schreiben, worüber der
Bascha ein ungemeines Vergnügen bezeigte.


Bald darauf gab er seinen Leuten ein Zeichen, daß sie Caffé herein
Des Herrn
Botschaf
ters und
der Seini
gen Bewür
thung von
dem Seras
kier.
bringen und das Mittagmal für den Hn. Botschafter zu richten, wie
auch den Adel und übrige Suite in andere Zelte füͤhren solten. Da
selbst sind wir hernach tractirt worden, wie es bey diesen Leuten der
Gebrauch mit sich brachte. An Speisen war da kein Mangel / aber
die meisten davon mit duͤnnen suͤssen Brüͤhen zugerichtet; die uͤbri

Speisen
der Tür
ken.
gen Trachten bestunden in Reiß, Mehl, Zucker, kleinen Weinbeern,
Mandeln, Brunellen, Oliven, Aepfeln, Birn und mehr andern
Der Janit
scharn Aga
besucht mit
andern den
Hn. GroßBotschaf
ter.
Früchten. Jnzwischen kam der Janitscharn⸗Aga und einige andere
mit ihm, worunter der Zeugmeister und einige Officiers von der
Leib⸗Wacht zu Fuß dem Bericht nach sollen gewesen seyn, welche
den Herrn Groß⸗Botschafter zu sehen verlangten. Diese aber
stiegen vor dem äussersten Zelt von ihren Pferden ab, und begaben
sich zu jener Staffel, bey welcher Se. Excellenz von dem Se
raskier zuvor empfangen worden, als er kaum zwey Schritt von
Respect ge
gen dem
Seraskier.
dem Ort, wo er abgestiegen, fort gegangen war; daselbst aber blie
ben sie stehen, nachdem sie auf Türkische Manier mit gebogenen
Leib und auf die Brust gedruckten Hand ihr Compliment gema
chet. Der Aga aber gieng so gleich darauf die Staffeln gar hinauf,
neigte sich mit dem Haupt bis fast zur Erde und küßte auf das
demüthigste den Saum von des Bascha Rock, wie auch seine Hand,
welcher bey diesem allen gleich einer unbeweglichen Statuen auf sei
ner Sofaus sitzen blieb. Hierauf verfügte sich der Aga wieder zu
denen andern, so bey der Staffel stehend geblieben, und fieng gegen
dem
- 101 -
Reise von dem Läger gegen Raschna bis nach Nissa.
75
dem Herrn Groß⸗Botschafter zu reden an. Fürs erste gab er Rede des
Janit
scharn Aga
zum Hn.
Botschaf
ter.

zu verstehen, wie er laͤngstens gewuͤnscht, demjenigen Mann, von
welchem allenthalben so viel ruͤhmliches gesagt wuͤrde, in dessen Ge
genwart seinen Respect zu bezeugen; nachdem er aber nunmehro
dieser Ehre theilhaftig worden, hätte er es billig vor sein groͤstes
Glück zu achten / das ihm jemaln begegnen koͤnnen. Hierauf legte
der Herr Botschafter seinen Gegen⸗Gruß ab, und dankte so wol
für seine geleistete Dienste, als auch für den gestriges Tages uͤber
schickten Venetianer / rühmte seine Höflichkeit und gute Neigung
gegen die Christen, wuͤnschte anbey Gelegenheit, einen solchen Chri
sten⸗Freund wiederum etwas angenehmes zu erweisen; worauf der
Aga nach wenig hinzu gesetzten Worten, auf eben die Art, wie er
gekommen, vom Seraskier seinen Abschied genommen.
Mehr gedachter Feld⸗Herr hat eine so grosse Gewalt üͤber dieDes Se
raskiers
Gewalt
und Anse
hen.

ses Volk, als nicht leicht einer seines gleichen, wann er auch schon,
wie er drey Roß⸗Schweif führet. Er darf ganze Dörfer und
Land⸗Güter nach Gefallen verschenken, welche auch diejenige, so es
bekommen, (doch nur auf ihre Lebens⸗Zeit, und ohne daß es andere
von ihnen erben koͤnnen,) wiederum an wen es beliebt/ uͤberlassen
darfen. Es versicherte auch des Herrn Groß⸗Botschafters Hoffart der
Tüͤrken.

Dolmetsch, deme der Gebrauch in diesen Läͤndern sehr wol bekannt
ist, daß dieser hochmuͤthige Tuͤrk lieber wuͤrde einen Verlust von
16000. Thalern oder 5000. Ducaten, und mehr verschmerzen, als
vor einen Christen aufstehen, und ihme so weit entgegen gehen. Jm Des Se
raskiers
Geschenk
an den Hn.
Botschaf
ter und des
sen Suite.

Weggehen wurden unter uns 25. Uber⸗Kleider, so sie Caftans
nennen, ausgetheilt, und ließ sich anbey entschuldigen, daß er vor
diesesmal mit mehrern nicht versehen waͤre, sonst wolte er gerne einem
jedweden eines haben reichen lassen/ wann er nur so viel, als hierzu
nöthig gewesen, auf der Gränz finden köͤnnen; da doch sonst unter
der andern Hn. Botschafter Comitat nicht mehr als zum hoͤchsten 15.
ausgetheilt worden. Dem Herrn Groß⸗Botschafter verehrte
er ein vortrefliches Babylonisches Pferd, von Kästen⸗brauner Cou
leur, als welche Farb von ihnen vor andern æstimirt wird. Das
Pferd war über dieses mit dem kostbarsten Türkischen Zeug aufge
butzt, hatte zur Seiten an dem Sattel einen Damascenirten mit
Schmelz⸗Werk zierlich ausgemachten Säͤbel hangend, welches gleich
falls für ein sonderbares Ehren⸗Zeichen bey ihnen gehalten wird.
Hier

K 2
- 102 -
Erstes Buch / Fünfte Abtheilung.

76

Hierzu kam noch ein roth⸗gewässerter und mit Zobel gefütterter
Caftan / den aber der Herr Botschafter, ehe er noch das ihm
verehrte Pferd bestiegen, wiederum ablegte, und hierauf in voriger
Ordnung und Kleidung, in welcher Er gekommen, in sein Gezelt
zuruck kehrte; wobey die Türken ihr gewöhnliches Geschrey aber
mal, wie bey unserer Ankunft, erschallen liessen, wir aber in unse
rer neuen Kleidung einen recht seltsamen und laͤcherlichen Aufzug
machten.



Caftans
Beschrei
bung.
Es ist aber dieses Kleid eine Art von einem langen Rock, so
bis auf die Füß hanget, an welchem zwar Flügel aber keine Ermel
angemacht sind, mehrentheils von weiser Farb, und etwas groben
Faden, dabey sich zwischen dem Weisen gelbe Figuren und einige ganz
dünne Züge von Silber præsentiren. Für einen jedweden derselbi
gen zahlet der Sultan eilf Ducaten, wiewol sie es nicht werth sind;
den Profit aber ziehen die Juden, als welche nur allein damit ihren
Handel treiben. Dann weil niemand vor den Sultan ohne der
gleichen Aufzug gelassen, und solches Kleid auch allen ankommenden
vornehmen Gaͤsten ausgetheilt wird, so laufen die Juden in allen Lä
gern und Städten herum, um deren einige loß zu werden; dahero
es auch kommen kan / daß einem in einem Jahr eben dasjenige
Kleid, welches er bereits schon gebraucht, noch öfters zu Handen
kommt. Als wir kaum in unserm Läger wieder angelangt, hatte
der Janitscharn Aga dem Herrn Botschafter einen Rappen,
welcher dem Babylonier an Schoͤnheit nichts nachgab, nur daß die
ser nicht mit so schoͤnen Pferd⸗Zeug versehen war, zu einer Vereh
rung gesendet; worgegen der Herr Botschafter ihm eine Flinten
mit einem doppelten Lauf nebst ein paar nett ausgearbeiteten Pistoh
len zum Gegen⸗Præsent überschicket. Nach des Herrn Groß
Botschafters Rückkehr von dem Seraskier haben sich die Tüͤrken
nach dem Divan, oder Gericht, verfüͤgt, worzu mit der Trommel
ein Zeichen gegeben worden, und hierauf sich die Pfeiffen und uͤbri
ge Musicanten hören lassen, welches bis auf den späten Abend
gedauret. Mitten in der Nacht entstund ein entsetzliches mit Blitz
und Regen vermengtes Ungewitter, wordurch die Zelter aus der Er
den gerissen, und in der Luft hin und her geführet worden. Zu
gleicher Zeit sahe man im Lager ein gewisses Feuer, welches sich bald
zeigte, bald wieder verlohre, so daß es um dieser Ursach willen einige für - 103 -
Reise von dem Läger gegen Raschna bis nach Nissa.
77
für ein Jrrlicht gehalten haben; andere aber urtheilten ihren Aber
glauben gemaͤß, und hielten es für die Pest, welche sich in Gestalt
einer Flamme nach des Poͤbels Meinung, sehen laͤsset; daß aber das
erstere wahr gewesen, hat sich im Ausgang gezeugt.


Den 21. gabe der Seraskier dem Herrn Groß⸗Botschaf Seras
kiers Visite
bey dem
Hn. Bot
schafter.

ter um den Mittag die Gegen⸗Visite, weswegen ihm der Hof
Marschalk, Freyherr von Seebach / mit noch vier Edelleuten,
als den Freyherrn von Locher / Schopen / Jmhof und Stu
denitz / entgegen geschickt wurde, damit sie denselbigen aus seinem
bis in unser Lager begleiten solten. Indessen wurden von dem er
sten Gezelt des Herrn Groß⸗Botschafters bis an das andere
hundert Schritt weit zu beiden Seiten in doppelter Linie der Adel,
die Hauß⸗Bediente, Pagen, Laquayen, und übrige, so bey der Bot
schaft waren, gestellet, und zwar also, daß immer die Vornehmern
dem Gezelt des Herrn Botschafters am nechsten stunden. Der
Marggraf Besora / und Graf Bathyani / wurden beordert,
den ankommenden Gast bey dem grossen Gezelt zu empfangen. Jm Dessen
Comitat.

Herzug giengen die mit leichten Waffen versehene Spahi voran /
blieben aber vor unserm Lager stehend; denen folgten einige Chiau
sen, auf Türkische Manier gekleidet, kurz darauf kamen unterschied
liche Officier von der Militz, nechst diesen des Bascha Hauß⸗Be
dienten in weisen Kleidern, zwischen welchen Er selbst in einem Pur
pur⸗farben Kleid geritten ist, wovon aber viere dessen Pferd regier
ten und ihre Hände zum Theil auf des Pferdes Ruͤcken, theils aber
an den Zaum gelegt hatten: auf beiden Seiten giengen zwey hundert
Janitscharn, welche an statt der Waffen Stecken in den Häͤnden
trugen; gegen denselbigen uͤber bey des Hn. Groß⸗Botschafters
innern Zelt stunde Sr. Excell. Leib⸗Wacht mit aufgepflanzten kur
zen Gewehr in der Hand; hinter ihm aber wurde ein Hand⸗Pferd
geführet, und zu letzt folgten die Troß⸗Buben und Stall⸗Knechte.
Die zu Pferd waren, stiegen alle vor dem ersten Zelt ab; der Se
raskier aber allein ist erst bey dem Eingang des andern abgestiegen,
dessen übrige Leute ihm nur zu Fuß begleitet haben. Hierauf hat Empfang
von dem
Groß⸗Bot
schafter.

der Herr Groß⸗Botschafter ihn bey dem Eingang seines Gezel
tes empfangen, und bey der Hand, doch mit bedecktem Haupt, hin
ein geführt, und auf den ihn bereiteten Sessel angewiesen, und mit
Chocolate und eingemachten Fruͤchten tractiret; dabey des Herrn
Groß

K 3
- 104 -
Erstes Buch / Sechste Abtheilung /

78
.
Groß⸗Botschafters Sessel gerad gegen dem Bascha zur rechten
Ruckkehr. Hand gesetzt war. Als sie nun mit einander von unterschiedlichen
Sachen eine zeitlang geredet, ist der Seraskier nach weitläuftiger
Dank⸗Abstattung für die ihme erwiesene Ehr⸗Bezeugung wiederum
nach seinem Lager zuruck gekehrt: worauf sich der Herr Botschaf
ter entschuldigt, daß er, als ein Reisender, einen so vornehmen
Gast nicht nach Wüͤrden bedienen köͤnnen, deme Er noch bey dem
Kaiserl. Ge
schenke an
dem Se
raskier. /
Abschied einen höflichen Wunsch beygefügt. So bald er nun wie

der im Lager angelangt, folgten ihm die Kaiserliche Geschenke
auf dem Fuß nach, welche durch den Herrn von Melzern, Obrist
Vorstehern der Leib⸗Wacht; Herrn Cramer / Cassierer bey dieser
Groß⸗Botschaft; Herrn Holzmann / Uhrmachern, und Herrn
Vorner / Kaiserlichen Ober⸗Dolmetsch dahin gebracht worden.
Diesen liese der Seraskier drey neue Caftan / welche die vorigen
an Schönheit und Kostbarkeit übertroffen, dem vierten aber ein
Stuck rothes Tuch und etliche Eln Atlas reichen; deme den Nach
mittag ein Pferd nebst einem Beutel mit Gold nachgeschicket wor
den, davon das erstere dem Kaiserlichen Cassierer, der Beutel
aber dem Dolmetsch zu theil worden.


Sechste Abtheilung.


ENdlich sind wir den 22. Junj, an Paulini⸗Tag, wieder von

Abschied
an densel
bigen.
Nissa aufgebrochen, als vorher der Herr Groß⸗Bot

schafter den Hof⸗Marschalk mit zwey Edelleuten, Herrn
Stetzer und Mattoni abgeschickt, von dem Beiglerbey in sei
nem Namen Abschied zu nehmen, und füͤr alle erwiesene Höͤflich
keit den gebüͤhrenden Dank abzustatten. Wann ich aber den Se
raskier, wie schon öfters geschehen, Beiglerbey nenne, geschiehet
solches darum, weil dieses der gemeine Name ist, da hingegen Se
raskier etwas besonders und zwar einen solchen Kaiserlichen Stadt
halter der Landschaften und Köͤnigreiche anzeigt, welcher von den
übrigen Baschen und Sangiaken, so gleichfalls gewissen Grafschaf
ten und Plätzen vorstehen, auch ein oder zwey Roß⸗Schweif füh
ren, damit unterschieden wird. Selbigen Tag kamen wir nicht
weiter als zwey Meilen, an den Fluß Kutinska / wo wir das Dorf
Kori
- 105 - Abbildung: Türkisches Bad
- 106 - - 107 -
Reise von Nissa bis nach Sophia.

79

Koritniac zur linken Hand hatten, und zwar darum, weil noch
heute Courier nach Wien muste abgefertiget werden, Jhro Roͤ
misch⸗Kaiserlichen und Catholischen Majestät von allem
diese Zeit über passirten umständliche Nachricht zu ertheilen. Von
dem Tag an, da wir von Belgrad abgereißt, haben wir noch bis
auf diese Stunde kein schoͤnes Wetter gehabt, sondern sind immerzu
von Wind und Schnee haͤßlich vexirt worden.


Suha⸗Ge
bürg.
Den 23. Junj hatten wir einen gar uͤblen Weeg zwischen dem
Suha⸗Gebürg und dem Nissava⸗Fluß. Dieser Orten gibt es viel
warme Bäder von dem schweflichten und mineralischen Wasser, so
aus den Bergen heraus springet. Der rothe Sand und Steine
verursachen, daß das Wasser ganz gefärbt davon wird. Auf dem Nah bey
sammen
liegende
Bäder von
unterschied
licher Art.

halben Weeg nach Mustapha Bascha Palanka habe ich etwas
curiöses angemerkt: Man findet nemlich am Fuß des Berges ein
Bad, darzu ein viereckichter Stein ausgehauen ist, desselbigen Quel
le, welche Manns dick heraus dringet, ist weder warm noch kalt,
sondern laulicht; wann man aber 60. Schritt weiter gehet, findet
man in eben diesen Thal eine andere Quelle, die ganz hell und klar
und noch darzu Eiß kalt ist; beide führen Salpeter und Schwefel
mit sich, wie es der Geruch gleich anzeigt. Dieses sind diejenige
Berge, die Servien und Bulgarien von einander entscheiden, Gräͤnzen
von Ser
vien und
von Bulgarien.

welches letzte man ehedessen Volgaria nennete, von dem Scythischen
Fluß Volgo / wohin sich die Scythen gefluͤchtet hatten, und
welchen die Völker daselbst Volgari genennet worden; dahero die
jenige Geographischen Scribenten irren, welche Mustapha Ba
scha noch in Servien setzen. Wir hatten unser Lager nicht weiter
als nur einen Canonen Schuß von diesem Ort zwischen der Nissa
va und Luschnitza / und vor uns disseits das Zerniwirer / jen
Luschnitza
Fluß.
seits aber das Ulanitzer Gebürg. Die Luschnitza entspringt in
dem Gebuͤrg, zur rechten der Palanka; und nachdem sie ein Dorf
gleiches Namens und die obere Palanka schnell und mit grossem Ge
räusch vorbey geflossen, ergiesset sie sich in die Nissava. Auf die
Orden des
H. Basilii.

sen Bergen ist ein Closter, worinnen sich Moͤnche von dem Orden
des H. Basilii aufhalten, und nach der Regel ihres Stifters als Ein
siedler leben. Es ist solches der ansehnlichste Orden in der Grichi
schen Kirche, dessen Geistliche durch das ganze Reich des Sultans
aus
- 108 -
80

Erstes Buch / Sechste Abtheilung /

ausgebreitet sind, ihre Clöͤster noch, wie zu Zeiten der Grichischen
Mustapha
Bascha Pa
lanka.
Kaisere, bewohnen, und ein sehr strenges Leben führen. Diese Pa
lanka ist ganz anders als die uͤbrigen angelegt: Jhre Befestigungs
Werker sind nur von Bäumen, gespitzten und vorn abgebrannten
Pfälen aufgeführt, und mit Queer-Stangen etlichmal versehen:
Sie ist mit einer vierfachen Mauer von Quater⸗Stüͤcken umgeben/
die von acht in gleicher Weite entlegenen Thüͤrnen vertheidiget
wird. Zu dieser Zeit war keine Besatzung darinnen; wie sie dann
auch wegen der nechst anstossenden Bergen und Felsen nicht im
Stande wäre, weder eine Armee aufzuhalten, noch sich vor einem
Anfall zu wehren, weil sie daraus nur mit kleinem Gewehr ruinirt
Haan oder
öffentliche
Herberge
der Tür
ken.
werden könnte. Gegen der Palanka über liegt eine offentliche Her
berge, so die Türken Haan, die Asiatischen Völker aber Cara
vansarai nennen, welche in diesen Landen so gemein, daß kaum
ein Dörflein oder auch wol nur etliche Haͤuser, vornemlich an der
Land⸗Strassen, anzutreffen, dabey nicht dergleichen Wohnung zur
Gemächlichkeit und Aufenthalt der Reisenden gebauet ist. Es kehrt
daselbst ein, wer nur will, und kamen auch ohne einige Bezahlung
darinnen üͤbernachten, dann die Türken halten es für ein Liebes
und GOtt⸗gefälliges Werk, dergleichen Häuser, wovon sie keinen
Nutzen haben / aufzubauen, weil sie denenjenigen dienen, welche we
der ein eigenes Dach, noch Geld haben: So wende sie auch nicht
leicht auf etwas so viel, als wie auf dergleichen Gebäͤue, theils
weil deren die Nachkommen unfehlbar geniessen, als eine Sache,
woran man sich nicht vergreifen darf; da sie im Gegentheil wegen
ihrer uͤbrigen Verlassenschaft nicht sicher genug sind / dessen gröͤsten
Theil der Sultan zum öftern ohne angezeigte Ursach zu sich nimmt,
und seine Schatz⸗Kammer damit bereichert: theils, weiln sie nicht
zweifeln, daß man GOtt für diejenige beständig anflehe, durch de
ren Freygebigkeit dergleichen Herberge aufgeführet sind, als wor
durch denen Nothleidenden Hüͤlfe geschiehet, und ihre benöͤthigte
Nacht⸗Ruhe befördert wird. Das Gebäu an sich selber ist zimlich
groß, und durchgehends von Steinen aufgefuͤhrt, welches die Tüͤr
ken sonst nicht gewohnt sind, als die mehrentheils alles von Holz
bauen; es ist etwas länger als breiter, ins gemein mit Kupfer oder
Bley bedeckt: keine Zimmer findet man darinnen, es sey dann,
daß bisweilen ein kleines für die Bascha mit angebauet ist, wann
sie
- 109 -
81

Reise von Nissa bis nach Sophia.

sie darinnen logiren wollen. Im Vorhof ist gemeiniglich ein Brun
nen, zum Waschen und andern Nothwendigkeiten; in der Mitte
aber ein grosser leerer Platz, die Bagage dahin zu bringen, und die
Cameel, Maulthiere, Pferde, Ochsen und anderes Vieh darein zu
stellen. Um die vier Seiten des Gebäͤues ist rings herum eine an
dere Mauer angehenkt so in der Hoͤhe drey, in der Breite aber
bisweilen einen einigen Schuh mehr austrägt: diese ist oben ganz
gleich, durch die Haupt⸗Mauer des Gebäͤues aber sind unterschiedli
[che] Rauchfänge geführt. Erst bemeldte angehenckte Mauer dienet de
nen, welche allhier einkehren, zum Schlaff Zimmer / Speiß Saal,
Tisch, Bett und allem andern, sind auch nur allein durch die Brei
te dieser Mauer von ihrem Vieh abgesondert, welches so gar bis
weilen an den Fuß dieser Mauer in solcher Positur angebunden ist,
daß es mit dem Kopf uͤberhin schauet / und ihren Herrn, welche et
wan bey dem Feuer oder Tisch sitzen, eine kleine Visite gibt, wofüͤr
sie auch zu Zeiten mit einem Stuck Brod oder Ruͤben regalirt wer
den. An statt des Betts breiten sich die Reisende einen Teppich
auf, den sie zu dem Ende hinten auf dem Sattel gebunden mit fuͤh
ren, auf diesen legen sie statt des Unter⸗Betts ihren Regen⸗Man
tel, der Sattel dient ihnen zum Haupt⸗Kuͤssen / und ihr langer mit
Pelz gefütterter Rock, mit dem sie sich bey Tag begleiten, muß ih
nen hier bey der Nacht das Deck⸗Bett abgeben; und wann ihnen
noch darzu die Ausdampfung ihres Viehes die kalte Nacht⸗Luft er
wärmet, so schläͤft mancher dabey ruhiger, als die Koͤnigin Pro
serpina in ihrem Königlichen Bette.[5] Hier kan man nichts heim
lich verrichten, und durch nichts als die Nacht den Augen der An
wesenden in etwas entzogen werden. An einige stossen Bäder, Kir
chen, Kaufmanns⸗Läden und Werkstätte, so daß die Reisende sich
waschen, ihr Gebet verrichten, das Vieh in die Traͤnke fuͤhren, und
was ihnen sonst etwan abgehet, fuͤr baares Geld haben koͤnnen. Jn
einigen
dergleichen
Herbergen
hat man
die Kost
umsonst.

Asien gibt es welche, die mit so reichen Einkuͤnften versehen, daß Jn
man den Reisenden auch die Kost umsonst reicht, welche in ein we

nig Kraut, einer Schuͤssel Gersten oder Reiß, der oft mehr ge

brannt als gekocht ist, einem darauf gelegten Stuͤcklein Fleisch und
rings um die Schuͤssel gelegten Brod, bestehet, worzu bisweilen
noch ein wenig Hoͤnig kommt, dabey man auch des Wassers nach
Vergnüͤgen umsonst trinken kan. Es wird aber dergleichen Kost nicht
etwan

L
- 110 -
Erstes Buch / Sechste Abtheilung /

82

etwan nur den Armen vorgesetzt, gleich als ob es denen Reichen und
Vornehmern nicht gut genug seyn duͤrfte, sondern es wird auch de
nen Baschen und Sangiaken auf ihrer Reiß gereicht; dann
gleichwie diese Herbergen jederman offen stehen, und keinem das
Quartier versagt wird, er seye nun gleich ein Christ oder Tuͤrck, ein
Armenianer oder Jud, ein Römer oder ein Grich, reich oder arm:
also bringt es die Gewonheit mit sich, daß diese Speisen jederman
vorgesetzt werden, von welchem er, will er anders nicht für gar zu
delicat und unhöͤflich gehalten werden, wenigstens etwas kosten muß.
Allhier darf man sich drey Tage aufhalten, ohne daß einer was
bezahlt, aber nach deren Verfliessung muß man sich packen, und ein
ander Ort suchen. Wir haben uns für diesesmal in der Hinreisse
wegen der grossen Anzahl unserer Leute, und der dieser Orten gras
sirten Pest solcher Gelegenheit nicht bedienen koͤnnen, ist auch zum
öftern der Pferde besser als unserer gepflegt worden, welche meisten
theils unter den druckenen Daͤchern stunden, wann wir indessen unter
den leinern und Baumwollenen Gezeltern unser Nacht⸗Quartier
aufschlagen musten. Wir wollen aber nun einmal die Herbergen
verlassen, und wieder auf denjenigen Weeg kehren, von dem wir uns
eine zeitlang abgewendet haben.


Man kan nicht anderst, als nur durch einen einigen Weeg
Unbrauch
barer Weg nach So
phia.
über Scharkioi nacher Sophia kommen / welcher aber wegen der
hohen Berge, grossen Wälder und vielen Lacken für eine Armee im

passabel ist, sonderlich aber zur Früͤhlings⸗ und Herbst⸗Zeit, wann
der auf den Bergen liegende Schnee durch dem darzu kom̃enden Regen
die Thäler mit Wasser anfüllet: daselbst sind einige Oerter von
Natur also beschaffen, daß derjenige, so sie zu erst occupirt, mit
weniger Mannschaft eine ganze Armee abhalten kan. Durch diesen
Weeg sind wir mit grosser Beschwehrlichkeit marchirt, und nach ei
ner Zeit von fuͤnf Stunden, am 24. Juni, als am Johannes⸗Tag,
Die Ve
stung
Scharkioi.
zu Scharkioi ankommen. Diese Stadt hat auf einem Berg, an
welchem die Nissava vorbey fleußt, und worein sich noch zwey ande
re Flüsse, die Duschtina und Sredorek ergiesen, ein Schloß
gleiches Namens, vor welchen im vorigen Tüͤrken⸗Krieg unsere Sol
daten 19. Tag gelegen[6]; allein der gegen überliegende Felsen verhin
dert, daß man bey einer Belägerung die Stadt nicht mit Stucken
beschiessen kan: weil aber der Platz eng / würden die Bomben und
Gra
- 111 -
83

Reise von Nissa bis nach Sophia.

Granaten ohne Zweifel eine desto gröͤssere Würkung thun. Aus
erst bemeldten Felsen quillet an unterschiedlichen Orten das hellste
Wasser herfür, welches durch geheime Röͤhren unter der Erden in
den Stadt⸗Graben und die Stadt selbst geleitet wird. Dann man Die schön
sten Brun
nen sind in
der Türkey.

muß wissen, daß, weil die Tuͤrken, vermoͤg ihres Gesetzes, keinen
Wein trinken, sie an keine Sache mehr Geld, als an Erbau

ung der Brunnen wenden, weswegen auch in der That in ihrem
Lande die allerschoͤnsten anzutreffen sind, und dieses nicht allein in
Städten/ sondern auch auf dem Land und andern unbewohnten
Oertern, damit sich nemlich die Reisende, und diejenige, so auf dem
Feld arbeiten, bey grosser Hitze wieder erfrischen koͤnnen; so geschie
het es auch wol zu Zeiten, daß das Wasser, wann es einen guten
Geschmack hat, viele Meilen mit den groͤsten Unkosten durch Röͤh
ren in die Brunnen geleitet wird. Gemeldte Stadt ist in die Laͤnge ge
bauet, und allenthalben mit Morast umgeben, weswegen man auch
die Land⸗Strassen mit Kieselsteinen pflastern muͤssen, weil ohne die
ses die Wägen nicht wol wuͤrden fort zubringen seyn. Der Weeg
von Nissa her füͤhrt üͤber zwey Brüͤcken, deren eine uͤber die Dusch
tina / die andere üͤber die Nissava geschlagen ist. Hundert Mann Ja
nitscharn liegen darinnen in Besatzung; allein, wann auch gleich noch
mehr darinnen wären, wuͤrden sie doch den Feind an seinen March
nicht hindern, es sey dann, daß er sich selbst dafuͤr mit einer Belä
gerung aufhalten wolte, weil sich der Weeg nach Sophia und Ha
drianopel theilet, also daß sich eine Armee ohne einigen Nachtheil
zur Rechten gegen das Gebürg wenden könnte.


Als die Tüͤrken den Herrn Groß⸗Botschafter anrucken saDer Herr
Botschaf
ter wird be
schossen.

hen, haben sie ihre drey Stuͤcke, dann mehr hatten sie nicht, drey
mal loß geschossen. Indem wir der Stadt naͤher kamen / beobach
tete ich im Vorbey⸗March gegen das Schloß zu eine alte zerfallene
Kirche, die sie ehemals den Catholischen entzogen hatten, welche
unter ihren Ruin ihre Erretter gleichsam mit folgenden Worten an
redete: Ach daß doch die Christlichen Füͤrsten alle Feindse
ligkeiten unter einander moͤgten beyseits legen/ und in gu
ter Verstäͤndnus mit einander leben/ hingegen die Waf
fen / mit welchen sie sich selbst aufreiben, gegen den allge
meinen Feind des Christlichen Namens kehrten, und die
jenige Oerter/ welche er mit groͤstem Unrecht besitzet/
der

L 2
- 112 -
84

Erstes Buch / Sechste Abtheilung /

der Kirchen und ihren rechtmaͤßigen Herrn / welchen es
mit Gewalt entzogen worden / wieder zubraͤchten! Aber
Jhro Röm.
kais. Ma
jestät Sie
ge / durch
einen an
dern Krieg
verhindert.
du wuͤrdest ja wol schon gerochen seyn, und dieses Wunsches nicht
mehr nöthig haben, wo nicht der Aller⸗Christlichste und Gotts
fürchtigste Kaiser durch eines Gotts⸗ und Ehr⸗vergeßnen Men
schen böse Rathschläge, mitten im Frieden, ohne vorher angekündig
ten Krieg / und noch darzu mit solchen Mitteln, die man unter
einem heiligen Vorwand aus den Kirchen⸗Gütern gezogen, in sei
nen Ländern zu derjenigen Zeit wäre angegriffen worden, da Er in
einem andern und heiligen Krieg mit dem Türken war verwickelt
gewesen, wobey Er freylich einer längern Ruhe mit andern nöthig
gehabt hätte, wo nicht der glückliche Fortgang Seiner siegenden
Waffen mitten in ihren Lauf solte gehemmet werden; dann hätte
man Jhm nur noch eine kurze Zeit gegöͤnnet, wuͤrde Er Sich
durch die Göttliche Hüͤlfe bald in den Stand gesehen haben, den
Erb⸗Feind, welchen Er bereits von den Gränzen verjagt, ins kuͤnf
Die Ein
wohner der
Stadt und
Kauf
mannschaft
tige allein gewachsen zu seyn, und dessen Macht zu widerstehen Doch
wir erwarten nun die Erfüllung des gethanen Wunsches zur an
dern Zeit, und wenden uns indessen zu den Einwohnern dieser
Stadt, welche gegenwaͤrtig, wie auch durchgehends in der Türkey,
von Musulmäͤnnern / Raitzen / Grichen und Armeniern be
wohnt ist. Diese treiben Kaufmannschaft unter einander, befleissi
gen sich aber dabey der Redlichkeit vielmehr, als die Christen selbst,
wann diese gleich von einerley Religion sind. Jhre Wahren beste
hen nur in gemeinen und zur Küͤche und Kleidung gehöͤrigen Sachen:
und ihre Häuser sind um etwas weniges gröͤsser, als sonst hier zu
Land gewöhnlich ist.


Wir schlugen unser Lager in einer Ebne bey dem Fluß Sre
doka auf, und waren noch immer mit Bergen umgeben, davon
dieser zur Rechten Baßurat / der zur Linken Widisch genennet
wird, welcher noch zwey andere Namen von zweyen Spitzen füh
Fruchtbar
keit des
Erdreichs
ret, nemlich Bassari und Deposchi. Seit dem wir über die Un
garischen Gränzen kommen, haben wir noch kein fruchtbarer Erd

reich als dieses gefunden, und das also angebauet gewesen ware; sin
temaln die Erde vor Fetten ganz schwarz ist, auch Getraid und
Wein im grösten Uberfluß daselbst wächset. Hierbey ist wol zu


bemer
- 113 -


85

Reise von Nissa bis nach Sophia.

bemerken / daß unter den Grichen oder Raitzen dieses Landes, und Unterschied
der Raitzen
dieser und
anderer Ge
genden.

denen, welche anderswo wohnen, ein doppelter Unterschied seye: der
erstlich, haben sie den Gebrauch, daß, wann sie sich mit dem Heil.
Creutz bezeichnen, sie nach unserer Art die Hand von der linken zur
rechten Seiten fuͤhren, da hingegen die andern von der rechten zur
linken gehen, theils weil sie dafüͤr halten, daß der Heil. Geist vom
Vatter allein und nicht vom Sohn ausgehe; theils, weil insgemein,
und zwar sehr wahrscheinlich, gelehret wird, daß Christus die Ju
den verworfen, und an deren statt die Heyden zu Jüngern ange
nommen habe. Der andere Unterschied bestehet darinnen: daß sie
nach dem Exempel der alten Roͤmer, noch in Geschlechter ausgethei
let sind, also zwar, daß, wann ein Sohn zu einem solchen Alter
kommt, worinnen er sich verheyrathen kan / er auf vätterlichen
Grund für sich und seine Braut ein Hauß aufbaue, wann er nicht
sonst schon ein leeres daselbst findet, und dieses geschiehet so vielmal,
als das väterliche Erb solches zu ertragen geschickt ist; wann aber selbi
ges nicht mehr im Stand, was mehrers zu ertragen, muß er von
dar weichen, und sich eine andere Wohnung suchen. Bey den an
dern Raitzen aber ist es grad umgekehrt, angesehen selbige, so bald
sie sich verheyrathen, mit einem Stuͤck Geld sich muͤssen wegrich
ten lassen, und anders wohin ziehen, damit die gemeinschaftliche
Besitzung der Güter nicht, wie es mehrentheils geschiehet, Uneinig
keit und unversöhnlichen Haß verursache.


Den 25. hielten wir Rast⸗Tag / weswegen der Herr Bot Hn. Bot
schafters
Einladung
von dem
Cadi zur
Fischerey.

schafter samt seinem Adel und unserm Füͤhrer dem Mehemet
Aga / von dem Cadi oder Richter dieses Orts in einen vor der
Stadt gelegenen Garten zu einer Fischerey eingeladen worden, da
sich unterdessen die andern mit der Jagd divertirten. Als ich die
grosse Zubereitung zur besagten Fischerey machen sahe, bildete ich mir
nicht ohne Ursach ein, es würde da nichts als Salmen, Forellen,
Platteise / Hechte und andere delicate Fische zum besten geben; wie
man aber darzu sahe, waren es zwey kleine Fischlein, welche diese
elende Fischer mit aller ihrer Zuruͤstung erwischt, und wuͤrden sie
auch diese nicht einmal davon gebracht haben, wann der Himmel
nicht gleichsam selbsten ein Mitleiden mit ihrem ungeschickten Wesen
gehabt, und sein helles Wetter, welches sonsten zum Fischfang
nicht wol dienlich ist, mit trüben Wolken verwechselt, und also
die

L 3
- 114 -
86

Erstes Buch / Sechste Abtheilung /

diese vortrefliche Fischer im truͤben Fischen lassen, jedoch gleichwol;
Ein Vene
tianischer
Soldat
nimmt seine
Zuflucht zu
uns.
wegen ihrer Unerfahrenheit, mit schlechtem Vortheil. Unterdessen
kam ein Venetianischer Soldat, von Geburt ein Tyroler, zu

uns, welcher neulich in Morea gefangen worden, jetzt aber sei
nem Herrn heimlich darvon gelaufen ware; dieser suchte seine Zu

flucht bey der Botschaft, welche er auch gefunden, wiewol er sich
schon aus Furcht der Pein und Grösse der Schmerzen zum Abfall
bringen und beschneiden lassen, jedoch nichts destoweniger, seiner
Meinung nach / im Herzen noch ein guter Catholischer Christ ge
blieben.


Der Türki
schen Sol
daten Geil
heit und Muthwill.
Die darauf folgende Nacht, nemlich zwischen den 25. und 26.
Junii, ist kein geringer Lermen in unserm Läger entstanden, daß wir
auch anfangs nicht gewust, was wir davon halten solten; endlich
aber fand sich, daß die Tüͤrkischen Soldaten bey der Nacht unge
fehr zu einigen Bulgarischen Weibern gerathen, und sich ihrer, wie her
nach erzehlt worden, durch Versprechen zu bedienen gesucht; weilen
aber diese sich beständig geweigert / haben sie Gewalt gebraucht: ob
sie sich aber durch ihr Geschrey aus den Häͤnden dieser leichtfertigen
Vögel errettet, haben wir so genau nicht erfahren, noch auch ihnen
in ihrer Noth wegen des darzwischen liegenden Wassers, beystehen
können. Sie haben auch schon dergleichen in dem Lager vor Nissa
tendirt, sind aber dabey noch ungluͤcklicher als hier gewesen; sin
temaln gleich einige aus dem Adel mit dem Degen in der Hand den
Nothleidenden zu Hülf gekommen: wie dann sonderlich die zwey
Grafen von Kollovrath und der Graf von Scherfftenberg
alsobald bey der Hand gewesen, und weil sie nicht wußten, aus was
Ursach der Tumult entstanden, auch wol was gefaͤhrlichers muth
maßten, mit entbloͤsstem Gewehr aus den Zelten gesprungen, ohne
daß sie sich Zeit genommen häͤtten, ihre Kleider anzuziehen, zu ei
nem unverwerflichen Zeugnuͤß, wie sie sich jederzeit wuͤrden bereit
finden lassen, für die Ehre ihres Kaisers / und Sicherheit ihrer
Cameraden das Leben aufzusetzen.


Den 26. dito sind wir durch enge Thaͤler laͤngst der Nissava
Gelegen
heit des
Ortes Sa
ribrod.

fort marchirt, bis wir auf Saribrod gekommen, welcher Name
nach unserer Sprach so viel heißt, als des Kaisers Bart, und ein
an einem nicht gar hohen Berg hangendes Dorf ist. Gegen dem

selbi
- 115 -
Reise von Nissa bis nach Sophia.

87

selbigen über haben wir unser Läger geschlagen, und zur linken
das oben oͤde unten aber und in der Mitte sehr fruchtbare Stara
plamina⸗Gebuͤrg im Gesicht gehabt, welches sich bis nach Widin
erstrecket: am Fuß des Berges ist ein crystallen heller Brunnen,
und zwey uͤber die Nissava geschlagene Brücken, davon die eine von
gehauenen Steinen, die andere aber von Eichen⸗Holz verfertiget ist.
Diese letztere ist viel breiter die erstere aber desto höher, ohne
Zweifel darum, damit im Kriegs⸗Zeiten im Fall der Noth eine Ar
mee in gedoppelter Ordnung, zu Fuß und zu Pferd heruͤber gehen,
und dann auch die Reisende sich der steinernen Brüͤcken bedienen
konnen, wann etwan / wie es öfters geschiehet, und wir auch noch
im Vorbey⸗Zug Merkmal davon gefunden, durch den von Regen
und Schnee geschwellten Fluß das Land samt der hoͤlzernen Brüͤcke
unter Wasser gesetzt worden. Der Commendant dieses Orts ist
unserm Herrn Groß⸗Botschafter mit einigen Reutern entge
gen kommen, hat seine Begruͤssung bey Jhm abgelegt, sich so dann
neben den Wagen verfuͤgt, und ist bis vor die Palanka darbey her
geritten. Diese Commendanten⸗Stelle aber ist ihm mit dieser
Bedingung uͤberlassen worden, daß er den Ort bevestigen solte, wel
ches er auch vortreflich præstirt: Er hat nemlich einen aus Leimen
und Stroh aufgefüͤhrten Bauern Hof mit Pfäͤhlen umsetzt, selbige
mit Binzen zusammen flechten und natuͤrlich einen solchen Zaun da
rum füͤhren lassen, wie bey uns diejenige aussehen, worinnen man
Schaafe und Ziegen auf der Waide gehen laͤsst; wordurch er gleich
wol zu wegen gebracht, daß dieses Befestigungs⸗Werk mit dem Na
men einer Palanka belegt wird, und sich die Fremden leichtlich
einen Concept von einer auserlesenen Vestung im Kopf setzen koͤn
ten. Die Einwohner dieses Orts und deren Benachbarte sind von Der Ein
wohner
Freyheit.

allem Tribut auf ewig befreyet, weilen sie im vorigen Krieg, da
Nissa noch in unsern Häͤnden war, unsere Soldaten, so unter An
führung des Grafen Piccolomini bis nacher Sophia und Phi
lippopoli gestreifet, und die herum liegende Landschaft mit Feuer
und Schwerdt verheeret, in einer Enge umgeben, und bey dem
Dorf Dragoman, als sie sichs am wenigsten versehen / mit Si
chel und Hauen angefallen, und nicht wenig davon zu Schanden ge
macht; den Wald aber / wo dieses vorgegangen, nennen die Tür
ken Capi Dervent, das enge Thor: den üͤbrigen Tag haben wir hier - 116 -
88

Reise von Nissa bis nach Sophia.

Zwey Rin
ger præsen
tiren sich
vor dem
Hn. Bot
schafter.
hier gerastet. Des Nachmittags, da der Herr Botschafter noch
bey der Tafel saß, kamen vor sein Gezelt zwey ganz nackende und
mit Oel bestrichene Ringer / welche auf des Mehemets Befehl
Jhme ein angenehmes Schau⸗Spiel verursachten. Jch habe aber
die Aufführung solcher Leute bey ihrem Kampf ausführlich zu be
schreiben verspahren wollen, bis wir auf den Canal des schwarzen
Meers in ein Kaiserl. Lust⸗Haus kommen, allwo wir auf Befehl
des Groß⸗Sultans in Gegenwart des Groß⸗Viziers Jbra
him Bascha dergleichen Schau⸗Spiel ebenfalls mit angesehen
hatten.


Am 27. Juni haben wir uns durch das felsichte Gebuͤrg Je
schewitz an der Nissava und dem zerfallenen Dorf Dragoman
vorbey, wo der Weeg nach Widin gehet, nacher Chalkali / oder
wie es andere von dem vorbey fliessenden Strom nennen, Slibni
Ursprung
der Nissa
va.
ka begeben. Durch diesen Felsen fließt die Nissava, welche nicht
weit davon aus einem Berg zur rechten Hand gegen Sophia / 4.
Stund von dem vorigen Ort, entspringt, so schmal, daß man ganz
bequem daruͤber hinspringen kan. Weder in diesem Dorf noch in der
ganzen Gegend ist ein fruchtbarer Baum, wegen der Hitz und
schlechten Beschaffenheit des Erdreichs, anzutreffen. Als wir von
dar wieder aufgebrochen, kamen wir den 28. dito nach einer Reise
von sechs Stunden nach Obelia, von dar wir aus unserm Lager
Werbniza, so an dem Bach Philippovza liegt, und besser hin
Der Türken
Hoffarth
und Grob
heit.
Jlianch sehen kunten. Jndem nun von daraus die Grafen Thier
heim und Scherfftenberg in die Stadt Sophia giengen, haben
sie der Türken Hochmuth und ungeschliefenes Wesen zu erst em
pfunden. Dann daselbst kamen sie in eines Bascha oder vornehmen
Mannes Hauß / der seine Freunde auf eine Abend⸗Malzeit zu sich gela
den hatte, von deme sie so gleich zu den Bedienten gewiesen wurden,
bey welchen sie sich nach Gefallen lustig machen solten; weil sie sich aber
billig vor besser achteten, als dieser ihre Herrn selbst, welche vermuth
lich von knechtischen Eltern gebohren, und auf knechtische Weise
tractirt worden, bedankten sie sich zum schoͤnsten füͤr so grosse Höͤf
lichkeit, und nahmen, ohne eine andere Ursach zu melden, ihren Ab
schied. Die Türken muthmaßten hieraus, wie die Sache an sich selb
sten war, daß diese Herren von Adel seyn muͤsten, weil sie nicht mit so - 117 -
Beschreibung der Stadt Sophia.

89

so erbarer Gesellschaft speisen wolten, und sie derowegen wieder zu
ruck ruffen, invitirten sie zu sich räumten ihnen die Ober⸗Stelle
ein, bedienten sie mit Rauchwerk und tractirten sie im uͤbrigen auf
das höflichste. Es wurde auch selbigen Tag der Ingenieur-Haupt
mann Herr von Oebschelwitz, noch in die Stadt geschickt, die
Quartier für uns zu bestellen; worauf wir von Obelia nacher So
phia gangen sind.


Siebende Abtheilung.


DJese Stadt Sophia ist vom Kaiser Justinianus erbauet, Erbauung
der Stadt
Sophia.

nicht aber von einer jüngern Sophia und Prinzeßin von des
Kaisers Justini II. Gemahlin [7], welche mit jener gleichen Na
men gefuͤhret haben soll, wie doch die Tuͤrken, als welche in der Hi
storie schlecht bewandert, faͤlschlich vorgeben, und noch viel andere
fabelhafte Sachen von dieser Jungfrau, welche wol niemal in re
rum natura gewesen, erzehlen. Dann da sagen sie, es seye dieselbi
ge lange Zeit sehr krank darnieder gelegen, weswegen sie auf Einra
then der Leib⸗Aerzte sich einen erhabenen Ort ausgesucht, wo sie ge
sunde Luft und gutes Wasser antreffen wuͤrde, und weil sie gefun
den, daß sie in beiden Stücken allhier vergnuͤgt worden, angesehen
in der ganzen Tuͤrkey kein besseres Wasser noch gesundere Luft, als
hier, zu finden, habe sie zur Dankbarkeit an diesen Ort eine Stadt
und nachgehends auch eine Kirche aufbauen und nach ihrem Namen
nennen lassen. So wird nicht weniger von ihr erzehlt, daß / als
sie vor ihres Bruders Verfolgung sich in die Kirche retirirt, und er
sie eben bey dem Eingang derselbigen noch ergrieffen, auch ihr mit ei
nem Messer / welches er bereits schon gezuckt / einen tödtlichen
Stoß beybringen wollen, sie in der Kirchen⸗Thuͤr augenblicklich ver
schwunden seye.[8] Sie wird auch deswegen noch für eine heilige Frau
von ihnen gehalten, welche GOTT wegen ihres frommen Lebens
nicht umbringen lassen, sondern von der Gefahr erretten und schnur
stracks in den Himmel nehmen wollen; worzu sie noch setzen, daß
der Bruder nicht weit von hier ein Schloß gehabt, wovon sie einem
noch zur linken Hand, wann man von Nissa kommt, am Ende der
Stadt die Mauern weisen. Die Bojana / welche andere Jscha nen
nen,
M
- 118 -
Erstes Buch, Siebende Abtheilung /

90

Sophia ist
die HauptStadt in der
Bulga
rey.
nen, flieset zum Theil neben der Stadt vorbey, an einigen Orten
aber auch mitten hindurch. Die Stadt selbst ist zimlich groß und
Volkreich, woselbst die Bulgarischen Könige ihren Sitz gehabt,
hernach aber, wo ich nicht irre, die so genannten Despoten des
Königreichs Servien, und dieses so lang, als jene Familie gestan
den, bis endlich Lazarus durch des Sultans Amurath Waffen
erliegen muste. Nunmehr hat der Stadthalter in Thracien seinen
Aufenthalt allhier, wann er im Lande ist, und nicht etwan wegen des
Kriegs oder anderer des Kaisers und des Landes Affairen sich anders
Der Stadt
halter in
Thracien.
wo aufhalten muß. Anjetzo ist dem Türkischen Botschafter, so sich ge
genwärtig bey dem Wienerischen Hof aufhält / diese Stadthalter
schaft gegeben worden, ehe er seine Reise nach Teutschland ange
tretten, führt es aber mehr mit dem Namen als mit der That, nur
damit dieser Groß⸗Botschafter ein groͤsseres Ansehen uͤberkä
me, wann er seine drey Roß⸗Schweife in besagter Kaiserlichen
Residenz vor sich hertragen liesse; dahingegen der Seraskier von
Nissa den Namen mit der That besitzet.


Die Häͤuser sind allhier weit schöͤner als an andern Orten,
worunter auch viele Palläste und Serrallien sind / doch alles nach
Gebäu der
Türkischen
Palläste.

Türkischer Art gebauet. Die Zimmer gehen oder henken vielmehr
oben in einander, so daß man durchs Gegitter von einem ins
andere sehen kan, welches vielleicht wegen der Weiber also einge
richtet ist, damit die eifersuchtigen Mäͤnner auf all ihr Thun und
Lassen Achtung geben koͤnnen; sie sind zimlich klein, und in unter
schiedliche Verschläge und Kästen eingetheilt. Der gröͤste Theil der
Bühne ist ein Werk⸗Schuh hoͤher, als der uͤbrige; weswegen, wann
man selbige besteigen will, man vor erst auf der vorhergehenden die
Schuhe ausziehet; dann man muß wissen, daß die Tüͤrken den Ge
brauch haben, wie ich an einem andern Ort schon gemeldet, wann
sie in ein Zimmer gelassen werden, daß sie vorher die unreinen Schu
he entweder bey der Thuͤr oder dieser Staffel abziehen, welches auch
Unter
schiedliche
Gattungen
der Schuhe
bey den
Türken.
die vornehmen Personen zu thun gewohnt sind: Zu dem Ende haben
sie zweyerley Gattung der Schuhe, davon die innere an die Hosen
geheftet, die äussern aber wie Stifeln gemacht sind, deren sie sich
zum Ausgehen bedienen; so ist auch noch eine dritte Art bey ihnen
gebraͤuchlich, die sie Paposchen nennen, und uͤber die innere anzie
hen, wann sie die aͤussern abgelegt haben: Jener höͤhere Theil aber
ist
- 119 -
Beschreibung der Stadt Sophia.

91

ist mit Persianischen, Babylonischen, Prusianischen oder SmyrZierde der
Türkischen
Zimmer.

nensischen Teppich belegt, nachdem es nemlich eines jedweden Gele

genheit oder Beutel zu läßt. Die Türkische Polster, so auf wölle

nen Matten der Lange nach auf dreyen Seiten herum liegen, formiren
ein eben so langes Bett, so sie Sofaus nennen, worauf sie fast Türkische
Weise zu
sitzen.

den ganzen Tag, wann ihnen sonst nichts daran verhinderlich ist,
müssig sitzen, ihre Fuͤsse, wie bey uns die Schneider / creutzweiß über
einander schlagen, und in solcher Positur geschäftig ihren Toback rau
chen: sie empfangen allhier die Gaͤste, ihre Weiber verrichten ihre
Hand⸗Arbeit darauf, sie essen, schreiben und schlaffen daselbst.
Dann man trifft in den Zimmern der Tuͤrken weder Sessel, noch Türkische
Zimmer.

Bänke, noch einigen andern Haußrath an, als etwan zu Winters
Zeit ein niedriges Geruͤst, das einen Tisch gleichet, und mit einem
dicken Tuch bis auf die Erde bedecket ist, worunter ein irrden mit
Feuer angefülltes Geschirr stehet; auf dem Land aber haben sie zu
weilen in ihren Lust⸗Gärten einen aus Marmel gehauenen Brunnen,
damit sie Wasser zum Waschen bey der Hand haben: in vielen
Zimmern stehet auch in der Mitten ein kleiner Rauchfang, der wie
ein Kegel gespitzt hinauf gehet, und etwas vorwäͤrts haͤngt, welcher
von Gips gemacht, auch zu Zeiten mit Farben angestrichen und mit
Gold ausgeziert ist. Das obere Getäfel nebst den Wäͤnden sind
von Schindeln oder vielmehr hoͤlzernen Leisten, mit Perlen⸗Mutter
eingelegt und mit Gold und Farben auf das zierlichste gemahlt, daß
also manchmal dergleichen Zimmer vor etliche tausend Ducaten zu
stehen kommt. Die Fenster⸗Scheiben sind in Gips oder Kalk gleichTürkische
Fenster.

wie bey uns mit Holz oder Bley, eingefaßt, und sehen den Fenstern
in denen alten Kirchen nicht ungleich, machen eine laͤnglichte Figur,
und sind oben entweder ganz oder laͤnglicht rund, auch mit Gold oder
Farben bemahlt und eingebrannt, durch welche die im Kalk oder
Gips formirte Buchstaben gesehen werden, sind auch manchesmal
doppelt gegen einander den Wind desto besser abzuhalten. Hier
durch nun fället das Licht in die Zimmer, in den Bädern aber wird
solches von oben hinein geleitet; und diese stehen so hoch üͤber den ErdHöhe der
selben.

Boden, als man mit der Hand reichen kan, damit ihre Weiber nicht
überall herum sehen können: wann aber ja zuweilen einige niedri
ger stehen / sind solche entweder voͤllig mit Holz vermacht, oder doch
also mit Gittern verwahret, daß man zwar von innen hinaus aber
von

M 2
- 120 - 92
Erstes Buch / Siebende Abtheilung /

von ausen nicht hinein schauen kan, welches sie abermal um der Wei
ber wegen thun, weil sie dafür halten, daß dieses Geschlecht nicht
genugsam verwahret werden könne; daher es auch kommt, daß sie
ihre Zimmer wol mit hundert Schlössern versperren, und die
Schlüssel darzu keinem Menschen anvertrauen, sondern selbst in ih
Türkischer
Weiber
Verrich
tung.
rer Verwahrung behalten. Dann die Türkischen Weiber beküm
mern sich nicht um das Haushalten, wie bey andern freyen Euro
päischen Völkern, sondern verwenden ihre Zeit nur auf ihre Stü

ckerey / und lassen sich keine andere Sorge anfechten, als wie sie ih
re Schönheit erhalten moͤgen; die üͤbrige Hauß⸗Geschäfte überlas
sen sie alle der Männern, welche auch aus Liebe zu ihren Weibern so
gar die Kuchen versehen. Doch ist dieses nur von denen Vorneh
men und Reichen zu verstehen, da es hingegen mit denen Geringen
eine ganz andere Beschaffenheit hat; dann diese halten die Jhrigen
an einem Ort des Gartens verschlossen, wo ihnen so leicht keiner
beykommen kan, bedienen sich indessen ihrer Handreichung so gut als
Türkische
Weiber be
dienen die
Beschnit
tene.
wir: Die Vornehmern aber gebrauchen zu dem Dienst ihrer Wei
ber und Kebs⸗Weiber keine andere als Verschnittene, und zwar die
Ungestaltesten, als sie nur finden koͤnnen, zu was End, wird ein
jeder gar leicht selbst verstehen; durch diese lassen sie ihnen ihr
Essen, aber gleichwol nur durch ein hoͤlzernes Gitter, reichen, gleich
als bey unsern Closter⸗Jungfrauen gebräuchlich ist, wann ihnen von
ausen etwas zugebracht wird. Dieser Leute darfen sie sich ohne
Scheu zu ihren Bothen, zu ihren Dolmetschen, an ihre Freundin
nen, zu ihren Zeitungs⸗Trägern und endlich gar zu ihren Hauß⸗Nar
ren gebrauchen, wann sie sich nur dabey in acht nehmen, daß sie sich
nicht gemeiner mit ihnen machen, als ihre Männer oder Herrn ver
tragen köͤnnen.


Jn der Mitte des obern Hauses ohnweit der von diesen jetzt
beschriebenen Zimmern gelegenen Stiege ist gemeiniglich ein wei
ter Gang oder Platz für die Bediente, gleichwie unten her für die
Pferd und andere Thiere. Dergleichen Pallast hatte auch der
Des Herrn
Groß⸗Bot
schafters
Logis zu
Sophia
Beschaf
fenheit.
Herr Groß⸗Botschafter innen, welcher so groß war / daß zwey
Cüraßier⸗Regimenter samt Pferde und Wäͤgen, nebst aller Baga
ge Platz genug darinn wüͤrden gehabt haben; nichts destoweniger
räumten sie uns noch mehr andere Häuser ein, damit wir unsere
Bequemlichkeit desto besser haben, und die bevorstehenden Strapaz
zen - 121 -
Beschreibung der Stadt Sophia.

93

zen der noch vor uns habenden Reise desto leichter ertragen koͤnnten.
Der Groß⸗Sultan hat im letzten Krieg, als Belgrad von den
Unsrigen belagert gewesen, mit seiner ganzen Hofstadt hier logirt,
um den Verlauf der Belagerung allda abzuwarten Als der EngelDes Groß
Sultans
Pallast zu
Sophia
wird dem
Engellän
dischen und
Holländi
schen Ge
sandten ab
geschlagen.

ländische und Holländische Gesandte von dem zu Passarowitz ge
schlossenen Frieden wieder zurück gekommen, und nach Adriano

pel wolten, haben sie allhier um diesen Pallast für sich und ihre
Suite Ansuchung gethan, aber nichts erhalten köͤnnen, weil nicht
leicht jemand in eine Kaiserliche Wohnung, wie diese ist, eingelas
sen wird. Jn demjenigen Zimmer, allwo der Herr Groß⸗Bot
schafter Audienz zu ertheilen pflegte, sahe man zur rechten an der
Mauer ein Weyrauch⸗Vaß, als wann es an der obern Schwelle
Gesicht
Wendung
der Türken
bey ihrem
Gebet.
einer Thüͤr hienge, fast auf diejenige Art, wie zu Mecha oder Kib
lach / nach ihrer Art zu reden, bey dem Grab Mahomets dieses
Zeichen vorhanden ist, also daß es zu muthmassen, es seye dieses
Zimmer eine Tuͤrkische Capelle gewesen, wo sie taͤglich ihre gewoͤhn
liche Gebete verrichtet haben. Durch dieses Zeichen aber werden
die fremd ankommende Tuͤrken, welche die Gelegenheit des Orts
nicht recht innen haben, angewiesen, gegen welche Seiten sie sich
bey Verrichtung ihres Gebetes wenden sollen/ nemlich gegen dieje
nige / welche, gegen Ciroccum schauet, und zwischen Orient und
Mittag lieget. Unter dem Weyrauch⸗Faß kunte man diese in Tüͤr
kischer Sprach gesetzte Worte lesen: Bunung deruninde ki
mesne bulunmaz ki hamdii senai chuda ve Resuli etmeje;
welche im Teutschen also lauten: Hier soll sich niemand einfin
den / der das Lob GOttes und seines Propheten nicht aus
spricht. Unsere Priester haben im nechsten Zimmer Messe gelesen,
und sind vielleicht die ersten gewesen, die dergleichen daselbst verrich
tet, weil sonst niemaln eines Christlichen Füͤrsten Gesandter allda
beherberget worden. Aber was machen wir so lang in den Haͤusern,
laßt uns vielmehr wiederum unter freyen Himmel in die Stadt
kehren.


Allda florirt die Handlung gar sehr, welche mehrentheils in deKauf⸗Häu
ser.

nen offentlichen Läden oder Kauf⸗Haͤusern, so sie Bezestene nen
nen, und von puren Stein aufgefuͤhrt, gewoͤlbt und vor dem Feuer
wol verwahrt sind, in schoͤnster Ordnung getrieben wird. Eine jeg
liche Sache hat ihren gewissen Platz; und der meiste Theil der
Kauf

M 3
- 122 -
Erstes Buch / Siebende Abtheilung /

94

Kaufleute sind so wol hier, als zu Constantinopel und anderwerts
Grichen und Armenier, also daß bey nahe alle Sachen der Türken
Janit
scharn trei
ben Kauf
mannschaft
durch Fremde geschlichtet und gehandelt werden. Dann gibt es auch
einige alte Janitscharn durch das ganze Reich, darunter aber viele
ihre Fahne niemal zu Gesicht bekommen, welche Vorkäuffer und
Krämer abgeben. Diese, nachdem sie von ihren Officiern, denen
sie doch niemaln ins Feld gefolgt, vermittelst eines Patrons, eine
Urkund erbettelt, oder solche mit einem Stüͤck Geld erkauft, wer
den von allen Auflagen auf ewig frey gesprochen, hingegen andere
dardurch nur desto mehr beschwehret: es nennen die Tüͤrken solche
Leute Ostorakes / welches eben so viel als Leute, die den Sold und
die Freyheit der Soldaten geniesen, und doch nicht ins Feld ziehen,
so aber dem ersten Ursprung gerad entgegen laͤuft; dann dazu
mal wurden solche Freyheiten denen allein gegeben, welche im Krieg
ihre gesunde Glieder verlohren, und nicht mehr dienen kunten: an
jetzo aber siehet man eine erstaunliche Menge solcher muͤssigen Sol
daten, von guter Gesundheit und Kräften, unter dem Namen der
Ostoraken herum schwermen, und den gemeinen Säͤckel erschöͤ
pfen / anbey des Reichs Einkünften zu was ganz anders, als zu Un
Nissa der
Stadt So
phia sehr
nachthei
lig.
terdruckung der Feinde anwenden. Diejenige / welche vom Türki
schen Policey⸗Wesen gute Erkänntnis haben, wollen schon zum
Voraus sehen, daß durch Wegnehmung der Vestung Belgrad
der Stadt Sophia völliger Ruin bevor stehe, und mit der Zeit
alle Handlung von dar nach Nissa werde gezogen werden; weil
es ganz natürlich, daß es einem Land mehr einträͤgt, wann lieber
der Gränz⸗Platz, als ein anderer / der tiefer im Land liegt, zur
Niederlag der Handelschaft gemacht wird, angesehen von daraus
die Wahren gleich genommen und auch mit geringern Unkosten durch
einen kuͤrzern Weeg wieder hinein gefuͤhrt werden koͤnnen.
Gebäu der
Stadt So
phia.

Die Gassen dieser Stadt seynd sehr enge, ungleich, unflätig,
und nur zu beiden Seiten, wo man gehet, mit Kiesel⸗Steinen ge

pflastert; man siehet auch viel Brunnen darinnen, welche aus der
gemeinen Cassa erbauet und auch daraus erhalten werden. Ein jeg
liches Hauß hat fast seinen Garten, in welchem die Bäͤume und
Stauden in so grosser Menge stehen, daß man von ferne meinen
solte, man sehe in einen Wald, oder in eine mit einem Wald um

gebene
- 123 -
Beschreibung der Stadt Sophia.
95
gebene Stadt. An denen vielfäͤltigen Thuͤrnen auf den Moscheen Der Türken
Moscheen.

solte sich einer auch wol einen steinern Wald vorstellen koͤnnen; die
se, wie auch die runde an die Kirche oft bey 50. angehenkte kleine
Gewölber, sind alle mit Bley bedeckt, die Zinnen darauf verguͤldet,
und machen damit der Stadt von weiten ein propres Ansehen; auf
welchen gedachten Zinnen ein wachsender Mond stehet, gleichwie
wir uns auf unsern Kirchen der Creutze bedienen. Jm uͤbrigen ist die
Stadt weder mit Mauern noch Wall umgeben, ob gleich die Gele
genheit des Orts und Gleichheit des Erd⸗Bodens zu einer Vestung
sie nicht ungeschickt machte: man kan demnach zu Nachts so wol
als bey Tag hinein kommen: wann aber diese Stadt mit Mauern
versehen wäre, koͤnnte man wegen der mit Getrayd besäeten und
mit Weinreben besetzten weiten Feldern vielleicht von ihr sagen, was
jener von einer andern Stadt geurtheilet, daß Ceres und Bacchus
ihre Wohnungen in deren Ring⸗Mauern aufgeschlagen hätte. Der
Hazeln, Dohlen und Turtel⸗Tauben gibt es hier zu Lande so viel,
als bey uns der Fliegen in den warmen Sommer⸗Tägen; und sind
sie dabey durch die ganze Tuͤrkey so zahm, als wie bey uns die Huͤ
ner, Pfauen Gänße und anderes zahme Gefluͤg, welches ohne
Zweifel, sonderlich in Ansehen der Turtel⸗Tauben, daher kommt,
weil die Türken diese vor heilig halten, und es als ein Verbrechen
anrechnen wuͤrden, wann man sie beleidigen wolte, weswegen sie
sich ohne Hindernis vermehren koͤnnen.


Unser Einzug in diese Stadt war, wie alle folgende, demjeniEinzug in
die Stadt
Sophia.

gen, welchen wir in die Stadt Nissa gehalten, ganz gleich: die
Trompeten wurden geblasen, die Paucken liesen sich hören, die
Fahnen flogen an ihren Stangen herum, und die nur mit weisen
Stecken versehene Janitscharn giengen vorher, das Volk abzuhalten.
Wie aber der Kaiserlichen Groß⸗Botschaft zu Ehren der völ
lige Türkische Adel selbiger Provinz, nemlich die vornehmen Kriegs
Officiers, Richter, Geistliche (dann von keinem andern Adel, als
der in dergleichen Bedienungen stehet, wissen die Tuͤrken was,) vor
Der Herr
Groß Bot
schafter
laͤßt sich
anmelden.

die Stadt heraus ruckte: also schickte der Herr Groß⸗Botschaf
ter hinwieder zwey von seinen Edelleuten, den Herrn von Franken
und Managetta / samt einem Dolmetsch zum Landrichter, den sie
Molloch nennen, und zum Mußelim/ der des Seraskiers Stel
le versiehet, im Namen des Herrn Groß⸗Botschafters sie zu
begrüs
- 124 -
Erstes Buch / Siebende Abtheilung /

96

begrüͤssen, und Dessen Ankunft zu vermelden; worauf sich selbige
bald eingefunden und ihre Ergebenheit und Bereitwilligkeit zu allen
Geschenke
derer von
Sophia an
den Hn.
Groß⸗Bot
schafter.
Diensten und Gefäͤlligkeiten dem Herrn Groß⸗Botschafter of
ferirt, und die gewoͤhnliche Geschenke von Blumen und Fruͤchten
durch ihre Leute überbringen lassen. Sie liessen es aber dabey nicht
bewenden, sondern haben Sr. Excellenz noch besondere Geschen
ke gemacht mit einem Aschen⸗farben gesprenklichten Pferd von un
gemeiner Schoͤnheit und Tugend; dann auch einem eisernen zur Reiß
Eiserner
Stuhl ein
wichtiges
Geschenk.
nicht unbequemen Lehn⸗Stuhl, worauf ein Blut⸗rothes atlaßes mit
gelben Franzen umgebenes und eingefaßtes Küͤssen gelegen, mit wel

chen sie nur die Vornehmsten des Reichs, als dem Groß⸗Sul
tan / Groß⸗Vizir / Beiglerbey / Baschen / Sangiacbey /
und üͤbrigen Stadthaltere und Regenten zu beschenken pflegen. Aber
Kostbare
Geschenke
der Edel
leute.
die zwey abgeschickten Edelleute haͤtten sich wol nicht sollen traͤumen
lassen, mit was für einem besondern Praesent sie wuͤrden regalirt
werden; es bestunde aber selbiges in ein paar Taback⸗Pfeiffen, de
ren Röhren mit blauer, Feuer⸗ und Rosen⸗rother, gelber, dunkel
brauner, Aschen⸗ und Viol⸗färbiger duͤnner Seite, wie auch mit ge
triebenen oder geschlagenen Metall etlichmal umwunden gewesen;
und was die Kostbarkeit vermehrt, war dieses, daß diesem Geschenk
ein artiges scheckigtes wol gemäͤstes Kaninchen erst das rechte Ge
wicht und Ansehen geben muste, worein sie sich entweder alle beide
theilen oder darum losen mogten, wessen es seyn solte. Allein es ist
sich daruͤber nicht zu verwundern, angesehen die meisten Geschenke
der Türken von dieser Art sind, da gaben sie einem bald einen halb
gebundenen Blumen⸗Strauß; bald ein halb⸗seidenes Schnuptuch,
davon das Dutzend, wol gerechnet, um ein paar Thaler zu stehen
kommt; einen Sack darein man Taback fassen kan, Käß, Milch, und
was dergleichen Schleckereyen noch mehr sind; und bey aller dieser
Filzigkeit wollen sie noch darzu für sehr freygebig angesehen seyn,
und verlangen, daß man sich verwundern soll, weil sie sich so sehr
Janit
scharn
Wacht.
verunkostet haben. So oft einer aus dem Hauß gehen wolte, sich
etwas einzukaufen, oder sich sonsten umzusehen, nahm er zu seiner
Sicherheit einen Janitscharn mit sich, der den ungestuͤmmen Poͤbel
abhalten muste. Selbige hatten die Wacht vor des Herrn Groß
Botschafters Wohnung / damit niemand anders, als der daselbst
was zu verrichten hatte, sich hinein tringen moͤchte; so wurden auch
in
- 125 -
Beschreibung der Stadt Sophia.

97

in die übrige Häuser Janitscharn verlegt, damit man sie bey der
Hand hätte, sich ihrer im Fall der Noth zu bedienen.


Den 30ten hielten wir zu Sophia still, und wurden indes
sen die Wagen geändert, neue Vorspan ausgetheilt, und ein Both
nach Nissa mit Briefen geschickt, davon einer auch an dem Se
Des Mol
lochs Be
such an den
Hn Bot
schafter.
raskier gerichtet war. Der Landrichter, oder Molloch/ kam
mit seinem fuͤnf oder sechs jäͤhrigen Sohn, dem Herrn Groß
Botschafter eine Visite zu geben, welche beide einen Bund, der
etwas breiter war, als die Gemeinen zu tragen pflegen, auf den
Kopf hatten; und weil auch daran die gruͤne Farb zum Vorschein
kam, solte man daraus abnehmen, daß sie von Muhamet ab
stammeten, weil niemand als dessen Geschlecht solche Farb an ih
ren Bünden führen darf. Vor Zeiten hielte man sehr viel auf
diese Emir / oder Euladi Resuli / wie sie mit einem andern Na
Emir / wer
sie seyn?
men genennt werden, absonderlich da dieses Reich noch in seinem
Anfang und an der Abstammung kein Zweifel war; heut zu Tag
aber ist es in solches Abnehmen und die Geschlechts⸗Linien in solche
Ungewißheit gerathen, daß in Egypten wenig Eseltreiber und
Stall⸗Knechte seyn / welche nicht aus selbigem herzustammen praeten
diren; und wann die Welt nur noch wenige Secula stehen solte,
duͤrfte es wol darzu kommen, daß eben so wol alle Muselmäͤnner Mu
hamets Enenkel genennt wuͤrden, als man uns ins gesamt Adams
Kinder heißt: Und dieses so wol darum / weil dieses Geschlecht durch
die Männer und Weiber fortgepflanzt wird, und derjenige, der ei
ne Mutter aus diesem Geschlecht gehabt, so wol füͤr einen Nach
kommen Mahomets zu halten ist, als derjenige, dessen Vatter da
von herstammet; als auch deswegen, weil sich taͤglich viele von dem
Nakib Eschrel / Vorsteher gedachten Ordens, diese Ehren⸗Zeichen
mit Geld erkaufen, der ihnen dafuͤr falsche Briefe ertheilet, worin
nen er ihr altes Herkommen weitläͤuftig behauptet. Sie werden
aber hierzu desto begieriger gemacht, weil dieses Geschlecht unter Freyheit
der Emir.

ihnen vor heilig gehalten wird, und um eben dieser Ursach willen
von der weltlichen Obrigkeit ihnen grosse Freyheit zu erkannt wor
den, wornach ihnen allen der Mund waͤssert, ob schon die wenig
sten davon deutlich darthun köͤnnen, daß sie von Muhamet ab
stammen. Unter andern Vorzug war dieser nicht der geringste, daß
kein anderer Türk um einiger Ursach willen, bey Verlust seiner
rech
- 126 -
Erstes Buch / Siebende Abtheilung.

98
.
rechten Hand, einen Emir mit Schlägen tractiren durfte; wann
aber dieser einen andern beleidiget hatte, muste man ihn bey ihrem
Vorsteher verklagen, welcher seine eigene Stadt⸗ und Henkers
Knechte hat, und über ihr Leben und Tod wie ehmal, also auch
noch heutiges Tags, richten kan. Aber nunmehro ist diese Furcht,
einen Emir zu schlagen, völlig verschwunden: dann nachdem sie
vermerket, daß ihre Anzahl so wol als ihre Verwegenheit von Tag
zu Tag zu nehme, sintemaln der Nakib ihre Parthey hält, und
dabey solche Freyheiten einem jedweden seines Gefallens überläßt /
nur damit er seine Botmässigkeit desto weiter ausbreite, auch nie
mand öffentlich straffet, damit dem Geschlecht nicht ein Schand
Fleck angehenkt werde, haben sie endlich dieses Joch von sich gewor
fen und hierinnen ihre Freyheit behauptet; wie dann auch
diejenige, welche eine subtilere Nase haben, und hinter die Streiche
dieser Emir gekommen, sich kein Bedenken machen, bey sich ereigne
ten Fall sie mit druckenen Faͤusten oder andere Manier tapfer abzu
schmieren; und damit sie gleichwol Respect vor den gruͤnen Bund
haben, nehmen sie ihnen denselbigen vorher mit aller Ehrerbietung
vom Kopf, und legen ihn mit einem Kuß vor sich hin. Einen an
dern Vorzug aber behaupten sie noch heutiges Tages, daß, wann
der Sultan selbst zu Feld ziehet, oder bey einer öͤffentlichen Ver
richtung sich sehen lässet, der andere Vorsteher ihres Geschlechts /
Alemdar genannt, Jhme die grüne Fahne des Muhamets vor
trägt. Im übrigen köͤnnen sie sich zu allen Aemtern gebrauchen
lassen, wie es auch in der That geschiehet; doch haben die wenigsten
zur Kaufmannschaft ein Belieben, auser zu derjenigen, welche Esir
gi genennet wird, und im Kauf⸗ und Verkaufen der Sclaven bestehet,
worzu sie alle von Natur geneigt sind / weilen dabey von der Auf
nehmung und Behaltung der Christen in die Dienstbarkeit gehandelt
Geilheit
der Emir
wider die
Natur.

wird, welches sie für kein geringes verdienstliches Werk halten. Sie
sind anbey zu nichts so sehr als zur Sodomitischen Suͤnde geneigt,
und der Knaben⸗Liebe überaus ergeben, worinnen sie auch die Tar
tarn selbst übertreffen.


Gespräch
des Hn.
Botschaf
ters mit
dem Mol
loch.

Doch laßt uns wieder zu dem Herrn Botschafter kehren;
diesen treffen wir in einem Gespraͤch mit dem Molloch oder Land
richter von dem Glauben, Gebraͤuchen und Sitten der Juden an,
wie sie, nachdem sie unsern Heyland / welchen die Türken selbsten
für
- 127 -
Beschreibung der Stadt Sophia.

99

für einen grossen Propheten, der nur dem Muhamet allein nach
zu setzen sey, danebst für einen heiligen und vollkommenen Mann hal
[t]en, zum Tod verurtheilet, und an den schäͤndlichen Creutz⸗Galgen
gehenket, zur Straffe ihres begangenen Buben⸗Stuͤcks nunmehr
keinen beständigen Sitz und Aufenthalt unter den Volkern mehr
finden, sondern allenthalben ohne eigenen Heerd und Fuͤhrer herum
irren / und bey nahe aus allen Ländern verstossen sind: wie diese
gottlosen Leute auf nichts anders bedacht, als wie sie jederman mit
Betrug hinter gehen, und ihre Güter an sich bringen moͤgen. Die
sen Discours aber hat der Herr Botschafter um keiner andern
Ursach willen vorgenommen, als den Landrichter allgemach dahin
zu disponiren, daß er ihm zur Erledigung einer Christin, welche,
wie Er vernommen, von einem Juden in seinem Hause eingeschlos
sen und gefangen gehalten wuͤrde, desto willfaͤhriger, und mit weni
gern Unkosten, verhelfen moͤgte. Dann was für Zeit die Kaiserli
che Geschäfte dem Herrn Groß⸗Botschafter noch uͤbrig lie
sen, verwendete er auf die Ausübung Christlicher Liebes⸗Werke,
hielte eine fleissige Nachfrag nach gefangenen Christen, und suchte
sie wieder in ihre Freyheit zu stellen. Er unterhielte mit grossen UnLiebe des
Hn. Groß
Botschafters in
Erledigung
der Gefan
genen.

kosten Leute / welche die ganze Stadt durchlaufen und Jhme einen
so unschuldigen Raub durch eine noch heiligere Hinterlist verschaffen
musten. Und damit die Tuͤrken auf diejenige, welche Jhm dergleichen
zu weege brachten, keinen Argwohn haben kunten, als welche sie son
sten mit Schlägen grausam wuͤrden tractirt haben, hat er solche Leu
te durch eine hintere Thüͤr und heimliche Stiegen zu sich bringen,
und durch eben dieselbige wiederum fort gehen lassen. Diese ange
wendte Müͤhe und Sorgfalt ist auch nicht vergeblich gewesen, sin
temaln dardurch füͤnfe ihre Freyheit erlanget, ohne daß jemand von
den Angebern wäre ausgekundschaftet worden; unter denen einer
ein Oestreicher, von Jps an der D[o]nau gebüͤrtig, gewesen, und
vor fuͤnf Jahren von den Tüͤrken mit Gewalt beschnitten worden,
aber sich gleichwol zu ihrer Religion weder mit dem Herzen noch mit
dem Mund bekennet. Bey dieser Gelegenheit hat der Herr Graf Hn. Grafen
von Thier
heims
Großmuth
gegen eine
Gefange
ne.

von Thierheim seine Großmüthigkeit und Christliche Liebe gegen
die Bedrangten gleichfalls erwiesen, angesehen er eine gefangene Frau,
welche zu des Herrn Botschafters Quartier seine Zuflucht genom
men, 6. Türken aber selbige wieder zuruck ziehen wolten, mit entbloͤ

sten
- 128 -
Erstes Buch / Siebende Abtheilung /

100

sten Degen von solcher Gewaltthätigkeit errettet, und zugleich das
Völker⸗Recht vertheidiget, welches nicht will, daß eines Botschaf
ters Quartiers⸗Freyheit durch einige Gewaltthätigkeit solle verletzet
werden.


Nun wollen wir uns aus der Stadt in die Kirche begeben,
Kirche zu
Sophia.

welche ebenfalls von obgedachter Sophia / wie sie vorgeben / er
bauet worden.[9] Darinnen soll ihr Sarg noch bis auf diese Stunde
in dem obern Theil mitten in einem Gewoͤlb aufgehalten werden, und
daraus ein sehr angenehmer Geruch, nach der Tüͤrken eigenen Geständ
nis, herfür gehen; doch kan man denselbigen nicht mehr sehen,
weil er mit einer Mauern verbauet ist: sie halten dafür, daß etwas
Göttliches darinnen müsse verborgen seyn, weswegen sie auch zu Ver
ehrung dieses Coͤrpers bewogen werden. Es zeiget so wol die Art des
Gebäues, als dessen Gestalt, Eintheilung Schiff, Sacristey und
anderes, daß dieselbige ehmaln denen Christen zu ihrem Gottesdienst
gedienet habe; jedoch ist nicht zu läugnen, daß der Thurn und die
Decken in
der Kirche.
daran liegende Gewöͤlbe von den Tüͤrken aufgebauet worden. Die
ganze Kirche ist mit dem feinsten Matten oder Decken von Binzen
belegt, in derselbigen aber gegen Orient, wo unsere Vorfahren das
Allerheiligste aufbehalten hatten, ist das Grab des Erz⸗Betrügers
Muhamet zu sehen, und viele von desselben luͤgenhaften Schriff
ten daselbst zu finden. Auf dem Esterrich liegen hin und wieder
Schaafs⸗Häute, deren sich verlebte und vornehme Personen bedie
nen, damit sie nicht, wann sie mit uͤber einander geschlagenen Füͤssen
mit dem ganzen Leib auf der Erden liegen, von dem kalten Boden
und dessen heraus steigenden Dämpfen schaden nehmen. An einem
hohen Fest wird der ganze Boden mit Persianischen Teppichen be
legt. Jch habe auch nachgehends in einer andern vornehmen Mo
schee dieser Stadt, die von Mahumud Bascha erbauet wor
den, und von dem sie auch gleichwie die Unsrigen von dem ihnen
gewiedmeten Heiligen, den Namen füͤhret, Decken gesehen, welche,
da sie auf des Herrn Botschafters bezeigten Verlangen ausge
breitet worden, sechs Eln breit und so lang gewesen, daß sie von ei
nem Ende der Kirchen bis zum andern gereichet hat; und versichert
uns derjenige Kirchen⸗Diener, welcher uns solche gezeigt wie
er von seinen Vorfahren verstanden, daß diese Decken schon laͤnger
als ein ganzes Sæculum von ihnen gebraucht worden, und wann
er
- 129 -
101

Beschreibung der Stadt Sophia.

er genau rechnen wolte, sie nunmehro schon 176. Jahr dieneten;
gleichwol waren sie nicht so abgenutzt, daß sie nicht noch viel laͤnger
solten dauern können: es ware das Geweb daran nicht nur sehr
dicht, sondern auch sehr schoͤn und fein.


Jn beiden Moscheen stunden zwey Predigt⸗Stuͤhle, von wel
chen sie die gewoͤhnlichen Reden oder Predigten an das Volk halten:
davon der eine etwas niedrig, als dessen sie sich taͤglich bedienen, und
mit dem Alcoran, und dessen Auslegern, auch vielen andern Bet⸗Büͤ
chern angefüllet ist: der andere aber erhabener, und oben mit einer
Cron bedeckt, auf welchen man durch viele Staffeln steiget; und
wie von jenen ihres luͤgenhaften Propheten Irrthuͤmer und falsche
Lehren verlesen werden: also muß dieser zu ihren predigen dienen.
Neben diesem Predigt⸗Stul war nur in der ersten Moschee ein mit
höͤlzernen Gegitter vermachtes Zimmer, welches um eine Staffel
höͤher als der uͤbrige Theil der Kirche, auch mit Tapezereyen behängt
und belegt, und zum Dienst des Groß⸗Vizirs, oder andern Ba
schen, wann sie zugegen, ausersehen ist; in beiden aber ist ein Ver
schlag für die Weiber gemacht. Jm übrigen wird man weder in die
ser noch einiger andern Moschee etwas von Zierrath finden, ausser
etwan etliche in Gestalt eines Circuls in den Gewoͤlben herum haͤn
gende Ampeln, deren oft mehr bey einander sind, und von Gläͤsern,
verguldeten Kugeln, Straussen⸗Eyern, Muscatnuͤssen von seltsamer
Grösse, unterschieden werden; einen Brunnen zum waschen, kupfer
ne mit Wachs⸗Lichtern versehene Leuchter / des Muhamets auf
eine Tafel gemahltes Grab, wie es in der Mecha zu sehen; der
Weeg zum Paradeiß und zur Höllen; die Stauden, so der Erz⸗Be
trüͤger gepflanzet haben, und nach der mehresten Tüͤrken Meinung
noch heut zu Tage grünen solle; und endlich auch des Ebbubecker / Ausleger
der Muha
meitschen
Lehre.

Omar / Osman / Hali / als ihrer vier vornehmsten Lehrer Na
men, oder einige aus dem Alcoran gezogene und mit Finger⸗ und
Ehlen⸗langen Buchstaben geschriebenen Stellen, welche die von mir
oben angezogene Stücke noch mehr erläͤutern. Dann nachdem
Muhamet einmal bey sich beschlossen, einen neuen Glauben und
Gesetz aufzurichten, welches zwar nach vieler Meinung von dem
Münch Sergius soll verfaßt worden seyn, hat er dabey überall den
HErrn Christum, als einem seinen Vorgeben nach groͤssern Prophe Muhamet
des HErrn
Affe.

ten als Moyses und alle andere, aber doch kleinern als er selbst, Christi
zu

N 3
- 130 -
102

Erstes Buch / Achte Abtheilung /

zu imitiren sich befliessen. Dannenhero wie nach unsers Heylands
Tode und Entziehung Seiner sichtbarlichen Gegenwart sich vier
Evangelisten gefunden, welche die Worte ihres Meisters, oder den
von Jhm gepredigten Glauben, in ein Buch eingetragen, und das
neue Gesetz solte genennet werden, davon das alte nur ein Schatten
und Vorbild war: also haben auf gleiche Weise die des Muhame
tanischen Aberglaubens ergebene Leute diese vier Männer aufge
bracht, über den von ihm erdichteten Glauben und neue Lehre ei
ne Auslegung zu machen; und ob sie schon in vielen Stucken von
einander abgehen, werden doch nichts destoweniger ihre Meinungen
für recht und orthox gehalten. Es sind auch in diesen Moscheen
weder Bänke zum sitzen, noch Altäre, ausser zu Mecha, wo der
selben viere anzutreffen, und GOtt für die Erhaltung dieser vier
Lehren und deren Nachfolger unaufhöͤrlich dabey angeruffen wird.
[10]So findet man auch keine Bilder daselbst, sintemaln solche von ihnen
entweder weggeschaft oder ausgekratzt worden; und schelten die Ca
tholischen Christen deswegen für Götzen⸗Diener, weil sie in ihren
Kirchen Statuen oder gemahlte Bilder dulten, welche sie auf keine
Weise vertragen koͤnnen. Mich duͤnkt aber, die Tüͤrken haben sich
deswegen schlecht vorgesehen, indem sie die Bilder aus ihren Kir
chen und von ihren Altären verbannet, und doch gleichwol die
Namen davon, welche eben dieselbige Wuͤrkung haben, und demje
gen, der an sie gedenket, wiederum in das Gedaͤchtnis bringen, nicht
mit weg geschaffet.


Achte Abtheilung.



Christliche
Untertha
nen zu
Grublian.
NAchdem wir nun zu Sophia ein paar Tag ausgeruhet,
sind wir den 1. Julj nacher Grublian aufgebrochen, wel
cher Ort zwey Stund von dar, an dem Fluß Jokaro ge
legen ist, über dessen zwey höͤlzerne Brüͤcken wir unsern Weeg ge
nommen, und das Läger also aufgeschlagen, daß wir ein Dorf zur
rechten, eine anmuthige Wiese zur linken Hand, und gemeldten
Fluß, welcher weder breit noch tief, aber von einem sehr schnellen
Lauf ist, im Rucken hatten. Ein anderer Fluß, die Müh
le im Dorf triebe, war von der grossen Hitze so ausgetrucknet, daß er - 131 -
Reise von Sophia bis nach Philippopel.
103
er kaum die darinn liegende Steine bedeckte: der meiste Theil Un
terthanen daselbst sind Raitzen, und auch der Raitzischen oder Gri
chischen Religion zugethan, welche zu uͤben sie nur in ihren Haͤusern
zusammen kommen, nachdem ihre oͤffentliche Capelle von den Tuͤr
ken schon laͤngst zerstoͤret worden, deren Ruin samt den entbloͤßten Al
tären und Pfeilern, wie auch die ihrer heiligen Bilder beraubte Stel
len nicht ohne Mitleiden angesehen werden koͤnnen, welche letztere/
wann sie reden koͤnnten/ ohne Zweifel ihre alte Oerter und vorige
Verehrungen wieder begehren wuͤrden. Die Haͤuser daselbst sind
noch kleiner, als man an andern Orten findet, und nur aus Rohr,
Halmen, Stroh und Holz zusammen gefüͤgt; doch ist das Wasser
daselbst so gesund, als fruchtbar der Erd⸗Boden sich zeiget: durch
diese blickte eine Art von Metall herfuͤr, so man Talk nennt, und
Kupfer hält, wie Herr Dorschaus, ein in der Chymie wol erfahr
ner Mann, behaupten wolte. Noch ehe man hieher kommt, siehet
man etwas zur rechten Hand den Witoscha⸗Berg, von welchem Des Wito
scha⸗Bergs
Merkwuͤr
digkeiten.

etwas zu gedenken sich der Muͤhe wol verlohnet: Es erstreckt sich
seine Höhe bey vier Stunden, und hat gleich unten vier unter
schiedliche warme Bäder, so dieser Orten sehr beruͤhmt sind, auch
etliche Döͤrfer, Aecker, Wiesen, und Weingärten / und dieselbige
nicht allein unten, sondern auch so gar zu oberst auf seinem Gipfel;
man kan aber auf solchen einen so grossen Unterschied der Luft
antreffen, daß man dabey alle vier Jahrs⸗Zeiten bemerken wird:
unten, wo man durch eine Ebene auf den Berg gehet, spuͤhret man
die gröste Hitze, so daß das Graß und die Erde von der Sonnen
ganz verbrannt oder doch völlig ausgetrocknet ist; auf den obern
Theil findet man den annehmlichen Frühling, wo die Narcissen,
Violen, und andere Blumen den lieblichsten Geruch von sich geben;
in den Wäͤldern trifft man die Fruchtbarkeit des Herbstes an; die
rauhe Winters⸗Zeit aber zwischen den Felsen und Stein⸗Klippen,
deren eine dermassen an die andere stosset, und auflieget, daß es schei
net / es seye dieses kein Werk der Natur, sondern der Kunst, und
die poetische Fabel damit bekräftiget, als ob durch die Riesen der
Berg Oßa auf den Berg Pelius getragen worden. Zwischen die
sen liegt der tiefste Schnee, welcher durch die Winter⸗Käͤlte also zu
sammen gefrohren, daß er auch bey der gröͤsten Sommer⸗Hitz und
in den Hunds⸗Tägen niemaln ganz zergehet: die davon herab fallen

de
- 132 -
Erstes Buch/ Achte Abtheilung /

104

de Bäche, so theils aus der Erden herfür dringen, theils von den
jähen Klippen mit grossem Getoͤß herunter stuͤrzen, verursachen auf
denen obern Wiesen grosse Lachen. Von den benachbarten Ackers
leuten werden viele tausend Pferde und Schaafe dahin getrieben, de
nen es gleichwol an Weide im geringsten nicht fehlet. Es befinden
sich auch Erz⸗Gruben auf diesem Berg, aus welchen Eisen in grosser
Menge gegraben wird; in der Hoͤhe aber gibt es den schoͤnsten Pro
spect auf die unten herum liegende Felder.


Den 2. Julj kamen wir nach Jenihaan / oder Novihaan /
einem füͤnf Meil von Sophia entlegenen Flecken; von dannen wir
den 3ten weiter üͤber Wokerela nach Jchtiman oder Jhliman
giengen. Dieses Jchtiman mag seinen Namen vielleicht von ei
nem daselbst geschlossenen Frieden bekommen haben, weil es auf
Teutsch eben so viel als ein Friedens⸗Bündnis bedeutet. Der rau
he Weege und die täͤglich anwachsende Sonnen⸗Hitze hat unsere bis
Reise bey
der Nacht.
her bey Tag fortgesetzt⸗ als nachgehends bey der Nacht vorgenom
mene Reise um ein merkliches verhindert; angesehen wir gemeinig
lich zu Mittag, wann die Hitze am stärksten zu seyn pflegt, still ge
legen, hingegen um vier, zwey, zwölf und auch zehen Uhr in der
Nacht aufgebrochen sind. Die Moscheen, Bäder und Brunnen ha
be ich an bemeldten beiden Oertern eben also wie anderwäͤrts befun
den: die Haanen oder gemeine Herbergen wurden auch mit gemei
Gemeine
Herberge
zu Jeni
haan.
nen Geld erbauet und unterhalten; und habe ich zu Jenihaan ei

ne dermassen grosse angetroffen, daß 900. bis 1000. Pferde oder
Joch⸗Ochsen gemächlich darinnen stehen können. Jndem wir hier
zu Jchteman einen Rast⸗Tag hielten, und andere auf die Jagd
ausgiengen, habe ich derweilen die maͤnnliche und weibliche Tracht
der Bulgarn, deren noch viele hierum unter den Tuͤrken wohnen,
Kleider der
Bulgari
schen Män
ner.
etwas genauer untersucht: Die Mannsbilder tragen / wie die Rai
tzen in Servien, ein kurzes wüllenes Wammes, mehrentheils von
blauen oder weisen groben Tuch, und lange Hosen von eben derglei
chen Farb; an diese sind die Strumpfe genähet, über welche sie ein
Stück Fell oder Leder ziehen, so sie mit vielen Stricken fest binden,
und ihnen an statt der Schuhe, Stieffeln und allem andern dienet;
und wann sie durch morastige Felder oder unsaubere Weeg reisen,
machen sie solche an der Sonnen oder beym Feuer wieder trocken,
und
- 133 -
Reise von Sophia bis nach Philippopel.

105

und ziehen sie alsdann von neuem an: an statt der Hauben haben
sie ein Stück Schaafs⸗Haut auf dem Kopf; die Haare sind ihnen
bis auf einen Zopf abgeschnitten, und in der Hand füͤhren sie einen
Stecken, woran ein gespitztes Eisen fest gemacht ist, dessen sie sich
bey ihrem Vieh an statt der Geisel bedienen, und sich auch im gehen
darauf lehnen. Jhre Weiber gehen nicht, wie die Türkischen, mit Kleider der
Bulgari
schen Wei
ber.

bedecktem Gesicht, haben auch keine Hosen an: ihr Rock gehet ih
nen bis auf die Füsse, und siehet einem Hembd aͤhnlich, ausser wel
chem sie fast zur Sommers⸗Zeit nichts anders anhaben: dessen Ma
terie von eben nicht zart-gesponnener Wolle ist, als woraus wir in un
sern Ländern Säcke zu machen pflegen, aber von vielfältiger Stüͤckerey
und Farben ganz bund und scheckicht aussiehet; woruͤber sie einen gleich
bunden von Cameel⸗Haaren oder Wolle gar seltsam geflochtenen
Gürtel legen. Jhr Schmuck bestehet in schwehren silbernen und verSchmuck
derselbi
gen

guldeten Ohren⸗Gehaͤngen, und dergleichen Ringen, in Steinen,
Muscheln, gefärbten Glaß / Bildern, Blumen und allerley schlech
ten Münze; damit nun zieren sie den Kopf, den Hals, die Haare,
Finger, Brust, und bilden sich darauf mehr ein, als die Königin
aus dem Reiche Arabien, oder die stolze Cleopatra selbsten. So Tracht der
Jung
frauen.

lang sie noch Jungfrauen sind, gehen sie wenig aus, und lassen sich
auch selbst nicht viel sehen, haben ihre Haare gebunden und üͤber
den Rüͤcken herab hangend: so bald sie aber heyrathen, binden sie
dasselbige hinauf. Jhrer viele tragen einen ungeheuren grossen Hut, Weiber
Hüte.

dessen Breite über die Schultern herab hanget, die Höhe aber fast
eine Ele über den Kopf hinaus gehet, im übrigen auch denen
Unsrigen ganz ungleich, sintemaln das oberste Theil / oder dasjeni
ge, was gegen den Himmel schauet, am breitesten ist, als wann er
mit Fleiß darzu gemacht wäre, nicht daß er den Regen abhalten,
Töchter
werden an
den Bräͤu
tigam ver
kauft.

sondern auffangen solte. Wann einer eine Tochter zur Ehe begehrt,
kauft er solche von den Eltern, und duͤnget, so genau er kan, wel
ches Geld alsdann die jungen Ehe⸗Weiber statt ihres Heyrath⸗Guts
behalten, und im ersten Jahr ihrer Vermaͤhlung an ihrem Leib als
einen sonderlichen Schmuck tragen. Die Jungfrauen nehmen hierMünz ein
Schmuck
der Bulga
rischen
WeibsBilder.

zu was sie gewinnen, oder geschenkt bekommen, womit sie oft so be
laden sind, als die Esel, wann sie Säcke in die Muͤhl tragen, wie
sie dann auch ihre Schönheit und Stand nach der Menge sol

cher Münzen æstimiren. Die Braut wird von ihren Verwandten
und

O
- 134 - 106
Erstes Buch / Achte Abtheilung /

Uberfüh
rung der
Braut zum
Bräuti
gam.
und Bluts⸗Freunden zu dem Bräutigam geführt, davon ein Theil
unterwegs weinet, der andere singet, der dritte trägt die Hochzeit
Fackeln vor, der vierte flechtet der Braut die Haare, der fünfte
lößt sie wieder auf / und unter diesem Getändel kommen sie zum
Bräutigam; allwo sie 14. Tage hindurch verhüͤllet bleibt, und wann
in dieser Zeit der Mann die ehliche Pflicht von ihr begehret, welches
ihme doch nicht seines Gefallens, sondern nur zur bestimmten Zeit
erlaubt ist, legt sie deswegen den Schleyer doch nicht von sich, bis
sie endlich nach verflossener Zeit das Gesicht wiederum bloß gibt,
und hierauf mit ihrem Mann das Hauß⸗Wesen nach ihren besten
Vermögen versiehet. Und weil wir in so weit der Bulgarn Kleider
Tracht genugsam besehen, so laßt uns wieder ins Lager zuruck
kehren.


Daselbst wäre uns noch diesen Tag bald ein grosses Unglück
Entsetzli
ches Unge
witter.
durch ein unvermuthet entstandenes Wetter zu Handen gestossen.
Dann ob es gleich den ganzen Tag üͤber schoͤn heiter gewesen, hat sich
doch auf dem Abend ploͤtzlich ein solch grausam mit Donner, Blitz
und Regen vermischtes Ungewitter erhoben, daß man häͤtte meinen
sollen, die Welt wuͤrde daruͤber zu Grunde gehen, und der juͤngste
Tag kommen: die mehresten Zelten wurden aus der Erden gerissen
und durchs Läger in die Luft fort gefüͤhrt; diesem wurde der Hut,
einem andern die Parucke, dem dritten die Pantoffeln / und jenem
wieder was anders durch den Wind abgenommen: ja, was am mei
sten zu verwundern, so wurden die schwehr beladene Wägen aus
ihrer Stelle bewegt, und in einen Graben getrieben, wo sie endlich
nicht weiter fort kommen kunten. Es blitzte so stark, daß man wie
beym Licht lesen kunte; und hatte es bey nahe das Ansehen, als ob
von dem herabfallenden haͤufigen Regen, welcher auch die Felder
überschwemte, eine andere Suͤndfluth oder doch gefäͤhrlicher Wol
ken⸗Bruch zu besorgen stünde. Die Berge schützten uns vor dem
Wind so wenig, daß derselbige, wie gleichsam durch eine Röͤhre,
nur desto heftiger auf uns los stürmte. Wie aber selten ein Un
FeuersGefahr.glück allein kommt, so geschahe es auch hier, sintemaln, da wir be
reits von Luft und Wasser genugsam bestritten waren, das Feuer
seine Wut nicht weniger an uns ausüben wolte, worzu unserer
Fuhrleute Nachlässigkeit oder vielmehr Unbedachtsamkeit Gelegenheit
gegeben; dann diese hatten Feuer unter ihre Toͤpfe geschiert, und sol

che
- 135 -
Reise von Sophia bis nach Philippopel.

107

che an die Wagen⸗Deichsel gehangen, um sich darinnen was zu es
sen zu kochen / oder auch wol bey der Nacht des Feuers zu ihrer Er
wärmung zu bedienen: nachdem sie aber durch das Wetter von dar
weg getrieben worden, hat unterdessen dasselbige die Wäͤgen, wor
auf die Kaiserliche nach Constantinopel bestimmte Geschenke gepackt
waren, ergriffen; und wo des Herrn von Wettsteins sonderbaDurch Hn.
von Wett
stein abge
wendet.

re Wachtsamkeit nicht das beste dabey gethan häͤtte, duͤrften wir ver
muthlich einen unbeschreiblichen Schaden erlitten haben: dieser aber,
als er ein mehr denn gewoͤhnliches Feuer erblickt, und daraus nicht
unbillig was schlimmes muthmassete, ist alsobald im blosen Hembd
aus seinem Zelt gesprungen, hat sich mit dem Leib voͤllig auf die Er
den gelegt, mit Händ und Füssen gedämpft, und dardurch diese gros
se Gefahr glücklich abgewendet.


Den 5ten dito sind wir anderthalb Meil von Banga in einer
Ebene an der Maritz zu stehen gekommen; woselbst auch noch ein
anderer Fluß oder Bach, dessen Namen ich aber nicht erfahren koͤn
nen, ohnerachtet ich durch die Dolmetschen die Tuͤrken deswegen fra
gen lassen, welche solchen keinen andern Namen zu geben gewust, als
daß es ein Bächlein seye. Die Stadt Samcova hatten wir vor
uns mitten in den Bergen liegend, so wir aber nicht zu Gesicht be
kommen; ruckwäͤrts lag ein Dorf / welches man auf ihre Sprach das
Vogel⸗Dorf nennet, und dieses, wie ich muthmasse, darum, weil Vogel
Dorf.
eine gewisse Art Bäume daselbst zu finden, die unsern Pappel

Bäumen fast gleich, deren Blätter sich stäts bewegen, und damit
die Vögel abhalten, daß sich keiner darauf setzet noch nistet. Zur Berg Rho
dope.

rechten sahen wir die Spitze des Bergs Rhodope / so noch mit
Schnee bedeckt war, und von den Benachbarten Rulla genennt
wird, aus deme die Maritz ihren Ursprung nimmt, wie solches
auch Ovidius und Plinius bezeugen. Zur linken zeigten sich die
jenige Berge, welche die Bulgarey und Thracien von einander
entscheiden, und bis an den Haͤmus zwischen Sophia und Phi
lippopel sich erstrecken. Sie fangen schon in dem Köͤnigreich Ser
vien, ohnweit Raschna oder Sumantzio an, und lauffen immer
fort durch unterschiedliche Länder, bis sie aus Thracien an das
Thracien
oder die
Romanie.

schwarze Meer kommen. Dieses Thracien wird von den Tüͤrken
Rurnili / insgemein aber die Romanie genennt, und solches ohne
Zwei

O 2
- 136 -
Erstes Buch / Achte Abtheilung /

108

Zweifel darum, weil der Kaiser Constantinus aus dem alten Latio
Leute nach Grichenland üͤberfahren lassen, damit Er dem neuem
Rom auch ein neues Latium beyfügen, und die Nachwelt üͤberzei
gen möͤgte, daß das neue Rom oder Constantinopel dem alten
gleich gewesen, wo nicht gar dasselbige uͤbertroffen habe. Ehe wir
aber in gedachte Ebene hinab gestiegen haben wir vorhero die so be
kannte Pforte des Kaisers Trajani besehen.


Pforte des
Kaisers
Trajani.

Dieselbige liegt zur linken in den Bergen, deren gäͤhe Klippen
und sehr tiefe Abgründe kaum einen Zugang verstatten; weswegen
wir unsere Wägen und Bagage eine andere Strasse gehen lassen,
unsere Curiosité aber zu vergnuͤgen, uns unserer Pferde bedient, da
mit wir gleichwol dasjenige selbst in Augenschein nehmen koͤnnten,
wovon wir bereits in so vielen Buͤchern gelesen haben. Es ist aber
dieses Werk weit nicht so wichtig, als der gemeine Ruff es gerne
machen will; die ganze Sache bestehet darinnen, daß zwey steinerne
Säulen neben einander aufgerichtet, und oben durch ein Gewoͤlb
an einander gehenckt sind, welche auf solche Weise eine grosse leere
Pforte vorstellen. Diese hat Kaiser Trajanus zum Gedächtnis
des von Jhm durch selbige Gegend geführten Kriegs⸗Heers aufge
führet, da Er die Thracier und Teutsche zu bestreiten und seiner
Herrschaft zu unterwerfen im Anzug war, weil Er sich hierdurch ei
nen Weeg gebahnet, da vorher keiner gewesen ist. Sie bestehet
theils aus Hau⸗Steinen, theils aus Ziegeln, welche letztere aber viel
breiter und fester sind, als diejenige, deren wir uns heutiges Tags be
dienen: es spaltet sich aber dieselbige schon an vielen Orten, und
dürfte die meiste Zeit gedauert haben, absonderlich da sie dem
Wind und Regen sehr exponirt ist; wie dann auch der Herr von
Dierling / welcher schon einmal mit der vorigen Groß⸗Botschaft
unter dem Grafen von Oettingen allda gewesen, und anjetzo bey
gegenwärtiger als Secretair stehet, mich versichert, daß sie von sel
biger Zeit an merklich zusammen gefallen seye. Es ist aber diese
Pforte auch noch einer andern Verhaͤngnis unterworfen, da nem
lich die Anbeter des lieben Alterthums mit Gewalt Steine aus der
selbigen brechen, um solche mit in ihr Vaterland zu fuͤhren, und in
ihrer Studier⸗Stube oder Kunst⸗Kammer als ein geheiligtes Bild
der Göttin Pallas, und aus dem Trojanischen Brand gerettete
Hauß⸗
- 137 -
Reise von Sophia bis nach Philippopel.
109
Hauß⸗Götter zur sondern Zierde oben anzustellen. Jch habe nicht Excess in
der Liebe
zur Anti
quität.

wenig über diejenige unter uns lachen muͤssen/ die doch Wunder
meinten, wie sie in der Antiquität beschlagen waͤren, daß sie aus
grosser Inclination zu derselbigen gemeldte Steine begierig zusam
men gesucht, und ihre Schub⸗Säcke dicht damit angefüllt;
warum haben die guten Leute nicht lieber von dem nechst anliegenden
Felsen Steine herunter geschlagen und mit sich geschleppt, welcher
ohne Zweifel älter als diese Pforte gewesen ist. Ein sehr curiöser Geist
licher / aus einem gewissen Orden, von welchem man nicht anders
als mit der groͤsten Behutsamkeit reden muß, wann man sich keine
Miß⸗Gunst zu ziehen will, weil er sich den Ruhm der Gelehrsamkeit
nach Verdienst erworben hat / bezeigte eine ungemeine Sorgfalt füͤr
diese steinerne Denkmale; dann nachdem einer unterwegs dergleichen
Steine als eine unnöthige Last von sich geschmissen, hub es jener
mit sonderbahrer Veneration und nicht geringem Frohlocken wieder
auf, verschlosse es in seine Kuͤsten, und zweifelte nicht, daß die ge
lehrte Welt eine ganz ausserordentliche Obligation deswegen vor
ihn haben müͤste, weil er dergleichen Kostbarkeit von dem augen
scheinlichen Untergang gerettet. So hat sich auch einer unter mei
nen Landsleuten, ein sonst gar verständiger und dienstfertiger
Mensch, gefunden, welcher bey seiner Ruckkunft einem seiner ver
trautesten Freunde, so um einer mir unbekannten Ursach willen
nicht mit reisen können, eine zimliche Quantität von diesem Traja
nischen Schatz mitgetheilet, in der sichern Meinung, er koͤnnte sein
ergebenstes Gemüth gegen Jhm nicht besser an den Tag legen, als
wann er ihn mit demjenigen so reichlich beschenkte, welches er vor
das kostbarste unter allen seinen Raritäten hielte. Wann demnach Die allzu
grosse Cu
riosité darf
wol hinter
gangen
werden.

sich ja einer finden solte, der dergleichen Stein nicht zu sich genom
men und deswegen von andern als ein Verachter der Antiquität duͤrfte durchgelassen werden, dem will ich wolmeinend rathen, wo
ferne er anders keine solche Suͤnde zu begehen vermeinet, welche aus
zusöhnen ganz Latien und Grichenland mit allen ihren Steinen nicht
capable wären, daß er so gleich bey seiner Ruckkunft nach Wien
auf den Kahlen⸗Berg gehe, und von dar einen so grossen Stein mit
sich nach Hauß trage / als er unter seine Freunde auszutheilen ge
nugsam zu seyn glaubt, welche gewiß eben so gute Würkung als
jene Trajanische haben werden, womit er gleichwol den Namen ei


nes

O 3
- 138 -


Erstes Buch / Achte Abtheilung /

110

nes Liebhabers und Kenners der Antiquität behaupten, dabey aber
auch zugleich doppeltes Lob verdienen wird, eines theils, daß er an
derer Leute Thorheit so artig zu hintergehen gewust; andern theils aber,
daß er der wahrhaftigen Antiquität damit nichts entzogen, welche
durch anderer unnuͤtze Curiosité nur mehr und mehr verstuͤmmelt
und ihr gaͤnzlicher Ruin nur desto eher befoͤrdert wird: dann so weit
diese vorwitzige Hände haben reichen koͤnnen, ist dieses rare Denkmal
von ihnen zerstuͤmmelt und bey nahe ganz ausgehoͤlet worden. Das
Gewölb ist ohnedem schon ganz zerspalten, und nicht zu verwun
dern, wann es nechstens uͤber einen Haufen faͤllet. In der linken
Säulen, nach demjenigen Weeg gerechnet, welchen wir dahin ge
kommen, kunte man unten einen grossen Stein von weisen aber nicht
nach heutiger Art polirten Marmel eingemauert sehen, auf welchem
ein blaufarbigtes Quater⸗Stüͤck lieget, in deme einige lateinische
Sprüche eingehauen gewesen, so man aber wegen des daruͤber gestri
chenen Kalchs und in die Mauern hinein geschobenen Theils, auch
der noch uͤbrigen durch den vielfäͤltigen Regen ausgelöͤschten Buchsta
ben ohnmöglich mehr lesen kan. Allein es wolten einige aus der in
die Höͤhe oder gegen dem Himmel gerichteten Schrifft urtheilen, daß
dieser Stein eigentlich nicht zu dem Werk selbsten gehöͤre, sondern
von ungefehr in diese Pforten versetzt und vielleicht damit ausgeflickt,
von den Reisenden aber zu einem Denkmal ihrer ehmaligen Gegenwart
also gezeichnet, hingegen von Regen und Schnee und Laͤnge der Zeit
wiederum ausgeloͤscht worden. Wann ich meine Meinung davon
sagen darf, so kommt es mir vor, daß unter andern auch um eben
dieser Ursach willen, weil die Schrifft gegen dem Himmel schauet,
und halben Theil mit Kalch überstrichen ist, es eine alte Schrifft muͤs
se gewesen seyn, damit bey einmal erfolgender Niederreissung dieser
Pforten die Nachwelt in Erfahrung bringen moͤgte, wer solche auf
geführet, und was ihm darzu Anlaß gegeben; welches die Alten
gar sehr in Gebrauch gehabt, wie wir aus ihren ruinirten Gräͤbern,
Särgen, Kirchen und andern aufgerichteten Denkmaln versichert
sind, daran man vor ihrer Destruction dergleichen nicht merken
kunte, was man nachgehends beobachtet, auch noch heut zu Tage
an grossen vornehmen Gebaͤuen wahrnehmen kan. Jn diesen Bergen,
über welche wir nach bemeldter Pforte gehen müssen, wird viel
EisenBergwer
ke.
Eisen gegraben, und zu gerichtet, wie wir dann im Ruckweeg verschiedene
damit
- 139 -
111

Reise von Sophia bis nach Philippopel.

damit beladene Wägen angetroffen; so ist uns auch eben daselbst Warmer
Brunnen.

ein warmer Brunnen aufgestossen, dessen Wasser immerzu so stark
heraus siedet, als wann es etliche Stunden bey dem Feuer gestan
den, so daß man Eyer und andere leichte Speisen gar leicht darin
nen kochen koͤnnte. Unten am Berg, nicht weit von unserm Lager Zerstörte
Kirche.

stunde wiederum eine alte zerstoͤrte Kirche, in welcher jetzt die Raben
und Turtel⸗Tauben ihre Wohnung aufgeschlagen: der Regen fie
le zu allen Seiten hinein, und war mit keinem Dach mehr bedecket;
auf der Mauern wuchs das Gras, die Baͤume und Stauten schaue
ten zum Fenster heraus, so, daß es recht erbaͤrmlich anzusehen, wie
dasjenige durch der Barbarn Verwüͤstung nunmehro zu einem Sitz
der Vögel worden, welches ehedessen ein Wohnhauß des Aller
höͤchsten gewesen.


Als wir den 6ten dito über hohe gaͤhe Stein⸗Klippen, zwischen
welchen die Maritz mit grossem Geraͤusch durchflieset, unsern Weeg
fort gesetzet, sind wir über Jabrowitz und Kiskoi nacher
Seranweg / so ebenermassen zwischen den Bergen liegt / noch
bey guter Zeit gekommen. Der Name Kiskoi bedeutet so viel als
Jungfrauen⸗Dorf, und hat seinen Namen von denen Weibs⸗Bil
dern, deren wir nirgends mehr als hier angetroffen. Zu Serhan
Eine Men
ge Reiger
und
Schwal
ben.

weg haben wir eine grosse Menge weiser Reiger und unbeschreibli
che Anzahl Schwalben gesehen, welche so gar, wo sie hingeflogen, die
Luft verdunkelt, so heiter auch das Wetter dazumal gewesen ist. Auf
der Ebene gegen Serhanweg ist ein Bach / welcher ganz mit
Krebsen angefüllt, und sich in die Maritz ergieset. Gestern erUnsicher
heit dieser
Gegend.

innerten uns unsere Janitscharn, daß keiner von der gemeinen Land
Strassen auch nur im geringsten abgehen solle, noch vielweniger die
sen Tag sich allein auf dem Weeg begeben, weil sich dieser Orten
sehr viel Strassen⸗Räuber und Möͤrder aufhalten, welche Rott
weise die Reisende anfielen, und wo diese sich nicht zusammen hielten,
noch unter einem starken Geleit mit gewafneter Hand ihnen wider
stünden, wären sie in Gefahr, durch sie auf allerley hinterlistige
Weise in Schaden zu kommen; weswegen auch an verschiedenen Or
ten die Spahi Wacht hielten, damit wir desto sicherer waͤren, und sie
uns im Nothfall zu Hülf kommen könnten. An diesen Tag haben
wir zu erst Thracien betretten, da wir uns bishero noch immer
mit den Bulgarischen Bergen schleppen muͤssen; nachdem wir aber
nun
- 140 -
112

Erstes Buch, Achte Abtheilung /

nunmehro diese zuruck gelegt, werden wir forthin bis nach Con
stantinopel einen ebenen Weeg haben. Ehe wir diese Landschaft
gar verlassen, wollen wir erst ein wenig untersuchen, womit sich die
Unterthanen in der Bulgarey und in dem Koͤnigreich Servien
nehren, und mit was für Gaben und Dienste sie der Pforten ver
bunden sind.


Die mehreste aus ihnen sind so wol als andere in dem ganzen
Der Unter
thanen
Auflagen
in der
Bulgarey
und Ser
vien.
Reich schuldig und mit Eid verbunden, sich so oft im Krieg gebrau
chen zu lassen, als oft solches die Noth und der gemeine Nutz erfor

dert, wovon auch so gar Juͤnglinge und Kinder nicht ausgeschlos
sen, sondern nur allein die verlebten Personen und welche einen
Leibs⸗Schaden oder sonst nicht Kraͤffte genug haben, dieser Pflicht
überhoben sind. Doch ist ihnen dabey gleichwol erlaubt, Handel
schaft zu treiben, so lang sie daheim in Frieden sitzen / wie sich dann
auch die mehresten damit ernehren. Die Bauern und Ackers⸗Leute
zahlen der Pforten jährlich zehen Löwen⸗Thaler / dafür stehet ihnen
hernach frey zu pflanzen, saen, Ernden, und allerhand ihnen gefäl
lige Handthierung zu treiben. Derjenige, welcher zwey Joch⸗Och
sen oder Pferde hat, muß eines davon sechs Monat zu des Sul
tans Diensten gebrauchen, welche Zeit sie gemeiniglich von unserer
Ostern bis auf Michaelis zu rechnen pflegen, weil in solcher die
Türkische Armee gegen dem Feind im Felde stehet, als deren Cam
pirung wegen des weiten Weegs, so ihre aus allerhand Nationen zu
sammen geraffte Soldaten wieder nach ihrer Heimat in die Winter
Quartier ziehen muͤssen, nicht leicht laͤnger dauert. Füͤr diese Zeit
nun des halben Jahrs zahlt man ihnen nichts, und sind sie gezwun
gen, sich und ihr Vieh selbst zu verkosten. Wann es des Sultans
Interesse erfordert, muͤssen sie aus einem Land in das andere ziehen,
ohne daß deren Stadthaltere sauer darzu sehen noch deswegen in Un
fried mit einander leben darfen, wie es leider oftmals zum höͤchsten
Nachtheil des obersten Regenten und gemeinen Wesens bey uns ge
schiehet. Es sind viele von denenjenigen Waͤgen, so uns von Nissa
aus Servien bis nach Sophia in die Bulgarey geführet, nicht
weit von dem schwarzen Meer aus Thracien herkommen, von
wannen sie Proviant, Kriegs⸗ und andern Werk⸗Zeug nach Nissa
gebracht haben.


Nach
- 141 -


Reise von Sophia bis nach Philippopel.

113

Nachdem wir den 7ten dito etliche Stunden in einer grossen Die Stadt
Basard
schik.

Ebene längst der Maritz fort gegangen / sind wir nach Basard
schik, einer bey denen Tüͤrken beruͤhmten Stadt, gekommen: wo
bey wir auf dem Weeg dahin etlichmal uͤber die Maritz gehen muͤs
sen, doch meistens dieselbe zur linken Hand gehabt, welche noch bis
her so seicht, daß man dadurch waten kan, ohnerachtet sich schon ei
nige Fluͤsse in dieselbige ergossen haben; jedoch wann sie von Schnee
oder Regen aufgeschwellet ist, hat man einer Brüͤcken oder Schiffs
vonnoͤthen, wann man hinuͤber kommen will. Erst bemeldte Stadt
liegt an gedachtem Fluß, einem lustigen Ort, uͤber welchen eine hoͤlzer
ne Brücke gebauet, darauf nach Lands⸗Gewohnheit viele Türki
sche Bünde in Holz geschnitten stehen, womit solche abgetheilet
wird. Nebst diesem lauft noch ein anderes Wasser fast um die gan
ze Stadt, und ergieset sich endlich gleichfalls in die Maritz. Die Die Be
schaffen
heit der
Häuser zu
Basard
schik.

Häuser daselbst sind weit schöͤner, grösser und besser als zu Nissa /
Sophia und allen übrigen Orten. Die Vordächer oder
Lauben gehen an denselbigen so weit herfür, daß man gar gemächlich
darunter wohnen köͤnnte, wann nur Mauern hinauf geführet und
man zur Seiten bedeckt wäre. Es gibt viel Bäder allhier, auch wei
tere und reinere Strassen, als in andern dergleichen Städten. Die
Kaufmannschaft wird mit grossem Vortheil der Stadt getrieben,
welche auch gar bequem darzu, nemlich mitten im Reich liegt, wes
wegen eine jedwede Sache leichtlich verschlossen werden kan. Da
selbst ist der Haan mit grossen Unkosten, denen Beduͤrftigen damit Haan da
selbst.

an die Hand zu gehen, von puren Quater⸗Stuͤcken gebauet, in des
sen Vorhof ein Brunnen⸗Kasten stehet, der zu mehrern Zierde in
nen und aussen mit Bley belegt ist, in welchen das Wasser immer
zu rinnet, und wieder hinausflieset, und koͤnnen auch daraus 50.
Pferde zugleich getränckt werden. Jch habe bey dem Eingang AllmosenStock.
der Stadt einen Allmosen⸗Stock beobachtet, welcher zum Behuf
der Armen aufgerichtet ist, und davon ich mich nicht erinnere, daß
ich an einem Ort in der ganzen Tuͤrckey dergleichen gesehen haͤtte,
ohnerachtet die Tüͤrken alle andere Völker an Barmherzigkeit und
Liebe gegen den Nechsten übertreffen. Auf ihren Kirchhöfen ist eiKirchhöfe.
ne unbeschreibliche Menge von Grab⸗Steinen anzutreffen, sinte
maln die Tüͤrken in dem Gebrauch haben, füͤr einen jeden Todten ein
besonders Grab zu machen, damit nicht einer den andern in demjenigen
Kampf
P - 142 -
Erstes Buch / Achte Abtheilung /

114

Kampf, welchen sie, ihrem Glauben nach, mit dem böͤsen Geist nach
ihrem Tode haben, verhinderlich seyn möͤgte, wann sich mehr als
einer in einem Grab befinden solte: daher kommt es dann, daß
diese Kirch⸗Höfe grösser als die Städte selbsten sind, und man ge
wiß von denen darauf befindlichen Steinen eine groͤssere Stadt, als
die dabey liegende hölzerne ist, würde aufrichten können. Diese
Grab⸗Steine sind zweyerley Gattung, einige sind rund, andere flach
und duͤnne, und ist an diesen letztern dasjenige Theil, so ober der Erden
stehet, viel breiter, als das untere, also daß man sich daran eine um
gewendte Pyramide vorstellen kan; jene aber mit einem Türkischen
Bund gezieret: welche bey dem Kopf stehen, und allezeit zu gegen
sind; diese aber bey den Fuͤssen, und sich bey gar vielen nicht finden.
Beide sind mehrentheils von Marmel, mit Laub⸗Werk, Gold und
unterschiedlichen Farben, auch bisweilen mit Türkischen Buchstaben
gezieret. Diejenige, so es im Vermoͤgen haben, lassen sich noch dar
zu einen länglicht⸗viereckigten Sarg von weisen Marmel, oder auch
ein Grabmal verfertigen, welches auf Säulen stehet / und mit ei
nem Dach vor dem Regen und Ungewitter verwahrt ist. Uber die
ses sind der Türken Gräber viel weitläuftiger als die Unsrige, und
Streit der
Türken
nach ihrem
Tod / mit
den bösen
Geistern.
zwar eben um ob angefüͤhrter Ursach willen, damit sie nemlich, wann
sie darinnen, in Gesellschaft des guten Engels Gebrai oder Ga
briel / mit den bösen Geistern Aruth und Maruth streiten / desto
besser um sich schmeissen koͤnnen; wie sie dann für ihren Gehüͤlfen,
den Gabriel / der ihnen bey diesem Kampf mit Rath und That an
die Hand gehet / ein kleines Zimmer darinnen zu richten lassen, sie
selbst auch in solcher Positur in das Grab gelegt werden, daß sie das
Gesicht nach der Mecha / dem Grab ihres Propheten, und fälsch
lich eingebildeten Wohnsitz der Auserwehlten kehren. Ehe sie noch
Begräbnis
Ceremo
nie der
Türken.
dahin gebracht werden, wäscht man ihnen den Leib vielmaln ab,
setzt den Bart in Ordnung, und bestreicht sie mit wol riechenden
Sachen / damit sie fein recht gebutzt in dem Himmel erschienen.


Den 8ten dito blieben wir daselbst in der Stadt liegend, um
etwas aus zu ruhen, und zur noch uͤbrigen Reise uns desto geschickter
zu machen. Indessen brachten die Einwohner des Orts Blumen,
Früchte, Fladen, Kuchen, und allerhand Torten herbey, absonder
lich aber ein Trink⸗Geschirr / das mit Nägelein und Graß sehr ar

tig
- 143 -
115

Reise von Philippopel bis nach Adrianopel.

tig auf dem obern Theil bewachsen war, damit der darinnen enthal
tene Trank desto kuͤhler verblieb/ mit welchen sie den Herrn Groß
Botschafter zum Zeichen der Freundschaft und Hochachtung be
beschenkten. Es hat auch derselbige in solcher Zeit vernommen, wie Erlösete
Gefangene
zu Basard
schik.

daß viele gefangene Christen allda aufbehalten würden, weswegen Er
sich höchst angelegen seyn lassen, selbige los zu machen; durch wel
ches Beyspiel der erste und zweyte Adel gleichfalls bewogen worden,
Geld zusammen zu schiessen, und ein paar gefangene Christen da
für los zu kaufen: auf solche Weise wurden in dieser nicht gar
grossen Stadt deren viere aus ihrer Sclaverey erloͤset, darunter ei
ner solche absonderlich fuͤhlen muͤssen, als welcher nicht allem mit
acht und zwanzig pfüͤndigen Fesseln sich taͤglich herum schleppen und
damit an die Arbeit gehen, sondern auch noch zu Nachts, wann er
sich schlaffen gelegt, binden lassen muͤssen. Nachdem wir nun
den 9ten in der Nacht unsere Waͤgen und Bagage voraus geschickt,
sind wir selber in aller früͤhe aufgebrochen, und noch denselbigen
Vormittag zu Philippopel ankommen.


Neunte Abtheilung.


DJese Stadt haben wir nur im Vorbeygehen gesehen, weil Pest zu
Philippo
pel.

wir uns wegen der darinn grassirenden Pest, so täglich vie
le Menschen hinweg gerissen, nicht lang daselbst aufhielten.
Als wir bey dem ungemeinen grossen Kirch Hof vorbey fuhren, ha
ben wir neben dem Weeg viele Graͤber beobachtet, so noch mit fri
scher Erden bedeckt gewesen, woraus man die Gewalt dieser Seuche
gar leicht beurtheilen kunte; weswegen scharf verbothen worden,
daß niemand nach der Stadt gehen, oder von daraus etwas mit sich
nehmen solte, damit dardurch die ganze Botschaft nicht in Gefahr
gesetzt würde. Sonst ware wol nicht zu zweifeln, daß wir daselbst
nicht solten viel merkwuͤrdiges angetroffen haben, worduch die maͤch
tigen Victorien Philippi des Grossen/ Alexandri Magni
Vaters, auf die Nachwelt fortgeflanzt worden. Busbeck in seiLage dieser
Stadt.

nen Türkischen Sendschreiben berichtet von dieser Stadt, daß sie
auf einem von dem daselbst befindlichen dreyen Huͤgeln gelegen seye,
welches mir Anfangs nicht so vorkommen, indem ich geglaubt, daß
sie

P 2
- 144 -
116

Erstes Buch / Neunte Abtheilung /

sie auf alle drey gebauet wäͤre, habe es aber nachgehends anders be
funden / indem ich nur durch einige Gebäͤue, welche üͤber solche han
gen, betrogen worden; weswegen ich meine Meinung geändert, als
ich durch ein Perspectiv derselben Gelegenheit, Ab⸗ und Eintheilung
etwas genauer betrachtet, und dabey angemerket, daß die Stadt
zwar auf zwey Spitzen stehet, welche aber nur einen einigen Berg
ausmachen, da der andere vor Zeiten wol auch mit dergleichen
Ringmauern umgeben gewesen, die aber jetzt mehrentheils zerfallen
sind. So habe ich auch vier Hügel gefunden / wo Busbeck nur
drey will gesehen haben: und kan ich ihm darinnen nicht beyfallen,
Bedeu
tung der
Erd⸗Hau
fen.
wann er meinet, das diejenige Erd⸗Haufen, die in dieser Gegend an zutreffen, Zeichen der in diesen Feldern gehaltenen Schlachten seyn
sollen, als worunter die Erschlagene begraben lagen; sintemaln durch
alle Landschaften des Sultans, die wir durch gezogen, dergleichen zu
sehen sind, worunter auch einige waren, so erst neulicher Zeit aufge
worfen worden, von welchen man mich auf genaue Nachfrage be
richtet, daß diese Gewohnheit schon vor alten Zeiten gewesen, und
zwar zu dem Ende eingeführet seye, damit die Armeen in Kriegs
Zeiten wissen koͤnnten, welchen Weeg sie halten muͤsten. Auf einer von
denenjenigen Spitzen, auf welchen die Stadt stehet, siehet man ei
nen viereckigten Thurn, welcher vor diesem zur Vertheidigung des
Orts statt einer Vestung gedienet; und damit solcher vor feindlichen
Anfällen desto sicherer seye, hat man keine oder doch wenig Haͤu
ser dahin gebauet: es gebrauchen die Türken anjetzo denselbigen
für einen Wacht⸗Thurn, haben auch eine Uhr darauf gestellet. An
dem Fuß des ersten Bergs flieset die Maritz vorbey, und theilet
durch ihren Lauf die Stadt selbst von der untern Vorstadt ab, wel
che beide aber durch eine Bruͤcke, uͤber welche man von einer zur an
dern gehen kan, wiederum vereiniget werden. Wir sind nur durch
den letzten Theil der jenseit liegenden Vorstadt gekommen, und ha
ben über 100. Schritt hinaus unser Lager aufgeschlagen. Auf den
zweyen andern Bergen, welche gleichfalls an der Maritz liegen, ist
im geringsten nichts von einigem Gebäu zu sehen; wovon uns aber
im Rückweeg ein Neapolitaner, so viele Jahre gefangen gewesen,
erzehlet, daß zu Zeiten Philippi des Grossen alle 4. Berge mit
Ring Mauern umgeben gewesen, wie die Türken von ihren Vor
fahren berichtet wären, so ich aber nicht glauben kan, weil das ge

ringste
- 145 -
Reise von Philippopel bis Adrianopel.
117
ringste Wahrzeichen davon nicht zu finden. Diese Stadt ist so groß als
Sophia, ihre Häuser eben, wie daselbst, erbauet, die Gassen sind
gleichfalls also eingerichtet, und ist nur ihrem Lager nach von jener
unterschieden. Gleich bey dem Eingang faͤllt einem ein von gehaue
nen Steinen und Ziegeln aufgefuͤhrter Thurn in das Gesicht, wie
auch ein Haan oder offentliches Wuͤrthshauß, welches von dem
letzten Ungewitter sehr beschäͤdiget worden; angesehen der Wind die
Schindel und das Bley von den Daͤchern theils hinweg gefüͤhrt,
theils sonst zu schanden gemacht, so daß der Regen nunmehr voͤllig
hinein schlagen kunte. Hier hat man die gewöͤhnliche Begrüͤssung
mit Stuck⸗Schiessen bey unserer Ankunft unterlassen, weil sie mit
dergleichen groben Geschuͤtz nicht versehen waren; doch ist uns gleich
wol die Besatzung entgegen gangen, und hat den Herrn Botschaf
ter bis ins Lager begleitet. Jn dieser Gegend waͤchset der Reiß, Reiß / wie
er waͤchst.

fast auf diejenige Art, wie bey uns der Waitzen, doch muß er ein
fettes Erdreich haben, weshalben man die Aecker oͤfters uͤberschwem
met / damit sie fruchtbar werden/ und das Angesäete besser wurzeln
kan; in welchem Absehen man das Wasser in Graͤben und Lacken
auffängt, damit dasselbige im Fall der Noth von daraus üͤber die
Felder kan gefuͤhret werden, deren in dieser Ebene eine solche Men
ge und von solcher Gröͤsse anzutreffen, daß sie etliche Stunden weit
und wie ein Garten in Better ausgetheilet sind, darauf mehr Reiß
wächset / als man in der ganzen Tüͤrkey verzehren kan. Von hier
aus fängt die Maritz an Schiffreich zu werden, wie wir dann
Flöße und andere mit Getraid und Eisen beladene Fahrzeuge das
Wasser hinunter nach Adrianopel fahren sehen.


Den 10ten bekamen wir andere Pferde zum Reiten und Vor
spann, und nahmen damit erstlich den Weeg an der Maritz vor
bey, von dar aber durch eine grosse und morastige mit Rohr und
Binsen bewachsene Wiesen, welche wir mit Jagen durch gestrichen,
und uns alsdann hinter den Fluß Stannimocka gesetzt, wobey Stann
mockaFluß.

sich ein Flecken gleiches Namens befindet, den wir aber nur durch
die Bäume zur rechten Hand liegen sahen. Dieser Fluß / welcher
seinen Ursprung in dem Berg Rupora nimmt, wird sehr schnell,
und reißt heftig fort, wann es viel regnet, oder der Schnee in den
Felsen zergehet, also daß die darüber geschlagene Brücke gar oft
repa

P 3
- 146 -
Erstes Buch / Neunte Abtheilung /

118

reparirt werden muß; wie wir dann im vorbey reisen denjenigen
Schaden, der dardurch verursachet worden, mit Augen haben se
hen koͤnnen, indem sich die Aecker davon noch voller Wasser zeigten,
und eine nieder geworfene steinerne Bruͤcke in ihrem Ruin praesen
tirte, deren Bogen / worauf sie gestanden, noch aus dem Wasser
Closter der
Basilia
ner⸗Mön
che.
herfür sahe. Auf dem Gipfel desjenigen Bergs, woraus dieser
Fluß entspringt, stehet ein Closter, in welchem eine zimliche Anzahl
Grichischer Mönche sich befinden, die nur von Wurzeln und Kräͤu
tern zu leben gewohnt sind; von welchen ich vernommen, daß ehe
dessen nicht so viel Wasser allda anzutreffen gewesen, womit sie nur
hätten den Durst loͤschen koͤnnen, nachgehends aber häͤtte sich das
Miraculö
se Wasser
Erfindung
Bildnis der allerseeligsten Jungfrauen Maria gefunden, ohne daß
jemand gewust, wie es an solches Ort gekommen, und von der Zeit
an könne man das beste Wasser in Uberfluß daselbst haben.
Die dort herum wohnende Bauers⸗Leute haben die Gewohnheit, das
Einfalt der
Bauern.
sie sich, so oft sie das Heil. Sacrament geniessen wollen, nicht allein
mit diesem Wasser waschen, sondern auch vor dessen Gebrauch des
selbigen nach Genüͤge trinken, und solte diese liebe Einfalt wunder
meinen, was es füͤr eine grosse Suͤnde waͤre, wann sie dieses andaͤch
tige oder gar heilige Werk unterliessen; worinnen aber gewißlich die
Grichische Pappas oder Mönche weit mehr als diese Bauern zu
schelten, als deren Gelehrsamkeit sich entweder nicht so weit erstreckt/
daß sie wissen, was sich bey solcher heiligen Handlung gezieme: oder
wann sie es wissen, einem so grossen Mißbrauch gleichwol durch die
Finger sehen, und ihrer Schuldigkeit nach eine so thörichte Einfalt nicht
nach Verdienst abstraffen. Jch war entschlossen, mit einigen aus
dem Adeln und dem Herrn Prælaten der Groß⸗Botschaft dort
hin zu gehen, und dasjenige, was wir bisher nur gehöͤret hatten, mit
Augen anzusehen, allein die augenscheinliche Gefahr, in welche wir
alle insgesamt damit wuͤrden gesetzt haben, hat uns von unserm
Vornehmen billig abgehalten. Zu eben dieser Zeit kam aus mehr
gemeldter Gegend ein Bauer, den seine Curiosité antrieb, den
Herrn Groß⸗Botschafter zu sehen, und Jhm seine Bäuerische
Höflichkeit zu bezeugen: als diesen der Herr Botschafter fragte:
ob in dem Dorf, wo er herkame, die Pest auch regierte? hat er dar
auf geantwortet, daß die Türken zwar darmit unvexirt blieben, allein
über die armen Bauern gienge es treflich her, und wuͤrden sie häͤufig
da
- 147 -
119

Reise von Philippopel bis Adrinopel .

davon weg gerissen, doch hätten die wenigsten erwarten wollen, bis
die Reihe auch an sie gekommen, sondern sich mit der Flucht davon ge
macht. Gewiß, dieses wäre den guten Leuten in Teutschland oder einem
andern wol bestelltem Reich nicht so ungerochen hingangen; weil
sie daselbst, wann sie bey so grosser Gefahr einer Seuch die Gräͤn
zen überschriten, ohne die gewoͤhnliche Contumacie zu halten, ohne
Zweiffel an ihren besten Hals wären aufgehangen worden. DazuEin flüchti
ger Sclav.

mal kam auch ein Sclav, welcher bey einem Juden in Dienstbarkeit
gewesen, der ihme die Freyheit öfters versprochen, aber niemaln ge
halten, zu uns geflohen, und hat auch willig gefunden, was er so
ängstig gesucht: weil er aber in der Eil seines Herrn Eselin mit ge
nommen, aus Furcht, wann er solche von sich liesse, er duͤrfte vor
der Zeit verrathen und wieder eingeholet werden, hat man jenem
sein lastbares Thier wieder zurüͤck geschickt, diesem aber die Freyheit
bestättiget.


Der uͤbrige Weeg bis nach Constantinopel war bey nahe eine
continuirliche Jagd gewesen, weil wir von hieraus bestäͤndig ebenen
Weeg hatten; wie dann auch unsere Fuͤhrer sich sehr angelegen seyn
liesen, dem Herrn Groß⸗Botschafter den Weeg angenehm zu
machen / weswegen sie ihn nicht nur in solche Oerter fuͤhrten, wo
sie das meiste Wild vermutheten, sondern Jhm uͤber dieses noch die
vortreflichsten Hunde zu wegen brachten, welche sie Jhm auch zum Geschwin
digkeit der
Türkischen
Hunde.

Theil verehrten, davon ein jeder in einem Lauf drey bis vier Haasen
einholte, wie ich dann so gar einen gesehen, welcher den sechsten
nicht verfehlet hatte, worüber er sich aber auch so ermiedet,
daß man ihn auf einen Wagen bringen und mit fort fuͤhren muͤssen.
So weit aber diese Hunde die Unsrigen an Geschwindigkeit uͤbertref
fen, so fix sind sie auch im Einholen / wann sie das Wild einmal auf
getrieben haben; weswegen sie sich im Laufen bestäͤndig an der Er
den halten, so daß sie schier mit dem Kopf und Bauch solche beruͤh
ren: an statt daß die Unsrigen ihre Ohren spitzen, lassen diese sie herab
haͤngen; sonst sind sie ihnen an der Gestalt nicht ungleich, haben einen
haarichten rauhen Schweif, sind langfüͤssigt, rahnig, und spitz
köpfig.


Den 11ten haben wir den vorigen Weeg gehalten, und sind Papasli.
längst der Maritz linker Hand fort gegangen, und endlich nach
Papasli kommen, allwo die vorige Botschaft uͤbernachtet, wir
aber
- 148 -
120

Erstes Buch / Neunte Abtheilung.

aber sind weiter bis nach Hali Aga Czeschma geruckt, welches
nach unserer Sprach so viel als des Hali Aga Brunnen bedeutet,
und eine Wiese ist, welche wegen der vielen Brunnen, so der Hali
Aga daselbst graben lassen, seinen Namen uͤberkommen, allwo wir
drey viertel Stunden von der Maritz weg uns gegen die rechte
Verände
rung der
Wohnung
ganzer Ge
schlechter.
Seite gewendet haben. Auf dem Weeg sind uns viele Tüͤrkische
Wägen begegnet, mit welchen sich bisweilen ganze Türkische Fami
lien samt Sack und Pack anders wohin fuͤhren lassen, entweder einen
bequemern Ort füͤr ihr Hauß⸗Wesen aufzusuchen, oder der stark gras
sirenden Pest zu entfliehen. Diese Wagen kamen mir nicht anders
vor, als wie unserer Teutschen Bauern ihre Hüͤner⸗Wägen, in wel
chen sie ihr Gefluͤg zu Markte bringen; dann sie haben ein niedri
ges Dach, liegen völlig auf der Achs auf, und sind / wie jene, mit
Gattern versehen / auswendig mit Farben angestrichen, inwendig
aber Küssen gelegt, auf welchen sie wie die Hüner über den
Eyrn sitzen, dieselbige schleppen ein, zwey oder mehrere Pferde fort,
nachdem sie beladen sind; an die andern Fahr⸗Zeuge aber werden
Ochsen angespannet. Bey Papasli fliesen zwey Bäche vorbey,
deren ein jeder sich in die Maritz ergieset/ und alsdann gleichen
Namen führen.


Den 12. Julj sind wir über Cayali und Kuruczeschma
nach Semischeze / und zwar noch Vormittag kommen, auf wel
chen Weeg wir viele Brunnen angetroffen haben, und die Banska
daselbst vorbey fliesen sehen; ehe wir aber noch hinzu kommen, hat
Des Ba
scha von
Chaskoi
Beglei
tung.
sich der Stadthalter oder Bascha von Chaskoi / bey dem Herrn
Groß⸗Botschafter eingefunden, Jhn aus Ehrerbietung durch
seine Provinz zu begleiten, in welcher Zeit er Jhm beständig an der
Seiten geritten. Dieser Bascha ist so viel als General-Quartier
Meister, und wann der Sultan zu Feld ziehet, wird er allezeit
mit dem ersten Roß⸗Schweif voraus geschickt, um solchen daselbst
aufzustecken, wo das Kaiserl. Lager soll geschlagen werden. Er ist dem
Herrn Botschafter drey Stund weit entgegen gekommen, und
hat Jhn nicht eher verlassen, bis Er in das Zelt hinein getretten.
Den Tag darauf hielten wir abermal Rast⸗Tag; und den nechst fol
genden hat er aus Befehl des Groß⸗Vizirs den Herrn Groß
Botschafter wiederum sechs Stund, nemlich bis auf die Gränzen
seiner Landschaft, begleitet; und weil er vernommen, daß er ein Lieb

haber
- 149 -
Reise von Philippopel bis Adrianopel.
121
haber der Jagd wäre, hat er Jhm durch unseres Führers des Me
hemet Aga Sohn ein unvergleichlich Wind⸗Spiel verehret, welVerehret
dem Hn.
Botschaf
ter einen
Hund.

ches ganz allein etliche Haasen auf das hurtigste einholen kunte.
Diese Tage über wurden unsere Ohren wiederum mit einer Tuͤrki
schen Music gequälet wegen Gegenwart des Bascha, als welche der
gleichen allenthalben mit sich herum zu fuͤhren pflegen; und bestun
de solche aus Seiten⸗Spiel und Pfeiffen, wie auch aus einigen run
den hoͤlzernen nicht gar hohen und mit Pergament uͤberzogenen Rei
fen, zwischen welchen an unterschiedlichen Orten kleine runde Plat
ten hinein gesteckt und in der Mitte nur etwas weniges angeheftet
waren, die, wann man sie ruͤhrte/ einen Klang wie die Cymbeln
oder Schellen von sich gaben: Hierzu kamen noch fuͤnf grosse und
zwey kleine Trommeln, davon die letztern nur bisweilen mit einem
Stück Leder, die erstern fuͤnf aber mit einem Stecken, so an einem
Ende wie ein kleiner Koch⸗Loͤffel formirt war, immerzu mit einer
Hand an den obern Theil geschlagen worden, an dem untern Theil
aber wurden sie nur je zuweilen mit einem duͤnnen Ruͤtlein geruͤhret,
damit dieser Klang von dem erstern unterschieden wäre.


Den 13. besuchte der Herr Groß⸗Botschafter in Begleitung
einiger aus dem Adel und seiner Hauß⸗Bedienten den Bascha, wel
cher sich an die Banska gelagert hatte; deme des Bascha Bothen
oder Chiausen in weiser Kleidung, nebst dessen Trabanten, Pa
gen, Hauß⸗Bedienten, und Knechten entgegen kamen, Jhn einzuho
len, so auch nachmals alle in guter Ordnung vorher giengen: auf der
andern Seiten des Wassers empfienge denselben der Mehemet
Aga unser Füͤhrer, und bey dem Eingang des Zelts, welches mit weiß
und roth untermischten Teppichen und gelben Polstern belegt war, der
Bascha selbst. Allda sahe man zwischen Jhm und dem Mehemet für
dem Herrn Botschafter einen Stul gesetzt, um welchen sie nebst un
serm Adel auf denen Sofaus herum lagen; worauf Er mit der
gröͤsten Höͤflichkeit tractirt, und alsobald die suͤssen Fruͤchte, Caffé,
Rosen⸗Wasser, Rauchwerk angeschafft, und in der Runde herum
gelangt wurden: und weiln Se. Excellenz vernommen, daß der Ba
scha sich einige Tage üͤbel auf befunden, offerirte Er ihm seinen Leib
Arzt, für welches Anerbiethen aber sich der Bascha aufs höflichste be
dankte, und zu verstehen gabe, daß er nunmehro desselben nicht mehr
nöthig hätte, nachdem er sich wieder besser befände; dafür ersuchte
er

Q
- 150 -
Erstes Buch/ Neunte Abtheilung /

122

er Jhm jedoch zum öftern gar sehr um seinen hohen Vorspruch bey
der Pforte für ihn und einen seiner Freunde, so ihm auch geneigt
versprochen und nicht weniger auch redlich gehalten worden; wie er
dann dessen Nachdruck nicht lang hernach erfahren, da er durch ein
Kaiserliches Rescript von dar ab und zu Verwaltung einer gröͤssern
Provinz gefordert worden. Endlich invitirte er den Herrn Bot
schafter auf den andern Tag zu einer Jagd, da er Jhn an ein be
quemes Ort führen wolte, wo sie die Geschwindigkeit ihrer Hunde
auf die Prob stellen koͤnnten; hierauf haben Se. Excell. ihm gegenseits
seinen Wagen angebotten, um Sie beide dahin zu bringen, und nach bei
derseits gegebenen Worten haben Sie sich wiederum zurüͤck nach dem
Lager und Zelt begeben. Nachmittag kam seiner Gewohnheit nach der
Mehemet Aga zu dem Herrn Botschafter / und weil er ein in
seiner Lehr sehr geuͤbter Mann war, hatte er sich oͤfters mit Dem
selben in ein Gespraͤch von ihrer Religion eingelassen, welches aber
gar heimlich geschehen muste, weil er sonst, wo es auskommen wäͤ
re, den Kopf darüͤber hätte verliehren koͤnnen. Man wird aber gar
leicht abnehmen / wie tief dieses Volk in dem Aberglauben
stecke, wann man betrachtet, daß mit buͤndigen Schluͤssen bey ihnen
nicht aufzukommen; und wann man sie gleich noch so sehr in die
Enge treibt, so daß sie nichts mehr auf eines seine Vorstellungen zu
antworten wissen, sind sie gleichwol nicht dahin zu bringen, daß sie
überwunden geben, sondern beruffen sich auf ihre Buͤcher, worinnen
diese ihre Meinung enthalten wäͤre, und damit muß ihr ganzer Streit
geschlichtet seyn: und ob es zwar an dem, daß auch bey uns der
Glaube der Vernunft muß vorgezogen werden, so ist doch unsere
Uberzeugung in Glaubens⸗Sachen also beschaffen / daß wir be
finden, wie der Glaube zwar über, aber nicht wieder die Ver
Mehemets
Discurs
vom Glau
ben.
nunft sich erstrecke. Besagter Mehemet bediente sich indessen fol
gender Erzehlung: es sey in ihren Buͤchern geschrieben, daß vor dem
jüngsten Tag oder Ende der Welt viel Kriege und Uneinigkeiten ent
stehen wuͤrden; in denselbigen wuͤrden die Tuͤrken anfangs die Ober
Hand haben und ganz Europa / sonderlich aber Jtalien und Rom,
als das Haupt der Welt / unter ihre Botmässigkeit bringen: als
dann solten die Christen aus allen Orten sich versammlen, die Tüͤr
ken wieder vertreiben, und Constantinopel selbst einnehmen; wor
auf die Türken nach Damascus fliehen, und, nachdem sie sich
re
- 151 -
Reise von Philippopel bis Adrianopel
123
recolligirt haben, ihren vorigen Wohnsitz wieder zu erobern
trachten wuͤrden: hernach werde der Teufel kommen, und die Men
schen mit seiner Lehr und Kuͤnsten verfuͤhren, diesem aber werde sich
einer aus ihren Pfarrern, den sie Emaum nennen, ein frommer,
heiliger und geistreicher Mann, aus dem Geschlecht des Maho
mets entsprossen, und zu eben diesem End erwecket, widersetzen,
seine falsche Lehr widerlegen, und eine andere und bessere heraus ge
ben; er soll auch von JESU unsern Seeligmacher einen Stecken
Des Hn.
Botschaf
ters Erklä
rung dar
über.

bekommen, mit welchem er den Teufel todschlagen werde. Als der
Herr Botschafter ihm dieses zustunde, dabey aber zeigte, daß es
nicht bloß nach dem Buchstaben muͤsse verstanden werden, sondern et
was anders darunter verborgen seye, nemlich, daß die boͤse und
giftige Lehre des Menschen aus ihm einen Teufel, oder noch wol,
wo es moͤglich, was aͤrgers mache: durch den heiligen Mann aber
wuͤrden die Lehrer und Väter der Kirchen verstanden / welche mit dem
verborgenen Stecken der neuen und heiligen Lehre Christi dem bö
sen Geist umbringen, das ist, das Gift seiner schädlichen Lehre mit
der Warheit vertreiben; hat der Mehemet diese Auslegung
zwar für wahrscheinlicher gehalten, aber doch allezeit wiederum darge
gen gesetzt, daß es also, wie er es erzehlt häͤtte, in ihren Buͤchern
geschrieben stünde. Zu einer andern Zeit, als er in des Herrn Gedicht
der Türken
vom Dia
mant.

Botschafters Ring einen Diamant beobachtet, hat ihn die Curiosité
angetrieben, nach dessen Namen zu fragen, und da er solches ver
nommen, ruͤhmte er zwar dessen Schoͤnheit / wolte aber doch dabey
behaupten, daß solcher Stein Gift bey sich füͤhre. Weil aber der
Herr Botschafter ihn versicherte, daß er nur in so fern schäͤd
lich, wann man denselbigen zu Pulver mache, und einem Menschen
beybringe, als in welchem Fall solcher die Gedärme und das Ein
geweid dermassen zerreisse, daß auf keine Weise mehr zu helfen stuͤn
de: hat dieser dargegen gesetzt, wie er gelesen habe, daß der von sei
ner Schöͤnheit aufgeblasene Diamant von GOtt gestrafft, und aus
dem schoͤnsten und kostbarsten Edelstein in das schädlichste Gift seye
verwandelt dabey auch dem geringsten Metall, dem Bley, die Kraft
ertheilt worden, daß es die Härte des Diamants auflösen köͤnne.
Als nun hierauf der Herr Botschafter ihme zu verstehen gab /
wie dieses auch Gleichnis weise, als wie das vorige mit dem Stecken
müsse angenommen werden, da nemlich GOTT der HERR oft
schlechte

Q 2
- 152 -
Erstes Buch / Neunte Abtheilung /

124

schlechte und verworfene Geschöpfe erwehle, um damit die Stär
kern zu Schanden zu machen, indem ja in seinem eigentlichen Wort-
Verstand dieses nicht könne gesagt seyn / angesehen der Stein weder
Rede noch Vernunft habe: gabe der Mehemed zwar gnugsam zu
verstehen, wie er an dieser Erklärung nichts auszusetzen finde,
brachte aber immerzu seine alte Einwendung dargegen für, daß es
Von Pfer
den.
in ihren Büchern also geschrieben stünde. Er erzehlte auch, daß
in Arabien noch Pferde aus demjenigen Geschlechte anzutreffen, auf
welchen Mahomet geritten, welche unter den Tüͤrken theuer ver
kaufft, und wann sie noch in Mutter⸗Leib, drey, vier bis fuͤnf hun
dert Ducaten füͤr eines gezahlt wuͤrde; von diesen Pferden behaupte
te er, daß sie des Freytags nichts fressen; deme der Herr Bot
schafter beyfüͤgte: er glaube, daß sie es auch des Sambstags nicht
thun würden, wann man ihnen nichts gebe. Damit aber dieses
Mährlein noch einen mehrern Zusatz bekäme, wolte er auch behaupten /
daß diese Pferde so gar beten könnten / und führte zu dessen Beweiß
die vielfältigen und selzamen Bewegungen des Haupts von dieser
auf jene Seiten an, wordurch sie ihre Andacht zu verstehen geben
wolten; ja ich glaube, wann man ihme dieses zugestanden/ er wuͤr
de ihnen gar eine vernuͤnftige Seele und andere den Menschen zu
kommende Eigenschaften beygelegt haben. Einsmals brachte der Herr
Botschafter den Mißbrauch der Beschnittenen auf die Bahn, und
zeigte / wie es wieder das alte Gesetz liefe, worauf sie doch gleichwol
selbsten viel zu halten pflegten, indem es daselbsten hiese: Seyd
fruchtbar und mehret euch; auf dieses muste er bekennen, daß
sich solches von ihrer Kaisere und Fürsten argwöͤhnischen Geilheit her
schriebe, und sie auch noch heutiges Tags ihrer Macht hierinnen
mißbrauchten. Dann die bösen Potentaten, indem sie sich von al
len menschlichen Gesetzen befreyet und uͤber dieselbe zu seyn glauben,
lassen es dabey nicht bewenden, sondern greifen so gar GOtt dem
HERRN selbst nach seiner Gewalt, und bezeigen sich als absolu
te Herrn über der Menschen Leben, welches sich doch GOTT al
lein vorbehalten. Es wird aber von der Tüͤrken Lehre und Aber
glauben schon noch zur andern Zeit zu reden Gelegenheit geben,
weswegen wir uns jetzo nur immer wieder auf den Weeg machen
wollen.


Wel
- 153 -


Reise von Philippopel bis Adrianopel.
125
Welchen wir auch den 14. dito ferner fortgesetzet, und nach
dem die schwehr beladene Wägen in der Nacht voraus gegangen,
denselbigen Tag acht Stunde zurüͤck gelegt. Noch vor der Son
nen Aufgang schickte der Herr Botschafter seinen Hof⸗Marschalk Der Ba
scha fäh
ret mit dem
Hn. Groß
Botschaf
ter.

mit einigen aus dem zweyten Adel und den Hauß⸗Bedienten nach
dem Bascha, denselbigen zu invitiren, welcher sich auch bald darauf
mit den Seinigen eingestellt, in den Wagen gestiegen, und mit uns
fort marchirt ist. Allhier saß der Herr Botschafter abermal zur
rechten, zur linken der Bascha und gegen uͤber der Dolmetsch Herr
Theyls; unsere Trompeter giengen voran / und des Bascha Musi
canten folgten, so ihre Instrumenten ohne Unterlaß hoͤren liessen;
die Chiausen machten ihr gewoͤhnliches Geschrey und wiederholten
dasselbige zum öftern, absonderlich aber wann sie bey einem Ort
vorbey kamen, damit nemlich die Bauern daselbst wissen möͤgten,
daß ein Bascha oder andere vornehme Person vorbey ziehe. Unter
solcher Kurzweil sind wir zu Usundschova noch gar fruͤhe, zu Har
manli aber um den Mittag ankommen; an welchen beiden Orten
ein schöͤner Haan und Kirchen sich befinden, so aus lauter Quater
Stücken aufgefüͤhret, die Flügel, Gewölber, Stiegen und Gaͤnge
aber alle mit Bley bedeckt sind. Unser Laͤger haben wir in einer nicht
gar grossen Ebene eine halbe Stunde von Harmanli aufgeschla
gen, und zwar so, daß wir das Dorf Swrica, so mitten zwischen
zwey kleinen Bergen gelegen, zur rechten, die Maritz aber zur lin
ken hatten. Dieser Fluß ist von Harmanli etwas entfernt, so daß
er nur von dem Berg herab kan gesehen werden; hingegen rinnet
die Oludera fast daran vorbey, über welche eine Brüͤcke geschlagen,
die mit einer Stiegen versehen, vermittelst deren man aus dem Was
ser bis auf die Schwibböͤgen hinauf kommen kan. An diesem Tag
war mit der Jagd wenig zu thun, und haben wir uns wegen Ungele
genheit der Oerter nicht damit bemuͤhen moͤgen.


Den 15ten sind wir über die Hepipcze gangen, an welcher
ein kleines Dörflein gleiches Namens liegt / aber weder einen
Haan, noch Brunnen oder Kirchen hat, und von dar nahmen wir
unsern Weeg nach Mustapha Bascha Kiupri, oder wie es an
Schöne
Brüͤcke zu
Mustapha
Bascha
Kiupri.

dere nennen Tzgupri Cuprussi, welches Ort von der von
Mustapha Bascha dabey aufgerichteten ungemein schoͤnen Brü
cke Q 3 - 154 -
126

Erstes Buch / Neunte Abtheilung /

cke, dergleichen man in ganz Europa wenig sehen wird, seinen Na
men bekommen. Es bestehet aber diese Brüͤcke aus 20. Jochen,
welche alle von den groͤsten Quater-Steinen verfertiget sind, mit wel
chen auch ein langer Weeg hinaus diß⸗ und jenseits der Brüͤcke belegt
ist. Mitten auf derselben ist etwas aufgerichtet, das unsern Altä
ren nicht ungleich siehet, und ein weiser Marmel⸗Stein bedecket,
worauf Türkische Buchstaben eingehauen, durch welche der Name
desjenigen, der es erbauen lassen, samt der Ursach, warum solches
geschehen, angezeiget wird. Es soll sich die Summa der darauf ge
wandten Unkosten auf 400. Beutel oder 200000. Thaler erstrecken,
Merkwür
digkeit da
von.
und erzehlen die Türken, daß der Sultan / nachdem sie völlig im
Stand war, dem Mustapha habe so viel wiederum angebotten,
als es ihm gekostet, wann er sie wieder verkauffen wolte, worauf er
sich einen Tag Bedenk⸗Zeit ausgebetten, aber noch in selbiger Nacht
Gift zu sich genommen, damit er sie dem Kaiser nicht wider seinen
Willen verkauffen duͤrfte, dabey aber gehoft, daß er sich durch die
se That bey der Nachwelt einen ewigen Namen zu wegen bringen
würde.[11] Als dieses der Sultan vernommen, hat er denjenigen,
welcher zu erst üͤber bemeldte Brüͤcke gehet, mit unzehlichen Fluͤ
chen belegt, ohne Zweifel darum, damit dieses Denkmal
um so viel weniger æstimirt wuͤrde, je wenigern Nutzen es auf sol
che Weise schaffete, wann sich niemand daruͤber zu gehen getrauen
dürfte, und er also deren Ansehen bey der Nachwelt verringern
moͤgte. Es hat sich aber mit allen diesen des Bascha Vater nicht ab
schrecken lassen, daß er nicht solte zu erst daruͤber gegangen seyn.


Am gemeldten Tag nahm der Bascha von Chaskoi seinen
Des Ba
scha von
Chaskoi
Abschied
von dem
Hn. GroßBotschaf
ter.
Ruckweeg, nachdem er sich von dem Herrn Groß⸗Botschafter
beurlaubet, und ihm ein Præsent von einem schoͤnen Pferd und zwey
wol abgerichteten Sperbern gemacht hatte; dann es ist nicht zu
glauben, wie sehr sich die Tüͤrken mit diesen Raub⸗Voͤgeln ergöͤtzen,
indem sie sich derselbigen zum Lerchen⸗ und Wachtel⸗Fang bedienen,
womit sie auch den Herrn Botschafter nachgehends zum öͤftern
zu delectiren gesucht / und es damit folgender massen angefangen:
Türkischer
Vogel
Fang mit
den Sper
bern.
Es sitzen einige zu Pferd, halten diese Voͤgel fest in der Hand, und
lassen sie nicht frey auf derselben stehen, wie bey uns im Gebrauch ist;
wann nun eine Lerche oder Wachtel aufstehet, und so nahe kommt,
daß sie vom Sperber kan gesehen werden, werfen sie solchen, so
stark
- 155 -
Reise von Philippopel bis Adrianopel.

127

stark sie können, nach dem Raub; erhaschet er nun den Vogel nicht
gleich im ersten Anfall / ist es darum geschehen, und gehet er dieses
mal frey durch: hingegen sind die mehresten so wol geuͤbt, daß ihnen
selten ein Vogel echappiren kan. Zur selbigen Zeit schickte der Herr
Botschafter den Herrn Daniel Lampert Hulin, einen woler
fahrnen und beruͤhmten Leib⸗Arzt, samt einem Dolmetsch, Namens
Gottschalk, in die Stadt Adrianopel, sich der Luft und der da
selbst grassirenden Krankheit besser zu erkundigen, damit, wo dieselbi
ge noch stark anhielte, Er die Stadt entweder vorbeygehen, oder
doch nur in Eil durchziehen koͤnnte, damit durch einigen Aufent
halt niemand von den Seinigen angesteckt und damit die ganze Ge
sandtschaft in Gefahr gesetzet wuͤrde. Den 16. war wiederum ein
Rast⸗Tag, woran sich einige an statt der Ruhe, die Jagd besser
gefallen liessen.


Den 17. sind wir gleich frühe über die obbemeldte beruͤhmte
Brücken gegangen, und haben die Maritz zur rechten Seiten gelassen,
welche uns bisher bestäͤndig zur lincken Hand geblieben. Auf dem halben
Weeg jenseit des Flusses kamen wir von weiten bey dem Dorf Chir
mente vorbey, so auf einen Berg gebauet, und gleichsam an dem Fel
sen hanget. Worauf wir endlich zwey Stunde vor Adrianopel lie
gend geblieben, von dar der vor zwey Tagen abgeschickte Leib⸗Arzt wie
der zu uns gekommen, und erzehlet, daß zwar in der Stadt eine Seuche
grassire, und man Geschwulst, rothe Blattern und mehr andere Zei
chen an denen Patienten finde, aber die Luft noch nicht inficirt wäre;
es erstreckten sich die Zahl der Todten täͤglich nicht hoͤher als auf 3 bis
4. und dieses nur unter den gemeinen Leuten, welche mehr von ihrer
unordentlichen Lebens⸗Art, als von einer ansteckenden Krankheit dahin
stüͤrben, es käme auch wol darzu, daß an manchem Tag gar keiner be
graben wuͤrde; weswegen der Herr Groß⸗Botschafter sich ent
schlossen, mit seinem ganzen Gefolg die Stadt zu beziehen, in wel
chem Absehen Er noch selbigen Abend den Quartier⸗Meister Kraft
mit einem Dolmetsch hinein geschickt, die Quartier allda einzurichten.
Ehe aber solche noch weg waren, kame einer von des Mollach oder Des Mol
lach zu A
drianopel
Abferti
gung an
die Ge
sandt
schaft.

Landrichters nahen Anverwandten, der ihm auch wegen seines ho
hen Alters in seinem Amt adjungirt war, und brachte mit sich aus
der Stadt unterschiedliche Kuchen, Fruͤchte und Blumen füͤr
den Herrn Botschafter. Hierauf haben wir uns den 18. dito, auf

erhal
- 156 -


Erstes Buch/ Neunte Abtheilung.

128

erhaltene Nachricht wegen der eingerichteten Quartier, in schöͤnster
Einzug in
die Stadt
Adriano
pel.

Ordnung nach der Stadt begeben; aus welcher uns die Spahi und
Janitscharn, unter welchen viel erst angehende sich befunden, in ihrer
gewoͤhnlichen Confusion und Kleidung, mit ihren Stecken in den
Händen, wodurch sie eher Vieh⸗Treibern als Soldaten ähnlich sa
hen, entgegen giengen; die alten Janitscharen hatten ihre Ordens
Hauben, die jungen Ankömmlinge aber kleine rothe Kaͤpplein, so noch
mit keiner Leinwand umwunden waren, auf den Kopf. Zwischen
diesen sind wir, nebst den Vornehmsten aus der Stadt, welche mehr
denn eine halbe Meil dem Herrn Botschafter entgegen geritten,
Der dazu
mal kranke
Bostangi
Bascha
kommt dem
Herrn Bot
schafter
entgegen.
mitten hindurch in die Stadt eingezogen. Es hat sich auch so gar
der dazumal alte und kranke Bostangi Bascha, oder Ober⸗Aufse
her über die Kaiserliche Gebäu und Gaͤrten, in seinen ohnweit der
Stadt gelegenen Garten bringen lassen, um den Herrn Groß
Botschafter seine Reverenz zu bezeigen, und seine Dienste zu offe
riren; deme Se. Excellentz nach Jhrer Ankunft wiederum zwey E
delleute, den Herrn von Weipler und Ausem in gleicher Verrich
tung zugeschickt: Er fertigte auch den Herrn Hulin und Dorschaͤus,
seine beyde Leib⸗Aerzte, an ihn ab, welche seine Kranckheit untersuchen,
und ihme hierwider dienende Mittel verordnen solten.


Es liegt aber diese Stadt Adrianopel in Thracien an der
Beschrei
bung der
Stadt A
drianopel.
Maritz / in welche vom Aufgang her die Tunsa flieset. Von Lam
pridio in Elagabalo wird sie Oresta genennt: in folgenden Zeiten
aber hat sie nach Ammiani Zeugnuͤß Uscudama geheisen / endlich
aber, nachdem sie Kaiser Adrianus erneuert, nach Jhm den Na
men Adrianopel angenommen, welches die Tüͤrken Edrene aus
sprechen; diese Erneuerung aber ist im 885ten Jahr nach Erbauung
der Stadt Rom von bemeldtem Kaiser vorgenommen worden. Die
Ebene daselbst ist nicht so groß, wie sie Seyfried beschreibt, son
dern zum Theil mit Hügeln umgeben, und auch selbst die Stadt
auf einige derselben angebauet. Um das Jahr Christi 1363. hat
selbige der Sultan Amurath den Christen zu erst hinweggenom
men, von welcher Zeit an so wol er, als alle nachfolgende Orienta
lische Kaisere, sie zu ihrer Residenz erwehlet, bis um das 1455te
Jahr die Türken Constantinopel eingenommen haben. Jn ihren
Umkreiß macht sie eine runde Figur, ist mit einer Mauer umgeben,
zwischen welcher in gleicher Weite von einander stehende Thüͤrne auf
gefüh
- 157 - Abbildung: Prospect des Serallien
pag. 129

- 158 - - 159 -
129

Reise von Philippopel bis Adrianopel.

geführet sind, an denen ehedessen viele Griechische Schrifften zu le
sen waren, welche aber die alles verzehrende Zeit auch wieder aus
gelöschet. Die Zügel selbst wurden zu dieser Schrifft gebraucht,
indem sie auf eine solche Manier aus der Mauern herausgerucket
worden, daß sie allerhand Buchstaben dardurch vorstelleten, deren zwar
noch einige davon zu sehen, doch nicht in solcher Ordnung und Voll
kommenheit, daß man einen ganzen Sensum heraus bringen koͤnnte.
Das Kaiserliche Serallien liegt ungemein plaisirlich; dann auf der Kaiserliche
Serallien.

einen Seiten gehet es auf die fruchtbarste und lustigste Felder hin
aus auf der andern aber wird es durch den Caradare⸗Fluß, oder
der Arda / und nach Seyfrieds Benennung Capriza / von der
Stadt abgesondert.[12] Selbiges ist mit einer hohen Mauer umfangen,
aber das mittlere Gebäu mehrentheils von dergleichen Holz wor
innen keine Wüͤrmer wachsen. Es ist uͤber dieses mit Bley bedeckt,
und gar artig mit gruͤner und rother Farb bestrichen; so geben auch die
auf den Dächern verguͤldete Knoͤpfe demselbigen eine nicht geringe
Zierde. Seyfried meinet, es falle wegen der weit herfüͤr stehenden Dä
cher mehr Licht in die Zimmer und das innere Hauß, wovon ich aber
gerad das Gegentheil glaube; dann eben darum sind die Daͤcher so
weit herausgeruckt, damit sie einen Schatten verursachen, und auf
solche Weise die Strahlen der Sonnen destomehr aufhalten sollen.
Wir werden auf der Ruck⸗Reise bessere Gelegenheit haben, von diesem
Serallien zu handeln, als welches uns auf Kaiserlichen Befehl aufge
schlossen und gezeigt worden. Jn diese Stadt pflegt sich der Sul
tan entweder zu seiner Recreation zu begeben, oder wann er sich in
Constantinopel nich recht sicher weiß. Doch ist er auch hier nicht
Des Mu
stapha
Dethroni
sirung zu
Adriano
pel.
allezeit von der Gefahr befreyet, und hat des jezt regierenden Kaisers
Ahmed Bruder, der Mustapha, diese Stadt zimlich fatal für
sich befunden; dann weil er den Janitscharen vier Jahr und drey
Monat den Sold schuldig blieben, wurde er von ihnen angeklagt, daß
er der Jagd allzu sehr ergeben wäre, hingegen die Regierungs⸗Sorge
an den Nagel hienge, und derowegen des Reichs allhier entsetzt, an des
sen statt sie seinen Bruder auf den Thron erhoben. Er ist aber gleich
wol eines natuͤrlichen Todes gestorben, oder, wie einige gar wahrschein
lich dafür halten, durch des Ahmeds Anhänger mit Gift aus dem
Weeg geräumt worden,[13] nachdem er drey Soͤhne, den Mamud / Dessen hin
terlassene
Söhne.
Assan und Osman hinterlassen, die uͤbrigen aber sind noch bey sei

nen

R
- 160 -
130

Erstes Buch, Neunte Abtheilung.

nen Lebs⸗Zeiten entweder gestorben, oder sonst auf die Seiten ge
schafft worden: diese drey hinterbliebene aber werden von den Janit
scharn sehr geliebt, welche ihnen auch zu Vormuͤndern verordnet sind;

Des Jün
gern Gunst
bey den Ja
nitscharn.
weswegen man gaͤnzlich dafuͤr haͤlt, daß der Juͤngere aus ihnen noch
einmal zum Kaiserthum gelangen doͤrfte, weil er wegen seiner Freyge
bigkeit von denen Tüͤrken gar sehr æstimirt wird. Dann die Tuͤrcken

Die Suc
cession
haftet auf
dem Otto
man. Hauß.
sehen nicht auf das Alter oder die erste Geburth, sondern lassen sichs
genug seyn, wann sie in ihrer Wahl nur das Köͤnigliche Ottoman
nische Hauß nicht vorbey gehen.


Morgens um 2. Uhr kame ein Tuͤrck mit einer Trummel vor

Ramazam
oder die
grosse Fa
sten.
die grosse Moschee, und gieng von daran durch die ganze Stadt, das
gewöhnliche Zeichen zur dreyssig⸗tägigen Fasten damit zu geben, wel
che Fasten sie Ramazam, das darauf folgende Fest aber Bai
ram nennen, so unsere vierzig tägige Fasten und darauf fol
gende Ostern einigermaßen vorstellen kan. Diese Zeit hindurch es
sen und trinken die Tuͤrken niemal bey Tag, schmauchen auch keinen
Toback vor der Sonnen Untergang: so bald sie aber die Sterne am
Himmel erblicken, stellen sie Gastereyen an, und brechen sich in kei
nem Ding etwas ab; verrichten also dasjenige bey der Nacht, wel
ches sie sonsten nur bey Tag zu thun gewohnt sind: wie sie dann, weil
sie des Tags über nichts essen dörfen, eben darum auch nicht arbeiten;
doch muß dieses von denenjenigen nur verstanden werden, welche von
guten Vermoͤgen sind, da hingegen diejenige, die nur so viel haben, als
sie mit ihrer Hand⸗Arbeit verdienen, mit ihren nuͤchternen Mägen
gleichwol die Hände nicht doͤrfen feyren lassen. Diesen Monat hin
durch werden ihre Kirchen⸗Thuͤrne, deren allda gar viele und nach
ihrer Art sehr wol gebaute anzutreffen, mit vielen Lichtern behenkt,
so daß man zu weilen um eine einige Kirche etliche tausend Ampeln
brennen siehet: dann weiln ihre Moscheen oft mit vier und noch mehr
solchen Thürnlein versehen, und ein jedwedes derselben wiederum in so
viele Hoͤhen oder Absätze abgetheilet ist, die alle absonderlich muͤssen be
leuchtet werden, kan man sich leicht die Rechnung machen, daß unzaͤhlich
viel Lampen darzu erfordert werden, damit solche allenthalben ein be
ständiges und genugsames Licht haben. Bey allen diesem Licht aber tap
pen sie gleichwol in der Finsternuͤß herum; und denenjenigen welchen taͤg
lich ein neues Licht aufgesteckt wird, bleiben nichts destoweniger die
Herzen durch ihre falsche Lehre in beharrlicher Dunkelheit. Hier ge

niessen
- 161 -
Reise von Philippopel bis Adrianopel.

131

niessen die Weiber mehrere Freyheit, als anderer Orthen, und doͤrfen
sich öfters unter den Leuten sehen lassen. Die starke Handlung, wor
Einwoh
ner / Gas
sen/ Haͤu
ser / Kir
chen Kauf
manschaft /
Fruchtbar
keit der
Stadt A
drianopel.

zu das vorbey fliesende Schiffreiche Wasser vieles contribuiret, hat
unterschiedliche Nationen hieher gezogen: die Häuser sind viel schö
ner und groͤsser als in allen denen Städten, so wir bishero noch ge

sehen haben, die Gassen hingegen sehr eng und ungleich. Sonsten
trifft man allhier wenig Sehenswürdiges an, auser einigen vorneh
men mit Kupfer bedeckten Moscheen/ denen die angebauten hohe und
kunstreiche Thuͤrne, die mit mancherley dicken und kuͤnstlich- ausge
hauenen Säulen besezte Gaͤnge, die von Metall gegossene Saͤulen
Füsse und Blatten, der kostbare Marmol, die Gleichheit des Bo
dens, die zierlich geschnitzten Thuͤren, schöͤne Brunnen, prächtige Ein
gänge, verguldete Knoͤpfe, und mit sonderbahrer Kunst gewirkte Tep
piche ein vortrefliches Ansehen machen. Das Erdreich ist sehr frucht
bar, so daß weder an Wein noch andern Fruͤchten der geringste Man
Röm. Ca
tholischer
GottesDienst da
selbst.
gel erscheinet, wie dann hiesiges Gewaͤchs vom Wein füͤr das beste
in der ganzen Türkey gehalten wird. Unsern Gottes⸗Dienst
versehen zwey Priester aus dem Orden des H. Franciscus mit nicht
geringer Erbauung bey ihrem sehr kleinen Christen⸗Haͤuflein; sie sind
aber in der Tracht von der Tuͤrkischen so wenig, als die Armenianer,
Griechen, Araber und Juden unterschieden; als welche aus einem
langen mit Pelzwerk gefüͤtterten Rock und weiten bis auf die Schuhe
herabhangenden Hosen bestehet, dabey haben sie auch einen langen
Bart, und werden durch nichts als den Haupt⸗Schmuck von den Turban
daran wer
den die
Türken er
kannt.

Türken unterschieden: dann diese werden gleich an ihren Turban er
kannt, weil solchen niemand / als sie allein, gebrauchen darf, an dessen
statt sich andere pelzerner Hauben bedienen, welche sie, absonderlich aber
die Juden, mit bunter oder schwarz⸗ und weiser Leinwand, doch we
der so dick noch breit, und auf eine ganz andere Manier als die Tür
ken, umwinden. Allhier haben wir auch einen erfahrnen Feldscheerer Christlicher
Feldscherer
daselbst.

angetroffen, der ehedessen unter dem Graf Guido Stahrenber
gischen Regiment gedienet hatte, aber zu Anfang des verwichen Kriegs
von den Türken gefangen worden, und hernach viele Jahre bey einem
Herrn als ein Sclav dienen muͤssen, bey dem er ein so leidliches Tractament
gehabt, daß er auch niemal von ihm einigen Schlag empfangen; und
weil er seinem Herrn dabey wol und treulich gedient, hat dieser ihn
noch vor seinem Absterben die Freyheit geschenkt / und seine Erben
im

R 2
- 162 -
Erstes Buch / Neunte Abtheilung /

132

im Testament dazu verbunden, daß sie diesem seinen so wol verdienten
Knecht ein gewisses Stuck Geld, anbey auch Brod und Fleisch für sei
ne Haußhaltung, so lange er leben wuͤrde, umsonst reichen solten. Die
ser Mann lebet noch mit samt seiner Frauen, die gleichfalls eine
Billiches SclavenTracta
ment bey

den Tür
ken.
Christin ist, ob er gleich bereits schon das achtzigste Jahr zuruck ge
legt hat / und geniesset das von seinem Herrn ihm vermachte Legat
in erwünschter Ruhe; dann dieses muß man den Türken nachsagen,
daß sie die Diener und Sclaven, durch deren Fleiß und Bemuͤhung
sie sich einen Nutzen schaffen koͤnnen, sehr wol und oft besser, als die
Christen die ihrige, halten. Die ersten Jahre sind für solche ungluͤck
liche Leute am beschwehrlichsten, absonderlich wenn sie noch jung,
weil die Tuͤrken selbige entweder mit Schmeicheln, oder, wann dieses
nichts verfangen will, mit der Schäͤrfe zu ihren Glauben zu bringen
suchen; wann aber dieser Sturm uͤberwunden, wird man finden,
daß die Gefangenschaft nirgend erträglicher als bey den Tüͤrken seye,
und wann ein Knecht in einer Kunst erfahren ist, gehet ihm nichts
anders als die Freyheit ab, ausser welche er alles andere hat, was ein
freyer Mensch sich nur wuͤnschen kan: dabey aber muß man auch die
ses wissen / daß sie so hart daran kommen, einen solchen Menschen von
sich zu lassen, als guͤtig sie sich in andere Weege gegen ihm bezeigen,
und wann sie ja gezwungen werden, ihn füͤr baar Geld zu dimittiren,
wissen sie ihn theuer genug anzuschlagen. Ein Exempel ihrer Hart
näckigkeit sehen wir in diesem Punct an einem gewesenen Sclaven,
mit Namen Anton Armaroli, einem gebohrnen Venetianer; die
ser wurde erstlich an einen Griechen, nachgehends aber an einen Ar
menier verkaufft, welcher ihm versprochen, nach Verfliessung zweyer
Jahre die Freyheit wieder zu geben; nachdem aber dieselbige vorbey
waren, hat ihn sein Herr, aus Hofnung / einen noch groͤssern Ge
winn von ihm zu ziehen, gleichwol nicht loß gelassen: weil er nun also
sein wol bedachtsames Versprechen leichtsinniger Weise wider zuruck
gezogen, hat jener gleichfalls dafür gehalten, daß er nun nicht mehr
schuldig sey, länger treu zu verbleiben, weswegen er seine Zuflucht zu
uns genommen. Als er nun deswegen von seinem Herrn vor Gericht
belanget worden, hat er sich nicht nur genugsam verantwortet, son
dern auch durch den hohen Vorspruch des Herrn Groß⸗Bot
schafters seine Freyheit erlanget.


Den
- 163 -


Reise von Philippopel bis Adrianopel.

133

Den 19. und 20ten sind wir allhier still gelegen, in welcher Zeit
von Wien aus so wol Couriers ankommen, als auch wieder zuruck
spedirt worden; es haben auch durch des Herrn Groß⸗Botschaf
ters Bemuͤhung einige Gefangene unterdessen ihre Freyheit erhalten, Des Herrn
Botschaf
ters Ver
richtung zu
Adriano
pel.

ein anderer aber, welcher unlängst zwischen Nissa und Sophia zu
uns geflohen war, und nun, da er deswegen Geld von den Türken be
kommen, wiederum zu ihnen uͤberlaufen wollen, wurde von den Unsri
gen aus der Flucht zuruck gezogen. Bey dieser Gelegenheit haben wir
auch die Kirchen und Kauf⸗Häuser besehen, da dann nicht mit Still
schweigen zu übergehen, daß, obschon die Türken von dem Vor
nehmsten bis auf den Geringsten bey den Eingang der Kirchen die
Schuhe abzulegen gewohnt sind, der Herr Groß⸗Botschafter
seine Stiefeln doch niemal aus⸗ noch andere Schuhe angezogen, wor
wider gleichwol die Tuͤrken niemaln was eingewendet. Hier sind aufs
neue von dem Bostangi Bascha der Herr Hulinus und Dor
schaͤus verlangt worden/ damit sie nach genau untersuchter Krank
heit / welche doch in nichts anders als einem von hohem Alter herkom
menden bloͤden Gesicht und boͤsen Augen bestunde, die mit sich brin
gende Arzney appliciren oder deren Gebrauch anweisen moͤchten,
welche aber nicht eher hinaus kommen wolten, bevor er ihnen nach Lands
Gewohnheit die benoͤthigten Pferde zugeschickt häͤtte. Diesen haben
sich alsdann der Feldscheerer Morelli / und Frankenberg der A
pothecker zugesellet, und bey eben dieser Occasion erhielte ich auch
Erlaubnüß, das Serallien oder den Kaiserlichen Pallast von
aussen, wie ich ihn vor beschrieben habe, und den darzu gehöͤrigen
Garten von innen zu besehen. Es zeigte sich allhier gleich, daß ein Zierlicher
Garten an
dem Se
rallien.

Kaiserlicher Gärtner oder vielmehr Ober⸗Aufseher über die Kaiserli
che Gebäue und Lust⸗Häͤuser allda wohnen müsse, indem alles, wo
man nur hinsahe, gar unvergleichlich nett abgezeichnet, und in ganz
ungemeine Ordnung gebracht war. Gleich vor dem Hauß des Ba
scha, so gegen dem Serallien uͤber liegt, und nur von einem Fluß davon
abgesondert ist, fielen einem neun schändlich zugerichtete irrdene Blu
men Stoͤcke mit gemeinen schier halb verwildeten und mit Graß haͤu
fig bewachsenen Nägelein in die Augen; die Bäume im Garten stun
den in schoͤnster Confusion, dabey sich der Gaͤrtner, wie es schiene,
ein Gewissen machte, auch nur einen einigen ungleichen Zweig daran
zu beschneiden, und lieber der Natur ihren Lauf ließ; die kurzen R 3
Weege
- 164 -
134

Erstes Buch / Zehende Abtheilung /

Weege zeigten von seiner Ungedult, welche ihm nicht verstattete, ei
nerley Gang lang fort zu gehen, vielmehr aber sich auf eine oder an
dere Seiten bald wieder hinum zu schlagen; deren Enge erlaubte
nicht, mit jemand in Gesellschaft zu spatzieren, sondern erforderte
lauter tiefsinnige Philosophos, welche nur immer mit sich allein zu
reden gewohnt sind, es seye dann, daß sie sich resolviren, wie die
Schnee⸗Gäͤnse hinter einander fort zu streichen; an dessen Kruͤmme
aber solte man sich leichtlich einen Jrr⸗Garten vorstellen koͤnnen, in
welchen man die Leute, ehe man sichs versiehet, aus dem Gesicht
verliehrt; doch sahe man nichts desto weniger einige breite Strassen
darinnen, welche vielleicht nur dem Kaiser und seiner Suite zur Be
quemlichkeit in solcher Distanz angegeben worden. Wind⸗Kraut,
Schaaf⸗Linsen und andere rare Gewaͤchse liesen sich allhier eben so
wol, doch sehr gesparsam, antreffen, an welchen noch darzu das
Unkraut seine Tyranney auszuüben suchte, und diesen Kostbarkeiten
auf unterschiedliche Weise den Untergang drohete. Doch mag diese
nachlässige Sorgfalt vermuthlich daher kommen, weil gegenwaͤrti
ger Kaiser seit dem Tod seines Bruders wenig mehr nach Adria
nopel kommt, folgends dessen Abwesenheit auch die Kaiserli
chen Gebäue entgelten muͤssen; dann ausser diesem muß man beken
nen, daß die Tüͤrken auf ihre Gaͤrten was zu wenden pflegen. Es
Visite des
Bostangi
Bascha bey
dem Herrn
Botschaf
ter.
hat sich aber auch der Bostangi Bascha selbst gefallen lassen, sei
ne Visite bey dem Herrn Groß⸗Botschafter abzulegen, welcher
ihn von dem Adel bey dem Eingang empfangen, in dem Zimmer
selbst aber mit Chocolate und eingemachten Fruͤchten tractiren las
sen, dagegen er den Herrn Botschafter mit frischen Obst und
Weintrauben in Uberfluß versehen hat.


Zehende Abtheilung.


DEn 21ten sind wir nach einem Aufenhalt von dreyen Tagen
wiederum von Adrianopel aufgebrochen, und haben un
sere Reise über die fruchtbaren Felder der Landschaft Thra
cien fort gesetzet. Unterwegs trafen wir zu beiden Seiten Kirchhö
fe, Gräber, Brunnen, Städte, Flecken und Dörfer an, und zur Lin
ken sahen wir Burnupampukli / Karabaiera / Oul⸗Bascha
und
- 165 -
Reise von Adrianopel bis nach Ziorly.

135

und Haskoi, zur Rechten aber zwey kleine Flüsse, Bosnaquoi
und Sekenderkoi / über welche zwey steinerne Brücken geschlagen
waren; der eine davon welcher auf den Land⸗Charten nicht zu finden,
kam uns schon auf halben Weeg nach Hapsa / der andere aber bey jetzt
gedachtem Ort selbst zu Gesichte; und weil die Pest noch nicht nach
gelassen, haben wir uns in das Ort nicht hinein gewagt, son
dern auf dem Feld unter freyen Himmel unser Lager aufgeschlagen,
und daselbst der frischen Luft genossen. Zu Hapsa siehet man eiPrächtiger
Haan zu
Hapsa.

nen sehr prächtigen Haan / an welchem zwey Fluͤgel angehengt sind,
deren jeder aus sieben grossen Schwibboͤgen bestehet, unter welche
die Heerden und das Joch⸗Viehe köͤnnen gestellet werden. Jn der
Mitten hat es einen Brunnen, eine sehr grosse zierliche Pforte, der
Boden ist mit Quater⸗Steinen gepflastert, gerad gegen über stehet
eine Moschee mit drey Gewoͤlbern, welche so wol als der Haan selbst
mit Bley bedeckt sind. Hier zu Land drischet man nicht / wie bey Dreschen
mit Och
sen.

uns, mit Flegeln, sondern mit den Ochsen auf freyen Feld, wes
wegen man auch grosse Haufen mit Getraid auf dem Felde liegen
siehet; dieses aber geschiehet folgender Gestalt: es wird eine lange
runde Walzen, welche zwischen zwey kleine Hoͤlzer eingefaßt ist, von
denen in der Runde herum gehenden Ochsen, die von den aͤussersten
anfangen, und sich nach und nach immer naͤher zu dem Mittel⸗Punct
wenden, herum getrieben, und dieses so lang und viel, bis das Stroh
völlig zerstückelt, und die Köͤrner von ihren Aehren los worden;
welche alsdann auf der Erden liegend von den Steinlein und Staub
gereiniget und ausgewehet werden.


Den 22ten als am Tag Maria Magdalena, wurden vor unsern
Aufbruch einige Messen gelesen; nach deren Vollendung giengen
wir über Manarelliquoi nacher Babaeskisi / oder Eski Baba /
oder auch nur Baba, und liesen den Bach Sugitleka samt dem
Dorf Jeneackenscheli rechter Hand, linker Hand aber Qulelli/
Tgollimar und Quantiquoi liegen. An diesem Tag kamen Zween
Sclaven
kommen zu
uns.

zween Sclaven zu uns geloffen, davon der eine ein Schwed aus
Stockholm / seiner Profession ein Strumpfstricker, der andere aus
der Mark⸗Brandenburg / ein Schuster, war. Sie hatten von
Adrianopel aus die ganze Nacht ihre Flucht fortgesetzt, bis sie uns
erlangt haben. Der Herr Groß⸗Botschafter hatte dieselbige be
reits von dem Stadt⸗Richter zurück fordern lassen, weil er durch sei
ne - 166 -
136

Erstes Buch / Zehende Abtheilung /

ne Ausspäͤher von ihrem Darseyn schon Nachricht erhalten / gabe
auch dabey vor der Schwed seye von Luͤbeck gebuͤrtig, weil er son
sten keine genugsame Ursach wuͤrde gehabt haben, ihn, als der kein
Teutscher wäre, abzufordern; allein so lang wir uns in der Stadt
aufhielten, hat sich der Herr dieser Sclaven auf sein Land⸗Gut reti
rirt, und selbige mit sich genommen, auch allda mit den Füͤssen an
einen Stock schliessen lassen: es hat aber eine von seinen Weibern,
welche aus der Walachey gebuͤrtig war, und barmherziger als die
andern seyn mogte, ihnen Gelegenheit und Mittel an die Hand ge
geben, wie sie sich los machen koͤnnten, indem sie ihnen einen Sack
zu gelangt, worein sie Feilen und andere eiserne zu ihrer Erledi
gung dienende Instrumenten gesteckt, mit welchen sie ihre Banden
aufgelöset; und weil sie uͤber dieses noch zwey Thuͤren offen gelassen,
fanden sie bey ihrer Erledigung destoweniger Schwührigkeit: wie
uns dieses alles einer von den Beiden umstäͤndlich erzehlet hatte.
Es wurde auch schon vorher von einem aus unseren Priester für
sie Geld gebotten, allein ihr geitziger Herr wolte keinen nicht anders
als für 150. Ducaten uͤberlassen. Sie versicherten uns, daß sich noch
mehr dergleichen Sclaven zu Adrianopel befäͤnden, welche aber
von ihren Herrn auf gleiche Weise weg geschaffet worden.


Den 23ten brachen wir in der Nacht auf, wie wir schon ehe
bey heisen Tagen gewohnt waren, und nachdem wir uͤber zwey Was
ser, die Eskibaba / oder, wie es andere nennen/ Mela und Na
mastir gesetzt, sind wir zu Burgas, einem beruͤhmten Mark⸗Fle
Dem Hn.
Botschaf
ter stunde
ein grosses
Unglück
bevor.
cken / ankommen. Heute hätte dem Herrn Groß⸗Botschafter ein
grosses Ungluͤck begegnen koͤnnen, wann es der Hoͤchste, deme dafuͤr
herzlich gedanket seye, nicht noch in Gnaden verhütet; dann
da setzte sich sein Pferd unvermuthet auf die beiden hindern Füͤsse,
und wolte seinen Reuter aus dem Sattel heben, es hat aber Se. Ex
cellenz so viel Zeit gefunden, noch vor dem gaͤnzlichen Fall herab zu
springen, so daß Er zwar den rechten Fuß und Schulter ein wenig
verrenket, aber dagegen in Gefahr stunde, mit samt dem Pferd um
das Leben zu kommen. Des andern Tags blieben wir bey Burgas
stehen, und wurde gegen dem Mittag Befehl ertheilet, daß keiner
aus dem Lager gehen solte, weil etliche tausend Mann Tartarn allda
Reicher
Haan zu
Burgas.
vorbey marchiren wuͤrden. Der hier sich befindende Haan ist gleich
dem zu Hapsa auf diejenige Weise eingerichtet, von welcher ich schon - 167 -
137

Reise von Adri[a]nopel bis nach Ziorly.

schon oben an einem Ort gemeldet, daß es dergleichen in Asien gar
viele gebe, die nemlich von ihren erstern Stiftern mit so reichen Ein
kommen versehen sind, daß den Fremden Reiß, Brod und andere
Sachen umsonst gereichet werden muͤssen. Der Groß⸗Vizir Jb Jbrahim
ein Stifter
vieler Haa
ne.

rahim hat durch das ganze Reich so viel dergleichen öͤffentliche
Würths⸗Häuser oder Haan gestiftet, als Tage in einem monatli
chen Jahre zu zehlen, welche er auch alle sehr reichlich begabt hat.
Dieser lebte zu Zeiten des Kaiser Solimans, welcher die
starke Ungarische Vestung Siget belagert, aber auch davor sein
Leben lassen müssen; weil nun Jbrahim des Kaisers Tod auf eine Dessen klu
ge Verhä
lung von
des Kai
sers Tod.

verschmitzte Weise ganzer 40. Tage verborgen gehalten / und dem
Reich nicht geringen Nutzen dardurch zu gewendet, haben sie ihm
grosse Ehre und Freyheiten wider ihre Gewohnheit ertheilet, indem
sie sich sonst für die empfangene Gutthaten schlecht erkäͤnntlich bezei
gen. Unter andern Vortheilen, welche sie ihm zu erkannt, ist bilDardurch
erworbene
Freyhei
ten.

lig oben anzusetzen / daß er und alle seine Nachköͤmmlinge dem Na
men eines Hans oder Köͤnigs füͤhren durften; diesem wurde noch
beygesetzt, daß niemand bey dessen Familie weder mit dem Schwerdt
noch durch den Strang oder auf eine andere gewaltthätige Weise
darf hingerichtet werden, welches Privilegii die Familie der Kiu
perli sich auch zu erfreuen hat. Die gröste Straffe, die man
ihnen anzuthun fähig ist / bestehet darinnen, daß man sie ins Elend
verschicken kan, welches aber doch auch so weit eingeschrenkt,
daß, wider die sonst gewöͤhnlichen Gesetze und Ordnungen dieser
Barbarischen Völker, die Güter bey den Erben bleiben muͤssen, nicht Erbe der
Exulanten
ist der Tür
kische Kai
ser.

aber in den gemeinen Seckel oder zu des Sultans Schätze gebracht
werden darfen; dann ausser diesem pflegt der Sultan der ver
bannisirten Güter einzuziehen, und sich für den Erben derselben
darzugeben / mit was Recht oder Unrecht solches auch geschiehet
darauf wird wenig regardirt. Nunmehr ist aus diesem Geschlecht
nur noch ein einiger vorhanden / so 19. Jahr alt ist, und noch keine
Kinder hat.


Den 25. als am Jacobi Tag, sind wir auf Carischtran kom
men, und hatten zur linken Seiten unsers Lägers ein morastiges
Wasser, welches so klein war, daß man daruͤber springen oder doch Kaiserl.
Lust⸗Hauß
zu Carisch
tran.

dardurch gehen kunte, an dessen Ende drey viereckigte gespitzte und
aus Quater⸗Steinen verfertigte Säulen stunden, so in der Mitten S
eine
- 168 -
Erstes Buch, Zehende Abtheilung /

138

eine Höle hatten, wordurch das Wasser in des Sultans Lust⸗Hauß
geleitet wurde, welches wir auf den Nachmittag besehen, aber lang
nicht so beschaffen gefunden, daß es eine tuͤchtige Wohnung für ei
nen grossen Prinzen abgeben sollen. Das Gebäͤu war an sich selbst
viereckigt, und hatte auf der Erden kleine mit hoͤlzernen Gittern ver
machte Zimmer, in denen die Weibsbilder aufbehalten werden: man
sahe auch zwey Bäder allda / die an Schönheit mit den Zim
mern voͤllig accordirten; und duͤrfte man in Teutschland noch wol
Ställe antreffen, so dieser Köͤniglichen Wohnung einen Wett
Streit ihrer Vortreflichkeit halben anbieten koͤnnten. Der Hüter
dieses Serallien empfienge den Herrn Botschafter bey dem Ein
gang mit dem gewöhnlichen Geschrey, füͤhrte ihn durch das ganze
Viele Kin
der bey den
Türken
was rares.
Hauß, præsentirte Jhm seine junge Zucht, mit welcher er sich gar
viel wuste, weil es bey den Türken gar was seltsames wann ei
ner viel Kinder hat: darunter war auch eines von dreyen Jahren,
die eine jede Sache gar eigentlich mit ihren Namen zu nennen
wuste: sie war auch nicht haͤßlich von Angesicht, zuͤchtig, die Haa
Farbe der
Haare und
Nägel.
re nach Türkischer Mode mit Safran, die Nägel an den Fingern
aber mit Berg⸗Zinober oder Purpur gefärbet, welches also zu ge
het: Sie haben ein Graß⸗grünes Pulver, dasselbige machen sie
naß, bestreichen auf den Abend die Nägel damit, und verbinden
sie, alsdann veräͤndert sich die Nacht uͤber diese Farb in roth, wel
che den Häͤnden also anklebt, daß man sie kaum durch vieles Wa
schen in 14. Tagen wieder herunter bringen kan. Füͤr die Ursach sol
cher Gewohnheit geben sie dieses an, daß, weil die Mäͤnner beschnit
ten wären, die Weiber doch auch was haben muͤsten, welches ihr
Geschlecht von andern unterscheidete, wie wir dessen von unsern
Führer dem Mehemet berichtet worden. Allein die Verständigern
unter ihnen wissen eine andere Ursach vorzubringen, und sagen, es ha
be diese Mode der Männer Eifersucht und zwar zu dem End er
dacht / damit die in Orient zur Geilheit geneigte Weiber sich nicht
selbst stilleten, und mit ihrer eigenen Person eine fleischliche Suͤnde
begiengen, welches auf solche Weise leichtlich gemerket und nach
Verdienst gestraffet werden koͤnnte; welchen Gebrauch doch auch die
Armenier, Grichen / Juden und Christen observiren: jedoch ver
hindert dieses, daß andere Voͤlker in der Tuͤrkey diesen Gebrauch
beybehalten, gleichwol nicht, daß man die erst angefüͤhrte Ursach
nich
- 169 -
Reise von Adrianopel bis nach Ziroly .
139
nicht für sehr wahrscheinlich halten solte, da indessen andere Natio
nen es nur wegen Landes⸗Gewohnheit mit machen, und in dieser an
sich selbst indifferenten Sache sich andern gleich stellen.


Da wir bey dem Serrallien Hüter waren, und unser Adel Caf
fé trank, liesse sich der Herr Groß⸗Botschafter mit dem Capi
gi Baschi in ein freundliches Gespraͤch ein, und fragte unter an
dern, ob auch daselbst ein Haan seye, der so reiche Einkünfte / als
wie der zu Hapsa und Burgas / habe / daß man darinnen den Rei
senden die Kost umsonst reichen müsse? worauf Er zur Antwort be
kam, daß zwar ein Haan sich allda befinde, habe aber damit keine
solche Beschaffenheit, wie mit jenen Beiden; diesem setzte er noch
hinzu, wie einige von denselben, vornemlich aber in Asien, solche
Einkünften hätten, daß man nicht allein den Menschen, sondern
auch dem Joch⸗Vieh seine nothwendige Verpflegung reichen muͤste,
es wären aber mit der Zeit diese Stiftungen durch Nachläͤssigkeit oMiß
brauch der
Stiftun
gen.

der Geitz derjenigen, so die Güter in Verwaltung gehabt, ganz und
gar abkommen. Fragte dabey uns: ob es nicht auch also bey uns
zu gienge, daß viele Sachen, so einen guten Anfang gehabt, mit der
Zeit immer abnehmeten, bis endlich ihr völliger Untergang erfolge?
Was solten wir nun hierauf diesen Barbarn antworten? Ach daß
wir doch mit Grund der Warheit das Gegentheil hätten behaupten
köͤnnen, aber werden wir nicht taͤglich, GOTT sey es geklagt, eines
andern überführet? Wie viele geistliche und weltliche Stiftungen
sind nicht im Teutschland von ihren ersten Stiftern gemeinen Nu
tzens wegen mit grossem Vortheil aufgerichtet und mit reichlichen
Einkommen versehen worden, von welchen man anfaͤnglich den groͤ
sten Seegen verspuͤhret? Sind aber nicht eben dieselbe von nach
lässigen und ungerechten Haußhaltern zum öftern also beschnitten
und eingezogen worden, daß man jetzo kaum ein kleines Merkmal
ihrer vorigen Gestalt mehr zu sehen bekommt? Es hat aber auch
gleichwol nicht mit allen diese Beschaffenheit; die einige MannaManna
gettische
Stiftung
in Wien.

gettische Stiftung in Wien, in welcher schon viel brave Mäͤnner
zum nicht geringen Nutzen der Oesterreichischen und aller Teut
schen Landen erzogen worden, kan uns ein Exempel von getreuen
Verwaltern sothaner Stiftungen vorstellen; angesehen solche durch
deren Fleiß und Sorgfalt so hoch angewachsen, daß sie nunmehro
noch

S 2
- 170 -
Erstes Buch / Zehende Abtheilung.

140

noch einmal so grosse Unkosten erträget, als anfangs geschehen
können. Durch diese Gelegenheit nun hatten wir erfahren, wie der
Haan zu Burgas seinen Anfang genommen.


Mehr bemeldter Jbrahim hatte unter seinen übrigen Kin
dern auch einen Sohn, welcher Stadthalter oder Bascha in Bos
nien gewesen, wider den aber bey dem Sultan täglich von den
Unterthanen Klagen einliefen, wie er viele Neuerungen vornähme,
mit Steuren, Gaben und ungewöͤhnlichen Kopf⸗Geld sie beschwehre
te, und mit denen, so sich dessen zu geben weigerten, sehr scharf ver
führe / welches der Sultan seinen Vater, der damaln Groß
Vizir war, zu verstehen gab; worauf dieser den Sultan versicher
te, wie er daran seyn wolte, daß dergleichen von ihm ins kuͤnftige
nicht mehr solte vorgenommen werden; hierauf schickte er zween
Kaiserliche Caͤmmerlinge, welche mit bessern Recht Henkers⸗Knechte
heisen können, zu seinem Sohn, die ihm ohne Verzug seinen
Kopf bringen musten. Als er nun deswegen von dem Sultan zu
Rede gesetzt worden, hat er darauf geantwort, daß er auf solche
Weise seinem Versprechen nachgekommen, nach welchem er sich ver
bunden, daß Se. Majestät von seinem Sohn dergleichen Klagen
nicht mehr hoͤren solten; und aus dessen Verlassenschaft ist nun hier
der erste Haan zu Burgas erbauet und dabey jaͤhrlich grosse Ein
künften zu Unterhaltung und Nutzen der Reisenden angewiesen wor
Wo das
Wort
Haan sei
nen Ur
sprung her
habe.
den, läßt auch sehr wahrscheinlich, daß von diesem Jbrahim die
offentliche Würthshäuser den Namen Haan bekommen haben.
Nachdem der Capigi Baschi seine Rede hiemit geendiget, erinner
te sich der Herr Botschafter, daß er gestern noch von einem eini
gen Vettern dieses Jbrahims gedacht hatte, und wolte demnach
wissen, wo sich dann derselbige anjetzo aufhielte, ob er vielleicht eine
Charge im Feld oder am Hof bekleidete? bekam aber zur Antwort, wie
er sich auf dem Lande auf seinen Gütern aufhalte / ein einsames Le
ben führe, und zu Staats⸗Sachen gar nicht gebraucht wuͤrde, wei
len die Pforten vielmehr darauf bedacht ware, daß dieses Geschlecht
ganz und gar moͤgte vertilget werden; und als der Herr Botschafter
Alcorans
Gesetze von
Verwal
tung der
Aemter.
ihm dargegen den Einwurf machte / wie dieses dem Alcoran entgegen
liefe, weil derselbige haben wolle, daß ein jeder, der bey guter Ge
sundheit und Verstand sey, entweder in Kriegs⸗ oder Staats⸗Sa
chen sich solle gebrauchen lassen: läugnete jener zwar nicht, daß
die
- 171 -
Reise von Adrianopel bis nach Ziroly.

141

dieses im Mahometischen Gesetz enthalten, es wuͤrde aber von den
Vornehmen, und denen, so die Regierung verwalten, schlecht beob
achtet: man gebrauche nur diejenigen zu öffentlichen Bedienungen,
welche dem Hof anständig, andere aber liesse man dessen ungeachtet
dannoch sitzen / und bekümmere sich nicht darum, ob beide Theile dar
zu geschickt sind, oder nicht; es wäre dieses eben die Ursach / daß
brave und geschickte Männer vielmaln vorbey gegangen, nichts wer
the Leute aber durch Recommendation ganzen Ländern zu Regen
ten vorgesetzt wuͤrden, und um eben dieser Ursache willen des Reichs
gänzlicher Ruin noch endlich zu befuͤrchten stuͤnde: er wolle, so bald
er nach Stambul komme, dieses dem Groß⸗Vizir mit mehrern
vorstellen.


Ach, wie wäre es doch zu wuͤnschen, daß auch viele Christliche Miß
brauch in
Vergebung
der Aem
ter.

Fürsten hierüber keine Ursach zu klagen hätten; was für vortref
liche Leute finden sich nicht oͤfters an Euren Hoͤfen, die Jhr Euch im
Rathen und Thaten aufs beste koͤnntet zu nutz machen, welche aber,
weil sie die Gunst Eurer Ministers nicht besitzen, ja vielmehr von
ihnen, als Leuten, welche sich gar vielfäͤltig von ihren Affecten regi
ren lassen, angefeindet werden, nicht in die Hoͤhe noch zu Eurer
Bekanntschaft gelangen können, sondern wol die Zeit ihres Lebens
in dem Winkel der Vergessenheit still sitzen, und als ein verachtetes
Lichtlein sich selbst verzehren muͤssen, da sie doch / wann man sie her
für gezogen, und so zu reden öfentlich auf den Leuchter gestellet hät
te, nicht nur in Eurem Füͤrstlichen Hauß leuchten, sondern wol gar
das ganze Land mit ihrem Glanz erfüllen koͤnnen. Wiewol die
Staats⸗Bedienten nicht jederzeit in diesem Stuck die Schuld allein,
ja vielleicht wol die wenigste daran haben. Es gibt noch viel beherz
te und gewissenhafte Leute darunter, so sich den Nutzen eines Lan
des oder Reichs lieber, als ihr Privat-Interesse seyn lassen; weswe
gen kluge Regenten sich in Wehlung ihrer Ministers nicht selbst in
Licht stehen, sondern sich bemuͤhen sollen, diejenige auszusuchen, wel
che dem gemeinen Wesen gute Dienste zu leisten vermoͤgen: auf sol
che Weise werden die bereits angenommene in ihrer Pflicht desto si
cherer erhalten, wann sie durch so kluge Wahl den hohen Verstand
ihres Principals erkennen; andere geschickte Leute aber aus allen
Ländern und Nationen herbey gezogen, weil sie einen solchen Hof
für

S 3
- 172 -
142

Erstes Buch / Zehende Abtheilung /

für denjenigen heut zu Tag gar seltsamen Ort ansehen / wo die Tugend
und Verdienste belohnet werden.


Jedoch damit wir mit unsern moralisiren grossen Herren nicht
beschwehrlich seyn/ wollen wir davon abbrechen, und wiederum in den

Nach dem
Alcoran
soll man
auch den
Feinden
Glauben
halten.
Alcoran hinein gucken, in welchen sich der Herr Botschafter mit
dem Mehemet / als einem in seinen Gesätzen gar wol erfahrnen
Mann, zimlich vertieft hatte, wie Er dann unter andern daran lobte,
daß derselbige haben wolle, man solle auch die Feinde, mit welchen man
in Frieden lebe, gegen andere, die sie anfallen, vertheidigen, und daß sie
so bald von GOtt wuͤrden verlassen werden, so bald sie ihren Freun
den oder Feinden nicht Glauben halten und von dem mit ihnen ge
machten Vertrag abweichen würden. Hier fande sich nun der Türk
betroffen, indem er gänzlich dafür hielte, es ziele dieses auf den von den
Musulmaͤnnern ohnlängst gebrochenen Stillstand, und wolle Er
ihnen hiemit ihre Treulosigkeit vorruͤcken, weshalben er sich auf das
äusserste bemühete, diesen Schandflecken von seiner Nation abzuleh
nen, und vielmehr darzuthun, daß das Kriegs⸗Feuer nicht von ihnen,
sondern uns wäre angezündet worden, ja daß sie hierbey nicht mehr
gethan, als was ihnen das natuͤrliche Recht erlaubet/ indem sie nur
Gewalt mit Gewalt abgehalten hätten. Diese eifrige Vertheidigung
seines Volks hörte der Herr Botschafter mit guter Gelassenheit
an, und gab ihm hierauf mit lachendem Mund zu verstehen, daß Er
mit leichter Mühe wuͤrde darthun koͤnnen, wer Urheber von dem ver
wichenen Krieg gewesen; Er hielt aber für rathsamer, die fast geheil
te Wunde unberuͤhrt und verdeckt zu lassen, als sich der alten Feind
seeligkeit ohne einigen Vortheil zu erinnern: wiewol es mir auch vor
gekommen, als ob Se. Excellentz, als ein weit aussehender Herr,
dieses nur zu dem Ende vorgebracht, damit, wo sich etwan ein neuer
Feind wieder uns herfür thun solte, sie dardurch moͤgten angefrischt
werden, gesamter Hand die Waffen zu ergreiffen und sich demselbi

Andere Po
litische Ge
spräche des
Herrn Bot
schafters
gen einmüthig zu widersetzen. Es hat auch der Herr Botschafter
seine politische Klugheit auf eine andere Weise bey eben dieser Ge
legenheit an den Tag gelegt, wann Er unter dem Schein einer son
schafters derbahren Vertraulichkeit gegen diesem Mann ihn versicherte, daß
er ihme anjetzo etwas zu offenbahren gedaͤchte, welches Er vielleicht
mit besserem Nutzen verschweigen wuͤrde; er habe nemlich angemer
ket, daß diesem anjetzo in schöͤnstem Flor stehendem Reiche nun nichts
weiter
- 173 -
Reise von Adrianopel bis nach Ziorly .

143

weiter abgehe / als eine ordentlich⸗eingerichtete Handelschaft, vermoͤg
welcher allen und jeden frey stehen moͤgte, die Handlung in fremde
Länder zu treiben, und sie auf so sichern Fuß zu stellen, daß die Kauf
manschaft keine Gefahr dabey zu befuͤrchten, denen Unterthanen aber
desto gröͤsserer Nutzen davon zu hoffen stuͤnde; welches Er jedoch nur
einig und allein in diesem Absehen vorgebracht, damit der Orientali
schen Compagnie die freye Aus⸗ und Einfuhr in diese Länder moͤgte
leicht gemacht werden.


Man bliebe aber bey dieser Unterredung nicht in den SchranTheologi
sche Ge
spraͤch.

ken der Welt⸗Weißheit, oder der philosophischen Sitten Lehre, es
vertieften sich diese vornehme Disputanten so gar in Goͤttlichen
Betrachtungen. Es wurde weiß nicht von wem die Materie von dem
Schmerzen des Zipperleins auf die Bahn gebracht, und dabey erin
nert, daß derjenige, der damit behaftet, grosse Gedult darzu vonnoͤ
then hätte; welche Gelegenheit der Mehemed Aga in acht nahme,
und diese Tugend ungemein erhebte, indem er sie einen Schluͤssel zum Lob der Ge
dult / und
anderer
Tugenden.

Himmel nennte, welche wir sonderlich noͤthig hatten, wann wir uns den
Eingang zu der ewigen Freude eröfnen wolten. Deme der Herr
Botschafter beyfügte, daß nicht allein die Gedult, sondern auch
alle andere Tugenden solche Schluͤssel waͤren, gleich wie im Gegen
theil die entgegen gesetzten Laster für so viel Schlösser passirten,
die uns denselbigen verschlossen hielten, welche aber durch eine
reumüthige und aus einem zerknirschten und gläubigen Herzen ent
springende Abbitte unserer begangenen Suͤnde und Laster wiederum
koͤnten aufgeschlossen oder zerbrochen und uns damit ein freyer Zutritt
zu GOtt unsern himmlischen Vatter verstattet werden; daß aber sol
che Abbitte von uns täglich zu widerholen, daran wuͤrde kein Ver
ständiger zweifeln: wann aber, so oft wir uns selbsten durch vielfaͤl
tige Ubertrettung der Göͤttlichen Gebote diese Thuͤr verschliessen, der
barmherzige GOtt durch unsere Reue nicht bewegt wuͤrde, dieselbige
wiederum zu eröͤfnen / müsten unfehlbar alle Menschen an ihrer See
ligkeit verzweifeln. Hierbey nahme der Herr Botschafter Anlaß,
diese Frage aufzuwerfen: Warum solche Gnade nur den Menschen
und nicht auch den gefallenen Engeln gegeben seye; und da jene nach
so vielfältig und oft wiederholten Suͤnden wieder aufstehen koͤnnten:
diese ehmaln reineste und himmlische Geister dargegen ihre kaum began
gene Suͤnde mit der ewigen Straffe büssen muͤßten? Worauf der
Türk
- 174 -
144

Erstes Buch / Zehende Abtheilung /

Warum
die Men
schen und
nicht die
Engel nach
dem Fall
wieder zu
Gnaden
aufgenom
men wor
den.
Türk zur Antwort gab / daß die sonderbahre Liebe GOttes gegen den
Menschen, als einer der edelsten Creaturen, dessen eine Ursache seye.
Diesem aber setzte der Herr Botschafter entgegen, wie aber ja kein
Zweifel, daß die Engel weit vortreflicher als die Menschen
wären, und folglich um eben dieser Ursach willen der grosse GOtt
zu jenen eine grössere Liebe, als zu diesen tragen muͤste / als die mit
jener Englischen Vortreflichkeit in keinen Vergleich koͤnnten gezogen
werden: Hier wolte es nun bey dem Tuͤrken nicht recht mehr fort,
und war durch solchen Einwurf ganz zweifelhaftig worden, doch be
sane er sich indessen auf keine unebene Antwort / wann er sagte: es
wäre den Engeln ein grösser Licht, als denen Menschen gegeben wor
den / vermittelst dessen sie das Gute von dem Bösen besser unterschei
den, die Schwehre der Sünde, und den darüber entbrannten Zorn
GOttes genauer erwegen und deutlicher einsehen köͤnnen, weswegen sie
dann auch schärfere Straffe verdienet; deme er noch beysetzte, daß er
nicht so gelehrt, und erfahren, auf alle solche Theologische Spitz
findigkeiten so gleich zu antworten; er bäte inständigst, es ihme zu
gut zu halten, wann er etwas nicht gruͤndlich beantwortet hatte; zu
Constantinopel wolle er dem Herrn Botschafter wem stellen /
der Jhme in allen dergleichen Materien Satisfaction leisten solte.
Hierauf rühmten Se. Excellentz des Mehemets guten Verstand
und Geschicklichkeit, setzten aber hinzu, daß der Glaube eine Ga
be GOttes wäre, und zur Erlangung der ewigen Seeligkeit höchst
nothwendig; wir indessen wären hievon folgendes überzeigt, daß
GOTT, als Er eine andere und zwar die Menschliche Natur an
nehmen und also GOtt und Mensch zugleich seyn wollen, welches
ein unverwerfliches Zeichen einer ganz auserordentlichen Liebe gewe
sen, doch darinnen eine noch weit groͤssere und unbegreiflichere erwiesen,
daß Er dem Menschen nach dem Fall Mittel an die Hand gegeben,
durch welche er wiederum aufstehen und sich mit Jhm versöhnen koͤnn
te; sintemalen Er den vornehmsten Zweck seiner angenommenen
Menschheit nicht wuͤrde erhalten haben, wann niemand sich gefun
den, den er hätte retten koͤnnen; daß aber denen Engeln kein Mittel
zu ihrer Erlösung übrig geblieben, erhelle daraus, weil sie gleich nach
ihrem Fall auser Stand gesetzt worden, etwas wiederum zu verdie
nen/ oder, weil ihre Werke wegen der einmal verlohrnen und nicht
wieder
- 175 -
145

Reise von Ziorly bis vor Constantinopel.

wieder erhaltenen Gnade, in den Augen GOttes nicht angenehm
seyn kunten, sondern füͤr unguͤltig und todt angesehen wurden.


Eilfte Abtheilung.


NAch diesem geendigten Gespraͤch und genommener NachtErste An
sicht des
Meers.

Ruhe sind wir den 26. dito weiter fort nach Ziorli gangen,
und haben denselbigen Tag das erstemal zur rechten Seiten
das Meer zwischen dem Hellespont liegen sehen, von welchem wir
noch 4. Stunde entfernet waren: man kunte viele Schiffe auf dem
selbigen beobachten, die mit ihren Seegeln herum fuhren. All
hier halte ich für unnoͤthig, von den Haan oder Moscheen et
was mehr zugedencken, weil sie durch die ganze Tuͤrkey anzutreffen
und bey nahe in allem einander gleich kommen. Den 27ten haben
wir unsern March bis auf Kunickli unter beständigen Jagen fort
gesetzt, und trafen allda eine solche Menge Haasen an, daß man hätte Menge der
Haasen.

glauben sollen / sie wären aus der Luft herunter gefallen; einer von
unsern Janitscharen kunte sie alle auf der Erden liegen sehen, welche er
uns auch gar fleisig zeigte: ein anderer war so fix und accurat im Wer
fen, daß er mehr als einen mit seinem Stecken getoͤdtet. Dieses Dorf
ist nicht sehr groß, und hanget an einem Huͤgel, an welchem der Gli
cyner⸗Fluß vorbey streicht, den einige in den Land⸗Charten
besser gegen Ziorly zu setzen; solcher ist, wie die mehresten andern,
mit einer steinernen Brüͤcke versehen. Mitten auf dem Weeg wur
de uns ein Dorf mit Namen Segbanloi gezeigt, das so viel als einen Segban
loi/oder
Hunds
Hüter.

Hunds⸗Hüter bedeutet; dann so lang wir Christen Constantinopel
noch innen hatten, nachdem die Türken Adrianopel schon einge
nommen, gebrauchten diese bemeldten Ort an statt eines Wacht
Hauses, um auf diejenige Christen, welche auf dem Land wohnten,
Achtung zu geben, damit sie nicht zu den Jhrigen in die Stadt uͤber
gehen moͤgten, und hiervon wird auch wol der Ort seinen Namen be
kommen haben; sintemalen die Christen vor Zeiten von denen Tüͤrken,
da diese noch die Oberhand hatten, nur füͤr Hunde gehalten und auch
also genennet worden, und folglich dieser Ort den Namen bekom
men, daß man ihn einen Hüter der Hunde hiese, weil man von dar
aus auf die Christen Achtung gegeben. Nachdem aber die Tüͤrken
etlich

T
- 176 -
Erstes Buch / Eilfte Abtheilung /

146

Die Tür
ken werden
höflicher.
etlichmal geklopft worden, haben sie nun beynahe mehr Leutseeligkeit
an sich genommen, als sie vorhero Grausamkeit spuͤhren lassen, wie
dann auch ihre politische Regierung noch taͤglich zunimmt.


Den 28ten dito liesen wir zwey Doͤrfer, als Herackle zur rech
ten und Tezantiquoi zur linken, liegen, und marchirten eine gute
Zeit neben dem Ufer des Meers fort. Einige unter uns hatten das
Meer noch niemal gesehen; andere bezeigten eine Verwunderung
über die vielfäͤltigen und unterschiedliche Arten der Muscheln, und heb
ten derselben einige auf; wieder andere suchten Schwammen, so zum
theil noch halb leicht und weich, theils aber durch das Salz⸗Wasser
die Natur der Binsen⸗Steine an sich genommen. Einige von un
sern Leuten, welche ihr beherztes Gemüth zeigen wolten, sind zu Schif
fe gegangen, haben die Segel aufgezogen, und sich eine Strecke ins
Meer gewagt. Jndem kamen wir noch selbigen Tag auf Selym
bria, einen Hafen, so an dem Meer zwischen dem Hellespont
Lange Mauern
vor Con
stantino
pel.
sehr nahmhaft und bekannt ist. Man gibt vor, daß die lange Mau
ren von dem Schwarzen Meer bis hieher sich erstrecket habe, womit
ehedessen die nahe um Constantinopel gelegene Güter und Lust
Häuser eingefangen waren, und soll dieselbige vierzig tausend Schritt,
oder nach anderer Scribenten Meinung 280. Wetläͤufe, welche fuͤnf
und dreissig tausend Schritt ausmachen / von der Stadt entfernet
gewesen seyn; ihre Breite bey 20. Römer⸗Schuhe ausgemacht,
ihre Länge aber sich auf 420. Wettläͤufe oder ein und füͤnfzig tau
send und füͤnf hundert Schritte erstrecket haben; und damit solche
von der Besatzung desto bequemer moͤgte defendirt werden, waren
die Durchgaͤnge der Thuͤrne noch mit andern Thuͤrnen verwahret,
auf welche man von unten auf nur durch einen einigen Weeg steigen
kunte, so daß eines jedweden Thurns Besatzung die Feinde, wann sie
auch schon bis zwischen die Mauern avancirt wären, noch lange
hätte aufhalten koͤnnen. Diese Mauern war von dem Anfangs recht
gläubigen nachgehends aber zu der Eutychianischen Ketzerey üͤberge
trettenen Kaiser Anastasius, der nachgehends von dem Donner
erschlagen worden / zu erst wider der Scythen und Bulgarn Ein
fall erbauet worden, wie der Kirchen⸗Scribent Evagrius erzehlt.
Es ist aber dieselbige von den Barbarn, die von dem Schwartzen und
Meoti
- 177 -
Reise von Ziorly bis vor Constantinopel.

147

Meotischen Meer, von der Jnsul Colchis und dem Berg Caucasus
her in Europa eingefallen, öfters eingenommen, und uͤber einen
Haufen geworfen worden, welche aber Justinianus / der andere
Kaiser nach dem Anastasius / wiederum repariren und die bemeld
ten Thürne darzu bauen lassen, damit die von dem schwarzen
Meer nach dem Hellespont Reisende einen sichern Weeg hätten,
wofür auch schon vorher Anastasius gesorget, da er eine Meer
Enge allda zu weegen gebracht, und Constantinopel / welche da
mals nur eine Halb⸗Jnsul war / zur einer völligen kleinen Jnsul ge
macht. Ehe man gar hinzu kommt, trifft man einen mittelmaͤssigen
Bach süsses Wassers an, und bey demselbigen einen grossen Mo
rast, worüber eine ungemeine lange Brüͤcke, von mehr als dreisig
Jochen ist, welche aber dazumal ganz trucken stunde; und dieses
mag zu dem Ende geschehen seyn, damit wann die heftigen Meer
Wellen den Strom zuruͤck treiben, und mit Meer⸗Wasser anfüͤllen,
die Reisenden doch nichts destoweniger fort kommen koͤnnten / weil
das ergossene Wasser hier einen Ort hat, wo es zusammen lauffen
kan. Das Schloß zu Selymbria liegt auf einer Anhöhe, welches Selym
bria.

so wol gegen das Meer als das trockene Land siehet, und zeigen die
daselbst noch vorhandene alte eingefallene Mauren und Thürne, daß
dasselbige ehedessen muͤsse befestiget gewesen seyn. Man gehet zu sol
chem durch drey Pforten hinein, woran sich mancherley in Oni
kel gehauene Grichische Schrifft vor dem muß præsentirt haben,
welches an einigen aber noch sehr wenigen käͤnntlichen Buchstaben ab
zunehmen, als die man mit genauer Noth für Grichische halten
kan; die mehresten hat die Gewalt des Winds und das Alterthum
zu nichte gemacht. Jn der Vorstadt ist ein Kaiserliches Proviant
Hauß / in welches das Getraid von dasiger Landschaft gebracht wird.
Jn der obern Stadt oder Schloß haben die Grichische Möͤnche ei
ne zwar kleine aber schöne und zierliche Capelle, um welche keine
Fenster sind, das Licht aber durch das Dach hineinfäͤllt: zur Sei
ten derselbigen haͤngen grosse dicke Wachs⸗Kerzen, so die Lieb
haber der seeligsten Jungfrau ihr zu Ehren aufgeopfert haben / deren Wunder
thätige
Bildnis
der Jung
frau Ma
ria.

wunderthätige Bildnis allhier aufbehalten wird. Die Gestalt die
ser Bildnis ist flach, aus einer silbernen Blatte geschlagen, und in einen
Kasten eingeschlossen, allwo sie durch ein Glaß kan gesehen werden.
Jn dieser Kirche sollen sich auch noch Gebeine von einer andern Hei


ligen

T 2
- 178 -


Erstes Buch / Eilfte Abtheilung /

148

Gebeine
der Heil.
Zena.
ligen befinden welche nach Bericht des Vorsteher dieses Orts,
der ein ansehnlicher alter Mann war, Zena [14] soll geheissen haben. Es
wolte diese Gebeine der Kaiser Constantin von Rom nach seiner
Stadt führen, nachdem aber das Schiff an das Selymbrische Ufer
gekommen, kunte es weder durch den Wind, noch durch Schiff
Stangen abgetrieben werden, so lang es diesen Heil. Cörper aufhat
te, weswegen man sie in solche Kirche gebracht, um an demjenigen
Ort zu ruhen, den die Heilige ihr selbst darzu bestimmt hatte; wor
auf das Schiff seinen Lauf wieder ungehindert fort setzen können.
Von dieser Kirche wolte der Vorsteher behaupten, daß sie eine von
denen sieben seye, deren in der Offenbahrung Johannis gedacht
wird; allein daß der gute Alte seine schlechte Wissenschaft in der Kir
chen Historie damit verrathen, erhellet daraus, weil daselbst aus
drüͤcklich gemeldet ist, daß dieselbige Kirchen in Asien gelegen, da doch
Selymbria noch zu Europa gehöͤret: zudem werden bemeldte Kir
chen ordentlich mit Namen genennt, und kan also auch um dieser Ur
sach willen für keine aus derselbigen gehalten werden; aber so weit
war dazumal dieser liebe Mann in den Grichischen Geschichten noch
nicht gekommen.


Den 29. Julj blieben wir zu Selymbria / in welcher Zeit
Nachricht
von Scla
ven.

der Herr Botschafter durch seine Ausspäher Sclaven aufsuchen
lassen, davon er so viel Nachricht bekommen, daß zwey von einem
Juden nach Constantinopel geführt worden, eine in dem vorigen
Krieg bey Belgrad gefangene Sclavin aber in dem Kaiserl. Pro
viant-Hauß aufbehalten und zu einer Wäscherin gebraucht würde,
welcher aber, weil sie eine Dienst⸗Magd des Sultans ist, und von
niemand als Jhm selbst kan los gegeben werden, der Herr Bot
schafter nicht eher als zu Constantinopel dem Passarowitzischen
Friedens⸗Vertrag gemäß abfordern kunte. Daselbst ist auch ein
Venetianischer Hauptmann mit seiner Gemahlin zu uns gekommen,
der zwar vorher schon die Freyheit erhalten, aber wegen gemachter
Schulden sich nicht von dannen machen durfte, ist aber gleichwol
auf Sr. Excellenz Vorspruch entlassen worden, und bis für die
Mauren der Stadt mit uns gezogen. Hierauf kamen wir bis
Tschemetschen / oder bis an die grosse Brücke, nachdem wir um
11 Uhr Vormittag bey einem andern kleinen Städtlein, so mir nie
mand zu nennen wuste, vorbey gegangen waren. Auf dem Weeg hat

ten
- 179 -
149

Reise von Ziorly bis vor Constantinopel.

ten wir das Meer beständig zur rechten, und sahen wir viel kleine
Nachen und Last⸗Schiffe, so die Waaren, als Melonen, Kuku
mern rc. der Tüͤrken gröͤste Delicatessen, von den Insuln des Helle
sponts anders wohin führten. Besagte grosse Brüͤcke bestehet aus
vier kleinern, da immer eine ein kleines Stuͤck Erde von der andern
unterscheidet, davon die erste 9. die zweyte 5. die dritte und vierte
aber 7. Schwibbögen von ungleicher Grösse und Breite hat. Un
ser mit Ried und Binsen allenthalben bewachsenes Lager stunde also,
daß wir zur Rechten vor uns das Meer, zur Linken die Brüͤcke und
den Morast, hinter uns das feste Land hatten, worauf ein Dorf,
und jenseit der Brücke noch ein anderes Dorf gelegen war. Diesen
Tag kam endlich der Herr von Dierling / Secretair bey der BotZuruck
kunft des
Hn. von
Dierling /
und Zei
tung we
gen der
Pest.

schaft, mit dem Dolmetsch, welche voraus geschickt gewesen,
Kundschaft wegen der Krankheit einzuholen, wieder zu uns, und
zwar mit der Nachricht, daß allda die Pest sehr überhand nehme, so
daß der Sultan sich bemuͤssiget gesehen, seine Wohnung zu ändern,
und mit seinem Hof nach dem schwarzen Canal zu gehen, weswegen
wir uns eine zeitlang auf dem Feld aufhalten müsten, um daselbst,
bis sich das Ubel gelegt, der freyen Luft zu geniessen; doch wuͤrde
das Lager nicht weit von der Stadt entfernet seyn, so wol die benö
thigten Lebens⸗Mittel desto bequemer daraus anzuschaffen, als auch
die Geschäͤften mit weniger Hinternisse zu tractiren: wir vernahmen
auch zugleich, daß daselbst ein Tefterdar / oder Vorsteher von der Tefterdar
wer sie
sind.

Cammer, deren bey den Tüͤrken drey sind, seines Amts entsetzt wor
den / weil er der Militz ihren Sold nicht auszahlen lassen, als um
welcher Ursach willen der Aufruhr zu Nissa seinen Anfang genom
men.


So bald wir den 31 über die grosse Brücke gegangen, und die Hö
he des Bergs erreicht hatten, sahen wir auf einmal die Stadt Con
stantinopel vor unsern Augen liegen, nach welcher wir auf unsern
so kleinen Tag⸗Reisen längstens verlangt, ja recht sehnlich geseufzet
haben, weswegen wir auch Kutschuk Tschemetschen / oder der
kleinen Brücke desto geschwinder zu eilten; und wird diese letztere da
rum so genennt, weil sie das feste Land, welches durch das Meer
abgerissen, wiederum an einander haͤnget. Von dar kamen wir nach
Haznadar Tschiflick / einem nicht gar eine Meile von Con
stantinopel entlegenen Lust⸗Hauß, woselbst wir Taut Bascha,
wo

T 3
- 180 -
Erstes Buch / Eilfte Abtheilung.

150

wo sich die Türkische Armee zu versammlen pflegt, zur Linken, zur
Rechten aber das Meer zwischen dem Hellespont, und vor uns
den Canal des schwartzen Meers hatten, von welchen wir nun weiter
nicht dann anderthalb Stund entfernet waren. Wann wir nur
den Berg hinan giengen, kunten wir Bisantz oder Stambul völ
lig vor uns liegen sehen, davon wir aber um der Pest willen,
woran täglich noch viel Leute dahin sturben, entfernet bleiben mu
sten, um dessen Wegnehmung wir den Himmel beständig angeflehet,
damit wir nicht an Erreichung unsers Zweck, die Alterthümer da
rinnen zu besehen, gehindert wuͤrden, wann dieses Ubel so lang als
die Gesandtschaft hätte dauern sollen.


Abgeord
nete von
der Repu
blic Ragu
sa.
Als wir noch dahin unterwegs waren, kamen die Abgeordnete
von der Republic Ragusa, welche ehedessen dem Köͤnigreich Un
garn einverleibt gewesen, nun aber unter Tüͤrkischer Bothmäßigkeit
stehet, zu dem Herrn Botschafter / ihr Bewillkommungs⸗Com
pliment bey Jhm abzulegen. Jhr Anbringen bestunde darinnen,
daß sie Befehl hätten, dem Herrn Groß⸗Botschafter / dessen
Ruhm sich schon längst allenthalben ausgebreitet hätte, im Namen
der Republic ihre schuldigste Ehrerbietung zu bezeugen: es erfreue
sich dieselbige sehr, daß Se. Excellenz in allem hohen Wolseyn in
diesen Orientalischen Ländern angelangt wäre, Sie aber, als Dero
Gesandte / hätten sich sonderlich auch zu dem Ende allhier eingefun
den, ihre Freude daruͤber, und die Ergebenheit, mit welchem sie in
ihren Herzen dem Erz⸗Herzoglichen Hauß noch beständig zuge
than verblieben, an den Tag zu legen; sie haͤtten sich zwar vorgenommen,
Sr. Excellenz gar bis an die kleine Brücke entgegen zu kommen,
wären aber durch unsern starken March, dessen sie sich nicht verse
hen hätten, daran gehindert worden. Dieses beantwortete der
Herr Botschafter mit wenig Worten, nennte sie dabey nur Ab
geordnete der Republic/ ob sie sich gleich vorher selbsten den Na
men der Gesandten beygelegt, und dankte ihnen, füͤr die Jhm hie
rinnen erwiesene Ehre; deme Er noch beyfuͤgte, wie es billig und
lobwürdig seye, daß sie in der Liebe und Treue gegen das Erz
Herzogliche Hauß / unter dessen Bothmässigkeit sie ehmaln ge
standen, und von dem sie ihren Ursprung hatten, noch beständig
verharreten. Nachgehends begab sich der Herr Groß⸗Botschaf
ter mit etlichen wenigen aus dem ersten Adel, und einigen Hauß
Bedien
- 181 -
Reise von Ziorly bis vor Constantinopel.

151

Bedienten nach dem Lust⸗Gebäu, da indessen wir uͤbrigen uns un
ter den Zelten einquartirten.


Dieses Lust⸗Hauß ist von einem Vorsteher der Kammer oder Lust⸗Hauß
vor Con
stantino
pel.

Zahl⸗Meister, welchen die Türken auf ihre Sprach Haznadar
nennen, erbauet worden, das aber nach geschlossenen Frieden zu
Passarowitz der Sultan dem Jbrahim Bascha / der gegen
wärtig die von der Pforten abgeschickte Groß⸗Botschaft zu Wien
versiehet, und erster Bevollmächtigter bey gedachtem Friedens⸗Schluß
gewesen, geschenket, jedoch den Namen von seinem ersten Erbauer
noch beständig behalten. Vor dem obern Theil des Hauses stehet
ein Brunnen⸗Kasten, welcher das aus einem Marmel oder Alaba
ster verfertigten Brunnen haͤufig hervor stossende Wasser auffängt;
gedachter Brunnen aber hat seinen Ursprung in des Türkischen Hn.
Groß⸗Botschafters Zimmer, von dar dessen Wasser durch Röhren
in das untere Hauß und den Kraut⸗Garten geleitet wird. Ein an
derer Blumen⸗ und Lust⸗Garten stehet uͤber des Botschafters Woh
nung, so zwar nicht sehr groß, aber mit auf Pyramiden Art ge
schohrnen Lorbeer⸗ und Cypressen⸗ wie auch andern Frucht⸗Bäumen
aufs zierlichste besetzt und eingetheilet ist; dergleichen Gäͤrten nebst
ihren Gebäͤuen man an dem Gestad des Meers und anderwäͤrts in
grosser Menge antrifft.


Nachdem nun der Herr Groß⸗Botschafter mit denen SeiDes Me
hemetes
Compli
ment we
gen des
Hn. GroßBotschaf
ters glück
licher An
kunft.

nigen an diesem letzten Ort gluͤcklich angekommen, hat Ihn unser
Führer Mehemed Aga, Kaiserlicher Kämmerling, folgender Ge
stalt complimentirt: Jch empfinde keine geringe Freude /
daß Eu. Excellenz, Groß⸗Botschafter bey dem Groß
Sultan / bis vor die Mauern der Stadt Constanti
nopel gluͤcklich gebracht habe; weswegen ich mich
alsobald in die Stadt verfüͤgen/ und GOTT dem
HERRN den Jhm dafüͤr gebuͤhrenden Dank nach
unserer Weise abstatten werde / weil es Jhm gefallen/
Eu. Excellenz unter meinem Geleit bisher in allem ho
hen Wolseyn zu erhalten. Meines Theils wuͤrde es
mir höchst⸗erfreulich gewesen seyn/ wann nach Dero
unver
- 182 -
152

Erstes Buch / Eilfte Abtheilung / rc.

unvergleichlichen Meriten Dieselbe allenthalben hätte
bewuͤrthen koͤnnen; es werden aber Eu. Excellenz gnä
dig geruhen/ die Zeit und dem auf dem Land in höch
ster Duͤrftigkeit lebenden armen Bauers⸗Volk etwas
nachzusehen; meine vornehmste Bemuͤhungen soll nur
dahin gerichtet seyn/ wie forthin nunmehro aus der
Stadt alles im Uberfluß angeschaffet werde / und in
keinem Stuck der geringste Mangel erscheine. Anjetzo
aber will mich ungesäumt zu dem Groß⸗Vizir bege
ben / um demselben Eu. Excellenz gluͤckliche Ankunft
zu hinterbringen / welche Botschaft Jhm auch nicht
anders als sehr angenehm wird zu vernehmen seyn.
Als auf das letztere der Herr Botschafter sich vernehmen ließ,
wie er solches durch die Seinige zu verrichten gedenke, versetzte jener,
daß solches zwar in dessen Belieben stuͤnde: jedoch erfordere es sei
ne eigene Pflicht und Schuldigkeit, dieses auch selbsten über sich
zu nehmen: deme er noch mehr in einer geschickten, leichten und wol
gesetzten Reden beygefügt, so daß weder an deren Erfindung
noch Kunst und Zierlichkeit im geringsten was zu de
sideriren gewesen.
Ende des Ersten Buchs.


Der
- 183 - Abbildung:
Türckischer Bot
schafter am Röm.
Kaiserl. Hof.

- 184 -
- 185 -


Der
Historischen Nachricht
Von der
Rom. Kaiserlichen Groß⸗Botschaft
nach der Ottomannischen Pforten
Zweytes Buch.
Erzehlung dererjenigen Begebenheiten / die sich zu
getragen / seit dem sich die Botschaft vor Constan
tinopel im Läger unter den Zelten aufge
halten.


Erste Abtheilung.


NAchdem sich nun Mehemed in die Stadt beNachricht
an dem
Groß Ve
zier von
unserer
Ankunft.

geben, ertheilte der Herr Groß⸗Botschaf
ter alsobald Befehl, daß man dem Groß
Vezier Jbrahim die Nachricht von seiner
Ankunft in das hiesige Läger hinterbringen solte;
zu welchem Ende Herr Baron Seebach,
Hof⸗Marschalk, und Obrist⸗Wachtmeister
unter dem Virmondischen Regiment, in Beglei
tung der Dolmetschen Herrn Theyls / zwey von seinen Laqueyen, und
drey Granadirern, dahin abgefertiget wurde. Als er nun ohne Auf
U
schub
- 186 -
Zweytes Buch / Erste Abtheilung /

154

schub Audienz erhalten, ist er noch selbigen Abend mit dieser Antwort
Antwort
desselbigen.
an den Herrn Groß⸗Botschafter zurück gekommen, wie dem
Groß⸗Vezier durch so unverwerfliche Zeugen hoͤchst angenehm zu
vernehmen gewesen, daß Se. Excellentz der Herr Groß⸗Bot
schafter / nach so viel überstandenen Beschwehrlichkeiten nunmeh
ro bey der Kaiserlichen Residenz glücklich angelanget, er wolle
sich indessen äusserst dahin bemuͤhen, und ernstlich anbefehlen, damit
alles, was man nur verlangen und zu dieser Jahrs⸗Zeit zu bekommen
seyn mögte, auf ersten Wink angeschafft wuͤrde. Dazumal kamen
drey Söhne unsers Füͤhrers des Mehemeds in unser Lager, bey
Drey Söh
ne des Me
hemeds
machen bey
dem Herrn
Botschaf
ter ihre
Aufwar
tung.
dem Herrn Groß⸗Botschafter ihre Aufwartung zu machen, wor
unter zwey noch unmuͤndig, der dritte aber, ob er schon das sieben
zehende Jahr noch nicht zuruck gelegt / schon verheyrathet / und der
vierte beständig mit uns auf der Reise gewesen. Diese wurden von
Sr. Excellentz mit Caffé tractirt, sie aber verehrten Jhm zur Be
zeugung ihres Respects ein aus weisen Adlers⸗Federn verfertigten
Sonnen⸗Wädel, welche nur oben an der aͤusersten Spitzen in schwar
ze Farb gedaucht / unten aber, wo die Handhebe hinein gestossen
wird, von rothen mit Gold auf das zierlichste gestüͤckten Sammet,
gefasset waren, deren sich allein die Vornehmsten, einen Luft damit
zu machen, bedienen.


Benach
richtigung
an drey
Gesandte
von des
Hrn GroßBotschaf
ters Gegen
wart.
Den 1. Augusti schickte der Herr Groß⸗Botschafter auf
einmal drey aus dem zweyten Adel, nemlich die Herren Baronen von
Studenitz, und Locher, und den Herrn von Wetstein/ einen Edel

mann aus der Schweitz, ab seine Ankunft zu Haznadar Schiftlick
dem Französischen, Englischen und Holländischen Gesandten zu ver
melden, welches auch der erste bey dem Marquis de Bonac, der
zweyte bey dem Graf Stanian / und der dritte bey dem Graf
Warum
solche allen
dreyen zu
einer Zeit
geschehen.
Colyers verrichtet. Es haben aber Se. Excellentz diese drey Her
ren darum zu einer Zeit abgeordnet, weil, wie bekannt, Frankreich
und Engelland noch immer bey der Pforten um den Rang strei
ten, ob gleich diese Controvers im Roͤmischen Reich schon laͤngst bey
gelegt ist, so daß keiner dem andern im geringsten daselbst weichen
will; welches auch die Ursach gewesen, warum bey der vorigen
Groß⸗Botschaft, die doch sonsten der Graf von Oettingen ruhm
würdigst versehen, der Französische Gesandte Herr von Ferriol, und
eben dieser Kaiserliche Groß⸗Botschafter niemaln zusammen ge
kom
- 187 -
Von des Hn. Botsch. Ankunft und Einzug in Constant.
155
kommen, weiln er den Englischen Gesandten [15] eher als ihn vorgelas
sen, da doch jener eher als dieser zu Jhm gekommen, oder vielmehr
schon in seinem Hause zugegen gewesen, und die Visite abgestattet,
welches Er ihm ja Ehrentwegen nicht versagen koͤnnen, und zwar um
so viel weniger, da der Französische Gesandte diese Höflichkeit verab
säumet hatte. Jedoch wer den Herrn von Ferriol kennet, und wie
er öfters solche Dinge bey der Pforten und anderswo tentiret, wo
mit er nirgend auslangen können, wird sich über diese seine Auf
fuͤhrung destoweniger verwundern. Damit aber gleichwol bey so guter
Veständnuͤß der beyden Cronen solcher Verdruß vermieden wuͤrde,
hat man die Ankunft allen dreyen zu gleicher Zeit intimirt, welches
auch gar wol aufgenommen worden: und da der Franzöͤsische Ge
sandte in dem Königlichen Pallast zu Pera / als seiner gewöhnli
chen Wohnung, der Engelländische aber auf seinem Lust⸗Hauß zu
Belgrad, ohnweit des Schwarzen Meers sich aufhielte, kunte es
ohne dem nicht anders seyn, als daß dieser wegen Entlegenheit des Orts
einige Stunden später als jener die Nachricht erhalten; welches sich
dann der Herr Groß⸗Botschafter kluͤglich bedienet, keinen auf
solche Weise beleidiget, noch einem vor dem andern den Vorzug zu
gestanden, und sich also auf keiner Seiten einigen Verdruß zugezogen.
Diese drey Abgeordnete haben die Herrn Gesandten zu Mittag bey
sich zur Tafel behalten, und endlich mit gebuͤhrender Danksagung
wegen dieser Höflichkeit und ergebenster Gratulation zu glüͤcklicher
Ankunft an den Herrn Groß⸗Botschafter wiederum dimittirt.
Der erstere kame schon Nachmittags um fuͤnf Uhr im Lager an; die
zwey andern aber kunten kaum bey spater Nacht zu uns gelangen, Des Fran
zösischen
Gesandten
Abferti
gung an
den Herrn
Groß⸗Bot
schafter.

weil sie sich wegen der vielerley Weege im Wald veriret hatten.


Ehe aber der Herr von Studenitz sich wieder einstellete, fanden sich
schon der Canzler von der Franzoͤsischen Nation, zween Secretarien von
dem Gesandten, nebst unterschiedlichen Kaufleuten und Bedienten
bey uns ein, unsern Herrn Groß⸗Botschafter im Namen ihres
Gesandten und der ganzen Nation zu felicitiren. Diesen aber ist Des Tüͤr
kischen Dol
metschen
Absendung
an den
Hrn. Groß
Botschaf
ter.

der erste Dolmetsch bey der Pforten, Maurus Cordatus / des
berühmten Mauri Cordati Enenkel von der Mutter her, und der die
sen Namen um seines Mütterlichen Groß⸗Vatters hohen Verdien
sten wegen angenommen, noch zuvor gekommen, als der von dem
Groß⸗Vizier zu dem Ende abgeschicket war, den Herrn Groß

Botschaf

U 2
- 188 - 156
Zweytes Buch / Erstte Abtheilung /

Hochach
tung der
Dolmet
schen son
derlich des
Mauri
Cordati.
Botschafter zu complementiren. Es ist dieses ein sehr reicher
Mann, und wegen seiner Treue bey dem Sultan und Groß⸗Ve
zier in sonderbahren Gnaden, ohnerachtet er ein Christ und der
Catholischen Religion zu gethan ist; wie dann auch überhaupt die
Dolmetschen bey den Türken in grossem Ansehen sind / und denen
Richtern und Referendarien der Rechts⸗Sachen gleich geachtet wer
den. Dieser fragte den Herrn Botschafter, wie Jhm die hiesige
Luft anstünde; es hätte der Sultan dem Groß⸗Vizier durch ein
Hand⸗Schreiben, wie auch einigen andern, Befehl ertheilet, einen ge
sunden und unverdächtigen Ort vor die ankommende Gaͤste auszu
Dessen Ab
forderung
der Anrede
an den
Sultan.
suchen. Bey eben dieser Gelegenheit wurde der Herr Groß⸗Bot
schafter von ihm um Communicirung derjenigen Anrede ersucht,
deren Er sich bey der Audienz gegen dem Sultan gebrauchen
würde; denn die Pforte hat die Gewohnheit, daß man alle seine
Reden dem Kaiser zugleich geschrieben übergibt, damit man sich
auf eine Antwort könne gefast machen: er setzte darzu, wie er zum öf
tern dergleichen Anrede ein ganzes Monat bey sich im Hause hätte,
auf welche im Namen des Kaisers solte geantwortet werden, und
wäre zu dieser eine noch gar kurze Zeit uͤbrig, in welcher er sich zu ei
ner Antwort fertig halten muͤßte. Der Herr Botschafter verwun
derte sich über dieses unerwartete Zumuthen, und gab ihm mit freund
lichen Gesicht und laͤchlenden Minen zu verstehen, wie Er eben noch
nicht darauf gedacht, mit was für Worten seines Kaisers Be
fehl Er vortragen wolte; dann nachdem ihm der Innhalt bekannt
wäre, würde es an Worten nicht fehlen, absonderlich wo die Sa
che und Wahrheit selbst reden muͤsten, sintemaln man nur in Er
manglung dieser an jene zu denken hätte: Er seines theils pflege / von
der Wahrheit secundirt / an die Worte nicht eher zu gedenken, als
wann sie bey verstatteter Audienz in Gegenwart grosser Fürsten und
Potentaten vorgebracht werden sollen; Er wolle sich aber gleichwol
nach der Gewohnheit accomodiren, und mit nechsten seine Rede auf
setzen, und ihme uͤberschicken. Etliche Stunden hernach hat noch ein

Geschenke
und Brief
des GroßViziers.
anderer von des Groß⸗Viziers Hauß⸗Officiern, den die Türken
Aga nennen, seine Aufwartung gemacht, und den Herrn Botschaf
ter mit Blumen, Früchten und mit von zweyen Pferden getragenen
feinen Zucker und Caffe-Bohnen regalirt: 33. Träger wurden ge
braucht, - 189 -
Von des Hrn. Botsch. Ankunft und Einzug in Constant.
157
braucht, welche die in Gläsern und erhabenen Köͤrblein auf runde
hölzerne Tafeln gestellte Sache auf ihren Köͤpfen herbey brachten.
Diesen hat der Groß⸗Vizier noch einen Brief beygelegt, von wel
chem die Dolmetschen versichern wolten / daß er mit so grosser Zäͤrt
lichkeit geschrieben seye, daß auch ein Verliebter seiner Gelieb
ten nichts anmuthigers vorschwatzen könne. Es schützte der
Groß⸗Vizier darinnen eine ganz auserordentliche Neigung und
Sympathie vor, mit welcher er dem Herrn Groß⸗Botschafter
zugethan wäre; Er solte doch, so viel Jhme nur immer moͤglich, ei
len, damit sie bald zusammen kämen; es schiene ihm ein jeder Au
genblick zu lang und beschwehrlich, in welchem er von Jhme ent
fernet leben muͤste: wobey er dem Herrn Botschafter frey stelleDessen An
erbieten
mit klin
genden
Spiel in
die Stadt
zu ziehen.

te, mit fliegenden Fahnen und klingenden Spiel in die Stadt einzu
ziehen. Welches leztere aber Se. Excellentz nicht ohne Verdruß
vorlesen hoͤrten, und Sich deswegen vernehmen liessen, wie davon
noch nicht die Rede gewesen, und damit zu verstehen geben wolte,
daß Er dißfalls schon selbst wuste, was zu thun wäre; es bemuͤhete
sich aber der Dolmetsch, Herr Theyls / seiner Gewohnheit nach,
dieses zum besten auszulegen / indem er dem Herrn Botschafter
vorstellete, wie die Pforte hierdurch nur den Æstim gegen Jhm und
in seiner Person zugleich gegen Jhro Römischen Käiserlichen
Majestät bezeigen wolle, als Die Jhme unangefragt dieses zustuͤn
de / welches Sie keinem andern Koͤniglichen oder Füͤrstlichen Ge
sandten einräumen wüͤrde. Es hätten der Englische und Holländi
sche Gesandte dergleichen Ansuchung gethan; und zwar bemühete sich
dieser durch vieles Bitten nur so viel zu erhalten, daß er bey seiner
Zuruckkunft von dem Paßarowitzer Friedens⸗Schluß etliche für sein
eigen Geld erkaufte grosse Flauten oder Hautbois für sich duͤrfte her
gehen lassen: jener aber verlangte nichts mehr, als ihm nur eine eini
ge Fahne zu verstatten, wurde aber gleichwol beiden als eine solche
Sache abgeschlagen, welche niemand als dem Kaiserlichen Bot
schafter könte verstattet werden; vielleicht habe der Groß⸗Vizier
vermeinet, es wäre Sr. Excellentz diese Affaire bekannt, und dahe
ro etwan im Zweifel, ob dieses Verboth Jhme auch angehen folte.
Es wolte sich aber der Herr Botschafter mit allem diesem nicht
befriedigen lassen, welcher darauf beharrete, daß deswegen noch kei

U 3

ne
- 190 -
Zweytes Buch, Erste Abtheilung.

158

ne Anfrag geschehen, und diese Sache im Ceremoniel schon ge
nugsam debattirt und keinem fernern Zweifel unterworfen wäre.
Hierauf liessen Se. Excellentz unter die Träger ein Trank⸗Geld aus
theilen / und sie ihrer Weege wiederum fortgehen.


Portiuncu
la Fest ge
feyert.
Den 2. Augusti / am Tag Portiuncula, an welchem der HErr
Christus dem H. Francisco die Wundenmahl auf dem Berg Alver
nia in Jtalien eingedruckt hat, wurde in dem grossen Zelt ein schoͤ
ner Altar aufgerichtet, mit den gestern vom Groß⸗Vizier zu einem
ganz andern Absehen geschickten Blumen gezieret, und zu beiden
Seiten die reich mit Gold gestickte Standarten ausgebreitet; un
terschiedliche Priester, unter andern aber der Abt zu Domben Graf
von Schrottembach / lasen Messe, und breiteten das Lob GOt
tes aus; der Schall der Trompeten und Paucken samt den übri
gen musicalischen Instrumenten und lieblichsten Stimmen feuerte
die von Goͤttlicher Liebe ohne dem schon brennende Gemuͤther noch
mehr an / und der meinste Theil vom Adel und Hauß⸗Bedienten wol
ten durch eine reumüthige Beicht und Geniessung des allerheiligsten
Sacraments ihren Schutz⸗Heiligen den Grossen Franciscum ver
Des Engli
schen und
Holländi
schen Ge
sandten
und des
Mehemeds
Aga Ab
fertigung
an den
Hrn. Bot
schafter.
ehren. Unterdessen haben der Englische und Holländische Gesandte
ihre Legations-Secretarien ins Lager geschickt, bey dem Herrn
Groß⸗Botschafter das Bewillkommungs⸗Compliment abzule
gen; welche Höflichkeit auch der Mehemed Aga, zweyter Bevoll

mächtigter bey dem Friedens⸗Schluß zu Paßarowitz, nicht unterlas
sen wollen, sondern hat durch seinen Kiaha oder Hofmeister bey Sr.
Excellentz die Begrüͤssung ablegen, und Jhnen zum Zeichen der
Freundschaft unterschiedliche Geschenke aus seinem Garten und Tei
chen von Melonen, Weintrauben, Birn, Krebsen und Fischen offe
riren lassen: er gab anbey zu verstehen, daß sein Herr des andern Ta
ges sich selbst einfinden wuͤrde, wann es Sr. Excellentz nicht be
schwehrlich, oder wegen des an selbigem Tag bevorstehenden Einzugs
Des Herrn
Botschaf
ters Ant
wort auf
des Mehe
med Aga
Compli
ment.
die Zeit nicht schon zu weit verlaufen wäͤre. Worauf der Herr Bot
schafter geantwortet, wie Jhme die Gegenwart seines Freundes je
derzeit nicht anders als lieb und angenehm seyn könnte; deme Er
noch seinen Glüͤckwunsch wegen des neu erhaltenen Schatz⸗Meister
Amts beyfügte, mit dem Zusatz, daß ihme daraus noch mehr Ehren
und Dignitæten zu wachsen moͤgten: dem Kiaha aber wuͤnschte Er /
daß ihme die von seinem Herrn bisher bekleidete Charge solte zu theil
wer
- 191 - Abbildung: Plan von Constantinopel
- 192 - - 193 - Abbildung:
Einzug des Röm. Kayserlichen
Groß⸗Botschaffters in Constantinopel.

- 194 - - 195 -
Von des Hn. Botsch. Ankunft und Einzug in Constant.
159
werden. Es liesse ihm auch der Herr Botschafter weil Er wuste,
daß der Mehemed Aga ein dicker und fetter Mann war, und für
seinen Wanst gar sehr sorgte, im Schertz zu entbieten: wann ihme da
mit gedienet wäre / wolle Er ihn nach zuruckgelegter dreisigtägigen
Fasten öfters mit Chocalate bedienen, weil er, als ein grosser Lieb
haber von einen strengen und maͤßigen Leben, nach so langem Fasten
dessen gar sehr benöͤthigt seyn duͤrfte.


Heute ist einer von unsern Fuhr Leuten, so schon lang Kraftloß geVermeinte
eingerisse
ne Pest.

wesen, unversehens umgefallen, wordurch gleich der Ruff entstanden, er
seye von der Pest angesteckt gewesen, welches auch keine geringe Furcht
und Schrecken in unserm Lager verursachet; man hat aber bey
genauer Untersuchung ganz ein anders befunden, und haben uns die
Leib⸗Aerzte und Feldscheerer versichert, daß wir deswegen nichts zu Offerirung
eines Scla
ven an den
Marquis
de Bonac.

befürchten hätten. Hierauf wurde abermal der Herr von Wetstein
zum Französischen Gesandten Marquis de Bonac geschicket / um
ihm einen Gefangenen aus Languedoc, den die Edelleute erst neu
lich loß gekaufft, zu præsentiren. Dazumal ist auch Herr Kramer /
Cassirer und Verwaldter der Kaiserlichen Geschencke, und mit gefüͤhrAuspack⸗ und Ein
theilung
der Kaiser
lichen Præ
senten.

ten Gelder, nebst dem Uhrmacher Holzmann / mit bemeldten Præ
senten in die Stadt geschickt worden, damit solche ausgepackt und
nach der ihnen vom Hof mitgegebenen Vorschrifft eingetheilt werden
könnten. Weil aber die meisten Vizire sich dazumal in ihren Provin
zen aufhielten, muste man auf Befehl des Herrn Groß⸗Botschaf
ters von solcher Richt⸗Schnur etwas abweichen, und die ihnen zu
gedachte Verehrungen an andere austheilen; wobey aber gleichwol
des Hofs Intention nach Möglichkeit beobachtet worden.



Einzug in
Constanti
nopel.
Nunmehro haben wir den 3ten besagten Monats unsern Ein
zug in die Stadt Constantinopel fast auf gleiche Weise, wie zu
Wien / gehalten: Gleich bey anbrechenden Tag wurden die muthig
sten mit dem kostbarsten Zeug geschmüͤckte Pferde aus dem Kaiserli
chen Stall gezogen, deren Zäume und üͤbrige Ruͤstung aus fein ge
schlagenen und mit vielerley Steinen besetzten Silber verfertigt wa
ren. Kurz vor sieben Uhr sind wir mit fliegenden Fahnen unter
Trompeten⸗ und Paucken⸗Schall und anderer Music aus dem Lager
gegen die Stadt marchirt, welche wir so gleich im Gesicht hatten.
Der Herr Groß⸗Botschafter, der sich des vom Sultan Jhm
zuge
- 196 -
Zweytes Buch / Erste Abtheilung /

160

zugeschickten und mit einer von Gold gestickten Decke aufgebutzten
Pferds bedienet, liesse ein anderes von seinen eigenen mit kostbaren
Zeug auf Teutsche Art geziertes nachführen / deme einige mit
sechs und zwey Pferden bespannte Wägen folgten, unter welchen
sich auch drey von dem Sultan / der solche aus sonderbarer Neigung
gegen diese Groß⸗Botschaft abgeschickt, befunden haben, wobey
absonderlich ein Zug grauer Schimmel mit rothen Schweifen se
henswürdig gewesen. Auf dem halben Weeg kam der Dolmetsch
von der Pforten, den Herrn Groß⸗Botschafter zu compli
mentiren, so von dem Obristen der Bothen oder Chiaoux Ba
schi und zween Spahiler Agasi samt noch einigen andern beglei
tet war. Auf unsern Zug musten wir bey einem Lust⸗Garten vor
Frühstuck
unter Wee
ges.

bey, welchen eine Sultanin auf ihre Kosten anlegen lassen, daselbst
sind wir abgetretten, um das darinnen füͤr uns zubereitete Früͤh⸗Stuck
einzunehmen; dann weil wir noch weit zu marchiren hatten, wurde
für uns gesorget, damit nicht einige von den unsrigen auf dem Weege
verschmachten moͤgten. Allhier ist der Herr Groß⸗Botschafter von
denenjenigen, welche man Jhm entgegen geschickt, nochmaͤlen empfan
gen, in das für Jhn zu bereitete Zimmer geführt / auf den für Jhn
gestellten Sessel angewiesen, (an dessen statt sich die Tüͤrken ihrer ge
wöhnlichen Sofaus bedient) und mit Caffé und unterschiedlichen
nach Lands⸗Art, doch nicht übel zugerichteten Speisen tractirt wor
den; der Scherbeth muste an statt des Trunks dienen, und was bey
Des Sul
tans Edel
Knaben be
dienen den
Herrn Bot
schafter.
nahe noch nicht erhöͤrt worden, des Sultans Hasodaͤ oder Edel
Knaben dabey aufwarten. In der Mitte des mit Gold Silber
und allerhand raren Gemählden auf das kostbarste ausgezierten
Speiß⸗Saals stunde ein gedeckter Tisch / woran 40. Personen ganz
gemächlich sitzen kunten, wobey wider die Türkische Gewohnheit
einige zu diesem Ende verfertigte Bänke gestellt waren: hieran nun
wurde der erste und zweyte Adel logirt, da indessen die andern auf den
mit Persianischen Teppichen belegten Boden herum lagen / und ihr
Früh⸗Stuck, so gut sie kunten, verzehrten, bey welchem, wann nicht
einer ungefehr ein Schälgen Scherbeth bey dem Kopf kriegte, sie ih
Türken be
dienen sich
keiner gül
denen und
silbernen
Geschirre.
ren Durst mit Wasser löschen musten. Die Speisen wurden alle in
Porcellanenen, steinern und iradischen Geschirren aufgetragen, der
gleichen man sich auch zum Trank bedienet; sintemalen ihnen der Ge

brauch
- 197 -
Von des Hn. Botsch. Ankunft und Einzug in Constant.
161
Gebrauch guldener und silberner Geschirre bey Tisch durch ein den
gemeinen Wesen sehr zuträgliches Gesetz verbotten ist; wie ich mich
dann auch nicht entsinnen kan, daß ich jemaln bey einem vornehmen
Türken etwas von Gold oder Silber auf dem Tisch gesehen, es muͤ
ste dann etwan die an statt des Tisches daselbst gestellte runde Platte
nebst einem Hand⸗Becken zum waschen, und einem Rauch⸗Vaß, das
Gesicht, die Hände und dem Bart damit zu beraͤuchern, gewesen
seyn; wie sie dann die dem Herrn Botschafter vorgelegte Messer
auch anderweit entlehnt hatten. Hingegen ist an Speisen, wie uns
nachgehends die Soldaten und Bedienten erzehlt, ein solcher Uber
fluß gewesen, daß über die hundert Schuͤsseln von ihnen wieder zu
rück gekommen, von den Tuͤrken aber mit samt den Loͤfeln, deren wir
uns bey dem Essen bedient, unter die Grichischen Knaben ausge⸗
theilet worden; angesehen sie es für grosse Sünde wuͤrden gehalten
haben, wann sie etwas von demjenigen zu sich nehmen sollen, welches
die Unglaubigen oder Jaouer berührt und verunreinigt hätten. Es
hat auch darum keiner von ihnen etwas gekostet, weil niemand vor
Aufgang des Abend⸗Sterns oder der Sonnen⸗Untergang wegen ih
rer grossen Festen was geniessen durfte/ wie schon im vorigen ange
zeigt worden, da die meisten aus ihnen gewohnt, selbige Zeit uͤber
den Tag mit schlaffen / und die Nacht imit andern Verrichtungen
zuzubringen.


Hier hat sich ein gebohrner Sachs / Namens Schmied, ein Ein abge
fallener
Sachs
kommt zu
der Bot
schaft.

nichtswuͤrdiger Mensch, bey uns eingefunden, der sich bey der vori
gen Botschaft unter den Grafen von Oettingen vor einen Edel
mann ausgegeben, nachgehends aber aus einer mir unbekannten Ur
sach freywillig den Türkischen Glauben angenommen; dieser Gotts
vergeßne Mensch hat sich gleichwol kein Bedenken gemacht, vor dem
Herrn Botschafter zu erscheinen, und Jhm zu ersuchen, daß Er
die Gnade für ihn haben, und dem Groß⸗Vizir bey Gelegenheit
sein weiteres Glüͤck und Fortkommen recommendiren wolle. Die
ser hat auch nachgehends auf dem Weeg und bey der Ruckkehr mit
dem Herrn von Klimberg viel von seiner Frauen, welche er zu
Hauß bey den Seinigen gelassen, von seinen mit ihr gezeugten Kin
dern, alten Bekannten und Freunden geschwatzt: und als gedachter Hr.
von Klimberg ihn unter andern fragte, ob er nicht bisweilen aus
Reu angetrieben nach Teutschland zuruck, oder an GOTT und die
künf

X
- 198 -
Zweytes Buch / Erste Abtheilung /

162

künftige Ewigkeit gedächte, nahm er solches nur für Scherz auf
und machte ein Gespott und Gelächter daraus. Aber du leichtfer
tiger Boͤßwicht! ist ein GOTT im Himmel, der sich um der Men
schen Thun und Lassen bekuͤmmert, so wird er dich um deiner Frech
heit und Treulosigkeit willen schon zu finden wissen; und wer weiß,
ob wir nicht nechstens von Seiner an dir vollzogenen gerechten Ra
che Nachricht empfangen. Jedoch, was halte ich mich läͤnger bey
diesem Treulosen auf, ich will mich lieber wiederum auf den Weeg
zu meiner Gesellschaft wenden.


Eine grosse
Menge Zu
schauer vor
Constanti
nopel.
Nachdem wir nun, wie gesagt, in bemeldten Garten so herrlich
tractirt worden, sind wir nach empfangenen wol riechenden Was

sern und Rauchwerk von dar wiederum aufgebrochen, und naͤher ge
gen die Stadt geruckt vor welcher sich eine unglaubliche Menge
Leute von allerhand Alter Geschlecht und Condition eingefunden,
unsern Einzug mit anzusehen: die Königliche und andere Gesand
ten, welche sich dazumal auf ihren Lust⸗Häusern zu Belgrad auf
hielten, haben sich etliche Stunden weit hieher verfuͤgt, den propren
Einzug der Römisch⸗Kaiserlichen Groß⸗Botschaft mit
anzusehen; da ihre Bedienten sich indessen an die Strassen gelagert; und
damit sie solchen desto öfter betrachten kunten, sind sie mit ihren
Pferden immer einen naͤhern Weeg voraus gesprengt, und haben sich
wiederum an einen solchen Ort gesetzt, wo wir noch einmal vorbey
ziehen musten. Ja so gar der Sultan und Groß⸗Vizir selb
sten sollen bey dem Canal des schwarzen Meers in einem Winkel
verborgen gewesen seyn, und uns in geheim aus einem Fenster ob
Beschrei
bung des
Zugs in der
Stadt.
servirt haben. Die Türken giengen mit ihren grossen mit Kaisers-
Leinwand umwundenen Buͤnden, welche sie Kalibi nennen, und
dreymal grösser, als die sonst gewöhnlichen seyn, die sie auch nur
bey den grösten Solennitäten aufsetzen / ganz hochmüthig voran;
worauf wir in eben dieser Ordnung die neulich bey dem Abzug aus
der Kaiserlichen Residenz Stadt Wien gehalten worden, durch
die Stadt Constantinopel gezogen. Die Janitscharn stunden in
ihrer Ordens⸗Tracht, nemlich mit uͤber den Rücken haͤngenden Hau
ben und langen an den vordersten Enden aufgeschüͤrzten Roͤcken,
nicht allein an den Pforten, sondern auch an vielen Orten der Stadt in
zwey-
- 199 -
Von des Hn. Botsch. Ankunft und Einzug in Constant.
163
zweyfacher Linie, damit sie das Volk abhielten, und uns durch Ejup /
eine von dem H. Job so genannte Vorstadt, begleiteten.


Es ist aber diese Stadt Constantinopel erstlich von PauBeschrei
bung der Stadt Con
stantinopel.

sanias erbauet worden, wie solches in dem ersten Buch der Supple
mentorum des Q. Curtii zu lesen[16]. Vor Zeiten wurde sie By
sanz genennt von Bysante, oder Byzeno, des Neptuni und Croës
sæ, einer Tochter der Jo, Sohn, wie Stephanus dißfalls vorgibt,
oder, nach der Meynung Eustachii, von einem Füͤhrer der dem
Thracischen König Byza zugehörigen Flotte; oder auch wol von By
za dem Admiral der Flotte, welche der Grichischen Stadt Me
gara zustäͤndig war; woraus dann folgen muͤste, daß Bysanz eine
Pflanz⸗Stadt der Megarenser gewesen, wie Porphyrogeneta
von Them. im 2. Buch 1. Cap erzehlet. Sie kan ihren Ursprung
schon sieben hundert Jahr vor Christi Geburt, oder nach Erschaf
fung der Welt ohngefehr 3500. von denen Zeiten herholen, da das
Jsraelitische Reich untergieng, und Hiskias in Judäa, Hosea in
Jsrael und Salmanasser in Assyrien regieret hatten. Diesen ih
ren ersten Namen hat sie wol tausend Jahr, bis auf die Zeiten
Constantini des Grossen / ersten Christlichen Kaisers, behalten,
welcher, nachdem er sie auf das neue von Grund auf erbauet, sie
kuͤnftig hin nach seinem Namen nennen lassen; und bey dieser Gele
genheit ist der erste Grund zum Christlichen Glauben in Orient wie
der gelegt worden. Nachdem sie nun 1047. Jahr eine Residenz
des Orientalischen Christlichen Reichs beständig gewesen, und eben
dasselbige unter einem andern Constantino, einem Sohn Manue
lis Paläologi / und Bruder Joannis / wiederum verloschen, ist
sie unter erst bemeldten Kaisers Regierung um das Jahr Christi
1453, von Mahomet dem Zweyten mit 400000. Mann belagert,
und nach einer Zeit von 54. Tagen mit stuͤrmender Hand eingenom
men worden, von dar an sie mit dem jetzt regierenden Ahmed dem
Dritten 17. Türkische Kaisere auf dem Thron gesehen, weil sie
alle ihre Residenz allhier aufgeschlagen, welche sie vorher zu Prusa
in Asien gehabt hatten. Selbiges ist, gleichwie das alte Rom, auf
sieben Hügeln gelegen, weswegen man es auch das neue Rom ge
nennt; wiewol anjetzo fast gar kein Merkzeichen mehr davon vor
handen, und wuͤrde Constantinus / wann Er wiederum zuruck
in

X 2
- 200 - 164
Zweytes Buch / Erste Abtheilung /

in diese Welt kehren solte, Mühe genug haben, wofern Er sein vo
riges Constantinopel mitten in dieser Stadt finden wolte, so gar
unähnlich ist sie ihr selbst worden. Dieses aber muß man ihr lassen,
daß keine so vortrefliche Gegend in der Welt, als diese / anzutreffen:
sie ist von dem Luxinischen und Hellespontischen Meer umge
ben, und daher zur Kaufmannschaft überaus bequem; liegt in Form
eines Driangels, so daß zwey Spitzen davon gegen das Meer, die
dritte aber gegen das feste Land siehet. Gegen Mittag hat sie den
Hellespont / gegen Aufgang den Auslauf des schwarzen Meers /
der ungemein grosse und Schiffreiche Hafen liegt ihr gegen Mitter
nacht, und Landwerts gehet ihr die Sonne unter, wohin man uͤber das
schwarze Meer / so die Türken Caradenis nennen, kommen
kan: wann nun mit dieser vortheilhaftigen Situation die heutige
Manier zu fortificiren verknuͤpft wäre, wuͤrde kaum in der Welt
ein festerer Ort zu finden seyn. Auf der Land⸗Seite hat sie zu un
terschiedlichenmal einen dreyfachen aber mehrentheils mit Erden,
Steinen und Schollen angefüͤllten Graben; ist auch daselbst mit einer
doppelten Mauer, und gegen dem Meer zu nur mit einer einfachen
versehen: an derselbigen stehen unterschiedliche vier⸗ und achteckigte
Thuͤrne, welche die Roͤmer noch erbauet, davon die obern die untere
an Grösse übertreffen; und ob sie schon ehmaln wären capable ge
wesen, eine ganze Armee aufzuhalten, so sind sie doch nicht mehr im
Stand, sich nur vor einen kleinen Anlauf zu schüͤtzen; wie dann so
wol die Mauern als Thürne so schlecht beschaffen, daß sie an
vielen Orten grosse Risse haben, und zu verwundern, wo sie nicht
Türken
pflegen
nichts aus
zubessern.
noch gar über einen Haufen fallen: dann die Tüͤrken pflegen selten
was auszubessern, weil sie sagen, daß sie zum Verstoͤren und Nie
derreissen, nicht aber zum aufbauen kommen seyn. Diese Stadt hat
zwey und zwanzig Pforten, davon sechs Landwerts stehen, als eine
unter dem Pallast Constantini unweit des grossen Markts, den die
Türken heutiges Tags Fener nennen, welchen Platz sich Constan
tinus um dieser Ursach willen zu seiner Wohnung soll erwehlet ha
ben, weil Er solchen am gesuͤndesten befunden, so er mit dreyen an
unterschiedliche Oerter ausgesetzten Fischen probirt; die andere
Pforte siehet gegen Adrianopel / die dritte stehet auf der Höͤhe des
siebenden Bergs; die vierte ist die guͤldene Pforte; die fuͤnfte gehet
gegen
- 201 -
Von des Hn. Botsch. Ankunft und Einzug in Constant.
165
gegen Selymbria; die sechste findet man bey den sieben Thuͤrnen;
die uͤbrigen sechszehen sind gegen das Meer zu gerichtet, und zwar
laufen eilf davon gegen den Canal, und fuͤnfe gegen das Meer zwi
schen dem Hellespont, darunter die Pforten des Seralliens nicht
mit begriffen sind: unter diesen fuͤhrten die erstern bey den Alten den
Namen Blachernea, heut zu Tag die Burg⸗Pforte; Cynigos,
anjetzo Xilo-Pforten; Phanaria, Agia, Jubalica, die Mehl
Holz⸗Saamen⸗Fisch⸗ die Neorii und Demetrii, und die letztere
die Mist⸗Pforten; dann sind auch noch die Loͤwen⸗Condesca
la⸗ und noch zwey andere Pforten, welche die Geschicht⸗Schreiber
zu nennen vergessen haben. Gedachte Mauern und Pforten sind
mit vieler Grichischen und Lateinischen Schrifft geziert / dafür man
an der Vornehmen Häuser Türkische lesen kan. Die Gassen sind
sehr enge, schlüpfrig, abhängig, die Häͤuser gröͤsten Theils von Leim
und Holz erbauet, also daß man die Stadt weder von innen schoͤn,
noch von aussen stark oder fortificirt nennen kan; die Wohnungen
hingegen mit Leuten dermassen angefuͤllt, daß oft unter einem Dach,
oder auch wol in einem Zimmer etliche Haußhalten anzutreffen:
wann man nun den unbeschreiblichen Gestank, die rohe unverdauliche Ursach der
öftern
Contagion
in Constan
tinopel.

Speisen, als Pfeben, Gurken, und dergleichen, mit welchem sich der
Pöbel fast nur allein naͤhrt, und das liebe Wasser darzu trinket,
in Erwegung ziehet, wird sich niemand wundern, wann bey entste
hender grossen Sommer⸗Hitze viel dahin sterben; vielmehr wäͤre es
für was seltsames zu halten, wann sich bey einer so grossen Menge
Volks und unordentlichen Lebens⸗Art das Gegentheil finden solte.
Jn den meisten Gassen, durch welche wir diesen Tag gefüͤhrt worden,
sahen wir Häuser, die man eher für Spelunken der wilden Thiere, als
Wohnungen der Menschen hätte halten sollen, und mit dergleichen
raren Gebäuen sind noch darzu die vornehmsten Haupt⸗Strassen
am meisten angefuͤllt; dann die anderen, so mit mehrerer Zierlichkeit
aufgebauet, finden sich nur an denen Plätzen, welche dem An
lauf des Volks nicht so sehr unterworfen, und wo auch die Stadt
am wenigsten bewohnt ist. Wir haben wol üͤber drey Stunden mit
unsern Zug in der Stadt zugebracht, und gleichwol kaum den sech
sten Theil davon betretten. Diejenigen Gebäu, so an dem HafenDie schön
sten Gebäu
außer der
Stadt.

liegen, übertreffen diese in der Stadt an Pracht und Ansehen; und
längst dem Canal bis an das schwarze Meer præsentiren sich viele
Lust

X 3
- 202 - 166166
Zweytes Buch / Erste Abtheilung /

Lust⸗Häuser vornehmer Personen, Gärten, Weinberge, Wiesen,
Sultans
verschlosse
ner Pallast.

Wälder, Städte und Flecken. Es hat auch der Sultan daselbst
einen verschlossenen Pallast für das Frauen⸗Zimmer, welcher Be
sicktas genennet wird, worinnen Er den ganzen Sommer uͤber zu
residiren pflegt, wiewol auch der in der Stadt befindliche ein recht
Königliches Ansehen hat, von welchem man auf zwey Meere hinaus
sehen kan, worein aber niemand, er sey dann ein Tuͤrk oder Beschnit
Bezahlte
Curiosité
eines Frau
enzimmers.
tener, gelassen wird. Kurzweilig ist zu hören, was man von eines
ausländischen Gesandten Gemahlin erzehlet: diese hatte grosses Ver
langen, das Königliche Gebäu oder Serallien in der Stadt von in
nen zu sehen, weswegen sie dem Kuslir Aga / oder Obersten der
verschnittenen Mohren, mit welchen sie durch ihr langes Daseyn in
gute Bekanntschaft gekommen / mit grossen Verheissungen dahin zu
vermögen gesucht, daß er ihr darzu behüͤlflich seyn moͤgte. Der
Mohr, welcher die Gefahr, in welche er sich setzen wuͤrde, schon
voraus sahe, wo er solches ohne des Sultans Consens vorneh
men wuͤrde, und doch gleichwol den Vortheil, welchen er daraus zie
hen kunte, nicht verabsäumen wolte, entschloß sich, dem Sultan
davon Nachricht zu geben, welcher es endlich mit diesem Beding er
laubte, daß sie in keiner andern als Tuͤrkischen Kleidung darinnen er
scheinen, der Mohr aber Jhn sichere Nachricht geben solte / an wel
chem Ort und in welcher Ordnung er sie stellen wolle, damit er im
Vorbeygehen und Ausmusterung eines Schlaff⸗Gesellens unter sei
nen Cuncubinen ihr, als ware es eine aus diesen, das Schnuptuch
zu werfen und damit in sein inneres Gemach noͤthigen koͤnnte, da
selbst seine Kurzweil mit ihr vorzunehmen. Dieses wird abgeredter
massen ins Werk gerichtet, die Dame auf bestimmten Tag in Tüͤr
kischer Tracht zu erscheinen invitirt, welche sich auch um angesetzte
Stunde eingestellt: hierauf führt sie der Mohr in ihrer Unschuld
hinein, erzehlt ihr aber anbey, wie es bey ihnen der Gebrauch, daß
diejenige, welche der Sultan auf erst beschriebene Weise zu sich be
ruffe, Jhm auf dem Fuß folgen muͤsse, und wann ihr dergleichen be
gegnen und sie solches abschlagen wuͤrde, stuͤnde ihnen beiden ein gros
ses Unglück bevor, und koͤnnten sie in Gefahr laufen den Kopf zu
verliehren; sie zwar, weil sie sich an einem solchen Ort eingefunden:
er aber, daß er sie hinein gefuͤhrt; nunmehro seye es an dem, daß sie
sich
- 203 -
Von des Hn. Botsch. Ankunft und Einzug in Constant.
167
sich zu einem oder dem andern resolviren muͤsse. Indem nun der
schlaue Kopf ihr dieses alles mit solchen Umständen vorgestellet, ent
stehet augenblicklich ein Tumult vor der Thuͤr, der Sultan tritt
hinein, der Verschnittenene eilet dem Kaiser entgegen, und läßt
diese ganz bestuͤrzt unter den andern stehen. Da sie sich nun in solcher
Angst befindet, stehet der Sultan schon neben ihr, gibt ihr das
gewöhnliche Zeichen, und zwingt sie damit, in sein Schlaff⸗Zimmer
zu folgen, wo die Comœdie des Amphitruo noch einmal aufge
führet worden; der Gesandte indessen liesse sich von seiner Alcme
na nichts böses träumen, welche gleichwol in diesem Tuͤrkischen
Frauen⸗Zimmer mehr erfahren, als sie vielleicht zu wissen begehrt
hat, bis sie erst den andern Tag wiederum zuruck geschickt und dar
mit des neuen Mercurii und seines Knechts Sosiä listiger Betrug
entdeckt worden.


Dieser in der Stadt liegende Kaiserliche Pallast samt dem dar
zu gehörigen Garten begreifft in seinem Umkreiß bey die anderthalb
Meilen / welchem aber der in der Vorstadt weder an Gröͤsse noch
Weitläuftigkeit beykommt. Jedoch stoßt an diesem letztern des ViVornehme
Palläste an
dem Se
rallien.

zirs / an des Vizirs seinen Pallast aber derjenige, so dem Ni
schanschi Bascha zu stehet, dergleichen auch noch mehr in der
Ordnung folgen; dann es pflegen sich die Vornehmsten des Hofes
zu Sommer⸗Zeit, wie auch im Früͤhling und Anfang des Herbsts
mehr an dem Canal, als in der Stadt aufzuhalten, so wol in ihren
Gärten und Lust⸗Häusern der frischen Luft zu geniessen, indessen da
in der Stadt zur selbigen Zeit die Pest, wie jährlich zu geschehen
pflegt, herum wütet: als auch, damit sie in allen Begebenheiten dem
Kaiser desto näher seyn. Gegen dem Constantinopolitanischen WachtThurn bey
Constanti
nopel für
des Lean
ders Thurn
gehalten.

Pallast und der an einem Berg gegen über liegenden Asiatischen
Stadt Scudari præsentirt sich mitten im Meer, wo das Euxini
sche oder schwarze und das zwischen den Hellespont zusammen
fließt, ein Thurn, welchen viele für denjenigen gehalten, nach wel
chem der bey den Poeten und sonst allenthalben so bekannte Juͤng
ling Leander zur Nachts⸗Zeit durch Sturm und Wellen nach sei
ner geliebten Hero zu schwimmen pflegen, welches er auch so lang an
getrieben, bis er einsmals bey ungestuͤmmen Wetter, als ihr der
Wind das zum Weegweiser verordnete Licht in der Latern ausge
löscht, - 204 - 168
Zweytes Buch / Erste Abtheilung /

löscht, des Weegs verfehlt und durch den Wirbel fort gerissen im
Angesicht ihrer untergehen und ein Opfer ihrer thörichten Liebe wer
den muͤssen; wobey er dann folgenden Vers in seiner Angst zum oͤf
tern soll wiederholt haben:


Parcite, dum propero; mergite, dum redeo.

Schont wilde Fluthen nur noch jetzt, laßt mich das Ufer
fassen,
im Ruckweg will ich eurer Wuth mich gerne üͤberlassen.


Allein es verrathen diejenige, die solches auch nur muthmassen duͤrf
te, ihre grosse Unwissenheit in der Historie mehr als zu viel; dann
daß ich alle andere, welche von dieser Geschicht ausführlich
gehandelt, mit Stillschweigen uͤbergehe, so ist aus dem einigen Ovi
dio klärlich zu erweisen, daß diese Meer⸗Enge des Hellesponts zwi
schen Sestus / auf der Seiten von Europa / und Abydus / auf dem
Asiatischen Boden, zu suchen seye, über welche der thörichte und un
vorsichtige Jüngling zu schwimmen in Gewohnheit hatte, wann er
seinen närrschen Begierden genug thun wolte: und daß eben daselbst
die nicht gluͤckseeligere Hero, und eines solchen Zufalls wol wuͤrdige
Priesterin, weil sie ihren unsinnigen und nun mit Meeres⸗Wellen
streiteten Liebhaber nicht zu Hüͤlfe kommen kunte, aus lauter Jammer
sich von einem hohen Thurn herab gestüͤrzt, damit sie doch mit dem
jenigen im Tod moͤgte vereiniget seyn, welchen sie im Leben nicht mehr
umarmen köͤnnen.


Um diese Gegend haben die Tüͤrken 2. Schloͤsser, so heutiges Tags
die Dardanellen genennt werden, und mit Stuͤcken wol besetzt sind,

Dardanel
len.
woselbst alle aus dem hohen und Egaͤischen Meer ankommende Schif
fe visitirt und die ein⸗ und ausfahrende Waaren untersucht werden,
so daß keiner hier vorbey schiffen, noch die Seegel aufziehen darf, be
vor er ans Land gestiegen, und nach genauer Besichtigung und Schä
tzung seiner aufhabenden Güter dem Zoll⸗Schreiber die Gebüͤhr da
für erstattet hat. Mehr benannter Thurn aber dienet den Schiffen
den zu einem Weegweiser, nach welchem sie sich bey der Nacht rich
ten den Constantinopolitanern aber zum Wacht⸗Thurn, von wel
chem sie die aus dem Meer heran kommende Schiffe observiren koͤn
nen. Es stehet derselbige mitten im Meer / und kan von Winden
und
- 205 -
Von des Hn. Botsch. Ankunft und Einzug in Constant.
169
und Wellen auf beiden Seiten bestüͤrmet werden, wovon er aber
gleichwol, weil er auf einen unbeweglichen Felsen ruhet, keinen
Schaden zu fürchten hat. Das ganze Gebäu formirt ein
zweyfacher von ungleicher Grösse zusammen gesetzter viereckigter
Thurn, worauf die Türken einiges leichtes Geschütz gepflantzt ha
ben / so von den Janitscharn beständig bewachet wird; und gibt dessen
weise Farbe bey heitern Wettern einen solchen durchtringenden Glanz
von sich, daß man ihn ohne Verletzung des Gesichts nicht wol an
schauen kan. Am meisten ist daran zu verwundern, daß, ob er Brunnen
Wasser
mitten im
Meer.

gleich zwischen zweyen gesalzenen Meer⸗Wassern liegt, es ihm doch
an süssen Wasser niemaln fehlet; und reicht der in der Mitte des
Felsen eingehauene Brunnen⸗Kasten so viel Wasser, als man des
sen benöthiget ist, welches beständig aus dem Felsen herfür quillet,
und nicht, wie man etwan meinen moͤgte, von dem Regen⸗Wasser
aufgesammlet wird.


Als wir durch eine andere Pforten wiederum aus der Stadt Kirchhof
der Tür
ken.

gekommen, befanden wir uns wiederum, so zu reden / in einem
steinern Wald / dessen wir kein Ende sehen kunten. Dann, wie
schon im vorigen Buch erinnert worden, pflegen die Tuͤrken einem
jeden Toden ein neues Grab zu machen, welches sie mit Marmel
oder andern Steinen und Saͤulen auszieren, daher ihre Kirchhöͤfe
in eine also unermeßliche Weite anwachsen, daß man nur von de
nen darauf befindlichen Steinen gar wol ein steinernes Constanti
nopel an statt des gegenwaͤrtigen hoͤlzernen aufbauen koͤnnte. So
bald wir uns wieder ausserhalb der Stadt befanden / begab sich der
Herr Groß⸗Botschafter von seinem Pferd in den Wagen, des
sen Exempel einige andere folgten, um sich vor der Sonnen⸗Hitz da
rinnen zu verbergen; die andern aber behielten ihre Pferde zwischen
den Füssen, und rieten damit nach dem vorigen Lager: Zu welcher
Zeit Seiner Excellenz von dem Französischen Gesandten ein
Teutscher von ihm los gekaufter Sclav an statt des ihm üͤberschickten
Lanquedoker verehrt wurde.


Den 4ten Augusti fertigten Se. Excellenz aus dem ersten Des Frey
herrn von
Zweifel Ab
fertigung
an den
Groß⸗Vi
zir.

Adel den Freyherrn von Zweiffel / samt dem Dolmetsch Herrn
Vorner, den Sprach⸗Knaben Carl Ludwig Momartz [17] und
einige andern seiner Bedienten zum Groß⸗Vizir ab / so wol in sei

Y
- 206 -
Zweytes Buch / Erste Abtheilung /

170

seinem Namen für die gestrig überlassene Pferde zu danken, als auch
zugleich zu vernehmen, um welche Stunde es Jhm am gelegensten
wäre, des Herrn Botschafters Visite anzunehmen. Es legte
aber eben an diesem Tag der Mehemet Aga seine Besuchung ab,
und brachte die Nachricht, wie er eben dergleichen Commission an
Des Me
hemets Aga
Zuspruch.
Se. Excellenz von dem Groß⸗Vizir hätte. Hierauf dankten Die
selbige für die von Jhm durch die abgestattete Visite erwiesene Höf
lichkeit und freundliches Andenken, ersuchten ihn aber zugleich, dem
Commis
sion an
dem Groß
Vizir.
Groß⸗Vizir in seinem Namen für die Jhnen angebottene Ehre
hinwiederum gebuͤhrenden Dank abzustatten, und zu melden, wie
Sie nichts mehr wuͤnschten, als bestäͤndig oder wenigstens sehr oft
um Jhn zu seyn, weil Sie Sachen von grosser Wichtigkeit mit
Jhm abzuhandeln hätten; es würde Jhnen sehr schwehr fallen, wann
Sie durch die leidige Seuch noch länger von der Stadt solten abge
halten und an ihren Handlungen gehindert werden, weil dadurch
auch zugleich das gemeine Wesen würde leiden müssen. Es hielte
aber der Herr Botschafter höchst vernüͤnftig dafuͤr, daß es nun Ge
legenheit gebe, zu dem Ende an einem dritten Ort auser der Stadt zu
sammen zu kommen, welches vor Jhm noch keinem zugestanden wor
den; wiewol es auch der Mehemet dem Herrn Botschafter von
dem Groß⸗Vizir ungebetten versprochen, auch sich anerbotten, Jhn
dahin zu begleiten, worauf Se. Excellenz zu verstehen gaben, daß es
Jhnen sehr angenehm seyn würde, und zwar um so viel mehr, damit
er dasjenige bekräftigen könnte, was bey dem Passarowitzischen Frie
dens⸗Tractaten abgehandelt worden; und hierauf haben sie den noch
übrigen Theil des Vormittags in allen Vergnuͤgen zugebracht. Die
ser Mehemet war ein ansehnlicher, bescheidener, freundlicher, hold
seeliger und schöͤner Mann, auch bey den Seinigen wegen der Erfah
renheit im Gesetz und andern Sachen in grossen Estime; seine an
nehmlichen Gebehrden und angebohrne Sanftmuth verursachten, daß
er gleichsam immerzu laͤchelte. Unterdessen hat sich auch ein Dol
metsch von den Venetianern eingefunden, um zu vernehmen, wie viel
der Herr Botschafter erlösete Sclaven aus ihrem Lager mit sich
führete, damit zu deren Heimreise könnte Anstalt ge
macht werden.


Zweyte
- 207 -
Des Hn. Groß⸗Botsch. Audienz bey dem Groß⸗Vizir.
171


Zweyte Abtheilung.


DEn 5. dito hat der Herr Groß⸗Botschafter in Besuchung
des GroßVizirs.

Begleitung seiner ganzen Suite die Visite bey dem Groß
Vizier, oder Obrist⸗Feld⸗Herrn und Stadthalter des
Türkischen Reichs abgelegt, und zwar in eben dieser Ord
nung und mit demjenigen Pracht, als bey dem Einzug in die Stadt
beobachtet worden, auser daß man die Fahnen und Paucken
zuruckgelassen, und die Trompeten nicht geblasen, dergleichen auch
geschehen, da Se. Excellentz den 8ten darauf bey dem Sultan die
Audienz gehabt; unsere Soldaten aber haben das Lager verwahrt,
damit nicht, wie bey dergleichen Gelegenheit gar gerne zu geschehen
pflegt, unter solcher Zeit uns etwas daraus entwendet wuͤrde. Hierzu
wurden jedesmal so wol für den Herrn Groß⸗Botschafter, als
auch für die andern alle die Pferde aus des Sultans oder des
Groß⸗Viziers Stall hergegeben: die Janitscharen waren wieder
um an vielen Orten der Stadt ausgetheilet, und viele vornehme
Kriegs⸗Bedienten, Räthe, Cammerherrn und Richtere hatten uns
mit ihren hohen Buͤnden begleitet. Der Chiaoux Baschi, oder Fehlge
schlagene
List des
Chiaoux
Baschi

Oberster der Bothen, welches eine ansehnliche Bedienung bey den
Türken bedeutet, war zu Einholung des Herrn Groß⸗Botschaf
ters abgeschickt, wobey er sich allerhand Finessen bediente, um Dem
selben zur linken Hand zu reiten, weswegen er Jhm bald dieses bald
jenes zeigte und erklärte, nur damit er Ursach mit Jhm zu reden
und nahe an seiner Seiten zu seyn haben moͤgte; allein es wusten
Se. Excellentz durch allerhand Wendung seines Pferds dieses gar
artig zu vermeiden; weil sich aber der Türk durch eine so höfliche
Reprimande nicht wolte abweisen lassen / liessen Sie ihm öͤffentlich sa
gen, daß er voraus reiten solte, weil es sich nicht schicken noch sein
Character zulassen wolle, jemand an der Seiten zu leiden, welchem
Befehl auch der Türk gehorsamlich nachlebte, und sich den daruͤber
gefaßten Verdruß im geringsten nicht merken ließ. Hieraus wuͤrde
wol der Herr von Ferriol / gewesener Französischer Gesandter nichts
gemacht haben, wann jener unter dem Reden nichts anders als die
linke Seiten gesucht häͤtte, ob er schon sonst ein Mann von sehr ho

her

Y 2
- 208 -
Zweytes Buch / Zweyte Abtheilung.

172

Des Herrn
von Fer
riols Af
faire mit
dem Tür
kischen
Hof.
her Stirn war: ja dieser Herr von Ferriol, sage ich, welcher wegen
seiner Händel in der ganzen Türkey und Frankreich bekannt ist, abson
derlich wegen der bewusten Affaire, die er mit dem Türkischen Hof
gehabt, worinnen er doch nicht reussiren koͤnnen; dann als er ge
sucht, bey dem Türkischen Kaiser mit dem Degen an der Seiten
zur Audienz gelassen zu werden, hatte er zu dem Ende ein weit klei
ners Seiten⸗Gewehr, als sonst gewöͤhnlich, verfertigen lassen, damit
er solches desto eher unter seinen Kleidern verbergen koͤnnte. Allein
dieser Anschlag ist noch zeitlich entdeckt worden, und weil er sich nicht
nach der Lands Gewohnheit accommodiren wollen, sondern vielmehr
protestirt, daß ihm solches zukäme, muste er, da er bereits schon vor
dem Zimmer stunde, doch, ohne den Kaiser zu sehen, wieder abzie
hen, kunte auch mit aller seiner Bemuͤhung nicht mehr zu wege brin
gen, daß man ihn nochmaln vorgelassen hätte.


Bey diesem Zug sind wir durch eben die Pforten gefüͤhrt wor
Grosser
Brand zu
Constan
tinopel.
den, durch welche wir vor etlichen Täͤgen unsern Einzug genommen,
dabey wir aber einen ganz andern Weeg gehalten, doch endlich zu
derjenigen Gegend gekommen, wo im 1718ten Jahr den 17. Ju
li der grosse Brand in der Stadt ohnweit dem Meer entstan
den; dann weil der Nord⸗Wind das Feuer sehr heftig angeblasen,
sind dardurch 51000. Häuser, 2283. Kramladen, 171. Kirchen,
152. Palläste, 130. Oefen / 80. Roß⸗Mühlen, 98. Stadt⸗Bäder,
1601 ofentliche Schulen in die Asche gelegt, und bey 14 bis 15000.
Menschen auf einmal verbrandt worden. Dabey haben der Kaiser
und Moufti, ihr oberster Priester, sehr viel gelitten, als denen ihre
meisten Palläste dardurch im Rauch aufgangen. Um zwey Uhr in der
Nacht ist die Brunst entstanden, und hat sich nicht eher als des andern
Tags um 4. Uhr wieder gelegt, also daß die Stadt von diesem schäd
lichen Feuer bey 30. Stunden illuminirt gewesen. Aber man hat
sich darüber nicht so gar sehr zu verwundern; dann weil die Häͤuser
denen Hüner⸗Ställen sehr gleich kommen, gar nahe an einander ste
hen, aus Holz und Leimen zusammen geklebt sind, welcher leztere vom
Feuer ohnedem bald erhitzt wird, anbey die Gassen so eng, daß die
Dächer beynahe an einander stossen / kan es nicht anderst seyn, als
daß bey einmal ausgebrochenen Feuer ganze Gassen darauf gehen
müͤssen / und kan auch die Flamme nicht eher gestillt werden, bis es kei
ne zum Brennen taugliche Materie mehr findet; weswegen man
die
- 209 -
Des Hn. Groß⸗Botsch. Audienz bey dem Groß⸗Vizir.
173
die Hauser entweder niederreissen und solcher gestalt dem Feuer die
Nahrung entziehen, oder der Flamme ihre Wut so lange lassen muß,
bis sie von selbst wieder nachlaͤßt; so beschwehrlich aber das eine, ab
sonderlich bey Nacht und entstehenden Nord⸗Wind ist, so gefährlich
und betruͤbt duͤrfte manchem das andere Mittel vorkommen. Doch
darüber haben viele ihre besondere Gedanken gehabt, daß / wie kurz
vor des Graf von Oettingen Ankunft in die Stadt Constanti
nopel 72000. Häuser abgebrannt sind: also auch jetzo nur den Tag
Merkwür
dige
Feu
ers⸗Brunst
bey der vo
rigen Ge
sandt
schaft.

vor den geschlossenen Frieden zu Passarowitz diese grosse Feuers
Brunst entstanden. Im Vorbeyziehen kunten wir noch die traurige
Merkmale davon sehen, nemlich, die verbrannten Kirchen⸗Daͤcher,
das zerschmolzene Bley, die zersprungene Glaß⸗Scheiben / zerstörte
und verbrochene Brunnen, und dann auch des Kaisers Arcadii
Säulen / welcher das Erdbeben ohne dem schon stark zugesetzt
hat, daß man wegen ihrer vielen Risse sie aller Orten mit eisernen
Reifen belegen müssen, anjetzo aber durch das Feuer und dem Rauch
ganz schwarz worden; wie sie dann auch heutiges Tags die Verbrannte
genennt wird, und unter diesem Namen allenthalben bekannt ist.


Endlich sind wir in des Groß⸗Vizirs Pallast, und zwar in Groß⸗Vi
zirs Pal
last.

demjenigen angelangt, welche dieselbige insgemein, wann sie gleich ih
re eigene Häͤuser haben, zu derjenigen Zeit bewohnen, in welcher sich
der Sultan in der Stadt aufhält, weil solcher nicht weit von der
Kaiserlichen Burg, und sie also gleich, wann man ihrer vonnoͤthen
hat, bey der Hand seyn können. Dieser hatte drey Höfe, wo
selbst die Janitscharen in Ordnung stunden, auf dessen ersten die Be
dienten, auf dem andern der Adel, und auf dem dritten nahe bey der
Stiegen der Herr Groß⸗Botschafter selbsten von dem Pferde
stieg. Es hat dieser Pallast zwar einen sehr weiten Umkreiß, aber
die Bau Kunst ist gar schlecht daran observirt, und durch die un
zehlichen Winckel ganz verstellt. Hier giengen die Chiausen mit
ihren Strauß⸗Federn auf dem Haupt und silbernen oder mit Sil
ber beschlagenen Stäblein in den Händen voran, wie von deren Be
schaffenheit schon in dem ersten Buch Meldung geschehen; dann die
se Chiausen sind nichts anders als Bothen, welche man darzu ge
braucht, daß sie fremde Gaͤste empfangen, oder sie, ihnen den Weeg
zu zeigen, voraus schicket: wir selbsten befanden uns in der Mitte /
und einige andere aus den Tüͤrken folgten.


Im

Y 3
- 210 - 174
Zweytes Buch / Zweyte Abtheilung /


Jm Hinaufgehen trafen wir zur rechten Hand den Harem,
Der Ha
rem oder
das Sa
rallien der
Kaiserli
chen Prin
zeßin.
oder das Serallien der Kaiserlichen Prinzeßin an, in welchem sie
viele hundert Sclaven ihres Geschlechts um sich hat, wie mich
diejenige, welche es gesehen, berichtet haben, über die sie zu gebieten,
sich ihrer Dienste nach Gefallen gebraucht, sie beschenkt, straffet, fort
schaft, befördert, wie es ihr im Kopf kommt; es wird aber auser de
nen Verschnittenen kein ander Mannsbild hineingelassen, wie dann um
dieser Ursach willen acht abscheuliche Mohren bestäͤndig vor der Thuͤr
Wer des
jetzigen
Groß⸗Vi
zirs Ge
mahlin.

die Wacht halten, welche diejenige, so sich etwas zu nahe hinzuma
chen wollen / abhalten. Aber was wüͤrden so viele Wachter nutzen,
wann die keusche Schamhaftigkeit oder eheliche Treue manquirte?
Vor diesem Zimmer haͤnget ein mit Gold schoͤn gestickter Vorhang,
und die darinn wohnende ist des Groß⸗Viziris Gemahlin, des regieren
den Kaisers Ahmed Prinzeßin, welche dazumal das 15te Jahr noch
nicht erreicht hatte. Vorher war ihr schon der Ahli Bascha, der
die Grichische Landschaft Morea den Venetianern abgenommen und
unter das Türkische Joch gebracht, zu ihrem Gemahl gegeben, da
sie noch ein Kind von acht Jahren gewesen; doch hat er diese seine
Gemahlin, oder vielmehr Gespons, niemaln mit einem Aug gesehen,
noch viel weniger beruͤhrt, ob er sie schon zum Lohn seiner Tapfer
keit damaln zur Ehe bekommen, als er nach uͤberwundenen Feind
siegreich wiederum zu Hauß angelanget. Es ist aber dieses eine bey
den Türkischen Kaisern schon lange hergebrachte Gewohnheit, daß
sie denen Stadthaltern oder Baschen, die sie uͤberreden wollen, daß
sie ihnen mit sonderbahrer Gnade zugethan wären, zum Zeichen ih
res beständigen Wolwollens, ihre Prinzeßinnen, so bald sie nur ge
bohren sind, zur Ehe versprechen, daher es dann leichtlich kommen
kan, wie es auch oft geschiehet, daß sie unterschiedlichen gegeben
Politique
der Türki
schen Kai
ser in Aus
stattung
ihrer Prin
zessinnen.
werden, ohne daß sie ihre zugedachten Maͤnner, oder diese sie, jemaln
zu sehen bekommen. Hierunter aber ist eine grosse Politique dieser
Kaisere verborgen; dann erstlich versorgen sie auf solche Weise ihre
Prinzessinnen auf das reichlichste, ohne daß es ihnen im geringsten
was kostet, indem sie sich einen solchen Tochter⸗Mann erwählen,
der das Kind, wann es noch in der Wiege liegt, mit einer kostba
ren Morgen⸗Gab versehen, dabey auch Königlich und auf das proper
ste erziehen lassen muß, ob sie schon noch in ihres Kaiserlichen Herrn
Vaters Händen ist: Hernach dienets ihnen auch darzu, daß sie auf eine - 211 -
Des Hn. Groß⸗Botsch. Audienz bey dem Groß⸗Vizir.
175
eine ganze unverdächtige Manier derjenigen Schätze an sich ziehen
können, welche ihnen um ihrer Macht willen verdächtig scheinen, und
vor welchen sie in Gefahr stehen, Reich und Leben zu verliehren;
dann weil es für keine geringe Ehre geachtet wird, des Kaisers Ei
dam zu seyn / welches gleichwol andere mit neidischen Augen anse
hen, greifen sich in diesem Stuck auch die Allergeitzigsten über die
maßen an, und wollen in Unterhaltung ihrer zugedachten Gemah
lin für verschwenderisch gehalten werden. Hierbey ist auch noch Neben des
Kaisers
Prinzessin
darf keiner
eine Frau
oder Con
cubin ha
ben.

was besonders anzumerken, daß, ob schon das Mahometische Ge
setz jedermann frey lässet, vier rechte Ehe⸗ Weiber und darneben so
viel Concubinen zu haben, als man ernehren kan, es jedoch durch
die Gewohnheit eingeführt ist, daß niemand, der eine Kaiserliche
Prinzeßin zur Ehe hat / weder andere rechtmäßige noch auch Kebs
Weiber darneben haben darf, sondern alle zum Zeichen der schuldigen
Hochachtung gegen das Kaiserliche Geblüth, von sich schaffen
muß: wordurch diese schlaue Regenten ohne Zweifel inten
dirt, damit ihre Prinzessinnen allein Erben seyn, wann ihr Ge
mahl ohne Kinder absterben solte / welches sich gar bald ereignen kan,
und solte es auch durch ihre eigene Beyhuͤlfe geschehen; oder damit sie
doch mit andern in die Erbschaft eintretten koͤnnen, wann etwan aus
einer andern Ehe ein maͤnnlicher Erb uͤbrig wäre: und durch diese
Maxime ergiessen sich alle Ströme des Reichthums in das Kaiserli
che Meer, von dar sie aber nicht leicht wiederum heraus fliessen.


Wie aber diese vorgedachte Prinzeßin in ihrer noch ersten UnDer GroßVizir Jbra
him des
Kaisers
TochterMann.

schuld so geschwind zu zweyen Männern gekommen, solches hat sich
folgender gestalt zu getragen: Nachdem Ahli in dem für die Tür
ken unglüͤcklichen Treffen bey Peterwardein geblieben / ist Jbra
him von Grichisch⸗ Weisenburg zuruck gesandt worden, den
Verlauf dieser Schlacht und Ubergab der Vestung dem Hof aus
führlich zu berichten, da er dann zum Caimacan oder Stadthal
ter erklärt, und ihm zugleich diese jungfräͤuliche Wittib zur Gemah
lin gegeben worden / ohnerachtet er schon selbst aus andern Toͤchter
erzeuget, welche schon verheyrathet und älter als diese ihre neue
Mutter waren. Er hat aber seine neue Braut oder vielmehr Ge
mahlin im ersten Jahr eben so wenig als der Ahli gesehen, weil sie
noch nicht mannbar wahr, und deswegen in ihres Kais. Herrn Vat
ters Residenz so lang verblieben, bis sie das Jahr darauf an Kräf
ten - 212 - 176
Zweytes Buch, Zweyte Abtheilung /

ten so weit zugenommen, daß sie ihm in seinen eigenen Pallast zu
Vermehrung seines Geschlechts überlassen werden kunte; bey wel
chem sie sich nunmehro aufhäͤlt, sein Vergnüͤgen vermehren hilft,
und ihn im uͤbrigen füͤr sie sorgen laͤßt, die andern Weiber und Scla
vinnen aber hat er nach Landes⸗Gebrauch von dieser Zeit alle von
Dessen
liebste
Sclavin.

sich weg schaffen muͤssen. Unter diesen letztern war eine Venetia
nerin, die er über die massen liebte, und von den Janitscharen um
800. Ducaten gekauft hatte, welche er seinen Zugzieher, den die
Türken Mardar nennen, zur Ehe gegeben: als sie nun einmal
krank darnieder lag, liesse sie den Jußoff oder Joseph / einen Ju
den, der des Kaiserlichen Leib⸗Arztes, auch eines Juden, Tochter
Mann war, zu sich beruffen, um ihre Krankheit zu untersuchen:
wie er nun befunden, daß solche von der üͤberfluͤßigen Gall herkä
me, und dabey wuste, daß sie ihre Sclavinnen mit Schlä
gen und allerhand seltsamen Plagen grausam tractirte, hat er sie, ob
er gleich ein Jud war, zu mehrerer Sanftmuth und einem Christen
anständigern Wandel ermahnet; sie solte gedencken, wie sie von Ca
tholischen Eltern gebohren, die nicht gewohnt wären, die Armen
und Gefangenen so unbarmherzig zu tractiren: Worauf sie aber ge
antwortet, wie die in der Dienstbarkeit gezeugt⸗ und gebohrne Mäg
de keines bessern Tractaments wuͤrdig waͤren; sie muͤsten sich nur
an dasjenige gewohnen, was sie die Tage ihres Lebens wuͤrden zu lei
den haben. Und es ist auch gewiß, daß kein erbarmenswüͤrdigerer
Stand auf der Welt zu finden, als derjenigen Sclavinnen, welche
bey denen abtruͤnnigen Christinnen dienen muͤssen, indem diese ge
meiniglich viel schlimmer als die gebohrnen Tuͤrkinnen selbst sind:
sie affectiren eine strenge Ernsthaftigkeit, und damit machen sie ihrer
Sclavinnen Dienste nicht nur haͤrter, sondern auch fast unerträg
lich. Doch was halten wir uns laͤnger bey denen Sultaninnen und
Türkischen Weibern auf; laßt uns viel lieber wieder zu den Mäͤnnern
kehren, mit welchen wir jederzeit ungehindert umgehen koͤnnen: dann
ich glaube nicht / daß jemand von unsern Leuten mit Wahrheit sagen
wird, er habe eine solche Gemeinschaft mit den Tüͤrkischen Wei
bern gehabt, wordurch er etwas von ihren Heimlichkeiten erfahren
hätte. Nachdem wir nun noch etliche andere Zimmer zwischen
denen auf beeden Seiten rangirten Türken vorbey gegangen, wurden
wir in dasjenige geführt, wo der Groß⸗Vizir den Herrn Groß
Bot
- 213 -
Des Hn. Groß⸗Botsch. Audienz bey dem Groß⸗Vizir.
177
Botschafter empfangen hat. Es ist aber allhier zu wissen, daß Gebrauch
bey Abstat
tung der
Visiten.

bey den vornehmsten Tuͤrken der Gebrauch / daß, wann man bey ei
nem die Visite ablegen will, man eher in dem Zimmer, als der Herr
desselbigen, seyn müsse; alsdann kommt erst nach einer kleinen Ver
weilung der Patron des Hauses, welcher von zweyen, so ihn unter
den Achseln gefasst / geführet wird; hinter ihm aber folgen seine Pa
ge und Bedienten, die mit ihrem gewöͤhnlichen Geschrey ihres Herrn
Ankunft zu erkennen geben. Jene Mode schreibt sich von dieses Vol
kes Hochmuth her / welche sich besser als andere achten; wie ich dann
eben diese Gewohnheit auch zur andern Zeit beobachtet, nicht weniger
aber auch wahrgenomen, daß, wie sie nicht aufstehen, wann sie jemand
bey dem Eintritt sitzend antrifft, also auch niemand im Weggehen beglei
ten, sondern es durch ihre Bediente verrichten lassen. Der einige Mouff
ti / ihr oberster Priester, hat die Ehre, daß ihn der Groß⸗Vizir Jm Anse
hen des
Moufti.

bey seiner Ankunft entgegen kommen, und bey dem Weggehen wie
derum bis an die Thuͤr des Zimmers begleiten muß, von dar er gleich
falls andern zur Begleitung uͤberlassen wird. Der Sultan selbst
stehet von seinem Thron auf, wann Jhn der Moufti zu besuchen
kommt, da doch der Groß⸗Vizir sich vor seinem Kaiser mit dem
Angesicht auf die Erde wirft, um damit zu verstehen zu geben, daß
er, welcher doch in dem ganzen Reich der Vornehmste, in Gegen
wart des Sultans der Geringste / ja noch weniger als der Geringste
ist. Das Zimmer des Groß⸗Vizirs, welches an dem bey den
Sofaus erhabenen Ort mit weis Sammeten von Gold gestickten
Teppichen belegt war, ist nicht sonderlich groß, aber von Tüͤrken
also angefüͤllt gewesen / daß sie uns bey nahe solten zerquetscht haben,
und gieng das Geträng erst recht an, als die Kaiserliche Geschen
ke durch die Heiducken hinein gebracht worden: so war auch der gan
ze Pallast von den vornehmsten Feld⸗Herren und Staats⸗Bedienten
besetzt, welche ihn gleich als einen von Himmel herab gestiegenen Gö
tzen verehrt, und die gröͤsten Männer unter ihnen so gar seine Fuͤs
se geküßt haben.


Hierauf wurden dem ersten Adel in demjenigen Zimmer, wo
der Herr Groß⸗Botschafter mit dem Groß⸗Vizir neben einan
der auf der Sofaus sassen, die Caftans ausgetheilt, gleich wie
denen andern in dem nechst daran stehenden, welche letztere sich auf
hundert Stuck beliefen; über besagtem Zimmer waren noch vier
andere,

Z
- 214 -
Zweytes Buch/ Zweyte Abtheilung.

178

andere, von zimlicher Groͤße, die zu des Groß⸗Vizirs oder der
Türkische
Canzley.
Türkischen Reichs⸗Canzley dieneten; woselbst die Herrn Canzeli
sten wie s. v. die Schweine auf dem Boden herum gelegen, und weder
mit Polster noch was anders versehen gewesen, ausser daß vor oder viel
SchreibZeug. mehr neben ihnen auf der Seiten ihre Schreib⸗Truͤhlein stunden,
worinnen sie ihre Feder, Dinten / Messerlein, Papier und andern
Werkzeug verwahret hatten; dabey ich bemerkt, daß sie sich
weder der Gäͤnse⸗noch Schwanen⸗Kiel zum Schreiben bedienen,
sondern ihre Schreib⸗Federn aus Rohr machen, wie dann auch ihre
Dinte und Papier viel dicker und groͤber als das unsrige ist: wann
sie schreiben, legen sie die Hand unter das Papier, welche ihnen an
statt des Tisches, Pult⸗Brets und alles andern dienen muß, so daß
sie ihre ganze Schrifft gleichsam in der Luft verfertigen. Doch wir
begeben uns wieder in das Audienz-Zimmer, allwo nach beider
seits gewechselten Bewillkommungs⸗Complimenten der Herr Groß
Botschafter folgende Rede in Lateinischer Sprache gehalten:


Seine geheiligte Römische Kaiserliche auch in Germa
Rede des
Groß Bot
schafters
an den
Groß⸗Vi
zir.

nien / Spanien / Hungarn / und Böheim Königliche Maje

stät rc. rc. Carl der VI. wuͤnschen allen denen, so hieran
gelegen ist / zu dem vor einem Jahr geschlossenen Frieden
vielfältiges Glück / und haben mich als Jhren geringsten
Diener mit einigen Vornehmen von Adel Seines Hofes zu
Eur. Excellentz abgefertiget / in Dero Person nicht allein
Sie selbst, sondern zugleich den ruhmwuͤrdigsten Kaiser
der Ottomannischen Pforten zu begrüssen; und hierinnen
bestehet der Befehl meines allergnädigsten Kaisers: was
aber mich anbelangt/ erfreue ich mich sehr/ daß aus
Dessen sonderbahrer Gnade Gelegenheit habe / Eur. Ex
cellentz mündlich zu sprechen / und Jhnen meine Dienst
geflissenheit zu bezeugen. Jch wuͤnsche / daß Euer Excel
lentz in derjenigen hohen Wuͤrde / in welcher Sie bereits
stehen / ein hohes Alter erreichen / und derselbigen noch
mehr andere groͤssere Belohnungen nach Dero hohen Ver
diensten beygelegt werden moͤgen. Mir aber bitte ich
hierbey aus / daß dieselbige mich mit ihrer unverfälsch
ten - 215 -
Des Hn. Groß⸗Botsch. Audienz bey dem Groß⸗Vizir.
179
ten und unverbruͤchlichen Freundschaft beständig beehren
wollen. Mein allergnädigster Kaiser / wie auch Jhro
Hochfürstl. Durchlaucht der Prinz Eugenius von Savoyen
haben anbey zur Bestaͤttigung ihrer durch mich versicher
ten Gewogenheit und Freundschaft verlangt / daß ich Eu.
Excellentz gegenwaͤrtige Schreiben einhäͤndigen solle.


Nachdem der Herr Groß⸗Botschafter seine Rede geendiUberlie
ferung des
Kaisers
und Prin
zen Eugenii
Schreiben.

get, wurde Sr. Römisch⸗Kaiserlichen Majestät Schrei
ben dem Groß⸗Vizir durch den Herrn Carl Grafen von Ba
thyani / unter dem Kaiserlichen Caraffischen Curassier-Regiment
Obrist⸗Lieutenant; derjenige aber, welchen auf Befehl des Prin
zen Eugenii der Hof⸗Kriegs⸗Rath an Jhn abgehen lassen, durch
Herrn Otto Friederich von Oebschelwitz / Ingenieur-Hauptman,
überreichet. Als nun hier ein beystehender Bascha dem Herrn Gra
fen den Seinigen abnehmen wolte, entschuldigte sich dieser mit ei
ner wolanstäͤndigen Manier, wolte die angebottene Höfligkeit nicht
annehmen, sondern uͤberlieferte solchen in des Groß⸗Vizirs eigene
Hände, welcher hierauf mit den Gebaͤrden und mit dem Mund be
zeigte, daß ihme solche so wol als ihre grossen Uhrheber höchst
angenehm wären; wie er es dann auch dem Herrn Botschafter
durch den Dolmetsch der Pforten dem Mauro Cordato versi
chern lassen. Damit ich aber bey dieser Gelegenheit etwas von des
Groß⸗Vizirs Alter, Natur, Gemüths⸗Neigung und übrigen Sit Groß Vi
zirs Be
schaffen
heit.

ten gedenke / so ist derselbige allem Ansehen nach nicht weit uͤber das
fünfzigste Jahr hinaus, und wird von jederman für einen braven /
bescheidenen, liebreichen, klugen und vorsichtigen Mann gehalten, der
die Gesetze genau beobachtet, ein Liebhaber des Friedens ist, und die
Tugend auch an seinen Feinden lobet und bewundert; die Militz er
hält er durch seine Freygebigkeit bey ihren Pflichten, welche sonst
des Kaisers Geitz leichtlich zur Aufruhr bewegen könnte: seine Klei
dung ließ sehr modest, und bestunde in einem langen weis Atlasen
und mit Belz gefütterten Rock, kunte aber nicht besser als durch den
Haupt⸗Bund von denen andern unterschieden werden, als der zimlich
hoch und viereckigt unten etwas weiter als oben, und gleichsam
Schlangen⸗weis in die Hoͤhe hinauf gieng, hatte einen ganz weissen
Umschlag, ausser daß eine guldene Schnur einmal über zwerch


durch

Z 2
- 216 -


180

Zweytes Buch / Zweyte Abtheilung /

durchhinginge, und dessen Ende gleichfalls mit guldenen Fäͤden durch
zogen war, welche auch Büschel⸗ weis durchschimmerten. An dem
Finger hatte er einen uͤberaus grossen und feurigen Diamant steckend;
seine Messer⸗Scheide, wie auch das Heft an dem Messer waren mit
Sapphir, Chrysolith, Carfunckel, Schmaragd, Türkis und andern
kostbaren Steinen reichlich besetzt.


Höret den
Herrn Bot
schafter ste
hend an.

So bald der Herr Botschafter seine Rede geendiget, wel
che, weil es die erste gewesen, der Groß-Vizir wider die Lands
Gewohnheit stehend angehöret, liessen sich beide auf den sehr schöͤ
nen und mit Gold reich gestickten Sofaus nieder. Der Groß
Vizir nahm seinen Platz in den Winkel, gabe Seiner Excel
lentz die Stelle zur rechten Hand, und kehrten beide ihr Gesicht ge
gen die Thüͤr zu, von welcher aber der Groß⸗Vizir mehrers ent
fernet war: ich verstehe aber hier die Haupt Thuͤr, als nach welcher
man bey dergleichen Gepraͤng zu urtheilen pflegt; dann sonsten waͤ
re der Groß⸗Vizir einer andern kleinen Thür naͤher gewesen, durch
welche er nach seinen geheimen Zimmer gehen kunte. Als sie nun
daselbst sich mit einander freundlich unterredet, hat der Herr Groß
Botschafter der Kriegs⸗Gefangenen gedacht, welche Vermög der
Paßarowizer Friedens⸗Tractaten beiderseits müsten ausgewech
selt werden; wobey er auch Mittel vorschlug, wie diejenige, deren
Namen Er aufgezeichnet, zu erfragen wären, und auf was Weise
der Groß⸗Vizir dieses löblich⸗ und GOtt⸗gefällige Werk am
füglichsten befoͤrdern koͤnnte. Unterdessen wurde Caffé, suͤsse Fruͤch
te, Rosen⸗Wasser, Biesam und andere wolriechende Sachen aus
getheilt, davon ein jeder nach Belieben zu sich nehmen kunte: der
Groß⸗Vizir aber nebst andern Vornehmen des Hofes nahme we
gen der noch wehrenden Fasten im geringsten nichts zu sich, damit
sie andern kein böͤses Exempel geben moͤgten. Wolte GOtt! daß
dieses alle Obrigkeitliche Personen beobachteten, und nicht in der
vorgefaßten Meinung stünden, als ob sie an gar kein Gesetz gebun
den wären, so dörfte sich vielleicht das gemeine Volk auch nicht so
viel heraus nehmen, wann sie von ihren Obern nicht geaͤrgert wuͤr
Præsent
des Groß
Vizirs an
den Herrn
Botschaf
ter.
den. Bey dem Abschied wurde der Herr Groß⸗Botschafter von
dem Groß⸗Vizir mit einem aus Gold gewüͤrkten und mit Zobel ge
fütterten Caftan, samt einem schöͤnen Rappen mit Sattel und Zeug
nebst einem kostbaren Säbel beschenket, davon Er das Kleid, ehe Er noch - 217 -
Des Hn. Groß⸗Botsch. Audienz bey dem Groß⸗Vizir.
181
noch aus dem Hof geritten, wieder von sich gelegt, des Pferds aber
sich auf dem ganzen Heimweeg bedienet hatte. Hier wurden wir auch
erinnert, daß wir den vorigen Weeg nicht wieder nehmen solten,
weil der Sultan hierum in der Naͤhe unserer wartete, und uns zu
sehen verlangte; weswegen wir uns, ob wol nicht ohne Beschwehr
nis wegen der engen Gassen, in Ordnung stellten, und einen andern
Weeg aus der Stadt führen liessen, als wir hinein gekommen sind.
Es waren die Höfe im Hauß so dicht mit Leuten angefüͤllt, daß wir
kaum durch kommen kunten, welches auch die Ursach war, daß viele
ihre vorigen Pferde unter dem Volk nicht finden koͤnnen, und ohne


Zweifel zu Fuß hätten heimgehen muͤssen, wann ihnen dißfalls der
Türken Höflichkeit nicht wäre zu statten kommen, als welche frey
willig wieder andere an deren statt zugefuͤhret hatten.


Den 6ten ist ein von den Franciscanern zu Adrianopel ausgeloͤß
ter Sclav von Neapolis gebürtig / nach einer zweytägigen Krank
heit in der Nacht ploͤtzlich gestorben, und auch alsobald begraben wor
den, weil zu besorgen stunde/ es duͤrfte der Coͤrper wegen der gros
sen Hitze einen uͤblen Geruch machen, und zu böͤsen Krankheiten Ge
legenheit geben. Diesen Morgen wurden unterschiedliche entweder
Amts oder anderer Geschäͤfte halber in die Stadt geschickt; Graf
Kinigl mit dem Dolmetsch Herrn Theyls an den Groß
Vizir abgefertigt; der Herr von Dierling aber, als Botschafts
Secretair, samt dem ersten Kaiserlichen Dolmetsch bey der Pforten,
Herrn Vorner / nach dem Reis⸗Effendi / oder Reichs⸗Canzler
abgesandt; und als diese letztern auf den Mittag wieder zurüͤck kom
men, sind sie alsobald wieder dahin versendet worden, wie sie dann auch
die darauf folgende ganze Nacht in ihres Kaisers Verrichtungen
zu gebracht. Fast eben um diese Zeit kam der Französische Gesandte in Französi
schen Ge
sandten
Visite bey
dem Herrn
Groß⸗Bot
schafter.

Begleitung vier und zwanzig Person, so theils Edelleute, theils
Hauß⸗Bediente oder Kaufleute von Galata und Pera waren, aus
der Stadt ins Lager zu uns geritten, dem Herrn Groß⸗Bot
schafter die Visite zu geben. Selbiger wurde bey dem Eingang
von dem Hof⸗Marschalk Freyherrn von Seebach, deme noch zwey
aus dem andern Adel zu gegeben wurden, begleitet, und von dar
durch die Hauß⸗Bedienten, ersten und zweyten Adel, so zu beiden
Seiten ausgetheilt stunden, biß zum Herrn Botschafter geführt,
wo

Z 3
- 218 -
Zweytes Buch / Zweyte Abtheilung /

182

Leibwacht
ist nur dem
Kaiserl.
Botschaf
ter erlaubt.
wobey die Leib⸗Wacht, so allhier keinem als dem Kaiserlichen
Botschafter erlaubt ist, im Gewehr stunde. Jn dem Vor Zim
mer, oder vielmehr in dem bedeckten Gang, welcher denen, so die
Türkische Bau⸗Art mit Augen angesehen, oder aus einem Riß oder
Büchern erlernt haben, wol bekannt ist, hat der Herr Groß-Bot
schafter seiner erwartet, und nach geschehener Umhalsung und ab
gelegten Bewillkommungs⸗Compliment, in sein inneres Zimmer
geführt. Uber der Thüͤr gegen Norden war an der Bühne ein von
rother dicker Seiden mit Gold reichlich besetzter Himmel aufgehän
get, unter welchem sich Seiner Römisch⸗Kaiserlichen Ma
jestät / Carl des Sechsten Bildnis, ganz geharnischt in
Manns⸗Grösse auf einem mit rothen und mit Gold reich verbräm
ten Damast⸗überzogenen Tisch (dergleichen auch die Stühle und übriger
Ausbutz war) præsentirt; über dieser sassen etwas zur rechten / wei
len es in der Mitten wegen eines daselbst stehenden aus weisen Mar
mor gehauenen Brunnen nicht seyn koͤnnen, beyde Herrn Bot
schafter auf zween Lehen⸗Sesseln gegen einander von der Thuͤr in
gleicher Weite entfernet, wie es dann auch die Abtheilung des Zim
mers nicht anders zu lassen wolte. Es uͤberliessen Se. Excellenz
dem Französischen Gesandten Ehrenthalben in seinem Logis das Fen
ster und kehrten sich hingegen mit dem Rücken gegen die Mauer,
woruͤber sich jener auch sehr vergnuͤgt bezeugte. Hier unterhielten
sie einander mit vertrautem Gespraͤch, und erinnerten sich an diejeni
gen ehmaln aufgehabte Commissionen, welche zu cachiren anjetzo
nicht mehr noͤthig war. Endlich verlangte der Französische Gesand
te den Teutschen Adel zu sehen, worinnen Jhm auch gleich willfah
ret worden, und ist kaum zu sagen, welcher Theil es dem andern an
Höflichkeit zuvor gethan / ob nemlich die Unsrige mit Offerirung ih
rer Dienste, oder jener mit Bezeugung seiner Dankbarkeit sich am
meisten signalisirt. Unterdessen wurden allerhand Teutsche, Unga
rische, Welsche und Frantzösische Weine, nebst Caffé, Citronen
und Kirschen⸗Wasser, Mandel⸗Milch, Zucker⸗Brod, und andere
dergleichen Delicatessen von den Edel⸗Knaben und Dienern des
Herrn Groß⸗Botschafters herum gelangt, davon ein jeder nach
Gefallen nehmen kunte, wie dan auch die Bedienten und Hauß⸗Genos
sen ihren Antheil bekommen; dabey sich dann die nun aufs neu mit
uns
- 219 - Abbildung: Audienz des Röm.-Kaiserlichen Groß-Botschaffters bey dem Sultan.
- 220 - - 221 -
Des Hn. Groß⸗Botschafters Audienz bey dem Sultan.
183
uns verbundene Franzosen so wol in die Teutsche Manier zu schicken
gewust / daß einigen bey dem Aufbruch ihres Herrn wegen des vie
len Aufgiesens ihre Füsse nicht mehr pariren wollen, sondern mit
sehr ungewissen Schritten folgten. Von dieser Zeit an hat sich der
Herr Groß⸗Botschafter bestäͤndig mit einer Music uͤber der Ta
fel bedienen lassen.


Dritte Abtheilung.


DEn 7ten dito wurden zu der am folgenden Tag bestimmten Des Hn.
Botschaf
ters Au
dienz bey
dem Sul
tan.

Audienz bey dem Groß⸗Sultan alle Anstalten vor
gekehrt / und in der Nacht gegen 12. Uhr mehr dann 300.
prächtig aufgebutzte Pferde aus des Sultans Marschstall herbey
geführt / worbey sich auch viele Kaiserliche Bedienten eingestellet,
um uns mit ihren Fackeln vorzuleuchten. Wir zogen eben diejenige
Strassen, welche wir schon vormals gehalten, Ordnung und Klei
dung kam auch uͤber ein, auser daß der Herr Groß⸗Botschafter
nun in einem Spanischen Mantel⸗Kleid erschiene, da er sich vorhero Kleidung.
nur seines Teutschen Habits bedient hatte. Es geschahe aber der
Aufbruch um dieser Ursach willen bey der Nacht, weil dem Tag
darauf den Herrn Groß⸗Botschafter zu Ehren Divan oder gros
ses Gericht solte gehalten werden, in welchem alle Beysitzer noch vor
Tags erscheinen müssen. Derselbige wurde bey dem Stadt⸗Thor
von dem Chiaoux Baschi / oder Vorsteher der Bothen, empfan
gen, woselbst Se. Excellenz sich aus dem Wagen, dessen Sie sich
bey der Nacht bedient/ zu Pferd begeben, und so gleich samt uns
in die Stadt geritten. Als wir in solcher auf dem Almeide⸗ oder der Verwei
lung auf
dem Almei
de⸗Platz.

alten Grichen Renn⸗Platz kamen, musten wir uͤber eine halbe Stun
de auf den Pferden halten, weil der Groß⸗Vizir und andere Vor
nehme noch nicht vorbey waren, als welche vor uns da seyn und auf
dem Rath⸗Hauß in ihrer gehörigen Stelle unserer erwarten sol
ten, damit gleich bey Ankunft des Herrn Groß⸗Botschafters
das Gericht seinen Anfang nehmen koͤnnte. Nachdem nun die Ge
richts⸗Personen des Divans vorbey waren, ist die Botschaft weiter
fort geruckt; und als wir in dem aͤussern Vorhof gegen der SoAnkunft
bey dem
RathHauß.

phia⸗Kirche / welche von der Göttlichen Weisheit ihren Namen
führt,
- 222 -
184

Zweytes Buch / Dritte Abtheilung /

führt, angelangt, begegnete uns der Kiaha / des Sultans Obrist
Hof⸗Meister, in einem prächtigen Aufzug und mit grossem Gefolg /
so daß es schiene, als ob er den Herrn Groß⸗Botschafter ein
führen wolte / welcher aber seinen Weeg weiter genommen, und nur
im Vorbeygehen Se. Excellenz begrüͤsset hatte. Jn diesem sehr
grossen Hof stunden zu beiden Seiten die Capigi (Kaiserliche Cäm
merlinge und Wächter), Boltagi (Holzhacker), Bostangi
(Gärtner), Chiausi (Bothen), Wekilhargi (Schafner), Ast
chi und Karakullukagi (Ober⸗ und Unter⸗Köche), Halvadgi
(Zucker⸗Becker), Saka (Wasser⸗Träger), Agiamoglani, Jcho
glani / Peikii (die Knechte und Edel Knaben) mit ihren Füͤhrern,
die Janitscharn und Soulaks (des Sultans Leib⸗Wacht), Sou
lack⸗Baschi / Thor Baschi / Oda Baschi / Bairactares (ihre
Feld⸗Herrn, Hauptleute, Lieutenants, Fändrich), die Gebegi
(Schwerdtfeger), Topchi (Feuer⸗Werker), und zwar alle in ihrer
Ordnungs⸗Tracht / durch welche, als die zu diesem Ende darzu be
stellt waren, wir hingezogen, und ihren zuruffenden Glüͤck⸗Wunsch:
Osckeldi, Sabalhei / Sabansheirula / wir wünschen euch
alles Guts, oder/ guten Morgen, anhöͤren koͤnnen: davon einige
eben dieses uns auf Teutsch nachgeruffen, als welches sie durch unsern
bisherigen Umgang, und da sie uns zur Leib⸗Wacht zu gegeben wa
ren, von uns gelernet hatten. Andere, aber sehr Wenige, so kein
Bedenken trugen, sich öͤffentlich für Freunde der Teutschen aufzu
werfen, wuͤnschten, daß GOTT mit uns seyn wolle, welches sie in
ihrer Sprach also vorbrachten: Salameleck! riefen wir ihnen a
ber dieses auf ihre Sprach zu erst zu, und kamen ihnen mit Höflich
keit zuvor, pflegten sie es mit ihrem Aleckemi Salam / GOTT
sey euch gnaͤdig, oder, GOTT segne euch, zu beantworten, wel
ches die Tuͤrken nicht leichtlich einem ausser ihrer Religion zu wuͤn
schen pflegen, weil sie selbige vor Jaouren oder Unglaubige halten,
die des Goͤttlichen Beystands nicht werth seyen; jedoch gibt es auch
höfliche Leute unter ihnen, so ihr wildes Wesen abgelegt, und bes
ser zu leben wissen. Vor dem zweyten grossen Burg⸗Thor stieg der
Herr Groß⸗Botschafter an derjenigen Stiegen, wo der Groß
Vizir und andere Vornehme abzusteigen pflegen, gleichfalls von sei
nem Pferd, nachdem die uͤbrigen von dem Comitat schon mitten im
Hof die Pferde verlassen und dem Herrn Botschafter zu Fuß nach
- 223 - Abbildung: Der Groß-Sultan
- 224 - - 225 -
Des Hn. Groß-Botsch. Audienz bey dem Sultan.
185
nachgefolget sind, auch vorhero das Gewehr, ausser dem Herrn
Botschafter, welcher keines mit sich geführt, abgelegt hatten.
Diese grossen Thore haben doppelte ungefehr 20. Schritt von einan
der entlegene Pforten, und jede derselben auch gedoppelte eiserne
Flügel, zwischen welchen beiderseits die Janitscharn Wacht halten,
bey deren man aber, wie bey andern Hoͤfen gebraͤuchlich, von auf
gehenktem Gewehr nichts zu sehen bekommt. Die Thüͤr⸗Schwellen,
Portal, und uͤbrige Zierath waren von Marmel; und oben auf dem
Gewölb der Pforten stehet ein kleines viereckigtes Zimmer, so, wie
alle andere Gebäue dieses Pallasts, mit Bley bedecket ist. Nicht lang
nach unserer Ankunft kam der Chiaoux Baschi oder Obriste der Einholung
von dem
Chiaoux
Baschi.

Bothen mit noch einem andern Vorsteher, welcher den zwischen ge
dachten doppelten Pforten warteten und auf einer Bank unter den
Türken sitzenden Herrn Groß⸗Botschafter über den zweyten Vor
hof in den Divan führte. Sie hatten silberne Stäbe in den Hän
den, die oben mit einem dicken Knopf versehen waren, welchen sie so
oft wieder die Erde stoßten, als oft sie sich bewegten, oder zu be
fürchten war, daß der Herr Botschafter mit dem Fuß an einem
Stein stossen moͤgte; wie ich dann solches auch dazumal bemerket,
als nachgehends der Groß⸗Vizir aus dem Divan zu dem Sultan
geführt worden. Hier hätte man nach derjenigen Menge, welche
hin und wieder gelaufen, schliessen sollen, als ob alle Vornehmen im
ganzen Türkischen Reich zusammen beruffen wären; dann es ist die
ses einer von denjenigen groͤsten Gerichts⸗Tägen gewesen, so nur alle
drey Monat pflegt gehalten zu werden, und bey welchem denen Sol
daten, damit der Sultan seinen Reichthum zu zeigen Gelegenheit
hätte, ein sechs Monat⸗Sold ausgezahlt werden solte. Jch habe
bey dieser Gelegenheit von den Französischen Kaufleuten vernom
men, daß der Sultan ihnen schon von neun Monaten her den
Sold hinterhalten, um sie damit für ihre Zaghaftigkeit in etwas zu
bestraffen, um deren willen man dem Feind so viele Städte und Läͤn
der hätte abtretten muͤssen, welches etwan bey tapferer und langer
angehaltener Gegenwehr vermieden werden koͤnnen: wurde Er in
dieser Zeit um den Sold von ihnen angesprochen, verwiese Er sie
nach Temeswar und Belgrad / von daraus sie solchen holen
Divans
Beschrei
bung.

solten. Dieser Divan, in welchen alle Streitigkeiten unter denen
Türken abgehandelt werden, stosset an das Serrallien, oder an den
Kai

Aa
- 226 - 186
Zweytes Buch, Dritte Abtheilung.

Kaiserlichen Pallast gegen Norden, dessen rechter Flügel ein kleines
Viereck formirt, das gewoͤlbt, aber nicht gar groß, mit Gold und
Farben sehr zierlich gemahlt, und der Boden mit Marmel belegt ist:
Rings herum gehet ein weiter bedeckter auf Marmelsteinern Säu
len ruhender Gang, um welchen viele Ahorn⸗ und Cypressen⸗Bäͤu
me gepflanzt sind, damit man vor der Sonnen⸗Hitze gesichert, in den
heisen Sommer⸗Tägen im kühlen daselbst spatzieren könne; auf
der Seiten der Thür, durch welche man in Hof gehet, stehet ein
Brunnen, und gleich gegen üͤber auf der Mittag⸗Seite liegt ein Bad
und die Kuche, worinnen üͤber hundert Koͤche in beständiger Arbeit
Der Janit
scharn Ku
chen.
begriffen: diese Kuche aber ist in viele unterschiedliche Theile abge
theilt, damit sie durch ihr Hin⸗ und Wiederlauffen einander nicht
hindern, noch ihre Menge eine Confusion verursache; und zwar
bestehet solche in acht halb⸗gewoͤlbten Boͤgen, deren ein jeder ein kleines
Häußlein ausmachet, und in der That nichts anders, als ein hell
leuchtender Camin, so in der Höhe wie eine Latern zugespitzt ist.
Hier wird an einem Ort gekocht/ am andern gebraten, anderswo
wiederum etwas anders zu bereitet, und hat eine jede Sache ihren
eigenen Platz, der von den andern mit Mauern unterschieden ist.
Sold der
Janit
scharn wie
er gereicht
wird.
Aus dieser Kuche wird den Janitscharn, wann man ihnen den Sold
zahlet, welches alle viertel Jahre, wann nicht was anders darzwi
schen kommt / geschiehet, der Reiß ausgetheilet. Der Platz zwischen
dem Divan und der Kuͤche ist auf allen Seiten mit Schranken umge
ben, hinter welchen die Janitscharn zu dieser Zeit stehen und pas
sen, bis ihnen ihr Sold für die Thuͤr ihrer Oden, oder Zimmer,
worein sie ausgetheilet sind, geworfen wird, da sie dann
alsobald herfüͤr springen, und wie unsinnig nach den Saͤcken laufen,
und wo es einer dem andern vor dem Maul wegnehmen will, kriegen
sie sich bey den Koͤpfen / und schlagen sich pro patria herum, oder
stossen einander über den Haufen, wofüͤr sie zur Belohnung dieser
ihrer nichts wuͤrdigen Tapferkeit nichts anders als die Ehre haben,
daß sie den eroberten Sack ihren Füͤhrer oder Oda Baschi nach
Hauß tragen darfen, der alsdann erst einem jeden seinen Antheil zu
zehlet. Es halten aber die Türken bey Auszahlung ihrer Militz ei
ne ganz andere Ordnung, als wir bey der Unsrigen zu beobachten
pflegen: dann wie diejenigen/ so bey uns unter einer Hauptmann
schaft stehen, auch gleiche Besoldung geniessen, so verhält es sich doch bey - 227 -
Des Hn. Groß⸗Botsch. Audienz bey dem Sultan.
187
bey ihnen ganz anders, und hat mancher sieben, ein anderer acht,
der dritte hingegen neun und mehr Asperl, ohnerachtet sie alle unter
einem Hauptmann stehen.


Als der Herr Groß⸗Botschafter in den Divan hinein ge
gangen, hatte schon ein jedweder seinen Platz eingenommen, und
wurde angemerkt/ daß im Hineintretten der Groß⸗Vizir sich et
was von seinem Ort bewegt, gleich als ob er ein wenig aufstehen
wolte. Nachdem man nun einige Streitigkeiten, welche der Sul
tan / der hinter einem in der obern Mauer gemachten Gitter ver
borgen war, selbst mit angehöͤret, debattirt hatte, sind eine Menge
gelb lederner Saͤcke, so vor der Thuͤr auf einen Haufen lagen, von Geld⸗Sä
cke für die
Soldaten.

gewissen darzu bestellten, und bey der Cammer in Diensten stehenden
Leuten, die alle grosse Bünde auf dem Haupt hatten, hinein ge
bracht, und vor dem Groß⸗Vizir in 136. kleine Haufen, deren je
der aus zehen Säcken bestunde in eben so viel Linien auf den Boden
des Divans hingelegt worden. Sechs aus diesen Linien hatten vier
und zwanzig, die übrigen aber nur drey und zwanzig Haufen. Zu
beiden Seiten formirten diese Haufen fuͤnf Linien in die Laͤnge, zwi
schen welchen ein leerer Platz gelassen wurde / daß man durch hin ge
hen kunte: eine jegliche dieser Linien aber hielte eine von den andern
unterschiedene Münze in sich, also daß z. E. eine aus Asperl / die
andere aus Para/ die dritte aus Solata oder Jßolat / die vierte
aus Grosch / oder welches eben so viel, Reichsthalern, die füͤnfte,
sechste und so ferner entweder aus gleicher Muͤnze oder doch halben
Reichsthalern oder Gulden bestunde; dann ausser diesen bey den
Türken fast keine andere Silber⸗Münz bekannt ist; ihre letzt ge
prägte Ducaten aber sind unsern Ungarischen am Werth gleich, doch
werden sie in ihren Läͤndern hoͤher angenommen, von welchen auch einige
kleinere Saͤcke angefuͤllt gewesen, deren Gepraͤg, wie auch aller ihrer
übrigen Münze auf der einen Seite aus etlichen Tüͤrkischen Buch
staben, auf der andern aber aus des Kaisers verzogenen Namen be
stehet. Als nun alle Säcke in den Divan gebracht waren, liesse sich
der Groß⸗Vizir bald aus diesem, bald aus jenem Haufen einen
Sack reichen / das Band abschneiden, und das geschlagene Geld in
ein eisern Maaß schuͤtten, und sich zeigen, damit er dessen Güte oder
Falschheit untersuchen köͤnnte, alsdann wurde es nach solcher Unter
suchung mit eben demselbigen Maaß wiederum in den Sack gethan.


Nach

Aa 2
- 228 -


Zweytes Buch / Dritte Abtheilung /

188

Ehrerbie
tung für
des Sul
tans
Schreiben.
Nachgehends brachte man ein Schreiben von dem Sultan herbey,
Krafft dessen Er nicht allein befohlen, die Janitscharn zu zahlen,
sondern auch die Ordnung vorgeschrieben, welche Er damit wolte
beobachtet wissen. Hier ist nicht auszusprechen, mit was für Ehr
erbietung, Demuth und Hochschätzung dieser erste Fürst des Türki
schen Reichs die Befehl seines Kaisers empfangen habe; derjenige,
vor welchem kurz vorher der Janitscharn Aga, Obrist der Kaiserl.
Leib⸗Wacht zu Fuß, welche Feld⸗Herrn Stelle ohnstreitig den zwey
ten Rang im ganzen Reich, wann er absonderlich zugleich Bascha
von dreyen Roß⸗Schweifen ist, nebst andern Vornehmen und bey
den Jhrigen in grossem Ansehen stehenden Türken bey dem Eintritt
im Divan auf die Knie gefallen und seine Füsse geküsset, ist anjetzo
den Uberbringer desselbigen entgegen gegangen, hat das Kaiserliche
Schreiben nicht nur so bald er es erhalten, mit einem Kuß vereh
ret und an die Stirn gedruckt, sondern auch solches Kuͤssen bey des
sen Eröfnung und geendigten Durchlesen zum drittenmal wiederho
let: wobey nicht zu vergessen / daß derjenige, welcher solches Schrei
ben überbringt, bey den Tuͤrken Telkidgi genennet wird, und im
Vorbeytragen durch den Vorhof dasselbige mit der rechten Hand in
die Höhe hält, damit er jederman sehen kan, in der Linken aber ei
nen Stab hat, mit welchem er bey einem jeden Schritt auf die Er
Auszah
lung der
Janit
scharn.
de stößt. Nach Durchlesung des Briefs, und Anschaffung der be

nöthigten Säcke vor den Divan, die alle nach der Reihe auf die
Erden gestellt werden, wurden die Janitscharn Haufen weiß nach
Benennung der Zahl I. II. III. &c. herbey geruffen, das sie ohne
Zweifel noch von den Römern gelernet; wobey dann der Janit
scharn Aga mit einem schoͤnen und mit kostbarn Steinen besetzt⸗ und
angeheften Reiger⸗Busch, so lang die Zahlung dauerte, beständig an der
Seiten stunde. Der geruffene Janitscharn⸗Haufen liefe mit aller
Macht den Säcken zu, und truge solche mit sich davon, welche
Kurzweil etliche Stunden angehalten hat. Wann sie diese Arbeit
fein lustig und munter verrichten, ist es ein Anzeichen, daß sie mit
ihrem Regenten wol zu frieden sind; wann sie aber auf die Geld⸗Säͤ
cke nicht hurtig zu greifen, oder den Reiß, davon sie heute wegen der
noch wehrenden Fasten nichts bekommen, verschütten und mit Fuͤs
sen tretten, hat sich der Kaiser einer Aufruhr zu besorgen. Wir
haben solcher ausgetheilten Saͤcke 2360. gezehlt, ohne diejenige, in
wel
- 229 -
Des Hn. Groß Botsch. Audienz bey dem Sultan.
189
welchen das Gold aufbehalten wurde / welche zwar kleiner aber an
der Zahl nicht geringer / und in einen jeden solchen Sack 500. Reichs
thaler oder 1661. Ducaten und 20. Pera waren, so sich in allen
auf eine Summa von 2360000. Reichsthaler oder 786566. Duca
ten und zwey Reichsthaler belauft / wann man nemlich einen Duca
ten auf drey Reichsthaler rechnet, wie sie dazumal gegolten haben.
Jndem man nun in dem Divan hiemit beschaͤftiget war, wurde der Die Bot
schaft wird
in Serral
lien gespei
set.

Adel und üͤbrige Gefolg des Herrn Botschafters ins nechste Sei
ten⸗Zimmer, so gegen der Sonnen Aufgang stehet / zur Tafel be
ruffen, wohin zwar Se. Excellenz auch geladen waren, die sich aber
entschuldigten, und bey dem Groß⸗Vizier im Divan blieben, mit
welchem Er ohne Zweifel würde gespeist haben, wann nicht die jähr
liche Fasten vor dem Bairam solches verhindert haͤtte. Jn diesem Personen/
aus welche
der Divan
besteht.

Gericht ist zu gegen der Groß⸗Vizir, der Capudan Bascha oder
obrist Vorsteher über die See⸗Flotte, der Nischanschi Bascha
(Kaiserlicher Zug⸗Zieher der offentlichen Briefschaften und Befehl,
so die Türken Nischani nennen), welche beide zwar nicht um die
ser Aemter willen, sondern weil sie auch Vizir von drey Roß
Schweifen waren, einen Platz hier begleideten, den der vorige Ca
pudan Bascha nicht gehabt hat; ferner die zwey Cadilescher
(Richter) aus Europa und Asien, drey Tefterdar (Schatz
Meister oder Cammer⸗Vorstehere), der Reis⸗Efendi oder Reis
Kital (Reichs⸗Canzler), dessen Bedienung so viel als ein Königl.
oder Fürstlicher Geheimer⸗oder Staats⸗Rath bedeutet. Der Præses
in diesem Gericht ist jederzeit der Groß-Vizir, ausgenommen in sol
chen Streit⸗Sachen, üͤber welche der Kaiser selbst ein Urtheil zu
fällen beliebt; und wann sich dergleichen bisweilen zutragt, gibt Er
solches mit Zusammen⸗Schlagung seiner Hände zu verstehen, wor
auf so gleich der Chiaoux Baschi oder Vorsteher der Bothen,
welches Amt so viel als bey uns ein Marschalk oder bey den Franzo
sen ein Introducteur oder Einfuͤhrer der Gesandten zur Audienz heis
sen soll, zum Kaiser hinauf gehet, den Befehl vernimmt, und sol
chen den Groß⸗Vizir hinterbringt. Herr Vorner/ erster KaiErlangte
Justiz ei
nes Fran
zosen.

serlicher Dolmetsch, erzehlte mir, wie sich einesmals in seiner Jugend,
da er noch zu Constantinopel Sprach Knab gewesen, zu getragen,
daß ein Französischer Kaufmann einen Türken oft für Gericht ge
fordert, aber kein Recht erhalten koͤnnen, weil entweder der Richter
die

Aa 3
- 230 - 190
Zweytes Buch / Dritte Abtheilung /

die Sache nicht recht verstanden, oder nicht allerdings approbirt;
weswegen der Franzos die Hände über den Kopf zusammen geschla
gen, und im Divan in Türkischer Sprach überlaut ausgeruffen:
Gerechter GOTT! ist dann keine Gerechtigkeit mehr in
der Welt? Du bist mein Zeug/ daß mir hiemit das grö
ste Unrecht wiederfäͤhrt. Als dieses der Sultan gehört / gibt
er das gewöhnliche Zeichen, läßt den Chiaoux Baschi vor sich
kommen, und befiehlt, daß man die Sache noch einmal untersuchen
und demjenigen, der recht hat, Gerechtigkeit wiederfahren lassen
solte.



Ordnung
und Pro
cess im Ge
richt.
Die Ordnung und Process in diesem Gericht war dazumal fol
gende: Der Groß⸗Vizir saß mitten auf einer mit gruͤnen Tuch
überzogenen Banck / gerad unter demjenigen Fenster, aus welchem
der Kaiser, wann Er zu gegen ist, die Streit⸗Händel der Par
theyen, und der Richter darüber gefälltes Urtheil anhörte: unter
seinen Füssen hatte er ein Staffel⸗hohes Bänklein, seine Kleidung
war weiß, und stellte gleichsam damit die rechte Beschaffenheit eines
Richters vor, welcher untadelhaft, rein und gerecht seyn solle; sein
Bund eben also beschaffen, wie ich solchen neulich bey der Heimsu
chung des Herrn Groß⸗Botschafters beschrieben, als mit
dergleichen er jederzeit in den Divan zu gehen pflegt. Zu seiner
rechten Hand saß oben auf der Bank der Capudan Bascha, Obri
ster über das See⸗Wesen, in einem gruͤnen Kleid, um gleichsam
durch diese Wasser Farb zugleich seine Bedienung anzuzeigen, dessen
Haupt mit einem Vizir⸗Bund gezieret gewesen: Zur Linken die zwey
Richter von Europa und Asien in roth⸗gewäͤsserten Kleidern / mit
ihren mehr breit als langen Staats⸗Büͤnden auf dem Kopf. Diese
Leute sind nach ihrer Art, da man ohnedem bey ihnen nicht viel auf
die Studien häͤlt, ein klein Bißgen klüger als die andern, welchen
auch die Geheimnisse ihres Glaubens anvertrauet, und eben in solcher
Authorität stehen, als in unserer Kirchen die Cardinäle, aus denen
auch gemeiniglich der Mufti, ihr oberster Priester, erwehlet wird.
Sie urtheilen nach ihrem eigenen Recht, von welchem man nur un
mittelbar an den Sultan appelliren kan; muͤssen uͤberall dem Kai
serlichen Hof nachfolgen / und sitzen dem Groß⸗Vizir allezeit zur
lincken Hand, jedoch mit diesem Unterscheid, daß der Richter in Eu
ropa die obere Stelle behauptet, weiln des Sultans Hof anjetzo in
die
- 231 -
Des Hrn. Groß⸗Botschafters Audienz bey dem Sultan.
191
diesem Theil der Welt ist, ob schon seine meisten Laͤnder in Asien liegen;
wann aber der Sultan wiederum nach Asien uͤbergienge, dabey aber
gleichwol seine Landschaften in Europa behauptete, wuͤrde ohne Zwei
fel der Cadilescher in Asien den Vorzug haben. Der Nischanschi
Bascha, der fast so viel als etwan der Siegelverwahrer in Frank
reich oder Engeland bedeuten soll, ob schon seine Bedienung, wie
aus dem obbemeldten erhellet, ganz anders beschaffen ist, sintemaln
das Kaiserliche Siegel der Groß⸗Vizir beständig in Verwahrung
hat / sasse zur rechten Seiten auf einer besondern mit rothen Tuch
überzogenen Bank, dessen Kleid blau gewäͤssert, der Bund, wie der
übrigen Vizir, beschaffen, die linke Hand aber mit einen uͤberaus kost
baren Ring gezieret war. Neben Jhm war dem Herrn Groß
Disput
über die
dem Herrn
Botschaf
ter einge
raumte
Stelle im
Divan.

Botschafter ein kleiner Stul gesetzt, auf welchem Er sich auch
Anfangs nieder gelassen: nachdem Er aber eine kurtze Zeit darauf
gesessen, schickte Er den Dolmetsch, der Jhm, so lang der Rath ge
dauret, beständig an der Seiten gestanden, zu dem Groß⸗Vizir/
und ließ anfragen, was dieses zu bedeuten, daß man Jhn hieher lo
gire da Jhm doch als einem Kaiserlichen Botschafter die Bank
der Vizir von dreyen Tug oder Roß⸗Schweifen gebuͤhre, welches
eigentlich die rechtmaͤßige Stelle derer Ministers vom ersten Rang sey,
und die Jhme vor denen andern Gesandten, billich zukomme; war
um man Jhn dann nicht dahin angewiesen? Worauf Jhm der Groß
Vizir wissen lassen / daß man damit nicht gesonnen, den Rang der
Kaiserlichen Botschafter im Zweifel zu ziehen, sondern es wäEntschul
digung.

re nur um besserer Bequemlichkeit willen geschehen, damit Er alles
Vorlauffende desto genauer beobachten koͤnnte, wann solches zu En
de, moͤgte Er sich nach Gefallen einen Platz erwehlen; worauf aber Se.
Excellentz zu verstehen gaben, wie Sie sich bereits an dem Zeug
sat gesehen: womit Sie auch zugleich von dem Stul aufgestanden,
und Jhre Stelle auf der Vizir⸗Bank eingenommen / von der Sie
was noch ruckstäͤndig, folgends mit angesehen haben. Gegen dem
Nischanschi Bascha zur Linken hatten die drey Tefterdar ihre
Stelle auf einer absonderlichen Bank eingenommen, welche aber
nicht wie die vorigen uͤberzogen war; dieselbigen werden nach ihrer
gemachten Eintheilung Vorstehere der ersten zweyten und dritten
Schatz⸗Cammer genennt, unter welchen auch Mehemet Efendi/
der
- 232 -
Zweytes Buch / Dritte Abtheilung /

192

der andere Gevollmaͤchtigte bey dem Paßarowitzischen Frieden, sich
befunden. Firdefs Efendi, der Türkischen Botschaft Secretaire
bey ermeldter Friedens⸗Handlung, wie auch andere Canzelisten,
Schreiber und dergleichen Leute von der Feder, spatzirten entweder
in dem Neben Zimmer auf und ab, oder stunden um die Banke her
um. Diese Bursche, wann sie nur ein wenig Schreiben gelernet,
ob es schon oft aussiehet, als ob es die Hüner zusammen gekratzt hät
ten, und man es kaum lesen kan, weil weder Anfang noch Ende dar
Efendi wer
sie sind.
an zu sehen, werden gleichwol Efendi oder Rechts⸗Hoch⸗ und
Wohlgelehrte Herren genennt. Besagtes Neben⸗Zimmer wird von
einer vier Schuh hohen Mauern, deren hineingestossene Höͤlzerne
Sparrn ein Gitter formiren, von dem andern unterschieden; und
ob es zwar von unten das Ansehen hat, als wären es zwey ganz von
einander abgesonderte Zimmer, so siehet man doch oben, daß sie beide
nur ein einig Gewölb haben. Jn erst gedachter Mauer ist eine
Thür, durch welche der Reiß⸗Efendi in den Rath gehet; dieser
pflegt auch Rechts⸗Händel vorzutragen, wie er dann heut gleich
Anfangs eine Schiffs⸗Affaire proponirt hatte. Der Groß⸗Vi
zir machte diesesmal unter andern einen Streit⸗Handel mit Zerreis
sung des andern Supplication ein Ende. Darauf kamen andere zum
Vorschein, welche über von andern erlittenen Schaden, Unrecht, Be
trug rc. klagten, die aber alle mit gleicher Geschwindigkeit abgefertigt
wurden.


Die Partheyen werden füͤr dieses Gericht nicht so wol hinein
Procedi
rung in
Beylegung
der Hän
del.
geführet, als vielmehr mit Gewalt hinein geschleppet, und von
zweyen unter den Achseln unterstützt / oder besser zu sagen, mit den
Armen dermassen in einander verwickelt / daß sie sich von selbsten
nicht leicht mehr loß machen koͤnnen, so dann werden sie auf gleiche
Weise auch wiederum hinaus gezogen. Dieses hat mir absonderlich
wol gefallen, daß Sachen von nicht geringer Wichtigkeit, bloß
durch Abhörung der Zeugen, und Untersuchung des aufgebrachten
Beweisses, ganz schleunig debattirt worden. Jst es ein Handel,
worinnen einer dem andern augenscheinlich zu betriegen gesucht, ver
liehrt er nicht nur seine Sache, sondern wird noch zu einer Geld
Straffe / oder auch zu einer gewissen Anzahl Prügeln / wann die
Falsche
Zeugen
bey den
Türken
gemein.
Affaire darnach beschaffen ist, condemnirt. So geschwind aber
die Gerichts⸗Händel bey den Türken abgethan, und so unverzüg
lich

- 233 -


Des Herrn Botschafters Audienz bey dem Sultan.
193
lich die Gerechtigkeit administrirt wird, wann der Richter die Sa
che recht eingenommen hat: so grosses Mißtrauen hat man in die
Zeugen zu setzen; sintemalen man alle Tage dererjenigen, so viel man
will, mit Geld erkaufen kan, welche alles bejahen, was man ihnen
zumuthet, wann sie gleich niemaln etwas davon gesehen oder gehöͤ
ret / und wann man es haben will, scheuen sie sich nicht, ihre Aus
sage gar mit einem Jurament zu bekraͤftigen; dann solche Leute füͤrch
ten sich vor dem Meineid so wenig, als der Fuchs vor den zeitigen
Birn oder jungen Gaͤnsen. Es werden aber keine andere Zeugen
angenommen, als welche der Tüͤrkischen Religion zugethan sind; da
hero es dann kommt / daß das groͤßte Recht oft zu dem gröͤsten Un
Betrogene
List eines
mit fal
schen Zeu
gen unter
stützten
Klägers.

recht gemacht wird: und hat mir der fromme Vatter Jacob Ca
chot / ein wegen seines Seelen⸗Eifers und Liebe des Nächsten auch
grossen Erfahrnus in Türkischen Sachen zu Constantinopel gar
sehr bekannter Priester aus der Gesellschaft Jesu / einsmals erzehlt,
daß Herr Fournette, erster Französischer Dolmetsch / von einem Tür
ken vor Gericht gezogen und auf drey tausend Piaster oder tausend
Ducaten / welche er ihm doch niemal schuldig gewesen, angeklagt
worden. Nun wuste er, daß schon Zeugen bestellt waren, die vor
Gericht mit einem Eid bekräftigen solten, daß er diese Summa von
dem andern empfangen habe, weswegen er fast keinen Rath fin
den kunte, sich aus dieser verwirrten Sache zu wickeln; dann hätte
er die Schuld bekennet, so war die Bezahlung das nechste: wuͤrde er
es aber, wie billich, laͤugnen/ und dessen gleichwol von den falschen
Zeugen überwiesen, muͤste er nicht nur das Geld, sondern noch eine
gewisse Straffe darzu erlegen. Was nun zu thun? Er bekennt die
Schuld, gesteht aber auch, daß er dem andern einen Diamant von
600. einen Carfunkel von dreyhundert, und einen Schmaragd von
400. Ducaten auf Abrechnung gegeben, welches alles dann seine
mit gebrachte Zeugen bestäͤttigen musten; und also hatte er List mit
List bezahlt, und noch einen guten Profit darzu gezogen, von welchen
er seine gedingte Zeugen aufs beste befriedigen köͤnnen; woruͤber der
Türk selbst lachen und ihn für kluͤger als sich halten müssen. Es ist Falsche
Zeugen
zeugen wi
der ihre ei
gene Par
they.

auch ein Gesetz bey den Tüͤrken, Vermoͤg dessen zweyer Brüͤder Kin
der, davon die einen maͤnnliches / die andern weibliches Geschlechts
sind, mit einander in die Erbschaft tretten und nach den Koͤpfen er
ben; hingegen wann beyde Brüder Sohne haben, so bleibt das vä

terli

Bb
- 234 - 194
Zweytes Buch / Dritte Abtheilung /

terliche Erb bey eines jeden seinen Kindern / und hat der andere Theil
nichts dabey zu suchen. Nun trug sich einsmals zu, daß ein Bru
der ohne mäͤnnliche Erben abgieng / der andere aber einen Sohn im
Leben hatte: beyde Brüder waren Christen, nemlich Armenier oder
Grichen, die unter Türkischer Botmäßigkeit stunden, welches ich dar
um melde, weil sonst alle andere Völker ihr eigenes Recht haben,
es sey dann, daß sie mit einem Tüͤrken zuthun bekommen; damit
nun dieser mit seinem Sohn, als welcher Vermoͤg des Gesetzes nur
einen Theil haben solte, die Erbschaft ganz behaupten moͤchte, gab
er vor, wie er noch bey seines Bruders Leb⸗Zeiten dessen Hauß ge
kauft und auch baar ausgezahlet hätte; bringt auch zu dem Ende
Zeugen auf, die solches bekräftigen sollen: wie die Erben dieses er
fahren / stecken sie sich hinter die Zeugen, bestechen sie mit Geld, und
bringen sie dardurch auf ihre Seiten. Den streittenden Theil wird
indessen der Tag bestimmt, wann sie vor Gereicht erscheinen sollen,
die Zeugen werden producirt, und erkläͤren sich mit des erstern nicht
geringer Bestürtzung für die letztere; weil nun jener nicht ohne
seinem Nachtheil erfahren, daß diejenige, welche er mit Geld
erkauft, wider ihn selbst zeugen, hat er den Handel nicht nur
verlohren, sondern ist um seines Betrugs willen / noch darzu ins Ge
fängnüs gewiesen worden, so dann auch der wolverdiente Lohn füͤr
seine Spitzbüberey gewesen, womit er andere zu hintergehen gedacht.

Kluge Be
urtheilung
eines ver
wirrten
Handels.
Es wissen aber auch die Türken gar wol und nach der Billichkeit zu
urtheilen, wann der Betrug am Tag liegt; davon folgendes zum
Exempel dienen kan: Ein Jud hatte von ungefehr aus seinem Beu
tel, welchen er, nach Lands⸗Gewohnheit, vorn auf der Brust getra
gen, neun kostbare Steine verlohren, und ist wahrscheinlich, daß
er solche neben hin gesteckt; weswegen er demjenigen, so selbige fin
den wurde, 200. Ducaten zum Recompens versprochen. Dieser
Fund nun ist einem guten ehrlichen Türken, so sich mit fremden
Gut nicht zu bereichern verlangte, zu Theil worden, der ihn auch
alsobald seinen ihm bekannten rechtmaͤßigen Herrn wieder zugestellet.
Der Jud, welcher, nach ihrer Schelmischen Gewohnheit, auf das Be
trüͤgen sich hauptsächlich verstanden, practicirte den kostbarsten un
ter diesen Steinen heimlich auf die Seite, damit er die versproche
ne zwey hundert Ducaten nicht bezahlen duͤrfe, und liesse sich ver
nehmen, wie er das versprochene Recompens nicht eher auszahlen kön
- 235 -
Des Herrn Botschafters Audienz bey dem Sultan.

195

koͤnnte, bis er den neunten auch wuͤrde herbeygeschafft haben, welchen,
wie ihn der gottlose Mann beschuldigte, der Tüͤrk zurüͤck behalten,
wofür er auch bey nahe uͤbel bezahlt worden waͤre. Die Sach kommt
an das Gericht vor den Groß⸗Vizir/ so nach seiner beywohnen
den Klugheit alsobald den darhinter verborgenen Betrug merkte /
und deshalben den betrügerischen Geitzhals, zum Abscheu anderer
dergleichen gewissenlosen Leute, häßlich bezahlte: Erstlich gebietet
er allen und jeden / still zu seyn; hernach fragte er den Türken, ob
und wo er diese Steine gefunden? als dieser umstaͤndlich hierauf ge
antwortet, fragte Er den Juden, ob dieses sein Beutel wäre? wie
nun der Jud dieses bejahet; fragte Er ferner: wieviel Steine er dar
innen gehabt? als dieser mit grosser Betheurung versichert, daß deren
neue gewesen; sagte der Richter mit einem ernsthaften und sauren
Gesicht: Wolan! die Sache braucht nunmehr keines weitern Un
tersuchens, du hast durch deine eigene Aussage alles klar gemacht;
dann daraus erhellet, daß dieses nicht dein rechter Beutel ist, son
dern dem deinigen nur gleich siehet, weil ich in diesem nicht mehr als
acht Steine finde, in dem deinigen aber deren neune gewesen sind;
hat dannenhero solchen demjenigen zugesprochen, der ihn gefunden,
den uͤbel bezahlten Juden aber leer nach Hauß geschickt, und ihn auf
einen andern warten heisen; welcher klugen Erfindung der ganze Rath
frolockend beygepflichtet / und ist bey allen Anwesenden ein heftiges Ge
lächter daruͤber entstanden.


Nun, meine ich, haben wir uns lange genug im Divan aufge
halten, anjetzo ist die Zeit herbey kommen, zur Kaiserlichen Audienz
zu gehen; weswegen wir uns von dar weg und unter jenen bedeckten Austhei
lung der
Caftans.

Gang begeben wollen, wo die Ehren⸗Kleider oder Caftans, wie neu
lich bey dem Groß⸗Vizir, ausgetheilt worden, so auch alle von dem
Grösten bis zu dem Kleinsten bekommen haben, nur diejenige ausge
nommen, so die Livrée getragen. Nachdem wir nun eine zeit
lang vor dem Divan in bester Ordnung gewartet, kam der Groß
Vizir Jbrahim / in Begleitung des Nischanschi Bascha / Kaiser
lichen Zugzieher, und Capudan Bascha heraus, vor welchem ih
rer zwey mit silbernen Stäben hergiengen, mit denen sie immer auf
die Erden gestossen, und Jhm ein Zeichen gegeben, wo die geringste
Gefahr zu besorgen, daß Er einen falschen Tritt thun mögte: dieser
wurde

Bb 2
- 236 -
196

Zweytes Buch/ Dritte Abtheilung /


Des Herrn
Groß⸗Bot
schafters
Audienz
bey dem
Sultan.
wurde so fort vor den Sultan gelassen, und nach Verfliessung ei

ner halben Stunde der Herr Groß⸗Botschafter mit 14. aus dem
ersten Adel, oder die sonst darbey zu thun hatten, gleichfalls dahin
zur Audienz geführt. Gleich nach Sr. Excellentz gieng Herr
Dierling mit dem oͤfentlich in der Hand haltenden Kaiserlichen Cre
denz-Schreiben, deme unmittelbahr die beide Kaiserliche Dolmet
schen, Herr Vorner und Herr Theyls folgten; drey aber, welche so
gar aus dem ersten Adel waren, musten zuruck bleiben, weil für meh
rere Personen nicht Füͤhrer genug da waren: es scheinet aber viel
mehr die wahrhafte Ursach zu seyn, theils, weil der Platz an sich selbst
für viel Leute allzu eng ist / theils, damit die Caftans mogten ersparet
werden, davon ein jeder Füͤhrer einen eigenen haben muß. So viel
deren mit vorgekommen sind, wurden von zweyen Capigi Baschi
gehalten, welche unserer auf einer mit rothen Tuch uberzogenen
Bank in einer Kleidung von gleicher Couleur gewartet. Der Herr
Groß⸗Botschafter selbst wurde von dem Chiaoux Baschi und
Capigilerchijajasi, Vorsteher der Kaiserlichen Kämmerlinge, ge
führet, damit Er dem Sultan nicht naͤher kommen moͤgte, als ge
woͤhnlicher massen erlaubt ist; wie dann auch diejenige, so Jhm am
nechsten stunden, gleichwol mehr den acht Schritt von Jhm entfer
net waren: und ist diese Gewohnheit von der Zeit eingeführet,
Warum
man den
Türkischen
Kaiser
nicht zu na
he kommen
darf.
seit Amurathes / nachdem er Lazarum / den letzten Regen
ten in Servien, den die Grichen ÆεσπόTνe nennen, üͤberwunden
und hingerichtet, von Vilvo, einem gebohrnen Servier, um seinen
Herrn zu rächen / umgebracht worden, da er sich auf seine Kuͤhnheit
und Macht am meisten verlassen; dann als gedachter Vilvo den
Huldigungs⸗Eyd ablegen solte, hielte er unter seinen Kleidern einen
Dolch verborgen: und indem er nahe genug bey dem Kaiser war, und
sich stellte, als ob er Jhm die Hand kuͤssen wolte, hat er Ihn dafüͤr
den Dolch ins Herz gestossen. Busbec will, daß derjenige, dessen
Tod auf solche Weise gerochen worden, Mirous geheisen, wie Ri
caut in seinem 1. Buch, im 19. Capitel aus ihm erzehlet, wiederlegt
aber eben dieses Vorgeben im 2. Buch, und dessen 19. Capitel, wo er
von den Orden der Bectassen redet. Es gedenken aber die Türki
schen Jahr⸗Bücher noch eines andern Todschlägers des Amuraths /
nemlich eines Soldaten, mit Namen Corbeles, welcher nach des
Lazari Hinrichtung, da er schon eine zeitlang unter den Todten ge
legen, - 237 -
Des Herrn Botschafters Audienz bey dem Sultan.
197
legen, sich wiederum auf die Beine gemacht, und seines Herrn Tod
gerochen hat: daher es dann kommen mag, daß keiner, auch so gar
der Groß⸗Vizir selbst nicht, noch vielweniger ein ausländischer
Gesandter, nicht einmal in den Vorhof des Kaiserlichen Pallasts mit
einigem Gewehr gelassen wird.


Vor der Thuͤr desjenigen Zimmers, in welchem der Sultan Beschaf
fenheit
des Au
dienz-Zim
mers.

dem Herrn Groß⸗Botschafter Audienz ertheilt, hienge an einer
guldenen Ketten ein grosser Smaragd, oder was es sonst für ein
grüͤner Stein mag gewesen seyn, mit Diamanten, Carfunckeln und
Perlen häufig besetzt; das Zimmer selbst war nicht gar groß, mehr
hoch als breit, und die Wäͤnde und Boden mit rothen von Gold ge
stickten Atlaß behaͤngt und belegt: der Thron des Sultans sahe beyThron des
Sultans.

nahe einer Bett⸗Laden gleich, die auf zweyen Seiten in die Mauer ge
het; der Polster worauf Er gesessen oder vielmehr gelegen, zierten
die groͤsten und kostbarsten Perlen; der Himmel von dem Thron war
zwar von Holz / aber zugleich mit Laub⸗ und Blum⸗Werk durch
rare Bildhauer⸗Arbeit schoͤn, reich und kuͤnstlich ausgemacht, welcher
auf einer Marmorsteinern mit kostbaren Edelsteinen an der Spitze,
dem Fuß, und im Durchzug besetzten Saͤulen ruhete, dessen uͤbrigen
Theile aber an der Mauer fest gemacht gewesen. Sechs guͤldene oder
vielleicht auch nur verguͤldete Kugeln von ungeheurer Groͤsse hiengen
an demselbigen, und zwischen solchen eben so viel mit guͤldenen Faden
oder Borden zusammen gebundene Buͤschelein, so wie Tug oder Roß
Schweife aussahen, und, wie es mir vorgekommen / vom geschlage
nen Gold verfertigt seyn. Der Sultan hatte ein rothes Kleid an,
welches oben mit drey Diamantinen-Schlingen zusammen geheftet
und sonst sehr propre ausgemacht war: auf dem Haupt prangte ein
mit Reiger⸗Buschen aufgeschmuckter und mit vielen kostbaren Steinen
gezierter Bund; zu seiner Rechten lage auf einem Polster der Saͤbel,
zu der Lincken aber stunde sein Silbernes Schreib⸗Zeug, auf welcher
Seite sich auch sein eilf jähriger Prinz[18] befand, nebst deme Er auch
noch drey andere gezeugt hatte, so aber alle noch jünger sind. Die
ser Kaiser führt den Namen Ahmed der Dritte / ist ein EnNamen
und An
trettung
der Regie
rung.

kel Jbrahims / so der zweyte Sohn desjenigen Mehemets gewe
sen, welcher im Jahr 1683. die Belägerung vor Wien zu der Tür
ken gröͤsten Schaden und Aufnahm der Christenheit vorgenommen;
kam

Bb 3
- 238 -
198

Zweytes Buch / Dritte Abtheilung /

kam 1703. den 22. Augusti auf den Thron, nachdem sein älterer
Mustapha
Absetzung.
Bruder Mustapha zu Adrianopel durch die Aufrührer abgesetzt
worden. Es hat aber mit dieser Dethronisation folgende Bewandt
nuͤß: die Unterthanen, wie in grossen Reichen, wo sie entweder zu
wol oder zu hart gehalten werden, gar oft zu geschehen pflegt, hatten
des Friedens und der Ruhe, deren sie einige wenige Jahre genossen,
bereits satt, beschwehrten sich derohalben uber den Mustapha / daß
Er zu Friedens⸗Zeit sich fast nimmer in seiner Residenz finden las
se, sondern die meiste Zeit zu Adrianopel aufhalte, der Jagd all
zu sehr ergeben wäre, die Regierungs⸗Geschäfte darüber an den
Nagel hienge, und einen Fremden indessen Herr seyn liesse; Fezou
la Efendi / ein gebohrner Persianer, gewesener Informator des
Sultans, und damals Moufti / verkaufe die Gerechtigkeit, Di
gnitæten und Aemter wäͤren ihme gleichfalls ums Geld feil, man
sehe nicht mehr auf Verdienste, und wuͤrde daruͤber das ganze Reich
verrathen. Hier nun wurfen sich gleich zwey Gebegis (Schwerdt
feger), oder vielmehr ihre Füͤhrer Gebegi Baschi, oder Oda Ba
schi / (Vorstehere der Zimmer in ihrer Gemeind und Hauptmann
schaften, zu Anführern auf; denen sich diejenige, welche die Auf
sicht über das Proviant- und Zeughauß hatten, zugesellt, worzu noch die
Topchi (Feuerwerker,) Janitscharn, als die Kaiserliche Leibwacht
zu Fuß, und Bostangi / (so die Sorge über die Gärten und Gebäu
haben,) gekommen sind; die Städte aus Natolien oder Asien
schickten ihre Hülfs Völker, die den unbillich Bedraͤngten aufhel
fen solten, und auf solche Weise hat sich die Aufruhr und die An
zahl der Rebellen von Tag zu Tag vermehret. Bey so gestalten Sa
chen ist Abdola Bascha / aus dem Geschlecht der Kiuperli / so
Caimacan oder Stadthalter war, welche man in Abwesenheit des
Kaisers und Groß⸗Vizirs zu ernennen pflegt, für grosser und
nicht ungegruͤndeter Furcht aus der Stadt geflohen. Dazumal wur
de auch verbotten / daß man das an Feyertägen gewöhnliche Gebeth
vor den Kaiser nicht sprechen solte: die Rechts⸗Gelehrten, welchen
der Fezoula wegen seiner Grausamkeit sehr verhaßt war, thaten
den Aufrührern heimlicher Weise allen Vorschub, und jederman
meinte, er muͤste bey der Aufruhr nicht der letzte seyn. Einige such
ten den Ahmed Bascha, Vizir von drey Roß⸗Schweifen, in sei
nem Hauß an dem Canal auf, allwo er schon lange Zeit in stiller Ein
- 239 -
Des Herrn Botschafters Audienz bey dem Sultan.
199
Einsamkeit zugebracht, aus welcher sie ihn nun herfür gezogen, und
an des entwichenen Abdola Stelle zum Stadthalter gemacht: As
san Firaly / gleichfalls ein Vizir von drey Roß⸗Schweifen, wel
cher auch lange Zeit in Constantinopel verborgen gelebt, und
zweymal verwiesen worden, hat nun auf einmal die Masque abgezogen,
sich wiederum in der Stadt sehen lassen, den laͤngst gefaßten Unwil
len öͤfentlich gezeigt, und zur innerlichen Unruhe das Seinige tapfer
beygetragen; wie dann der Poͤbel, bey dem er ohne dem wegen seines
Muths, Verstands, und ungemeiner Fertigkeit in allen seinen Vor
nehmen, im guten Credit stunde, sich auf seine Macht verließ, und
seiner Anweisung folgte, wordurch es geschehen, daß die Aufruͤh
rer in kurzen bis 60000. Mann angewachsen. Weil nun diese
Menge eines geschickten Anfüͤhrers hoͤchst noͤthig hatte, Rami
Mehemed Bascha aber, als bereits ernannter Groß Vizir, dem
Kaiser zugethan war, und sich bey Jhm zu Adrianopel aufhiel
te / machten sie den von ihnen neulich erwehlten Stadthalter zu
Constantinopel / Ahmed Bascha zu ihrem Groß⸗Vizir / und
setzten an dessen Stelle den vorgedachten Assan Firaly. Es hat
aber Ahmed diese Ehre bestäͤndig ausgeschlagen, jedoch weil er be
fürchten muste, es moͤchte durch seine Halsstarrigkeit denen Solda
ten die Gedult zerrinnen, ihre ohne dem erhitzten Gemuͤther hinge
gen noch mehr angeflammt werden, welches Feuer alsdann mit nichts
als seinem eigenen Blut wuͤrde zu loͤschen seyn, hat er endlich den Ti
tul eines Groß⸗Vizirs angenommen, aber nichts wenigers als des
sen Amt verwaltet, sintemaln sich drey oder vier unter denen Re
bellen gefunden, welche alles noch ihrem Kopf eingerichtet; weil sie
aber bey aller ihrer Gewalt nicht genug Ansehen zu haben vermein
ten, wolten sie eben zu dem Ende sich einen erwehlen, unter dessen
Authoritæt sie uͤber das ganze Reich, und eines jeden Haab und Gut,
nach Belieben disponiren koͤnten, ohne daß sie ihn deswegen zu Rath
gezogen haͤtten; also daß jener sich mit dem blossen Namen behelfen
muste, da diese die Sache selbst in den Häͤnden hatten, dabey ih
nen auch der Vortheil zu gewachsen, wie die schlauen Köpfe schon
voraus sahen, daß, wann ihnen nicht alles nach Wunsch ausschluͤge,
sie doch allein den Nutzen daraus ziehen, hingegen aller Haß auf ih
ren neugebackenen Groß⸗Vizir fallen wuͤrde. Unter diesem nichts
bedeuteten Anfuͤhrer nun sind sie mit 60000. Mann gegen Adria
nopel - 240 -
200

Zweytes Buch / Dritte Abtheilung /

nopel geruckt, den Sultan daselbst aufzusuchen, indessen sie den As
san Firaly Bascha mit einer gleichen Anzahl zu Constantinopel
gelassen. Nicht genug aber ist sich zu verwundern, daß diese ganze
Zeit über bey so grosser Verwirrung der Sachen und Gemuͤther die
schwüͤhrigen Partheyen gleichwol zu keinen groͤssern Muthwillen und
Leichtfertigkeit der Soldaten in der ganzen Stadt und deren Vor
städte, noch auch uͤbrigen Oerter am Canal, die doch in einer Stre
cke bis ans Schwarze Meer reichen / Anlaß gegeben. Hierbey aber
legte der Kaiser die Hände keineswegs im Schooß / sondern brachte
eine zahlreiche Armee zusammen, welche aus lauter tapfern und wol
exercirten Leuten bestunde, und die besten Feldherrn zu Anfuͤhrern
hatte; also daß der Aufrüͤhrer zusammen geraftes Asiatisches Volk
mit diesen auserlesenen Europäischen Soldaten, jene so schlecht be
wafnete mit diesen aufs best versehenen/ jenes unordentliche Gesind
mit diesen der Ordnung und Kriegs⸗Disciplin gewohnten Vöͤlkern
in ganz keine Vergleichung zu ziehen waren. Man liesse auch hierzu
dem Sultan überfluͤßige Zeit, sintemaln zwey ganzer Monat vom
Anfang der aller Welt bekannten Rebellion bis zu dieser meineidigen
Unterthanen Auszug aus Constantinopel wieder ihren Kaiser
verstrichen sind: so wurde auch indessen auf keiner Seiten was ver
absäumet / das zu einigen Vortheil gereichen kunte, und suchte ein je
der durch vielfäͤltiges Hin⸗ und wieder⸗schicken und simulirte Frie
dens⸗Handlung mehr Zeit zu gewinnen, sich in bessern Defensions
Stand zu setzen. Endlich ist man so wol von Adrianopel als Con
stantinopel aus ins freye Feld geruckt, wiewol die von Edrene
nicht weit marchirten; dann als sie zu Hapsa (Hafsa, Hassa) sechs
Stund von Adrianopel oder Edrene, einen zu Ausstechung eines
Lagers bequemen Platz angetroffen, und solchen zur Stellung einer
Armee in Schlacht⸗Ordnung bequem gefunden, haben sie sich da
selbst aufs beste verschanzet. Hier kamen nun beide Armeen zusam
men, ohne aber daß sie etwas feindliches wieder einander vorgenom
men, noch einigen Schuß aus kleinen oder grossen Gewehr auf ein
ander gethan hatten: vielmehr wurden sie allda gute Freunde, und
gaben einander zu bedenken, wie es sich gar nicht schicken wolle, daß
Lands⸗Leute, Glaubens⸗Genossen und Brüder einander durch die
Waffen aufreiben; erkläͤrten sich demnoch einmuͤthig wieder den Mu
stapha / tretten von Jhm ab, und setzen Jhn den darauf folgen
den - 241 -
Des Herrn Botschafters Audienz bey dem Sultan.
201
den Tag vom Thron / seinen Bruder Ahmed aber hinauf, als den
sie für ihren Kaiser öfentlich ausrufften. Fezoula, welcher dem
Mustapha mit seinen Rathschlägen in allen an die Hand gegangen,
hat sich auf die Flucht nach Persien begeben, wohin er noch bey gu
tem Stande eine unglaubliche Geld⸗Summa uͤbermacht hatte, ist aber
ergriffen, an einem gemeinen Ort auf ein schaͤbigtes Pferd gesetzt,
durch alle Gassen der Stadt gefuͤhret und ihm endlich der Kopf abge
schlagen, seine beiden Soͤhne durch den Strang hingerichtet, die Guͤ
ter in die Kaiserliche Cammer geliefert, sein Leichnam den Hunden
vorgeworfen, auf eine elende und nach ihrem eigenen Gesetz höͤchst
unbilliche Art von dem muthwilligen Volk beschimpft und in tausend
Stücke zerfetzt und zerrissen worden; ja es erstreckte sich ihre Rase
rey gar so weit, daß sie ihm die Hoten ausgeschnitten und solche öͤf
fentlich auf einer Stange herum getragen. Daß aber solches grau
same Verfahren wieder ihr eigenes Gesetz lauft, ist daraus klar, weil Kein Tür
kischer
Pfaff kan
mit dem
Tod ge
strafft wer
den.

dasselbige will, daß keiner von ihren Pfaffen, so lang er diese Wüͤr
de tragt, kan getoͤdet werden, sondern wann es hoch kommt, kan man
ihn ins Elend verschicken, worinnen sie aber oft in solche Armuth ge
rathen, daß sie sich mit Pfeffer und Toback⸗Verkauffen nehren müs
sen, da sie vorhero im groͤsten Ansehen gestanden, und im Geld bis
über die Ohren gesteckt. Aber wann dergleichen Relegation auf
dem Tapet ist, hat man sich in Acht zu nehmen, daß solches der
Den
Moufti
hat man zu
fürchten.

Moufti nicht innen werde, widrigenfalls zu besorgen stehet, daß
er vor seiner Degradation eine Aufruhr anstifte; sintemal der Sul
tan und Groß⸗Vizir selbst diesen Mann zu fuͤrchten häͤtten, wann
er, ehe er von dem Amt gesetzt wäͤre, und sonsten noch in gutem Ruf
stünde, dem Volk weiß machen wuͤrde, als wolte man durch solches
Verfahren an Jhm das Gesetz brechen; wie dann aus denen Geschich
ten nicht unbekannt ist, daß diese Leute den Groß⸗Vizir vom Amt
und dem Saltan selbst vom Thron gebracht, ja auch oft das Leben
samt dem Reich genommen haben. So ist auch von dem Gering
sten bis zu dem Grösten in dem ganzen Reich keiner, ja selbst der
Kaiser nicht, seines Lebens oder Wüͤrde auf einem Augenblick ver
sichert, ausser denenjenigen, die aus dem Geschlecht der Kiuperli Der Kiu
perli Ge
schlecht
Privile
gium.

herstammen / als welche weder durch den Kaiser noch Groß-Vi
zir mit einem gewaltsamen Tod koͤnnen gestrafft werden; und haben
sie dieses Privilegium von ihren Vor⸗Eltern überkommen, die denen
Vene

Cc
- 242 -
Zweytes Buch / Dritte Abtheilung /

202

Venetianern die Jnsul Candien weggenommen, auch sonsten dem
Orientalischen Reich grosse Dienste erwiesen: sie können aber gleich
wol wie andere ihrer Aemter entsetzt, oder ins Elend verschickt wer
den, wann sie was verbrochen oder sich durch ihre Macht verdaͤchtig
gemacht haben / worinnen man sie dann oft heimlich mit Gift gar in
die andere Welt schicket.


Jhre an Fezoula ausgeübte Grausamkeit beschönten sie
damit, weil er sich der Gnade des Kaisers / dessen Informa
tor er ehmals gewesen, allzu sehr mißbraucht, und nicht al
lein die Gerechtigkeit zerstört, die Aemter um Geld verkauft,
sondern noch darzu das Ottomanische Geschlecht zu vertilgen und das
Reich auf seine Lands⸗Leute die Persianer zu bringen getrachtet; wes
wegen ihm auch die Tuͤrken verflucht, und nicht füͤr ihren Glaubens
Genossen erkannt, auch um dieser Ursach willen nicht zur Erden
bestatten wollen, sondern solches denen Armeniern oder Grichen auf
getragen: welche ihn aber auch nicht füͤr den ihrigen erkennen wol
len, doch aber einen Pfaffen geschickt, der den Weyrauch ange
zündet, wobey er unter dem Raͤuchern diese Woͤrter solle gesagt ha
ben: Nescis dender / nebis dender / er gehöret weder uns
Fruchtbar
keit des
Fezoula.
noch euch zu; alsdann haben sie ihn so uͤbel zugerichtet, auf einen
Schlitten gelegt, und damit aus der Stadt geschleppet und begra
ben. Diesem Mann wurden bey seinem Lebs⸗Zeiten einsmals in einem
Jahr drey und achzig Kinder gebohren; weme er guͤnstig war, brachte
er hoch an, andere hingegen wurden aufs aͤusserste von ihm verfolgt;
dem Kaiser aber hatte er dermassen eingenommen, daß es schiene / als ob
Er von ihm wäre bezaubert gewesen; weswegen ihm auch ein sol
cher Tod zu theil worden, wie er durch sein Leben verdienet hatte.
Niemand war ein so heftiger Verfolger der Christen, als eben dieser Fe
zoula / und sagte der Maurus Cordatus Scarlati / erster Dol
metsch / und Staats⸗Bedienter bey der Pforten, zu dem Pater Ca
chot, Priester aus der Societæt Jesu, von welchem ich es nachge
hends gehöͤret habe, daß er nun seinen Fall gedultig ertragen wolle,
nach dem er diesen zu erst fallen sehen, und waͤre nicht zu glauben, was
für betrübte und entsetzliche Anschläge dieser Mann wider die Chri
sten gefaßt habe. Rami Mehemed Bascha hat sich inzwischen
verborgen gehalten, und kam erst nach dreyen Monaten zum Vor
schein, sintemaln ihn der neu⸗erwehlte Kaiser zum Stadthalter in
Cypern / und nachgehends von Groß⸗Cair gemacht, welcher end
lich - 243 -
Des Hern Botschafters Audienz bey dem Sultan.
203
lich im Jahr 1709. in der Jnsul Rhodis gestorben ist / nachdem
ihn der Groß⸗Vizir Hali, es sey nun aus Haß, oder weil ihn sei
ne gesammleten Schätze in die Augen gestochen, eine lange Zeit allen
Verdruß angethan. Ahmed Bascha wurde Anfangs in seiner Groß
Vizirs⸗Würde bestättiget / nach drey Monaten aber nach Levan
te in Grichen⸗Land verschickt, woselbst er eines natürlichen
Tods gestorben. Assan Firaly ist, da er schon Tefterdar und
Bascha von Thracien gewesen, im Jahr 1708. nach Constan
tinopel, in Hofnung die Groß⸗Vizirs⸗Stelle zu erhalten, be
ruffen, dafür aber zehen Tag nach seiner Ankunft zu Chalcedo
nien mit dem Strick erwuͤrgt worden. Es hat ihm zwar sein böͤses
Gewissen / wegen seiner begangenen Untreu, dergleichen Tractament
schon vorher propheceyt, weswegen er durchaus nicht nach Con
stantinopel kommen wollen, ehe und zuvor er ein Ferman oder
vielmehr Catat Cherif / einen vom Sultan selbst unterschriebenen
Brief, erhalten, welcher ihm alle Sicherheit verheissen, zu dem auch
von des Kaisers Mutter, Validia, selbst dahin invitirt worden /
welches ihm dann alle Furcht benommen, so, daß er sich endlich ein
gestellt hatte. Als er allda ankommen, haben die Franken oder
Christen eine besondere Freude daruͤber bezeugt / weil sie ihn jederzeit
als einen Christen⸗Freund erfunden haben, die fremde Bothschaften
ihre Gratulation wegen glüͤcklicher Ankunft bey ihm ablegen lassen,
und die Pforte selbst hat ihm acht Tage lang alle Ehre erwiesen;
nach deren Verfliessung aber ist er vom Kaiser beruffen, und an
statt des verhoften mit Zobel gefütterten Caftans auf ein Schiff
gefuͤhret und erdrosselt worden, woruͤber er Beide wegen bey Kaiser
lichen Worten versprochenen und nicht gehaltenen Sicherheit mit
schwehren Flüchen belegt.


Der neue Kaiser Ahmed ist den 24. Septembr. 1703. in die Bezeu
gung des
Türkischen
Kaisers
wider die
Aufrührer.

Stadt gekommen, und im November in der am Hafen liegenden
Kirche des H. Jobs / den sie nach ihrer Sprach Ejup nennen, gecroͤnt
worden. Von dieser Zeit an hat er die Aufrüͤhrer, ob er ihnen
gleich Cron und Scepter schuldig war, auf das heftigste verfolgt,
und einen guten Theil derselbigen uͤber die Klinge springen lassen, da
mit aber zugleich die Wahrheit des bekannten Sprüchworts der
Welt wiederum vor die Augen gelegt, daß man zwar die Verräthe
rey,
Cc 2
- 244 -
Zweytes Buch / Dritte Abtheilung.

204

aber nicht die Verräther liebe; wie man dann auch noch von ihm zu
sagen pflegt, daß er allein mehr Vornehme durch einen gewaltsamen
Tod hingerichtet, als zehen, ja alle andere Kaiser vor ihm gethan ha
ben, angesehen bey genauer Rechnung sich findet, daß er mehr als
fünfzig tausend Vornehmen auf solche Weise vom Brod gehol
fen / und alle alte Geschlechter der Kriegs⸗Bedienten aus
dem Grund ausrotten lassen, so daß anjetzo lauter neu⸗angehende den
Regimentern und der Armee vorgesetzt sind. Hierzu hat Jhn seine
Mutter, welche die Türken Validia nennen, angereitzt, indem sie
Jhm seines abgesetzten ältern Bruders Mustapha Exempel vorge
stellet, dergleichen, oder wol noch was Schlimmers, er gleichfalls
wuͤrde zu gewarten haben, wann er auf solche Weise der Gefahr nicht
Herkom
men der
Kaiserl.
Mutter.
vorkäme. Man sagt, sie solle eines Ungarischen Predicanten Toch
ter und von ungemeiner Schoͤnheit gewesen seyn; sie sey aber im
Krieg gefangen, und nach dem sie sich zu dem Mahometischen Aber
glauben bekennet, in das Kaiserliche Frauenzimmer aufgenommen,
und endlich gar gecroͤnte Kaiserin worden: Diesen Rath hätte sie den
jetzigen Keiser Ahmed darum ertheilt, damit sie sich wegen der
Treulosigkeit dieses Volks und ihrem ältern Sohn angethanene
Schmach rächen möͤgte: in ihrem Alter hat man sie füͤr die groͤste
Hexenmeisterin ihrer Zeit gehalten.


Der jezt regierende Kaiser Ahmed ist gegenwaͤrtig, da ich dieses
Beschrei
bung des
Kaisers
Person.
schreibe, 51. Jahr alt, von mittelmäͤssiger Groͤsse, hat ein bräͤun

lichtes und für einen Mann nicht haͤßliches Angesicht, bleiche Wan
gen, einen schwarzen nicht gar langen Bart, schwarze wäͤßrigte, zuͤch
tige und mehrentheils zur Erden niedergeschlagene Augen, aus wel
chen, wie hieraus leichtlich zu muthmassen, wenig Majestät blicket:
Des ältern
Prinzen.
Der Prinz aber siehet weit lebhafter aus, und kan für ein Muster
der Schönheit passiren. Am Fuß des Throns ware ein von Ala
baster gehauener Brunn, neben welchem innerhalb der Fenster noch
zwey Kaiserliche mit kostbaren Steinen reichlich besetzte Bünde auf
einem Polster lagen. Die Positur des Sultans war also gestellet,
daß Er das Gesicht dem Groß⸗Vizir, Capudan⸗ und Nischan
schi Bascha zu wendete, welche gegen Jhm in einer Linie bey dem
Camin, diejenige aber, die der Herr Groß⸗Botschafter bey sich
hatte, auf der Seite stunden, so daß er sie nicht anders als uͤber zwerch
oder über die Schultern ansehen kunte. Es war so wol dieses Zim
mer - 245 -
Des Hn. Botschafters Audienz bey dem Sultan.
205
mer, als der Weeg, uͤber welchen wir dahin gehen musten, mit schoͤ
nen Persianischen Teppichen belegt. Des Herrn Botschafters
Rede war in Lateinischer Sprach gestellet, als welche sich nur unsere
Kaisere bedienen, wann sie an ausländische Könige, Füͤrsten und
Völker schreiben, oder mit ihnen reden, und folgenden Innhalts:


Es hat der Allerdurchlauchtigste (Augustissimus) Groß
mächtigste und Unuͤberwindlichste Römische Kaiser
Carl der Sechste / mein allergnädigster Herr / zu Eur. Ma
jestät mich als seinen Botschafter hieher nach Orient abgefertiget,
daß von Seiner Römisch⸗Kaiserlichen Majestät guter
Affection und deren treuen und aufrichtigen Gemüth Dieselbige ver
sichern solle; wie Sie mir dann auch zum Zeugnuͤß dessen an Eu
re Majestät einige Præsente anvertrauet haben. Seine Rö
misch⸗Kaiserliche und Catholische Majestät tragen den
geringsten Zweifel nicht, Eure Majestät werden dasjenige, was
so wol im Paßarowitzer Frieden / als den nachmals aufgerichteten
Commercien-Tractat enthalten, heilig und unverbruͤchlich halten,
und solches auf das schleunigste zur Execution bringen; wie dann
mein Allerdurchlauchtigster (Augustissimus) Kaiser dieses
zu dem Ende wuͤnschet, damit die aufs neue aufgerichtete Freundschaft
durch wechselsweise Ehren⸗Bezeugung moͤge unterhalten werden: ich
aber hoffe und wuͤnsche nichts mehr, als daß Eure Majestät mit
Dero Kaiserlichen Huld, mir, als der solche Commission ab
zulegen die Ehre hat, bestäͤndig zugethan verbleiben wollen.


Wann der Herr Groß⸗Botschafter den Sultan ehrentGewaltsa
mes Com
pliment de
rer von
Adel.

halber nennte, und deswegen sich vor Seiner Majestät neigte,
einige aus dem Adel aber indessen ihre Gedanken anderweit herum
spatziren liessen, und es nicht beobachtet, waren alsobald ihre Ca
pigi, ein scil. uͤberaus höͤfliches Volklein, bey der Hand, welche sie
so sanft niedertruckten, daß ihnen der Kopf bey nahe auf der Erden auf
Uberge
bung des
Kaiserl.
Schrei
bens.

prellte. Nach geendigter Rede wurde Jhro Römisch⸗Kaiser
lichen Majestät Schreiben, dem Herrn Groß⸗Botschafter von
dem Hn. von Dierling, Secretaire bey der Groß⸗Botschaft, überreicht,
Der

Cc 3
- 246 - 206
Zweytes Buch, Dritte Abtheilung /

Der es dem Nischanschi Bascha, dieser dem Capudan Bascha /
der Capudan Bascha aber dem Groß⸗Vizir übergab, von welchem
es letzlich dem Sultan selbst eingehäͤndigt worden; welche Ceremo
nie sonder Zeifel um ob-angefuͤhrter Ursach willen mag geschehen seyn,
weil kein Fremder dem Sultan zu nahe kommen darf. Dieser legte
den Brief, so in lateinischer Sprache verfasst, aber auch eine Türki
sche Auslegung von einem Kaiserlichen Dolmetsch beygefuͤgt war, da
mit kein Betrug durch einige falsche Interpretation gemacht werden
kunte / neben sich zur Rechten auf den Thron. Hierauf nun hat
der Groß⸗Vizir im Namen des Sultans ganz kurz geantwortet
wie es nemlich des Groß⸗Herrns ernstliche Meinung seye, die neu
lich verfaßte Friedens⸗Articuln unverbruͤchlich zu halten, und Er nun
nichts anders verlange, als daß solche unserer Seits gleichmaͤßig be
obachtet werden moͤgten. Er redete solches in Türckischer Sprach /
welches der Dolmetsch Maurus Cordatus in Jtaliänischer aus
legte, weil er in der Lateinischen nicht so viel zu wegen bringen koͤnnen,
ohnerachtet er acht ganzer Tag die Abschrift davon im Sack herum
getragen. Als nun der Herr Groß⸗Botschafter diese Antwort
von dem Dolmetsch erhalten, ist Er in eben dieser Ordnung, welche
Er bey seinem Eintritt beobachtet, wiederum abgetretten, jedoch nicht
Sultans
Hochmuth
eher von den Capigis loß gelassen worden, bevor Er die Thüͤr des
Zimmers erreichet hatte. Anbey hat ein jeder von unsern Leuten be
obachtet, daß der Sultan, so lang die Anrede gedauret, die Augen
beständig zur Erden geschlagen, und den Herrn Groß⸗Botschaf
ter nicht öͤfter als ein einigmal, und dieses gleichsam nur von ungefehr,
und in gröͤster Geschwindigkeit, angesehen; es mag nun seyn, daß seine
Gewohnheit nicht ist, jemand recht anzuschauen: oder weil Er ver
meint, es wurde seiner Barbarischen Majestät was darunter abge
hen, wann Er des grösten Kaisers Botschafter etwas auf
merksamer betrachtete. Als Se. Excellentz bereits fort gewesen, hat
man die dem ganzen Vormittag, und so lang das Gericht gedauert,
in dem Vorhof ausgesetzte Geschenke hineingebracht. Nichts hat
mir so wol oder vielmehr mißfallen, als die ungemeine Geld⸗Liebe,
Kaiserliche
Geschenke
werden ver
kauft.

welche diese Leute bey solcher Gelegenheit gezeigt, sintemaln wir noch
nicht einmal von Pera wieder weg waren, hat man schon ge
dachte Geschenke geschätzt und öffentlich feil gebotten, wie dann der
Franzö
- 247 -
Des Hn. Botschafters Audienz bey dem Sultan.
207
Französische Gesandte unterschiedliches davon an sich gehandelt; also
daß man nicht leicht ein geitzigers und auf Gold und Silber erpich
ters Volk unter der Sonnen antreffen wird: es steht ihnen Leib und
Seel ums Geld feil, wann sie nur einen Käͤufer darzu antreffen.
Jm Hinausgehen aus dem Serallien liesse sich der Dolmetsch gegen Der Tüͤr
ken Ver
wunder
ung über
des Herrn
Groß⸗Bot
schafters
Herzhaf
tigkeit vor
dem Sul
tan.

dem Herrn Groß⸗Botschafter so laut, daß es die vor der Thüͤr
stehende alle hören kunten, vernehmen, wie die anwesende vorneh
men Tüͤrkischen Ministri sich zum höͤchsten verwundert, daß der Herr
Groß⸗Botschafter wider ihre Gewohnheit, die bey dergleichen
Affaire lauter knechtische Furcht zeigen, dem Sultan so keck und
unerschrocken angeredet; worauf Se. Excellentz nur dieses zur
Antwort gegeben: Wann man im Namen eines Römischen Kai
sers redet / darf man wol kühn seyn.


Abzug der
Groß⸗Bot
schaft.

Als wir vor der ersten Pforten unsere Degen wieder uͤber
kommen, haben wir vor dem grossen Burg⸗Thor so lang zu Pferd
gewartet, bis der Groß⸗Vizir und üͤbrige vornehme Ministri vor
bey und nacher Hauß geritten waren; und ist dieser Abzug so praͤch
tig gewesen, als immermehr einer seyn köͤnnen. Vorher ritte ein
Officier von den Janitscharn in einem roth Sammeten mit Zobel
gefütterten Kleid, auf dessen Kopf ein Feder⸗Busch in Form eines
halben Monds stutzte; diesem folgten paar⸗weiß etliche tausend Ja
nitscharn mit ihren auf die Schultern gelegten Geld⸗Säcken,
die sie ihren Haupt⸗Leuten nach Hauß brachten, ohne daß
diese ihre lastbare Träger mit dem geringsten Argwohn einiger
Unrichtigkeit häͤtten belegen sollen; wie sie dann ein viel groͤsseres Ver
trauen zu ihren Leuten, als diese zu jenen haben, vielleicht, weil sie schon
öfters von ihren Füͤhrern hintergangen worden, oder doch Ursach zu
Der Janit
scharen
Vorstehere
in ihren
Oda.

haben vermeinen, wol darauf zu sehen / daß sie von ihnen nicht moͤg
ten hintergangen werden. Mitten unter ihnen giengen die Soulack
Baschi mit ihren Soulack / oder denenjenigen Janitscharn, die Pfeil
und Bogen füͤhren; denen die Vorstehere ihrer Oda oder gemeinen
Zimmer, und deren Diener folgeten, davon jene unter den Namen
Oda Baschi (Haupleute), Wekilhargi (Schafner) / Bairactar
Fähndriche), Astchi (Ober⸗Köche), Karakullukagi (Köche), Sa
cka (Wasser⸗Träger) bekannt und lauter Bedienungen ihrer Offi
ciers oder Vorstehere sind, welche alle ihren Antheil an besagtem
Geld
- 248 -
Zweytes Buch / Dritte Abtheilung /

208

Geld haben; da hingegen die Regiments⸗Officier, als Obriste und
dergleichen, ihre Besoldung anderswoher bekommen. Nechst an
ihnen giengen die Büͤchsen Meister und Stuck⸗Giesser (Gebechi
und Topchi) ebenfalls mit ihren Beuteln auf den Schultern, und
hierauf die übrige Officiers der Janitscharen zu Pferd samt noch et
lichen hundert Soulacken zu Fuß, deren weisse mit Gold gestickte
Hauben mit auf vorige Weise gespitzten aber gegen das in Form ei
nes Horns gekruͤmmten Federn prangten. Hierauf kam der Janit
scharn Aga / oder oberster Vorsteher zwischen 10. Thorbagi oder
Haup[t]leuten, auf diesen die neu⸗angehende Soldaten mit rothen aber
keiner Leinwand umwundenen Häublein, so auch keine Beutel getra
gen. Diese fiengen bisweilen schnell an zu laufen, welches auch die
vorausgegangene ältere zu thun pflegten; es kan nun seyn, daß sie da
mit ihre Freude über ihre erhaltene Bezahlung an Tag legen,
oder eine alte Gewohnheit dardurch beobachten, oder auch, daß
sie fein geschwind zur Auszahlung kommen wolten, oder was es sonst
für eine mir unbekannte Ursach seyn mogte. Endlich sahe man die
Chiausen / nach ihnen ihren Vorsteher den Chiaoux Baschi, die
Capigi Baschi oder Kaiserliche Cämmerlinge mit ihrem Vorsteher
den Lerchijajasi / den Kiaha oder Obrist⸗Hofmeister, die andern
vornehme Bediente des Hofs, die zwey Richter, den Nischanschi
Bascha / Capudan Bascha / und letzlich den Groß⸗Vizir selbst,
alle auf prächtigen Pferden, und von vielen Füͤhrern und ihren in
weiß gekleideten Hauß⸗Officiern umgeben; eines jeden Pferd wur
de von zweyen gehalten / damit sie im Zelt, und nicht geschwinder
als ihnen beliebte, fort giengen: die ganze Suite aber von des Groß
Vizirs Leuten geschlossen, welche ihren Feld⸗Herrn auf solche Wei
se nach Hauß, wir aber unsern Herrn Groß⸗Botschafter in vo
riger Ordnung und eben denselbigen Weeg wiederum ins Lager be
gleitet; worauf auch der Kaiser der Sich, wie schon gemeldet, dem
Sommer uͤber in seinem Garten an dem Canal aufhäͤlt, Sich gleich
falls nach geendigten Divan wieder in seinen Pallast erhoben. Weil
man auch die vorige Tage bemerket, daß bey dergleichen Gelegenheiten
unsere Leute allerhand Früchte in ziemlicher Quantität aus der Stadt
mit ins Lager gebracht haben, hat der Herr Groß⸗Botschafter,
aus Beysorge, es dörfte das Pestilenzialische Gift zugleich mit da
hin - 249 -
209

Angenommene und abgestattete Visiten.

hin transferirt und das ganze Lager angesteckt werden, einen scharfen
Befehl ergehen lassen, sich von dergleichen hinfuͤhro zu enthalten.


Vierte Abtheilung.


DEn 9ten Augusti wurde ich mit dem Dolmetsch Goͤtz/ einem Nachricht
an den
Moscowi
tischen Ge
sandten
von des
Herrn Bot
schafters
Ankunft.

Chiausen / und etlichen Bedienten zum Moscowitischen
Gesandten geschickt / des Herrn Groß⸗Botschafters
Ankunft demselbigen zu vermelden, welcher an dem Canal des schwar
zen Meers so Asien von Europa scheidet / dazumal wohnete. Wir
hatten mehr als 4. Stunde dahin, und musten uns noch darzu üͤber
den Canal setzen lassen, weswegen wir uns gleich Frühe zu Pferd
nach Constantinopel begaben, die aber bis zu unserer Ruckkunft
an dem Wasser stehend blieben, dann daselbst setzten wir uns
zu Schiffe, und fuhren nacher Kurutschesmen / allwo sich der
Herr Gesandte aufgehalten hatte, meinten auch nicht anders, als wir
wuͤrden ihn allda antreffen, erfuhren aber bey unserer Ankunft, daß
er wegen der Pest die Luft verwechselt, und nach Sariar Althi oder
Mauromolan, nicht gar zwey Stund von dem Schwarzen Meer,
sich begeben; nahmen derowegen zu Kurutschesme andere Schiffe /
und verfuͤgten uns dahin, nach dem wir Jeinickoya auf der Sei
te von Europa vorbey gefahren, allwo der beruffene Ragotzi Ragotzi
wo er sich
aufhält.

sich aufhält, den der Pöbel für einen Gesandten des Köͤnigreichs
æstimirt, und ihn auch bey uns dafür ausgegeben. Jch beobach
tete ihn im Vorbey⸗fahren am Fenster; und hatte sich in dessen
Hauß die Pest auch bereits eingeschlichen, weshalben er seine mei
ste Familie über diese Meer⸗Enge, welche man heut zu Tag den Ca
nal nennet, nacher Asien gefluͤchtet, woselbst wir auch an dem Ufer
die Zelter füͤr sie aufgeschlagen gesehen. Ungefehr um 11. Uhr Vor
Mittag kamen wir zu Sariar Althi an, und als wir daselbst aus
steigen wolten, gieng ein Dolmetsch mit etlichen Janitscharen auf
uns zu, die uns fragten, wer wir wären, woher wir kämen, und
wohin wir gedachten? als er es vernommen, hat er uns bey dem
Gesandten angemeldet, und gleich darauf uͤber die Stiegen zu ihm
begleitet. Hier ließ sich der Herr Groß⸗Botschafter entschuldigen,
daß Er von seiner Ankunft nicht eher Nachricht gegeben, weil Er erst
vor

Dd
- 250 -
Zweytes Buch / Vierte Abtheilung /

210

vor drey Tagen von dessen noch wehrenden Hierseyn Versicherung
erhalten; indessen wäre die gestrige Audienz darzwischen ge
kommen, womit auch der ganze Tag zugebracht worden. Worauf
sich der Herr Gesandte folgender massen vernehmen liesse: Er sage
dem Herrn Botschafter Dank für die ihme hierdurch erwiesene
Höflichkeit, und erfreue sich, daß derselbige auch einmal an ihn den
ken wollen, gratulire sich anbey uͤber diese mehr gewuͤnschte als ver
hoffte Gelegenheit, welche ihm zu Sr. Excellenz naͤhern Bekant
schaft verhelfen werde. Nach diesem fragte er mich unterschiedli
ches, und unter andern auch, wie lang der Herr Botschafter bey
der Pforten bleiben, und wo er sich von dar hinbegeben wuͤrde, wo
von ich ihm aber so wenig Nachricht geben kunte, als sehr er sol
ches zu wissen verlangte. Als ich nun wiederum im Fortgehen war,
sagte er: ich wuͤnsche / daß der Groß⸗Botschafter unser
grosser Freund seye/ und auch lang verbleiben moͤge/ wel
ches ich ihm in meinem Namen zu vermelden bitte; es
werden aber diese Worte, wie ich gaͤnzlich dafuͤr halte / keiner weit
läuftigen Auslegung vonnoͤthen haben.


Jn der Rück⸗Reise habe ich an dem Ufer des Canals / so wol
auf der Seite von Europa als Asia, viele Stuͤcke gepflanzt gese
hen / welche vielleicht mit denen Dardanellen einerley Absehen
Janit
scharn Ker
ker.
haben. Um diejenige, so in Europa stunden, zeigten sich viele runde/
auch vier⸗ und acht⸗eckigte Thüͤrne, so mit einer Mauer umgeben oder
vielmehr an einander gehenkt waren, in welchen die Janitscharn ab
gestrafft werden. Bis hieher hat uns der Wind favorisirt, und
haben wir keiner Ruder noͤthig gehabt / anjetzo aber musten wir ne
ben dem Ufer wegfahren, weil das Meer von einem Nord⸗Wind
heftig bewegt wurde; man spuͤhrt aber daselbst, wo das Meer zwi
schen dem Hellespont mit dem Canal des schwarzen Meers
zusammen trifft, auch bey stillem Wetter und heiterer Luft, gleichwol
beständig Wind: doch sind wir endlich, nicht ohne Gefahr eines
besorgenden Schiff⸗Bruchs durch Fleiß und Emsigkeit unserer
Tophana
die Vor
stadt.
Schiffleute zu Tophana ans Land gestiegen; welches Ort von
dem Türkischen Wort Top / so in unserer Sprach ein Stuck heis
set, den Namen füͤhret, weil daselbst ein Gieß⸗Haus ist, worinnen
die Stuͤcke gegossen werden. Wir hatten diesen Tag noch wenig ge
gessen, - 251 -
211

Angenommene und abgestattete Visiten.

gessen, angesehen wir solchen fast immer auf dem Wasser zuge
bracht, weswegen wir nach Galata gangen und uns daselbst bey
einem Armenier ein Mittagmal zu bereiten lassen. Allhier erkundigNachricht
von der
Pest.

ten wir uns wegen der Pest, bekamen aber zur Antwort, daß noch
täglich viele Türken daran stürben / und keiner aufkomme, der ein
mal damit behaftet seye; es wäͤren den vorigen Tag in einem kleinen
Bezirk siebenzig Personen gestorben; man hätte sich aber daruͤber
so groß nicht zu verwundern, und kehrten sich die Tuͤrken wenig da
ran / wann nicht in einem Tag zu einer Pforte bey tausend Leichen
hinaus getragen wuͤrden. Als wir hernach von dar nach Constan
tinopel uͤbersetzten / hat man uns, indem wir durch die Stadt ge
ritten, in einer Gasse eilf Todte entgegen getragen, so alle an der
Pest gestorben, und nun begraben werden solten; und nachdem wir
auch nachgehends vor der Stadt auf den Kirchhöͤfen, deren es eine
unbeschreibliche Menge gibt, viele Graͤber mit frischer Erde zuge
deckt sahen, kunten wir uns leichtlich die Rechnung machen, daß
diesen Tag sehr viele darunter muͤsten versenckt worden seyn. Gleich
vor unserm Lager trafen wir den Grafen Sebastida mit dem Dol
metsch Herrn Theyls und einem Sprach⸗Knaben, dem jüngern Einige Ge
fangene
werden be
gehrt.

Momarts / samt zweyen Dienern an, welche zu dem Groß⸗Vi
zir abgeschickt waren, einige Spanische Gefangene zu begehren,
die der Herr Botschafter entdeckt hatte, und in dem Baino oder
demjenigen Ort bey dem Capudan Bascha aufbehalten wur
den / wo die zu den Ruder⸗Bänken und anderer Schiffs⸗Arbeit ver
urtheilte Gefangene verwahret, und mit so grossen Ketten an einan
der geschlossen werden, daß sie wegen ihres Gewichts solche kaum
nachschleppen köͤnnen: sie sind aber am Abend ganz unverrichter
Sachen wieder zuruck gekommen, weil sie den Groß⸗Vizir nicht
angetroffen, als welcher zu dem Sultan in das Serrallien an den
Canal, ohne Zweifel Reichs⸗Geschäften halber, geruffen worden.
Die nechstfolgenden fuͤnf Täͤge ist nichts wichtiges vorgefallen, auser
daß die Englische und Holläͤndische Gesandten nebst dem neulich in
Morea gefangenen Venetianischen Feld⸗Herrn, den sie Provedita
nennen, den Herrn Botschafter besucht / und bey ihm zu Mittag
gespeiset haben; so sind auch einige aus dem Adel, als der Graf
von Thierheim und Bielinski zu dem Französischen Botschafter,
sich zu recreiren, andere aber Curiosité halber nach Asien über

gan

Dd 2
- 252 - 212
Zweytes Buch / Vierte Abtheilung /

gangen, worunter der Graf Thierheim zum andernmal und der
Graf Sebastida waren, welche beide auch die erste gewesen, so
von den Unsrigen Asien betretten; endlich sind welche, na
mentlich der Graf Bathyani und Freyherr von Zweiffel mit dem
Dolmetsch Herrn Theyls Ehrenthalber zu dem Groß⸗Vizir ge
schickt worden, Jhme so wol wegen bald zurück gelegter Fasten, als
erlangter Restitution von seiner Krankheit, welche in einem viertägi
gen Lager an der Darm⸗Gicht bestanden, zu gratuliren: wiewol
Se Excellenz auch schon vorher etlichmal Jhren Leib⸗Arzt, Herrn
Andreas Dorschäus, mit einem von dem Herrn von Dierling
aufgesetzten Brief zu gesandt, damit er mit seinem geheimen Mit
teln, welches er wider diese Krankheit zu haben vermeinte, seine
Schmerzen lindern oder ihn vollig restituiren moͤgte. Es ist ihm
auch seine Mühe wol bezahlt worden, sintemaln er gleich anfangs
eine Hand voll Ducaten davon getragen. Von demselbigen haben
wir auch vernommen, daß der Sultan selbst den Groß-Vizir
unter einer grossen Begleitung öffentlich besucht und demjenigen ei
nen kostbarn mit raren Zobeln gefütterten Belz geschenkt, der ihm
zum ersten die Nachricht von seiner wieder erlangten Gesundheit ge
Kostbare
Visite der
Türkischen
Kaisere bey
ihren GroßVizirn.
bracht. Es haben aber die Türkische Kaisere von alten Zeiten
her im Gebrauch, daß sie ihre Groß⸗Vizir nicht nur wann sie
krank, sondern auch wann sie bey guter Gesundheit seyn, heimsu
chen; invitiren sich auch selbst bey ihnen zum Mittag⸗ oder Abend
Essen und bringen noch eine ganze Menge ungeladener Gäͤste an
ihren Dienern und Edel⸗Knaben mit, welche alle absonderlich muͤs
sen beschenkt werden: und dieser Politique bedienen sie sich, ihre
Beutel zu fegen oder zu verringern / wann sie ihnen wegen ihres
Reichthums und Gewalt verdächtig vorkommen: sintemaln der
Kaiser für solche Ehrbezeugung entweder einen kostbarn Stein /
oder einen mit Perlen besetzten Rock, oder auch einen mit raren
Diamanten gefaßten Säbel, wie nicht weniger eine grosse Geld
Summa zu begehren pflegt. Es schicket auch derselbige wol gar,
nach seinem Gefallen, um einen Schmuck füͤr die Hasaki Sulta
na oder gecrönte Kaiserin, wann eine nach der Geburt eines
Prinzens so glüͤcklich ist, daß sie zu dieser kostbarn Ehre gelanget, als
welche wegen der jährlich auf sie zu verwendeten Unkosten gar
wenigen zu theil wird; oder für die Bask Hasaki oder Jnkingi
Hasa
/
- 253 -
213

Angenommene und abgestattete Visiten.

Hasaki / als für die erste, zweyte und dritte Concubin des Kai
sers, dergleichen Schmuck aber sich oft auf hundert⸗ und mehr tau
send Ducaten belauft; dessen sich dann der Groß⸗Vizir nicht allein
nicht weigert, sondern die Summa freywillig noch hoͤher steigen laͤßt,
um damit sein Vergnuͤgen uͤber dergleichen Zumuthen zu bezeugen /
und wie er gerne alles, was in seinem Vermoͤgen stehe, zum Dienst
Der Jud
Joseph /
des Kai
sers LeibArzt.

seines Kaisers anwende. Zu dieser Zeit fand sich auch der Jud
Joseph, des Sultans Leib⸗Arzt bey uns ein, dergleichen Leute sich
die Türkischen Kaisere in ihren Krankheiten gar sehr bedienen, ob
schon die meinsten unter ihnen von der Medicin nicht viel vergessen,
und kaum etwas mehr als unsere Apothecker und Wund⸗Aerzte ver
stehen; doch war dieses ein annehmlicher alter Mann, bey Hof und
im ganzen Land sehr bekannt, und bey dem Sultan wegen seiner
guten Wissenschaft, womit er vielen taͤglich gar gute Dienste thut,
in nicht geringem Estim. Einsmals both der Kaiser ihm vier tau
send Ducaten samt einem schoͤnen Land⸗Gut an, wann er seinen juͤdi
schen Aberglauben, wie Er ihn nennte, fahren lassen, hingegen die
(noch schlimmere) Mahometanische Religion annehmen wolte. Du
weist nicht, mein Joseph / ließ sich der Sultan einsmals gegen
ihm vernehmen, was ich aus dir machen wolte, wann ich nach mei
nem Belieben hierinnen verfahren duͤrfte; es kommt aber gleichwol
alles nur einig und allein auf dich an. Dieser Joseph brachte eine
Art Arabischer Bohnen mit sich, die er Hunds⸗Hoden nannte, HundsHoden / ei
ne Art Ara
bischer
Bohnen.

und denen er die Kraft zu schriebe, daß, wann man nur einer Hasel
Nuß groß, oder eines Glieds lang nehme, dasselbige zu Pulver stos
se; mit Honig und Wasser vermische, und davon trinke, man den
ganzen Tag in der schwehrsten Arbeit ausdauern köͤnne, ohne etwas
anders dabey zu geniessen: solche aber wenden die Tuͤrken zu was ganz
anders an, und suchen sich damit Kräften zu verschaffen, damit sie
sich bey ihren Weibern oder Beyschläferinnen in einer Nacht, so oft
es ihnen beliebt, als Maͤnner erzeigen koͤnnen; wie sich auch die Sul
tanninen um einer dergleichen Ursach willen solcher bedienen: man
kan sie aber nicht zu kaufen bekommen, und trifft sie selten anders
wo als bey denen Vornehmen an, so sie auf eigenen Kosten aus
Arabien bringen lassen; er verehrte bey seinem Abschied dem
Herrn Hulin, Leib⸗Arzten, etliche zwanzig Stücke davon zur Curio
sité. Dieser Tagen wurden Sr. Excellenz von dem Englischen Ge

sand

Dd 3
- 254 - 214
Zweytes Buch, Vierte Abtheilung / rc.

sandten Herrn Stanian drey Sclaven zugeschickt, darunter sich
ein Teutscher befunden, so 18. Jahr an der Ruder⸗Bank ange
schlossen gewesen. Nebst diesem war auch eine Frau, von Luxem
burg gebürtig, die im vorigen Krieg bey Zwornick gefangen, und un
terdessen schon dreymal verkauft worden, so ein Kind von acht Mo
naten bey sich hatte; diese fand einen Geistlichen unter unsern LeuTürken
Geilheit.

ten, der ihr naher Bluts⸗Freund war. Sie kunte von der Türken
Geilheit und viehischen Wesen nicht genug erzehlen / und wie sie ihre
gröͤste Lust an der unnatuͤrlichen Vermischung beides mit Menschen
und Vieh suchten, und in diesem Stuck ihrer Sclaven, Diener, ja
so gar ihrer Brüder und Soͤhne nicht muͤssig giengen. Der dritte
war ein Meyländer, und seinem Herrn heimlich davon gelaufen,
weil er ihm oͤfters die Freyheit versprochen, und doch nicht ertheilet;
es war aber sein Herr der Bostangi Bascha / Aufseher über die
Kaiserliche Gebäue, oder oberster Gäͤrtner, der auch sonsten dem
Sultan, wann er zu Land reiset, den Steig⸗Bügel häͤlt, zu Was
ser aber das Steuer⸗Ruder fuͤhret, bey welchem dieser Sclav / wie
er selbst bekannt, in gar erleidlicher Dienstbarkeit gestanden, an den
er von dessen Bruder, der ein Bedienter in dem Serrallien war / zu
einem Geschenk uͤberlassen, auch hierauf nach genommener Flucht
durch Vorspruch des Herrn Groß-Botschafters in seiner Frey
Türk wird
wegen des
Wein
Trinken ge
straft.
heit bestättiget worden. Fast um eben diese Zeit hat sich einer von
unsern Füͤhrern durch seine Unmaͤssigkeit ein grosses Ungluͤck uͤber den
Hals gezogen; dann weil er auf frischer That betretten worden,
daß er wider das Gesetz Wein getrunken / und dessen mehr, als er
vertragen koͤnnen, zu sich genommen, wurden ihme erstlich 500.
Streich auf die Fuß⸗Sohlen gegeben, hierauf Hände und Füͤsse ge
bunden, quer uͤber ein Pferd gelegt, und also auf beiden Seiten
herab hangend in die Stadt gefüͤhrt, woselbst er wol noch vor Ende
des Bairams sein Leben zu einem Schuld⸗Opfer wird dargeben
müssen.



Des Hn.
Botschaf
ters Visite
bey dem
Französi
schen Ge
sandten.
Den 15. Augusti ist der Herr Groß⸗Botschafter nach ein
genommenen Mittagmal mit dreyen mit sechs Pferden bespannten
Wagen nach dem Französischen Gesandten gefahren, so sich damals
in dem Königlichen Pallast zu Pera aufhielte / um seine Gegen⸗Vi
site bey ihm abzulegen, und hat zu seiner Begleitung sechse aus dem
ersten Adel, als den Marggrafen Besora / Grafen Nesselrode /
Scherf
- 255 -
215

Beschreibung des Bairams rc.

Scherftenberg / den beiden Colvrat und Freyherrn von Hoͤrde /
drey aus dem zweyten, nemlich den Freyherrn von Locher/ Jm
hof und Ostmann / dann auch 4. Hauß⸗Bediente, 6. Edel⸗Kna
ben zu Pferd, 8. Heyducken und 14. Laquayen mit genommen. Sie
sind daselbst mit grosser Ehrbezeugung aufgenommen, und nach
Stands⸗Bebühr tractirt worden. Es fehlte weder an Französischen,
Welschen, und auf den Jnsuln gewachsenen, Champagner, Bur
gunder, Fränkischen und dergleichen Wein, noch auch an Rebhuͤ
nern, Fasanen, eingemachten Fruͤchten und allerhand andern Spei
sen, als woran vielmehr ein grosser Uberfluß sich gezeiget, und sind sie
erst auf dem Abend wieder zuruck kommen, weil man eine gute Stre
cke um den Canal reiten muß, wann man zu Land nacher Pera will.
Des andern Tags hat sich der Herr Hulin / des Herrn Botschaf Hn. Hulins
Sorgfalt
wegen der
Pest.

ters Leib⸗Arzt, von freyem Stucken von der uͤbrigen Suite abge
sondert, und sein Zelt etliche hundert Schritt von dem Lager ent
fernet aufschlagen lassen, aber dabey gebetten, daß man ihm die Spei
sen und andere Nothwendigkeiten dahin verschaffen moͤgte; und dar
zu hat ihm der Dolmetsch Goͤtz veranlasset, dessen Krankheit wol
noch nicht allerdings entdeckt war, aber gleichwol sehr verdächtig
schiene.


Fünfte Abtheilung.


HEute begaben wir uns in die Stadt, damit wir die den anRamazan
der Türken.

dern Tag angestellte Solennität mit ansehen moͤgten. Der
Herr Groß⸗Botschafter fuhre mit dem Marggrafen
Besora / Grafen Bathyani und Nesselrode in einer Kutsche
mit sechs Pferden; der Adel und einige andere, so Se. Excellenz
mit zu gehen benennet, bedienten sich der von der Pforten uͤber
schickten dreysig Pferden, die uͤbrigen aber mietheten, um ihren Vor
witz ein Genügen zu leisten, solche von den Spahis für Geld.
Es ist aber dieses das groͤste Fest unter allen denen/ so die Tüͤrken zu
feyren pflegen / und wird von ihnen Bairam / gleichwie die vorherge
hende Monat⸗lange Fasten Ramazan / genennet, und kommt in
vielen mit unserer Ostern uͤberein. Es ist beweglich, und kan in
alle Zeiten des Jahrs einfallen; dann weil das Mond⸗Jahr, wor
nach - 256 -
216

Zweytes Buch/ Füͤnfte Abtheilung /

nach die Türken ihre Zeit⸗Rechnung anstellen / um 10. Tag und 16.
Stunden kürzer als unser Sonnen⸗Jahr ist, so folgt, daß ihr
Bairam alle Jahr um so viel Tage fort ruckt, also daß solches
Fest, das dieses Jahr auf den 17. August⸗Monats eingefallen ist /
in den folgenden auf den 26ten besagten Monats gefeyret wird, das
dritte darauf auf den 8ten Weinmonats/ und so fort, also daß
nach 33. Jahren, wann aus diesen 10. Tagen und 16. Stunden ein
ganzes Jahr heraus kommt, die vorige Ordnung wieder eintrifft. [19]
Die vorher gehende Fasten wird auf das strengste gehalten, so wol
weil sie von Mahomet selbst im zweyten Jahr seiner Weissagung
eingesetzt worden, als auch, weil sie dafür halten, daß zur selbigen
Zeit das Paradieß offen stehe, die Höͤlle hingegen verschlossen seye.
Einige meinen auch, daß sie sich in dieser Zeit ihrer Weiber enthal
ten, worinnen ich ihnen aber nicht beyfallen kan, weil ich von un
serm Führer ein anders verstanden; wiewol sie mich eben nicht darzu
Bairam.

genommen, wann sie zu ihnen haben gehen wollen. Zu derjenigen Zeit,
wann der Mond sein Licht ausbreitet, fangen sie den Monat an,
und rechnen dieselbige Nacht zu dem folgenden Tag. Den neunten
Monat eines solchen Mond⸗Jahrs, wann die Fasten einen ganzen
Monat vorher gedauert / und der Mond am Himmel sich gezeigt
hatte / nimmt dieses Fest seinen Anfang; bisweilen auch erst den zwey
ten Tag nach der Fasten, wann nemlich der Mond von den Wol
ken bedeckt ist; wann er noch laͤnger unsichtbar bleibt, rechnet man
nach seinem ordentlichen Lauf, als ob er neu wäre / und wird das
Fest des Bairams durch das an dem Canal und Ufer des Meers
vor dem Hellespont an der Spitze des Serrallien gepflanzte gro
be Geschütz kund gemacht; hierauf werden alle an den Thürnen zu
vor gebrannte Ampeln ausgelöscht, und nicht wieder angezundet:
Bey einer Trommel wird das Losungs⸗Lied angestimmet; die Trom
peten oder vielmehr Pfeiffen werden durch alle Gassen der Stadt
und sonderlich in der Vornehmen Häͤusern gehört, und ist man auf
nichts als Ergötzung, Freude und Vergnügen bedacht, welches
drey Tage hindurch dauert, so lang nemlich dieses Fest wehret, daß
unterdessen die Tüͤrken lauter Gastmale, Spiele und Gesaͤnge an
Türkische
Weiber
lassen sich
zu dieser
Zeit sehen.
stellen. Die vornehmen Weiber, und andere, welche sich sonst
kaum ohne ihre alte Begleiterin, so sie Kadune nennen, sehen las
sen darfen, gehen nun jetzo frey zu ihren Eltern und Freundinnen,
ohne
- 257 -
217

Beschreibung des Bairams rc.

ohne daß sie nöthig haben, den Männern etwas davon zu sagen:
ja so gar die Sultaninnen, deren jede ihren besondern Hof und in
dem grossen Serrallien noch ihr besonderes Frauen⸗Zimmer hat, aus
welchen sie sonst keinen Schritt gehen noch andere ohne speciale Er
laubnis zu sich beruffen darfen, gehen zu dieser Zeit zur Kaiserlichen
Mutter, Validia / und Groß⸗Mutter, Kiosen / wann sie noch
im Leben, oder geben einander selbst die Visite, ohne daß sie den
Sultan darüͤber befragen: die Eltern theilen ihren Kindern, gleich
wie wir an Nicolai, Christ Fest, Neu⸗Jahr, Martini und Allerhei
ligen, Geschenke aus. Da sahe man Mütter, welche Kinder auf ih
ren Armen, denenselbigen aber an einen Stecken Cronen vom ge
schlagenen Gold vortrugen, oder ihnen, wann sie schon stark ge
nug waren, solchen selbst in die Häͤnde gaben: diese Stecken waren
mit Gold und Blumen umwunden, von dessen Spitze ein geschla
genes und zu Faden gezogenes Gold herunter hienge. An dem vor
hergehenden Abend, als den 16. Augusti / hatten sie alle Kram⸗Laden
und Gassen illumiirt, doch nicht eher, als bis die Liechter an den
Thürnen ausgelöscht worden, weil dieses der Fasten ein Ende ma
chen muste; so war auch von Ambra und wolriechenden Dingen die
ganze Stadt angefüͤllet, und die Gassen ja auch alle Winkel dersel
ben auf das schoͤnste gereiniget. Dem Herrn Botschafter, so dieDes Hn.
Botschaf
ters Per
noctirung
bey dem
Mehemet
Bascha /
und Be
schenkun
gen vom
Hof aus.

se Nacht bey dem Mehemet Capigi Baschi / unserm auf der
Reiß gewesenen Führer, ohnweit des Kaiserlichen verschlossenen
Pallasts sich aufhielte / sind unterschiedliche Früchte und Blumen
vom Hof zugeschickt worden, so alle aus des Sultans Garten ge
nommen, und noch fuͤnf mit Gold und Seiden gestickte Tuͤchlein
beygelegt waren: Von Caffé, Tabac, Scherbeth, Ambra und an
derer Rauchwerk stunde einem jeden so viel zu Diensten, als er nur
verlangte. Hier fanden sich unterschiedliche Feld⸗Herrn und ande
re vornehme Männer ein / welche dem Herrn Botschafter die
Zeit zu vertreiben suchten; darunter war auch einer, so Teutsch ver
stunde, und im vorigen Tüͤrken⸗Krieg von den Unsrigen gefangen
worden, wordurch er vermeinte, daß er in unserm Kriegs⸗Wesen
eine vollkommene Wissenschaft erhalten. Dieser erzehlte uns auch,
daß wegen des langen Ausbleibens des Tributs aus Egypten bey na
he eine Aufruhr unter den Soldaten entstanden wäre, wo nicht die
kluge Vorsichtigkeit der Officiers, welche dieses wol gemerket, noch
in

Ee
- 258 -
Zweytes Buch/ Fünfte Abtheilung.

218

in Zeiten vorgebauet hätte. Er wolte behaupten, daß in der ein
Anzahl der
der Janit
scharn.

zigen Stadt Constantinopel bey 40000. Janitscharn sich auf
hielten / in dem ganzen Reich aber bey 400000. könnten gezehlet
werden: es begäbe sich der Sultan niemaln von hier weg, auch
nicht einmal nur bis nach Adrianopel/ wann er nicht 150000.
Mann zur Begleitung bey sich häͤtte; und koͤnnten alle diese Vöͤlker,
wann Gefahr vor handen, in einer Zeit von 24. Stunden unter ihre
Fahnen gebracht werden: ich glaube aber / daß solche Anzahl zwar
in dem Läger zu finden, jedoch die wenigsten darunter Dienste zu thun
Beschaf
fenheit der
Türkischen
Armee.
capable sind. Dannzu geschweigen, daß viele tausend von den Kaufleu
ten, Künstlern, Hauß⸗Bedienten, Pagen und Dienern dem Sultan
überall nachfolgen, und der Groß⸗Vizir nebst denen Stadthal
tern der Provinzen ihre Beiglerbey und Bey/ und zwar alle ins
gesamt ohne Waffen, bey sich haben, auch die Troß⸗Buben und
Stall⸗Knechte mit gezehlt werden: so ist kein Spahi, der nicht
zwey oder drey Personen zu seiner und seines Pferds Bedienung bey
sich hat, die zu nichts anders, als rauben / stehlen und fliehen kön
nen. Mit diesen und dergleichen Gespraͤchen haben sie sich die
lange Weile der Nacht vertrieben, bis endlich der Herr Botschaf
ter gegen Mitternacht von seiner Sofaus aufgestanden, und sich
in ein anders Zimmer verfuͤgt, um daselbst auf seinem dahin gebrach
Betten
bey dem
Mehemet.
ten Bette auszuruhen; der erste Adel aber im Zimmer auf den So
faus / wir andern aber über den Gang, so gleichsam ein Vor⸗Zim
mer bedeuten solte, und auf der Stiegen / die Nacht⸗Ruhe einge
nommen, wobey uns die Sättel zum Haupt⸗Kuͤssen und unsere Rö
cke zum Deck⸗Bett dienen musten, auf welchen wir auch ungewiegt
eingeschlaffen, ob wir uns gleich nach dem Ungarischen und Polni
schen Sprichwort kein Bett getrunken, weil die aberglaͤubischen
Türken sich nicht nur des Weins, den sie Scarab nennen, selbst
enthalten, sondern auch andern in ihren Häusern nicht zu trinken
vergoͤnnen, wo sie solche nicht vorher schon genugsam gekannt und
probirt haben; und also ist es auch mit aller ihrer Tugend beschaf
fen, als die nur in einer Gleißnerey und betruͤglichen Schein⸗We
sen bestehet, aber zu dem Herzen niemaln gelanget. Dann da wir
nachgehends durch laͤngern Umgang mit einander bekannter worden,
hat sich gezeugt, daß dieser Capigi Baschi nicht nur erlaubt, so
viel Wein als wir wolten, in sein Haus zu bringen, sondern, wann
er
- 259 - Abbildung:
Der Groß-Vezier

- 260 - - 261 - Abbildung:
Vorstellung des Türkischen
Bairams oder grossen Umgang

- 262 - - 263 -
Beschreibung des Bairams.

219

er allein bey uns war, selbst die groͤsten Becher ausgeleert und sich
dick voll gesoffen. Er war anbey ein so grosser Liebhaber von
Brandwein, den sie Racky / wir aber Rossoli nennen, daß man
ihm desselbigen nicht genug geben kunte; vier voll gefüͤllte Fläschlein /
so doch mehr als die ordinaire Grösse hatten waren ihm nur ein
Schluck, die er wie Wasser in sich hinein geschuͤttet.


Des andern Morgens, noch vor der Sonnen Aufgang, wurde Türkische
Music zur
Zeit des
Bairams.

eine Türkische Music angestimmet, um den zu dieser Zeit in den vor
nehmen Häusern eingefüͤhrten Gebrauch zu beobachten; selbige be
stunde aus drey Schalmeyen und eben so viel Geigen, davon die drit
te, welche nur eine Seite, und nicht fuͤnfe, wie die andern, hatte,
des Mehemets Sohn gestrichen, woraus die Tüͤrken kein geringes
Wesen machten, als die es bey solchem Alter füͤr eine Sache ohne
Exempel hielten. Dieser hatte auch zugleich, doch nur bisweilen,
darein gesungen; der andere aber, welcher seine Stimme beständig
höͤren ließ, sahe der Kleidung nach / und weil er keinen Bund, wie die
andern, auf hatte, einen Juden gleich. Nachdem nun diese Music
zu Ende war / wurde uns, statt des Früͤh⸗Stucks, wiederum Caffé
vorgesetzt, worauf der Herr Botschafter sich mit den Seinigen
noch vor Tags bey vorgetragener Laterne nach demjenigen Hauß be
geben, welches der Groß⸗Vizir für uns bestellet hatte, damit wir
von daraus die ungemein propre Solennität dieses Fests mit anse
hen solten. Hierzu haben Se. Excellenz, um alles desto eigentli
cher zu bemerken, zwey beruͤhmte Mahler mit sich genommen, Herrn
Johann Semler einen Schweitzer, und Herrn Joseph Ernst
Schmid / einen Oesterreicher, welcher letztere sonderlich so wol in
als ausser der Kaiserlichen Residenz sehr bekannt ist, und in grosser
Hochachtung stehet; diese solten die Gegend, Ordnung, Unterschied
der Trachten, und andere Ceremonien erstlich mit Reiß⸗Bley oder
Rötel auf Papier zeichnen, und es nachgehends zu Hauß auf eine
grosse Tafel mit guter Gelegenheit entwerfen und mit gehöͤrigen Far
ben auszieren. Es wird solche Tafel noch gegenwärtig in Wien in
des Herrn Grafen von Virmonds Excellenz Wohnung zur
ewigen Gedaͤchtnis aufbehalten, dergleichen vielleicht nie in ganz
Teutschland und denen Abendläͤndischen Provinzen gesehen worden,
und wegen ihrer Kunst Schoͤnheit und Rarität wol werth wäre,
daß sie in eines grossen Füͤrsten Kunst⸗Kammer aufbehalten wüͤrde.
Aus

Ee 2
- 264 - 220
Zweytes Buch / Fünfte Abtheilung /

Aus diesem vorgedachtem Hauß, wohin uns der Groß⸗Vizir füͤh
ren lassen, kunte man auf den grossen Renn⸗Platz sehen, den die
Der Gri
chen Hip
podromus.
Grichen vor Zeiten Hippodromus genannt / und von deme die
Moschee des Sultan Ahmeds / welcher sie erbauen lassen, nicht
weit entfernet war, wohin auch dieser allgemeine Umgang ange
stellt, die Ruckkehr aber von dar nach Hof genommen wurde. All
hier musten wir wol noch anderthalb Stund warten, ehe diese So
lennität ihren Anfang genommen, endlich aber kunten wir sie zwey
mal, nemlich in dem Hin⸗ und Herzug betrachten. Man muß nicht ver
meinen, als wann dieser Umgang jederzeit zu einerley Moschee an
gestellt werde, sintemaln ein jeder Kaiser sich eine nach
Belieben erwehlet, diese aber darum den Vorzug vor den an
dern erhalten, weil sie der jetzige Kaiser selbst erbauen und nach sei
nem Namen nennen lassen[20]; dann grosse Herrn sehen nicht ungerne,
wann man gegen diejenige Gebaͤu, welche sie mit eigenen Kosten auf
gerichtet, eine Hochachtung trägt, und glauben, daß auch ihr Ruhm
einiger massen dardurch vermehrt werde. Es ist aber gleichwol kei
nem Kaiser oder Kaiserin erlaubt, eine Moschee zu erbauen, und
sie mit seinem Namen zu belegen, wann Er nicht vorher so viel
Provinzen zu dem Reich gebracht, oder sich an seinem Unterhalt so
viel abgebrochen / daß daraus nach seinem Tod 100000. Ducaten
Der Um
gang selbst.
können gezogen werden. Der Umgang selbst war folgender massen
beschaffen: Die Janitscharn, deren Kleidung in der Kaiserl. Kam
mer aufbehalten, und bey solchem Gepraͤng nur unter die besten und
versuchtesten Leute ausgetheilet wird stunden von der Thuͤr des ver
schlossenen Pallasts oder Serrallien an bis an die Moschee
Ahmeds zu beiden Seiten in ihrer Ordnungs⸗Tracht, nemlich, in
einem langen vorn aufgeschuͤrzten Talar, mit ihren uͤber den Rüͤcken
herab hangenden Hauben. So bald es nur anfieng Tag zu werden,
kam ein mir Unbekannter auf einem praͤchtigen Pferd mit einem sehr
hohen Bund auf dem Haupt; diesem folgten die Vorstehere ihrer
Geistlichkeit / und dann ihre Mollach und Cadis (die Richter ge
wisser Provinzen und Oerter)/ die Thorbati (der Janitscharn
Hauptleute), die Mutevelli (Kirchen⸗Regenten), die Chiausi
(Bothen), Capigi Baschi (Kaiserliche Cämmerlinge), und an
dere Officier und Hof⸗Bedienten, Chiohadar Aga des Mantels,
Ebrictar Aga des Wassers, Tulbentar Aga des Bunds, Kem
Husar
- 265 -
Beschreibung des Bairams rc.

221

Husar Aga der Kleider, Chesnegir Baschi des Hofs, Dogan
Baschi der Falken, Zagergi Baschi der Hunden / Turnackgi
Baschi der Nägel, Beber Baschi des Barts, Muhasabegi Ba
schi der Speiß und des Trancks, Teoheregi Baschi der Geheim
nuͤsse Verwahrer und Vorsteher, alle durch einander ohne Ordnung;
so daß bald zween / drey, viere von einerley Rang und Bedienung,
bald eben so viel oder auch weniger von einer andern bisweilen wol
gar nur einer alleine kame; zum theil waren sie mit Caftans oder
Ehren⸗Kleidern versehen, so sie vom Kaiser zum Geschenk erhal
ten; theils aber erschienen ohne dieselbige: viele hatten hohe Buͤnde
auf dem Haupt, aber auch viele darunter nicht. Diese waren alle
zu Pferd, und von ihren Dienern, deren einer mehr, der andere we
niger hatte, zu Fuß begleitet. Vier oder fünf Quartier⸗Meister
ritten zur Seiten / die bald dieses, bald jenes zu schaffen hat
ten; bald liessen sie anhalten, bald etwas geschwinder marchiren.
Hierauf præsentirten sich die beiden hoͤchsten Richter von Asia und
Europa / gleichfalls zu Pferd, der Janitscharn Aga, der von
den Seinigen ganz umringt war, der Nischanschi Bascha (Kai
serliche Zugzieher,) Capudan Bascha (Obrist über das See
Wesen,) wie auch die damaln in der Stadt sich aufhaltende Bei
glerbey und Bey, so sich durch ihre grosse Buͤnde distinguirten,
daran nur dieser Unterschied war, daß die erstern hohe Vizir⸗Buͤnde,
wie ich sie oben beschrieben, die andern aber sehr dicke und breite auf
hatten, die schier wie ein Vaß aussahen. Denen folgten zu Fuß die
Soulacks Baschi / Officiers der Janitscharn die Pfeil und Köͤcher
führen, an der Zahl fünf und zwanzig, mit roth Sammeten Klei
dern, und weissen in Gestalt des Monds formirten Federn auf dem
Haupt. Mitten unter ihnen sahe man den Groß-Vizir auf ei
nem Barbar sitzen, mit einem weiß⸗atlassen und mit Zobel gefütter
ten Kleid angethan, dessen Bund aber, wie aller andern Vizir, be
schaffen gewesen; welcher denen mit halbgebogenen Leib sich vor ihm
neigenden Janitscharn mit auf die Brust gelegter Hand dankte, und
mit dem Kopf dabey bald auf diese bald auf jene Seite nickte;
und dieses hat er im Gebrauch, so oft er zwischen den Janitscharn
durchreitet, um dardurch seine Gewogenheit gegen sie zu
bezeugen, und sich ihre Gemüther desto verbindlicher zu machen.
Er begrüßte auch im Vorbey⸗Zug den Herrn Botschafter, doch
zim

Ee 3
- 266 -
Zweytes Buch / Fünfte Abtheilung /

222

mich verzwickt, damit es die Seinigen nicht merken solten, weil er
sich durch solche Verträulichkeit gegen einem Fremden und Unglau
bigen bey ihnen nicht verdächtig machen wolte. Nechst nach Jhm
HandPferde des
Sultans.
wurden des Kaisers Hand⸗Pferde geführt, so mit denen schon vor
ausgegangenen drey und dreyssig an der Zahl ausmachten, und die
ses geschahe nicht in einer gleich durchgehenden Ordnung, sondern es
kamen bald deren 8. bald 10. bald wiederum 8. und so fort; und rit
ten zwischen solchen unterschiedliche Tchorbagi, Capigi Baschi
und andere Officiers, und unter denselben auch zwey, so des Kai
sers mit Steinen und Perlen gezierte Turbanen auf ihren Pferden
trugen: endlich kamen auch eine grosse Menge dererjenigen zu Fuß,
welche Soulacks genennt werden, und die Pfeil⸗Schüͤtzen unter
den Janitscharen sind, so alle hohe weisse Federn auf ihren Hauben
hatten. Unter denen vorgemeldten Hand⸗Pferden, hatten einige
auf der Seiten einen silbernen Schild, alle aber einen Caddare,
oder Saͤbel, angeheftet; andere waren mit den kostbarsten Leopard⸗
Tieger⸗ und Löwen⸗Häuten bedeckt, wiederum anderen hiengen an
dem Hals eine silberne uͤberguldete Kugel und an diesen weiß⸗ roth
gelb⸗ grün⸗ und blau⸗gefäͤrbte Jndianische Küͤh⸗Schweife, auf den
Köpfen flogen / bey der geringsten Bewegung der Luft / die Reiger⸗
und Straussen⸗Federn durcheinander, und an denen von Gold ge
stickten Decken, Zaum, Steig⸗Bügel / Sattel und übrigen von
Silber geschlagenen und mit kostbaren Steinen und Perlen besetz
ten Zeug hatten sie bey nahe so schwehr als an einem Reuter zu tra
gen. Hiernechst kamen die Trabanten oder Peicks/ so bey offent
lichen Gepräng insgemein pflegen voran geschickt zu werden, deren
Ricaut sechzig zehlet, wir aber hierbey nicht mehr als sechzehen be
obachtet; diese hatten auf dem Kopf gelbe mit Federn besteckte Hau
ben, und in der Hand trugen sie gleichfäͤrbige und in Gestalt des
Monds formirte Helleparten, welche erst angezogener Auctor für
pures Gold häͤlt, ich aber glaube, daß es nichts anders als ein mit
Gold überzogenes Eisen seye: auf der Seite hinge ihnen an einem
Gürtel ein Messer, dessen Scheide mit kostbaren Steinen besetzt wa
re. Nechst vorher ritte derjenige, so des Kaisers mit rothen Tuch
Des Kai
sers Auf
zug.
überzogenes Fuß⸗Bänklein auf dem Pferd führte. Hierauf kam der
Kaiser selbst, welcher sich ansehen liesse, als wann Er in Federn
geschwum
- 267 -
Beschreibung des Bairams rc.

223

geschwummen wäre, so viel Su⸗Baschi und Assas⸗Baschi
(Hauptleute der Leib⸗ Wacht) giengen um Jhn, der Rechin
btar Aga aber, oder derjenige / so Jhm auf und von dem Pferd
hilft neben Jhm her. Er ritte ein Aschen⸗farb⸗gesprengeltes Pferd,
welches allen andern an Schöͤnheit und Aufbutz weit vorgieng: sein
Kleid ware von Gold gewässerten Zeug, so von Smaragd, Car
funkel und andern kostbaren Steinen funkelte / und mitten zwischen
denen auf den Bund gehefteten Reiger⸗Federn spielte ein dermassen
reicher Diamant, daß man solchen vor üͤbermaͤßigen Glanz kaum
anschauen kunte. Auf dessen Bund sahe man auch drey silberne
wie Strahlen oder Federn gestaltete und mit Steinen völlig besetzte
Platten, davon zwey in die Höhe hinauf giengen, die dritte
aber mit der Spitze sich gegen die Erde neigte: womit gleichsam in
einem Sinnbild, und zwar durch die ersten zwey, das schon unter
das Joch gebrachte Constantinopolitanische und Babylonische,
durch das dritte aber das noch nie uͤberwundene Occidentalische Reich
vorgestellet wurde. Sie vermeinen jedoch dis letztere alsdann auf
zurichten, wann uns GOtt wegen unserer Suͤnde so hart heimsu
chen wird, daß wir Wien verlassen und aus Teutschland werden
weichen muͤssen. Wir haben demnach GOTT herzlich zu bitten,
daß Er uns nicht in so verkehrten Sinn dahin geben wolle, daß
uns dergleichen durch unser Verschulden moͤgte zu Handen kommen:
vielmehr sollen alle Christ⸗glaubige, besonders aber alle Christliche
Fürsten, daran seyn, daß der allgemeine Christen⸗Feind über das
Meer, von dannen er hergekommen, verjagt und Constantinopel
nebst dem Babylonischen Reich der Kirche wiederum einverleibt
werde. Jedoch laßt uns dasjenige auf die Seite setzen, was wir ei
nig und allein der Goͤttlichen Vorsehung heim zustellen und anzube
fehlen haben, dafür aber anjetzo den Ausgang des Umgangs be
trachten.


Gleich hinter dem Sultan ritte dessen Prinz, der an Ge Kaiserli
cher Prinz.

stalt, Kleidung, Pracht und Herrlichkeit dem Vatter vollkommen
gleich, aber an Höflichkeit und holdseeligen Geberden Jhme weit
überlegen war. Bey Betrachtung dessen war wol keiner unter uns,
so nicht inbruͤnstig um dergleichen Prinzen für Jhro Majestät
dem Römischen Kaiser zu GOtt seufzete, und daß wir sol
chen, - 268 -
224

Zweytes Buch / Fünfte Abtheilung /

chen, ehe wir noch nach Wien wieder zuruck kaͤmen, antreffen
möͤgten. Doch getrost, der alte GOtt lebet noch, der kan noch
wol verschaffen, daß unsere Wünsche nicht vergeblich seyn. Nun
folgte der Selictar Aga / der erste aus dem Kaiserlichen Kna
ben, so des Kaisers ungemeinen kostbaren Säbel nachtrug, zu
Geld wird
ausgewor
fen.
dessen Linken der Haznadar Baschi oder Zahlmeister des Serral
lien gieng, und mit Geld auswerfen unter die Arme und Umstehen
de beschäftiget war. Dieses bestunde in lauter Para, deren 120.
damals auf einen Ducaten, und 30. auf einen Gulden giengen, weil
diese Münze wegen unserer Gegenwart auf drey Para erhöͤhet wor
den. Es bezeigte sich der Zahl⸗Meister sehr emsig, als er den Herrn
Groß⸗Botschafter am Fenster vermerkte, so das viele Para
auf die Dächer gesprungen, welche einige von uns um ein mehrers
als sie werth waren, von den Tuͤrken eingewechselt, und noch bis diese
Stunde aus Curiosité aufheben. Auf dem Selictar Aga kame
der Kuzlir Agasi der schwarzen, und der Capa Agasi der weis
Verschnittenen, samt der Edel⸗Knaben Obrist⸗Vorsteher, deren je
der seine Leute, nemlich die schwarz⸗ und weiß⸗Verschnittene und
Jchoglans oder Edel⸗Knaben bey sich hatte. Den ganzen Auf
zug schlossen die Wekilhargi (Ausspendere), Bostangi (Gärt
ner), Baltagi (Holz⸗Hacker), Agiam Oglani (die angehende
Janitscharn), und Karakullukagi (Köche) / davon einige weisse, an
dere rothe Hauben auf hatten; denen sich in der Ruck⸗kehr von der
Moschee nach Hof die Astchi (Ober⸗Köche der Janitscharn) und
Sakä (Wasser⸗Träger), deren mehr als hundert gewesen, zugesellt
haben, und zu vier und sechs in einer Linie mit in einander geflochte
nen Händen gegangen sind: ihre Hauben waren eben wie der Ja
nitscharen ihre beschaffen, ausser daß diese herab hangen, jene
aber oben zusammen gebunden seyn; hatten lange Kästen farbe Mäͤn
tel um, an welchen zu beiden Seiten statt der Umschläge Handbrei
tes Leder angeheftet und voͤllig mit guͤldener Tuͤrkischer Schrift be
zeichnet war. Die Astchi wurden an ihren an der Seite hangen
den schönen Messern erkannt: die andern aber an ihren ledernen zum
Wasser fassen bequemen Säcken, welche sie statt des Fürtuchs um
den Leib gebunden haben. Alle Strassen, die man bey diesem Um
gang durchzogen, waren entweder mit Teppichen belegt, oder mit
frischen
- 269 -
225

Beschreibung des Bairams.

frischen Sond bestranet, damit man mit desto sicherern Schritten
über die grossen Kißel Steine, mit welchen die Gassen zu Constan
tinopel gepflastert sind / fort marchiren kunte. Als nun der Sul
tan herbey kam, neigten sich die zu beiden Seiten ohne Wehr und Janit
scharn EhrBezeu
gung ge
gen dem
Sultan.

Stecken stehende Janitscharn bis auf die Erden, worbey sie zugleich
ihre rechte Hand auf die Erden und Stirne gedruckt und alsdann
geküßt hatten. Jn dieser Ordnung haben sie sich zu der Moschee
Sultan Ahmeds begeben; wobey aus allen in der Stadt anwe
senden vornehmen Personen keiner als der Moufti gemangelt hat,
als welcher wegen des Præcedenz-Streits mit dem Groß⸗Vizir/
deme er doch endlich weichen muß, sich nicht leicht bey einer oͤffentli
chen Procession finden laͤßt, es seye dann, daß die allgemeine Noth
seine Gegenwarth erfordere: er pflegt aber nichts destoweniger an
eben diesem Tage und zu gleicher Zeit in eine andere Kirche mit den
Seinigen zu gehen, und seinen GOttes⸗Dienst daselbst abzuwarten.
Nach dem nun alle in besagter Moschee versammlet waren, fienge
Amt eines
Jmam.

ein Jmam, oder wie ihn andere nennen, Talisman / ein Priester des
Sultans, das Gebet an. Es bestehet aber dieser Leute Verrich
rung darinnen, daß sie das Volk zu gewissen Stunden des Tages
von den Kirch⸗Thüͤrnen zum Beten beruffen, und dieses durch oͤfte
re Wiederholung folgender Worte, so sie ganz klar und deutlich aus
schreihen: Allah Eckber / Allah Eckber / Escheduen la Jla
he/ Jlalah we eschedu enne Muhammel ewesul cuah
Fleie ala selah heie. Ala Felah / Allah Eckber / Allah
Eckber la illahe illah; Welches auf Teutsch so viel heisset:
GOtt ist groß/ GOtt ist groß/ neben GOtt erkenne
ich keine andere Gottheit/ und gestehe / daß Mahomet
ein Weissager GOttes und Prophet seye. Wann nun
das Volk in der Kirche beysammen ist / so müssen sie demselbigen
vorbeten, alle Freytag aber gewisse Sprüche aus dem Alcoran
öffentlich vorlesen. Findet sich einer, der so viel Geschicklichkeit und
Courage hat, daß er öffentlich auftretten und eine Predigt halten
kan, wird er für einen Ausbund und Quint-Essenz aller andern ge
halten. Jm übrigen aber erkennen die Tüͤrken selbsten nichts Geist
liches an ihnen, also daß sie auch nicht einmal durch die Tracht von
an

Ff
- 270 -
226

Zweytes Buch / Fünfte Abtheilung /

andern unterschieden sind, ausser daß sie einen etwas breitern Bund,
wie ihre Rechts⸗Gelehrte und Gesetz Verstäͤndige, tragen, welcher aber
doch nicht, wie dieser ihrer umwunden ist; wann sie demnach ihr Amt ver
sehen und wiederum abgelegt haben, sind sie so gut als ein anderer
ehrlicher Leyh oder Bürger. Es braucht aber auch wegen ihrer
Ordina
tion ihrer
Geistli
chen.
Vocation und Ordination keiner grossen Umstäͤnde, sondern wann
eine Stelle leer ist, kommen die Pfarr⸗Kinder zu dem Groß⸗Vi
zir, stellen Jhm denjenigen, den sie haben wollen, vor / legen ihm ein
gutes Zeugnuß seines gefüͤhrten Lebens bey; an statt des Examens
aber lieset er etliche Sprüͤche aus dem Alcoran / so er oft nur aus
wendig kan; worauf ihm der Groß⸗Vizir solches Amt ohne daß
Türken
verkaufen
ihre Pfarrn
nicht.

der Candidat Jhm etwas dafüͤr bezahlen darf, durch Uberreichung
oder Anschaffung eines Decrets, so sie Tescher nennen, uͤbergibt,
wormit er in die erledigte Stelle eingesetzt ist. Von dieser Zeit an
ist er ein nach allen Quælitaten installirter Jmam/ und hat zu sol
chem Amt Recht und Fug, bis er entweder selbst wieder abdankt, oder
wieder seinen Willen abgesetzet wird.


Nach einer kleinen Verweilung / da man hätte gedenken sol
Kurze Ver
weilung
des Sul
tans in der
Kirche.
len, es wäre der Sultan kaum in die Kirche eingetretten, kam
er schon wieder zuruck. Aber dieses ist der meinsten Fuͤrsten und Her
ren lang behauptete Gewohnheit, daß sie mehr zum Schein, dem
Volk einen blauen Dunst vor die Augen zu machen, als aus Andacht
in die Kirche kommen. Die mehresten stellen sich aͤusserlich tugend
haft, und messen ihre GOttesfurcht nach der Beobachtung ihrer
eingeführten Gebräͤuche ab. Doch sey ferne, daß ich dieses von al
len wolte gesagt haben, gleich als wann niemand unter ihnen zu fin
den wäre / der GOtt mit aufrichtigen Herzen verehrete. Man trift
gleichwol noch ihrer viele an, bey welchen GOTT und das wahre
Christenthum in grosser Hochachtung stehet: und daß ich anjetzo an
derer noch lebenden Koͤnige und Füͤrsten nicht gedenke, so ist ja aus
denen Schrifften bekannt genug, was von dem Allerdurch
Gottes
furcht des
Ertz⸗Her
zoglichen
Hauses
Oester
reich.

lauchtigsten Erz⸗Herzoglichen Hauß Oesterreich schon
so viele Scribenten vor mir aufgezeichnet haben. So viel derselbi
gen dieses Erz⸗Herzoglichen Haußes auch nur zufälliger Weise
gedenken, bejahen einhellig, daß Solches durch die Gottesfurcht,
abson
- 271 -
Beschreibung des Bairams.

227

absonderlich aber durch den Eifer und Andacht gegen das allerhei
ligste Sacrament des Altars, so hoch gestiegen; ich aber sage, daß
es eben durch Dieselbige annoch erhalten werde. Habt ihr Wiener
hiervon nicht taͤglich ganz oͤffentliche und ungemeine Exempel? habe
ich doch selbsten nicht nur einmal gesehen, bin auch nicht wenig da
Des Kai
sers und
der Kaiserl.
Frau Mut
ter Hoch
achtung ge
gen das H.
Sacra
ment des
Altars.

durch erbauet worden / daß unser frommer Kaiser / wann Er auf
der Jagd unterwegs war, oder die Kaiserliche Jhres heilig
geführten Lebens⸗Wandel allenthalben bekannte Frau Mutter
ausser der Stadt nach einem Closter oder Kirche zur Andacht, oder
sonst frische Luft zu schoͤpfen aus⸗fahren wolte, auf dem Weeg aber
ungefehr einen Priester angetroffen, so die lezte Zehrung einen Kran
ken zu bringen im Begrif gewesen, unerachtet alles Regen⸗Wetters
aus dem Wagen gestiegen, dem Priester mit Jhrer ganzen Suite
durch die unsaubersten Strassen nachgefolget, und ihn nicht eher
verlassen haben, als biß Sie den unter den Gestalten des Brods
verdeckten grossen GOtt entweder zum Kranken, der oft an einem
Eck der Stadt in einem schlechten Bauren⸗Hüͤttlein wohnte / oder
wieder zuruck nach der Kirche begleitet hatten; woraus Sie alsdann
erst Jhren vorgesetzten Weeg weiter genommen. Jedoch ich will
hier keinen Panegyricum sondern eine Historie schreiben; weswegen
ich jenes andern uͤberlasse, und wieder zu meinem Vorhaben kehre.
Nachdem nun der Sultan aus der Kirche wieder zuruck gekom
men, sind die nicht nur an dem Ufer des Meers um das Serallien
gepflanzte, sondern auch die auf den Schiffen befindliche Stüͤcke zum
zweytenmal und hernach den Tag uͤber öͤfters loß gebrannt worden.
Die drey folgende Täͤge versammlen sich die Tuͤrken haufen weiß, und
machen sich bey ihren Trommeln und Pfeiffen lustig. Ich habe
auch gesehen / daß einige eine lange Stange herum getragen und da
bey gesungen, ein anderer aber mit einer Trommel vorhergegangen
ist; an diese Stange nun haben die Türckische Weiber aus ihren
Fenstern allerhand gefärbte Tüchlein gebunden, deren bisweilen
mehr als zehen an einer Stange zu sehen waren, welcher so dann ei
ne grosse Menge Jungen mit lautem Geschrey nachliefen, gleich als
bey uns zu geschehen pflegt, wann die drey Weisen aus Mor
genland mit ihrem Papiernen Stern bey der Nacht herum wandern:
alle Kram⸗Läden stunden offen, vor den Kirch⸗Thüren wurden auch
welche

Ff 2
- 272 -
Zweytes Buch / Fünfte Abtheilung /

228

welche aufgeschlagen, und waren der Kaͤufer und Verkaufer allent
Ein Sclav
wird von
den Türken
wieder
wegge
nommen.
halben genug vorhanden. Jn dieser Zeit, da wir uns in der Stadt auf
hielten, ist ein Sclav, welcher aus einem Christen ein Türk worden,
oder wenigstens aus Furcht und durch die grosse Marter sich also
gestellt hat, als wann er ihres Glaubens wäre, von den Tuͤrken wie
der aufgefangen und mit Gewalt fortgeschleppet worden, weil er sich
gar zu viel getrauet, und allzuweit von des Herrn Groß⸗Botschaf
ters Hauß weggemacht hat. Der Dolmetsch, Herr Goͤtz/ von
Der Dol
metsch Götz
stirbt an
der Pest.
welchem ich schon gemeldet, daß er mit der Pest inficirt gewesen, ist
den 17. Augusti daran gestorben, und der erste gewesen, den wir aus
unserer so grossen Anzahl in der Tüͤrkey verlohren, nachdem wir zwar
vorher schon auf der Reise einen Knaben zu Peterwardein gelas
sen, deme man das Leben schon in Wien abgesprochen. Besagter
Dolmetsch ist den 18ten durch Roͤmisch⸗Catholische Priester auf der
Armenier Kirchhof zu Erden bestattet worden, welchen aber wegen
der gefährlichen Krankheit wenige von den Unsrigen dahin begleitet
Zeitungen
von den
Gränzen.
haben. Dazumal ist auch ein Janitschar, so mit Briefen an die
Gränzen geschickt worden, mit der Zeitung wieder zuruck kommen,
daß selbige unserer Seits mit Soldaten besetzt seye und niemand hin
über gelassen werde, der nicht vorher die vierzig⸗taͤgige Garantaine
zu Parakin gehalten habe, zu welchem Ende man viele Wohnun
gen unter der Erden verfertigte / die auch zum Theil schon im Stan
de wären; alle Brieffe, so von verdächtigen Orten herkamen, wuͤr
den durch Eßig gezogen und geräuchert: wie dann auch deswegen
ein scharfer Befehl von dem Hof⸗Krieges⸗Rath an den Gränz⸗Com
mendanten Grafen Oduyer ergangen wäre. Dieser Bothe brach
te nicht mehr als einen einigen Brief an den Herrn Groß⸗Bot
schafter / so von einem Officier auf der Gränz geschrieben war,
und erst Besagtes confirmirte. Heute wurde das Schiessen
aus dem groben Geschütz zum letztenmal
gehöret.


) ∘ (

Sechste
- 273 -
Verschiedene Begebenheiten bey der Botschaft.
229


Sechste Abtheilung.


DEn 19. dito giengen Se. Excellentz in Begleitung der GraDes Herrn
Botschaf
ters Visite
an den En
geländisch⸗ und Hol
ländischen
Gesandten.

fen Bathyani / Emanuel Kollovrath und Althan /
und der Freyherren von Zweiffel / Hörde / und Locher
nacher Belgrad / einen von Constantinopel 5. Stunden weit ent
legenen Ort, bey dem Englischen Gesandten die Gegen⸗Visite abzu
legen; wohin Sie noch zu Jhrer Bedienung Jhren Stallmeister
Herrn Brinckmann / zwey Edel⸗Knaben, zwey Heyducken und
vier Diener in der Livrée mit sich genommen. Den Tag darauf
verfüͤgten Sie sich im gleichen Absehen nach dem Holländischen Ge
sandten / welcher sich auch daselbst aufhielte; und den dritten Tag
begaben Sie sich hier wiederum weg, und nach der Stadt zu dem
Moufti, wohin Sie von dem Herrn Abt Grafen von Schrat
tenbach und dem Marggrafen Besora / so erst von Haznadar⸗
Schiftlick aus dem Lager ankommen waren, in Jhren Wagen be
gleitet wurden; die uͤbrigen aber, so auf der Reise nach Belgrad
bey dem Herrn Botschafter gewesen, sind Jhm theils zu Pferd
Des Mouf
ti Tochter
zeiget sich
dem Herrn
Botschaf
ter.
gefolget, theils aber wieder nach Hauß gekehrt. Es hat der Mouf
ti / dem Herrn Groß⸗Botschafter zu sonderbahren Ehren, seine
jüngere Tochter herbey kommen lassen, und Jhme solche gezeigt, wel
ches bey den Türken was ganz unerhörtes ist: sie verdiente aber
auch wol, daß man sie betrachtete, indem es ein uͤber die massen schöͤ
nes Kind war, und damit man sie desto unverhinderter sehen koͤnnte,
mußte sie den gewoͤhnlichen Schleyer voͤllig ablegen, und das Gesicht
blos geben. Um selbige Zeit hat des Holländischen Gesand
ten Gemahlin mit Vergünstigung des Herrn Groß⸗Botschafters Herr Dor
schäus
wird zu des
Holländi
schen Ge
sandten
Gemahlin
beruffen.

dessen Leib⸗Arzt den Herrn Dorschaͤus zu sich kommen lassen, Jhr
mit seiner geheimen Arzney für das Fieber von diesem beschwehrli
chen Gast loß zuhelfen. Unterdessen giengen die Grafen Nessel
rode / Thürheim / Künigl / und Bielinski / in Abwesenheit der
übrigen Gesellschaft nach St. Stephan zu dem Französischen Bot
schafter auf die Jagd, woselbst er ein von uns nicht weit entlege
nes Lust⸗Hauß hatte.
Den 20ten auf den Nachmittag kam der Herr von Dier
Herr von
Dierling
kommt von
seiner
Commis
sion wieder
zuruck.

ling /

F f 3
- 274 -
230

Zweytes Buch / Sechste Abtheilung.

ling/ Secretair bey der Groß⸗Botschaft, aus der Stadt zurück,
wohin er Verrichtungen wegen mit dem Sprach⸗Knaben Petro
witz geschickt worden. An diesem Tag war ein heftiges Wetter
mit Blitz und Donner auf dem Meer entstanden, welches sich ge
gen unser Lager ziehen wolte, so aber ein Nord⸗Wind wieder zer
theilet hatte. Den 21ten um zwey Uhr Nachmittag kamen Se.
Excellentz von dem Moufti / die Herrn Grafen aber von dem
Patriarch
zu Constan
tinopel
kommt ins
Lager.
Französischen Gesandten erst auf dem Abend wieder zuruck. Den
22. dito fande sich bey dem Herrn Botschafter der Erz⸗Bischof
von Ancyra ein / mit Namen Raymundus, welcher auch zu Con

stantinopel in der Lateinischen und auch in der mit uns vereinigten
Grichischen Kirche die Stelle eines Patriarchen versiehet. Es war
ehedessen ein Dominicaner⸗Mönch, dessen Ordens⸗Kleid er auch noch
beständig träget; Jhm bekleideten noch zwey andere Priester, und
zwey geistliche Knaben, die zu seiner Aufwartung bestellt waren. Er
hat etwas weniges von dem Pabst zu Rom zu heben, womit er aber
schlechte Sprünge thun würde / wann nicht die Freygebigkeit der
Herr von
Dierlings
Besichti
gung der
angetrage
nen Woh
nung.
Gesandten und Kaufleute das beste darbey thäte. Kaum war der
Herrn von Dierling wieder gekommen / als er gleich mit dem
Hof⸗Marschalk, einem Dolmetsch und Priester, mit Namen Lovi
na, nochmaln abgefertiget worden, die von dem Groß-Vizir dem
Herr Botschafter offerirte Wohnung an dem Canal in Augen

Nachricht
von der
Victorie in
Sicilien.
schein zu nehmen. Eben an diesem Tag erhielten wir auch die höchst
erfreuliche Nachricht aus Teutschland, daß den 2ten vorigen Mo
nats der Feind in Sicilien auf das Haupt geschlagen, Palermo
erobert, und grosse Hofnung sey, daß die Stadt Messina und die
ganze Jnsul mit dem Vorgebürg auch bald fallen werde, weilen der
Feind nunmehro das Feld räumen und sich in die Schloͤsser, als sei
Verdop
plung der
Wacht.
ne letzte Retirade, verkriechen müssen. Die uns zur Wacht
zu geordnete Janitscharn wurden mehrerer Sicherheit hal
ben verdoppelt, damit wir in unserm Lager vor einiger
Feyrung
des Ge
burts-fests
des Herrn
Botschaf
ters.
Gewaltthätigkeit des Pövels desto besser versichert wären. Von
dem 23. bis 27. dito ist nichts besonders vor gefallen, ausser daß am
Bartholomäi Tag des Herrn Groß⸗Botschafters Geburts⸗Fest
mit grossen Pracht und Freuden gefeyret worden; welche Festivität
zu vermehren der Französische Gesandte in das Lager gekommen,
und zu Mittag bey Sr. Excellenz zur Tafel geblieben; wobey un
ter - 275 -
Verschiedene Begebenheiten der Botschaft.

231

ter Paucken⸗ und Trompeten⸗Schall die Gesundheiten lustig herum
getrunken worden. Auf den Nachmittag kehrte der Herr Gesandte
wieder zuruck, deme einige aus dem Adel begleitet, andere aber fan
den sich den andern Tag bey Jhm ein, weil er sie auf eine Jagd und
das Fest des König Ludwigs zu begehen eingeladen hatte. Der Ve
netianische Gesandte, Graf Rußini / welcher wegen widrigen Ankunft
des Vene
tianischen
Gesandten
in den Ha
fen.

Winds lange bey den Dardanellen halten muste, kam heute mit vol
len Segeln in den Hafen gelauffen, und ließ vor des Sultans
Serrallien, nach See⸗Manier, viel Stuͤcke loͤsen, die in dem Hafen
liegende Schiffe zu begrüͤssen, worauf ihn auch seine Landsleute auf
eben diese Art gedanket, welches alles wir bey der Zuruck⸗Kunft
Herrn Dierling und Theyls vernommen, zuvor aber das Pras
seln des Geschützes selbst gehöret haben. Ein zu Sophia erlöseter Ein Sclav
entwendet
eine mit ge
heiligten
Hostien an
gefüllte sil
berne
Büͤchse.

Sclav gieng zu seinem vermuthlich groͤstem Verderben wiederum zu
den Türken über, und trug diebischer Weise eine silberne Buͤchse,
worinnen der Allerheiligste Leib unsers Heylandes und See
ligmachers Christi in unterschiedlichen Hostien aufbehalten war,
mit davon, von welchem gottlosen Kirchen⸗Dieb und Erz⸗Böͤßwicht
man nachgehends nicht das geringste mehr erfahren können. Es
starb auch zu dieser Zeit ein von St. Florian gebürtiger OesterreiEin alter
70. jähri
ger Mann
stirbt.

cher, Namens Johann Schel / der schon über siebenzig Jahr alt,
und aus bloser Begierde, Constantinopel zu sehen, mit hieher ge
reißt, nachdem er uͤber dreysig Jahr mit seiner Frauen in vergnuͤgter
Ehe, ohne einigen Zank und Streit gelebt, auch kurz vor seinem En
de dieses sein Eh⸗Weib, welches auf eben diesem Bett mit ihm krank
gelegen, um Verzeihung gebetten, wofern er sie etwan unwissend in
solcher Zeit solte beleidiget oder etwas wider die eheliche Liebe
vorgenommen haben. Nunmehro riessen auch allerhand KrankheiKrankhei
ten regieren
in unserm
Laͤger.

ten und giftige Fieber in unserm Lager ein; so in diesem Land nicht selt
sam aber unsern Medicis anfangs nicht recht bekannt gewesen, wie
wir dann in einer kurzen Zeit über dreysig Kranke zehlten. Hier
bey aber hat sich Herr Johann Daniel Lambert Hulin / des
Herrn Botschafers Leib⸗Arzt, nicht geringe Mühe gegeben, und
solche zu præcaviren und abzuwenden recht sehr angelegen seyn lassen;
sintemaln er nicht allein Tag und Nacht in dem Lager herum gegan
gen, denen Kranken mit eigenen Häͤnden die Speise selbst bereitet
und zugebracht / sondern auch ihnen die Betten und Streue gemacht,
ja
- 276 -
232

Zweytes Buch / Sechste Abtheilung /

ja so gar seine Kleider unter sie ausgetheilet, womit er sich gewiß un
die ganze Botschaft recht sehr verdient gemacht, und das groͤste Lob
und Dank erworben hat.



Briefe aus
Teutsch
land wer
den ausge
theilt.
Den 27ten hat man die des vorigen Tags angekommene Brief
fe ausgetheilet, welches, daß es nicht eher geschehen / die Ursach ge
wesen, weil sie erst in der Nacht angekommen, und von dem Se
raskier / Commendanten der Türkischen Gränz, an den Mehe
met Capigi Baschi / der damals nicht zu gegen, addressiret waren.
Aus solchen Brieffen ersahen wir die Particularia des in Sicilien
mit den Spaniern vorgelaufenen Treffens, und erfuhren zugleich
den Tod des Grafen Gallas / Vice-Re in Neapolis. Dazu
Der Vene
tianische
Gesandte
läßt seine
Ankunft
vermeldten.

mal ließ auch der Venetianische Gesandte durch den Secretaire sei
ner Gesandtschaft und einigen Edelleuten dem Herrn Groß⸗Bot
schafter seine Ankunft zu Pera bedeuten. Den 28ten schickte der
Französische Gesandte dem Unsrigen die Jhm durch ein Schiff von
Smyrna überbrachte Zeitung aus Sicilien / deme Se Excellenz
dafür die von Wien hiervon erhaltene und weit ausfüͤhrlichere Nach
Krankhei
ten.
richt wieder zuruck gesendet hatte. Als der Sprach⸗Knab Penkler
aus den gestern angekommenen Brieffen den Tod seines Vaters ver
nommen/ hat er sich dermassen daruͤber entsetzt, daß er in eine Ohn
macht zu Erden gesunken, und man ihm deswegen eine Ader öͤfnen
müssen, von welcher er kaum durch des Herrn Leibs⸗Arzts grosse
Sorgfalt befreyet worden. An eben diesen Tag hat man Herrn
Wilhelm Grafen von Thierheim aus dem ersten Adel, aus dem
zweyten aber Herrn Heinrich Ferdinand von Schopen / wegen
immer zu nehmender Krankheit mit allem heiligen Sacramenten ver
sehen, und zu einem seligen Ende bereitet; es sind aber gleichwol
durch GOttes Hülfe und kluge Vorsorge und Geschicklichkeit unse
rer Aerzte diese zween junge Herrn uns und dem Publico zum besten
noch erhalten worden, welche auch / wofern sie ins künftige die
grosse von ihnen geschoͤpfte Hofnung erfüͤllen werden, woran wegen
ihrer sehr guten Gemüths⸗Beschaffenheit keineswegs zu zweifeln, der
Nachwelt zu einem Muster dienen können, das billig eines grossen
Lobes und Nachfolge würdig ist, wo sie es nur auch in der Tu
gend so weit als dieses ihr vorgestelltes Original, bringen
wird.

Den - 277 -


Verschiedene Begebenheiten bey der Botschaft.
233
Den 28ten hat sich auch der Wol⸗Ehrwüͤrdige Priester Robert Reise eines
Priesters
nach dem
gelobten
Land.

Leeb / aus den Orden des Heil. Bernhard zum Heiligen Creutz im
Wiener Wald, nach vorher von allen genommenen Abschied auf ein
Französisches Schiff begeben / und ist endlich den 29ten darauf mit
vollen Segeln nacher Joppe abgefahren, von dar willens, nach
Jerusalem und andere heilige Oerter zu reissen, welche zu besehen
er schon lang ein grosses Verlangen bezeiget / ob er schon mit ge
ringen Leibs⸗Kräften begabt war; indessen hat er sein Ordens
Kleid mit dem Habit des Heil. Francisci verändert, weil niemand
ohne dasselbige ein Zutritt dahin verstattet wird: er war auch geson
nen, wann er anders wird durchkommen koͤnnen, bis nach dem Berg
Sinai zu reisen, um die Merkmale dererjenigen Wunder⸗Werke,
so sich daselbst zu getragen, und deren nicht wenige noch anzutreffen
sind, in Augenschein zu nehmen. Mit eben diesem Schiff ist auch der
Französische Consul samt einem verordneten Priester aus des Heil.
Francisci Orden abgefahren, dabey ihnen der Wind so guͤnstig ge
wesen, daß, wann solcher lang angehalten / sie in besagten Hafen bald
werden eingelaufen seyn. Eben denselbigen Tag wurde auch der Herr
von Dierling mit dem Herrn Steger aus dem zweyten Adel, dem
Canzelisten Eurich / und Momarts dem Sprach⸗Knaben [21], samt
einigen Chiausen und Janitscharn in die Stadt geschickt, dem Ve
netianischen Gesandten wegen seiner gluͤcklichen Ankunft in Con
stantinopel zu complimentiren: so gienge auch der Herr BotBesichti
gung der
angewiese
nen Be
wohnun
gen.

schafter selbst mit denen Grafen Besora / Sebastida und Al
than nacher Pera / um die Jhme zur Wohnung angewiesene Häͤu
ser zu besehen, und die Einrichtung derselbigen zu beschleunigen, da
mit die Krankheiten, so ohne dem täglich anwuchsen, nicht völlig
überhand nehmen moͤgten, wann wir uns noch ferner in dem Lager
auf freyem Feld aufhalten wuͤrden, angesehen die kalten Nacht⸗Rei
fe denen Kranken uͤberaus nachtheilig fielen; es sind aber Se. Hoch
graͤfliche Excellenz noch selbigen Abend wieder zuruͤck gekommen,
nachdem Sie bey dem Französischen Gesandten nebst denenjenigen,
so mit demselbigen schon vorher abgegangen, und zum Theil erst
nachgehends sich daselbst eingefunden, zu Mittag gespeiset. Jm ü
brigen hat sich in den nechsten fuͤnf Tägen wenig Merkwüͤrdiges zu
getragen, ausser daß den ersten und zweyten October ein so entsetz
licher Regen gefallen, daß es schiene, als wolte eine neue Suͤnd⸗Flut
kom

Gg
- 278 - 234
Zweytes Buch, Siebende Abtheilung /

kommen; und war dieses der erste, der und wochin diesem Lager be
troffen hatte, aber dabey so nachdruͤcklich, daß er die vorige Tröͤckne
Gastirung
des Mehe
mets.
in diesem Monat reichlich compensirte. Es hat auch der Hr. Groß
Botschafter einsmals den Mehemet / unsern Führer, samt
noch einen Türken zur Tafel geladen, und dabey nicht nur Türkische
Speisen vorsetzen, sondern auch die Music nach ihrer Art einrichten
lassen; da sich dann diese Gaͤste nicht enthalten koͤnnen/ die erstern
überaus zu loben, und sonderlich uͤber das Letzte sich ungemein zu ver
wundern, weil sie nicht gedacht, daß die Teutschen so geschickt seyn wuͤr
den, ihre Tuͤrkische Music nach zumachen: damit aber solche recht
vollkommen seyn moͤgte, haben sie einige Tüͤrkische Knaben herbey
geruffen, welche darein singen musten, so daß diese Music anderer
Herrn Gesandten und ihrer Befreunde Beyfall mehrmaln verdient
Present an
den Herrn
Groß⸗Vi
zir von
drey JagdVögeln.
hatte. Dazumal wurde auch der Herr von Franken aus dem zwey
ten Adel mit dem Falken⸗Meister an den Groß⸗Vizir abgeschickt,
Jhme drey zu aller Jagd wol abgerichtete Vogel im Namen des
Herrn Botschafters zu præsentiren, wofür der Herr von Fran
ken einige schöne Tüchlein / der Falken⸗Meister aber 24. Ducaten
bekommen.


Siebende Abtheilung.



Visite des
Groß⸗Vi
zirs bey
dem Herrn
Groß⸗Bot
schafter.
DEn 4ten October ist dem Herrn Groß⸗Botschafter von
der Pforte eine ganz ausserordentliche Ehre wiederfahren:
dann da dieses sehr Ehrgeitzige Volk sich niemaln entschlies
sen kunte, daß ihr Groß⸗Vizir bey einem ausläͤndischen Gesand
ten die Visite abstatten durfte, hat Jbrahim gleichwol hiemit sei
ne Hochachtung gegen den Römisch⸗Kaiserlichen Groß⸗Bot
schafter an den Tag gelegt; damit Er aber bey seiner Nation nicht
in Verdacht kommen moͤgte, als ob er mit den Jaourn allzu grosse
Gemeinschaft pflegte, hat er die Sache folgender massen angestellt:
Er ist bis zwey Stund von der Stadt heraus gekommen, da
dann der Herr Botschafter nicht nöthig hatte, ihme über
tausend Schritt entgegen zu gehen; wordurch diejenige, so um die
Sache nichts gewust, nicht anders vermeint, als ob Se. Excellenz
zu dem Groß⸗Vizir giengen, da doch in der That dieser Jenen be
sucht - 279 -
Visite des Groß⸗Vizirs bey dem Herrn Botschafter.
235
sucht hatte. Kurz nach der Sonnen Aufgang ist Er bey des Herrn
Botschafters Hauß unter einer Begleitung von mehr als drey tau
send zu Pferd und Fuß vorbey marchirt; und als Er nicht weit von
unserm Läger auf einem Hügel, woselbst der Sultan ein Lust
Hauß stehend hatte, schon vorher ein präͤchtiges Zelt aufschlagen, und
die Köche und Kuchen⸗Sachen gleich frühe dahin bringen lassen, ist Er
selbst unter Begleitung vieler vornehmen Officiers und Staats⸗Mäͤn
ner, welche vor Jhm her geritten / worunter sich der Chiaoux- und
Nischanschi Bascha befunden, gefolget. Unmittelbar vor Jhm
wurden zwanzig der auserlesensten und auf das prächtigst gezierten
Hand⸗Pferde von allerhand Farben, als Fuchsen / Falben, Aschen
farb⸗gesprenckelten, Feuer⸗rothen / dunkelbraunen rc. gefüͤhret, wel
che alle nach der Ordnung zu erzehlen zu weitläuftig fallen würde.
Hierauf nun riete in der Mitte der Groß⸗Vizir selbst auf einem Käͤ
sten⸗braunen Pferd, dessen Decke kuͤnstlich und reich von Gold und
Silber gestickt war, auch dermassen gläͤnzte, daß man sie kaum ohne
Verletzung der Augen anschauen kunte: dessen langer rother mit wei
ten Ermeln gemachter Rock war mit Hermelin gefuͤttert/ und sein
Haupt⸗Bund von ordentlicher Groͤsse und um der Bequemlichkeit
willen nur ganz duͤnn umwunden; bey dessen Pferd giengen 24.
Chatir oder Hauß⸗Bediente, so nach ihrer Art alle weiß gekleidet
gewesen; hinter Jhm folgte sein Leib⸗Wagen, der von sechs Aschen
farben Schimmeln gezogen wurde, und nur aus lauter Holz und
Gegitter zusammen gemacht war, so daß er einem auf Rädern stehenden
Käfig gleich sahe, deme aber das inn⸗ und auswendige Gemaͤhlde und
die darinn liegende roth⸗sammete und mit guldenen Borten eingefaß
te Polster ein Ansehen geben musten. Nebst solchem kamen die Musi
canten gleichfalls zu Pferd, welche sich mit ihrer Music ohne Un
terlaß hören, und wann der Groß⸗Vizir zuweilen still stunde, ihren
freudigen von den alten Roͤmern entlehnten Zuruff; gluͤcklich/ o
der zur guten Stund erschallen liessen; worauf diesen Aufzug ei
ne Hauptmannschaft Janitscharn, und hinter denselbigen eine An
zahl Troß⸗Buben und Dienst Knechte beschlossen hatten.


Nachdem der Herr Groß⸗Botschafter diesen Aufzug des Der Herr
Botschaf
ter schickt
dem Groß
Vizir seine
Leute nach

Groß⸗Vizirs gesehen, hat er denen, so mit Pferden nicht ver
sehen waren, befohlen, daß sie zu Fuß dahin gehen solten, weil ohne
dem

Gg 2
- 280 -
Zweytes Buch / Siebende Abtheilung /

236

dem schoͤn Wetter und bemeldter Berg nur etliche hundert Schritte
Der Herr
Groß⸗Bot
chafter
wird nach
es Groß
Vizirs Zeit
abgeholet.
von unserm Läger entfernet war. Se. Excellenz selbst kamen zwi
schen neun und zehen Uhr dahin, Denen der Groß⸗Vizir den Me
hemet / Kaiserlichen Cämmerling, und noch einige andere Vorneh
me entgegen schickte, bey Jhnen noch im Quartier in seinem Namen
das Compliment abzulegen / und mit sich in dieses neue Läger zu
führen. Daselbst nun waren viele Zelten aufgeschlagen, um welche
ein auf der einen Seiten gruͤn und auf der andern roth gefaͤrbtes Tuch
in Gestalt einer Mauern gezogen / und an die Pflöͤcke fest gemacht
war; dasjenige aber, worein der Herr Botschafter gefuͤhrt wur
de, ist auswendig grünlicht, gleich dem Laub, inwendig aber auf
Türkische Art von vielen tausend Stuͤcklein zusammen gesetzt gewesen,
so alle unterschiedliche acht⸗ und viereckichte, runde und gespitzte Fi
gurn, Bildnisse, Blumen, Brunnen / Säulen, Früchten und Laub
Werk vorstellten. Der ganze Boden war mit Teppichen belegt, der
Ort aber, wo die Sofaus oder Polster lagen, mit einem hoͤlzernen
Gitter umgeben, und mit Pfaͤhlen unterstuͤtzt/ dessen Teppiche auch
die andere an Kostbarkeit übertroffen; die Polster selbst von weiser
Seiten auf Persianische Art mit Gold reichlich gesticket, die Stan
gen, worauf das Zelt ruhete, mit unterschiedlichen Farben bemahlt,
und mit vielen kupfern- und verguͤldeten Reifen ausgeziert. Bey dem
Eingang lag auf gleichfalls schon bemahlten Stangen ein vielfärbi
ges Tuch, womit gleichsam der Vorhof formirt und die Sonne
dardurch abgehalten wurde. Nachdem sich nun der Herr Bot
schafter mit dem Groß⸗Vizir hierinnen eine zeitlang von Staats
Sachen unterredet, ist Er von diesem in ein anderes gefüͤhrt worden,
welches zwar kleiner anzusehen, aber so praͤchtig und kostbar / als das
vorige nimmermehr / und innwendig auf allen Seiten mit Atlaß ü
berzogen gewesen, ausgenommen das vordere Theil, allwo ein schöͤ
ner Himmel auf vier Stangen gelegen, worunter die daselbst sitzen
de vor der Sonne⸗Hitze sicher seyn kunten. Dieses stunde gegen
der Sonnen Aufgang, an einer Anhoͤhe; und nachdem sich beide hohe
Personen darinnen auf die Sofaus niedergelassen, wurden dem
Hern Groß⸗Botschafter zu Ehren allerhand Schau⸗Spiele ge
halten, und darzu die Bizehami oder Stumme, die Deli (Hof
Narrn), Chiausen (Boten) / Muhlatzi und Besli (die Diener
der Beiglerbey oder Stadthaltern der Provinzen) gebraucht; ehe
aber
- 281 -
Visite des Groß⸗Vizirs bey dem Herrn Botschafter.
237
aber solche ihren Anfang nahmen, hatte man das um die Zelten statt
einer Mauer gezogene Tuch hinweg gethan, damit man hinaus auf
das freye Feld sehen können. Den Anfang hierzu machten die Schau
Spiel mit
WurfPfeilen.

Muhlagi / welche Leute sind, die wol zu Pferd sitzen; gleichwie
hingegen die Besli wol zu Fuß und von sonderbahrer Stärke sind,
aus welchen um dieser Ursach willen zum oͤftern einige zu Janitscharn
und Ringern genommen werden: Jene aber sind in dem Pfeil⸗werfen
sehr geübt, davon sie einige Gilid nennen, und nicht mit Eisen be
schlagen sind; andere aber werden von ihnen Gerit geheissen, so ei
serne Spitzen und mit den Pfeilen der Roͤmer eine grosse Gleichheit
haben. Diese Ubung ist bey den Tuͤrken sehr gemein, wird auch an
denenjenigen belohnt, welche eine sonderbahre Behendigkeit darinnen
zeigen; wie sie sich dann hierinnen am meisten zu üben pflegen: und
solte es auch geschehen, wie es dann bey so ungestümmer Wendung
und hitzigen Umlaufen nicht wol anders seyn kan, daß einige Pferde
hierdurch gelähmet oder sonst unbrauchbar worden/ oder auch wol
gar ihren Reutern unter dem Leib umfallen, so werden ihnen von ih
ren Herrn andere an deren Stelle verehret. Jch habe selbst gesehen,
daß einige den Zaum so ungestümm angezogen, oder die Steig⸗Bü
gel, deren sie sich einig und allein an statt der Sporn bedienen, ih
ren Pferden so unbarmherzig in die Rippen gestossen, daß ihnen das
Blut häufig herfür geflossen, und sie aus Schwachheit gar dahin ge
fallen. Es haben jedoch nichts destoweniger von undenklichen Zei
ten her die Tuͤrkische Kaisere ein sonderbahres Belieben an diesen
Schau⸗Spielen gehabt, und einige darunter, wann ihre Baschen
dergleichen angestellt, sich zum öͤftern dabey finden lassen; und weil
diese Kämpfer gemeiniglich von verschiedenen Nationen, gehen sie mit
der grösten Furie auf einander loß, um die Ehre ihrer Lands⸗Leute zu
retten, thun es aber damit öͤfters den alten Roͤmischen Fechtern an
Grausamkeit noch zuvor. Ricaut im IIIten Buch, im 10. Capitel
seiner Historie berichtet / daß diejenige, welche sich vor andern wol
halten / und das Feld behaupten, zur Belohnung ihrer Tapferkeit
ein Zaim oder Timarioth / welches gewisse Ländereyen sind, be
kommen, wovon sie eine bestimmte Anzahl Soldaten und dann auch
sich selbst unterhalten muͤssen; in welchem Stuͤck sie alsdann einige
Aehnlichkeit mit unsern Frey⸗ oder den Römischen Zehend⸗Herrn ha
ben. Anfangs stellten sich unsere Wurf⸗Schüͤtzen zwey und zwey Ordnung
der Wurf-
Schützen.
zu
Gg 3
- 282 - 238
Zweytes Buch / Siebende Abtheilung /

zu Pferd, und dann endlich auch Haufen⸗weiß gegen einander; und
so bald sie das Zeichen zur Schlacht von den Chiausen bekommen,
haben sie ihre Pferde auf eine ganz besondere Manier gewendet, auf
ihren Gegen⸗Part zu geworfen, und auch denen jenseits hergefloge
Künstliche
Wendung
des Leibs.
nen so künstlich durch gewisse Bewegungen, Beugung und Krüm
mung des Leibs, nach erheischenden Nothfall zu pariren, dieselbi
ge mit den Händen in der Lufft aufzufangen / mit zweyfach geschnä
belten Häcklein von der Erden aufzuheben und hinwiederum mit sol
cher Kunst und Behändigkeit gegen ihren Feind zu werfen gewust,
daß es diejenige, so dergleichen niemal gesehen, ohnmoͤglich glauben
können. Andere hingegen, wann sie merkten, daß sie duͤrften ge
troffen werden, kunten sich so fix und artig um ihr Pferd herum
schwingen, daß man oft nichts als einen Fuß auf dem Sattel sahe,
der übrige Leib aber mit des Pferds Hals und Seiten bedeckt war,
welches sie auch præstirten, wann gleich das Pferd in vollem Lauf
gewesen, wobey sie es nichts destoweniger dermassen regiren und in
Zaum zu halten gelernet hatten, daß ohnerachtet solches Herunterhäͤn
gens es gleichwol nach ihrem Gefallen stehen muste, und waren an
bey so behend, im vollen Lauf wieder darauf zu springen, daß einem
bey nahe das Gesicht daruͤber hätte vergehen sollen. Wann nun ei
ner seinen Feind an das rechte Ort mit dem Pfeil getroffen, oder
den Pfeil mit der Hand gefangen und auf ihn glüͤcklich wieder zu
ruck geworfen, machten solches die Umstehende und Chiausen also
bald durch ihr Geschrey kund; worauf der Uberwinder so gleich von
Belohnung
der Über
winder.
dem Pferd sprang, von einem Stummen oder Chiausen vor des
Groß-Vizirs Zelt geführet wurde, und daselbst auf den Knien den
Lohn seiner Geschicklichkeit empfienge: nach Erhaltung dessen neigte
er sich mit dem Kopf fast bis zur Erden, druckte seine rechte
Hand mit grosser Geschwindigkeit an die Stirn, und gieng damit,
frölicher und reicher als zuvor, wieder auf den Kampf⸗Platz zuruck,
suchte seinen Feind von neuem auf, nachdem ihm auch der Muth
durch das empfangene Geld vermehrt worden, welches sie hoͤher als
die Ehre des erhaltenen Siegs selbst schätzen; so geschahe es auch
wol, daß mancher mehr als einem Ducaten, ja wol so viel bekam,
als er nur Pfeile von seiner Hand nach dem Feind geworfen.

Nach - 283 -


Visite des Groß⸗Vizirs bey dem Herrn Botschafter.
239
Nach Endigung dieser Rittermaͤssigen Ubung haben die StumDer Stum
men Kurz
weil.

men ihre Kuͤnste und Kurtzweil angefangen, welche aber so abge
schmack und zottenmäͤssig, ja recht leichtfertig und geil heraus kam
daß solche niemand als Barbarischen Gemüthern gefallen kunte; und
wolte ich mich meines theils, ob ich schon der Ernsthaftesten keiner
bin, obligiren, ihnen ein ganzes Jahr zuzusehen, ohne die ge
ringste Neigung zum Lachen dardurch zu bekommen. Es waren im Sprach der
Stummen.

übrigen diese Leute mit einer besondern Gabe von der guͤtigen Natur
versehen, vermittelst welcher sie den Mangel der Sprach ihnen ei
niger massen wiederum ersetzet; dann sie wissen nicht allein ihre Ge
danken durch gewisse Zeichen, Aufreckung der Finger und andere
Bewegung des Leibs dermassen zu erklären, daß man sie gar wol
verstehen kan, und sie hinwiederum auch andere verstehen, sondern
wann nur einer den Mund zum Reden aufthun, oder mit dem Fin
ger ein Zeichen geben wolte, kunten sie schon seine Meinung erra
then. So ist auch sonst unter den Tuͤrken diese stumme Redens
Art gar sehr eingefüͤhrt, und auch denen Vornehmsten gar wol be
kannt, als welche von Jugend auf darzu angewiesen werden. Der
Nischanschi Bascha / einer der vornehmsten Officier bey den Tüͤr
ken, und Tochtermann des Groß⸗Vizirs, der mit seinem Zug die Kai
serl. Befehl unterzeichnet, liesse sich in eine weitlaͤuftige Rede durch der
gleichen Zeichen mit ihnen ein; ja der Groß-Vizir erwiese hierin
nen seine Geschicklichkeit, und redete unterschiedliches auf diese Wei
se/ hatte auch die Antwort auf eben die Art von andern wieder ange
nommen. Es bedienet sich aber der Kaiser dieser stummen Kund
schafter, seines Groß⸗Vizirs und anderer täͤgliche Verrichtung
durch sie zu erfahren, welche Jhm bey dem Abend⸗Essen, alles was
sie hievon wissen / in dieser Sprach erzehlen. Als der Herr Groß
Botschafter des Nachmittags um fuͤnf Uhr wieder aufbrechen
wolte, und zu dem Ende seine Sack Uhr heraus zoge, und noch dem
Zeiger schauete, war ihm einer aus den Stummen hierinnen vorge
kommen, welcher seine zwey Finger an der linken Hand in die Hoͤhe
reckte, mit der rechten gegen die Sonne zeigte, und durch gewisse und
zu diesem Absehen nicht ungeschickte Bewegung des Leibs zu verstehen
gab, daß innerhalb zwey Stunden die Sonne von unserm Horizont
werde Abschied nehmen, welches bey jederman ein heftiges Lachen und
nicht geringes Wolgefallen erwecket.

Hier
- 284 -


Zweytes Buch / siebende Abtheilung /

240

Hierauf kam einer von den Deli aufgezogen, der es den Stum
Der Deli
seltsame
Possen.

men mit abgeschmackten Possen gleich thun wolte; in diesem Abse
hen lief er am Ende des Lagers hin und her, und stellte sich an, als ob
er Früchte zu verkaufen hätte, trug auch auf dem Kopf eine runde
Platte, mit Aepfeln, Birn, Nüssen / Pfersingen, Weintrauben und
andern Früchten häͤufig belegt, und rufte aus vollem Hals, daß man
ihm abkaufen solte; weswegen ihm die Beßli nachliefen, seiner
Sachen beraubten, und vor die Chiausen brachten, so vor des Groß
Vizirs Zelt stunden; diese hatten mit dem guten Alten ihre Kurz
weil / nahmen ihm sein Geld und andere Sachen, rissen ihm die
Kleider vom Leib, warfen ihn zur Erden, banden ihn und zogen ihm
die Hosen ab, begossen ihn mit Wasser, und hatten auf allerhand
Weise ihr Gespott mit ihm, tractirten ihn auch haͤßlich mit Schlä
gen und machten damit diesen Possen ein den Schau⸗Spielen ge
wöhnliches Ende, Das letzte aber war auch hier bey ihm das Be
ste; dann der Groß⸗Vizir schenckte ihm einige Ducaten, welches
er sich weit besser als das vorige Tractament gefallen liesse: und weil
er auf jenes Früh⸗stuck ein gleiches Mittagmahl befürchtete, machte
er sich stillschweigend ohne Dank und Abschied davon.



Vorfüh
rung eini
ger kostba
rer Pferde
und Pre
sent an den
Herrn Bot
schafter.
Endlich wurden neben dem Zelt dem Herrn Groß⸗Botschaf
ter auf Befehl des Groß⸗Vizirs neunzehen der kostbarsten Hand
Pferde vor geführt / so alle Königlich aufgebutzt, und an etlichen die
Zäume, Sattel, Steig⸗Bügel und übrige Rüstung von vergülde

ten Silber und darbey so schwehr waren, daß die Pferde genug dar
an zu tragen hatten; Hiervon wurden Sr. Excellentz von dem
Groß⸗Vizir ein falbes Pferd verehrt / weil Er vermeinte /
daß diese Farbe in Teutschland am seltsamsten wäre, nebst dem an
dem Sattel hangenden Caddare oder Säbel, und einer von einem
raren Meister verfertigten Flinte, welchem noch beym Abschied ein
mit Hermelin gefüttertes Kleid folgte, dergleichen, wie schon ge
Bewir
thungen in
dem Gezelt.
meldet, der Groß⸗Vizir diesesmal selbst an hatte. Von hier
gieng ermeldter Groß⸗Vizir mit dem Herrn Groß⸗Botschafter
und dem Nischanschi Bascha, seinem Tochtermann, zur Tafel,
die uͤbrigen aber wurden nach ihrem Stand in unterschiedlichen Zel
ten angewiesen; wie dann so gar auch des Herrn Groß⸗Botschaf
ters und des Adels Bediente auf Türkische Art tractirt wurden.
Hierbey war das Getränk immer einerley, und bestunde in unter
schie
- 285 -
Visite des Groß⸗Vizirs bey dem Hrn Botschafter.
241
schiedlichen suͤssen Wassern, an statt dessen uns mit Wein besser wäͤ
re gedienet gewesen. Alle Gerichte hat man in Porcellanen und
Schlangen⸗steinernen Geschirren, so die Tuͤrken Farfouri nennen, auf
getragen, als welcher sich die vornehmen Personen in der Tuͤrkey aus
zweyerley Ursachen bedienen, eines theils, damit sie das Silber und
Gold erspahren, dessen hierdurch bey andern Voͤlkern viel unnuͤtz
lich verthan wird; andern theils aber, weil sie in der Meinung ste
hen / als ob dergleichen Geschirr keinen Gift hielten. Unter wehren
der Tafel / da allerhand Discours auf die Bahn gebracht wurden, Des Herrn
Botschaf
ters mora
lischer
Discours.

hatte sich der Herr Botschafter jederzeit bemuͤhet, etwas mora
lisches mit anzubringen; und zwar hier beliebte Jhm auf des Groß
Vizirs Vortrag, daß ein Gesandter sehr wol auf seiner
Hut seyn und auf alles genaue Achtung geben muͤsse/ zu
antworten, wie GOtt der HErr einem jeden Thiere was sonderli
ches verliehen, als dem Loͤwen und Bären die Stäͤrke, dem Haasen
die Geschwindigkeit, dem Fuchsen die Arglistigkeit, und andern wie
derum was anders, wordurch sie genugsam im Stand gesetzt wor
den, ihr Leben wieder ihre Feinde zu beschüͤtzen, und bey aller Gele
heit zu erhalten: und also habe Er auch seine Gaben unter die Men
schen ausgetheilt, vermittelst deren ein jeder/ wann er sie recht zu ge
brauchen wuͤste, und auch gehöͤriger massen anwenden wolte, sich
gluͤcklich machen koͤnnte; dann weil von einem Soldaten Muth und
Stärke, von einem Staats⸗Mann Scharfsinnigkeit und Fleiß, von
einem Befehlshaber die Klugheit, von einem Lehrer Wissenschaft
und Verstand erfordert wuͤrde, so solte sich jedermann auf dasjeni
ge legen, worzu er von der Natur geschickt gemacht worden, und auf
solche Weise wuͤrden alle Menschen glücklich leben koͤnnen; aber es
bleibt bey dem alten Sprichwort, daß ein jeder seine Neigung
dahin am meisten wendet / was ihm am meisten verbotten
ist / und wir insgemein dasjenige am liebsten zu seyn wün
schen / worzu wir am wenigsten tuͤchtig sind; und also koͤn
ne es nicht fehlen, daß, weil wir unserm Naturell nicht folgen, wel
ches doch billich seyn solte, wir uns selbst in unser eigenes Ungluͤck
stürzten. Auf gleiche Weise pflege es auch in Erwehlung Speiß
und Trank her zu gehen, dann ob schon ein jedes Land, oder doch
die meisten Provinzen, ihre Nothwendigkeit herfüͤr bringe, wovon
sich die Einwohner erhalten koͤnnten, so durchschiffte man doch alle
Meer,

Hh
- 286 -
242

Zweytes Buch, siebende Abtheilung /

Meere, um der Menschen unordentlichen Begierden und Ehrgeitz ein
Genügen zu leisten. Wie oft wüͤrden bey einem Gastmahl Spei
sen aufgesetzt, so bey nahe aus allen vier Enden der Welt ange
schaffet worden; zu geschweigen der unzählichen Arten Weine und
Wasser, tausenderley Tücher und Gewebe, so man mit den gröͤsten
Unkosten und Mühe aus den weit entlegensten Laͤndern herbey ge
bracht hat; und doch seyen diese alle noch viel zu wenig, den unersätt
lichen Appetit der Menschen zu vergnuͤgen, so daß sie selbigen nur
je mehr und mehr entzuͤnden und anflammen. Mit diesen und der
gleichen Gesprächen wurde die Zeit zu gebracht, und die Speisen
damit noch schmackhafter gemacht. Nach aufgehobener Tafel lang
te man riechende Wasser und Rauchwerk in der Reihe herum, und
stieg alsdann wieder zu Pferd, auf welchen sich der Groß⸗Vizir
nach der Stadt, wir aber mit dem Herrn Botschafter nach unserm
Lager verfügten; nachdem Sie beide auf den Weeg nochmaln freund
lichen Abschied von einander genommen. Hierauf wurden Se. Ex
cellentz von denen Stummen begleitet, wofüͤr Sie bey der Ruck
Was die
Venetianer
bey diesem
Krieg un
serm Kaiser
zu danken.
kehr dieselbige mit silbernen Sack⸗Uhren beschenket hatten. Noch
zwey Stücke sind hier mit Stillschweigen nicht zu übergehen; erstlich,
daß nach der Tafel, als man ungefehr der Venetianer gedachte, und
die Nachmittags gewöhnliche Bet⸗Zeit der Türken herbey kam, auch
der Groß⸗Vizir um deswillen, nach genommener Erlaubnüß von
dem Herrn Groß⸗Botschafter, sich von uns absentirt, jener bey
dieser Gelegenheit öffentlich contestirt habe, wie die Venetianer von
Glück zu sagen hätten, daß bey ihren so üͤbel bestellten und schon
halb verlohrnen Sachen sich zu vörderst Seine geheiligste Rö
misch⸗Kaiserliche Majestät / und dann auch Se Hochfürstl.
Durchl. der Prinz Eugenius, und Se. Excellentz der Herr Groß
Botschafter ihrer angenommen, und ihr schon voͤllig sinkendes
Glück wieder hergestellet; weßwegen Sie grosse Ursach hätten, GOtt
den Allerhöchsten für dieser Dreyen Erhaltung täglich zum öftern
zu bitten, als durch welche Jhnen der Friede und ihre ganze Wol
farth auf das neue verschafft worden; dann wo sich unser Un
überwindlichste Kaiser / sieghafte Feld⸗Herr / und kluge
Botschafter und Friedmacher Jhrer nicht so nachdruͤcklich an
genommen hätte, würden sie weder einen Stillstand noch einigen an
dern - 287 -
Visite des Groß⸗Vizirs bey dem Hrn Botschafter.
243
dern hierdurch erhaltenen Vortheil sich haben versprechen duͤrfen;
und diese Worte ungefehr hat er auch so gar zum andernmal wieder
holet. Das andere ist, daß er den Bascha von Chaskoi / ersten Viel ver
mögender
Vorspruch
des Herrn
Botschaf
ters.

Führer des Fuß⸗Volks, der unsern Herrn Groß⸗Botschafter
aus seiner Provinz bis nacher Schemischezen/ so zwischen Phi
lippopel und Adrianopel liegt, entgegen gegangen, auf Sr.
Excellentz Recommendation, zum obersten Feldherrn der Reu
terey, und uͤber dis noch zum Stadthalter von Candien ernennet,
und ihm daruͤber alsobald das Decret ausfertigen lassen; wobey der
Groß⸗Vizir zu verstehen gab, daß, ob er sich schon nicht we
nig verdient gemacht haͤtte, er doch zu dieser Charge sich so bald
noch keine Hoffnung machen duͤrfen, wofern er nicht dißfalls den
Herrn Botschafter zu seinem Patron gehabt, sintemaln auch an
dere deswegen einkommen, denen es weder an Verdiensten noch Jah
ren fehle, auch anbey ihre bereits vornehme Bedienung und grosse
Göͤnner ihren Ansuchen einen wichtigen Nachdruck geben koͤnnten;
wordurch er dann zu verstehen geben wolte, wie hoch er Sr. Excel
lentz Freundschaft æstimire, wann er Dero einige Recommenda
tion aller andern im ganzen Reich vorgezogen. So kam auch dem
Mehemet unserem Fuͤhrer diese Gelegenheit wol zu statten; dann
weil er bishero von seinem Amte als Kaiserlicher Kämmerling, da
von er doch den Namen schon lang gefuͤhret, noch keine Besoldung
gezogen, ist er in die Zahl dererjenigen aufgenommen worden, welche
täglich hundert und fuͤnfzig Asperl, deren drey zwey Creutzer ausma
chen, zu geniessen haben; und hat also die gewoͤhnliche Besoldung
völlig uberkommen.


Von dem 5ten bis 13ten October bliebe alles in unserm La
Krankheit
nimmt zu.
ger im vorigen Stand: die Krankheiten nahmen von Tag zu Tag zu,
und war die Anzahl der Kranken dermassen angewachsen, daß man
nun an der Edelleute Tisch kaum sechs oder sieben zehlen kunte, wo
vorhero uber zwanzig gespeiset wurden. Von unsern 400. Perso
nen, die wir bey nahe bey uns hatten / lagen auf einmal über 180.
krank darnider; worvon ein Knecht und eine Dienst⸗Magd / die sich
in dieser Welt viel schleppen muͤssen, gestorben. Indessen kamen von
den andern Gesandtschaften einige von Adel und andere Bediente zu
uns, so wol uns zu besuchen, als ihrer Herren Briefe zu bestellen,
die wir in unser Paquet einschliessen und dem nach Nißa gehenden
Janit

Hh 2
- 288 - 244
Zweytes Buch / siebende Abtheilung /

Janitscharen mit geben solten. Se. Hoch⸗Gräfliche Excellentz
Besuchun
gen des
Hn. GroßBotschaf
ters.

verfügten sich mit denen Grafen Bathiani und Nesselrode in ih
ren Wagen, und fuhren damit zu dem Englischen und Hollän
dischen Gesandten, nach dem sie vorhero zu Ejup mit dem Dol
metsch von der Pforte gesprochen haben; Sie wurden von den Gra
fen Besora / Sebastida und Kinigl zu Pferd begleitet, denen
die beide Grafen Kollovrad [22] und Scherftenberg nachgehends
gleichfalls zu Pferd dahin gefolgt sind; wohin auch der Mahler
Semler, noch in Anwesenheit des Herrn Botschafters, der Can
zelist Eurich aber schon bey dessen Wiederkunft geruffen worden.
Einige Tage hernach liessen Sich Se. Excellentz auch gefallen, den
Französischen Gesandten zu Pera heimzusuchen; andere aber,
als der Herr von Dierling / Freyherr von Zweiffel / Hörde / Graf
Scherftenberg, die Herren Mattoni, Preitenau und Sau
termeister Edelleute, der Stallmeister, Secretair Meier / und
Eurich giengen wiederum nacher Pera / und zum Theil auch in die
Stadt, so wol unsere neue Wohnungen zu beschauen, als auch dem
Groß⸗Vizir eine kostbare teutsche Flinte im Namen des Herrn
Botschafters zu überbringen. Unser Zucker⸗Becker Johann
Baptista Cervi gienge gleichfalls nacher Pera, um daselbst seiner
Andacht zu pflegen, und die von Venedig erst angekommene Freun
de zu besuchen; dafür unterdessen andere sich die Jagd belieben lies
sen, welche aber fast alle des Abends wieder zuruck kommen.


Als ich ungefehr den 9ten dito in Begleitung etlicher guten
Freunde mich ebenfalls die Lust ankommen ließ, nacher Pera zu
gehen / so wol meine Curiosité zu vergnügen, als auch den Herrn
von Dierling, welcher sich noch daselbst aufhielte, zuruck zu beglei
ten, höͤrte ich auf der Gassen ein grosses Lamentiren und Heulen / wes
wegen ich mich alsobald von den andern weg und zu den Fen
Armenia
nische Lei
che.
stern machte, da ich dann sahe, daß die Armenier eine Leiche
von ihren Glaubens⸗Genossen vorbey trugen. Hier nun kunte ich
beobachten, wie sich die bey dergleichen Begraͤbnuß bedungene Weibs
Klag⸗Wei
ber.
bilder durch einen erdichteten Schmerzen zu verstellen wusten, ange
sehen man aus ihren äusserlichen Geberden nicht anders solte ver
meinet haben, als ob ihnen ein grosses Leid wiederfahren, und sie recht
von Herzen betruͤbt waͤren, dergleichen Verstellung wir auch bey de
nen alten Scribenten beschrieben finden: sie liefen hinter der Leich
her,
- 289 -
Visite des Groß Vizirs bey dem Hrn. Botschafter.
245
her, simulirten eine uͤberaus grosse Traurigkeit, schlugen sich mit
Fäusten an ihre Brust, zerkratzten ihr Gesicht mit Nägeln, rissen
sich die Haar aus dem Kopf, stampften mit dem Fuß auf die Erden,
thaten nichts anders als heulen und weinen, und stellten sich an, als
ob sie rasend und toll wären, und das alles ums Geld. Dieser so
schmerzlich betruͤbten Seelen waren zwey, deren jede von zwey andern
erbarn Weibern gehalten worden, welche, ob sie diese desperaten
Leute schon gut gefasst hatten, gleich wol mit allen ihren Kräften
kaum verwehren kunten / daß sie sich von ihnen nicht loß reissen
mögten.


Den 14ten dito hatten wir das Fest der Erhöhung des H. CreuFest der Er
höhung
des Heil.
Creutzes
celebrirt.

tzes, so den Tag zuvor war angesagt worden, mit gröͤster Ehrerbie
tung begangen, wobey ein Stücklein des H. Holzes, welches vor et
lichen Jahren der Cardinal Mirandula dem Herrn Botschafter
verehret hatte, als dieser noch Stadthalter zu Mantua war, öffent
lich bey allen H. Meß⸗Opfern zur Verehrung ausgestellt und bey der
letzten Messe jedermann zu küͤssen dargereicht worden, worzu Se.
Excellentz den Anfang gemacht, und mit seinem erbaulichen Exem
pel allen andern vorgegangen. Den 16ten dieses entstunde in un
Tumult
wegen ei
nes
Storchs.
serm Lager ein entsetzlicher Lermen: der Falken⸗Meister kam mit eini
gen Jäger⸗Buben in gröster Eil nach des Herrn Botschafters
Quartier, und hinter ihnen drein die Janitscharn aus den benacht
barten Oertern und andere Tüͤrken Haufen⸗weiß mit Messern und
Stecken gelaufen, biß ihnen endlich unsere Wacht zu Hüͤlfe gekom
men. Die Ursach zu dieser Aufruhr war, daß besagter Falken⸗Mei
ster einen Storch in der Luft hat beitzen und durch die Falken herun
ter auf die Erden stossen lassen; dann die Türken halten es für ein
grosses Laster, wann man diesem Vogel mit Vorsatz etwas Leids zu
füget, welcher niemand einigen Schaden verursachet, aber auf vie
lerley Weise nutzlich ist, als der die Aecker, Wiesen, Obs⸗Kuchel
und Wein⸗Garten von den Schlangen und andern Ungeziefer reiniAnderer
einzelner
Person Ge
fahr von
den Tür
ken.


get. Fast auf gleiche Weise wäre es bald den vorigen Tag des Graf
Nesselrode seinem Bedienten, Namens Becker / ergangen / der ih
nen doch die geringste Ursach nicht darzu gegeben hatte: Es gieng die
ser mit einem Armenier, der aus Adrianopel her war, auf das
Feld / Lerchen zu schiessen, dabey er sich dessen als eines Dolmetschen
gebrauchen wolte, wo es die Noth etwan erfordern moͤgte, wie er
ihm

Hh 3
- 290 -
Zweytes Buch / Siebende Abtheilung/

246

ihm dann hierzu gar bequem schiene, weil er einigermassen Franzö
sisch verstunde, als welche Sprach er von seinem Herrn, der ein
Frank war, und deme er lange Zeit gedienet hatte, gelernet; dabey zu
erinnern, daß die Tüͤrken alle Europäische Fremdlinge Franken zu
nennen pflegen, sie moͤgen nun Teutsche / Jtaliäner, Franzosen, En
gelländer, Holländer oder sonst von einer Nation seyn. Nun trug
sichs zu, daß er sich von dem Lager weiter entfernet, als er wol selbst
mochte gemeinet haben, weswegen alsobald aus dem nächsten Dorf
drey Türken zu Pferd auf ihn loß gesprengt, die ihn bis in dasige Stein
Gruben getrieben, und da sie ihn daselbst in der Enge hatten, nun
mehr angreifen wolten; dieser aber von kurzer Resolution faßte ei
nen Muth, legte seine Flinten, die er zu allem Güͤck noch geladen
hatte, wider diese Räuber an, mit Bedrohung, daß er den nechsten,
so ihn zu nahe kommen wuͤrde, darnider schiessen wolte: Sie hinge
gen bedienten sich ihres gewöͤhnlichen Sprichworts: Haida Jaour /
pack dich / du Unglaubiger: zeigten ihm zugleich mit den Fin
gern das Meer und die Ruder⸗Bänke, wo sie ihn hinzubringen be
Gefahr der
schönen
Manns
Personen
in der Tür
key.
dacht gewesen. Jn eine noch weit grössere Gefahr geriethe zu Pe
ra / im Anfang des Aprils des nechstfolgenden Jahrs, mein Lands
mann und bester Freund, der Herr von Schopen: dieser bekam Lust,
bey dem schönen Frühlings⸗Wetter Turtel⸗ und Holz⸗Tauben zu
schiessen; wie dann nicht weit von dar an dem Fuß des andern Bergs
ein Cypressen⸗Wald war, der sich bis an das Meer und das Dorf
Besicktasch / wo der Kaiser ein Lust⸗Hauß hatte, erstreckte, in wel
chem derselbigen im Uberfluß anzutreffen. Jn diesem Absehen nun
gieng er mit des Herrn von Franken seinem Jäger dahin, ohne daß
er einen Janitscharn mit genommen; beide waren mit ihren Flinten
versehen, wormit sie auch etliche mit grosser Verwunderung und
Beyfall der dabeystehenden Tüͤrken bereits erlegt, welche ihnen so gar
die Tauben mit den Fingern zeigten, wann sich etwann eine unter das
Laub oder hinter die Cypressen⸗Zweige versteckt hatte. Endlich wol
te den Tuͤrken, als welche in des Juͤnglings schoͤne Gestalt ganz ver
narret waren, die Gedult zerrinnen, weswegen sich bey 600. bis 1000.
starker Kerls zusammen rottirten, die ihnen bey der Ruck⸗kehr, da
sie sich nicht zusammen gehalten, den Weeg verlegten, und sie mit Ge
walt ins Serrallien zu fuhren bedacht waren, um sich ihrer nach ih
rer
- 291 -
Visite des Groß⸗Vizirs bey dem Hrn. Botschafter.
247
rer schändlichen Weise daselbst zu bedienen, in welchem Fall wir nicht
wuͤrden gewust haben, wo sie geblieben. Es war aber des Herrn von
Schopen sein Glüͤck, daß er seine Flinten noch nicht loß geschossen,
weswegen derselbige solche gegen die Tuͤrken gehalten, und sie damit so
furchtsam gemacht, daß er Platz bekommen, sich mit dem Jäger zu
vereinigen / wordurch ihnen der Muth wiederum in etwas gewach
sen, so daß sie, nach einem kleinen Verweiß, daß sich der Jäger so
weit absentirt, mitten durch die besetzte Strassen hingegangen, und
ihren Weeg mit geschwinden Schritten, zwar mit weniger Furcht
aber nicht ohne alle Gefahr, üͤber den Berg fortgesetzt, bis sie end
lich bey Sonnen⸗Untergang wiederum gluͤcklich zu Hauß ankom
men waren. Sie wissen selbst nicht zu sagen, wie ihnen bey solcher
augenscheinlichen Gefahr zu Muth gewesen, noch viel weniger koͤnnen
sie begreiffen, was doch die Tüͤrken nur immer mag abgehalten ha
ben, daß sie nicht zu gegriffen und sie mit sich fort gefüͤhrt;
wiewol es der eine aus ihnen den H. Schutz Engeln zu schreiben will,
als welche er wochentlich zu verehren pflegt, und absonderlich heute
bey dem H. Meß⸗Opfer wider seine Gewohnheit seine Andacht hier
innen gleichsam verdoppelt hatte. Es mag unterdessen herkommen,
wo es will, so kan doch dieses denenjenigen, so etwan einmal in die
Türkey zu reisen gedenken, und absonderlich von guter Leibes⸗Gestalt
und dahero der Türken Geilheil um so vielmehr unterworfen sind, Ohne Ja
nitscharen
soll nie
mand aus
gehen.

zur guten Nachricht und Warnung dienen, daß sie sich nicht leicht
auf der Strassen, noch ausser den Herbergen, vornemlich in grossen
Städten und Flecken, ohne einen Janitscharen, der auf sie acht gibt,
und für sie stehen muß, sehen lassen; wie uns dann auch von dem
Herrn Botschafter jederzeit scharf verbotten, und nach dieser
Affaire noch schärfer untersagt worden, daß wir uns ohne Janit
scharen nicht aus dem Lager anderswohin begeben solten; wiewol
wir nunmehr dergleichen Befehl nicht mehr noͤthig hatten, nach
dem wir schon selbst aus anderer Leute Schaden klug
werden kunten.
) ° (


Achte
- 292 -
Zweytes Buch / Achte Abtheilung /

248


Achte Abtheilung.


Die Bot
schaft wird
in Asien
überge
führt.
DEn 17. dito wurde die Staats⸗Livrée unter die Bedienten
ausgetheilt, und den 18ten darauf die völlige Botschaft in
Asien übergeführt, weil sie daselbst in Natolien am Ca
nal des Schwarzen Meers auf einem Kaiserlichen Lust⸗Schloß sol
te tractirt und mit allerhand Schau⸗Spielen und anderen Lustbar
keiten divertirt werden. Gleich bey anbrechenden Tag wurde in die
Trompeten gestossen / und zur bevorstehenden Reise denenjenigen
das Zeichen gegeben, so von der Krankheit nicht davon abgehalten /
oder von solcher schon wieder völlig restituirt waren. So bald sich
die Sonne an unserm Horizont sehen liesse, setzte man sich zu Pferd,
welche uns hierzu von der Pforte geschickt worden; der Herr Bot
schafter aber begab sich mit dem Baron von Zweiffel und Herrn
von Dierling in seinen Wagen; worauf wir durch einander ohne
Ordnung nach der Vorstadt S. Job bis an das Ufer des Meers,
oder besser zu sagen, den Meer⸗Hafen von Bysanz/ oder das alte
Bosphorium geritten, welches seinen Namen daher füͤhret / weil des
sen Wasser aus dem Bosphoro oder dem Schwarzen Meer herfliesset;
wiewol Stephanus und Eustachius vermeinen, daß es vielmehr
Phosphorium müsse genennt werden, und zwar daher, weil, wie in dem
Supplement des 1. Buchs des Q. Curtii zu finden, Philippus, Ale
xanders des Grossen Vatter, die Stadt Byzanz lang vergeblich
Bosphorus,
wo er sei
nen Namen
her hat.

belagert, und endlich seine Soldaten einen verborgenen Weeg unter
der Erden ausgegraben, wordurch sie heimlich in die Stadt zu kom
men gedachten; es hat aber die Hecate Phosphoros denen Buͤrgern
die Augen aufgethan, und dieses Vorhaben entdeckt, weswegen sie
nachgehends, da sie von der Belagerung wiederum befreyet wor
den, diesen Ort Phosphorus genennet. Allhier haben viel Schiffe
auf uns gewartet, deren einige von acht, andere von zehen/ und des
Herrn Groß⸗Botschafters seines von 16. Rudern, dergleichen
hier selten jemand zugelassen wird / getrieben, und immer zwey von
einem Boots⸗Knecht gezogen wurden. Dasjenige, worinnen der
Herr Botschafter sich befand, hatte auch den Capigi Baschi
unsern Geleitsmann, nebst dem Baron Zweiffel und den Dol
metsch
- 293 -
Bewirthung des Herrn Botschafters in Asien.
249
metsch Herrn Theyls auf, und fuhr in der Mitte, da die andern
entweder voraus oder hinten nach giengen. Jn dieser Ordnung nun
sind wir der Stadt Constantinopel / nach ihrer völligen Länge, wie
auch bey dem Serallien, dem mitten im Meer stehenden Thurn, den
man fälschlich für den Leanders⸗Thurn hält / die Stadt Scutari
zur Rechten, bey Tersana / dem Zeug⸗Hauß, bey vielen in dem Ha
fen liegenden Kriegs⸗Schiffen und Galeeren, den Vorstädten Ga
lata / Pera und Thopana / bey Funduklu / Talman Ba
scha, und Besicktasch / einem andern zur Linken liegenden Kaiserl.
Lust⸗Hauß vorbey und zu dem Groß⸗Vizir gefahren, welcher
sich zur Frühling⸗ und Sommers⸗Zeit an dem Canal des Schwar
zen Meers nicht weit von dem Sultan aufhäͤlt. So bald der Herr
Groß⸗Botschafter allda ankommen war, verließ Er so gleich das
Schiff und verfuͤgte sich zu ermeldtem Groß⸗Vizir in Begleitung
des Adels und einiger andern in den Garten, wohin Er von dem
Dolmetsch und einigen Capigis / die Seiner an dem Ufer warte
ten, invitirt war, welche Jhn auch von dem Schiff an durch den
Vorhof über die Stiegen begleiteten. Gegen den Bergen nach
Groß⸗Vi
zirs Woh
nung zur
Frühling
und Som
mers⸗Zeit.

Europa zu war in dem Garten ein schoͤnes mit weiß⸗ und schwar
zen Marmel gepflastertes Zimmer, so zur Abküͤhlung gar bequem
war; in der Mitte desselbigen stunde ein aus weissen Alabaster ge
hauener Brunnen, worauf viele Thuͤrne/ Pyramiden und Saͤulen
gestellet und fast wie eine Kirche oder Stadt anzusehen war / den
Boden aber bedeckten die kostbarsten Persianische Teppiche, auf wel
chen die reich gestickten Sofaus in schoͤnster Ordnung lagen. In
dem nun hier der Adel mit Caffé tractirt und durch den Garten und
übrige Zimmer gefüͤhrt worden / der Herr Groß⸗Botschafter
aber sich mit dem Groß⸗Vizir in ein Gespraͤch eingelassen, wurden
die uͤbrigen aus der Suite von den kleinen Schiffen auf eine Galeere
von vier Ruder⸗Ordnung, so insgesammt in 56. Rudern bestunden,
gebracht.


Nicht lang darauf sind Se. Excellentz von dem Groß⸗Vizir
Des Hrrn.
Botschaf
ters Be
willkom
mung auf
dem Schiff.

wiederum entlassen und in Begleitung der vorigen nach dem Schiff
gebracht worden. So bald Sie in dasselbige gestiegen, wurden Sie von
dem Schiff⸗Herrn mit drey Stuck⸗Schuͤssen empfangen, und in das
am Hinter⸗Theil des Schiffes befindliche Zimmer angewiesen; Hier

auf

Ji
- 294 -
Zweytes Buch / Achte Abtheilung /

250

auf hat man die Anker geloͤset, die Seegel aufgespannt, und die Ru
der⸗Bursche durch das gewöͤhnliche Pfeiffen zur Arbeit angemahnt,
welcher letztern Anzahl sich auf drey hundert und vierzig belief, ohne
diejenige, so mit Stecken in den Händen auf und ab giengen, und
Türkische
Sclaven
an den
Ruder
Bänken.
acht hatten, damit die Ruder⸗Knechte ihre Arbeit fleissig verrichte
ten. Die mehreste aus ihnen waren entweder Moscowiter oder Po
lacken; einige Spanier und Portugiesen; wenig Franzosen und Jta
liäner, und nur fuͤnf Teutsche, lauter schwarz⸗gelbe Kerls, so noch
über dieses mit Pech allenthalben besudelt, und von der Sonnen
wie halb gebraten geschienen, welche uͤber dieses bey dem Boden des
Schiffs an dem linken Fuß mit schwehren Ketten angeschlossen sind
und eben an demjenigen Ort sitzen, schlaffen, arbeiten, essen und
trincken, an welchen sie auch im uͤbrigen der Natur ihren Lauf las
sen müssen, und was das Schlimste für sie / sehen sie wenig Hof
nung zu einiger Erlösung uͤbrig; sintemaln die Freyheit mit Geld zu
Wie hoch
ein Sclav
æstimirt
wird.
erkaufen einem jedweden aufs wenigste um 111. Ducaten, oder 333.
Reichsthaler zu stehen kommen wuͤrde, wie uns dann der Schiff-
Herr versichert, daß er einen jeden derselbigen selbst für so viel Geld
bezahlt hätte; das ganze Schiff aber mit gesammter Rüͤstung und
allen Arbeitern hielte er um acht und sechzig tausend und 1/3. Duca
Wie hoch
eine Galee
re zu stehen
kommt.
ten, oder vier hundert und zehen Beutel, so unsers Gelds zwey
hundert und fünf tausend Reichs⸗Thaler ausmachen; dabey aber
meldete der Patron, daß er jaͤhrlich von dem Sultan zur Ausbes
serung des Schiffs und Unterhaltung der Leute 29. Beutel oder vier
zehen tausend Reichsthaler bekomme, welches sich in Gold gerechnet
auf 14833 1/3. Ducaten belaufet, wann man einen Ducaten zu drey
Reichsthalern rechnet / wie er auch dazumal gegolten hatte; und um
dieses Geld müsse er hinschiffe, wo es der Sultan befiehlt oder
die Noth erfordert: doch stehe es ihm frey, solches wieder zu ver
kaufen / wegzuschenken, zu verwechseln, oder es seinen Kindern im
Testament zu vermachen, wann nur dabey, so lang er des Kaisers
Sold geniesset, dessen Dienste nicht verabsäumet werden. Dieser
Schiff⸗Herr versprach demjenigen, welcher sich so gottloß bezeigen
und sein Unglück befördern (er nennet es aber eine Klugheit und Be
denckung seines Glückes) und die Christliche Religion abschwöh
ren, dafür aber den Mahometischen Aberglauben annehmen wolte, oh
ne Entgeld loß zu lassen.

Es - 295 -


Bewirthung des Herrn Botschafters in Asien.
251
Es befanden sich unter diesen Sclaven Polacken / so noch imBeschrei
bung der
RuderBursche.

vorigen Jahrhundert gefangen worden, und nun in diesem ihren
höchsten Elend und bey der schwehrsten Arbeit schon uͤber dreissig
Jahr ausgedauret haben / dessen sie nunmehro auch ganz gewohnet
sind, und ist zu glauben, daß die Bestäͤndigkeit in ihrer Christlichen
Religion ihnen solche Kräften zugeleget hat. Jhrer vielen waren
die Füsse von den schwehren Ketten, ob solche schon mit Leinwand
überzogen waren / also zerrüͤffelt, daß man bis auf das blosse Bein
hinein sehen kunte. Die Kleidung ist an diesen Leuten gleichfalls höͤchst
armseelig / die Hosen sind aus groben Tuch gemacht, und kaum
überall recht zusammen genehet, und ihren Leib bedeckt ein grob
Hanfenes Hembd, welches über dis so kurz ist, daß sie kaum die
Schaam damit bedecken koͤnnen; selbigen Tag aber sind rothe Muͤtz
lein und kurze rothe Wammes unter sie ausgetheilt worden, die sie
aber vor der Arbeit abgelegt, und nach unserer Ruck⸗kehr alle wieder
um weggenommen und in die Kuͤsten verschlossen worden: ihre Füͤsse
sind blos, damit, wann sie die Ruder anziehen, und solche mit Ge
walt wieder ins Wasser lassen, sie sich nicht unter einander verletzen.
An statt des Feder⸗Betts dienet ihnen ein hartes Bret, es muͤste
dann einer etwan durch ein unerwartetes Glüͤck eine abgenutzte De
cke irgendwo erwischt oder geschenkt bekommen haben, deren er sich
alsdann statt eines Polsters gebrauchen koͤnnte: Wantzen, Läuse und
Flöhe machen sich so gemein mit ihnen, daß sie selbige mit einem
Hölzlein, wie den Staub mit dem Kleider⸗Besen / abstreifen können:
Jm Essen und Trinken werden sie gleichfalls nicht uͤberladen, und
muß ein Pfund Zwiback des Tags nebst einem Trunk Pfüͤtzen⸗ oder
wanns gut kommt / Brunnen⸗Wasser viel ausrichten; an Schlägen
und Arbeit aber fehlts im geringsten nicht, so daß ihnen, ob sie schon
ohnedem nackend sind, der Schweiß nicht Tropfen sondern Strom
weiß über den Leib herabrinnet. Diejenige, so an dem ersten Ruder
zu beiden Seiten stehen, gehen den andern zu der Arbeit vor, und
nach diesen richten sich die uͤbrigen alle in Anziehung und Niederlas
sen der Ruder, und auf solche Weise wird durch einen Schlag die
se so grosse Machin durch Wind, Wellen und Ungewitter fortge
trieben. Damit aber die Voͤrdern von den Hintern desto besser koͤn
nen gesehen werden, sind sie alle in vier Ordnung eingetheilt, und
sitzen mit den Rücken gegen einander, also daß zwey Ordnungen ge


gen

Ji 2
- 296 -

252
Zweytes Buch / Achte Abtheilung /

gen das Vordertheil, zwey aber gegen das Hintertheil des Schiffs
gerichtet sind. An diese vier Ruder, nach welchen sich die andern
richten muͤssen, werden diejenige gestellt, welche man für die stäͤrkste
und in der Schiff⸗fahrt am erfahrensten haͤlt, deren Zahl auch die
andern uͤbertrifft; dann da die andern nur von sechsen gezogen wer
den, stellt man hier sieben bis acht darzu. Wann in einem See
Gefecht nach schon völlig zertheilter Flotte vermittelst ihrer Arbeit
ein solches Schiff des Feindes Händen entgehet, wird ihnen biswei
len zur Belohnung die Freyheit geschenket. Wann sie vor der
Schiff⸗Arbeit etwas Ruhe haben, dörfen diejenige, so eine Kunst
können, solche ungehindert treiben, haben sich aber schlechten Vor
theil dabey zu versprechen; dann weil sie von ihren Cameraden,
die eben so übel als sie selbst daran sind / wenig Profit ziehen köͤnnen /
wird einer, dem man mehr trauen darf, ums Geld gedungen, und
in den Hafen geschickt, welcher daselbst die Waaren verkauft, aber
für das gelöste Geld andere benoͤthigte Sachen dargegen einhan
delt. Diese armseelige Leute haben viele aus dem Adel und auch
andere zum herzlichen Mitleiden bewegt / weswegen sie reichliches
Allmosen / ein jeder nach seinem Vermoͤgen, unter sie ausgetheilet;
wie dann der Herr von Wetstein / ein Schweitzer, so gar seine Un
ter⸗Struͤmfe ausgezogen, und solche einem aus ihnen, dessen Füͤsse
jämmerlich durchbohrt waren, und welcher auch darum gebetten, hin
gegeben. Man muste aber das, was man ihnen geben wolte, so
heimlich, als es nur moͤglich war, zustecken, damit der Schiff⸗Pa
tron sie nicht lang mit uns reden sahe, dann dieser war so unge
Die Bot
schaft fährt
auf einem
inficirten
Schiff.
stümm, daß er selbsten auf diejenige, die ihm nur vorkamen, mit
eigener Hand loß schluge. Vielleicht mogte er es auch deswegen
nicht gerne sehen, weil er befüͤrchtet, es doͤrfte einer aus ihnen uns
dasjenige hinterbringen, was wir erst nach etlichen Monaten hier
von erfahren; dann da erzehlte uns ein Fähndrich von dem Alcau
dettischen Regiment, welcher vor Zwornick bey dem Drin⸗Fluß
gefangen, im April aber des folgenden Jahrs von dem Herrn Bot
schafter wieder ausgelöͤßt, nachgehends zu Smyrna von den Tüͤr
ken entdeckt und deswegen in einem Schiff etliche Monat verborgen
gehalten / endlich aber wieder zurück geschickt worden; dieser, sage
ich, erzehlte uns, daß solche eben diejenige Galeere wäre, welche
die Venetianische Botschaft von den Dardanellen herüber nach
Pera
- 297 -
Bewirthung des Herrn Botschafters in Asien.
253
Pera gefüͤhrt, und daß nur wehrender dieser Zeit 72. Personen an
der Pest darauf gestorben, worunter auch selbst drey von der Bot
schaft / noch mehr aber schon angesteckt gewesen; man habe aber die
Todten / sonderlich Anfangs, den ganzen Tag unter den andern lie
gen lassen, und erst zu Nachts, wann die mehresten geschlaffen, da
mit es die Venetianer nicht moͤgten innen werden, uͤber Port ge
worfen / und den Fischen zur Speiß übergeben: und waren noch
zwölfe zu der Zeit, da wir uns darauf befanden, inficirt,
davon aber bey Straf füͤnf hundert Streiche auf die Fuß⸗Sohlen
kein Mensch gegen uns was gedenken düͤrfen. Sie waren wenig
darum bekuͤmmert, daß sie auf solche Weise die ganze Botschaft in
Gefahr setzten, als welche im Hin⸗ und Herfahren etliche Stunden
mitten unter den inficirten Personen zu bringen muste.


Jm Hinfahren hatten wir widrigen Nord⸗Wind, weswegen Fertigkeit
der Schiff
leute in ih
rer Arbeit.

wir das grosse und kleine Bey Segel, alle Hinter⸗ und Vorder⸗Se
gel, nebst den Flaggen und Mast⸗Baͤumen voͤllig herunter lassen mus
sten, welches auch von den Schiff⸗Leuten und Ruder⸗Knechten in
solcher Geschwindigkeit geschehen, ohnerachtet diese letztere mit Ket
ten an einander gefesselt waren / daß alle Instrumenten in einem Au
genblick wieder an ihren gehöͤrigen Ort verschlossen lagen, so daß man
weder auf den Ruder⸗Bänken noch der Brüͤcke im Schiff was an
ders als die Ruder⸗Knechte mit ihren Rudern sahe, so die Galeere
auf dem Canal fort trieben. Im Hinweg aber hatten wir einen ge
linden Ost⸗West⸗Wind / welcher das Schiff ohne einiges Rudern
fort brachte / derohalben man mit Aufrichtung der Mast⸗Bäume
und Spannung der Segel so geschwind, als vorhin mit dem Einzie
hen und Niederlassen fertig war. Als wir zu den beiden in Euro
pa und Asien auf dem Canal gegen einander gelegenen Schlöͤssern
gekommen sind, wurden dem Herrn Botschafter zu Ehren etliche
Stüͤcke geloͤst, und wir kurz darauf aus der Galeere in kleine Schiff
lein gesetzt, und nach dem Ufer in einen Garten⸗ und Lust⸗Hauß des
Sultans unweit Eskikali auf der Seiten Asiens geführet. Jn Lust⸗Hauß
des Sul
tans in
Asien.

diesem Garten waren die Garten⸗Better an statt des Buchs⸗Baums
mit kleinen viereckichten Steinlein belegt, und ist zu vermuthen, daß
zur Frühlings⸗ und Sommers⸗Zeit die schönsten Blumen daselbst an
zutreffen gewesen; dann weil die Tüͤrkischen und Grichischen Wei

ber

Ji 3
- 298 -
Zweytes Buch/ Achte Abtheilung /

254

Türkische
Weiber
Liebhabe
rin der
Blumen.
ber zu ihrem Aufbutz sich des Blumen⸗Werks vielfältig zu bedienen
pflegen, die Luft und das Erdreich auch uͤber alle massen wol beschaf
fen ist, so gar, daß man zu allen Jahrs⸗Zeiten und mitten im Win
ter Veyel, Narcissen, Tulpen, Hyacinthen, Hanen⸗Füsse, Näge
lein, Tuberosen, gelbe und weise Lilien, Ringel⸗Blumen, Jesmin /
Granaten⸗Blüth und andere schoͤne Gattungen der Blumen in gros
ser Menge haben kan: so spendiren die Männer grosse Unkosten
und allen möͤglichen Fleiß auf Anlegung der Gäͤrten und Erzielung
der Blumen: wie dann auch zu glauben, daß derjenige / welcher der
Liebe mehr als andere ergeben, ob Er schon in andern Sachen gei
tzig gnug ist, gleichwol darinnen keine Kosten spahren werde, woraus
er nebst dem Ruhm auch doppeltes Vergnüͤgen ziehen, und zugleich
sich und sein Frauenzimmer damit ergoͤtzen kan; ja er muß nothwen
dig für dergleichen Vergnuͤgen um so vielmehr sorgen, je mehr Er die
se überreden will, daß sie in sonderbahrer Hochachtung bey Jhm ste
hen, welche er auch so grosser Liebe werth achtet, daß Er um ihrent
willen die Regierungs⸗Geschäͤfte einem andern uberlaͤßt, und sich we
nig darum bekuͤmmert, dafüͤr aber seine Sorge dahin richtet, wie
Er seinen Concubinen allerhand Ergötzlichkeiten verschaffen moͤge.
Die Ge
sandtschaft
wird auf
Teutsche
Manier be
dient.
Aus diesem Garten sind wir in die zwey nechste Zimmer gefüͤhrt
worden / wo die Tafeln nach unserer Art schon voͤllig bereit stunden,
und unserer gleichsam erwarteten; wie dann auch unterschiedliche
Speisen auf Teutsche Manier, jedoch die mehresten dar
von auf Tüͤrkische Art mit suͤssen Brüͤhen zugerichtet waren. Die
ses aber ist vornehmlich merkwüͤrdig, daß diese Kaiserliche Bot
schaft mit Tisch⸗Tüchern, Servietten, gestellten Sesseln und Bäͤn
ken, dergleichen die Tuͤrken sonst gar nicht gebrauchen / wie auch
mit silber⸗ und verguͤldeten Messer⸗ und Gabeln samt dergleichen Loͤf
feln bedient worden, so vorhero noch keiner Botschaft geschehen /
und welches sie alles von den Dolmetschen der andern Gesandtschaff
ten zu dem Ende entlehnt haben: es hatte auch der Groß-Vizir
schon etliche Tage vorher einen Aga oder Kuchel⸗Meister nach Haz
nadar Schiftlik geschickt, der daselbst die Einrichtung unserer Ta
fel nebst den Speisen wol beobachten solte. Allhier speiste der
Herr Groß⸗Botschafter mit dem Groß⸗Vizir und dessen Toch
termann dem Nischanschi Bascha, samt noch dreyen Richtern o
der Zahlmeistern des Sultans in einem besondern Zimmer, wel
ches - 299 -
Bewirthung des Herrn Botschafters in Asien.
255
ches mit Farben und Gold auf das kostbarste bemahlt, und in dessen
Mitte unter einer Gewöͤlb⸗weiß aufgefüͤhrten Vertäflung ein von
weisen Marmel verfertigter und mit Koͤrblein von allerhand Fruͤch
ten rings herum besetzt⸗ und ausgezierter Brunnen zu sehen war, wor
aus, so lang wir zugegen, das Wasser an verschiedenen Orten her
für gesprungen: die uͤbrigen Theile dieses Zimmers formirten drey
länglichte Viereck, so fast einen Werk⸗Schuh höͤher als der üͤbrige
Boden war / damit die Sofaus desto bequemer kunten gelegt wer
den. Nach eingenommenen Mittagmal wurde dem Herrn Bot
schafter zu Ehren in eben diesen Zimmer auf unterschiedlichen In
strumenten eine dergleichen Music gemacht, als ich schon oben um
das Ende des 1. Buchs beschrieben habe, worein einige meinen Ge
dunken nach nicht unangenehme Stimmen etliche Türckische Lieder
abgesungen. Nach diesen wurde von den Chiausen ein Danz, und
der Botschaft zu Ehren einige Schau⸗Spiele angestellt; allein
wann man die nach ihrer Art wol eingerichtete Music, und die Rin
ger, welche eine unglaubliche Stärke und Geschwindigkeit bezeigten,
ausnahm, so waren solche von nichts als eitel schäͤndlichen Possen,
leichtfertigen Leibs⸗Bewegungen und geilen Scherz angefüͤllt, also
daß selbige nur zu erzehlen die Schamhaftigkeit verbietet; aber für sol
che Mäuler gehöͤren dergleichen Delicatessen; und wie die Agenten,
so sind auch die Zuschauer, wie dann so gar die vornehmsten Män
ner und Feld⸗Herrn viel Meil Weeges nach dieser garstigen Kurzweil
hieher gereißt / und uns den Zugang dermassen verlegt hatten, daß
wir, um derer willen sie doch angestellt waren/ kaum etwas davon
sehen / ja nicht einmal so viel Platz behaupten kunten, als wir zu
unserem Aufenthalt noͤthig hatten / es muste dann seyn, daß wir uns
hätten entschliessen wollen, den heisen Sonnen⸗Strahlen uns zu ex
poniren. Es haben aber gleichwol diese vortreflichen Schau⸗Spiele,
welche vielmehr für geringe Lappereyen und Kinder⸗Possen, aber
keines wegs für eine bequeme Ergöͤtzung maͤnnlicher Gemüther zu
halten war, einen solchen Beyfall bey diesen Leuten gefunden, daß
sie solche nicht genug zu loben noch zu bewundern wusten, und wol
te es bey nahe scheinen / als wann sie alle um Geld wären gedun
gen gewesen / ihr Vergnügen darüber durch ihr lustiges Zuruffen
und Hand⸗Klatschen an den Tag zu legen.


Es
- 300 -


256

Zweytes Buch/ Achte Abtheilung/

Es wird sich der geneigte Leser noch erinnern, daß von den
Beschrei
bung der
Ringer
bey den
Türken.
Ringern schon einmal etwas gedacht worden, weswegen ich dieselbi
gen, wie ich sie hier befunden, noch einmal kuͤrzlich beschreiben will,
und erkenne ich mich um so vielmehr darzu verpflichtet, da ich schon
an einem andern Ort durch mein Versprechen mich darzu verbind
lich gemacht: Es sind demnach diese Leute von starken Gliedmassen
und Knochen, eben auf die Art, wie die Römischen Kämpfer auf
denen alten Gemaͤhlden und an denen Statuen pflegen abgebildet zu
werden, und kommen die mehresten von den Janitscharn her; an ih
rem Leib sind sie ganz nackend, ausser daß sie lederne Hosen anha
ben, welche samt den ganzen Leib mit Oele bestrichen: sie können
sich auf keine andere Weiß gegen einander vertheidigen, als daß sie
entweder ihre Hände und Fuͤsse um einander schlingen, oder sehen,
wie sie ihren Gegentheil bey dem Hosen⸗Band oder dem Schenkel zu
fassen bekommen, oder endlich mit aller Gewalt auf ihn loß brennen.
Derjenige hat noch lang nicht uͤberwunden, der den andern in die
Höhe hebt, oder wider den Erd⸗Boden schmeisst, sintemaln sich ei
nige mit Fleiß anstellen, ols ob ihnen dergleichen durch des andern
Force begegnet wäre, da sie doch dardurch oft nur einen desto groͤs
sern Vortheil über ihren Gegen⸗Part erhalten; sondern derjenige
wird für den Überwinder gehalten, welcher den andern zu erst auf
Reichliche
Beloh
nung der
Obsieger.
den Rücken legen kan. Unter die Obsieger wurde diesesmal von de
nen sonst sehr geitzigen Türken das Gold so freygebig ausgeworfen,
daß ich zweifle / ob zwey bis drey tausend Ducaten werden zugereicht
Starke
Ringer.
haben. Wer so viel Courage und Kräfte hatte, daß er nach er
haltener Victorie mit einem andern noch einmal anbinden kun
te, wurde so oft beschenckt / als oft er seinen Gegen⸗Part auf den
Rücken brachte; wann sich aber einer darzu resolvirte, erquickte
er vorhero die bereits ermatteten Glieder mit frischen Brunnen oder
Regen⸗Wasser, und brachte sich damit gleichsam neue Kräfte zu we
gen. Kurz vor unserer Abreise habe ich in dem Hauß des Janit
scharn Aga / als des höchsten Officiers unter der Leib⸗Militz, wie auch
bey dem Groß⸗Vizir selbst gesehen, als er auf Geheiß des Sul
tans uns noch einmal zum Abschied am Ende des Canals bey den
süssen Wassern in einem andern Kaiserlichen Lust⸗Hauß gleiche Ehre
bezeigte, daß einige von solcher Stärke und Muth gewesen, welche
drey,
- 301 -
Bewirthung des Herrn Botschafters in Asien.
257
drey, vier, fünfe, auch wol sieben und achte nach einander auf
den Rücken genommen; so war auch einer bey erst benannten Aga
zwar ein starker, langer und ansehnlicher Mann, der aber nur eine
Hand hatte / und doch gleichwol mit seiner einigen rechten Hand
fünfe seiner Gegner zu Boden legte; worzu er sich jedoch des
Stumpfs an dem andern Arm so vortheilig zu bedienen wuste, daß,
wo sich der andere nicht wol vorsahe, er solchen alsobald in dessen
Hosen steckte, oder zwischen die Beine brachte, und sonst vortheilhaf
tig an den Leib setzte, daß jener gleich in dem ersten Anlauf schon auf
den Rücken lag. Noch zwey andere, welche für die Stärksten ge
halten worden, und deren jeder bey dem Janitscharn Aga sieben uͤ
berwunden hatte, tratten selbst mit einander einen besondern Kampf
an, kunten sich aber im geringsten nichts an haben, ob sie gleich
schärfer und länger als alle andere mit einander gestritten; es
blieb der Sieg unter ihnen immer zweifelhaftig, und war niemal zu Ceremo
nien bey
dem An
fang des
Kampfs.

sehen, wem man eigentlich solte gewonnen geben. Der eine davon
war ein magerer Mann / der andere kurz und fleischicht, beide aber
schwarz von Angesicht und stark von Beinen; dieser letzte pflegte je
derzeit auf den Bauch zu fallen, wann er einen von seinen Gegnern
auf den Rucken nahm. Der Anfang des Streits und die Zurü
stung darzu ist recht laͤcherlich anzusehen, absonderlich wann man die
närrschen Posituren und Geberden der Kämpfer betrachtet:
Anfangs kommt nur einer allein heraus, wackelt mit dem Leib hin
und her, legt die rechte Hand auf die Schulter, und die Linke unter
den rechten Arm, welchen er mit eben dieser Hand haͤlt; er gehet
wie ein hart trabendes Pferd, wie dann auch der Tüͤrken Gang auf
öffentlicher Strassen insgemein also beschaffen ist, setzet aber die
Füsse nur immer Seit⸗waͤrts, damit er dem Groß-Vizir und an
dern vornehmen Gäͤsten den Rüͤcken nicht zu wendete. Wann er
vor gemeldten Groß⸗Vizir kommt, bezeigt er Jhm seine Ehrerbie
tung mit Niederlassung auf das eine Knie und Beruͤhrung der Erden
mit der rechten Hand, dessen Fläche er alsdann küͤsset, und an die
Stirne drucket; hierauf erhub er sich wieder von der Erden, beugte
den Leib vorwärts, legte den rechten Fuß an das linke Schin⸗Bein,
wo die Fersen anheben, die Händ aber hielte er bestäͤndig auf diejenige
Art, wie er bey seinem Vortritt gethan, ausser daß er anjetzo mit dem
völligen rechten Arm auf dem rechten Knie ruhete, und den linken
dar

Kk
- 302 - 258
Zweytes Buch / Achte Abtheilung /

darzwischen hatte / und in dieser Positur wartete er, wann er zu erst
heraus gekommen, oder als Uberwinder auf dem Kampf⸗Platz geblie
ben, auf seinen Mit⸗Kämpfer. Endlich stellt sich auch der andere
mit gleichen Schritten ein, macht gleiche Figur und Geberden,
stellt sich demjenigen zur linken Seiten, den er auf den Platz ange
troffen, grüͤsset auf gleiche Weise den Groß⸗Vizir/ und beobach
tet alles andere, wie der vorige gethan hat. In solcher Stellung
nun verharren sie eine zeitlang, halten beide Hände auf den Knien,
deren jedes sie mit der flachen Hand fassen; alsdann machen sie dem
Groß⸗Vizir zum andermal ihre Reverenz, tretten einige Schritt
zurücke, und stellen sich mit dem Gesicht gegen einander, begrüssen
sich selbst, zum Zeichen, daß sie diesen Kampf nicht aus Feindschaft,
sondern nur andern zu gefallen vornehmen; hierauf schlagen sie wie
derum die Hände dreymal gegen einander, gehen einige Schritt vor
wärts, damit sie einander fassen köͤnnen, schlagen zum drittenmal
die Hände in der Luft zusammen, fahren mit solchen und den Köͤ
pfen gegen einander, klopfen eben so oft auf ihre mit Oel beschmier
te Hosen, daß es in der Luft schallet, verändern ihre Stelle, so daß
derjenige, der vorher zur rechten Seiten gewesen, nun auf die Linke
zu stehen kommt, und stellen sich an, als hätten sie etwas verloh
ren, welches sie wieder suchen muͤsten, oder als ob sie sich einen be
quemen Ort zum Kampf aussuchten. Letzlich gehen sie lang herum,
wischen das Fett von den Fingern mit Graß oder Sand ab, betrach
ten ihren Feind von Kopf bis auf die Fuͤsse, und bemerken bey sich,
wo sie ihn am bequemsten fassen und beykommen koͤnnen, und fan
gen hierauf den Kampf selbst auf diejenige Weiß und in derjenigen
Ordnung, wie ich jetzt beschrieben habe, entweder erst an/ oder es
nimmt der eine aus ihnen solchen zum öftern vor. Wann nun der
Kampf zu Ende, bezeigen sie dem Groß⸗Vizir ihre Ehrerbietung
zum andernmal, und begrüͤssen sich auch wiederum selbsten, um gleich
sam den Zuschauern eine neue Versicherung zu geben, daß dieser si
mulirte Streit nur auf jenes Geheiß und der Anwesenden Belusti

Præmium
der Uber
wundenen.
gung vorgenommen worden. Der Uberwundene bekommt so dann
von dem Haznadar Baschi / oder dem Schatz⸗Meister des

Der Uber
winder.
Groß⸗Vizirs / einen Rheinischen Gulden oder Viertels⸗Ducaten,
damit er sich seines Unsterns in etwas trösten kan, und wandert
damit fort; der Obsieger aber, wann er sich mit keinem andern
mehr
- 303 -
Bewirthung des Herrn Botschafters in Asien.
259
mehr einlassen will, erhäͤlt nach voͤllig geendigten Kampf doppelt so
viel, und das so oft, als er einen neuen Sieg davon trägt, biswei
len legt der Groß⸗Vizir dem gewoͤhnlichen Preiß noch etwas bey,
wann er entweder seine Freygebigkeit will spuͤhren lassen, oder eine son
derbare wol angebrachte List und Tapferkeit an den Obsieger bemer
ket / womit er seinen Feind überwunden. So bald sie aber diese
Belohnung erhalten / werden sie von den Chiausen / Stummen /
Deli / Mavi oder Zwergen / und den Efendi oder Schreibern
umringt, welche ihnen mit ihren Schmeicheln wiederum so viel ab
betteln, daß ihnen kaum was davon übrig bleibt, weil sie gerne in
Beyseyn anderer, ob sie es schon sonst nicht sind, für freygebig ge
gen diese knechtische Leute wollen gehalten werden, worzu sie auch
durch den Hochmuth / der ihnen aus ihren erhaltenen Sieg zu ge
wachsen, um so viel eher zu bringen sind; wiewol sie es auch darum
thun moͤgen, weil sie ihrer Hüͤlfe bey Uberreichung ihrer Suppliquen
anderweit wieder benöthigt, als worzu ihnen sonderlich die Ars
Aglar / deren neune an der Zahl, behülflich seyn köͤnnen, weswe
gen sie dann in Erwartung eines grössern Nutzens und gewisser be
ständiger Einkünften ein so geringes nicht ansehen; wie dann der
gleichen derjenige, so mit einer Hand fuͤnfe, und der andere, der mit
seinen zweyen Fäusten achte erleget hat / auf der Stelle erhalten ha
ben / weil sich der Groß⸗Vizir über ihre erwiesene Stäͤrke unge
mein verwundert, und deswegen auf ihr Ansuchen so gleich ein gnä
diges Fiat gesprochen.


Nach diesem Kampf⸗Spiel stellten sich diejenigen ein, so zu Fuß Gauckler
und Ta
schenSpieler.

im Pfeil⸗Werfen geübt seyn wolten; es haben aber jene zu Pferd
mehr Geschicklichkeit dabey gewiesen. Hierauf kamen die Gauckler
und Taschen⸗Spieler zum Vorschein, aus welchen letztern einer ein
Ey mit solcher Fertigkeit aus einem Sack herfür gebracht, daß der
jenige thöricht genug häͤtte seyn muͤssen, welcher den Kerl wegen sei
ner Geschwindigkeit für einen Hexen Meister halten wollen. Als
dann stellte er sich, als hätte er einen eisernen Ring durch seine Na
sen gezogen, an welchen er eine Ketten legte, und sich daran herum
führen ließ. Ein anderer hat zwo feurige mit einem gewissen Spiri
tus bestrichene Kugeln sich an dem blosen Rucken ohne Schaden und
Schmerzen herunter laufen lassen, und als er solche nachgehends in
den Mund stecken wolte, hat er, nicht ohne Gelächter der Umste

hen

Kk 2
- 304 -
Zweytes Buch / Achte Abtheilung /

260

henden, seinen grauen Bart daruͤber versengt, welches ihm auch wie
derfahren, als er eine angezündete Baum⸗Wolle zu verschlucken sich
anstellte, und die Funken und Flammen davon aus dem Mund her
aus jagte, wie auch, da er eine mit Pulver und Salpeter angefüllte
Feuer⸗Kugel in den Händen loß⸗brannte. Noch ein anderer setzte
auf eine an vier Fäden hangende Waag⸗Schale erstlich eines, dann
zwey, drey, vier Thee⸗Köͤpgen, die er etlichmal um den Kopf her
um geschwungen; auf diese Köͤpgen oder Becherlein legte er einen hoͤl
zernen Teller, auf den Teller wiederum drey solche Becherlein, auf
diese ein länglicht⸗rundes in Gestalt einer Walze formirtes Holz,
und endlich auf dieses Holz noch das achte Becherlein, welche er
alle auf gleiche Weise herum geschwungen. Zu letzt hat er ein ganz
rares Stuck seiner Kunst zeigen wollen, und zu dem Ende zwey drey
füssigte Schuster⸗Stühle genommen, auf solche zwey Gläser von
einerley Grösse und in gleicher Weite gesetzt, hierauf nun legte er
einen Stecken, welcher wenigstens Arm⸗dick und nur an jedem En
de / wo er auf den Gläsern auflage, dünn und abgehobelt war; als
dann schmieß er mit einem ungeheuern Kolben mit aller Force dar
auf, und schlug oder schnitte vielmehr den Stecken, wo er am dick
sten zu seyn schiene, in zwey gleiche Theile, ohne daß die Gläser
dardurch im geringsten verletzt worden; ehe er sich aber darüber
wagte, gieng er lang herum, betrachtete bald die Käule, bald die
Gläser, dann wieder die Stühle, und drehete den Stecken bald auf
diese bald auf jene Seiten; es kam auch sein alter Nachbar Mene
demus, der ihn von seinem Vorhaben abwendig zu machen suchte,
ja wol gar, da er den Streich bereits führen wolte, mit Gewalt
abhielte, und ihm die Gefahr vorstellte, in welche er sich hierdurch
begebe, welches ich alles aus des Manns ängstigen Geberden ab
nehmen kunte, ob ich schon seine Worte nicht verstunde, noch jemand
bey der Hand hatte / der sie mir verdolmetschen können.


Wann einer aus den Unsrigen ungefehr vor einem ihrer Feld
Türkische
Höflichkei
ten gegen
die Unsrige
bey den
Schau
Spielen.
Herrn oder sonst vornehmen Mann zu stehen kam, und nicht ge
schwind genug Platz machte, schriehen ihm gleich ihrer etliche auf
einmal nach ihrer gewohnten Höflichkeit an: Haida! pack dich
weg / und überlasse die Stelle einem vornehmern / als du
bist; oder wie man bey uns sagt: Heller steh auf / laß den
Pfenning nieder sitzen; gleich als ob weiß nicht was für praͤch
tige - 305 -
Bewirthung des Herrn Botschafters in Asien.
261
tige Schau⸗Spiele die Römische Bau⸗Herrn hätten anstellen lassen,
da doch, wie schon gedacht, die Schul⸗Jungens und Bauern auf
den Jahr⸗Märkten bey uns sich wol besser wuͤrden darein zu schicken
gewust, auch wir uns wol deswegen die Müͤhe nicht genommen ha
ben, einen Schritt weit darnach zu gehen, wann es nicht um des
argwöhnischen Volkes willen geschehen wäre / weil es sonsten einer
Verachtung gleich geschienen, wann wir ihre vortrefliche Schau
Spiele des Anschauens nicht einmal häͤtten wuͤrdigen wollen.


Auf die Gauckler und Taschen⸗Spieler folgten die Schützen, StuckSchuͤtzen
bey den
Türken.

welche noch eher verdienten, daß man ihnen zu schauete. Vorhero
wurden alle Schiffleute von den kleinern Schiffen ermahnet, daß kei
ner naͤher hinzu fahren solle; so dann kunte man auf dem Wasser ei
nen grossen viereckichten Block sehen, auf welchen ein mit Meer
Wasser angefüͤllter Krug stunde, und das Ziel abgeben muste, nach
welchem man aus der Galeere mit zwölf Stücken geschossen, der
doch gleichwol unverletzt davon kommen, die Kugeln aber, welche
wegen starker Ladung üͤber das Ziel hinaus gefahren, machten lustige
Sprünge auf dem Wasser, und den Zuschauern nicht we
nig Vergnügen. Dieses Ziel wurde auf die Letzt näher gegen das
Ufer gebracht, wornach der Groß⸗Vizir mit seiner Flinten ziehl Groß⸗Vi
zir ein gu
ter Schütz.

te und fünf Krüg nach einander auf eben so viel Schuß absetzte,
da Er schon vorher nach gehaltener Tafel, als ein grosser Liebhaber
des Schiessens, etliche See⸗Voͤgel aus der Luft herunter gelanget,
deren es zu Constantinopel und auf dem gantzen Canal eine unbe
schreibliche Menge gibt / und eine Art von Speyern oder Tauch
Endlein ist, die das gemeine Volck Fischer nennen. Hierauf liessenGehalte
nes Schies
sen der Ja
nitscharn.

die Janitscharn und Topchi oder Büͤchsen⸗Meister und Stuck
Giesser nach der Reihe ihre Kunst im Abschiessung ihrer schwehren
Büchsen sehen, womit sie das Ziel gar oft getroffen haben, etliche aber
wurden durch die Gewalt des Geschüͤtzes auf sechs Schritt weit zu
ruck geschlagen und auf den Rucken gelegt; und wann einige das
Ziel getroffen, wie deren viele gethan, erhielten sie jederzeit einige
Ducaten zum Recompens, wobey so wol die gesammten Schüͤtzen,
als auch der Groß⸗Vizir selbsten, durch ein freudiges Ausschreyen
sich vergnuͤgt bezeigten; wie es dann auch nicht genug zu verwun
dern, daß viele mit so schwehren Buͤchsen, ohne sie aufzulegen, das
Ziel treffen köͤnnen / sintemaln sie solche nur an die Brust setzten /
und

Kk 3
- 306 -
Zweytes Buch/ Achte Abtheilung /

262

und aus freyer Hand von oben herunterwaͤrts zielten, und alsdann
loß druckten, worbey manche zur Bezeugung ihrer Stärke sol
che noch etlichmal in der Lufft herum geschwungen. Endlich ist der
Klotz, worauf die Krüge gestanden, von dem hinein geschossenen
Bley also beschwehrt worden / daß solcher nimmer in der Höhe
schwimmen wollen, und man keine Krüge mehr darauf stellen köͤn
nen, wie sehr man sich auch bemuͤhet hatte, weswegen dasjenige, was
von dem Wasser noch heraus sahe, zum Ziel dienen muste, da man
dann die bleyerne Kugeln allenthalben auf dem Wasser herum sprin
gen sahe, davon einige mehr dann ein halb Pfund gewogen, wie
dann an den Büͤchsen selbst ein starker Mann genug zu heben hatte,
und doch gleichwol schossen solche die meisten ab, ohne daß sie diesel
bige irgend worauf gelehnt hatten, und verursachten ein solches Pras
seln, als kaum ein wol geladenes Stuck zu thun vermag.


Groß Vi
zirs Sohn
stellt sich
ein.

Hier fande sich des Groß⸗Vizirs mit seiner ersten Gemah
lin erzeugter Sohn samt noch einem andern jungen Herrn ein, so wol
die Schau⸗Spiele mit anzusehen, als auch dem Herrn Groß⸗Bot
Ehr-Be
zeugung
dem Groß
Vizir von
dem
Staats
und Kriegs
Bedienten.
schafter ihr Reverenz zu machen. Dem erstern kuͤßten viele der
Vornehmsten aus Flatterie die Hand; wann aber einer von den
Feld⸗Herrn oder Staats⸗Bedienten sich dem Groß⸗Vizir näherte,
Jhm den Saum des Rocks zu küssen, berührte dieser zum Zeichen
der Wolgewogenheit jenem die Hand. Endlich hat sich die ganze
Festivität mit einer Abend⸗Malzeit geendiget, nach welcher der Herr
Botschafter mit einem seidenen Rock von Zobel, die andern mit
seidenen von vielen Farben gestickten Tuͤchlein beschenkt, alsdann
auf kleinen Schiflein wiederum nach der Galeere gebracht worden,
ausgenommen diejenige, welche sich schon vor der Zeit dahin, oder
wol gar nach Hauß begeben hatten, worunter sich auch der Freyherr
von Locher und der Herr von Steger befunden, als die noch
nicht vollig restituiret wiederum durch die Kälte und Ausdaͤmpfun
gen des Meers ein Recitiv von einem Fieber bekommen. Ehe wir
noch völlig absegelten, wurde mit dreyen Stucken ein Zeichen gege
ben, und hierauf die Ruck⸗Reise nach Constantinopel genom
men, auch viel eher als die Hin⸗Reise absolvirt / wobey auch, wie
schon oben gemeldet, wegen des guten Winds / die Ruder⸗Bursche
nicht viel zu thun fanden, sondern ihre Ruder für diesesmal kunten
ruhen lassen. Als wir noch auf dem Weeg nicht weit vom Garten und - 307 -
Bewirthung des Herrn Botschafters in Asien.
263
und dem Serrallien waren, kame der Groß⸗Vizir auf einer Galee
re mit 24. Rudern hinter uns drein, welchen der Schiff⸗Herr bey
dem Aussteigen mit drey Stuck⸗Schuͤssen begruͤßte, jener aber gerades
Weegs nach dem Hafen segelte. Die Galeere war mit lauter klei
nen Schifflein umringt, welche uns, da wir in den Hafen eingefah
ren, gegen dem Zeug Hauß zu ans Land setzten, und unterdessen
von dem Wind, absonderlich wo das Meer von dem Hellespont
sich mit dem Canal des schwarzen Meers vereinigt, hin und her
getrieben; dabey es sehr angenehm und lustig anzusehen war, wie
die Delphinen im Meer herum spielten. Unsere Pferde fanden wir
an dem Ufer an eben demjenigen Platz / wo wir sie des Morgens
verlassen hatten, worauf wir unter Begleitung vieler Lichter wiede
rum nach dem Lager marchirten. Der Herr Botschafter war
der Letzte im Aussteigen so wol aus der Galeere, als auch aus dem
kleinem Schiff / welches Er um dieser Ursach willen also gehalten,
damit nicht etwan einer zu Nachts⸗Zeit von den Tuͤrken entfuͤhret
würde, woferne er zu weit von dem Weeg abkommen solte: und
nachdem wir endlich um 10. Uhr zu Hauß glücklich angelangt, haben
wir den Scherbeth und das Salz⸗Wasser mit guten lautern Wein
wiederum abgewaschen.


Den 19ten September, als am Tag des Heil. Materni / Herr Bot
schafter
wird auf
die Jagd
gefüͤhrt.

schickte der Groß⸗Vizir fuͤnf seiner Falkner und unter andern auch
den Dodangi Baschi / oder Obrist⸗Falkner mit ihren Sperbern,
welche, wie er des Tags zuvor versprochen, den Herrn Botschaf
ter auf die Jagd führen solten, so auch nicht leer abgelaufen, sin
temaln wir, ohne die Haasen, Wasser⸗Schnepfen, welche unsere
Jäger mit ihren Flinten geschossen, oder mit den Hunden eingeholt,
mit diesen Stoß⸗Voͤgeln eine gute Anzahl Wachteln bekommen. Sie Art / die Vö
gel mit
Sperbern
zu fangen.

halten solche Vögel mit der vollen Faust, und haben sie nicht, wie
unsere Falkner, nur auf den Häͤnden stehend; wann nun ein anderer
Vogel aufstehet, der etwan von den Hunden aufgesucht oder durch
die Reuter aufgetrieben worden, wirft derjenige, so am nechsten da
bey ist, seinen Sperber nach demselbigen, wird er nun nicht alsobald im
ersten Anwurf von ihm ergriffen, so ist es darum gethan,
und der Vogel dieses mal der Gefahr ent
gangen.

Sie
- 308 -
264

Zweytes Buch / Neunte Abtheilung /


Neunte Abtheilung.



Ein Schiff
gehet auf
dem Canal
zu Grund.
EBen zu dieser Zeit gieng auch der Ingenieur-Hauptmann
Herr von Oebschelwitz üͤber Constantinopel nach Pe

ra / die Eintheilungen der neuen Wohnungen daselbst zu
machen, und kam erst auf den andern Abend mit der betruͤbten
Nachricht wieder zuruck, daß selbigen Tag 24. Personen mit samt
einem Ruder⸗Schiff oder Tschaicken durch Ungestümm der Wellen
auf dem Canal zu Grund gangen, und sich niemand, als der Schiff
Die Ge
sandtschaft
wird we
gen des Hn.
Botschaf
ters in
Sorgen
gesetzt.
mann mit Schwimmen salvirt hätte; wordurch wir alle in die grö
ste Bestürzung gesetzt worden, weil wir den Herrn Botschafter
auf die Nacht zuruck erwartet, als der in der Früͤhe mit den Grafen
Bathyani und Sebastida zu dem Eidam des Groß⸗Vizirs,
dem Nischanschi Bascha, gegangen, und dahin einen noch wei
tern Weeg, als wir letztens gewesen, nehmen und fast den ganzen
Canal erst umreiten muͤssen, bis Er zu dem Schiff gekommen, mit
welchem Er sich nach Asien überfüͤhren lassen, von dar Er zu Was
ser wieder nach Hauß zu kehren gesonnen war; Er hat sich aber der
Ungestümme des Meers, sonderlich zu Nachts⸗Zeit, nicht über
lassen wollen, sondern nur über den Canal gesetzt, von dar
den Weeg zu Pferd gar nach Pera genommen, und allda bey dem
Præsent an
den Hol
ländischen
Gesandten.
Französischen Botschafter uͤbernachtet. Um eben selbige Zeit wur
de auch dem Stall Meister des Herr Botschafters, Herrn Brink
man / aufgetragen, dem Holländischen Gesandten einen Zug
braun⸗rother Pferde zu einem Present zuzuführen / welche Com
Erschei
nungen der
Gespenster.
mission er auch so gleich expedirt. So wurden auch um diese
Zeit einige Bediente des Adels etliche Nächte hinter einander durch
Nacht⸗Gespenster erschreckt, und unter andern auch ein Falckner,
welcher aussagte, daß er einesmals einen grossen langen Mann,
im weisen Kleid, einen hohen Bund auf dem Kopf, und ei
nen knottigten Bruͤgel in der Hand auf sich zugehen sehen, der ihn
zugleich entsetzlich getrohet hätte, weshalben er gleich den andern
Morgen das Hauß verlassen, und durch kein Zureden wieder da
Was die
Türken
von dem
Gespen
stern hal
ten.
rein zu bringen gewesen. Als wir nun unsern Füͤhrer den Mehe
met Aga / Kaiserlichen Cämmerling, darum befragten, was sie
hier
- 309 -
265

Anstalten zu dem Aufbruch nach Pera.

hiervon glaubten, sagte dieser aberglaubische Türk: es wäre bey
ihnen nichts neues, und wuͤrden dergleichen durch die ganze Tür
key gar viele gesehen, man hätte sich aber nichts Böses von ihnen
zu vermuthen, es wären nur Hauß⸗Geister, welche auf das Hauß
Achtung gäben / und für die Wolfarth der Jnnwohner Sorge
trügen.


Vom 21. September bis den ersten October hat man von Wachtel
Fang und
HaasenJagd.

frühe bis auf den spathen Abend fast nichts gethan, als mit Wach
tel⸗Fangen die Zeit passirt, so daß einige der Unsrigen schier täglich
dreysig bis funfzig Wachteln nach Hauß gebracht; es hatten auch
die Haasen und Rebhüner kein besseres Glück zu geniessen, als wel
chen auf dreyfache Manier, mit Hunden, Vogeln und Flinten
nachgestellt worden, wie dann so gar die Hunde, wann sie nur füͤr
sich selbst ausgegangen, Haasen mit sich zuruck nach Hause ge
bracht; es waren aber dieselbige gleichwol nicht in solcher Menge,
als wie die Wachteln, vorhanden, von welchen man glauben solte,
daß sie auf keine Weise koͤnten vertilgt werden; dann wo man heu
te zehen geschossen, kunte man Morgen wiederum zwanzig an deren
Stelle antreffen: davon aber die eigentliche Ursach ist, weil diese Ursach der
Menge
Wachteln
in der Tür
key.

Vögel zur Herbst⸗Zeit unsere Länder verlassen, und sich waͤrmere
aussuchen, dahero sie dann hier aus allen Abend⸗ und Mitternächti
gen Ländern zusammen kommen; und weil sie von dem langen Flie
gen ermüdet sind, lassen sie sich, ehe sie uͤber den Hellespont und
dem Canal des schwarzen Meers nach Natolien oder klein Asien
über fliegen, an dem Europaͤischen Ufer nieder, damit sie gleich
sam von ihrer weiten Reise daselbst etwas ausruhen möͤgen. Es Zweyerley
Art Lerchen
und Reb
huͤner.

werden auch in diesen Ländern zweyerley Gattungen Rebhuͤner und
Lerchen gefunden, davon die eine an Kamm, Federn, Stimme, Gröͤs
se, Geschmack und allem andern den Unsrigen ganz gleich kommen;
die andere aber ist noch einmal so groß, absonderlich was die Reb
hüͤner anbelangt, welche auf der Brust schoͤne rothe Federn haben,
und so wol daselbst als um den Kopf mit schwarzen Flecken bezeich
net sind: so haben sie auch einen unterschiedenen Geschmack / der aber
den Unsrigen an Annehmlichkeit nicht beykommt.


Dem Herrn Groß⸗Botschafter wurde unterdessen von dem
Groß⸗Vizir eine Buͤchse verehrt, so eine von derjenigen Art war,
woraus Er neulich auf dem Kaiserlichen Lust⸗Hauß geschossen hatte.
Ll
Es - 310 -
Zweytes Buch / Neunte Abtheilung /

266

Es besuchten auch Se. Excellentz in Begleitung der Baronen von
Zweiffel und Hörde den Capudan Bascha / oder obersten Vor
steher über das See⸗Wesen, welcher seine Wohnung beständig an
dem Hafen ohnweit der Zeug Häuser hatte; dann auch zu verschiede
nenmalen den Französischen Gesandten, worzu Sie sich den Marg
grafen Besora / Grafen Bathyani und Norbert Kollovrath,
und wiederum die Baronen Zweiffel und Hoͤrde zu Begleitern
erwehlt hatten; einige aber aus dem ersten Adel als der Marggraf
Besora / Graf Nesselrode und Kinigl besuchten Jhn auch zu ei
ner andern Zeit, und zwar als Er sich dieser Tagen auf seinen Lust
Hauß zu St. Stephan nicht weit von unserm Lager aufhielte: es
Französi
sche Ge
sandte von
dem Herrn
Botschaf
ter tractirt.
legte aber der Französische Gesandte mit seiner Frau Gemahlin aus
dem alten Hauß Birron und einigen Adelichen Frauenzimmer auch
etlichen vornehmen Französischen zu Pera wohnenden Kaufleuten
bey unsern Herrn Botschafter gleichfals die Visite ab, von wel
chem Sie mit einem herrlichen und kostbarn Mahl, und dabey mit
19. fremden Weinen, als Tokaier, Ofner, Insulaner, Oesterrei
cher / Rheinischen, Mosellaner / Burgunder, Champagner rc. tra
ctirt worden; und musten solche Ergötzlichkeit die angenehmste und
hier zu Land wenig bekannte Music, und die unter freudigen Trom
peten⸗Schall herumgetrunkene Gesundheiten Seiner Kaiserlich
und Catholischen Majestät / wie auch Sr. Majestät des da
mals noch minderjährigen Koͤnigs in Frankreich / als zweyer durch
neue Buͤndnuͤß vereinigten Prinzen, samt der guten Harmonie der an
wesenden Gäͤste vermehren: nach dessen Endigung haben Se. Ex
cellentz das Frauenzimmer in denenjenigen Wagen, in welchen Sie
solche abholen lassen, auf den Abend auch wiederum nach Hauß zu
bringen befohlen.


Einige wer
den in die
Stadt vor
aus ge
schickt.
Dazumal wurde der Herr von Dierling / Herr Theyls / Eu
rich / und Schmid um einiger Verrichtungen wegen in die Stadt /
der Herr Hofmeister Kern aber, wie auch beide Herrn Meier /
nebst noch einigen andern mit der groͤssern Bagage, und denen So
Ein Sclav
aus der
Obern
Pfalz nach
Frankreich
geschickt.
faus / welche Se. Excellentz / zu Auszierung zweyer Zimmer ver
ehrt bekommen, nach Pera voraus geschickt. Es kam auch ein
Sclav, aus der Obern⸗Pfalz gebürtig, der seinen Herrn davon ge
laufen, zu uns, um des Herrn Botschafters Protection zu ge
genies
- 311 -
Anstalten zu dem Aufbruch nach Pera.

267

niessen; weil man ihn aber allhier um der Auskundschafter willen
nicht vor sicher genug achtete, haben Se. Excellentz ihn mit Klei
dern und Geld versehen, und dem Französischen Gesandten zuge
schickt, welcher ihn auf ein Schiff gethan / dem Schiff⸗Patron aufs
beste anbefohlen, und nach Frankreich überführen lassen. Ein an
derer von Stockholm gebuͤrtig, mit Namen Michael / ein zwan
zig jähriger Mensch, Lutherischer Religion, ist gestorben, und den
Tag zuvor zur Römischen Kirche uͤbergetretten, nachdem er sich
schon lang an einem innerlichen giftigen Fieber uͤbel befunden, aber
nicht eher als etwan zwey Tag vor seinem Ende es denen Medicis
offenbahret; weil nun die Krankheit schon uͤberhand genommen, kun
Ursach / das
viele hin
gestorben
sind.

te ihm unmoͤglich mehr geholfen werden; und auf dergleichen Schlag
machten es viel andere, welche auch darum des Ubels entweder gar
nicht kunten loß werden / oder doch zum oͤftern ein Recitiv beka
men; dann sie hielten sich entweder nicht an die Vorschrift der Herrn
Medicorum, oder gebrauchten Arzney, da es schon zu lang gewar
tet war. Es ist zwar an dem, daß diese Herrn solche in dasigen Läͤn
dern gar gewöhnliche und sehr um sich reissende Krankheit gleich
Anfangs nicht recht erkennt, jedoch durch die Erfahrung das Ubel
dermassen eingesehen, daß sie nachgehends einen gar leicht davon ab
helfen kunten, wann man sie noch zur rechter Zeit um Huͤlf ange
sprochen. Es sind auch einige, als der Freyherr von Hörde / Herr
Verspot
tung von
dem Pöbel
und Kin
dern.

Müͤller ein Geistlicher, Herr Hulin der Leib⸗Arzt / Heckmann / und
Momartz[23] nach Constantinopel gegangen, das in aller Welt so
beruffene Gefaͤngnuͤs der Sieben Thürne in der Naͤhe zu betrachten,
musten sich aber von dem Poͤbel und den ungezogenen Kindern brav
verspotten lassen, ohnerachtet sie einen Janitscharen bey sich hatten,
als welche ihnen ihr gewoͤhnliches Ana sen sictim Jaour immer
zuruften, welches auch dem Herrn von Dierling fast so oft begeg
net / als er in der Stadt zu thun gehabt.


Den 29 und 30ten September wurden viele dergleichen WaEilfertiger
Aufbruch
aus dem
Laͤger.

gen angeschafft / deren sich die Türkischen Weiber zu bedienen pfle
gen, wann sie ausfahren wollen, worauf unsere schon eingepackte
Sachen fein hurtig nach Pera solten gebracht werden / weil die Re
de gieng, als ob der Sultan den 3ten October Sich aus der
Stadt nach Taut Bascha, einem Kaiserlichen Lust⸗Hauß, das
nicht

Ll 2
- 312 - 268
Zweytes Buch / Neunte Abtheilung /

nicht weit von unserm Lager entlegen war, begeben, und daselbst
etliche Täge aufhalten wolte, weswegen wir mit unsern Leuten wei
chen musten, damit nicht, wann beederseits Bediente zusammen
kommen solten, Streit unter ihnen entstuͤnde, wie bey dergleichen
Volk gar gemein ist, und wordurch gar leicht das Völker⸗Recht,
Entdeckte
Aufruhr
der Janit
scharn.
der Friede und der gemeine Ruhe⸗Stand hätte leiden duͤrfen; wir
haben aber nachgehends erfahren / daß dieses Gericht darum aus
gestreuet worden, weil, wie ich um die Mitte dieses Buchs schon
etwas wenigs davon beruͤhrt, zu Constantinopel unter den Janit
scharn eine Aufruhr entdeckt worden, vermoͤg deren sie uns in dem
Läger alle auf eine Nacht und alsdann auch die übrige Franken
massacriren wolten. Der Anfang wurde schon dazumal gemacht,
als man im vorigen Monat unsere Wachten verdoppelt hatte, und
sind der vornehmsten Rädelsfuͤhrer nicht mehr als 40. gewesen, wel
Deren Ab
straffung.
che aber alle gefangen und ihnen entweder der Kopf abgeschlagen /
oder der Hals zugeschnuͤrt, oder in einen Sack eingebunden und le
bendig ins Meer geworfen worden. Und mit solcher Manier, da
man uns weiß gemacht, der Sultan wuͤrde sich auf seinem Lust
Hauß einfinden, sind wir eher als wir gehoft, ob schon nicht so bald,
als wir gewuͤnscht, nach Pera unter das truckne Dach kommen,
worzu der Janitscharen intendirter Aufruhr uns verholfen: und
daselbst werden wir nun 6. Monat und sieben und
zwanzig Tag verbleiben.


Ende des Zweyten Buchs.


Der
- 313 -


Der
Historischen Nachricht
Von der
Röm. Kaiserlichen Groß⸗Botschaft
nach Constantinopel /
Drittes Buch /


Enthält in sich die Zeit / in welcher sich die Groß
Botschaft zu Constantinopel aufgehalten.


Erste Abtheilung.


SO haben wir demnach das vorige Laͤger verlassen, und Beziehung
der Win
ter⸗Quar
tier zu Pe
ra.

uns nach Pera in die Winter⸗Quartier begeben,
welches eben an unsers Grossen Kaisers Ge
burts⸗Fest / nemlich den 1ten October, geschehen,
wordurch wir aber leider verhindert worden, daß wir
deswegen keine öͤffentliche Freuden⸗Bezeugungen an
stellen können, sondern uns an dem innerlichen
Vergnügung über diesen höchst glüͤckseeligsten und
von uns erfreulichst⸗erlebten Tag contentiren lassen: Und weil
wir unsere Bagage voraus geschickt, sind wir zu Wasser bey den
Sie

Ll 3
- 314 -
Drittes Buch / Erste Abtheilung /

270

Sieben Thuͤrnen und Klein Asien vorbey gefahren, und haben
dahin, weil uns der Wind favorisirte / einen küͤrzern Weeg ge
nommen, auch zugleich Gelegenheit gehabt, die beweinens⸗wuͤrdi
Bysantini
sche ruinir
te Alter
thümer.
ge Merkmale des alten Bysanz / und anderer denkwürdiger Alter
thümer, welche von den Grichischen und Römischen Kaisern hin
terlassen worden, hier und dar an den Mauern zu beobachten. Vie
le Grichische Schrifften hat die alles verzehrende Zeit durch den Re
gen, Schnee, und anderes Ungewitter dermassen zu nichte gemacht,
und das angewachsene Epheu und Meer⸗Graß also bedeckt / daß man
nichts mehr davon lesen kunte; die Triumph⸗Boͤgen waren mit Stei
nen ausgefüllt und verschlossen, die aus Marmor gehauene Löwen /
Greyphen, Säulen, deren Gestelle oder Blatten, Capitel, Durch
züge, samt den von Corinthischer, Jonischer und Dorischer Arbeit
verfertigte Auszierungen sind zum Theil in die Mauern eingemauert,
theils die Steine davon anderweit hin verbraucht oder wol gar ins
Meer versenket worden. Sonst ist der Prospect von dieser Stadt
Prospect
der Stadt.
ganz ungemein, so wol wegen des anstossenden Meers, als auch
wegen des gegen über liegenden Klein Asiens, wohin man so wol
als auch in die umliegenden Insuln mit groͤster Plaisir sehen kan, wel
ches auch durch die auf den Huͤgeln an den Haͤusern liegenden und mit
Pyramiden⸗weiß besezten Cypressen⸗ Yben⸗ und Cedern⸗Bäumen
einen noch mehrern Zusatz bekommt, dabey die von dem vor einem
Jahr daselbst entstandenen Brand überbliebene Klötze und Stäm
me an vielen Orten wie durch einen Wald oder Rauch herfür schei
nen. Viele von diesen Haͤusern haͤngen uͤber die Stadt⸗Mauern
an das Meer hinaus, haben aber darum gleichwol von Wind und
Wellen im geringsten nichts zu fürchten. An den Mauern hinan
Thürne
und Pfört
gen an den
Mauern.
stehen überall vierzig Schritt weit die Thüͤrne, von einigen Haupt
Thorn aber ist auf dieser Seiten nichts zu sehen, sondern nur einige
kleine Pförtgen, gleich den Hintern⸗Thürn an den Häͤusern, durch
welche man die Kaufmanns⸗ und Eß⸗Waaren mit kleinen Schifflein
in die Stadt bringt, weil die grosse und schwer beladene Schiffe we
gen des felsichten Grunds allhier nicht einlaufen koͤnnen, da hinge
gen die Kähne, Nachen und andere Fahrzeuge hinter diesen Felsen ei
ne desto groͤssere Sicherheit finden, welche sie auf der Hoͤhe des Meers
Stücke am
Meer.
nicht geniessen würden. Auf derjenigen Seite, wo das Meer an dem
Serallien vorbey fließt, waren viel grosse Metallene Stücke geflan
zet, - 315 -
Von Beziehung der Winter⸗Quartiere/ rc.

271

zet, so auf mit Rädern versehenen Gestellen ruheten, und auf die
feindliche Schiffe Acht hatten, wo etwan einige in den Hafen ein
laufen wolten. Die Mund⸗Löcher von denen Stuͤcken, nebst den
Rädern, Naben und Rad⸗Speichen waren alle mit Berg⸗Zinober
angestrichen: etliche davon hatten so viel Mund⸗Löcher, daß oft
nur ein einiges Stuck sieben, neune, zwölfe, zwanzig bis dreisig
Kugeln aus eben so viel Röhren auf einmal schossen, als wel
che alle zusammen gar kuͤnstlich in einander laufen; andere hatten
vorne eine so weite Oefnung, daß man eine grosse Menge von Flin
ten Kugeln / Ketten und allerley altes Eisen⸗Werk hinein laden kun
te. Auf eben dieser Meer⸗Enge zwischen Pera und Constantino
pel fanden wir einige gefangene Christen⸗Sclaven, die zu aller ge
fährlichen Arbeit verdammt, und nun in Herfuͤrsuchung der Waa
Gefährli
che Scla
ven Arbeit.
ren und Stüͤcke eines zu Grund gegangenen Schiffs aus dem Was
ser beschäͤftiget waren, welches dann ohne ihren grossen Nachtheil
nicht geschehen kunte; wie dann schon drey auf selbigen Schiff er
soffen seyn, ehe sie noch zwey Stüͤcke gefunden hatten.
Den zweyten Tag nach unserer Ankunft hat der VenetianiEinzug des
Venetiani
schen Bot
schafters.

sche Botschafter seinen Einzug gehalten, welchen wir mit unsern
prächtigen Aufzug ein noch grössers Ansehen gemacht. Dann es
wurden aus dem ersten Adel viere erwehlt, nemlich die Grafen Se
bastida und Bielinski / die Freyherrn von Zweiffel und Höͤrde /
wie auch der Herr von Dierling / Secretaire bey dieser Botschaft,
nebst dem Dolmetsch Herrn Theyls; aus dem zweyten Adel wur
den gleichfalls viere ausgelesen, als die Herren von Weipeler,
Außem / Studenitz und Klimberg: und eben so viel aus den
Hauß⸗Bedienten, namentlich Herr Kern / Brinkman / Swibert
und Holzbauer [24] / darzu auch noch ich samt zwöͤlf Laqueyen ernennet,
um diesen Einzug zieren zuhelfen. Es waren auch sonsten die Fran
zosen gewohnt, den Aufzug dieser Gesandtschaft, mit einiger ihrer
Leute zu verstärken / man hat sich aber dessen für diesesmal um ei
nes entstandenen Streits willen wegen einiger Sclaven, so mit
Französischen Geld erkaufft worden, beiderseits entzogen. Der
Einzug selbst ist also eingerichtet gewesen: Nachdem der Bot
schafter in einem den Verwaltern des H. Marcus gewöͤhnliKleidung
des Vene
tianischen

Botschaf
ters.

chen Habit sich gekleidet, so in einem langen roth⸗ seidenen bis auf die
Füsse herabhangenden mit güldenen Blumen untermischten Rock
samt
- 316 -
Drittes Buch / Erste Abtheilung /

272

samt einem um die Schulter und Rücken gelegten Mäntelgen, der
gleichen die Canonici in Teutschland zu tragen pflegen, und einem
roth sammeten Kugel⸗runden und ein wenig erhebten Hut bestunde
hat Er sich in einen roth⸗sammeten mit Gold gestickten Trag⸗Ses
Aufzug auf
dem Was
ser.
sel, worauf an den dreyen Seiten seine Wappen zu sehen waren,
aus seinem Pallast nach Galata ans Wasser tragen lassen / und ist
alsdann mit den Seinigen in die zu diesem Ende bereitete Tschai
cken gestiegen, welche, als sie auf der andern Seiten vor dem weis
sen Serrallien in Ordnung gestellt waren, von einem in dem Ha
fen liegenden Venetianischen Last⸗Schiff mit oft widerholter Loß
Brennung der Stuck begruͤßt worden, da sie indessen ihre Fahr
Zeuge eben wieder an das Ufer, wo sie abgefahren / und wir ihrer
erwarteten, hinlenkten; allwo Er von den Vornehmsten des Hofs,
welche um deßwillen dahin geschickt waren, zu erst, und dann auch
von unserm Adel und andern als wann er erst von der Reise ge
kommen, an dem Ufer bey derjenigen Pforten empfangen worden/
durch welche Er bald hierauf, nach eingenommener Ehr⸗Bezeugung
mit dem gewoͤhnlichen Caffé bey dem Obersten des See⸗Wesens,
seinen Weeg weiter genommen. Einige Chiausen ritten mit ih
Ordnung
des Ein
zugs.
rem gebräuchlichen Ordens⸗Zeichen, nemlichen mit den Straussen
Federn auf dem Haupt voran, denen folgten ohngefehr funfzig Ja
nitscharen zu Fuß, je sechs und sechs neben einander: des Bot
schafters Spieß⸗Knechte oder Trabanten von dem Gebuͤrg Ne
grino / so sie auf ihre Sprache Porta Lettere (Brief⸗Träger)
nennen, weil sie durch diese Bothen ihre Brieffe hin und wieder zu
schicken pflegen, waren an der Zahl 70. und alle in rothe mit blau
und Gold gewürkten Borten besetzte Livrée gekleidet; diese hatten
auch blaue Binden um den Leib, und giengen je zwey und zwey zu
sammen / doch ohne Gewehr, weil ausser dem Römischen Kai
serlichen Botschafter, keinem andern dergleichen, so wenig, als
eine Music gestattet wird. Alsdann kamen die Bedienten des Adels
und des Botschafters selbst, nebst den Unsrigen, alle zu Fuß in rother
mit Gold⸗ und blau⸗gewürkten Borten eingefaßt⸗ und besetzter Klei
dung; die Trabanten aber waren von den andern nicht allein durch
die Kleidung und Haupt⸗Zierde / sondern auch durch eine silberne
Blatten / so in Gestalt einer Feder auf dem Kopf stunde, unter
schieden. Hinter diesen zogen des Herrn Botschafters Edel⸗ und
Sprach
- 317 -
Von Beziehung der Winter⸗Quartier zu Pera.
273
Sprach⸗Knaben nebst den Dolmetschen der Orientalischen Spra
chen, und einige vornehme Tüͤrken, so den Herrn Botschafter
zu Pferd begleiteten; und dann endlich der Herr Botschafter
selbst ganz allein auf einem grauen mit langsamen Schritten einher
gehenden Barbar, dergleichen alle Vornehme allhier zu reiten pfle
gen, wenn sie nach dem Divan oder Gericht sich begeben, hinter
welchem in gleicher Ordnung die von unserm Herrn Groß⸗Bot
schafter Ehren⸗wegen mit geschickte vom Adel und andere folgten,
und zwar so, daß immerzu einer der unsrigen einen seinem Stand und
Bedienung gemäͤssen Venetianer an der linken Seiten hatte.


Unter dem Reiten habe ich auf einem sehr alten Thurn zu
Wappen
einiger ed
len Genue
ser an den
Stadt
Mauern zu
Galata.

Galata und an den Stadt⸗Mauern zu unterschiedlichenmaln drey
adeliche Wappen aus Genua in Stein ausgehauen observiret, da
von das Mittlere das Creutz der Republic, zur Rechten der Hoch
und Wol⸗gebohrnen Grafen von Spinola rothe Wüͤrfel in einem
silbernen Feld, und das dritte eines andern mir unbekannten Raute /
welche ich nicht genugsam unterscheiden koͤnnen / zur Linken gewesen,
wordurch ein nicht geringes Denkmal der Genueser nie genug be
lobten Standhaftigkeit aufgerichtet ist, als die solche Stadt noch
immer gegen die Saracenen vertheidiget, nach dem Bysanz schon
lang von den Barbarn überwunden und unter das Joch gebracht
worden; und scheinet es, als ob sie damit denen Nachkommen die
ses zu Gemüth führen, und zugleich die mit uns vereinigte Repu
blic, ihre Vorfahren und sich selbst einmal zu rächen, anfrischen
wolte.


Es ist aber Galata / so in derjenigen Gegend liegt / welche Galata.
von den Alten Sycena genannt worden, eine von der Stadt durch
den Canal abgesonderte Vorstadt, die mit Mauern und vielen Grä
ben umgeben und mit Thuͤrnen, nach alter Manier, sehr befestiget
ist. Durch diese nun, wie auch durch Tophana und einem grossen
Theil Pera haben wir unsern Zug in der erst beschriebenen Ordnung
zu Pferd, doch ohne Fahnen, Trompeten, Paucken und andere
musicalische Instrumenten genommen, und so dann den Herrn
Groß⸗Botschafter wiederum nach Hause begleitet, dabey sich die
Türken mehr über unsers Kaisers Treue und Beständigkeit gegen
seine Bundsgenossen verwundert, als Furcht für jener ihren Waffen
im

Mm
- 318 -
Drittes Buch / Zweyte Abtheilung /

274

im verwichenen Krieg bezeigt. Es ist aber die Ursach, daß dieser
Keiner als
der Röm.
Kaiserl.
Gesandte
darf durch
die Stadt
ziehen.
Herr Botschafter nur durch die Vorstädte, und zwar ohne flie
gende Fahne und klingenden Spiel oder einiger Music, gezogen, weil
niemand als dem Roͤmisch⸗Kaiserlichen Groß⸗Botschafter
aus besonderer Freyheit erlaubt ist, durch die Haupt⸗Stadt mit
solchen Ceremonien seinen Einzug zu halten. Bey unserer Heim
kunft sind wir bey vorgedachten Herrn Botschafter mit einem
Gastmahl
des Vene
tianischen
Botschaf
ters.
Herrlichen Gast⸗Mahl und aller Ehren⸗Bezeigung tractirt worden,
dwobey nichts als der gröste Uberfluß in allen Sachen / und ein un
gemeiner Pracht zu sehen war. In einerley Zimmer kunte man so
wol zu beiden Seiten von dem Boden bis oben an die Decke des
Herrn Botschafters verguldetes Silber⸗Geschirr ausgesetzt, als
auch auf denen Schuͤsseln die mit den Kaiserlichen Adlern vereinbar
te gefluͤgelte Venetianische Loͤwen beobachten, welches den Gäͤsten
einen sehr angenehmen Prospect gab. Nachdem man uns end
lich mit Speiß und Trank überfluͤßig bewirthet und alle Ehre er
wiesen / sind wir nach Mittag ungefehr um 4. Uhr mit vieler Dank
sagung wieder nach Hauß entlassen worden. Die sonderbahre Vor
sorge GOttes hat uns bey dieser Gelegenheit sonderlich behuͤtet, daß
keiner aus uns von der Pest angesteckt worden, angesehen wir dieje
nige Gegend vorbey gekommen, wo solche am meisten gewuͤtet, und
wo der Verstorbenen Kleider ohne Unterschied zum Verkauf ausge
legt waren. Dann diesen schoͤnen Gebrauch haben die Tüͤrken schon
lang gehabt, daß sie des Verstorbenen Kleider alsobald verkauffen,
an was für einer Krankheit er auch nur immer mag verschieden seyn,
daß es derowegen nicht zu wundern, wann bisweilen ganze Städ
te und Landschaften von diesem Ubel mitgenommen und ihrer Ein
wohner fast ganz entbloͤßt werden.


Zweyte Abtheilung.



Streit über
einen Tod
ten.
EBen an Heute entstunde zwischen unsern Geistlichen und den
hiesigen Franciscanern in Abwesenheit des Herrn Groß

Botschafters ein Streit uͤber den Ort der Begraͤbnuͤß
eines alten Weibs, welche den Tag zuvor verstorben, worinnen
dann Seine Excellentz ihrer Gerechtigkeit nichts entziehen
lassen
- 319 -
Nachricht von Antiquitæten / und gegebenen Visiten.
275
lassen wolten. Die folgende Täͤge hindurch wurden die uͤbrigen Wa
gen, und das noch zuruck gebliebene Reiß⸗Gezeug aus dem Lager
herbey gefüͤhrt, und das eingefallene Fest des H Francisci von vielen
mit allen Ehren begangen. Es ließ auch der Groß⸗Vizir dem Beschen
kung des
Hrn. GroßBotschaf
ters von
dem GroßVizir.

Herrn Groß⸗Botschafter Geschenk nebst einem Brief durch ei
nen Aga überreichen, vermittelst dessen Er Jhm zu seinen neuen
Logis gratulirte; weswegen Se. Excellentz dem Aga für
seine Bemühung eine silberne Sack⸗Uhr verehrten, und unter die
Träger Geld austheilen liessen. Einigen aus dem ersten Adel, so we
gen nicht genugsam angewiesener Häͤuser noch bey andern ihrer gu
ten Freunde logiren musten, bekamen nunmehr auch ihre besondern
und schöne Wohnungen. So kam auch der Topchi Baschi oder
Oberste über das Zeug⸗Wesen aus der Stadt Tophana / woselbst
er sich aufzuhalten pflegt / mit seinen Topchis oder Stück⸗Gies
sern und Feuerwerkern, an statt der Janitscharn, umgeben, bey dem
Herrn Groß⸗Botschafter seine Aufwartung zu machen. Es schick
te ingleichen zu eben dieser Zeit der Franzöͤsische Gesandte, nachdem
Er mit letzt angekommenen Brieffen den Todt seines Herrn Vät
tern vernommen, einen Janitscharn mit Brieffen durch Thracien Gesammle
te Alter
thüͤmer
von dem
Französi
schen Ge
sandten.

und Servien mit einem unserm Herrn Groß⸗Botschafter unter
schriebenen Paß; ob Er aber auch mit dieser Gelegenheit diejenige
Münzen, Steine, Goͤtzen und andere Denkmale der vorigen Zeiten
mit uͤberschickt, welche er durch einen/ so gute Wissenschaft in de
nen Antiquitæten hat, mit den groͤsten Unkosten, Muͤhe und Arbeit
in den benachtbarten Insuln so wol des Meers zwischen dem Hel
lespont / als auch auf dem Hellespont selbsten und dem Egaͤi
schen Meer, auch in ganz Grichenland und deren Städten und
Clöstern vor die Königliche Kunst⸗ und Schatz⸗Kammer neun Mo
nat hindurch aufsuchen lassen, habe ich nicht erfahren koͤnnen. Jn
dessen ist daraus abzunehmen, daß der gelehrte Vorwitz noch nicht
alles erschoͤpft, sondern noch hin und her viele Sachen anzutreffen /
die manchen seine Couriosité vergnuͤgen koͤnten, wann nur ein rei
cher Fürst oder anderer grosser Herr die benöͤthigten Unkosten darzu
herschiessen wolte.


Eben allhier zu Pera hält sich auch des FranzösiDes Fran
zösischenGesandten
Leib⸗Arzt.

schen Gesandten Leib⸗Arzt auf, Namens Anna Amabilis Du
masrambois, der sich gute Wissenschaft in Türkischen Gebräuchen
zu

Mm 2
- 320 - 276
Drittes Buch / Zweyte Abtheilung /

zu wege gebracht, und ein ungemeiner Liebhaber der Antiquitæten
ist, mit welchen ich auch um eben dieser Ursach willen gleich bey
unserer Ankunft zu Pera Freundschaft gemacht / weil ich vieles
von ihm zu erfahren hofte, wie auch in der That geschehen. Bey
demselbigen habe ich viele alte rare Münzen und ein aus der Stadt
Götzen
Bild der
Pallas.
Memphis oder Cair in Egypten gebrachtes Götzen⸗Bild der
Pallas angetroffen / so er vor hundert Ducaten hielte / und ich gerne
für einen grossen Fürsten oder den Kaiser selbst gekauft häͤtte, wann
es mir nicht ergangen, wie einsmals dem Busbec/ Kaiserlichen
Botschafter bey der Pforten zu Zeiten Kaiser Ferdinand
des Ersten / als der in seinem 4ten Türkischen Sendschreiben
Manu
script des
Dioscori
des von
Busbec zu
erst gese
hen.
klaget, daß, als er das Manuscript des Dioscorides mit Abbildung
der Pflanzen[25] bey dem Juden Hammon gesehen, und gleichfalls
um 100. Ducaten gebotten worden, ihme solches für seinen Beu
tel zu kostbar gewesen, und geglaubt, daß es der Kaiserli
che besser bezahlen könnte; weswegen dergleichen Unkosten der
meinige noch viel weniger zu bestreitten geschickt war: wiewol ge
dachtes Buch doch noch in die Kaiserliche Bibliothec nach Wien
gekommen, woraus man es nunmehro gegen so viel Gold, als es
schwehr ist, nicht mehr wurde bekommen koͤnnen: ich häͤtte mich
zwar dannoch von dem hohen Preiß nicht wollen abschrecken lassen,
wann nur mein Vorrath so weit gelangt, oder ich bey andern so
viel auf Borg auftreiben koͤnnen. Dieses Bild hatte einen Helm auf
dem Haupt, und war in allem nicht uͤber eine Spanne lang; in der
Beschrei
bung des
Bildnüß
der Pallas.
rechten Hand hielte es einen Spieß, mit der linken einen Schild /
auf dessen Mitte der Kopf der Medusa eingeprägt war; es stunde
auf einem rund⸗ausgehöͤlten Fuß, davon, meiner Meinung nach,
wol dieses die Ursach seyn mag / weil man es vielleicht vor Zeiten
auf eine Stange gestellet und herumgetragen oder zur Verehrung
ausgesetzet hat. Der Verniß, Gürtel, die Leibs⸗Gestalt, entblöste
Armee, der Habit und Falten gaben ein genugsames Kennzeichen
von ihrem Alterthum; und hat ihm diese Raritæt ein von Constan
tinopel gebürtiger Türk aus Arabien nebst einer Hirnschaln und
Brust⸗Stück von einer Mumien geschickt, von welchem Mann er
mich versichert, daß er eines recht ehrlichen Gemuͤths, und mehr den
Namen als der That nach ein Türk zu nennen sey. Es sind aber
die
- 321 -
Nachricht von Antiquitäten und gegebenen Visiten.
277
die Mumien mit feiner duͤnner Leinwand umwundene und mit wolMummien
was sie
sind.

riechenden Sachen und Specereyen bestrichene menschliche Coͤrper,
welche daselbst in den Sand gelegt und von der Sonnen⸗Hitze mit
der Zeit also verhärtet und ausgetrucknet werden, daß sie gleichsam
in ein Harz verwandelt in der Arzney schoͤne Wuͤrkung thun: und
bey einer solchen Mumien ist dieses Götzen⸗Bild der Pallas gefunAufgewan
te Kosten
des Königs
in Frank
reich Lud
wig des
XIV. auf
rare Anti
quitäten.

den worden, so daß hieraus zu schliessen, es muͤsse solches der Cöͤr
per eines weyland vornehmen Mannes gewesen seyn. Ludwig
der XIV. König in Frankreich Höchst⸗seel. Andenkens, der ein sehr
kluger Füͤrst gewesen, und Sich so wol die Verbesserung der Kriegs
Wissenschaften, als auch der freyen Künsten sehr angelegen seyn
lassen, hat jährlich jemand in die Grichischen und Asiatischen Pro
vinzen geschickt / der alle Winkel durchsuchen muste, um, was noch
von Schrifften, Müntzen, Steinen, Bildern, Götzen und derglei
chen uͤbergeblieben, fleissig zu sammlen, und nach Frankreich uͤber
zu bringen, woraus dieses, was ich gemeldet, abermal bestättiget
wird, daß Griechenland aller seiner Schätze und Raritäten durch die
Fremden noch lang nicht beraubet seye.
Jch selbst habe bey meinem Aufenthalt zu Pera bey ConstanRare Mün
zen.

tinopel einige rare Steine und Heidnische Muͤnzen von den Ar
meniern, deren fast täͤglich welche zu mir kamen, eingehandelt, un
ter andern auch eine von M. Antonius, und Cleopatra, auf welcher
nach besiegten Asien der Bacchus, als ein Beherrscher dieses Lan
des unter dem Bild einer gekleideten und auf einer Kuͤsten stehenden
Jungfrau vorgestellet wird: so habe ich auch noch einige andere
Sorten mit nach Wien gebracht, von welchen daselbst noch nicht
viel gesehen worden, und die nunmehro in Sr. Excellentz des
Hoch⸗ und Wolgebohrnen Herrn Carl Joseph Grafen
von Paar/ Erb⸗General- und Obrister Post-Meister der
Oesterreichischen Landen / Schatz⸗Kammer aufs beste verwah
ret werden; und ob gleich einige durch das Alterthum sehr uͤbel zu
richtet sind, so moͤgen sie sich gleichwol gluͤcklich achten, daß sie nur
einmal auch in diesem schlechten Zustand aus ihrer Barbarischen
Dienstbarkeit erlöͤset worden. Die vorgemeldte Muͤnz aber des An
tonius und der Cleopatra scheinet wegen seiner Rarität noch wol
einiger Auslegung wurdig: Es ist demnach die Aufschrift dersel
bigen folgende:


M. AN

Mm 3
- 322 - 278
Drittes Buch / Zweyte Abtheilung /

M. ANTONIVS IMP. COS. DESIG.
ITER. ET TERT.


Allhier werden die Koͤpfe des M. Antonius mit Lorbeer gecroͤnt, und
der Cleopatra neben einander gesehen.


Auf der andern Seite stehet:


III. VIR. R. P. C.
[26]


Wobey sich die Kuͤste præsentiret, auf welcher der Bacchus in
Weibs⸗Kleidern stehet, und mit der rechten Hand eine Kanne, mit
der linken aber einen Staab oder Stengel hält; zu beiden Seiten
sind gekrümmte Schlangen / welche sich in die Hoͤhe winden.


Diese Münz mit des Antonius und Cleopatra Bildnus ist
nicht nur in Egypten/ wo Cleopatra regierete, geschlagen wor
den / sondern es haben auch die Asiatischen Völker, im Namen der
gesammten Provinz auf ihre Küsten⸗Träger beider Bildnisse geprä
get, vornemlich aber dazumal, als sie vernommen, daß Antonius
die Octavia alsobald aus der Insul Corfu nach Jtalien zuruck und
zwar unter diesen Vorwand geschickt habe, damit sie sich der Gefahr
des bevorstehenden Parthischen Kriegs nicht theilhaftig machen moͤg
te. Diese silberne Münz wiegt ein Loth / und ist in Asien auf die
Art der Kisten⸗Träger oder Kisten⸗Pfenning geschlagen, eben so, wie
sie sonsten ihre groͤste silberne Muͤnze zu prägen in Gewohnheit hat
ten: wie sie nachgehends in die gemeine Schatz⸗Cammer nach gehal
tenen Triumph des M. Acilii uber den Antiochum gebracht wor
Triumph
des M. Aci
li über
Antiochum
den / erzehlt Livius Decad. IV. Lib. VII. Jn welchem Triumph 230.
den Fahnen oder Kriegs⸗Zeichen, drey tausend Pfund ungeprägtes
Silber, von dem geschlagenen Atheniensischen löthigen Silber
hundert und dreyzehen tausend Pfund, und der Kisten⸗Pfenning
zwey hundert und funfzig tausend Pfund vorgetragen worden.
Man hat sie aber darum Kisten⸗Träger oder Kisten⸗Pfenning ge
nannt, weil auf selbigen eine zwischen zwey Schlangen stehende Ki
sten geprägt wurde / wie die Erforscher der Antiquitäten (Anti
quarli) gar wol wissen, und aus den Quintleins Muͤnzen des Au
gusti zu sehen, auf welchen man die Jnschrift lieset:


ASIA RECEPTA.


Es ziehlen aber so wol die Kiste als die Schlangen auf den Bac
chus - 323 -
Nachrichten von Antiquitäten und gegebenen Visiten.
279
chus; und weil die Einwohner in Asien vernommen / daß Anto
nius im vorigem Winter sich zu Athen den andern Bacchus ge
nennt, wie Dion L. XXXVIII. bezeiget, sprechend: daselbst hat
er sich wider die Gewohnheit seiner Vorfahren den an
dern Bacchus genennt/ haben sie den Bacchus selbsten auf der
Kisten vorgestellt. Als er nach Ephesus gekommen, sind die Wei
ber in den Habit wie des Bacchus Priesterinen, die Mäͤnner aber
wie die Wald⸗Götter gekleidet, vorangegangen, und haben in den
Händen mit Epheu umwundene Stecken getragen: da höͤrte man in
der ganzen Stadt nichts anders als den Klang der Musicalischen In
strumenten, Pfeiffen, Flöten rc. nebst den freudigen Zuruf, daß er
der gütige und liebreiche Bacchus sey, wie uns Plutarchus hievon
Nachricht gibt.


Den 7ten October hatte der Venetianische Botschafter bey Audienz
des Vene
tianischen
Botschaf
ters.

dem Groß⸗Vizir / und den 8ten bey dem Sultan die Audienz,
ist aber von beiden gar geschwind abgefertigt worden, und hat weder
die Auszahlung der Janitscharn mit angesehen, noch einen so weiten
Weeg, wie wir, genommen: so sind auch bey weiten nicht so viel
Caftants unter die Venetianer/ als wie vormals unter die Unsrige
ausgetheilt worden, wordurch dann die Pforten zu verstehen geben
wollen, daß sie noch wol einen Unterschied zwischen einem Kaiser
lichen Groß⸗Botschafter, und einem Venetianischen Gesand
ten zu machen wisse. Den Tag zuvor, da wir noch uͤber Tisch sasBrieffe
aus
Teutsch
land.

sen, kamen zwey Lieutenants aus dem Prinz Hohen⸗Zollerischen
Curassier⸗Regiment mit Brieffen aus Teutschland an, davon der ei
ne, weil er in dem vorigen Krieg unter den Barbarn lang gefangen
gewesen, die Türkische Sprache vollkommen verstunde. Sie hat
ten ein grosses Paquet Brieffe bey sich, welche uns um so viel an
genehmer waren, je läͤnger wir schon keine Nachricht von Hauß be
kommen, und je begieriger uns dieser Abgang machte, etwas von da
her zu erfahren, als welches schon in mehr als sechs Wochen nicht
geschehen: ein jeder wolte der erste dabey seyn, um seine Curiosité
fein bald zu vergnügen / weswegen sie also umringt waren, daß sie
sich nicht nur nicht loß machen kunten, sondern auch nicht wußten,
welchem sie zu erst antworten solten, weil sie von allen zugleich ge
fragt wurden. Bald hierauf langte auch ein Janitschar allhier an,
wel
- 324 - 280
Drittes Buch / Zweyte Abtheilung /

welchen der Türkische Botschafter zu Wien an den Sultan abge
fertiget hatte, und mit unsern angekommenen Officirn von Wien
aus bis nach Adrianopel gereißt, von dar aber eher abgegangen,
weil für alle nicht genug Pferde vorhanden waren / ist auch
gleich bey anbrechenden Tag hier in der Stadt an⸗ aber weil er bey
Hof nicht eher abgefertigt worden, später als die vorigen zu uns ge
Erlaubnis
die Sophia
Kirche zu
besehen.

kommen. Den folgenden Tag hat der Marggraf Besora und Se
bastida / welche gesonnen waren, nechstens mit einem Französischen
Schiff nach Frankreich über zu gehen, und selbige Länder zu bese
hen, mit genauer Noth und vielen Bitten von dem Groß⸗Vizir
erhalten, daß sie den Tempel der Sophia oder der Göttlichen
Zeichnung
von einem
Französis.
Mahler.
Weißheit von innen besehen durften. Es brachte auch ein Fran
zösischer Mahler eine Zeichnung von der Audienz des Englischen
Gesandten bey dem Sultan / wie dieser auf dem Thron sitzet, nebst
allen ansern Umständen, so dann auch den Entwurf von einem Bad
und Danz der Türkischen Weiber, dero unterschiedliche Stellung
und Bewegung, welches alles auf etlichen Tafeln vorgestellet und
mit Farben illuminirt war; worauf der Herr Botschafter ihm
Commission gegeben, eben dieses auch für Jhn zu verfertigen. Et
Erlösete
Gefange
ne.
liche Tage hierauf sind LXXV. Gefangene aus dem Baino oder
dem Gefängnis des Capudan Bascha loß gelassen und den Patern
Trinitariern / als welcher Orden zur Erlösung der Gefangenen auf
gerichtet ist, durch einen Secretair des Sultans in Gegenwart
des Herrn von Dierlings / Theyls / Petrowitz und Kemme
ter / die von dem Herrn Botschafter darzu ernennt waren, über
geben worden; davon zwey nur von ferne stunden, weil sie die Pest
scheueten, mit welcher insgemein diese aller Gefahr unterworfene
Leute behaftet sind, und haben sich also dieselbigen nur, nach der Ju
risten Redens⸗Art, durch die lange Hand (per traditionem longae
manus) übergeben lassen. Von diesen aber ist einer wiederum von
den Türken zuruck gezogen und jämmerlich abgeprügelt worden, weil
er sich vor einen Pfälzer ausgegeben, jene aber behaupten wolten,
daß er ein gebohrner Schwede und kein Teutscher seye, er ist aber
nachgehends doch auf Sr. Excellenz beständiges Anhalten loß gege
ben worden.


Abgelegte
Visite bey
dem Vene
tianischen
Botschaf
ter.

Den 15ten gieng unser Herr Groß⸗Botschafter mit dem mein
- 325 -
Nachrichten von Antiquitäten und gegebenen Visiten.
281
meinsten und vornehmsten seiner Suite nach dem Venetianischen
Gesandten / angesehen dieser erst nach uns angekommen, von
welchem Er unten bey der Stiegen, als Se. Excellenz eben aus
dem Trag⸗Sessel heraus steigen wolten, an der Thüͤr desselben em
pfangen und die Stiegen hinauf bis in das innere Zimmer gefuͤhrt, so
dann nach einer kurzen Verweilung und unter einem rothsammeten
mit guͤldenen Borten gezierten Himmel gehaltenen freundlichen Ge
sprach von dar hinunter bis wieder an die Thuͤr des Trag⸗Sessels
begleitet worden. Es war der Botschafter eben in diesen Habit
gekleidet, welchen Er vorher bey der Audienz des Sultans ange
zogen, und in welchem die Verwalter des Heil. Marci (Procu
ratores S. Marci) in dem grossen Rath zu erscheinen pflegen. Von
der ersten bis zu der andern Thuͤr stunden an statt der Trabanten
des Botschafters Brief⸗Träger von Monte Negrino, durch wel
che wir in einer langen Ordnung bis in den Pallast hinab giengen.
Jn dieser Zeit nun, in welcher die Herrn Botschaftere mit einander
conversirten, wurden wir von den Venetianern mit eingemach
ten Früchten und allerhand Getränk bewirthet. Als ungefehr Ge
legenheit gab, von der Ordnung der Venetianischen Gesandt.
schaft an andern Höͤfen zu reden/ hat mich nicht wenig gewundert,
daß einer von ihnen die Constantinopolitanische allen andern
vorgezogen, welches er auch zum öftern wiederholet, da ich doch mit
gröstem Recht dafür gehalten, daß dem Römischen Kaiser die
Republic eine groͤssere Hochachtung schuldig wäre, als von Deme sie
so oft unterstützt und erhalten worden.


Den 16. dito verfüͤgte sich der Herr Groß Botschafter uͤber Bey dem
Groß⸗Vi
zir.

den Canal zu dem Groß⸗Vizir wegen einiger Geschaͤfften, wobey
Er nicht mehr als den Freyherrn von Studenitz und den Stall
Meister zu seiner Begleitung mit nahm, welches sich die Tüͤrken sehr
wol gefallen lassen, und alsdann viel freymuthiger bezeugen, als
wann man einen grossen Comitat bey sich hat; wie dann der Groß
Vizir den Herrn Botschafter dazumal durch seiner Gemahlin
Bad geführet, welches Er in Beyseyn mehrerer wol wuͤrde unter
lassen haben. Die Handlung aber selbst bestunde hierinnen, daß er Erhaltene
den Patern Trinitariern ein Ferman oder Kaiserliches und von Erlaubnis
zu Erbau
ung einer
neuen Kir
che.

dem Groß⸗Vizir unterschriebenes Decret zu wegen brachte, Krafft
Nn

dessen
- 326 - 282
Drittes Buch / Dritte Abtheilung /

dessen sie befugt wären, zu Pera eine neue Wohnung und Kirche
aufzubauen, es muste Sr. Excellenz der aufgerichtete Commer
cien-Tractat hierzu behulflich seyn, als dessen Aufnahm die Hand
habung dieser Geistlichen nicht wenig befoͤrderte, sintemaln sie einen
grossen Handel mit Loß⸗Kauffung der Sclaven trieben. Bey der
Zuruckkunft hat sich der Herr Botschafter gefallen lassen, das
Mittagmal bey dem Französischen Gesandten einzunehmen,
worzu Er auch den Marggrafen Besora und Sebastida gezogen,
als welche noch diesen Abend nach Marsilien abfahren und von dar
weiter den Weeg durch Frankreich nehmen wolten; wie sie dann
auch noch selbigen Tag von den Graf Nesselroth und Freyherrn
von Zweiffel / als ihren vertrautesten Freunden, bis an das Ufer
des Meers begleitet worden, allwo sie nach genommenen Abschied
und abgelegten Glück⸗Wunsch zur vorhabenden Reiß nicht ohne in
nerliche Gemuͤths⸗Bewegung einander verlassen, welche auch alsdann
in eine öffentliche Betruͤbnis ausgebrochen, da die Anker nach gege
benen Signal gelößt / und diese zwey Cavaliers fort gesegelt waren,
von welchen sie sich nunmehr durch das Wasser musten geschieden
sehen: Es war auch wol niemand unter uns, welchen diese Abreiß
nicht schmerzlich vorkame, angesehen sie so wol von geringern sehr æ
stimirt, als auch von ihres gleichen herzlich geliebt worden.


Dritte Abtheilung.


DEn 18. October gab der Venetianische Botschafter und
Gegen⸗Vi
site des Ve
netiani
schen Bot
schafters
bey unserm
Hn. Groß
Botschaf
ter.

Patricius bey dieser Republic Herr Ruzzini unserm Herrn
Groß⸗Botschafter die Gegen⸗Visite, dabey Jhm mit
solcher Ehr⸗Bezeugung durch die im Gewehr⸗stehende Militz und an
dere begegnet wurde, als sein Character erfordert: es ist Jhm bey
seiner Ankunft der Freyherr von Seebach und noch zween andere
aus dem zweyten Adel bis an die erste Pforte der Wohnung entge
gen gegangen, die Jhn von dar folgends bis an die Stiegen begleitet,
allwo Er von Sr. Excellentz und dem übrigen Adel bey Heraus
steigung aus seinem Trag⸗Sessel empfangen worden; seinem Adel
und Hauß⸗Bedienten sind wir mit gleichem Tractament, als sie kurz
zuvor uns / begegnet. Es kamen auch anderer Fürsten Gesandte
gar
- 327 - Abbildung:
FRANCISCVS EVGENIVS
Herzog von Savoyen und
Piemont. etc. etc.
P.C. Monath exc.
G.D. Heumann sc.

- 328 - - 329 -
Von unterschiedl. Begebenheiten u. dem kleinen Bairam.
283
gar vielfältig zu unserm Herrn Groß⸗Botschafter / unter allen Wechsels
weise Be
suchung der
Gesandten
zu Pera.

aber der Französische am meisten, wie sich dann auch Se. Hoch
graͤfliche Excellenz ebenfalls oͤfters bey Jhm einfanden, also daß
aus dem guten Verständnis dieser Ministers die Eintracht ihrer
Principaln gar deutlich abzunehmen war. Jn der Nacht zwischen
dem zwey und drey und zwanzigsten ist ein Hauß⸗Knecht gestorben,
und gleich den Tag darauf begraben worden. Es schickte auch der
Herr Groß⸗Botschafter den Grafen Bathyani zum Groß
Vizir in die Stadt, und dem Herrn Weipler zum Nischanschi
Bascha / den Eidam des Groß⸗Vizirs, und ließ wegen des inste
henden kleinen Bairams seine Gratulation ablegen.


Dieses zweyte Fest fället auf den zehenden Tag des letzten MoKleine
Bairam
der Tür
ken.

nats im Mond⸗Jahr, welches dieses Jahr der 24. October gewe
sen / und wird ungefehr 70. Tag nach dem grossen Bairam / so
nach dem Ramazan / oder der grossen Fasten folgt, gefeyret,
wovon ich im vorhergehenden Buch schon etwas gemeldet. Es ist
aber solches zur Gedächtnis der Auf⸗Opferung Jsaacs eingesetzet,
da nemlich Abraham seinen eingebohrnen Sohn, und einige Hof
nung seines Geschlechts, aus Göͤttlichen Befehl auf jenen Berg auf
zuopfern bereit war, wo nicht GOTT der HERR selbst nach ge
nugsamer Prüͤfung seines Gehorsams und Glaubens, einen in der
Hecken hangenden Widder an dessen statt substituirt häͤtte. Ricot
gibt diesen Berg in seinem zweyten Buch / wo er von der Türken
Walfarth in Arabien redet, für den Berg Ararat an, sie selbst a
ber haben mir solchen Arifa genennt, wiewol wir aus der Heiligen
Schrifft so viel Nachricht haben, daß derselbige nach dieser Ge
schicht von denen Jüden genennt worden יהוה יראה der HERR
siehets. Diejenige, welche aus heiser Andacht nach Mecha zu des Walfarth
der Türken.

Muhamets Grab reisen, und so wol zu Ende des Maji in diesem
Vorhaben von Constantinopel weg gehen, und zu Damasco mit
denen Compagnie machen, welche aus Anatolien, Caramanien und
den benachbarten Orten kommen, als auch diejenige, so aus Per
sien nach Babylon oder aus Egypten nach Cairo gehen / kom
men alle endlich hier auf diesem Berg zusammen, und verrichten ihr
Opfer, so sie Corban nennen, und in Abschlachtung vieler SchaaOpfer der
Türken.

fe bestehet, welche sie alsdann ihren Freunden zur Verehrung zuschi
cken, und auch zum Theil unter die Arme austheilen. Sie pflegen
dabey

Nn 2
- 330 - 284
Drittes Buch, Dritte Abtheilung /

dabey ihre ordentlichen Kleider abzulegen, und einen weisen Schleyer
dafür anzuziehen, gehen um den Berg herum Walfarthen, und ge
ben damit zu verstehen, daß man einmal die Suͤnde verlassen und den
Anzahl der
Pilgram.
Begierden absagen müsse. Die Anzahl der Pilgram ist zwar nicht
zu allen Zeiten gleich, steigt aber insgemein bis auf funfzig tausend
hinan, wie aus den Jahr⸗Buͤchern zu ersehen, in welchen alle derer
jenigen Namen verzeichnet werden, die aus allen Mahometischen
Ländern daselbst zusammen kommen. Alle diejenige, so genugsame
Mittel darzu haben, sind verbunden / zum wenigsten ein einigesmal
in ihrem Leben diese Walfarth anzutretten / es sey dann, daß sie in
solchen öfentlichen Bedienungen stehen, welche sie ohne Nachtheil
des gemeinen Wesens so lange Zeit nicht verlassen koͤnnen; wie sie
dann dieselbige für ein Vorbild achten, da wir aus dem zeit
Mit der
Türken An
dacht ists
lauter Heu
cheley.
lichen in das ewige Leben uͤbergehen: wiewol, wann die Türken die
Warheit bekennen wolten, sichs finden wuͤrde, daß sie nicht aus An
dacht gegen ihren Propheten, wol aber um Gewinns willen, wel
chen sie aus den daselbst angestellten Jahr⸗Märkten und hingebrach
ten Waaren zu ziehen hoffen, sich dahin begeben, sintemaln so wol
die Persianer/ als Jndianer und andere Völker aus Morgen
land ihren Kram allda auslegen. Es kam um eben diese Zeit, da
die Türken am andächtigsten zu seyn, und ihre Gesetze aufs genaueste
zu beobachten pflegen, jener gottlose Mameluck / von dem wir oben
schon gedacht haben, der Schmid zu uns, welcher mit dem Gra
fen von Oettingen von Wien hieher gereißt, und den Tuͤrki
schen Aberglauben angenommen; dieser begehrte gleich bey seiner
Ankunft, daß man ihm von dem stäͤrksten Brandwein oder Rossoli
schenken solle / welcher doch im Türkschen Gesetz auf das schärfste
verbotten ist, also daß es das Ansehen hat, wie man ihre Tugend
mehr nach dem äͤusserlichen Schein, als der innerlichen Gemüths
Jährliche
Geschenke
des Sul
tans nach
Mecha.

Beschaffenheit abmessen muͤsse. Der Füͤhrer bey gedachter Wal
farth wird von dem Sultan ernennet, und Sur-Emini genannt,
welchen Er die seinem Propheten jaͤhrlich zu gedachte Presente mit
gibt / und in fuͤnf hundert Ducaten, einen in Gold eingebundenen
Alcoran, so von einem Cameel getragen wird, und so viel schwarzes
Tuch bestehet / als genug ist, die Kirche in der Mecha mit neuen Tep
pichen zu behängen / weil die alten vom vorigen Jahr zu solcher Zeit
weg gethan worden / die nachgehends die Pilgrame in kleine Stück
lein - 331 -
Von unterschiedl. Begebenheiten u. dem kleinen Bairam.
385
lein zerschneiten, und zum Zeichen ihrer gethanen Walfarth mit nach
Hauß nehmen; solches verehren sie alsdann wie grosse Heiligthuͤmer,
und bedienen sich dessen zum Zeichen, so sie Caab nennen, ver
mittelst dessen sie wissen koͤnnen, wo sie sich bey ihrem Gebet mit dem
Gesicht hinwenden muͤssen: es wird auch das Cameel, welches das Vereh
rung des
Cameels / so
den Alco
ran getra
gen.

heilige mit tausend Luͤgen angefüͤllte Buch getragen hat, nach seiner
Wiederkunft mit Blumen und anderm Schmuck geziert und herum
geführt / so dann forthin die übrige Zeit seines Lebens von aller Ar
beit freygesprochen, so bald es nemlich diese H. Reise vollbracht hat.
Diejenige Türken, die zu Hauß bleiben, es sey nun in ConstantiBegehung
des Festes
zu Hauß.

nopel, oder anderswo, thun es denen nach Mecha reisenden nach,
und wird nicht leicht ein Hauß⸗Vater so arm seyn, der nicht um die
se Zeit ein Schaaf oder Lamm abschlachte, und das meiste davon un
ter die Armen austheile, ja es schlachten auch wol die Vermoͤgenden
und Reichen deren noch mehrere, und zwar in eben diesen Absehen,
und zu gleichem Gebrauch. Solches Fest wird abermal durch Ab
feurung des Geschuͤtzes angekuͤndiget, und gleichfalls drey Tag nach
einander begangen; so wird auch der gewoͤhnliche Umgang nach der
Moschee Ahmeds gehalten, welchen ebenermassen der Kaiser
mit dem Groß⸗Vizir beywohnet / und die uͤbrige Zeit in allem Lust
und Vergnuͤgen zugebracht, wobey dann die Weiber einer groͤssern
als sonst gewöhnlichen Freyheit geniessen: die meisten thun auch diese Türken
darfen an
ihren FestTägen ar
beiten.

Zeit über nichts/ jedoch darf gleichwol arbeiten, wem es beliebt,
wie dann auch so gar des Freytags, oder an dem ehmaln der Venus
gewiedmeten Tag / dem die Türken nicht unbillig wegen ihrer üͤber
menschlichen Geilheit, als wie die Juden den Samstag / und wir
Christen den Sonntag, woͤchentlich feyren, niemand verbunden ist,
von der Arbeit völlig abzustehen, sondern es mag jedweder seines
Gefallens nach verrichteten Gebet dieselbige wieder vor die Hand
nehmen. An dem andern Tag dieses Fests kam der Dolmetsch von
der Pforten mit einem verrenckten Arm, welchen ihm der Sturz
seines Pferds verursacht, zu unserm Herrn Groß⸗Botschafter,
und ersuchte denselbigen um die Hüͤlfe seiner Wund⸗Aerzte, welche
ihn auch gar bald wieder zu recht gebracht, ohne daß sie etwas füͤr
ihre Bemühung von ihm genommen haͤtten, ob er ihnen schon ein
ansehnliches Recompens offerirte. Damals gieng auch der Frey

herr

Nn 3
- 332 - 286
Drittes Buch / Dritte Abtheilung /

herr von Höͤrde mit zweyen Jägern von der Botschaft und wenig
andern nach Asien über, sich daselbst mit der Jagd zu diver
tiren.


Den 27ten dito, als dem dritten Tag nach dem kleinen Bai
Dem Sul
tan wird
eine Tochter
gebohren.

ram / machten die Türken ein ungewöhnliches Geprassel mit ihren
Stucken, worein mir uns lang nicht finden kunten, bis wir endlich
erfuhren, daß in selbiger Nacht dem Sultan eine Princessin [27] ge
bohren worden / und deswegen sich die öffentlichen Freuden⸗Bezeu
gungen hören liessen. Sie hielten es für eine gute Vorbedeutung /
daß deren Geburt gleich nach dem Bairam geschehen, und mein
ten, sie würde mit der Zeit eine eifrige Vertheidigerin des Maho
metischen Gesetzes seyn, als die mitten unter diesen heiligen Ceremo
nien mit dem Gesetz selbst gebohren, so daß es schiene / als ob
die Gerechtigkeit mit dem Glauben und der Andacht dieses
Kind gleichsam selbst zur Wiegen führen wollen. Es pflegen zwar
sonsten die Türken über die Geburt eines jungen Prinzen, noch viel
weniger aber einer Princessin, schlechte Freuden⸗Bezeugungen an
zustellen, allein die Gegenwart des Herrn Groß⸗Botschafters
hat zu dieser ungewöhnlichen Aufführung Anlaß gegeben, als womit
sie unsern Höͤfen imitiren wolten, weshalben auch Se. Excellentz
Befehl ertheilt, alle Anstalt zu Illuminirung der Häuser und An
Verge
bung eini
ger Char
gen bey
dem Bot
schafter.
zündung einiger Freuden⸗Feuer vorzukehren. Diesen Morgen gieng
der Freyherr von Seebach mit der Post nach Wien / weil er zu
seinem Regiment beruffen worden, an dessen statt der Herr Ost
mann von Ley / so bisher Ober⸗Stall⸗Meister gewesen, nun
mehr die Hof⸗Marschalk⸗Stelle begleiten wird, diesem aber succe
dirte der Freyherr von Studenitz aus dem zweyten Adel in seiner
Charge, worzu er durch Recommendation des Französischen Ge
sandtens gelanget, welcher sonsten mit vielen andern und in diesem
adelichen Exercitio sehr wol erfahrnen Herrn wuͤrde haben certiren
müssen.


Um diese Zeit kamen auch zwey Sclaven, ein Teutscher und
Unter
schiedliche
Sclaven
kommen
bey uns
an.
ein Moscowiter zu uns gelauffen, wovon aber der Letzte seinem
Herrn wieder gegeben worden. Nach einigen Tagen suchte auch ein
Mayländer bey der Botschaft seine Zuflucht; und als sein Herr /
so ein Bedienter des Capudan Bascha war, solchen wieder abfor
derte, liessen Se. Excellentz ihm sagen, daß selbiger ein Kaiserli
cher - 333 -
Von unterschiedl. Begebenheiten u. dem kleinen Bairam
287
cher Unterthan seyn, Sie wolten aber vermoͤg des zu Passarowitz
deswegen aufgerichteten Vertrags das gewöhnliche Löß⸗Geld für ihn
erlegen; weil er aber damit nicht vergnügt war, schickte er so gleich
noch jemand ab, den Sclaven nochmaln zuruck zu begehren, mit ver
melden, wie dieser Sclav seinem Herrn um kein Geld feil seye, Gold
und Silber hätte er selbsten genug, weswegen ihm mit nichts anders
als dem Knecht koͤnnte gedient werden, welchen man ihm wiederum
ausliefern solte; und weil er noch viel dergleichen Waͤscherey und
dieses noch darzu zimlich unbesonnen und grob vorbrachte / haben
Se. Excellentz, als welche ihrem hohen Character beständig vor
Augen hatten, ihn erinnern lassen, er solte Bedenken, was und mit
wem er rede / Sie wüͤrden sich deswegen bey dem Groß⸗Vizir be
klagen, und wegen solcher unverschäͤmten Auffuͤhrung Satisfaction
fordern. Man muß aber wissen, daß dieser Fluͤchtling seiner Kunst
nach ein Feldscheerer gewesen, womit er dann seinen Herrn nicht ge
ringen Gewinn zugebracht: und obschon die Tuͤrken uberhaupt die Ursach / wa
rum die
Türken die
Sclaven
nicht gerne
loß geben.

Sclaven nicht gerne von sich lassen / als ohne welche ihre ganze
Herrschaft nicht lang bestehen koͤnnte, angesehen sie solche, nebst den
Grichen und Armeniern zum ackern, säen, Bäͤume⸗ und Weinber
ge pflanzen, auch zur Hauß⸗Arbeit, die sie nicht gern verrichten, ge
brauchen, so setzt es doch noch weit groͤssere Difficultät, wann sie ei
nen solchen loß geben sollen, der eine Kunst gelernet hat, ob man ih
nen schon einen billigen Preiß dafuͤr anbietet, und zwar dieses alles
um ihres Eigen⸗Nutzens willen.


Den 20ten dito bekam unser Hr. Groß⸗Botschafter von dem Visite der
Gesandten
bey dem
Hn. GroßBotschaf
ter.

Französischen und Venetianischen Gesandten die Visite, wo
bey sich gleichfalls des erstern Gemahlin befand, welche zu Mittag
mit Jhm speiseten. Dem / 1. November besuchte Jhn der Enge
ländische Gesandte / und den 4ten darauf abermal der Venetia
nische in seiner Behausung, bey welcher jederzeit die Leib⸗Wacht in
Gewehr gestanden, den 5ten aber, als den Tag nach Caroli BorCelebri
rung des
Kaisers
NamensFest.

romæi tractirte Er die vier ausläͤndischen Gesandten / als den Fran
zösischen, Engelländischen, Venetianisch⸗ und Holläͤndischen
insgesamt mit einem propren Gastmal, nachdem Er den Tag zuvor den
Gedächtnis⸗Tag dieses Heiligen in der Franciscaner⸗Kirche in Ge
genwart der ganzen Hofstatt und anderer Gesandten celebrirt, und
wurde das hohe Amt von dem Abt zu Domben gehalten, wobey
Ihro
- 334 - 288
Drittes Buch / Dritte Abtheilung /

Jhro Majestät des Kaisers und der Kaiserin Bildnis zur
Seiten des hohen Altars ausgesetzt worden. Es verfügten sich Se.
Excellentz um einiger Geschäͤften willen zu dem Reis⸗Effendi /
oder Reichs⸗Canzler; bey dem Engelländischen Gesandten aber
legten Sie die Gegen⸗Visite ab, wobey Jhnen der vornehmste Theil
des Adels und übrigen Suite theils zu Pferd, theils in den darzu be
stellten Wagen folgten; bey dem Französischen Gesandten aber sind
Sie gar oft aus besonderer Freundschaft zugesprochen. So haben
auch einige den eingefallenen Huberts⸗Tag nach Jäger⸗Manier
gefeyret / zu welcher Zeit auch des Sultans Frauenzimmer an
Spatzier
gang des
Sultans
Frauen
zimmer.
dem Ufer des Meers bey dem Serrallien in dem Garten spatziren
gieng, bey welcher Begebenheit sich kein Schiffer nah ans Ufer be
geben darf, will er anders zum Trank⸗Geld den Buckel sich nicht
brav abbleuen lassen, wobey man dann in selbiger Gegend viele
Schiffe herum streichen siehet, welche gewisse Zeichen haben / wor
durch sie die Herannahenden abhalten. Bey dieser Gelegenheit hat
sichs einmal zugetragen, daß ein Dolmetsch der Französischen Na
tion, welcher sich zu Pera aufhielte / mit einem Perspectiv gegen
Theur be
zahlte
Curiosité
eines Dol
metschen.
die andere Seite des Canals schauete, wo sie nemlich herum spatzir
ten; als aber der Sultan aus seinem Lust⸗Hauß gleichfalls durch
Hülf eines Fern⸗Glases solches wahrgenommen, ist ihm sein Für
witz gar theuer zu stehen kommen, sintemaln er es mit dem Leben be
zahlen müssen; dann es hat der Kaiser so gleich etliche Henkers
Knechte hingeschickt, welche ihm ohne weitere Umstäͤnde und An
zeigung einiger Ursach in seinem Hauß gebunden und vor der Thüͤr
aufgeknuͤpft; welches Ende sich auch derselbige, wie einige, die in
guter Bekanntschaft mit ihm gestanden, ausgesagt, schon gleich pro
pheceyet, so bald er gemerket, daß er von dem Kaiser gesehen wor
den, ob er gleich seyn Todes⸗Urtheil noch nicht angehöͤret hatte.


Den 8. November hatten die Herren Oebschelwitz/ Wei
peler / Außem / Wetstein und Klimberg bey nahe zum zwey
tenmal das Ungluͤck gehabt, daß sie ersauffen muͤssen; dann als sie
nach der Säulen Pompei schiffen wolten / solche in der Nähe zu
sehen wurden sie von der Besatzung der zwey gegen einander liegen
den Schlöͤsser in Europa und Asien gezwungen, ohnerachtet des
unge
- 335 - Abbildung:
CAROLUS VI
ROMANORUM
IMPERATOR
P.C. Monath excud.
A. Nunzer sc. Norimb.

- 336 - - 337 - Abbildung:
ELISABETHA CHRISTINA ROM. IMPERATRIX
P.C. Monath excud.
A. Nunzer sc. Norimberg

- 338 - - 339 -
Von unterschiedl. Begebenheiten u. dem kleinen Bairam.
289
ungestümmen Meers an das Land zu fahren, weil sie ihnen weiter
zu gehen nicht gestatten wolten; nachdem sie aber endlich von dem
daselbst liegenden Commendanten Erlaubnüß erhielten, ihre Reise fer
ner fortzusetzen, wurden sie von einem noch weit heftigern Wind
angefallen, so daß sie weder zur Saͤule nahe anfahren, noch auch sich
von den ungestuͤmmen Meeres⸗Wellen befreyen kunten, sondern von
denselbigen vielmehr hin und wieder geworfen worden, und mit ge
nauer Noth erst auf dem Abend unverrichteter Sachen wiederum
zuruck gekommen, ohnerachtet sie gleich bey anbrechendem Tag von
Säule
Pompei.

hier abgefahren. Es ist aber diese Säule an dem Europäischen
Ufer bey dem Anfang des Canals ungefehr 30. Schritt von dem
Meer gelegen: dahero diejenigen Geographi haͤßlich fehlen, welche
solche mitten ins Meer stellen, wie ich selbst zum öftern auf den
Land⸗Charten oder andern Kupfern observirt habe. Ehedessen
stunde sie auf einem Huͤgel, und war von harten Steinen in vier
eckigter Figur aufgefüͤhrt, und schiene der Zeit selbst Trotz zu bieten:
anjetzo aber ist sie vor Alterthum also zusammen gefallen, daß aus
einem so grossen Werk, welches Pompejus nach uͤberwundenen
Asien denen Nachkommen zum Angedenken seiner erfochtenen Sie
ge hinterlassen, kaum noch 7. oder 8. Schuhe uͤbrig geblieben.


Den 14. dito haben Se. Hoch⸗Graͤfliche Ercellentz zwey
Gefangene auf eigene Kosten erlöset. Sie wurden auch damals mit
dem ersten Adel von dem Venetianischen Botschafter eingela
den, und legten nicht weniger bey andern Gesandten die Visite ab.
Zur selbigen Zeit kamen viele Schiffe von Alexandria aus dem
Egäischen Meer, worauf gleich nach ihrer Ankunft der Preiß der
Caffé-Bohnen sehr gefallen. Eben damals wurden auch Brieffe Neue Zei
tungen von
unserm
Hof.

nach unserm Kaiserlichen Hof geschickt, von dannen wir auch
welche erhielten, woraus wir viel Neues erfahren hatten, so wol
von dem Absterben unterschiedlicher vornehmen Ministers, welches
einige nicht wenig bestuͤrzt machte, als auch von einer gluͤcklich ent
deckten Verrätherey, die aber, wie es schiene, nur in der Einbil
dung bestunde, und ein Jtaliänischer Geistlicher, den die Franzosen
Abbé nennen/ zu Wien soll angesponnen haben; und dann auch,
daß zwey Edelleute aus unserm Gefolg nach Frankreich gereiset wä
ren. Den 15ten besagten Monats, am Leopoldi Tag / wurde
RaubSchiff auf
gebracht.

ein Malthesisches Raub⸗Schiff in dem Hafen eingebracht, dessen Patron
Oo
- 340 - 290
Drittes Buch / Dritte Abtheilung /

Listiger
See⸗Räu
ber.
Patron ein Franzos von Asciot aus Provanz war, und den Namen
Tourtain führte, von den Tüͤrken aber Stutz⸗Nasse genennet wurde,
weilen er eine gar kleine und platte Nase hatte. Er befande sich ehe
dessen lang unter den Tüͤrken in der Sclaverey, nachdem er aber
durch Hülfe des damaligen Französischen Gesandten Ailleurs [28], so
ihn für 500. Thaler erkauft hatte / wieder loß gekommen, handelte
er für sein eigen Geld ein mittelmäͤssiges Malthesisches Raub⸗Schiff
an sich / welches nur 22. Stuck führte, mit diesem hat er auf dem
Hellespont lange Zeit Rauberey getrieben, und um des von den
Türken ehemals erlittenen Verdrusses willen ihren von Alexandria
und Egypten kommenden Fahr⸗Zeugen grossen Schaden zugefüͤgt,
auch so gar ihre gröste Kriegs⸗Schiffe hinweggenommen, welche er
öfters mitten in dem Hafen und im Gesicht der Dardanellen
glücklich bestritten und uͤberwunden: ja es hat sich auch seine Ver
wegenheit gar bis dahin erstreckt / daß er zu Nachts bey besagten
Dardanellen in der Enge des Hellesponts heimlich vorbey ge
schifft / und der Stadt Constantinopel selbst mit Feuer und
Schwerdt gedrohet, ohnerachtet in den Hafen alles voll Schiffe
gelegen. Als einesmals eine Sultane oder grosses Kriegs⸗Schiff,
so der Kaiserin Namen führte, und 120. Stuck aufhatte, ihn ver
folgte, stellte er sich an, als wolte er nach der Enge fliehen, hat sich
aber hinter einen Huͤgel gelegt, und von dar das Kriegs⸗Schiff selbst
noch in den Hafen angegriffen und in Grund geschossen; worüͤber
der Bascha oder Commendant bemeldter Schlöͤsser häͤtte rasend
werden moͤgen, und zu dem Ende aus einem dieser Schloͤsser Stuͤ
cke mit Ochsen auf den Gipfel des nechst gelegenen Bergs füͤhren
lassen, um ihn von seinem Hinterhalt zu delogiren, er hat aber
den Braten gerochen, und seinen Weeg, ehe er noch angegriffen
worden, weiter genommen. Er jagte denen Tüͤrken oft Schiffe von
hundert und mehr Stüͤcken mit seinem geringen Fahr⸗Zeug ab; so
war ihnen auch nur der blosse Name dieses Räubers so erschröcklich,
daß sie dafüͤr erzittert / wann sie ihn nur nennen hoͤrten, und alsobald
das Meer geräumt, woferne sie ihn in der Nähe vermerckt haben.
Endlich sind drey, oder nach anderer Bericht, 13. Sultanen mit
dieser Ordre abgeschickt worden, nicht eher zuruck zu kommen, bis
sie ihn entweder todt oder lebendig in ihre Gewalt bekommen, wobey
man dem Uberwinder eine ansehnliche Belohnung aus dem gemeinen
Säckel
- 341 -
Von unterschiedl. Begebenheiten u. dem kleinen Bairam.
291
Säckel versprochen hat. Diese haben ihn erstlich, eben da er auf
den Ankern lag, angetroffen, weswegen er sich durch Anzündung
des Pulvers in die Luft schicken wolte, welches er jederzeit willens
gewesen, wofern er auf keine anderer Weise der Türken Nachstel
lungen wuͤrde entgehen koͤnnen; es haben ihn aber die Seinige dar
an verhindert, und ihn bemuͤssiget, daß er sich mit noch wenig an
dern auf ein kleines Schifflein begeben, womit er sich salviren und
in der nechstgelegenen Jnsul verbergen solte; weil er aber auch da
selbst nicht lang koͤnnen verborgen bleiben, sondern allenthalben auf
gesucht worden, hat er mit Schwimmen, welches er unter den Wel
len meisterlich verstunde, davon zu kommen gesucht: worauf die uͤbri
gen, so in dem Schiff geblieben, und dreissig an der Zahl ausmach
ten, nach Constantinopel in die Dienstbarkeit gefüͤhrt worden; da
dann die Tüͤrken das Schiff mit zu fuͤhren nicht vergessen haben. Den
andern Tag darauf ist eben dieses Schiff von einigen Galeeren und
dem Admiral⸗Schiff durch den Hafen zum Triumph herum gefüͤhrt
worden; und als sie damit zu jenem bedeckten Gang oder Lust Häͤuß
lein gekommen, welches zu End des Serrallien oder Königlichen
Pallasts am Meer auf zwölf Marmelsteinen Säͤulen stehet, aus
welchem der Sultan die aus dem Meer ankommende Schiffe, und
was sonst auf dem Canal passirt, zu beobachten pflegt, hoͤrte man
einige Stuck⸗Schüͤsse / welches auch hernach, da man es bey den
übrigen Schiffen vorbey nach dem Zeug⸗Hauß geführt / zum öftern
wiederholt worden. Um diese Zeit gieng auch ein Ungarischer Kauf
mann mit Namen Demetrius Parascowitz auf der Post mit
Briefen nach Wien / welchem die zwey kürzlich angekommene Li
eutenants von dem Prinz⸗Hohenzollerischen Regiment mit
14. auserlesenen und hier aufgekauften Pferden einige Täge darauf
folgeten; von dannen ein anderer Holländischer Kaufmann zuruck
gekommen.


Vierte Abtheilung.


DEn 17. dito sind einige aus dem Adel nach ConstantinoGrichischi
sche Patri
archal⸗Kir
che zu Con
stantino
pel.

pel gegangen, die vornehmste oder Patriarchal-Kirche der
Grichen, so dem H. Georg geweihet ist zu besehen. Die
sen
Oo 2
- 342 - 292
Drittes Buch / Vierte Abtheilung /

sen Heiligen verehren die Grichen vor andern, und haben ihn fast
in allen ihren Kirchen auf eine ganz besondere aber auch recht laͤcher
liche Art abgemahlt, also daß die Türken selbst ihr Gespött damit
treiben; dann es sitzt hinter dem Herrn auf dem Pferd ein Knab,
Lächerli
ches Ge
mähl des
H. Georg.
so jenem aus des Pferds s. h. Hintern Wein zapfet, und ihm sol
chen darreichet. Die Kirche ist nicht gar groß, dunkel, und mit vie
len Kerzen und Lampen illuminirt. Sie fällt an vielen Orten ein,
darf aber doch nicht ausgebessert werden; und ob schon der Pa
triarch dem Groß⸗Vizir Jbrahim für solche Vergünstigung
funfzehen Beuteln angebotten, so 7500. Reichsthaler austrägt, wann
man nemlich drey Thaler auf einen Ducaten rechnet, hat Er es doch
abgeschlagen. Es wurden auch schon zu einer andern Zeit dem Ah
li Bascha in diesem Absehen sechs tausend Ducaten oder 18. tau
send Reichs⸗Thaler, welches 36. Beutel ausmacht, baar ausgezahlt;
er hat aber das Geld genommen und in das Ansuchen gleichwol nicht
verwilliget. Auf solche Weise ist es auch den Geistlichen zu Jeru
salem ergangen, welche an der Ausbesserung ihrer Wohnung und
Kirche lange gehindert worden / und den Ruin der H. Oerter mit
Schmerzen ansehen müssen, bis endlich der Französische Gesandte
Marquis de Bonac, solche Erlaubnüß ihnen von Hof zu wegen ge
bracht. Jn dieser Patriarchal⸗Kirche werden drey H. Coͤrper
auf behalten und gewiesen, davon der eine der H. Euphemia seyn
solle: so wird auch ein Stuck von derjenigen Säulen gezeigt, an wel
cher der HErr Christus gegeisselt worden; und ob gleich die Hei
ligthuͤmer bey den Griechen in schlechten Werth gehalten werden, ha
Grichischer
Patriarch
von dem
Groß Vi
zir ernennt.
ben sie doch diese mit einem eisernen Gitter verwahret. Der Pa
triarch hat seinen Sitz und Wohnung gleichfalls in dieser Stadt
und wird derselbige von dem Groß⸗Vizir ernennet, welcher diese
höchste geistliche Würde um einen gewissen Preiß anschlägt, gleich
wie auch dieser alle geistliche Beneficien und Aemter ums Geld ver
kauft, und trägt sich gar oft zu, daß diejenige / so den angeschlage
nen Taxt bereits bezahlt / solchen nichts destoweniger, wann ein neuer
Groß⸗Vizir ankommt, der dessen beduͤrftig ist, oder sich ein an
derer findet / der mehr dafuͤr bezahlen will, wie es bey Mißguͤnstigen
Muß ins
Gefang
nüß wan

dern.
oft zugehet, solchen noch einmal erlegen muß. Derjenige, so bey
unserer Gegenwart diese oberste Stelle begleitet, hat eben dazumal
im Monat Januarij keine geringe Gefahr ausgestanden, angesehen er - 343 -
Von der Griechischen Kirch Patriarchen, u.a.m.
293
er nicht nur in seinem Amt gehindert, sondern noch darzu auf des
Groß⸗Vizirs Befehl in den Kerker gesteckt worden, davon man
zweyerley Ursachen wissen wollen: einige gaben vor, er hätte zu viel
Gemeinschaft und Vertraulichkeit mit einer denen Tüͤrken verdaͤch
tigen Potenz, die ich anjetzo nicht nennen mag, gepflogen; andere
aber hielten mit groͤsserer Wahrscheinlichkeit dafuͤr, daß man durch
solches Verfahren nur Geld aus ihm erpressen wolle. Jnsgemein
aber sagte man / daß ein Spanier / seiner Profession nach ein Me
dicus, und eines gewissen unter des Tuͤrken Tribut stehenden Prin
zen Rath / dessen Namen ich aber, ob ich solchen schon gar wol
weiß / wegen des Geschlechtes und seiner Vor⸗Eltern Verdienste ver
schweige, sich zu Constantinopel aufhielte / der dieses Amt für
sich oder einem seiner Freunde zu erlangen suchte; und weil endlich
durch das Geld alles wieder gut gemacht worden, wird man niemand
einiger Ubereilung beschuldigen koͤnnen, wann man das letztere füͤr
sehr wahrscheinlich hält. Es ist auch aus der Erfahrung bekannt,
daß einer / so von dem Groß⸗Vizir ernennt, und auch wieder abge
setzt worden, nichts destoweniger von eben demselbigen, oder einem
andern an des Eingeschobenen Stelle oft wiederum gelanget, wann
er so viel Geld zusammen gebracht, als ihm darzu noͤthig gewesen.
Daher es dann kommt, daß diejenige, welche nach dieser Wuͤrde strePatriar
chat zu
Constan
tinopel
muß durch
Geld er
langet
werden.

ben, überaus grosse Schulden bey den ihrigen machen, so alsdann
aus dem Einkommen der Kirchen von dem neuen Patriarchen wie
derum zusammen gescharrt und bezahlt werden. Hingegen moͤgen
die Schuldner zusehen, woferne dieser ihr Schuld⸗Mann vor der
Bezahlung stirbt, oder, es seye nun aus seinem oder anderer Ver
schulden / abgesetzt wird, wie sie zu ihrem Geld kommen, sintemalen
der neue allemal aus denen Moͤnchen, die sie Caloyers nennen, und
sonst keine Einküͤnfte haben, genommen wird. Wann aber der AbWird von
andern
vorgeschos
sen.

gesetzte nach des andern Tod wiederum darzu gelanget, finden sich
aus Hoffnung des Gewinnstes Leute genug, die ihm mit der benoͤthig
ten Summa an die Hand gehen; dann da werden diese Unkosten
aus den geistlichen Pfruͤnden gezogen, und diejenige, die doch der
grosse GOtt so wol im alten als neuem Bund frey zu seyn erkläret,
mit allerhand Auflagen beschwehrt, also daß sie durch verschiedene
schlimme Streiche dasjenige erlangen und behaupten, was der Hoͤch
ste mit einem unschuldigen Gewissen und umsonst will erhalten und
mit

Oo 3
- 344 - 294
Drittes Buch / Vierte Abtheilung /

mitgetheilet haben. Geschiehet dieses nun in den geringen geistlichen
Bedienungen / was Wunder, wann man zu dem höchsten Gipfel
der Kirchen⸗Dignitæt gleichfalls durch verbottene Kuͤnsten und der
so oft vermaledeyten Simonie gelanget; dahin man zwar um Erledi
gung des Verdrusses bey solcher schwehren Türkischen Dienstbarkeit
noch wol durch Erlegung eines Stuͤck Gelds kommen koͤnnte, wann
nur nicht der verfluchte Neid es dahin gebracht, daß bey Verge
bung solcher Stelle ein öͤffentlicher Wucher damit getrieben wuͤrde.

Gebeine
der Heili
gen werden
verkauft.
Doch bleibt es nicht allein dabey / daß man die geistlichen Benefi
cien mit Geld an sich kauft, sondern es muͤssen auch so gar der Hei
ligen Gebeine zur Ersättigung ihres Geitzes dienen, als welche diese
Patriarchen gleichfalls um Geld loß⸗schlagen. Der öfters gemeld
te Monsieur Dumasrambois hat mir selbst erzehlt, wie er eine gan
ze noch mit der Haut bedeckte Hirnschale von weiß nicht was für ei
nem Heiligen von dem Patriarchen um etliche Ducaten an sich ge
kauft, worbey er zwar vorgegeben, daß er für solches Geld etwas
in die Kirche schaffen wolle, so aber wol niemal geschehen wird. Jm
Kirchen Re
giment der
Grichen.
übrigen ist das ganze Kirchen⸗Regiment der Grichen durch etliche we
nige Patriarchen bestellt, davon der zu Constantinopel das Haupt
ist, und so viel als bey uns der Römische Pabst gilt. Der Pa
triarch zu Jerusalem hat die Aufsicht uber die Kirchen in dem
gelobten Land; der zu Antiochien wohnet zu Damasco / und re
giert die Kirchen in Syrien / Mesopotamien / Caramanien,
in denen Asiatischen Provinzen: der Alexandrinische häͤlt sich zu
Cairo in Egypten auf, und ist üͤber die Gemeinen in Africa
und Arabien gesetzt, die übrigen Haupt⸗ und andere Kirchen aber
sind dem Patriarchen zu Constantinopel unterworffen. Auf
die Patriarchen folgen die Erz⸗Bischöͤffe / Bischöffe / Weyh
Bischöffe / Πάππαι oder weltliche Priester / so an kein Gelübd
gebunden sind, und dann die Caloyers, Ordens⸗Geistliche oder
Basilianer / ausser welchen Orden sonst keiner in ganz Grichen
Land anzutreffen ist, als die sich nicht, wie die andern, verheyrathen duͤr
fen, weswegen alle Patriarchen / Erz⸗Bischoffe / Bischöffe
Die ErzBischöffe /
Bischöffe /
rc. in der
Grichischen
Kirche dör
fen nicht
verheyra
thet seyn.
und Vorstehere aus ihnen genommen werden; sintemaln in ihrer
Kirche keine, als die ein von der Gemeinschaft der Weiber abge
sondertes Leben führen, zu solchen Ehren⸗Stellen gelangen können:
denen andern Geistlichen aber ist in dem Ehe⸗Stand zu tretten er

laubt,
- 345 -
Von der Grichischen Kirch Patriarchen / u.a.m.
295
laubt, wie dann auch die meinsten unter ihnen Weiber haben / aber
eben deswegen von hoͤhern Bedienungen in der Kirche ausgeschlos
sen werden; hat sich aber jemand von Jugend auf der Weiber ent
halten, so kan er zu höͤhern Aemtern gelangen / wann er gleich nur
ein weltlicher Geistlicher ist. Es ist aber bey der Ehe dieser Priester Weltliche
Priester
dörfen sich
nur einmal
verheyra
then.

wol zu merken, daß sie erstlich noch vor empfangener Weyh hey
rathen muͤssen; und dann auch, daß sie nach Absterben ihres ersten
Weibes keine andere mehr freyen doͤrfen, wenn sie noch Priester
zu werden verlangen; dahero sie sich eine junge und schöne aussu
chen, und das Sprich⸗Wort verursacht haben, daß man zu sagen
pflegt: sie ist so schoͤn / als wie eines Priesters Frau: Eben
falls darf auch diejenige, welche sich mit einem Priester verWie auch
ihre Wei
ber.

maͤhlt, nach dessen Absterben nicht zur andern Ehe schreiten, sondern
muß auch oft wider ihren Willen, Witwe bleiben, ob sie schon au
ser diesem sich so wol, als andere, noch zweymal verheyrathen
dörfen.



Abnahm
der Grichi
schen Kirche
unter den
Türken.
Die Grichische Kirche hat von der Zeit an, da dieses Reich
der Tüͤrkischen Macht unterliegen muͤssen, sehr viel von ihrer ehma
ligen Beschaffenheit verlohren, worzu auch die so schlecht eingerich
tete Unterweisung der Grichischen Möͤnche und ihre greuliche Tumm
heit sehr viel beygetragen / welche so groß ist, daß ihre obersten Vor
stehere oft kaum recht lesen und schreiben koͤnnen. Aber was ist auch
wol von derjenigen Kirche zu hoffen, deren Haupt nicht von Goͤtt
licher Schickung, sondern dem geschwohrnen Christen⸗Feind, er
wählt und bestättiget wird, als welches folgender gestalt zugehet:
Wann das hierzu erforderte Geld erlegt ist, gibt ihm der GroßEinsetzung
des Patri
archen.

Vizir das Patriarchen⸗Hütlein, und zwey Ehren⸗Kleider oder
Caftans, so von gar schlechten Zeug gemacht sind, denen andern
aber aus seinem Gefolg lässet er nur eines reichen; diese ziehen sie
alsdann an, verfüͤgen sich damit zur Kirchen, wohin sie ein Capi
gi Baschi oder Kaiserlicher Caͤmmerling, welcher voran gehet, nebst
einigen Chiausen begleiten. Daselbst verrichtet der Erz⸗Bischoff
von Heraclea die Kirchen⸗Ceremonien, und installirt zugleich die
sen neuen Patriarchen / welches Recht jener von dem Kaiser
Constantinus her hat, so Er denen zu Herclea Kraft eines
Privilegii ertheilt, weil Er diese höͤchste Wüͤrde in der Grichischen
Kirche
- 346 - 296
Drittes Buch / Vierte Abtheilung /

Kirche von ihnen hieher nach Constantinopel verlegt hat; dahero
wir auch nicht läugnen, daß in der Grichischen Kirche noch heuti
ges Tags wahre Vorstehere und Priester zu finden, so aber wegen
der Absonderung von der Röͤmischen Kirche weder rechtmäͤßig ge
weyhet noch gesalbet sind.


Bis hieher hat die Pest diese Gegend noch nicht gaͤnzlich ver
lassen, ob gleich die gemeine Rede gieng, daß sich solche schon laͤngstens
gelegt habe; angesehen ein Priester aus dem Orden des H. Fran

Verstorbe
ne Perso
nen.
ciscus / der in Verrichtung der Liebes⸗Werke bey einem Kranken
ihm unwissend damit angesteckt worden, es drey Tag darauf / als der
17. November, mit dem Leben bezahlen müͤssen, deme ein Leyen
Bruder bald darauf, nemlich den 4ten December gefolget ist / wor
durch die übrige gezwungen worden, ihre Wohnung 40. Tag lang
zu verlassen, und ihre Kirche diese Zeit hindurch zu verschliessen; wie
dann auch ein Canzelist aus dem Hof⸗Kriegs⸗Rath mit Namen
Franz Xavier Kemmeter / wie wol an einer andern Krankheit,
dieses Zeitliche gleichfalls gesegnet; dann nachdem er lange Zeit mit
dem dreytägigen Fieber behaftet gewesen, und keine Arzney bey ihm
anschlagen wollen, auch über dieses mit einer Gemüths⸗Krankheit
überfallen worden, und sich eine gewisse Zaghaftigkeit an ihm geäus
sert, ist ein hitziges Fieber darzu gekommen, welches ihn einige
Tag hernach von dieser Welt weggenommen, nach dem man ihn
zuvor mit allen heiligen Sacramenten versehen: er hat aber seinen
Willen in die allweise Schickung GOttes gänzlich ergeben, auch
diesen erfolgten Todes⸗Fall mit Benennung des Tags und der Stun
de seinen um ihn herzlich betrübten und damals herumstehenden gu
ten Freunden gar eigentlich vorgesagt: ist auch nicht weniger bey
diesem seinen Todes⸗Kampf von zweyen beständig bey ihm ausdau
renden Geistlichen aus der Gesellschaft Jesu gestärket, und mit
Vorbetung der drey Theologischen und übrigen Tugend⸗Acten ver
tretten worden, bis er unter so schöner Zubereitung den Geist in
die Hände seines Schöpfers geliefert; worauf man den Leib den
Tag darauf um 9. Uhr auf dem Catholischen Kirchhof ausserhalb
Pera mit gewöhnlichen Ceremonien zur Erden bestattet, den die
mehriste Domestiquen / viele aus dem Adel, und alle Priester,
die letzte Ehre angethan und bis zu seiner Ruhe⸗Stätt begleitet ha
ben, - 347 -
Von der Grichischen Kirchen / Patriarchen, u. a. m.
297
ben, wie dann so gar Jhro Hochwuͤrden der Herr Abt zu Dom
ben sich dabey eingefunden und dißfalls seinen Eifer und Liebe
nicht unbezeigt gelassen.


Nachdem der Graf von Althan etliche Tage auf guten Wind Abreise des
Grafen
von Althan
und Herrn
Breitenau
nach Frank
reich.

gewartet, ist er mit dem Herrn von Breitenau aus dem zweyten
Adel denen Grafen Besora und Sebastida diesen Nachmittag
nacher Marsilien gefolget, als er vorher bey dem Französischen
Gesandten zu Mittag gespeiset hatte. Um diese Zeit kam auch der
Herr Botschafter mit dem Grafen Bathyani / Nesselrode
und Scherftenberg / samt dem Freyherrn von Zweiffel von der
Jagd wieder zuruck, und so bald Er das Mittagmal eingenommen,
begab Er sich zu vorbesagten Französischen Gesandten, um daselbst
mit annehmlichen Gesprach den Abend zu passiren. Eben an diesem
Tag holte ein Vätter von dem Holländischen Gesandten den Gra
fen von Thierheim nebst noch einigen andern nach der Stadt ab, Hochzeit
der Tochter
des Hollän
dischen
Dollmet
schen.

wohin sie sich üͤber den Canal fuͤhren liessen, um daselbst die Trau
ungs⸗Ceremonie bey der Hochzeit der Tochter des Holländischen
Dolmetsch mit anzusehen, nachdem sie schon vorher den 14. No
vember der Verloͤbnis beygewohnt. Daselbst nun wurden sie in ein MorgenGab der
Grichen.

Zimmer geführet, welches mit unterschiedlicher feiner Leinwand,
Kleidern, Teppichen, Polstern und anderer Ausstaffirung versehen
war; an der Vertäflung aber hiengen unterschiedliche auf Tüͤrckische
Art schön⸗ und mit Gold reich gestickte Tuͤchlein, und hat man alle diese
Sachen zusammen auf 20. Beuteln oder 10000. Thaler, so im
Gold 13335. Ducaten ausmacht / æstimirt, ohne den Schmuck und
das Gold, so in 6. Beuten aufbehalten wurde; dabey auch eine
Sclavin stunde, so man gleichfalls mit gegeben, und hier auf alle diese
Kostbarkeiten die Aufsicht haben muste. Bey den Fenstern sahe Grichisches
Frauen
Zimmer.

man eine Menge Grichisches Frauenzimmer so sich wie irrdische Goͤt
tinnen in netten Aufbutz præsentirten, als deren Haupt, Hals,
Brust, Armen, Füsse und ganzer Leib auf das artigste und kostbar
ste mit den schönsten Blumen, Gold / kostbarn Steinen, Perlen
und Bändern gezieret waren; sie sassen zusammen auf den kostbarJhre ge
wöhnliche
Art zu si
zen.

sten Polstern mit unter sich über einander Creutz⸗weiß geschlagenen
Füssen, und war also, daß die völligen Füͤsse mit den Schien⸗Beinen
ihnen statt eines Stuhls, worauf der ganze Leib ruhete, die Knie
aber zur Lehne dienen musten / auf welche sie die Hände ganz sitsam
leg

Pp
- 348 - 298
Drittes Buch/ Vierte Abtheilung/

legten; und dieses ist des Frauenzimmers hier zu Land gewöhnliche
Kleidung. Art zu sitzen / ihre Kleider aber folgende: auf dem Haupt haben sie
eine Hauben, die gegen das Ende zu gespitzt, wie ein Kegel / und et
was über die eine Schultern herab hanget, womit sie insgemein das
linke Ohr bedeckt, das rechte aber blos haben, so daß dieses kaum ein
wenig von der Hauben beruͤhrt wird; ist aber dieses bedeckt / so ruht
die Hauben etwas weniges auf dem linken, und stehet gleichsam nur auf
demselbigen auf. Es sind solche Hauben gemeiniglich von Sammet
oder einem andern silbernen oder guldenen gewuͤrkten Zeug, um wel
che sie ein schöͤn gesticktes zwey oder drey Finger breites Tüchlein
gar artig zu winden pflegen, danebst werden sie nicht weniger mit al
lerhand Blumen geziert, so / daß allenthalben die Diamanten
und Perlen auf das anmuthigste durchschimmern. Unter solcher
Hauben reichen die in Locken geflochtene Haare weit über den Rü
cken hinab, und legen ihnen eine neue Annehmlichkeit bey. Um ih
ren Hals liegt entweder ein gefaͤrbtes Tuͤchlein, oder eine mit Stei
nen besetzte guldene Ketten, haben auch wol solchen zum öͤftern nur
ganz blos, welcher solcher massen mit seiner angebohrnen weisen Farb
mehr als mit allen andern Zierrath pranget. An ihrem Leib tragen
sie ein subtil⸗ und fast wie eine Spinnen⸗Web gesponnenes leinwan
den Hembd, worunter sich die Schnee⸗weisen Bruͤste vor den Au
gen ihrer Anbeter zu bedecken suchen. Ein seidenes mit guͤldenen Blu
men vermengtes langes Weiber⸗Kleid, welches mit vielen kleinen
Knöpflein zu gemacht ist, liegt ihnen so genau an, daß man alle Be
wegungen der Glieder dardurch beobachten kan / um welches sie ei
nen drey Finger breiten und mit Steinen besetzten Guͤrtel tragen,
im übrigen aber keines Schurz⸗Tuchs nöthig haben. Sie pflegen
auch über diese Kleidung noch eine andere anzulegen, welche mit Zo
bel oder Hermelin gefüͤttert, an dem Hals entweder zusammen ge
bunden oder mit einer Steck-Nadel fest gemacht ist: beide gehen bis
über die Füsse, davon aber das erste aufgeschüͤrtzt, daß man die Ho
Hosen des
Grichis.
Frauen
zimmers.

sen an statt des Rocks, sehen kan / worinn sie es also den Manns
Personen nachmachen. Erst⸗besagte Hosen sind sehr weit, aber doch
darbey leicht, und nur von feiner Seiden oder duͤnner Leinwand ge
macht, an deren Ende schone, insgemein von zarten gelben Leder
verfertigte Pantoffeln fest gemacht werden / über welche sie aber,
wann sie über die Gassen gehen, noch andere Schuhe anziehen, so
sie
- 349 -
Von der Grichischen Kirchen Patriarchen / u a.m.
299
sie jedoch, wann sie in ein Zimmer kommen, wieder ab⸗ und andere, Schuhe
des Grichi
schen Frau
enzimmers.

die sie Paposchen nennen, und sich jederzeit durch eine Magd mit
tragen lassen, dargegen anlegen, die entweder etwas voraus gehet,
oder hinten nach tritt. Wann sie ausser ihrem Zimmer in dem Hauß
herum gehen, bedienen sie sich noch einer andern Art, so etwas ho
her, als die vorigen, damit sie ihre schoͤne Kleider nicht verunreinigen,
wann sie solche auf der Erden nachschleifften; selbige aber bestehen
aus zweyen Bretlein / worüber zwey lederne Riemen gezogen und
mit einem Nagel fest gemacht sind, zwischen welche sie so dann die
Füsse hinein stecken; und kommen fast heraus, als wie diejenige, so
in unserm Lande die Franciscaner⸗Möͤnche zu tragen pflegen. Doch,
wir haben einmal genug von der Kleidung geredet, laßt uns nun wie
der zu dem Frauenzimmer selbst kehren / um zu sehen, wie die Hoch
zeit ihren Anfang genommen hat.


Unser Adel wurde gleich bey dem Eintritt neben diese Matro
nen auf die Polster logirt, da dann alsobald etliche lustige Verse von
den Türckischen Fatz⸗Narrn abgesungen und unterschiedliche Tänze
von ihren Täͤnzern gehalten worden, worauf auch das Frauenzimmer
mit einander nach ihrer Art lustig herum gesprungen. Hierbey wur
den allerhand suͤsse Fruͤchte, mit Zucker oder Honig eingemachte Nuͤsse,
Zucker⸗Brod, Pomeranzen, Citronen⸗Schalen, Mantel⸗Gebackens,
unterschiedliche gewüͤrzte Getränke, Rosen⸗Wasser zum Händ wa
schen, Rauchwerk von Ambra und Bisam herum gelangt, die Spie
le und Tänze alsdann wiederholet, und damit diese erste Fröͤlichkeit
bey Ausstellung der Morgen⸗Gab geschlossen. Zwey Tage darauf
folgte die andere, und versammleten sich anfangs die nechsten An
verwandten beiderley Geschlechts, wie auch die uͤbrigen eingeladene
Gäste / in schönster Kleidung: der Bräͤutigam, wie auch der ConHochzeitMal.
stantinopolitanische Patriarch, der von sechzehen Kirchen⸗Vätern,
so sie Metropoliten nennen, und andern begleitet war, ist mit ei
ner Türkischen Music empfangen und zugleich in den Speiß⸗Saal
hinein gefüͤhrt worden, allwo sie sich auf die in schoͤnster Ordnung
gelegte Sofaus nieder gelassen haben. Den Mittlern als den vor
nehmsten Ort hat der Braͤutigam eingenommen, zu dessen Rechten
der Patriarch mit seinem Gefolg / zur Linken aber der Braut⸗Füh
rer, so diesesmal Maurus Cordatus / der oberste Dolmetsch bey
der Pforten gewesen, sich niedergelassen; neben diesen haben sich so
dann

Pp 2
- 350 - 300
Drittes Buch / Vierte Abtheilung /

dann die Bekannten und Freunde, wie auch die Unsrigen samt den Hol
länder, und zwar wie sie darzu gekommen, nieder gelassen. Alsdann
wurden wiederum allerhand Getränke und Säfte nebst verschiedenen
eingemachten Schleckereyen herfür gelangt, und auch des Rauch
werks nicht vergessen; dabey sich die Tänzer, welche in Weibs⸗Klei
dern aufgezogen kamen, mit ihren Spielen und Possen mitten in dem
Speiß⸗Saal abermal præsentirten. Hierauf hat man den Bräu
tigam in der Braut⸗Kammer geführt, die, wie man dazumal vor
gewiß sagte, zuvor einander noch niemal gesehen hatten. Diese saß
daselbst oben an unter einem Blumen⸗Cranz / und war auf das kost
barste und zierlichste geschmückt, um sie herum aber saß das Grichi
sche Frauenzimmer, so sich ebenfalls in den schöͤnsten Aufbutz dabey
sehen liesse. Hier noͤthigte die Braut den Bräutigam zu ihrer Rechten,
welche er auch, nachdem er zu ihr hinauf gestiegen, eingenommen.
Jch kan indessen nicht eigentlich sagen, ob allhier die rechte oder lin
ke Hand den Vorzug habe, sintemaln ich von niemand deswegen
rechten Bescheid erhalten koͤnnen, angesehen sie durch einander sitzen,
und in ihren Kirchen der HERR Christus seiner Mutter öfters
HochzeitGeschenke. zur linken Hand stehet. Jndem sie nun so bey einander gesessen,
wurden die Geschenke, so die Gäste für die neue Eh⸗Leute mit ge
bracht, zu ihren Füͤssen gelegt, und da niemand mehr was bringen
wolte, machte sich der Braͤutigam wieder von hier hinweg, und nahm
KirchenCeremo
nien.
in dem Speiß⸗Saal seinen vorigen Ort ein. Bald hierauf begab
sich der Patriarch mit seinen Geistlichen in die Mitte des Zim
mers, und wurde die Braut in Begleitung ihres Frauenzimmers her
bey gebracht; und ob schon kaum 15. Schritt bis dahin waren,
so hat sie sich doch gleichwol auf dieser Reise über eine Viertelstun
de aufgehalten, ehe sie hieher gekommen, weil sie sich nach Lands
Gebrauch so langsam im Gehen bewegte, daß man es kaum mer
ken kunte. Hierauf haben die Kirchen⸗Ceremonien ihren Anfang
genommen, wobey der Patriarch die gewoͤhnliche Gebete und an
dere Solennitäten verrichtet, denen Verlobten die Ringe an die
Finger gesteckt / aus einem Glaß zu trinken geben, hernach dassel
bige an einem Stein in Stuͤcke zerschmissen / damit aber das Ge
gentheil zu verstehen geben wollen, nemlich, gleichwie dieses Glaß
nun nicht mehr zu ergänzen stünde; also könnte auch ihr ehliches
Band vor ihrem Tod nicht wieder aufgeloͤßt werden. Nach diesem
haben
- 351 -
Von der Grichischen Kirchen Patriarchen / u. a.m.
301
haben die Braut, die vorher von Männern heraus gefuͤhrt worden,
zwey Weiber wieder zurück nach ihrer Cammer an ihren vorigen Ort
gebracht; dabey sie sich dann gleicher Geschwindigkeit im Gehen /
als zuvor, beflissen, der Bräͤutigam aber verfuͤgte sich mit dem PaGastmal
zu Hochzei
ten.

triarchen und üͤbrigen Suite nach dem Zimmer an die für sie ge
deckte Tafel / woran sie sich insgesamt nieder gelassen. Hier sind nun
auch so gar diejenigen von uns eingeladen und ein eigener Tisch füͤr
sie gedeckt worden / welche nur aus Curiosité, die Ceremonien mit
anzusehen sich allhier eingefunden: es wolten ihnen aber die auf Tuͤr
kische Art zugerichtete Speisen lang keine solche Begierde zum Es
sen erwecken, als grosses Verlangen sie bezeigten, das Grichische
Frauenzimmer in ihren besondern Zimmern speisen zu sehen, so ih
nen auch aus einer ausserordentlichen Gefälligkeit erlaubt worden.
Jndem man nun hier zu Tische saß, ließ sich die Türkische Music
mit Schalmeyen, Cymbeln und darein gemischten Gesang bestäͤn
dig hören: die Tänzer, Fatz⸗Narrn und Gauckler contribuirten das
Jhrige gleichfalls zur Vermehrung der Kurzweil, und also hatte man
die ganze Nacht in lauter Lust und Frölichkeit zu gebracht, da indessen
der Dolmetsch von der Pforten von Constantinopel nacher Pera
geschickt worden, um mit dem Herrn Groß⸗Botschafter von
wichtigen Sachen sich zu unterreden: wie dann auch in dieser Zeit
bey Sr. Excellentz der Französische Gesandte auf eine freundliche
Unterredung zugesprochen.


Fünfte Abtheilung.


DEn 21. November / am Tage der Aufopferung Maria,
haben sich Se. Hoch⸗Gräͤfliche Excellentz mit Jhro
Hochwürden dem Ertz⸗Bischoff zu Ancyra, Vi
ce-Patriachen zu Constantinopel / Herrn Pater Raymun
dus, Dominicaner-Ordens, samt vielen aus dem Adel und einigen
andern nach Chalcedonien in Asien übersetzen lassen, welche
Stadt gegen Constantinopel über an dem Ufer liegt/ und von Bericht
von dem
Chalcedo
nischen
Concilio.

dem daselbst A. 454. gehaltenen Concilio berühmt ist, das zur
Herstellung der vorigen Authorität des Ephesinischen Concilii,
und Verwerfung der Eutichianischen Lehre von einer Natur in
Chri

Pp 3
- 352 - 302
Drittes Buch / Fünfte Abtheilung /

Christo angestelltworden, in Hofnung, etwan noch einige Denkwür
digkeiten daselbst anzutreffen. Allda siehet man nebst der von den
Türken auferbauten Moschee noch eine kleine Capell, worzu ein Gri
chischer Geistlicher mit geringen Einkuͤnften bestellt ist, von welcher
bemeldter Pfarrer behaupten wollen, daß sich darinnen die Väter
zu dem in aller Welt so beruͤhmten erst gedachten Concilio versam
let hatten; als man ihm aber vorstellete, wie solches unmoͤglich we
gen des engen Raums seyn koͤnnte, sintemaln diese Versammlung
aus 360. Vättern bestanden, und dahero sich nothwendig an einem
so kleinen Ort einer auf dem andern hinauf gesetzt haben müͤste: wu
ste er sich aus dieser Verwirrung auf das listigste heraus zuwickeln,
wann er sagte, daß darinnen nur der Anfang darzu gemacht worden,
da die Anzahl noch nicht so groß gewesen, nachgehends aber, als
solche immer hoͤher angewachsen / hätten sie sich nach dem eine Stund
weit von hier liegenden Kaiserlichen Pallast begeben, und das ange
fangene Concilium in dem von dem Kaiser Marcianus, der Pulche
riæ Gemahl / darzu her gegebenen Audienz-Saal zu Ende gebracht.
Diese Nachricht des Geistlichen war auch nicht so gar ungegruͤndet,
Anerwogen aus denen Kirchen⸗Scribenten bekannt ist / daß die Vät
ter nicht alle zu einer Zeit angekommen, sondern sich erst nach und
nach eingestellt haben / auch einige aus ihnen allda gestorben seyn.
Der H. Ey
phemia
Grab.
Er berichtete ferner, daß vier Stadien weit von hier der Heil. Ey
phemia Grab auzutreffen seye, deren Gebeine, wie ich oben schon
erzehlt, in der Patriarchal⸗Kirchen zu Constantinopel aufbe
halten werden, weswegen er sie auch dahin gefüͤhrt hatte. An dem
Ort, wo man vorgibt, daß sie gelegen seye, siehet man einen Gang,
Heilsames
Wasser.
oder vielmehr eine Cisterne / worinnen Wasser stehet, welches sie
vor heilig ausgeben, und ihren Bericht nach für unterschiedliche
Krankheiten gut seyn solle, wie die Erfahrung schon öͤfters bezeugt
hätte.


Vom 23. November bis auf den 14. December ist wenig
Merkwürdiges vorgefallen, und also nichts zu berichten, als das vie
le Türkische und andere Schiffe aus allen Enden der Welt ange
kommen, von dem Herrn Botschafter und dem Adel auch an
dern Bedienten verschiedene Jagden in Europa und Asien ange
stellt, und fremde Gesandtschaften, namentlich der Franzoͤsische /
Engelländische / Venetianische und Holländische / zur Be
zeugung - 353 -
Reise nach Chalcedonien/ und andern Zufäͤllen.
303
zeugung guter Freundschaft besucht, auch Se. Excellenz von den
drey letztern zu Mittag, von dem ersten aber zum öftern zu Abends
nebst den andern Herrn Gesandten und dem Adel tractirt worden;
so hat auch nicht weniger der Adel bey guten Freunden gespeißt, auch
der Französische Gesandte so wol sie als auch den Herrn Botschaf
ter selbst auf seinen an dem Canal gelegenen Land⸗Gut Darapia
zur Tafel gehabt. Es wurde auch von unserm Herrn Groß
Botschafter der Holläͤndische Gesandte nebst den zweyen Ab
geordneten von Ragusa eingeladen, darunter diese einen ganz
besondern Aufzug gemacht, indem sie mit einem nach Lands⸗Ge
brauch langen Rock gekleidet und dabey mit einem schwarzen langen
Bart und weisen Parucken versehen waren: so bekamen auch Se.
Excellenz noch von andern Gesandten unterschiedliche Visiten.


Damals liesse auch der Roͤmisch⸗Kaiserliche Dolmetsch Dem Röm.
Kaiserl.
Dolmetsch
wird ein
Kind ge
tauft.

Herr Theyls eine Tochter tauffen, welche Sr. Excellenz der
Herr Groß⸗Botschafter und des Englischen Dolmetschen Eh
Liebste bey dieser Heil. Handlung mit Red und Antwort vertretten;
der Herr Prælat aber bey der Botschaft, Graf von Schratten
bach / hat. in Gegenwart des Ertz⸗Bischoffs von Ancyra und des
neugebohrnen Kinds Groß⸗Mutter, auch Vaters⸗ und Mutters
Schwester mit andern vornehmen Matronen die Tauf verrichtet, so
alle von vieren aus dem zweyten Adel, als denen Herren von
Schmieddegg / Wetstein / Camber und Mattoni von Hauß
abgeholet, und zu Mittag nebst des Französischen Gesandten Frau
Gemahlin und andern Französischen Frauenzimmer, welche sich all
hier eingefunden, von dem Herrn Botschafter zu Mittag tractirt
worden.


Um eben diese Zeit haben Sr. Excellenz der Janitscharn Presente
an den Hn.
Botschaf
ter.

Aga ein Present von Blumen gemacht; der Groß.Vizir aber
schickte Jhnen 10. Beutel zu, so an Geld nach unserer Rechnung
5000. Thaler oder 1666⅔. Ducaten ausmachen, und erhielten zu
gleich in Faveur der Gefangenen zwey Ferman oder Kaiserliche Di
plomata. So ist auch dazumal der Capudan Bascha oder ObBestätti
gung des
Capudan
Bascha in
seinem
Amt.

rister über das See⸗Wesen auf eine gewisse Zeit in seinem Amte
wiederum confirmirt worden, weswegen er viele Freuden⸗Bezeu
gungen angestellt, das grobe Geschuͤtz um das Zeug⸗Hauß loßbren
nen / und seinen Hauß⸗Bedienten neue Freyheiten angedeyen lassen.
Es
- 354 - 304
Drittes Buch / Fünfte Abtheilung /

Es soll ihm diese Bestättgung 43. Beutel oder 21500 Thaler, so
im Gold 7166⅔. Ducaten austrägt, gekostet haben / worzu aber
seines Sohns Tapferkeit das meinste contribuiret, als der den ob
gedachten Französischen See⸗Rauber mit verfolgen helfen, selbigen
Ankomme
ne Brieffe
von Wien
auch am ersten ausgespüͤhrt und angegriffen. Unterdessen kamen ei
nige Sack⸗Uhren von Wien an, womit der Bostangi Bascha
und Reichs⸗Efendi beschenkt worden; wir erhielten auch zugleich
Brieffe von Wien so wol durch diejenige, welche neulicher Zeit die
Löwen dahin geführet, als auch diese / so ohnlängst den Baron
Seebach / unsern gewesenen Hof⸗Marschalk, und den Ungarischen
Kaufmann bis an die Gränzen begleitet haben: dargegen wir von
hieraus wiederum andere Schreiben dorthin abgehen lassen. Aus
solchen übermachten Brieffen haben wir mit besondern Vergnüͤgen
ersehen / daß sich das übrige Theil Siciliens samt der Stadt
Messina den 11. October an die Teutschen ergeben / und die Be
satzung zwar mit gewöhnlichen Ehren Zeichen doch ohne grobes
Garantie
von den
Gränzen.
Geschütz ausgezogen seye. Wir haben auch zugleich vernommen,
daß niemand mehr aus der Türkey oder Grichenland den Kaiserli
chen Boden betretten darf, bevor auf der Gränze die gewöhnliche
Garantie von drey und vierzig Tagen gehalten worden, woraus
wir leicht urtheilen kunten, daß der Baron Seebach / Obrist
Wacht⸗Meister von dem Virmondischen Regiment/ nebst ei
nigen andern, so erst nach ihm abgereißt, sich noch auf der Gränze
befinden würden. Derjenige / so uns die letzten Brieffe über
bracht, hat uns berichtet, wie er die neulich von hier verreißten
Lieutenants erst zu Philippopel angetroffen. Weil auch je
mand von der Pforten zu dem Tuͤrckischen Botschafter nach
Wien abgehen solte, wurden Se. Excellentz von ihm ersucht, es
doch zu vermitteln, daß er sich nirgend aufhalten duͤrfte/ sondern
seinen Weeg ungehindert nach Wien fortsetzen könnte: es re
monstirte aber der Herr Botschafter dargegen, wie es weder in
Seiner noch des Gränz⸗Commendanten Macht stehe / an diesem
zum gemeinen Besten zielenden Befehl ohne Vorwissen des Hof
Kriegs⸗ und Gesundheits⸗Raths das geringste zu ändern: Er wolle
aber jedoch dieser Sache halber nach Wien schreiben, damit etwan,
so viel sich thun liesse, von der angesetzten Zeit nachgelassen würde,
wel
- 355 -
Von der Stadt Chalcedonien / und andern Zufällen.
305
welches Se. Excellentz doch mehr darum versprochen / damit Sie
seines ungestuͤmmen Anlaufs entuͤbrigt seyn moͤgten, als daß Sie hät
ten hoffen koͤnnen, wie Jhre Vorschrifft, welche Sie ihm gewiß um
des gethanen Versprechens willen haben angedeyhen lassen / dißfalls
was helfen und den Termin verküͤrzen solte.


Eines hätte ich bey nahe zu melden vergessen, so sich, wo ich Siebenjäh
riger Knab
lauft zu der
Botschaft.

nicht irre, den 26. November zugetragen, und mit Stillschwei
gen nicht muß übergangen werden: Ein Türkischer Knab von unge
fehr sieben Jahren ist von seinen Eltern gelaufen, und zu dem Baron
Romberg aus dem ersten Adel gekommen, den er sehr gebetten,
er moͤgte ihn doch verbergen, und mit sich nach Teutschland fuͤhren,
er wäre gesonnen, seine Religion zu verlassen, und die Christliche
dafüͤr anzunehmen / in welcher er auch unterrichtet zu werden verlan
ge, woraus dann dieser Baron, als der einer andern als der Catho
lischen Religion zu gethan, und auf die Wunder⸗Werke sonst nicht
viel haͤlt, hier gleichwol / weiß nicht was grosses machte / daß der
Knab eben zu ihm gekommen, und vermuthete, es sey darum gesche
hen, damit diesem zarten Gemuͤth das Gift der Catholischen Lehre,
wie er es nennte, nicht moͤgte eingefloͤßt werden, welches nach mei
ner Meinung so viel heissen solte: daß er nicht in den gesunden und
zum ewigen Leben fuͤhrenden Grund⸗Säͤtzen angewiesen wuͤrde; ich
achte aber, es duͤrfte ein anderer als er es mit gutem Recht für einen
ungefehren Zufall gehalten haben.


Den 14. dito, als Se. Excellentz der Herr Botschafter Ungelegen
heit des
Hn Bot
schafters
mit einem
Weib.

nach Tophana zum Topchi Baschi oder Zeug⸗Obersten unter
wegs war, einige neu⸗gegossene Stuͤcke und Galeeren, so auf dem
Canal über den Gieß⸗Hauß lagen / zu besehen / ist Jhnen ein un
sinniges Weib nachgelaufen, welche nicht nur mit heller Stimm oh
ne Unterlaß geruffen: Jaour / Jaour / sondern hat so gar mit
Koth und Steinen nach Jhnen geworfen, deren einer wuͤrklich den
Hut nechst bey dem Schlaff berührt hatte: es wolten sie zwar die
Janitscharn verfolgen / als welche die grosse Verwegenheit dieser
Vettel selbst verdrossen, aber der Herr Botschafter/ der sie
seines Zorns unwüͤrdig achtete, hat es nicht zugelassen, worüͤber sie
dann Zeit erhalten / sich unter das Volk zu mengen, und ist also füͤr
diesesmal ihrer wol verdienten Straff gluͤcklich entgangen.


Den

Qq
- 356 -

306
Drittes Buch/ Fünfte Abtheilung /

Den 16. December wurde der füͤnfte Kaiserliche Prinz
Geburt
eines Kai
serlichen
Prinzen.

gebohren / und deswegen die Stücke an dem Ufer des Serralliens,
zu Tophana / und auf den Jungfrauen⸗ oder den so genannten
Leanders⸗Thurn abgefeuert, und damit diese Freude allenthalben
ausgebreitet; weswegen der Herr Botschafter verordnet / ob er
gleich von der Pforte, als die von dergleichen Höflichkeit nichts
weiß, nicht erinnert worden, daß man Wein unter das Volk lau
fen, Gastmahle anstellen / die Häuser illuminiren und Freuden
Feuer anzünden solte; es ist aber solches verblieben, nach
dem der neu gebohrne Prinz den Tag darauf wieder verstorben, wie
wol auch einige zweifeln wolten, ob die enge Gassen und hoͤlzerne
Wohnungen dergleichen Illuminationen und Freuden⸗Feuer zulas
sen wüͤrden. Hierauf giengen Se. Hochgräͤfliche Excellentz den
17ten dito üͤber den Canal / die Kirche der Ewigen Weißheit,
so die Türken Sophia nennen, zu besehen, es durfte aber keiner
von dem Adel seine Bediente mit nehmen, damit die Anzahl nicht
zu stark würde, weil es die Türken nur für etliche wenige erlaubet
hatten, weswegen Dieselbigen nebst dem Adel nur drey bis vier
von den Hauß⸗Officiers mit genommen, die andern aber bekamen
gleichwol solche zu einer andern Zeit zu sehen: es haben uns auch,
den ersten Adel ausgenommen, die geitzigen Türken, weiß nicht aus
wessen Angebung, nicht einmal die Schiffe bezahlt, sondern ein
jedweder muste aus seinem Beutel das Geld darzu herschiessen. In
dem wir nun bey dem Capigi Baschi, Kaiserlichen Caͤmmerling,
als unsern Führer, uns aufhielten, und daselbst auf eine Antwort
warteten, um welche Zeit wir in die Moschee koͤnnten gelassen wer
den / kommt der Dolmetsch Herr Theyls von Hof, und bringt die
Dessen Ab
sterben.
Zeitung / daß der gestrig⸗gebohrne Prinz heute früh wieder gestor
ben, und weil selbiger in wenig Stunden solte beygesetzt werden, muͤ
ste diese Besichtigung der Moschee bis zu einer andern Zeit aus
Gegebene
Nachricht
hiervon an
den Herrn
Botschafter
von dem
Groß⸗Vi
zir und
deswegen
abgestatte
te Condo
lenz.
gestellt bleiben. Jndessen fertigte der Groß⸗Vizir einen Aga ab,
der den Herrn Botschafter von der Geburt und den Tod des
Kaiserlichen Prinzens in seinem Namen Nachricht ge
ben solte / um welche Höflichkeit die Türken sich sonst keine Mühe
gegeben; worauf Se. Excellentz wieder antworten lassen, wie
Jhnen diese unerwartete Zeitungen von dem so früͤhen Absterben be
sagten Prinzens um so viel mehr schmerze / je grössere Freude Sie
ge
- 357 -
Von der Stadt Chalcedonien / und andern Zufällen.
307
gestern über dessen gluͤckliche Geburt bey Sich empfunden; wie Sie
dann Jhr daruͤber gefaßtes Vergnuͤgen so wol für Jhre Person, als
vornehmlich im Namen Jhro Römischen Kaiserlichen Ma
jestät / seines Allergnädigsten Herrens / an Dero Ge
nehmhaltung bey so guter Verständnuß zwischen beyden Hohen
Häuptern Sie keineswegs hätten zweifeln dörfen / zu öffentli
chen Freuden⸗Bezeugungen bereits alle Anstalten vorkehren lassen,
man muͤsse aber nunmehro sich nach der Zeit richten und dem Goͤtt
lichen Willen, der aus uns unbekannten heiligen Ursachen ein an
ders mit dem Prinzen vorzunehmen beliebt, auch hierinnen erge
ben; Sie wuͤnschten Jhrer Seits, daß durch einen anderweit ent
stehenden glüͤcklichen Zufall dieser Verlust wiederum reichlich ersetzt
werden moͤge. Es meinten aber gleichwol einige zu Constantino
pel, als ob von denen Tuͤrken selbst solcher Tod beschleunigt wor
den / weil diese wilde Leute gar gerne in Gewohnheit hatten, wann
sie merkten, wie von dem Kaiser eine Concubin mehr als gewoͤhn
lich geliebt wuͤrde, sie aber deren Fruchtbarkeit aus politischen Ur
sachen scheueten, die Frucht abzutreiben / wann sie erst empfangen,
oder in der Geburt mit Fleiß zu verwahrlosen, oder auch wol gar,
wann das Kind bereits gebohren, selbiges durch einen gewaltsamen
Tod aus dem Weg zu räumen.


Sechste Abtheilung.


WEil wir nun um angefüͤhrter Ursach willen füͤr diesesmal die Sieben
Thürne
werden
von dem
Herrn Bot
schafter be
sehen.

Moschee nicht kunten zu sehen bekommen, und doch gleich
wol in Constantinopel waren, entschlosse sich der Herr
Botschafter, nach eingenommenen Mittag⸗Mahl bey dem Capi
gi Baschi die in aller Welt so bekannte Sieben⸗Thuͤrne zu be
sehen, damit Er bey Seiner Heimkunft auch etwas gewisses bey
Gelegenheit davon erzehlen koͤnnte. Zu diesem Ende wurden die benoͤ
thigten Schiffe angeschafft, und jemand nach dem Groß⸗Vizir ge
schickt, welcher die Erlaubnuͤß darzu begehren sollte, die Er auch
alsobald ertheilt hatte. Unterdessen wurde, so gut es die Eilfertigkeit
zulassen wolte, zum Mittag⸗Mahl angeschickt / welches, wie gewöhn
lich,
Qq2
- 358 - 308
Drittes Buch / Sechste Abtheilung /

lich, auf Türkische Art zu gerichtet war; und weil wir einige Fla
schen Rhein⸗Wein mit genommen, haben wir uns ganz wol da
bey befunden, und die Türken sich solchen selbst besser als ihren
Scherbeth schmecken lassen. Nach eingenommener Mahlzeit bega
ben wir uns nach derjenigen Seite der Stadt, welche gegen Mittag
an das Meer zwischen den Hellespont stosset, von dar wir zu
Schiffe nach den Sieben Thürnen abgefahren. Es liegen aber
dieselbige am Ende der Stadt, und zwar die vier grössern gegen A
bend in einer Linie neben einander, davon die zwey mittlern vier
die zur Seiten stehende aber sechs⸗eckicht sind. Gegen denselbigen
über gegen Aufgang liegen wiederum neben einander drey solche
Thürne, von welchen der mittelste viel höher und grösser ist, als die
beystehenden, und zwölf Eck hat, die zwey übrigen aber eine
runde Figur præsentiren. Zu diesen ist noch der achte gekommen,
und, wie es scheinet, von den Türken aufgeführt worden / kommt
aber den uͤbrigen an Gröͤsse bey weitem nicht bey, siehet auch ganz
anderst als die vor erzehlten aus, zu welchen man bey der Mauren
aus der Stadt hineingehet. Die sieben ersten haben die Römer
oder wie man sie auch nach der Landschaft nennen könnte, die Gri
chen aufgebauet, und dahero den Namen der Sieben⸗Thürne be
halten, ob deren gleich heut zu Tage achte gezehlet werden. Sie sind
alle mit Bley bedeckt, und mit einer besondern Mauer umfangen,
auf welcher wiederum viele kleine Thüͤrne stehen, also daß solche fast
eine kleine Stadt vorstellen; wie dann auch so viele Häuser da
selbst angebauet sind / daß man sie auch nur deswegen für dergleichen
ansehen solte; und ob sie gleich an die grosse Stadt anstoßen, so ist
diese doch durch die herum gefüͤhrte Mauer von selbiger abgesondert,
auch mit ihren absonderlichen Moscheen versehen. Jn der Mitte
dieser viereckigten Thürne, so auf das Feld hinaus gehen, waren eh
dessen drey grosse Pforten, davon man noch das Merkzeichen sie
het, die aber jetzo zu gemauert sind, und an deren statt nur ein klei
nes Pförtgen gemacht ist, wordurch man auf dem Wall hinaus ge
Triumph
Bögen.
hen kan. Bemeldte Pforten aber sind vor Zeiten grosse Triumph
Bögen gewesen, durch welche die Elephanten, so die mit Mannschaft
besetzte Thürne auf den Rücken hatten, nebst andern ungeheuren
Kriegs⸗Rüstungen geführt worden, wie es auch die ungemeine
Grösse und Weite dieser Thore, und deren übrige Auszierung
Gipfel,
- 359 -
Von den Sieben⸗Thürnen.
309
Gipfel, eingehauene Löwen, Tiger und allerhand andere Thiere zu
erkennen geben. Die Thuͤrne an sich selbst sind aus Quater-Stuͤ
cken aufgefüͤhrt, welche an Schoͤnheit und Häͤrte dem Marmor
nicht viel nachgeben, ob sie solchen gleich nicht allerdings beykom
men. Man kan auch noch einen andern nicht gar hohen Thurn
ausser der Stadt⸗Mauren auf dem Wall zur Linken des Wegs von
Adrianopel, beobachten, in welchem ein Creutz ausgehauen und
von den Tüͤrken oben darauf mit einem halben Mond mehr be
schimpft als geziert ist: die so wol an diesem als allen uͤbrigen gestan
dene Grichische Schrifft ist durch das Alterthum ganz unleßlich
gemacht worden; und weil man daselbst unterschiedliche Helme und
Worzu die
Sieben
Thüͤrne
sonsten ge
braucht
worden.

Schilde gefunden, haben die Tuͤrken daraus geurtheilet, wie ich nach
gehends selbsten von ihnen vernommen, daß die Roͤmisch⸗ und Gri
chischen Kaisere ihr Zeug⸗Hauß allda müssen gehabt,
auch sich deren mit der Zeit wol gar zur Schatz⸗Kammer bedient ha
ben. Es sind auch solche von den Tüͤrken selbst zu diesem Gebrauch
eine Zeitlang angewendet worden, wie dann dieses eben der Ort soll
gewesen seyn, wohin der Groß⸗Vizir Rustan seine gesammleten
Schätze gelegt und auf behalten hat / denen folgende Schrifft bey
gefügt war: Pecuniae Rustani diligentiâ conquisitæ; Die durch
des Rustans gute Haushaltung zusammen gebrachte Schaͤ
tze; wiewol Busbec schreibt, es seye dasselbige Zimmer in dem Kai
serlichen Pallast gewesen; jedoch weil dahin der Groß⸗Vizir eben so
wenig als ein anderer kommen darf, ist es wahrscheinlicher, daß ge
dachtes Geld in diesen Thuͤrnen aufbehalten worden, als wohin er
einen freyen Zutritt hat, auch, ausser jenem sonst in der ganzen Stadt
für Jhm nichts verschlossen ist, welche man aber nachgehends zu de
nen allenthalben so bekannten Gefaͤngnuͤß gemacht, die auch bis die
se Stund zu nichts anders gebraucht werden: Doch finden sich
gleichwol einige, so in den Gedanken stehen, daß die Kirchen⸗Schä
tze noch bis jetzo darinnen aufbehalten würden, davon man aber
ausser in dem höchsten Nothfall nichts verwenden düͤrfte. Hierbey Vorgeben
der Türken /
von Abster
ben eines
Röm. Kai
serl. Ge
sandten/
und Ver
kauffung
seiner Be
dienten.

erzehlten uns die Tüͤrken, daß unter der Regierung entweder Kaiser
Ferdinand des Ersten / oder Rudolph des Zweyten
ein gewisser Gesandter allda gestorben seye / dessen Hauß⸗Bediente
allzusammen auf die Galeeren verdammt worden: mich duͤnkt aber,
es

Qq 3
- 360 - 310
Drittes Buch / Sechste Abtheilung /

es haben diese gute Leute einen groben Historischen Fehler begangen,
und von der zweyjährigen Gefangenschaft des Johannes Maria
Gefangen
schaft des
Joh Ma
ria Mal
vezzi.
Malvezzi reden wollen, welchen der Groß⸗Vizir Rustan auf
des Kaisers Solymanns Befehl incarceriren, und alle seine
Leute, samt Haab und Gut ausruffen und verkauffen lassen. Nun
ist zwar nicht zu läugnen, daß zu Zeiten Kaisers Ferdinandi /
Glorwürdigsten Andenkens / als die Ungarn auf einen Vergleich
mit Johannes des Woywoden Wittib und Sohn, der sich des
Königlichen Namens in Ungarn lange Zeit angemaßt, gar sehr ge
trungen, Solymann es übel empfunden, daß dieser gegen Aus
tauschung anderer Länder Siebenbürgen zu seinem Antheil bekom
men, es ist aber doch Malvezzius dazumal nicht im Gefängnuͤß
gestorben, sondern bey Ankunft des Bischofs von Erlau Anton
Wranz / und des Schif⸗Hauptmanns Franz Zay wiederum auf
freyen Fuß gestellt und mit des Solymanns Brieffen nach Hauß
entlassen worden. Als er aber hierauf nach geschlossenen Frieden,
als ordentlicher Botschafter nach Constantinopel zurück zu kehren
aufs neue Ordre gehabt, fand er sich gezwungen, zu Comorren
liegen zubleiben, weiln er mit der Harn⸗Strenge / welche ihm sein
Gefängnuͤß zugezogen, überaus geplagt war / und nachdem dieses
Ubel immer mehr und mehr zunahm, muste er es einige Monat
darauf mit dem Leben bezahlen, also daß er niemaln mehr nach Con
stantinopel gekommen: und auf diesen ist so dann Augerius
Gislenius Busbec gefolget, welcher gleichfalls unter der Regierung
Kaiser Ferdinands zurück gekommen, ob er schon daselbst nicht
Erhaltene
Erlaubnüß
auf einen
dieser Thür
ne zu gehen.
ohne allen Verdruß geblieben ist. Wir haben die Erlaubnüß er
halten, mit dem Herrn Groß⸗Botschafter auf einen dieser Thür
ne zu gehen, und der armen Gefangenen Quartier zu besehen, wel
ches wir gewiß von diesem argwöhnischen Volk als eine sonderbah
re Gnade anzunehmen hatten, und zwar um so viel mehr, da ein
Maltheser Ritter vermittelst eines Französischen Gesandten Bey
hülfe, welcher lange Zeit dessen Befreyung vergeblich gesucht, echap
pirt; dann weil er frey in dem Gefaͤngnuͤß herum gienge, ersahe er
einsmals die Gelegenheit, mit einem kleinen Nachen nach einem
Französischen Kauffarthey Schiff zu fahren, und mit solchen nach
Frankreich zu segeln. Die Stiegen darinnen sind in die mehr dann
zehen
- 361 -
Von den Sieben⸗Thürnen.
311
zehen Werk⸗Schuh dicke Mauern eingehauen, auf welchen man sich
ohne Fackeln oder Latern ohnmoͤglich zu finden weiß, weil es darauf
so dunkel und finster, daß auch die geringste Ritze nicht zu sehen,
durch welche nur einiger Sonnen⸗Strahl hinein fallen koͤnnte. Die
Gefängnüsse selbst sind entweder in die Erde gewoͤlbt eingegraben,
oder in die Mauer eingehauen, und scheinen mehr Höͤlen der wil
den Thiere als Wohnungen der Menschen zu seyn, die noch uͤber
dieses mit vielen Schloͤssern und Riegeln verwahrt sind, also daß
an keine Entfliehung zu gedenken, wo nicht der Kerker⸗Meister
oder Thürhüter einem selbst damit an die Hand gehet. An dem
obern Theil ist rings herum ein weiter Gang, in dessen Mitte aber
ein grosses Zimmer, aus welchem man einen grossen Theil von der
Stadt übersehen kan, und ist wahrscheinlich, daß vor diesem der
Sultan oder die Groß⸗Vizir bisweilen zu ihrer Recreation sich
allhier eingefunden, und die armen Gefangenen vor sich bringen
und peinigen lassen. Anjetzo, da der Wind das Bley allenthalben
herunter gerissen, dringt der Regen uͤberall durch, und sind auch
die Wände so schadhaft, und zum Theil eingefallen / daß mit nech
sten das Wasser zu allen Seiten hinein schlagen, und auch das
Gebäu selbst nicht gar viele Jahre mehr dauren wird, wofer
ne die Türken, wie sie es doch nicht gewohnt/ nicht bald auf eine
Ausbesserung bedacht sind. An diesem Ort werden nur
allein des Sultans Gefangene aufbehalten / so entweder vornehme
Generaln, oder andere Adeliche und in öͤffentlicher Bedienung ste
hende Personen sind, die mit keinem Geld koͤnnen erlöͤßt werden/
wo sie nicht etwann durch eine Friedens⸗Handlung ihre Freyheit
wiederum erlangen.


Man gibt vor, es seye der Wallachische Fürst, Constantin Einiger
Wallachi
schen Für
sten Hin
richtung.

Brancova / so diese Landschaft sechszehen Jahrlang beherrschet,
aber erst kuͤrzlich wegen der mit den Moscowitern gepflogenen Ver
ständnuͤß mit drey Soͤhnen und einer Tochter,[29] so man insgesammt
vor seinen Augen hingerichtet / ein grausames Ende genommen, an
eben den Tag aus diesen Thüͤrnen auf den Richt⸗Platz geführt wor
den, an welchem des Königs in Schweden Carl des XII.
Gesandter bey dem Sultan Audienz gehabt, damit nemlich die
ses Exempel der Barbarischen Grausamkeit den damals unter ihnen
leben
- 362 - 312
Drittes Buch / Sechste Abtheilung /

lebenden König in der Person seines Gesandten seiner Schul
digkeit erinnern mögte. Ohne Zweifel aber sind die Kinder
sammt dem Vatter darum hingerichtet worden, damit niemand mehr
übrig wäre, der diesen ungluͤckseeligen Füͤrsten raͤchen koͤnnte. Der
gleichen sagt man auch von Stephanus / einem gleichfalls Walla
chischen Fürsten, der aus dem uhr⸗ alten und edelsten Cantacuze
nischen Geschlechte herstammte, daß demselbigen gleiches Unglück
betroffen; dann weil man ihn im Verdacht hatte, daß er es mit dem
Römischen Kaiser hielte, ohnerachtet der Krieg in Morea
noch nicht angegangen, ist er samt seinem Vatter Constantin, wel
cher des Füͤrstenthums Truchses und ein Herr von etlich achtzig Jah
ren war / auf gleiche Weise hingerichtet worden, nachdem man vor
her seine zwey Kinder vor seinen Augen üͤber die Klinge springen las
sen, seine Gemahlin aber mit den üͤbrigen Kindern durch Hülfe
der Engelländer sich nach Venedig retirirt, woselbst sie sich noch
beständig aufhalten solle.[30] Es hat mir aber der Wohl⸗Ehrwürdige
P. Cachot, aus der Gesellschaft Jesu, erzehlt, daß sie nicht in den
Sieben⸗Thürnen, sondern in ihrem Hauß zu Constantinopel /
Brancova aber bey dem Bostanchi Bascha oder obersten Auf
seher über die Kaiserlichen Gärten und Gebäue, verwahret worden,
welchem auch um so vielmehr zu glauben, weil dieser Pater sich da
mals zu Pera aufgehalten, und mit dem Constantin so wol, als
mit dem Stephanus in Glaubens⸗Sachen viel zu thun gehabt, mit
welchen er sich schrifftlich und muͤndlich in Religions⸗Stritigkeiten
Gefangen
schaft des
Baron Pe
trasch und
Herrn von
Stein in
den Sieben
Thürnen.
eingelassen. Der im verwichenen Krieg gefangene Obrist⸗Lieutenant
Baron Petrasch, und Baron Stein, Hauptman, beide von dem
Schönbornischen Regiment, welche nachmals, nach geschlossenen
Frieden zu Paßarowitz gegen den Waywoden Nicolaus Scar
latti und seine Söhne und Bediente ausgewechselt worden, haben
in diesen Thüͤrnen ein erleidentliches Tractament gehabt, sintemaln
sie bey Tag ganz frey herumgiengen, ausser daß sie nicht ausgehen
durften, und nur bey der Nacht geschlossen und zusammen in ein
solch unterirrdisches Gewöͤlb gesteckt worden: es sind zur Linken, wo
man hinein gehet, drey bis vier auf der Erden aus Holz gebaute
Zimmer, worinnen sie sich den Tag über aufgehalten, zu Nachts
aber wiederum in ihre Hölen geschloffen. Vor gemeldten Zimmer
ist
- 363 -
Von den Sieben⸗Thürnen.
313
ist ein kleiner mit Steinen belegter Vorhof / worauf sie mit einan
der spatzieren / reden, essen, trinken, lesen, schreiben, auch Kauf
leute vor sich lassen kunten, wann sie zum Einkaufen übriges Geld
hatten; wiewol es ihnen auch daran nicht gefehlt, indem ihnen ein
aufrichtiger, ehrlicher Armenier, auf Bürgschaft des Pater Jacobs,
so viel als sie nur selbst wolten/ vorgeschossen. Nachdem sie end
lich wiederum ihre Freyheit erhalten, haben sie alles, was man für
sie ausgelegt, mit aller Erkänntlichkeit bezahlt, weswegen sie auch
von den Tuͤrken so sehr geliebt worden/ weil sie immer Geld bey ih
nen gemerkt: dann ums Geld kan man bey diesen Leuten alles zu we
ge bringen. Aber still von diesen Barbarischen Laster; wir wollen
vielmehr in unserer Erzehlung fortfahren und berichten, daß in erst
gedachten Vorhof man etliche Stucke eingemauerten Marmel beob
achten kan, auf welchen viele Namen verzeichnet sind, unter andern
auch eines Grafen Esterhasi / Namens Anton / so im vorigen Graf Ester
hasi Gefan
genschaft.

Jahrhundert in der Schlacht bey Temeswar gefangen worden;
und in dem Zimmer, wo der Freyherr von Petrasch einquartirt
war, kunte man in der Thür folgende mit einem Messerlein ins
Holz eingeschnittene Worte lesen: Anton Freyherr von Pe
trasch / Obrist⸗Lieutenant bey dem Graf Schönborni
schen Regiment ist im Jahr 1717. den 17. April bey Sa
lankement auf der Donau gefangen worden / nachdem
er zuvor Feuer in das Pulver gebracht, und das Schiff
versenkt hatte: von dem Herrn von Stein aber habe ich, so
viel ich mich zu erinnern weiß, nichts aufgezeichnet gefunden. Als
wir nun in diesen Sieben⸗Thürnen alles wol betrachtet, und unter
sucht hatten / was wir für Sehens wuͤrdig geachtet, sind wir wie
derum zu Schiffe gangen, und haben uns nach Pera zu unsern
Wohnungen uͤberbringen lassen, so aber doch nicht ohne alle
Furcht und Gefahr wegen des ungestümmen Meers
abgegangen.

)o(
Sie

Rr
- 364 - 314
Drittes Buch / Siebende Abtheilung /


Siebende Abtheilung.


DEn folgenden Tag, als den 21ten dito sind die beiden Brü
Erzeigte
Condo
lenz wegen
des verstor
benen Kai
serlichen
Prinzen.
der Graf Norbert und Emanuel von Kollovrath
von dem Herrn Groß⸗Botschafter in des Capigi Ba
schi unsers Führers Hauß ernennt worden, zu dem Groß⸗Vizir
zu gehen, und wegen frühen Absterbens des Kaiserlichen Prin
zens in seinem Namen die Condolentz abzustatten, nachdem jener
versichert, daß sie mit solcher Commission bey dem Groß⸗Vizir
gar lieb und angenehm seyn wuͤrden. Von dar sind sie alsdann mit
dem Graf Bathyani / nach gesuchter und erhaltener Erlaubnüß
zu dem Tempel der ewigen Weißheit / nun aber leider! des aller
närrischten Aberwitzes, zu besehen, gegangen / wobey sie viele Du
caten unter die Füͤhrer, Thuͤrhuter und Pfoͤrtner ausgetheilt haben.
Den Tag darauf schickte der Groß⸗Vizir dem Herrn Bot
schafter seine Falkner, so sie Dogan Baschi nennen, mit denen
Er in Begleitung des Herrn Vaublanc, einen Befreundten des
Französischen Botschafters / und der Grafen Nesselrode / Scherf
tenberg / Thierheim, Kinigl und Freyherrn von Zweiffel auf
Adlers
Fang.
das Feld spatzirte / sich mit dem Adlers⸗Fang zu recreiren: sie haben
nicht mehr als einen einigen und diesen noch mit grosser Müͤhe be
kommen; dann wo der Falk nicht gleich auf das erstemal den Raub
erhascht, wird er ihn nachgehends nimmermehr einholen; doch wur
de dieser einige Vogel / den sie lebendig bekommen, zu Pferd nach
Hause gebracht. Es verhält sich aber mit diesem Fang also: der
Falk, so fern er den Adler erreichen kan, fliegt ihn gleich auf den
Rücken, auf welchen er so lang sitzen bleibt, bis er ihn durch sein Ge
wicht dermassen ermüdet, daß er mit ihm herunter zur Erden stüͤrzt.
Der Freyherr von Hörde hingegen war mit denen, so mit ihm vor et
lichen Tagen nach Belgrad auf die Jagd gegangen, noch glücklicher,
sintemaln sie unterschiedliche Fasanen, Schnepfen, Rebhüner, Hasen,
Marter und dergleichen mit sich nach Hauß gebracht.


Den 22ten October verfuͤgten sich Seine Excellentz zum
Beschrei
bung der
Sophia
Kirche.
zweytenmal mit seinem ganzen Adel und zweyen Befreunden von
dem Französischen Gesandten nach der Sophia⸗Kirche / in welche
wir auch aus einer ganz specialen Gnade für diesesmal gelassen wor
den. - 365 -
Beschreibung der Sophia⸗Kirch zu Constantinopel.
315
den. Dann die Tüͤrken meinen, als ob ihre Kirche dardurch entweyhet
würde / wann ein Christ dahinein zu gehen sich unterstehen solte, als
welche nur denen Muselmaͤnnern den Zugang verstattete. Dieses Musel
mann / was
es bedeu
tet.

Wort kommt von dem Arabischen Muselin her und bedeutet so
viel als einen recht⸗Glaubigen. Bey unserer Zuruckkunft haben
wir abermal bey dem Capigi Baschi das Mittag⸗Mahl eingenom
Capigi Ba
schi setzt
Wein vor.
men, wobey es dann auch an Wein nicht gefehlt; sintemaln wir
ihn durch vielfältigen Umgang so vertraut gemacht, daß er uns nicht
nur in seinem Hauß den Wein nicht mehr versagt/ da doch bey an
dern einfältigen Muselmännern, es für ein grosses Laster gehalten
würde, wann man einem Jaour Wein vorsetzen wolte; sondern
dieser alte Fuchs trank selbst getrost mit herum, wann er irgend ei
nen guten Trunk zu bekommen wuste. Jch zweifle nicht daran, daß
er nicht solte mit mir / dem Herrn von Camber/ und dem Mahler
Schmid auch selbst in der Sophia Kirche eine gute Flasche Wein,
welche wir zu uns gesteckt, ohne Furcht einer uns gegebenen Aer
gernuͤß, in seinen noch nuͤchtern Magen geschuͤttet haben, wann er
es nur vor seinen anwesenden Glaubens⸗Genossen haͤtte thun koͤn
nes; es muͤste sich dann dieser Alte daran geaͤrgert haben, daß der
Herr von Camber sie mit ungewaschenen Häͤnden angerüͤhrt, da er
kurz vorher ein Stuck Schwein⸗Fleisch damit herunter geschnitten /
welches er, als er unter dem Fruͤh⸗Stuͤcken eiligst mit uns zu gehen
beordert worden, in ein Papier gewickelt, mit der Intention, sol
ches allhier nach dem Exempel des Grelots, unvermerckt zu ver
zehren. Es hätte ihn aber auch geschehen können / daß er dieses
verbottene Essen mit der Haut bezahlen muͤssen/ wann er von den
Ausspaͤhern daruͤber ertappt worden waͤre, als die ihn gewiß mit
sich vor den Moufti geschleppt, mit Gewalt beschnitten, und ihren
Propheten wuͤrden aufgeopffert haben. Er verwahrt auch deswe
gen dieses Papier noch bis diese Stund gar heilig, und haͤlt es höͤher
als die Tüͤrken dasjenige, so sie von der Erden aufheben / von wel
Aberglaub
der Türken
mit dem
Papier.

chem sie glauben, daß es ihnen einmal am Juͤngsten Tage nuͤtzen wer
de, wann sie auf einen gluͤenden Rost nach dem Himmel spatziren
sollen, dann alsdann koͤnnten sie alle die Stuͤcklein, die sie auf solche
Weise von dem Untergang errettet / und worauf man den Namen
des grossen GOttes schreiben koͤnnen, unter die Fuß⸗Sohlen legen,
damit sie sich keine Blasen brennen. Doch laßt uns nun einmal den
in

Rr 2
- 366 - 316
Drittes Buch / Siebende Abtheilung /

in aller Welt so beruͤhmten Tempel besehen und etwas genauer be
trachten, weil nach diesem Modell fast alle andere Türkischen Mo
scheen eingerichtet sind.


Die Scribenten koͤnnen sich nicht mit einander vergleichen, wer
Von dem
Erbauer
der So
phia Kir
che.

solchen zu erst erbauet habe. Einige halten dafür, daß Con
stantin / Constantini des Grossen Sohn, der Erbauer
desselbigen sey, nicht zwar, als ob sie schon dazumal bey ihren er
sten Ursprung sich so prächtig von Stein und Marmel gezeiget, an
gesehen sie gar gerne zugeben, daß sie Anfangs nur von Holz auf
geführet worden; sie melden aber dabey, daß selbigen zu Zeiten des
zweyten Synodi unter dem Kaiser Theodosius die Arianer ab
gebrannt, es hätte aber auch eben dieser Kaiser solchen wieder reno
viren und mit länglicht⸗ runden Angebaͤuen vergroͤssern lassen.
Alsdann sey auch dieser, nach dem Bericht Procopius, unter der
Regierung des Kaisers Justinianus eingeäschert worden: es ge
denken aber besagte Scribenten nicht, wo diese Kirche vor Justiniani
Zeiten gestanden, und scheinet, als wann die alten Beschreibungen
dieser Stadt sie an ein ganz anders Ort logirte; welches auch da
mit bestättiget wird, daß ein unbenannter Auctor deren Namen
meldet, von welchen Justinianus die Häͤuser gekauft, um auf sol
Sozomeni
Zeugnüß
hievon.
chen Platz die Kirche zu bauen. Sozomenus, ein alter und redlicher
Scribent, gibt für, daß unter Kaiser Theodosius dem Jün
gern, als wieder den Chrysostomus, aus Anstiften der Kaiserin
Eudoxia, deren Hochmuth und uͤbrige Laster dieser beredte Kirchen
Vatter freymüthig und herzhaft gestraft / in der grossen Kirche
eine Aufruhr entstanden, der Tempel allenthalben schleunig
im Rauch aufgangen, davon die Feinde Chrysostomi Anstif
ter gewesen, als welche die Goͤnner dieses grossen Lehrers, die sich
dazumal in der Kirche befunden, zugleich mit derselbigen haben ver
brennen wollen. Woraus ich nicht unbillich schliesse, daß Ricaut
Ricaut Hi
storischer
Fehler.
einen häßlichen Fehler in seiner Historie begangen, welcher bey Ge
legenheit der Türkischen Moscheen in seinem 2. Buch 7. Cap. zu
gleich von dieser Sophia⸗Kirche redet, und meldet/ daß solche
zu erst von Justinianus erbauet, aber von Theodosius wieder re
parirt worden seye. Dann er mag gleich den ältern oder den jün
gern - 367 -
Beschreibung der Sophia⸗Kirch zu Constantinopel.
317
gern Theodosius verstanden haben, so kan doch von keinem ge
sagt werden, daß er des Justiniani Gebäu ausbessern lassen, weil
sie beide noch vor ihm gelebt; Theodosius der Dritte aber kan es
auch nicht gewesen seyn, als welcher erst kurz vor des Grichischen
Reichs Untergang auf den Thron gesessen. Am allermeisten aber
betrüͤgt sich das gemeine Volk, als welches glaubt, daß diese Kir
che von der H. Sophia / des Justini Gemahl, der ein Enenkel
des Kaisers Justiniani gewesen, ihren Namen führen solle.[31] So viel
ist unterdessen gewiß, daß dieses ehmalige GOttes⸗Hauß von JuWie Justi
nianus de
ren Er
bauer seye.

stinianus grösser gebaut und erneuert worden: kan demnach von
ihm auf gleiche Weise gesagt werden, daß er diese Kirche erbauet /
als von dem Kaiser Octavianus geruͤhmt wird, daß er die Stadt
Rom auferbauet habe; dann als dieser nach dem Julius Cæsar
das Reich übernommen, und eine von Ziegeln erbaute Stadt ge
funden, rüͤhmte Er sich nachmals, daß er nunmehr eine Marmel
steinerne hinterlasse: also hat auch Justinianus eine schon etlichmal
abgebrannte, und durch das Erdbeben ganz ruinirte Kirche ange
troffen, selbige aber hingegen erweitern und weit schoͤner und herrli
cher, als sie zuvor gewesen / ausziehren / die Mauern und Gewölber
von Ziegeln verfertigen, inwendig mit unterschiedlichen kostbarn Mar
mel bekleiden, das ganze Gebaͤu an verschiedenen Orten mit Eisen
fassen, die Balken wegschaffen und im uͤbrigen alles dergestalt an
ordnen lassen / daß man sich forthin von keiner Feuers⸗Brunst et
was zu besorgen haben moͤgte. Dieser andere Salomon hat hier
auf solcher Kirche den Namen Sophia beygelegt / und mit grossen
Einkünften versehen, welche von den nachfolgenden Kaisern und
deren Gemahlinen unglaublich vermehret worden, wovon auch
die Türken nach der Zeit nicht nur nichts genommen, sondern viel
mehr in solchen Stand gebracht, daß sie heutiges Tags zehen tauEinkünften
der So
phia Kir
che.

send Gulden oder dritthalb tausend Ducaten taͤgliches Ein
kommens hat, und dahero mit den reichsten Stiftungen in der gan
zen Christenheit sich vergleichen lassen kan. Hieher werden Geschen
ke von den Kaisern / vornehmen und gemeinen Leuten, auch allen
denjenigen Provinzen gebracht, welche unter dieselbige gehöͤren: der
Kaiser selbst ist verbunden, noch täͤglich 1001. Asperl wegen eines
Stück Grunds zu bezahlen, den Er zu dem Garten des Pallasts
ver

Rr 3
- 368 - 318
Drittes Buch / Siebende Abtheilung /

verwendet hat. Der Uberschuß von einem Asperl aber über die ge
wöhnlichen tausend ist darum hinzu gethan worden, um zu verste
hen zu geben / daß diese Summa nicht zu reiche, eine aus den Geist
lichen Gütern hergenommene Sache zu ersetzen, und damit die nach
folgende Kaiser zu noch mehrerer Freygebigkeit und Eifer bey des
sen Erinnerung moͤgten angereitzet werden. So kan auch, wie be
reits im Zweyten Buch erzehlet, da von dem Bairam und den
dabey vorgehenden Ceremonien gedacht worden, kein Kaiser noch
Kaiserin eine Moschee aufbauen und nach ihren Namen nennen
lassen, so Sie nicht zugleich hundert tausend Ducaten jährliches
Einkommens zu deren Unterhaltung und Ausbesserung darzu ver
machen.
Es sind auch neben vorgemeldter Sophien⸗Kirche noch sie
ben andere Moscheen in Constantinopel / als Sultan Baja
zet / Selim / Solyman, Ahmed / und noch drey andere / die


von so viel Kaiserinnen erbauet worden. So befindet sich auch
eine zu Prussa / wo ehmaln der Tuͤrckischen Kaisere Residenz ge
wesen, ehe sie noch Constantinopel und das ganze Grichenland
bezwungen hatten, und eine zu Adrianopel / wie auch noch mehre
re durch das ganze Türkische Reich, die alle mit grossen Einkünften
versehen sind. Von diesem Geld werden die Jmam / ihre Priester,
bezahlt, samt den Richtern, Schrifft⸗ und Rechts⸗Gelehrten, den
Türkische
Jugend
wird um
sonst unter
richtet.
Talismann und Hodgia / auch übrigen Lehrmeisteren der Jugend,
die sie im Lesen und Schreiben und ihrem Glauben umsonst unter
weisen. Es haben auch die Pförtner, Handlanger, und etliche
hundert andere Bediente / so die Kirchen zu thun, aufmachen / aus
säubern, auf das Gebäu acht geben, viel tausend Ampeln Tag und
Arme wer
den bey den
Türken von
den Kir
chen Ein
künften ge
halten.
Nacht putzen und ihrer pflegen, wie nicht weniger die Armen ihren
Theil daran, als deren eine grosse Anzahl von den Kirchen Einkünf

ten erhalten wird, und welche bestäͤndig füͤr diejenige bitten, die ver
meinen, daß ihnen solches Gebet nach ihren Tod noͤthig seyn duͤrfte.
Ungewiß
heit des Zu
stands der
Seelen
nach dem
Tod der
Türken.
Doch ist dieses ein noch von ihnen unausgemachter Glaubens⸗Arti

cul; sintemaln es durch den Alcoran nicht deutlich angezeigt ist, wo
die Seelen nach dem Tod bis zu dem Jüngsten Gericht aufbehalten
werden, so daß auch die Türken, welche sich hierinnen allein von der
Vernunft leiten lassen, einen dritten Ort, wo die Suͤnden noch voͤllig
ausgesöhnt werden sollen, nicht allerdings läugnen, ob es gleich so viel
Chri
- 369 -
Beschreibung der Sophia⸗Kirch zu Constantinopel.
319
Christen gibt, die solchen beständig verwerfen: wie sie dann auch
des Jahrs viermal zu gewiesen Zeiten / so sie Mevelut gegeschi,
Bet⸗Nächte nennen, ihre Thuͤrnen an den Moscheen mit brennen
den Lampen behängen, und ihre Gebete für die Verstorbene ver
richten; dann sie halten dafuͤr, daß die Wein⸗Trinker 40. Täͤge nach Der WeinTrinker
Quaal
nach dem
Tod.

ihrem Tod werden gequäͤlt werden, so ferne sie in solcher Zeit ster
ben, die andern aber wüͤrden nach Beschaffenheit ihrer Laster ge
strafft. Ein Französischer Medicus hat mir erzehlt, daß, als er ei
Historie
von einer
Jungfrau
hievon.

nesmals zu einer kranken Jungfer geholt worden, und er ihr Wein
zu trinken verordnet, damit sie wieder zu Kraͤfften kommen moͤchte,
hat sie sich lang nicht darzu verstehen wollen, aus Furcht/ sie durf
te so lang dafür gequaͤlt werden, ist auch nicht eher darzu zu bringen
gewesen, bis man ihr Hofnung gemacht, daß sie nicht nur allein die
40. Täge überleben, sondern auch die Krankheit, so aus Erkältung
und grosser Schwachheit des Magens herkommen, gänzlich dardurch
würde gehoben werden.


Nun laßt uns wieder in die Kirche / wo das Gebet fuͤr die ar
me Seelen verrichtet wird, zuruck kehren: daruͤber, wie auch uͤber
alle andere von den Kaisern und Kaiserinnen gestiftete Moscheen, Aufseher
über die
Kirchen.

hat der Kuslir Aga, das Haupt der Schwarzen Verschnittenen,
die zur Aufwartung des Tüͤrkischen Frauenzimmers bestellt sind, die
Ober⸗Aufsicht, wordurch ihm nicht geringer Nutzen und Authori
tät bey den Seinigen zuwächst. Die Sophia⸗Kirche war vor
Zeiten die Haupt⸗Kirche des alten Bizantz und der Grichischen
Patriarchen / unter welche alle andere, die von ihr herstammten,
stehen musten. Sie befindet sich indessen noch groͤßten Theils in
einem guten Zustand, ob gleich nicht in einem solchem, als da sie
noch in der Christen Hände war, wird aber doch von den Tüͤrken
zu nichts anders als zu ihrem GOttes⸗Dienst angewendet; stehet
anbey im grossem Ansehen bey ihnen, und wird alle Freytag von
dem Kaiser besucht, nicht nur etwan darum, weil sie nahe bey
dem Kaiserlichen Pallast stehet, sondern weil sie auch die Schöͤnste
so wol in Constantinopel / als vielleicht auch im ganzen Türki
schen Reich ist; hingegen ist es ein anders an dem Bairam und an
dern grossen Fest⸗Tagen, da die Kaisere und Stifter der Kirchen
sich in denenjenigen einfinden, welche ihren Namen fuͤhren. Oft be
sagte Kirche ist ganz von Marmel, Gold, gemahlten Steinlein
Musiv
- 370 - 320
Drittes Buch / Siebende Abtheilung/

Musiv oder eingelegter Arbeit verfertiget, und stellet unterschiedliche
Türken lei
den keine
Gemählde.
Geschichte so wol aus dem neuen als alten Testament vor, wovon
aber die Tüͤrken, so weit sie mit Schiff⸗Stangen, Picken und Stei
nen langen koͤnnen/ alle Gesichter verdorben und ausgekratzt haben,
weil sie, wie oben schon gemeldet, weder Gemaͤhlde noch Bilder in
ihren Kirchen dulten, auch nicht einmal an andern Orten gemahlte
Thiere vertragen, damit, wie sie sagen, die Menschen so
hierinnen den grossen GOTT nachahmen wollen, aber doch solches
gleichwol nicht vermöͤgen / weil sie ihnen keine Seele und Leben mit
theilen können, ob sie schon den Leib formirt haben, nicht einmal
wegen dieser Verwegenheit gestrafft werden, und diejenige, welche
solche zu lassen, mit samt denen, die dergleichen zu erst erfunden, es
Ungrund
hievon.
entgelten müssen. Hierbey aber ist sich gewiß über dieser Leute be
sondere Thorheit und Ungrund nicht wenig zu verwundern, als wel
che von keinen Bildern und gemahlten Thieren wissen wollen, und
nichts destoweniger Blumen, Kräuter, und Bäume, mit der Na
del und Farben nachmachen, und damit die Natur, oder vielmehr
den Schoͤpfer derselbigen imitiren, da sie doch solchen eben so wenig
einiges Leben zu geben vermöͤgend sind. Sie haben aber nichts
destoweniger einige unbeschädigt stehen lassen, vielleicht weil sie solche
im Finstern nicht beobachtet, als die von Johannes empfangene
Taufe Christi in dem Jordan; oder weil sie bis dahin nicht reichen
können, da z. E. unser Heyland mit seinen Juͤngern in dem obern
Theil des Gewölbs noch unversehrt zu sehen; oder auch, weil sie
durch einen besondern Zufall davon abgeschreckt worden, wann sie nem
Miracul
von der al
lerseelig
sten Jung
Frau.
lich der allerseeligsten Jungfrauen vor der Thüͤr stehendes Bildnis /
und zwar deren Haupt, wie sie mir selbst erzehlt, ausgekratzt oder
weg genommen, aber nichts destoweniger des andern Tags an vori
gen Ort und nicht geringerer Schönheit wieder aufgesetzt und er
neuert gefunden haben. Andere wollen behaupten, daß diese So
phia⸗Kirche weit grösser als gegenwärtig gewesen seye, viele An
gebäu / so sie ehmals gehabt, davon weggenommen, und nur die
Sacristey nebst dem Schiff, oder dem mittlern Theil, allein uͤbrig
gelassen worden. Dem sey nun aber wie ihm wolle, so muß man
doch bekennen / daß es noch für ein recht Königliches Gebäu passi
ren kan, welches einer genauen Betrachtung wol werth ist. Das
Schiff der
Kirche.
Schiff oder der mittlere Theil dieser Kirche bestehet aus einem run

den
- 371 -
Beschreibung der Sophia⸗Kirche zu Constantinopel.
321
den Gewölb oder Bogen⸗Cron / in welches von oben her das Licht
hinein fällt, und von innen durch 8. Säulen zu beiden Seiten un
terstützt wird, deme noch ausser denen unterschiedlichen andern mit
Bley bedeckten kleinen Gewölbern, zwey andere angebauet sind,
welche aber dem Haupt⸗Gebäu an Grösse nicht gleich kommen: das
eine davon ist, wo die Sacristey stehet: das andere bey dem Eingang;
und wird jenes von fuͤnf, dieses aber von sieben Saͤulen unterstuͤtzt,
also daß das untere Theil der Kirchen auf 40. das obere aber auf 67.
oder, wie andere wollen, auf noch mehrern Saͤulen ruhet; dann
ich muß nur bekennen, daß ich solche nicht gezehlt, weil der Sa
chen, die hier zu sehen, gar zu viel waren, und man solche nicht in
einem Tag, geschweige in einer Stund, so gar genau beobachten
kan. Das ganze Gebäu wird von vier grossen Pfeilern gehalten,
auf welchen eben so viel Boͤgen stehen, die an den Seiten nach Art
der Thürne angebauet sind; wie dann auch wuͤrklich ehedessen die
Glocken darinnen gehangen haben, ausser der grossen / die an dem
hintern Theil der Kirchen irgendwo in einem Thurn aufgehenkt gewe
sen. Es haben aber die Türken solche insgesamt auf die Seiten geGlocken
warum die
Türken
nicht lei
den.

schaft, weil sie in der Meinung stehen, als ob die guten Geister / so
die Aufsicht über die Kirchen haben / durch ihr Getoͤß nur aufge
weckt und verunruhiget werden; wie wol sie deren Klang auch füͤr ei
ne Art der Music halten, welche ihnen in ihrem Alcoran bey dem
GOttes⸗Dienst schlechter Dings verbotten ist. Wir wollen aber
davon mehrere Nachricht geben, wann es von den Tuͤrkischen Moͤn
chen, die sie Dervis nennen, zu reden Gelegenheit geben wird.
Nach dem obern Theil der Kirchen kan man auf zwey Stiegen hinGrosse
Stiegen.

auf gehen, davon die eine von vielfärbigen Marmel zur linken, die
andere aber nur von Ziegeln verfertiget ist, und zur rechten Hand
stehet, auf welcher der Kaiser Justinianus und andere Grichische
Kaisere zu Pferd hinauf zu reiten pflegten, wann Sie in ihren Bet
Stul, ohn weit des Tabernaculs, sich begeben wolten, dessen sich
auch noch heut zu Tage die Tüͤrckischen Kaisere bedienen. Es Capell / die
andere

Welt ge
nannt.

ist auch noch eine andere Capell daselbst, so sie die andere Welt nen
nen, und glaube ich / es seye diejenige, von welcher die Tüͤrken vor
geben, daß man täglich zu Nachts darinnen singen hoͤre: Sie wol
len anbey; daß ein Stuck Holz von der Arche Noa darinnen auf

behal

Ss
- 372 - 322
Drittes Buch / Siebende Abtheilung /

behalten werde; warum nicht auch eine Feder aus dem Flügel des
Engel Michaels, die Er in dem Streit mit dem Teufel verlohren;
oder ein Stroh⸗Halm von des Jobs Mist⸗Haufen, samt der
Schlange im Paradeiß, die unsere erste Mutter die Eva verfüͤh
ret? Die von Marmel⸗Stein gemachte Thuͤre besagter Capell ist mit
einen Creutz gezeichnet, dergleichen Merkmale des Christlichen Glau
bens man noch hin und wieder in den ganzen Tempel siehet, es ist aber
dieselbige vermauert, daß man nun nicht mehr hindurch gehen kan.

Vorhof.
Der Vorhof ist gleichfalls von Marmel, von dar man durch fünf
messinge Pforten in einen verdeckten Gang kommt, der abermal mit
dem schoͤnsten Marmel belegt ist, und dann wiederum durch neun
andere von Corinthischen Ertz geschlagene Thüren in die Kirche hin
ein gehet. Allhier stehen bey dem Eingang zu beiden Seiten aus
Alabaster gehauene Brunnen / woraus beständig Wasser fliesset,
dessen sich die Türken, ehe sie beten, zum Waschen bedienen. Man
gibt vor, daß diese Kirche einen Uberfluß an Wasser habe, welches
sich durch den Regen sammlet, und unter der Erden gleichsam einen
grossen See ausmachet. So wol der Boden als die Wände, Gaͤn
ge, Füsse, Gestell, das Capitel der Säulen und alles andere ist von
puren Marmel, auch die Säulen selbst sind aus Porphyr, Stern
Stein und andern schöͤnen kostbarn Marmel gehauen; so war auch
der Marmor dermassen kuͤnstlich geschnitten, und wiederum an ein
ander gefügt, daß es schiene, als wann der Absatz vieler Stücke
gleichsam nur eine einige subtile Ader ware, worinnen auch die groͤ

Durchsich
tiger Mar
mel.
ste Kunst und Schoͤnheit bestehet. Dann habe ich noch einen an
dern Marmel gesehen, welcher so durchsichtig als ein Glaß gewesen,
durch welchen an einigen Orten das Licht, gleich wie durch Fenster

Auszieh
rung.
Scheiben gefallen ist. So findet man allhier keine andere Auszieh
rung, als etwan einige grosse messinge mit weissen Wachs⸗Kerzen
versehene Leuchter, viele tausend immer brennende Ampeln, nebst des
Ebbubecker / Omar / Osman und Hali Namen, so auf einer
grossen weisen seidenen Fahnen mit Elen langen Buchstaben verzeich
net, und in der Mitte an vier Orten der Kirchen an lange Stan

Grösse.
gen geheftet und ausgestecket sind. Was die Groͤsse dieser Kirche be
langt, hat mich ein Türk, welchem dieselbige so wol als die Stadt
aufs beste bekannt ist, versichert, daß sie ganz bequem auf einmal hun
dert tausend Personen fassen könne; wie ich dann auch von glaub
wür
- 373 -
Beschreibung der Sophia Kirche zu Constantinopel.
323
wüͤrdigen Personen vernommen / daß zu Zeiten der Grichischen Kai
sere in eben dieser Kirche neun hundert Priester taͤglich den GOttes
Dienst verrichtet haben. Hier habe ich zwar keine Teppiche / wie an
derwärts, angetroffen, aber wol aus Bimsen geflochtene Decken
und Lämmer⸗Felle, auf welchen sie bey Verrichtung ihres Gebets
hocken, als ob sie Eyer ausbrüten wolten; der Boden aber ist allentReinlich
keit.

halben so rein und glänzend / daß auch der gröste Zärtling ohne eini
gen Eckel darauf wuͤrde essen koͤnnen, weswegen auch alle / die hin
ein gelassen worden, auch so gar der Herr Botschafter selbst / die
Schuhe entweder ausgezogen / oder / wie es die meisten, wo nicht al
le, gethan, Paposchen daruͤber angelegt.


Aus der Kirchen haben wir uns nach den Gräbern der TürkiGräber der
Türkis. Kai
ser und
Kaiserin
nen.

schen Kaisere und Kaiserinnen und deren Prinzen und Prinzessinnen
begeben, selbige gleichfalls in Augenschein zu nehmen. Es sind aber
etliche Capellen um die Kirche herum, mit ober der Erden stehenden
und mit weisen Tuch bedeckten Todten Bahren angefuͤllet; darunter
der Kaisere und deren Prinzen Gräͤber mit oben bey dem Kopf
stehenden Tüͤrckischen Buͤnden angezeigt werden: wo aber ausser dem
Tuch sonst nichts zu sehen, ist es ein Anzeichen, daß die Kaiserin
nen und ihre Prinzessinnen darunter liegen. Wir trafen auch da
selbst die Capell an, in welcher der Kaiser Selim / den die Tür
ken den Zunamen Sarbose oder den Versoffenen beygelegt, mit
seinen hundert Kindern aufbehalten wird. So wol in dieser als al
len andern brennen viel Lampen; und da die Tuͤrken deswegen dan
noch ihren Kaisern nichts Goͤttliches zu eignen/ so sehe ich nicht,
Entschuldi
gung
der Vereh
rung des
Confucii.
wie diejenige zu beschuldigen, welche vorgeben / daß die bey den Si
nesern eingefüͤhrte Gebraͤuche, nach welchen sie den Confucium
und ihre Eltern und Vorfahren verehren / keine Abgötterey, sondern
eine pur lautere politische Ehrerbietung seye, welche sie ihnen, als
Leute, die sich um ihren Staat wol verdient gemacht, bezeigten.
Wer indessen eine weitläͤufftigere Beschreibung von dieser Kirche ha
ben will, kan aus denen alten Scribenten den Procopium, Georgium CeScribenten/
so von die
ser Kirche
geschrieben

drinum, Acathium, Paulum Florum, Evagrium, Nicephorum,
aus den jüngern aber den Gyllium und Grelot lesen, unter welchen
absonderlich der Letztere, nach seiner eigenen Bekaͤnntnis, in Abzeich
nung dieser Kirche viele Tage zugebracht, auch nicht geringe Unko
sten dabey gehabt, und sich danebst mancherley Gefahr unterwor
fen,


Ss 2
- 374 -

324
Drittes Buch/ Achte Abtheilung /

fen, sintemaln er die Thür⸗Hüter mit Geld erkauffen müssen, damit
sie ihn hinein gelassen, er hat sich anbey wol in acht zu nehmen ge
habt, daß ihn niemand sehen moͤgte, welcher ihn deswegen bey dem
Moufti oder Kuslir Aga und andern Richtern angebe, weil er
darüber in die gröste Gefahr seines Lebens und an den lichten Gal
gen kommen können; wenigstens hätte er sich müssen beschneiden
lassen, wofern er nicht durch vieles Geld sich davon loß zu kauffen
würde bemühet gewesen seyn, und weiln die Türken selbiger Zeit
noch viel weniger als heut zu Tage einen Jaourn in ihrer Kirche
leiden können / würden sie ihn ohne Zweifel, wo sie ihn gar was
zeichnen sehen, auf frischer That todt geschlagen haben. Dieses
zu behaupten kan nur dasjenige dienen, was mir Herr Heckmann /
Hof⸗Meister bey dem mit uns hieher gereißten Grafen von Nessel
rode und Reichenstein / mein sehr guter Freund und Landsmann,
erzehlt / daß, als er im October mit dem Marggrafen Besora /
Grafen Sebastida / Herrn von Dierling und Momarts [32] solche
gleichfalls besehen / und etwas in seine Schreib⸗Tafel einzeichnen
wollen, sich alsobald eine Menge Tüͤrken um ihn herum gestellt, und
den Kopf darüͤber geschüttelt, ihm aber zugleich damit zu verstehen
gegeben, daß dieses eine verbottene Sache seye / wie sie ihm dann an
bey auch viele Türkische Schmach⸗Reden angehenkt haben.


Achte Abtheilung.



Von den
Türkischen
Mönchen.
INdem ich nun hier von den Tüͤrkischen Kirchen zu reden Ge
legenheit gehabt, wird es sich verhoffentlich nicht uͤbel schi
cken, wann ich zugleich allhier von den vornehmsten Stuͤ
tzen ihrer Religion, nemlich denen Moͤnchen, etwas gedenke, als de
ren Moscheen, Clöster und Vorgesetzte ich mit denen Herrn von Hu
lin und Dumasrambois, unsrem und des Französischen Gesand
ten Leib⸗Arzten, im Monat October und November so wol in
Galata / als Tophana öfters besucht, wobey mir auch des Letz
tern Dolmetschung sehr wol zu statt kommen / dafüͤr ich mich Jhm
dann auch nicht wenig verbunden erkenne. Wie nun bey nahe kei
ne Religion ist, aus welcher nicht wiederum andere Secten entste
hen: also ist es auch mit der Tüͤrkischen Religion beschaffen; dann da
diese
- 375 -
Von den Türkischen Mönchen.
325
diese ohne dem eine unordentliche Vermengung des Juͤdischen,
Heydnischen und Christlichen Glaubens ist, so sind daraus vielerley
neue und schäͤndliche Secten herkommen; da widersprechen die Secten der
Tür[k]ischen
Religion.

Moatazaliten / den Sepathiten; die Kadriten den Giabari
ten / die Morgiten / den Waiditen, und die Schuͤten den Cha
warigiten, und selbst aus diesen entstehen wiederum neue Spal
tungen, davon die Namen und ihre Lehren anzufüͤhren nur allein
ein ganzes Buch koͤnte verfertigt werden; weil aber dieses der En
gelländer Ricaut sehr wol ausgeführt, kan ich solche ohnedem nicht
gar nothwendige Arbeit erspahren, den begierigen Leser aber in seine
Historische Beschreibung von dem Ottomannischen Reich und
dessen zweytes Buch verweisen / woselbst er von den Ketzereyen und
Secten der Tüͤrken / Araber / Persianer und andern Glau
bens⸗Sachen dieser Völker weitläuftig redet: ich werde indessen
meiner Pflicht genug gethan haben, wann ich mit Vorbeygehung al
les übrigen nur dasjenige melde, was die danzende Dervis
und heulende Kadriten angehet, und von ihren Leben und Sit
ten aufrichtig erzehle, was ich selbst mit Augen gesehen oder von ih
ren eigenen Vorgesetzten vernommen habe; dabey es sich dann fin
den wird, daß ich dem Ricaut nicht in allen Stüͤcken beyfallen
werde. Der Orden der Dervis hat seinen aͤltesten und vornehmsten Orden der
Dervis.

Sitz zu Jconien in Lycaonien / einer Asiatischen Provinz, als
woselbst / wann denen Scribenten dißfalls Glauben zuzustellen, sich
über 400. Mönche befinden. Seinen Ursprung führt er her von
den Zeiten der Regierung Ottmanns / des ersten Türkischen Kai
sers, welcher solchen grosse Freyheiten mit getheilt / deren sie sich
noch diese Stunde zu erfreuen haben. Als ich einmal nach ihrer ver
richteten recht laͤcherlichen Andacht, davon ich schon zu seiner Zeit
gedenken will, in Gegenwart meines Dolmetsch, Herrn Dumasram
bois, der daselbst gar wol bekannt und gelitten war / den Vorsteher
dieser Moͤnche anredete, und unterschiedliches von ihrem Stifter,
Ursprung und Satzungen ihres Ordens durch besagten Herrn zu
wissen verlangte, berichtete mich derselbige mit Bezeugung eines be
sondern Hochmuths / in was grosser Hochachtung besagter Prinz die
sen Orden gehalten, wie er ihren Vorsteher, den sie Scheig nennen,
und der sein Hof⸗Meister gewesen, ihm auch bey der Croͤnung den Sä
bel umgegürtet hatte, einesmals auf den Thron gesetzet, und eben
dar

Ss 3
- 376 - 326
Drittes Buch / Achte Abtheilung /

dazumal ihm und seinen Nachfolgern über den ganzen Orden voll
kommene Gewalt ertheilt, welches auch Ricaut in seinem vor angezoge
Stifter des
Ordens.
nen Buch, cap. 9. bestättiget. Jhr Stifter habe Mevelava geheissen /
von dem sie auch öfters Mevelavi / als wie unsere Orden von ihren
Stiftern, genennet wuͤrden; insgemein aber nenne man sie Dervis,
welches so viel bedeute, als Arme / die der Welt ganz und gar ab
gesagt hätten. Wann aber Ricaut sagt, daß sie sich, wie unsere
Ob sie drey
Gelübde
thun.
Ordens⸗Personen, mit dem Geluͤbd der Keuschheit / Armuth,
und des Gehorsams verbindlich gemacht, von selbigen aber gar leicht
wieder loßgesprochen werden, und ihre Entlassung von dem Orden er
halten könnten, wie wol noch alle, die solche gesucht, unglüͤcklich
gewesen / wie es die Erfahrung bezeigte, kan ich zwar, was das letz
tere betrifft, nichts darwider einwenden, weil davon keine genaue
Nachricht eingeholt: aber im Ansehen der drey Gelübde ihm
nicht beyfallen, sintemaln ich selbsten den rechtmäͤssigen Sohn des
Vorstehers dieser Mönche gesehen und mit ihm geredet/ der noch ein
Knab von acht Jahren, und dabey von schöͤnem Gesicht und Ge
stalt war; daß es aber nicht etwan nur ein angehender Mönch ge
wesen, wie man etwan meinen moͤgte, widerlegt des Vaters eigene
Aussage, als welcher ihn für sein leibliches Kind erkannt, und mich
auch dessen durch Herrn Dumasrambois versichern lassen. Er lies
se solchen aus seinem andern Zimmer her ruffen, damit wir ihn sehen
moͤgten, den ich dann auch etliche Para geschenkt, die er mit gros
ser Freude angenommen. Der Alte lag auf einem anderthalb Spann
von der Erden erhöͤhten Polster, und war ganz mit Persischen und
Getruckte
Bücher
haben die
Türken
nicht.
Arabischen geschriebenen Büchern umgeben; dann von gedruckten
Büchern wissen die Tüͤrken nichts, und ist diese Kunst noch nicht bis
in ihre Länder gekommen, wie sie dann auch schwerlich daselbst wüͤr
de gedultet werden, weil sich eine so unbeschreibliche Menge Schrei
Warum? ber unter ihnen befinden, welche sich von Büͤcher⸗Schreiben ernäͤhren,
und alsdann nothwendig alle verderben muͤßten. Neben dem Vor
steher saß noch ein anderer alter Mann, so einen breiten grün⸗um
wundenen Bund auf den Haupt hatte, und deswegen von einem sei
ner Freunde von mir gehalten worden, weil die Dervis eine ganz
andere Art von Hüten auf hatten, die hoch und oben an der Spi
tze länglicht rund und mit keinem Rand versehen, dabey auch aus
Cameel⸗Haaren von grauer Farb gemacht sind; doch ist der Vor
steher - 377 -
Von den Tüͤrkischen Mönchen.
327
steher unter ihnen darinnen unterschieden, daß er einen Bund wie
alle andere Tuͤrken zu tragen pflegt: Die jungen Anfaͤnger stunden
um ihre Lehrer herum, füͤllten ihnen die Tobacks⸗Pfeiffen / brennten
sie an, und bedienten sie mit Caffé und andern benoͤthigten Sachen.
Ob die
Dervis in
Gemein
schaft der
Güter ste
hen.

Jch kan auch dem Ricaut darinnen nicht recht geben, wann er vor
gibt / daß diese Moͤnche in einer Gemeinschaft der Guter und uͤbri
gen Lebens⸗Art stehen; dann ob ich es schon von den neu⸗angehen
den noch zugeben wolte, oder auch wol von den Vorstehern dieses
Ordens, welche andere beherbergen, so kan ich es doch nimmermehr
von allen insgemein einraumen, angesehen ich deren viele zu Con
stantinopel / Pera / Tophana / Galata und übrigen Vor
städten in den Kram⸗Läden gesehen habe, die mit Tobacks⸗Pfeiffen,
Aepfeln, Nüssen, Feigen, Wachholder⸗Körner, Milch / Salz,
Käß, Kaltaunen und Toback handelten, auch wol, jedoch die wenig
sten, andere Arbeit verrichteten; die meinsten aber legen sich auf die
faule Seiten / wozu sie von Natur geneigt sind. Im übrigen ha
ben sie gleichwol durch das ganze Reich viele Cloͤster, welche denen
Reisenden dieses Ordens zur Herberge dienen, weil niemand den
Reisen so sehr ergeben, als eben diese Leute, unter dem Vorwand,
den Glauben in dem Ottomannischen Gebiet fort zupflanzen. In
diesem Absehen nun ziehen sie durch ganz Persien/ China/ des Sind
Kundschaf
ter.

Groß⸗Mogols und andere Reiche ohne einige Hindernis und Un
kosten, zehren auf die Einkuͤnfte der Cloͤster und anderer Barmher
zigkeit loß, und passiren dabey für die vornehmste Kundschafter des
ganzen Morgenlands, wie sie sich dann auf diese Kunst von Jugend
auf fleissig legen, und auch andere darinnen unterweisen. Wann
die erst in dem Orden getrettene Lust haben, lesen, schreiben, auch
Türkisch, Persisch und Arabisch übersetzen oder dolmetschen zu ler
nen, koͤnnen sie hierzu gar leichtlich kommen. Die meisten, damit Jhre Ver
richtung.

sie nicht muͤssig scheinen, und das Volk desto besser hintergehen
moͤgen, legen sich auf das Gauckeln, Taschenspielen und andere be
trüͤgliche Kunste: einige haben Spiritus familiares bey sich, und ge
ben Zauberer und Hexen⸗Meister ab. Man hat sich nicht wenig Busbecs
Bericht
hievon.

zu verwundern, wann man lieset, was Busbec in seinem 4ten
Türkischen Send⸗Schreiben von diesen Betrügern erzehlt, wel
ches ich wegen seiner Curiosité vollig hier beybringen will:

Nun“
muß ich dir auch, schreibt er, noch etwas sonderbares von einem“
„an
- 378 - 328
Drittes Buch, Achte Abtheilung /

„andern Türkischen Mönchen und Walfarther erzehlen: dieser
„hatte eine weise Kutten und einen langen bis auf die Füsse hinab rei
„chenden Mantel an, ein langes Haar, fast auf die Art, wie un
„sere Mahler die Apostel vorstellen; es steckte aber unter einem er
„barn Angesicht ein abgefaimter Schalk verborgen, ob ihm schon
„die Türken, als einen grossen Wunderthäter, in sonderbaren Eh
„ren hielten. Meine Dolmetschen liessen sich von ihnen uͤberreden,
„daß sie ihn zu mir gebracht haben, welcher so dann das Mittag
„mal ganz bescheiden und maͤssig mit mir eingenommen; nach dessen
„Vollendung gieng er hinunter in Hof, kam aber von dar bald
„wieder zuruck, brachte einen grossen schwehren Stein mit, und
„stoßte sich mit solchen etlichemal so nachdrücklich auf die blose
„Brust, daß man einen Ochsen auf solche Weiß hätte zu Boden
„schlagen sollen. Hierauf ergrief er ein zu diesem End glühend ge
„machtes Eisen, steckte es in den Mund, und fuhr damit allent
„halben darinn herum, so daß auch der Speichel davon zischte. Das
„Eisen war länglicht, aber an dem Ort, wo er es in dem Mund
„steckte, etwas dick und viereckicht, und dermassen glüͤhend, daß
„man es pur für eine glühende Kohlen hätte ansehen sollen: nach
„diesem legte er das Eisen wieder in das Feuer, und nahm nach em
„pfangener Verehrung wiederum seinen Abschied. Hierüber ver
„wunderten sich alle anwesende Bediente, ausser einem, welcher sich
„klüger als andere zu seyn bedünkte, und zu ihnen sagte: was
„macht ihr einfältige Leute doch für ein Wesen aus dieser Sache;
„meint ihr dann, daß alles sich in der That also verhalte, wie es
„sich ansehen läßt? es ist nur lauter Blendwerk: und hierauf
„langte er nach dem Eisen, und ergrief es an dem Ort, wo es
„über das Feuer heraus gieng, um zu probiren/ ob er es ohne
„Verletzung würde anrühren können; liesse aber solches, kaum da
„ers gefaßt / auch wieder fallen, und versehrte sich die Hand und
„Finger so sehr damit, daß er etliche Tage damit zu thun hatte,
„bis er sie wieder zu recht bringen kunte; worüber er dann, wie
„leicht zu vermuthen, von seinen Cameraden heftig ausgelacht wor
„den; als welche ihn fragten, ob er noch nicht glauben wolte, daß
„es heiß wäre? und ob er es noch einmal zu probiren Lust hätte?
„Es erzehlte mir aber dieser Mönch über der Malzeit, wie sein
„Vorsteher / der seiner Heiligkeit und Wunder⸗Werke wegen gar
berühmt
- 379 -
Von den Tuͤrkischen Moͤnchen.
329
berühmt wäre, gewohnt sey, einen Mantel auf den nechst an dem“
Closter liegenden See zu breiten, sich auf denselbigen zu setzen, und “
mit aller Bequemlichkeit auf solchen herum zufahren. Es soll auch“
eben derselbige sich bisweilen an einem ausgeweideten Hamel haben“
binden lassen, so daß die Arme an die voͤrdern und die Füͤsse an je

nes hintere Füsse zu stehen gekommen, alsdann hatte man ihn in“
einen geheitzten Back⸗Ofen mit samt den Hamel geschoben / auch“
wiederum erst, nachdem dieser voͤllig gebraten war, ohne den ge

ringsten Schaden heraus gezogen. Du wirst zwar sprechen: das“
kan ich unmoͤglich glauben; und eben dieses sage ich auch und er

zehle es nur von hören sagen, allein das mit dem gluͤhenden Ei

sen habe ich selbsten mit angesehen, und kommt mir so verwun

derlich eben nicht vor; dann vermuthlich hat er, wie er in dem“
Hofe gegangen, unter dem Schein einen Stein zu suchen / etwas“
in den Mund practicirt, so ihn wider die Hitze des Feuers præser

viren kunte: und erinnere ich mich, daß ich zu Venedig auf dem“
Markt einen Mark⸗Schreyer gesehen, der in geschmolzenen Bley“
ohne einige Verletzung seine Hände gewaschen.“
Bey aller dieser Derselbi
gen Schein
heiligkeit.

Boßheit und Betrügerey wissen sie sich nichts destoweniger vor den
Leuten ungemein heilig anzustellen, und ob sie gleich dem Saufen /
Fressen, der Geilheit und Hofarth ergeben, und nur jederman be
schwehrlich fallen, wollen sie nichts destoweniger vor mäͤssig / keusch,
demüthig, eingezogen, dienstwillig, gutthaͤtig und gedultig angesehen
seyn. Jhr Habit ist rauh und spissigt, ihr Hembd ist aus groben
Hanf gesponnen, das Ober⸗Kleid siehet einer Decke oder weisen
Mantel ähnlich / und ist aus groben Tuch gemacht, dergleichen man
zu Jconien und Lystern verarbeitet. Ausser der ordentlichen Fasten.
Fasten in Ramazan haben sie auch eine freywillige, vermoͤg deren
sie alle Donnerstag vor der Sonnen Untergang nichts zu sich neh
men darfen, es seye dann, daß einer krank wäre, oder sonst eine
erhebliche Ursach vorzubringen wüste. Jn Gegenwart ihrer Obern
und Fremden halten sie sich ganz still, schlagen die Augen unter sich,
hängen den Kopf, und beugen den Leib fast bis zur Erden; und
durch solche Auffüͤhrung schleichen sie sich in der Vornehmen Häͤuser
und an ihren Tisch, welche sie nicht davon wegschaffen darfen, wann
ihnen gleich ihre Gegenwart noch so verdrießlich wäre, woferne sie
nicht für hoffärtig angesehen seyn wollen. Mit Wein und Brand

wein

Tt
- 380 - 330
Drittes Buch / Achte Abtheilung /

wein füͤllen sie sich bis oben an, wann sie allein bey sammen sind, daß
Sind
Magsaa
men Fres
ser.

sie oft von ihren eigenen Sinnen nichts wissen; und den Mag⸗Saa
men fressen sie in solcher Menge, daß zwey hundert und vierzig Per
sonen nach der Mediciner Dosi genug daran hätten, und machen sich
kein Bedenken, vier Loth auf einmal hinein zuschlucken; dieses aber

Warum?
thun sie darum, damit sie die Traurigkeit vertreiben, und zu dem
Venus-Werk desto geschickter sind; und dann auch, damit sie ver
mittelst dessen bey ihren possirlichen Herumdrehen, als ihrer vor
nehmsten Verrichtung desto mehr Entzückungen empfinden, und
also darinnen ihren Stifter ähnlich werden, welcher sich oft gestellt,
als wann er in einer Verzüͤckung gelegen, und alsdann die Einfältigen
zu überreden suchte, als ob er in solcher Zeit Offenbahrungen ge
Jhr GOt
tes⸗Dienst
habt hätte. Der Anfang hierzu wird also gemacht: Sie haben zu
Pera / wo man nacher Galata über den Berg und Kirchhof gehet,
eine Moschee oder Kirche von mittelmäͤssiger Groͤsse, samt einem
Hauß, wo ihr Vorsteher mit denen neu⸗angehenden Moͤnchen woh
net, daselbst nun kommen sie woͤchentlich zweymal, nemlich des
Dienstags und des Freytags / welche Tag bey ihnen so viel, als
bey uns die Sonn⸗ und Feyertaͤg gelten, alle zusammen, es seye
dann, daß sie Krankheit halber verhindert wären, in welcher Ver
sammlung dann dieser Obere præsentirt. Nachmittags zwischen
ein und zwey Uhr kommt derselbige mit denen, so bestäͤndig allda
wohnen, oder wenigstens schon von andern Orten herkommen sind,
durch seine hintere Thür in die Kirche, steigt so gleich auf den Pre
digt⸗Stuhl, der auf der linken Seiten stehet / und hält von dar ent
weder eine Rede zu dem Volk / oder lieset ihnen etwas aus dem
Alcoran / oder aus den Schrifften ihres Stifters und andern Mu
hametanischen Lehrern und ihren Lüͤgen⸗Buͤchern vor, und macht
alsdann seine Auslegung daruͤber; welches mit solcher Langsamkeit
geschiehet / daß man fast alle Sylben zehlen kan. Dahin aber kom
men nicht nur die Dervis oder Moͤnchen, sondern auch andere Leute
aus überflüssiger Andacht gelaufen; da dann jene gleich bey ihrer
Ankunfft den obern Theil in der Kirche, welcher von den untern durch
ein höͤlzernes Gitter unterschieden ist, einnehmen, sich mit ihren blo
sen Füssen an den Boden herum legen, in ihre Mäntel einwickeln,
und mit zugeschlossenen Augen die Predigt anhöͤren, und in solcher Po
situr bleiben sie wie Kloͤtze oder hoͤlzerne Statuen sitzend: die uͤbrigen sind
in
- 381 -
Von den Türkischen Mönchen.
331
in dem untern Theil der Kirche und denen Gäͤngen, woselbst
auch die Weiber hinter einem Gitter von den Männern abge
sondert stehen und dem Prediger zu höͤren. Kommen einige Moͤn
che erst unter der Predigt aus der Stadt her, ziehen sie die
Schuhe aus, gehen in das Gegitter hinein, beugen das Haupt
vor dem Alcoran / der auf einem Stuhl gegen der Mecha
ausgelegt ist / und setzen sich, wo sie Platz finden, neben ihre Came
raden hin; als einer von diesen Dervisch / indem er in die Kirche hinSchlechtes
Decorum
eines Der
visch.

ein gieng, ungefehr den Französischen Medicum sahe, setzte er alle
Andacht beyseit, liefe auf ihn zu, und begehrte einen guten Rath
für seine geheime Krankheit. Er erzehlte, wie er schon lange Zeit
her grossen Schmerzen an seinem Patrimonio leide, und ein grosses
Unheil daraus besorgte. Uber diese Erzehlung lächelte Monsieur
Dumasrambois, gabe ihm zu verstehen, wie dieses der Ort nicht
darnach wäre, von dergleichen Sachen zu reden, und verlangte,
daß er nach geendigter Predigt zu ihm ins Hauß kommen solte. Nach
gehaltener Predigt singen die in der Höͤhe auf dem Gang stehende
Musicanten an, mit ihren Pfeiffen aufzuspielen; in solche Music
hat einer gesungen, und die Stimme auf so unterschiedliche Art ge
führt, daß er bisweilen geschriehen, daß man es nicht nur in der
Kirchen, sondern auch in der ganzen Nachbarschaft höͤren koͤn
nen. Bisweilen aber wurde er so still, daß ihm sein nechst anste
hender Nachbar nicht wird verstanden haben. Die Dervisch blei
ben indessen mit gebogenen Leib, und fast bis auf die Erde geschla
genen Kopf bey einer Viertel Stund lang unbeweglich stehen / und
haben ihre Gedanken nach der andern Welt gerichtet, dabey dann
ein jeder die Arme hält, wie es ihm selbst gefäͤllt, indem er sie ent
weder uͤber einander schlaͤgt, oder unter dem Kleid im Busen ver
borgen haͤlt, oder auf den Knien ruhen laͤßt. Nachgehends werden
drey kleine Trummeln unterweilen mit einem Leder geruͤhrt, derglei
chen die Arabier / deren Verrichtung ins gemein in Aufschlagung Music und
Tantz der
Dervisch.

der Zelten für die Soldaten bestehet, auf den Camelen nachfuͤhren,
worbey aber auf den Pfeiffen unaufhörlich geblasen wird. Alsdann
stehen sie von der Erden auf, legen ihre Mäͤntel und Uber⸗Röͤcke
samt dem engen Wammes ab, ziehen dagegen lange und breite Un
ter⸗Röcke an, so denen mit Fisch⸗Bein ausgespannten Reif⸗Röcken
des Frauenzimmers nicht ungleich seyn, beugen sich erstlich gegen
ihren

Tt 2
- 382 - 332
Drittes Buch / Achte Abtheilung /

ihren Obern, gehen etlichmal bey dem Alcoran vorbey, und las
sen jenen immer voran gehen, machen einen kleinen oder grossen
Creiß in der Mitte / nachdem ihrer nemlich viel oder wenig sind,
fangen an, sich auf einen Fuß in die Runde herum zu drehen, und
damit sie darinnen desto geschwinder seyn moͤgen, helfen sie sich mit
dem andern Fuß, indem sie mit solchen nur bisweilen ein wenig die
Worinnen
die Kunst
bestehet.
Erde berühren. Die am wenigsten von ihrer Stelle weichen, und
beständig in einem Fußstapfen bleiben, dabey aber sich doch sehr
geschwind herumdrehen, werden für die Besten gehalten; es sind
aber nicht nur die Alten, sondern auch einige Anfänger so fix hier
innen, daß sie auch kein Haar breit von ihrer ersten Stelle weichen,
und solches præstiren sie mit solcher Geschwindigkeit, daß man
kaum das Gesicht im Herumwenden erkennen kan. Jhr Vorsteher
sitzet indessen bey dem Alcoran / und zwar um eine Staffel nie
driger, als die andern, mit einem grossen Stecken in der Hand,
welcher auf diese curiösen Gauckler acht gibt; in der Mitte stehet
ein anderer, so sie füͤhret, und ihnen Muth machet. Mich bedunck
te, als ob ihr Führer aus dem Geschlecht Muhamets muͤsse ge
wesen seyn, weil er einen grün umwundenen Bund auf hatte; er
bewegte sich ganz langsam, blieb auch bisweilen gar stehend, und
schauete den andern zu. Dieses Herumdrehen dauert oft eine ganze
Wie lang
es dauret.
Stund und noch laͤnger/ ohne daß sie in dieser Zeit im geringsten
still hielten und ausruheten / wie es dann einige gibt, die noch meh
rere Stunden ausdauren koͤnnen, wobey sie dann die Arme entwe
der ausspannen, oder Creutz⸗weiß auf die Brust legen, auch bis
weilen den Rock damit aufheben. Bey dieser Kurzweil, welche sie
für die gröste Andacht und das verdienstlichste Werk ihres Glau
bens halten, hoͤren die erst angehenden entweder eher auf, oder fan
gen auch wol später als die andern an, damit sie es nur nach und
nach gewöhnen, und mit jenen endlich auch ausdaurn koͤnnen. So
bald aber die Pfeiffen still sind, bleiben alle zugleich in einem Au
genblick so unbeweglich stehen / daß derjenige / so es nicht gesehen,
es kaum glauben solte; also daß man den geringsten Schwindel an
ihnen nicht vermerkt/ gleich als ob sie sich niemal bewegt haͤtten.
Sie legen sich aber schon von Kindheit an auf dieses Exercitium.
wordurch sie es dermassen gewehnt werden, daß sie in wenig Jah
ren nicht mehrer Beschwehrlichkeit, als wir etwan vom Gehen,
Ste
- 383 -
Von den Tüͤrkischen Mönchen.
333
Stehen, oder anderen uns gewohnten Sachen davon empfinden. Sie Warum sie
dergleichen
vornehmen.

geben vor, daß solches von ihnen aus guter Meinung zur Nachah
mung ihres ersten Stifters Meveleva geschehe, welcher sich 15.
Tage ohne Essen und Trinken also herumgedrehet, und so lang aus
gedauert, als sein Freund Hazar auf der Pfeiffe gespiehlet, biß er
endlich ganz ausser sich selbst in eine Verzuckung kommen, in wel
cher er vieler Göttlichen Offenbahrungen theilhaftig worden, und
zugleich auch seine Ordens⸗Reguln überkommen. Nebst einigen
Eß⸗Waaren werden auch Rauch⸗Kerzen vor ihrer Kirche verkauft,
um selbige anzuzünden, und den uͤbeln Geruch, den diese Muͤnche
durch ihren vermittelst so starker Bewegung herausgepreßten Schweiß
verursachen / damit zu vertreiben. Sie sind auch gaͤnzlich persuaDer Ge
brauch der
Pfeiffen
heilig und
alt.

dirt / daß der Gebrauch der Pfeiffen heilig und gar alt seye, deren
sich auch Jacob und andere Erz⸗Vätter im alten Testament zum
Lobe GOttes bedienet hätten / glauben auch, daß ohne solches Pfeif
fen sie sich kaum dreymal wuͤrden herum wenden koͤnnen, als wor
durch sie zu diesem ungewöͤhnlichen Lob Gottes erst recht erhitzt und
aufgemuntert würden. Es hat solche Music etwas Trauriges und
Klägliches an sich / ist aber gleichwol durch den langen Gebrauch
und beständige Ubung zu so grosser Vollkommenheit gelangt, als
man von dergleichen Instrument erwarten kan. Jhre besten Pfeif
fen werden von Jconien gebracht, und eine für sechs bis acht Duca
ten bezahlt. Hingegen verwerffen die andern Türken allen Gottes⸗Verwerf
fung der
Music bey
dem Got
tes Dienst
der Türken.

Dienst, wobey eine Music gehöret wird, und wollen behaupten,
daß Meveleva sich derselbigen niemaln bedient, noch auch seinen
Jüngern und Nachfolgern solche vorgeschrieben habe; sintemaln
ein gewisses Gesetz in dem Alcoran, (ausser der Vocal-Music, die
durch Menschliche Stimme geschiehet /) alle andere bey öffentlichen
GOttes⸗Dienst verbotten habe. Es berichtet Ricaut, daß zu der Wird de
nen Der
visch
verbotten.

Zeit, da er sich zu Constantinopel aufgehalten / durch einen Kai
serlichen Befehl denen Dervisch alle Music verbotten gewesen: sie
hingegen schützen sich damit, daß solche heilig und alt seye, und fuͤh
ren das Exempel Davids zu ihrem Beweiß an, welcher auch vor
der Arche hergetanzt hätte; wie sie dann auch durch sonderbahre
Vorbitte dererjenigen, so ihren Orden geneigt sind, diese Ubung ih
res ersten Stifters noch behauptet haben/ ohnerachtet ein gewisser
Vannius, Groß⸗Scheig / oder Prediger, welcher bey dem Sul

tan

Tt 3
- 384 - 334
Drittes Buch / Achte Abtheilung /

tan und ganzem Hof in gar hohen Estime stunde, alle Kräften
angewendet, damit dieser Mißbrauch völlig aufgehebt werden
möͤgte.


Und weil die Türken keine Music in den Kirchen dulten kön
Warum
die Türken
keine Glo
cken in den
Kirchen lei
den.

nen, wollen sie eben um dieser Ursache willen auch keine Glocken da
selbst leiden, und lassen deswegen das Volk durch menschliche Stim
me von den Thürnen der Moscheen zum Gebeth beruffen, wel
Wie sie
zum Got
tes⸗Dienst
ruffen.
ches dann insgemein des Tags fuͤnfmal geschiehet, so viel Buchsta
ben nemlich das Wort Muhamet in ihrer Sprach hat, erstlich
des Morgens vor der Sonnen Aufgang, auf den Mittag zum
zweytenmal / zwischen Mittag und der Sonnen Untergang ge
schiehet es zum drittenmal / zum vierten nach der Sonnen Un
tergang, und in der zweyten Stund in der Nacht zum fünften
mal; und am Freytag setzen sie die sechste Beth⸗Stund zwo
Stund vor Mittag darzu / als welchen Tag sie zum Gedächtnuͤß
ihres Propheten feyren, der an solchem seine Lehren (Lügen solte
ich vielmehr sagen) das erstemal vorgetragen, und das Volk zu be
trüͤgen angefangen. Die Ursach aber / warum er diesen Tag vor denen
übrigen erwehlt, mag unter andern auch vielleicht diese seyn, damit,
wann er den Samstag darzu nehme, er solchen nicht mit den Ju
den, oder wofern den Sonntag, nicht mit den Christen feyren
mögte, welches beides er zu vermeiden suchte; doch trifft dieser Tag,
Türken
sind den
Christen
Anfangs
nicht feind
gewesen.
als welcher bey denen Heyden seinen Namen von der unzüchtigen Ve
nus her hat, mit ihren Naturell auch ungemein wol überein. Wie
wol die Türken denen Christen Anfangs nicht so feind gewesen / als
nach der Zeit erst geschehen, welches aus jener Bündnüß, die Mu
hamet zwischen den Christen und seinen Glaubens Genossen auf
gerichtet, nicht undeutlich abzunehmen, die so lang dauren solte, als
einer dem andern in seinem Stand lassen wuͤrde; und hievon soll die
wahre Handschrifft in dem Closter des Bergs Carmel bey dem
Berg Libanon / so nur eine Stund von Mecha entfernet ist/
gefunden worden seyn, an dem Ort / wo die Pilgram nach der
Mecha ihre Opfer, die sie Corban nennen/ noch ehe sie in die
Stadt gehen, zu verrichten pflegen. Ricaut berichtet, daß dieses
Manuscript in die Königliche Bibliothec nach Frankreich seye ge
bracht worden, ob es nun wahr / dafür lasse ich den Urheber dieses
Vorgebens sorgen / weil ich weder das Orginal noch einige Copie
da
- 385 -
Von den Tuͤrkischen Moͤnchen.
335
davon jemaln zu Gesicht bekommen / ausser diejenige / welche besag
ter Auctor anfuͤhret, wie ich sie dann von Wort zu Wort um seiner
Raritæt willen hersetzen will:


Mahomet / ein Both Gottes, gesandt, die Menschen zu„ Copie des
Bündnüß
des Muha
mets mit
den Chri
sten.

unterweisen und die wahrhaftig Göttlichen Geboth zu erklären, hat„
folgende Articuln aufgesetzt, nemlich: daß die Christliche Religion,„
die von GOtt selbst bestattiget worden, so wol gegen Auf⸗als Nie

dergang, von denen Einwohnern und Benachbarten, von denen„
Ausländern und Einheimischen, frey und ungehindert koͤnne getrieben„
werden. Allen und jeden erstbemeldten Voͤlkern hinterlasse ich ge

genwärtige Schrifft, als eine unverbruͤchliche Buͤndnuͤß und voll

kommene Entscheidung alles ins kuͤnftig zu besorgenden Streits und„
Uneinigkeit, und als ein Gesetz, wordurch die Gerechtigkeit offen

bahret, und dessen Beobachtung mit dieser auf das genauste verei

niget ist. Dannenhero alle diejenige, welche sich zu dem Glauben„
der Muselmänner bekennen, und doch diesem nicht nachkommen„
sondern nach Art der Unglaubigen dieses Bündnuͤß brechen, und„
dasjenige / was ich hiemit gebiethe, uͤbertretten werden, sollen wissen,„
daß sie die Freundschaft mit GOtt aufheben, seinen Willen wieder

streben und sein Gesetz verachten, er mag nun gleich ein König,„
Fürst, oder anderer Glaubiger seyn. Durch dieses Bündnuͤß,„
durch welches ich mich selbsten auf der Christen Ansuchen verbind

lich gemacht, so wol in meinem eigenen Namen, als auch meiner„
Jünger und Nachfolger, bin ich mit ihnen in die Freundschaft Got

tes, in den Frieden der Propheten und der ausserwehlten Aposteln,„
wie auch aller heiligen Glaubigen und Seeligen, so wol der ge

genwärtigen als zukünftigen, getretten. Ich verbinde mich dem

nach, mein hiemit gemachtes Buͤndnuͤß so heilig zu halten, als einem„
von GOtt gesandten Propheten, und vor dem Angesicht GOttes„
stehenden Engel, der sich in dem Gehorsam der Goͤttlichen Gese

tze und Befehl aufs genauste finden läßt, zustehet. Jch verspreche„
ihre Obrigkeit in meinen Ländern mit allen meinen Leuten zu Pferd„
und zu Fuß, meinen Bunds⸗Genossen und gläͤubigen Nachfolgern„
zu schützen. Jch mache mich auch verbindlich, sie wider alle ihre„
Feinde, sie möͤgen nah oder fern seyn, zu verthaͤidigen, und ihnen in„
Kriegs⸗ und Friedens⸗Zeiten Sicherheit zu verschaffen; ihre Kirchen,„
Capellen, Clöster, und H. Oerter, wo sie hin wallfarthen gehen„
sie
- 386 - 336
Drittes Buch / Achte Abtheilung /

sie moͤgen nun liegen wo sie wollen, es sey nun auf den Bergen„
oder in den Thälern, in Hölen, oder bey andern Wohnungen,„
auf den Feld oder in der Wüͤsten, oder in was für einem Gebäͤu„
es auch seyn mag, zu erhalten; ich will auch nicht weniger auf die„
Erhaltung ihrer Religion und Güter, wo sie auch immer zu fin

den, zu Wasser oder zu Land, gegen Auf⸗oder Niedergang, bedacht„
seyn, als wann es mich selbst oder meine Regierung, meine Glau

bigen und mein eigenes Volk anbeträfe. Uber dieses verspreche ich„
auch, sie in meinen specialen Schutz an und aufzunehmen und wi

der alle Gewaltthätigkeit und Verdruß, der ihnen nur immer be

gegnen könnte, zu schützen: ihre Feinde zurück zu treiben / welche ih

nen Schaden zu fügen wollen; es anzunehmen, als ob es mir selbst„
geschehen wäre, und dahero ihren Widerwäͤrtigen mit aller Macht„
zu widerstehen, es seye nun in eigener Person oder durch meine„
Bediente, und diejenige die mein Volk und Geschlecht sind. Dann„
weil ich die Herrschaft über sie führe, will es mir auch gebühren /„
sie zu verthädigen, und wider alles Unrecht zu schuͤtzen / und zu ver

hindern, daß denen Meinigen kein Leid wiederfahre, als die zu ei

nerley Zweck mit mir arbeiten. Weiter verspreche ich, daß ich sie von„
allen Anlagen / denen sich meine andere Bunds⸗Genossen durch Her

leihung ihres Gelds oder andere Beschwehrden unterwerffen müssen,„
sollen befreyet seyn, also daß sie nichts weiters bezahlen sollen, als„
was ihnen selbst gefällig, und daß sie darum auf keine Weise ver

unruhiget oder gestrafft werden koͤnnen. Kein B[i]schoff soll von seiner„
Kirche getrieben noch einiger Christ gezwungen werden / seine Reli

gion zu verlassen, noch auch die Mönche, sich aus ihren Orden„
zu begeben; man soll auch keinen Pilgram auf seiner Wallfarth,„
noch die Ordens⸗Leute in ihren Clöͤster betrüben: ihre Kirchen sollen„
nicht verstört und etwan in Moscheen verwandelt werden; sinte

maln derjenige, so sich dessen unterstehen wird, gegenwärtigen Bund„
mit GOtt bricht, seinen Gesandten sich widersetzt, und das Gesetz„
GOttes abschafft. Keinen Mönchen noch Bischoff soll man ei

nigen Tribut auflegen, noch auch einigen andern Christen, so de

nen Schatzungen nicht unterworffen, es sey dann, daß es mit ih

rem guten Willen geschehe. Den Anschlag, den man auf die rei

chen Kauf⸗Leute, Perlen⸗Fischer, Edelstein⸗Gold oder Silber

Graber oder andere reiche Christen legt, soll jährlich nicht mehr„
als
- 387 -
Von den Türkischen Mönchen.
337
als aufs höchste einen Reichs⸗Thaler austragen / und nur von de

nen eingefordert werden, die ein eigenes Hauß haben, nicht aber„
von den Reisenden, oder denenjenigen / welche mit dergleichen nicht„
versehen sind. Dann wer nach dem gemeinen Rechten und Ver

ordnung dem Kaiser etwas geben muß, soll so viel, als ein an

derer, und keinen Heller daruͤber bezahlen, wird auch von keinem„
mehr gefordert, als was er nach seinem Vermögen ertragen kan.„
Jngleichen auch sollen diejenige, deren Landschaften, Häuser, und„
übrige Einkuͤnfte dem Tribut unterworffen, nicht unmaͤßlich ange

griffen, oder mehr als andere beschwehrt werden, so gleichermas

sen die Zoͤlle zu erlegen schuldig sind. Die Bunds⸗Genossen sollen„
nicht verbunden seyn, mit den Muselmaͤnnern in Krieg wider„
ihre Feinde zu ziehen, noch mit ihnen zu streitten, noch Kundschaft„
wegen der Feinde einzuholen, angesehen man die Bunds⸗Genossen„
nicht zu Kriegs⸗Diensten brauchen soll, und gegenwärtige Buͤnd

nuͤß zu keinem andern Ende mit ihnen aufgerichtet worden, als zu ih

rem Vortheil, und Verhinderung, daß sie nicht untergedruckt wer

den: vielmehr sollen die Muselmaͤnner für sie die Wachten ver

sehen, und sie vertheidigen. Derowegen soll man sie ja nicht zwin

gen, mit in die Schlachten zu ziehen / sich den Feinden zu widerse

tzen, Pferd und Waffen darzu anzuschaffen, wo sie es nicht frey

willig thun: denenjenigen aber, die sich darzu verstehen, solle darum„
gelohnt werden. Kein Muselmann soll einen Christen veriren,„
noch mit ihm dispuriren, es ware dann aus guter Freundschaft:„
Hingegen sollen sie solche hoͤflich tractiren, und sich von aller Ge

waltthätigkeit, wie sie auch Namen haben moͤge, enthalten. Wann„
es sich zutragen wuͤrde, daß ein Christ ein grobes Laster oder sonst„
einen Fehler begehet, soll der Muselmann ihm beystehen, ihme„
Gnade auswürken helfen / Bürge für ihn stehen, und seine Sa

che wiederum auf guten Weeg bringen; er mag auch so gar sein„
Leben mit Geld loͤsen, dafuͤr er dann auch nicht verlassen noch ohne„
Hülfe bleiben wird, wegen des mit ihnen aufgerichteten Göͤttli

chen Bunds: sie sollen mit den Muselmaͤnnern Gutes und Bö

ses geniessen, gleichwie auch diese ihres Glücks und Unglücks„
sich theilhaftig machen: ihr seyd also vermoͤg dieses auf rechtmaͤßi

ges Ansuchen der Christen aufgerichteten Tractats, und der schul

digen Sorgfalt gemäß, solchen in seiner Kraft zu erhalten, verbun

den,

Uu
- 388 - 338
Drittes Buch / Achte Abtheilung /

„den, sie wieder Verdrüßlichkeiten zu schüͤtzen, ihnen alle möͤgliche
„Dienste zu erweisen, und euch also aufzufüͤhren, daß ihr als Mu
„selmänner euch ihres guten und widrigen Glüͤcks theilhaftig ma
„chet. Jhr solt üͤber dieses darauf bedacht seyn, daß ihnen im An
„sehen der Ehe keine Gewaltthätigkeit geschiehet, und weder die El
„tern gezwungen werden, ihre Tochter denen Muselmaͤnnern zur
„Ehe zu geben / noch darum Verdruß leiden muͤssen, weil sie einem
„seinen Sohn oder Tochter abgeschlagen / angesehen dieses eine Sache,
„die lediglich auf den freyen Willen ankommt, und mit gutem und
„freudigen Gemüth soll vorgenommen werden. Geschiehet es aber,
„daß eine Christin einen Muselmann zur Ehe nimmt, soll ihr ihre
„völlige Gewissens⸗Freyheit gelassen und vergoͤnnet werden, ihrem
„geistlichen Vatter Gehorsam zu leisten, und die Unterweisung ih
„res Glaubens von ihm anzunehmen, ohne daß sie jemand daran
„verhindern könnte. Man lasse sie demnach deswegen in Ruhe und
„ungekränkt / drohe ihr auch nicht mit der Ehe⸗Scheidung / noch su
„che sie von ihrem Glauben abwendig zu machen; wer sich des Ge
„gentheils gelusten läßt, verachtet den Bund mit GOtt / wider
„strebt dem von seinem Gesandten aufgerichteten Tractat, und ste
„het in der Zahl der Lügner. Wann die Christen ihre Kirchen, Clö
„ster oder andere Oerter, wo sie ihren GOttes⸗Dienst halten, ver
„neuern wollen, und dazu der Hüͤlfe und Beystand der Muselmaͤn
„ner bedürftig sind, ist ein jedweder gehalten / nach seinem Ver
„mögen dasjenige beyzutragen, und ihnen zu geben, was sie verlan
„gen, ohne Absehen auf einige Wiedererstattung, noch vielweniger
„um Gewinsts willen, sondern umsonst zum Anzeichen der Ge
„wogenheit gegen ihre Religion, und des Gehorsams gegen dem
„durch den Gesandten Gottes aufgerichtetem Tractat, indem sie sich
„diejenige Verbindlichkeit vorsetzen / welche sie haben, demselbigen
„auf das genauste nachzuleben. Sie sollen demnach keinen, so un
„ter den Muselmäͤnnern lebt, unterdrucken, nicht hassen, noch
„zwingen Briefträger oder Wegweiser abzugeben, noch einige Ge
„waltthätigkeit erzeigen; dann welcher dergleichen Tyranney an ihnen
„ausüben würde, ist billich für einen Tyrannen und Feind des Ge
„sandten GOttes und der seinen Geboten widerstrebt, zu halten.
„Dieses ist zwischen dem Mahomet, den Boten Gottes, und de
„nen Christen aufgerichtet worden. Die Bedingungen / mit welchen
ich
- 389 -
Von den Türkischen Mönchen.
339
ich sie in ihrem Gewissen darzu anhalte / sind folgende: daß kein„
Christ einen Soldaten, zum Nachtheil der Muselmaͤnner, unter

halte, auch dergleichen weder öfentlich noch heimlich in seinen„
Hauß aufnehme; daß sie keinen Feind der Muselmänner eine„
Zuflucht verstatten, noch in ihren Häusern / Kirchen oder Clöstern„
verwahren; daß sie die feindliche Armeen nicht heimlich mit Mann

schaft, Waffen und Pferden versehen, auch keine Gemeinschaft„
weder mit Brieffen noch einige andere Weise mit ihnen halten,„
sondern sich an einem sichern Ort verbergen, und auf ihre und ihrer„
Religion Erhaltung bedacht seyn; daß sie drey Tag hinter einan

der allen Muselmaͤnnern für sich und ihr Viehe Unterhalt ver

schaffen, und dieses nach Nothdurft mit allerhand Fleisch; sollen„
auch alle Kräften anwenden, sie, wann sie angefochten werden,„
zu defendiren, und vor allem Verdruß zu bewahren. Wann üͤber„
dieses ein Muselmann sich in ihr Hauß verbergen will, sollen sie„
ihme dieses ungehindert zu lassen, und der ihm angedrohten Gefahr„
entziehen, ohne daß sie ihn dem Feind anzeigen. Wo aber die Chri

sten eines Theils Glauben halten wuͤrden, so sollen doch alle die

jenigen, welche auch nur einen aus diesen Puncten, was es auch für„
einer sey brechen, und das Gegentheil thun werden/ dererjenigen„
Vortheile, die in diesem mit GOtt und seinem Gesandten gemach

ten Bund enthalten, verlustigt seyn, und für unwuͤrdig angesehen„
werden, daß sie des denen Bischöͤffen und Christlichen Moͤnchen„
veraccordirten Nutzens geniessen: die Gläͤubigen aber derer, so in„
dem Alcoran enthalten sind. Jch beschwehre demnach mein Volk„
im Namen GOttes und seines Propheten, daß sie diesen Vertrag

treulich halten und erfuͤllen, wo sie sich auch immer aufhalten moͤ

gen, wofür sie auch der Gesandte GOttes belohnen wird, dafern„
sie nur trachten werden, daß sie solchen bis auf den Tag des Ge

richts und Ende der Welt unverbruͤchlich nachkommen.„
Die
Zeugen dieser Bedingungen, welche Mahomet, der Bote GOt
tes, hierbey gebraucht, sind: Abubacre Assadiqu. OMar Be
nalcharab. Jthman Ben Afan. Atiben Abi Taleb / sammt
noch mehr andern. Der Secreatair aber, so dieselbige unterschrie
ben, ist: Moavia Ben Abi Sofian / ein Soldat des Boten
GOttes. Am letzten Tag des vierten Monats / im vierten
Jahr der Hegira / zu Medina.


Es

Uu 2
- 390 -

340
Drittes Buch/ Achte Abtheilung /

Es bedeutet aber Egira oder Hegira, welches die Araber
Hegira
was es be
deutet.

Hegirathi nennen, eben so viel, als eine berühmte Flucht / und ist
eine Zeit⸗Rechnung, nach welcher die Muhametaner ihre Zeit
austheilen, gleich wie die Christen von der Geburt Christi, und
die Juden im Alten Testament von der Suͤndfluth, oder der Ge
burt Abrahams, oder auch von dem Ausgang aus Egypten/
der Auferbauung des Tempels zu Jerusalem und andern
herrechnen. Es ist aber dieser falsche Prophet in Arabien geboh
ren worden, und weil er sich furchte, er duͤrfte um der von ihm er
regten Aufruhr willen gestrafft werden, ist er vermittelst der Flucht
seinen Nachstellern entgangen, und hat sich von Mecha nach Ja
Zeitrech
nung der
Türken.
tribum begeben. Aus dieser Flucht nun haben seine Nachfolger
Gelegenheit genommen, ihre Jahre zu rechnen, welche, wie ich bey
Erwehnung des Bairams gedacht, aus zwölf Monaten, den
Monds⸗Lauf nach gerechnet, bestehen. Diese Jahr⸗Rechnung hebt
sich den 16. Julii im Jahr Christi 622. unter der Regierung Kai
sers Heraclii, und Clotarii II. Königs in Frankreich, da Pabst
Honorius den Päbstlichen Stul besessen, an einem Freytag an: wie
wol einige den Anfang der Hegiræ, auf den 15ten Julij an einem
Donnerstag machen; ist aber wahrscheinlicher, daß man mit dem
folgenden Tag, den die Tüͤrken zu feyren gewohnt sind, den An
fang machet. Es trifft auch eben diese Jahr⸗Rechnung ein mit dem
1370ten des Nebonassers / und dem 1335ten der Julianischen.
wie auch mit dem 4382ten der Juden: Und so viel von der Hegy
ra. Unterdessen schließt der Muhamet seinen aufgerichteten Bund
folgender Gestalt: GOtt sey derjenigen Lohn/ welche Zeu
gen bey dieser Verfassung gewesen. Ehre sey GOtt/ der
da ist der HErr und Schöpfer aller Dinge. Man trifft in
Türken
sind nicht
mehr so
grausam
als vor
diesem.
dessen bey denen Türken keine solche Grausamkeit mehr an, als sie in
den mittlern Zeiten bezeigt haben, in welcher sie dafür gehalten, es
seye ein besonders Liebes⸗Werk und höchst löblich, wann sie einen
Christen nicht nur im Krieg, als dessen sie noch heut zu Tag per
suadirt sind, sondern auch um der geringsten und wol gar keiner Ur
sach willen umbrächten, wordurch sie ihre Cron mit so viel Rosen
und Edelsteinen vermehrten, als sie Christen todt geschlagen hätten.
Nunmehr haben sie durch den Umgang mit andern Leuten sich eine
gütigere Aufführung angewehnt, und ist noch Hoffnung / daß ein
so
- 391 -
Von den Türkischen Mönchen.
341
so bluͤhendes Reich ihren Jrrthum ablegen, und der Kirche, wie auch
ihren rechtmäßigen Herren / dem Römischen Kaiser / völlig
wiederum werde zugebracht werden/ wann nur auch die Christli
che Fürsten ihren gegen einander tragenden Haß und Neid fahren
lassen, und solches hochwichtige Werk selbst mit Ernst zu befoͤrdern
trachten, um welches, daß es bald geschehe, alle rechtschaffene Chri
sten den Höchsten unermüdet anflehen sollen.


Damit ich aber in meiner oben angefangenen Erzehlung fort
fahre, wende ich mich wiederum zu denen Moͤnchen, welche nach
einem Stund⸗langen Herumdrehen auf die Knie gefallen und den
Kopf fast bis zur Erden gebeugt haben; und in solcher Positur ha
ben sie eine Zeitlang mit Verrichtung ihres Gebets zugebracht, nach
dem sie zwar ihre vorher abgelegten Ober⸗Röcke wieder angezogen,
damit nicht der durch die Bewegung erregte Schweiß wegen so schleuni
ger Veränderung durch die noch nicht zu geschlossene Schweiß⸗Loͤcher
zurück in den Leib schlagen mögte. Alsdann fiengen sie wiederum
einen neuen Dantz in folgender Ordnung an: Es gingen alle bey dem Wieder
holter
Dantz der
Dervisch.

Alcoran in gleicher Linie, und zwar nach dem Alter vorbey, also
daß die Aeltern vorangingen, die Juͤngern aber nachfolgten, welches
abermal um dieser Ursach willen also angegeben ist / damit die An
fänger, die solcher Strapazzen noch nicht gewohnt, nicht so abge
mattet werden, wann sie zu letzt anfangen, angesehen unter ihnem
junge von acht, zehen bis zwölf Jahren sich befinden, welche es ih
ren Vätern und Erwachsenen perfect nach zu thun wissen. Wann
sie nun zu dem Alcoran kommen, bleiben sie alle daselbst stehen,
und gehet endlich einer nach dem andern vorbey, also daß der erste,
so vorbey gegangen / und sich vor dem Buch gebeuget, alsobald an
fängt sich wiederum in Creiß herum zu drehen, wobey er dann im
mer weiter fortrucket, damit der ander folgen kan. Wann nun
der erste, zweyte, dritte und so weiter gefolgt, kommen sie nach
und nach in der Mitte zusammen, und formiren zugleich damit ei
nen Reihen, da alsdann keiner mehr von der Stelle weicht, son
dern auf einerley Ort bleiben und sich herumdrehen, doch dauret
diese Kurzweil füͤr diesesmal bey weitem nicht so lang, als Anfangs.
Wann nun dieses vorbey, nehmen sie ihre Mantel wieder, bitten Ceremo
nien nach
dem Dantz

GOtt um die Bekehrung der Jaouren oder Unglaͤubigen zum
Tür

Uu 3
- 392 - 342
Drittes Buch / Achte Abtheilung /

Türkischen Glauben, gehen den Alcoran nochmal dreymal vor
bey, und kuͤssen so dann erstlich ihrem Vorsteher / so dann auch ih
nen unter einander zum Zeichen der Demuth und Brüͤderlichen Lie
be die Hände; wobey sie wieder die Ordnung halten, daß der, so zu
erst stehet / nur allein dem Obersten, der Zweyte dem Obersten,
und dem, der zu erst stund, und so ferner ein jeder denen, die ihm
vorgegangen, die Hände kuͤßet: so finden sich auch andere, so nicht
aus dem Orden sind, haͤufig ein, bey diesem Vorsteher zum Hand
Kuß gelassen zu werden. Zu letzt tritt einer, so schon darzu bestellt
ist, aus der Ordnung herfuͤr, nimmt das sc. heilige Buch, verehrt
es mit einem Kuß, steckt es unter den Arm, gehet damit vor den
Obern her, dem so dann alle folgen, und auf solche Weise fuͤhret er
sie aus der Kirche wiederum ins Closter. Diese Dervisch haben
noch ein anders Closter, und beruͤhmte Moschee in Egypten, zu
Cheberles
ein Heili
ger bey den
Dervisch.
Teke Thioi / wie sie dieses Ort auf ihre Sprach nennen, woselbst
sie weiß nicht was für einen Chederles verehren, den sie unserm
H. Georg gleich machen, und eben dasjenige von jenem, was wir
von diesem, erzehlen, wie dieser starke Held durch Erlegung eines
ungeheuren Drachens eine ihm vorgeworfene Jungfrau erlediget /
Nattern, Schlangen und andere dergleichen vergiftete Thiere bey
seinen Lebs⸗Zeiten umgebracht, nach seinem Tod aber von GOtt zu
einem Erhalter dererjenigen vorgestellt worden, die in ihren Noͤthen
ihre Zuflucht zu ihm nehmen. Er wird insonderheit für einen Patron
der Schiffbruch⸗Leidenden gehalten, als denen er mächtig zu statten
komme, weswegen sie ihm auch das Vermöͤgen zu schreiben, daß er
in einem Augenblick von einem Ende der Welt zum andern kommen
könne, damit er allen, die seine Hülfe bedüͤrftig wären, desto eil
fertiger beyspringen könnte. Sie erzehlen auch von ihm, wie er ein
Gefehrt und Freund Alexanders des Grossen gewesen, weil er
gleichfalls an Kriegen und Schlachten einen Gefallen gehabt: so brin
Dessen Un
sterblich
keit.
gen sie auch viel Fabelhaftes von einem gewissen Fluß vor / zu wel
chem er einen sehr weiten Weeg gereißt wäre und die Unsterblichkeit
daraus getrunken hätte; desgleichen von einem Pferd / auf welchem
er nach erhaltener Unsterblichkeit allenthalben herum reite, und wie
dasselbige / nachdem es gleichfalls aus besagten Fluß getrunken, un
sterblich worden. Sie eignen aber seinem Pferd darum so herr
lich
- 393 -
Von den Türkischen Mönchen.
343
liche Eigenschaften zu, damit sie ihre Fabel desto wahrscheinlicher
machen möͤgen, angesehen sie ihm eine so grosse Geschwindigkeit zu
schreiben, die selbst der Menschen Gedanken uͤbertrifft / und nach
welcher er in einem Augenblick allenthalben seyn kan. Ferner erzeh
len sie / daß von dem Harn dieses Pferds, den es absonderlich in
dieser vornehmsten Moschee in ganz Egypten von sich gelassen,
ein Brunnen des allerreinsten Wassers entsprungen sey, der auch
noch heut zu Tag daselbst angetroffen wird; mich wundert nur, daß
sie solchen nicht auch eine besondere Kraft fürs Fieber, Flecken,
Flüsse, Blödigkeit der Augen, Schwindel und andern Kopf⸗ und
Augen⸗Schmerzen zugeschrieben, wie sie doch von jener Erde und
Steinlein, auf welchen Chederles gestanden, als er auf den Dra
chen gewartet, zugeeignet, oder auch den Graͤbern, in welche sei
ne Cameraden, der Stallmeister, und seiner Schwester Sohn ge
legt worden, von denen sie vorgeben / daß täͤglich viele neue Wun
der sich daselbst zutruͤgen, und diejenige mit vielen himmlischen Wol
thaten überschuͤttet wuͤrden / so in gutem Vertrauen und Zuversicht
ihre Zuflucht dahin nehmeten. Jedoch sie haben diesem Pferd gleich
wol etwas anders und viel Würdigers zugesprochen: sie haben es
nemlich füͤr seelig gepriesen, und unter diejenige drey Thiere ins PaDessen
Pferd wird
in den Him
mel logirt.

radeis gesetzt, welche die Tüͤrken in gar hohen Werth halten, nem
lich zu der Eselin / auf welcher unser Heyland geritten; zu dem
Camel, daß dem Mahomet getragen, und zu dem Hund, der bey
den sieben Schlaͤfern gewacht. Mit eben solcher Richtigkeit be
haupten sie auch, daß diese Moͤnche die Schlangen und Nattern
zam machen köͤnnen, welche Kunst ihnen Chederles soll gelehrt ha
ben; weswegen sie denn so sicher mit ihnen, als wir mit unser Hun
den oder andern zamen Hauß⸗Thieren oder Voͤgeln, umgehen. Al
lein ich habe von glaubwuͤrdigen Leuten gehöͤrt, denen auch Ricaut
beyfällt, daß nicht allein die Dervisch in Egypten diese Kunst koͤnEgyptier
gehen mit
den Schlan
gen ohne
Schaden
um.

nen, sondern auch andere Leute daselbst sich vor den giftigen Schlan
gen⸗ und Drachen⸗Bissen nicht füͤrchten, sondern die Nattern, wie
wir die Korn⸗ und Regen Wüͤrmer mit den Häͤnden fassen / und aus
ihren Säcken heraus ziehen, woruͤber sich eben nicht zu verwundern,
dann weil diese Landschaft allenthalben mit giftigen Thieren ange
füllt - 394 - 344
Drittes Buch / Achte Abtheilung /

füllt, so daß bey grosser Sonnen⸗Hitze wegen Menge dieses gifti
gen Gezeugs ein Unbekannter sich nicht dazu nahen darf, weil sie,
so zu reden, mit diesem Ungeziefer nicht genugsam bekannt: so sind
sie doch derer, die sie täͤglich sehen, welche bestäͤndig mit ihnen um
gehen, und ihnen ihre Nahrung reichen, so gewohnt, daß sie ih
nen niemaln einiges Leid zufügen. Um eben dieser Ursach willen
kommt uns dieses auch so seltsam nicht für / wann Leute Bären,
Wölfe, Löwen, Tiger und andere wilde Thiere in den Ländern her
um führen, als die ihre Führer nicht allein nicht beschädigen,
sondern ihnen auch schmeicheln, und auf ihr Geheiß jederzeit pari
ren. Es gibt auch einige, welche die Schlangen auch nur mit einem
einigen Wort bannen, und wann sie von dem Nil⸗Fluß wegkrie
chen, alsobald still stehend machen koͤnnen, deren einige behaupten,
daß ihnen dieses von ihrer Famille erblich zukomme, so daß diese
Kraft von dem Vater auf den Sohn erbe: andere aber meinen,
sie hätten solche Macht durch ihre besondere Heiligkeit er
langet.


Jedoch wir haben nunmehr von den danzenden Moͤnchen ge
nug gehört / nun wollen wir uns von Pera nacher To
Heulende
Mönche
oder Kadri
ten.
phana zu denen Heulenden begeben. Daselbst haben sie
zwey Clöster / in welchen sie ihre Andacht verrichten, ich bin aber
nicht mehr als in einem einigen und zwar demjenigen gewesen, so
in dem obern Theil der Stadt liegt. Von diesen glaube ich,
daß es nicht so wol ein Orden, als vielmehr eine Versammlung ge
wieser Leute seye, die ihren GOttes⸗Dienst auf eine gewisse Art ver
richten, dergleichen Brüderschaften in unserer Römischen Kirchen
viele anzutreffen, welche zur Verehrung der Heiligen, um unter
schiedliche Sachen von ihnen zu erbitten, gewidmet, und deren so
viel, als Geistliche Orden seyn. Wenigstens habe ich viel bekannte
Janitscharn / Spahi und andere verehlichte Türcken unter die
Jn diesem
Orden
werden al
lerhand
Manns⸗
Personen
genommen.
sen Leuten / die man Moͤnchen nennet, gesehen, so ihre Raserey
mit gemacht, also daß ich nicht unbillig dafür halte, wie ausser den
Weibern, welche darzu nicht kommen darfen, allerhand Personen
von verschiedenen Alter / Stand und Herkommen, so es begehren,
und die Strengigkeit und Pflichten dieses Ordens uͤber sich nehmen
wollen / darzu aufgenommen werden. Einige, wie wol gar wenige,
sind
- 395 -
Von den Türkischen Mönchen.
345
sind in ihrer Tracht den Dervisch nicht viel ungleich gewesen, die
nemlich den Reihen gefuͤhrt, und andern mit ihrem Exempel vorge
gangen, und von diesen, glaube ich / habe Ricaut, in seiner Ottomanni
schen Historie, im Ilten Buch / 16ten Capitel gehandelt, wo er
schreibt / daß diejenige, welche in diesen Orden tretten wollen, zu
anfangs gewisse Proben von Fasten und Enthaltung nach und nach
Mässen ih
re Speise
nach einem
Stüͤck Holz.

machen müsten. Zu diesen Ende, sagt er, wuͤrde denenjenigen, so
aufgenommen worden, ein 400. Drachma oder 50. Unzen schweh
res Weiden⸗Holz gegeben, so noch ganz grün ist, welches sie bestäͤn
dig an ihrem Guͤrtel tragen, und ihre Speise nach dessen Schweh
re abwägen, also daß ihre Portion Brod von Tag zu Tag abnimmt,
weil auch das Holz, wie leicht zu erachten, täglich truckner und
leichter wird. Er gibt auch vor, daß ein jeder des Jahrs einmal Deren
Geistliche
Ubung.

schuldig sey, vierzig Täge auf die geistliche Ubung zu wenden, oder,
welches eben so viel, seine Sinne und Gedanken von allen weltli
chen Dingen abzuziehen, und einig und allein auf GOTT zu rich
ten. Zu dem Ende werden sie ganz allein in eine Zelle geschlossen,
darinnen sie weder die Sonne noch einiges anderes Licht sehen köͤn
nen. Den Tag verwenden sie alsdann auf Betrachtungen der him
lischen und ewigen Dinge, und was ihnen zu Nachts träumt, beob
achten sie gar eigentlich, davon sie ihren Obern mit allen Umstaͤn
den genaue Rechenschaft geben, welche es ihnen so dann erklären,
damit sie es verstehen moͤgen, woraus sie hernach die kuͤnftigen
Dinge beurtheilen und vorsagen. Es nennt sie obgedachter Autor
Wein⸗Säufer und arglistige Betrüͤger, die ihre Geheimnisse nie
mand, als die ihres Ordens sind, offenbahren, uͤbrigens aber alle
andere hinter das Licht fuͤhren. Um den Rock tragen sie einen GüͤrHabit.
tel, haben lange unbeschohrne Haare, wormit sie von den Dervisch
unterschieden werden, als die ganz geschoren sind; von den üͤbrigen
Türken distinguiren sie sich damit gleichfalls / weil diese Zöpfe auf Warum
sich die Tür
ken Zöpfe
am Kopf
stehen las
sen.

den Köͤpfen tragen, damit der Scharf⸗Richter diejenige / so eines ge
waltsamen Todes sterben sollen, bey dem Bart zu ergreifen nicht noͤ
thig habe, wann er nichts anders fäͤnde, woran er die Hand legen
könnte; sintemaln die Türken den Bart für heilig halten, und wo
einer von denen streitenden Partheyen bey seinem Bart schwehret,
und zugleich solchen mit denen Handen ergreift/ mag der andere sei
ne Sache nur für verlohren schätzen. Andere bringen dieser Zöͤpfe
wegen

Xx
- 396 - 346
Drittes Buch / Neunte Abtheilung /

wegen eine andere Ursach vor, wann sie sagen, daß sie darum mit
versehen wären, auf daß / wann sie mit dem boͤsen Feind streiten,
welcher Streit, nach einiger Meinung, bis auf den jüngsten Tag
dauert, ihr guter Engel sie bey demselbigen halten köͤnne, damit sie
nicht zur Erden fallen; und dieses bilden sich einige so fest ein, daß sie
ihre Pfaffen und die armen Leute, welche darzu gemuͤthet, daß sie
für die Eltern und Anverwandten bey dem Grabe beten sollen, viel
reichlicher belohnen, wann sie erdichteter Weise behaupten, wie sie
gehört, daß die Verstorbene in der Erde ein scharfes Treffen mit
dem bösen Feind gehalten, und doch allezeit den Sieg davon getra
gen hätten.



Jhr Ur
sprung.
Es kamen aber diese Kadriten von dem Chalvetis her, de
ren sechs verschiedene Gattungen gezehlt werden, nemlich die Ni
methulaner / Halender / Edhemiten / Hezreviten / Bectassi
ten und diese Kadriten / wie sie Ricaut her erzehlt; und wer von
deren Reguln und Sitten mehr zu wissen verlangt, kan bey eben

Stifter.
diesem Autor nachschlagen. Jhr Stifter war ein gewisser Abdul
Kadri Ghilani / welcher wegen seiner Klugheit und Mässigkeit
in Speiß und Trank in gar grosser Hochachtung bey ihnen stunde;
dessen Grab ausserhalb Babylon anzutreffen und von gar vielen
besucht wird. Von diesem erzehlen sie, daß er das Wort Ai / wel
ches so viel als lebendig heißt, und eine Goͤttliche Eigenschaft be
deutet, so oft und mit solcher Gewalt und Eifer ausgesprochen / daß
davon die Adern auf seiner Brust auf⸗ und das Blut an die Wand
gesprungen, welches das Wort Ai zum öftern abgebildet hätte.
Seine Schüler wissen es ihn vortrefflich nach zu machen, indem sie
nicht nur dieses Wort Ai / sondern auch Allahu / Medad Allah /
Rachel Allah / Evick / und andere mehr, die ich eben nicht recht
verstehen köͤnnen / weil ich ohne Dolmetschen dazumal zugegen /
und nur von einigen aus unsern Adel begleitet gewesen, so stark sie
nur immer köͤnnen, ausruffen. Die Moschee zu Tophana ist
etwas grösser, als jene zu Pera / wo die Dervisch zu danzen pfle
gen / und können etliche hundert Personen darinnen Platz finden,
ist aber nicht gewölbt, hingegen statt des Gemäͤhls mit Elen langen
Buchstaben rings herum beschrieben. Wann nun die / so in diese
Gesellschafft aufgenommen sind, sich versammlet, worinnen sie mit

GOttes
Dienst.
den Dervisch fast einerley Zeit halten, legt ihr Vorsteher eine Pre
digt - 397 -
Von den Tüͤrkischen Mönchen.
347
digt ab; nach solcher steigt er von der Canzel, und begibt sich in die
Mitte der Versammlung / alsdann fangen einige / die noch immer
auf ihren eingenommenen Stellen still sitzen, an zu singen, doch oh
ne Musicalische Instrumente, und nicht, wie Ricaut vorgibt, bey
dem Gethön der Pfeiffe; unter diesen Singen wanken sie, wie die
Gänse, von einer Seiten zur andern / dabey sie dann die Stimme
bisweilen erheben, und einen Anfang ihres Heulens machen. Als
dann tretten einige in die Mitte, woselbst es alles mit Lämmer⸗Fel
len bedeckt ist, die sie aber mit Händ und Füssen hinweg stossen.
Hernach schliessen sie einen Kreiß um ihren Vorsteher, der auf der
Erden sitzet, fassen einander bey den Häͤnden, lauffen in der Run
de herum, und stimmen ihre Geschrey und Heulen recht an. Hier
zu kommen noch viel andere, von einem gleichen Eifer ange
trieben / so daß endlich drey, vier und noch mehr grosse Krei
se formirt werden, da zuvor nur ein einiger mittelmaͤssiger gewesen.
So lang sie noch nicht erhitzt sind, halten sie bey dieser ihrer grossen
Narrheit gleichwol gar gute Ordnung, aber nachgehends gehet alles
darunter und daruͤber: sie gehen aus ihrer Ordnung, springen in die Unsinnige
Bewegung

Höhe, legen ihre Arme auf andere/ lauffen wie die unsinnige Bac
chus-Priesterinnen herum/ als wann sie naͤrrsch und thöricht waͤ
ren, sie drehen den Kopf wie ein Rad um, legen die Kleider ab,
werfen vor Hitze Hüte und Hauben von sich, stossen die Erde mit
Füssen / schlagen die Hände in der Lufft zusammen, und bemuͤhen
sich dermassen, daß der Schweiß durch alle Glieder dringt, und sie
aussehen, wie der Hund, der nach dem Pruͤgel gelauffen; ja es ist
diese ihre Bewegung so gar heftig, daß ihnen das Blut zu Mund
und Nasen heraus schiesset, machen auch mit ihrem Geschrey, wo
von sie zwar vorher etlichmal still gehalten, nicht eher ein Ende, als
bis die meisten aus Schwachheit, wie tod darnieder fallen: welche
aber noch stäͤrker, und durch diese Strapazzen nicht so gar mit ge
nommen sind, ruffen noch zu guter letzt die zwey Worte: Alla hu / Ob sie ein
Clösterli
ches Leben
führen.

er ist GOTT/ hundert und siebenzigmal aus, und machen damit
ihrer närrschen Andacht ein Ende. Viele halten dafür, daß dieje
nige, so aus diesen Haufen, der, wie es der Augenschein mit sich
bringt, aus allerhand Art Leuten bestehet, ein Clösterliches Leben
führen, auch des Nachts zum Beten aufstehen / und davon einen gu
ten Theil mit Herumspringen nach der Pfeiffen, und unaussetzlichen
Aus

Xx 2
- 398 - 348
Drittes Buch / Neunte Abtheilung /

Ausruffung des Worts Ai / zu bringen, ob es nun wahr, kan eben
so gewiß nicht behaupten, als dasjenige, was ich selbst mit meinen
Augen gesehen / und mit meinen Ohren angehört habe. Dann bey
ihren nächtlichen GOttes⸗Dienst bin ich niemal gewesen, und ob
mich schon meine Curiosité darzu verleitet hätte, so hat es doch das
argwöhnische Gemüth dieses Volks, die Unsicherheit der Strassen,
die Finsternis der Nacht und andere Gefahr nicht zu lassen
wollen.


Neunte Abtheilung.



Merkwür
dige Anti
quitäten
in Constan
tinopel.
NAch eingenommener Besichtigung der Moscheen und erhal
tenen Bericht von der Türckischen Mönche GOttes
Dienst will ich nun den geneigten Leser auf den Renn
Platz und andere merkwüͤrdige Oerter der Stadt fuͤhren, um zu
gleich einige Stücke des Alterthums, die aus so vielen Stein⸗Hau
fen des alten Bysanz übergeblieben / gleichfalls vor Augen zu
legen. Dabey aber muß man von mir nicht erwarten, daß ich
alle Hügel / Gegenden / Götzen⸗ und Wahrsagers⸗Tempel /
des Bacchus / Neptunus / der Concordia / des Amphiaraus /
der Diana / Venus / des Castor und Pollux / des Hormisda
und Justiniani Hauß, den Pallast der Placida / das Rath⸗Hauß
des Constantinus / des Samson und Eubulus Spitäler, die
Speiß⸗Kammer der Magnatura und Blacherna / die Säulen
und Statuen der Fenus aus Cuidus / Juno von Samos / Minerva
aus Lydien / der Eudoxia und des Mauritius, nebst tausend andern
Sachen auf dem Nagel her erzehlen werde, sondern es mag für die
sesmal genug seyn, wann ich die zugespitzte, und noch eine andere
ungeheuer grosse zusammen gesetzte Säule / samt einer lang striemich
ten aus Ertz gegossenen mit meiner Feder entwerfe, als welche alle
drey noch heutiges Tags auf dem Renn⸗Platz zu sehen sind; welchen
ich noch des Arcadius-Saulen, so auf dem Xerolphus oder sieben
den Berg stehet, und noch einige Stücke, die nach der Zeit einer
Säule auf
dem Hip
podromus.
Veränderung unterworfen gewesen, beyfügen will. Gleich An
fangs fällt uns die zu gespitzte Saule in die Augen / welche bis
jetzo noch mitten auf dem grossen Renn⸗Platz, den die Grichen
Hip
- 399 -
Von den Merkwürdigk. in der Stadt Constantinopel.
349
Hippodromus nennen, zum Ziel da stehet; ob aber der Kaiser
Severus / nachdem er sich mit denen Bysantinern wiederum
verglichen, diese Renn⸗Bahn aufgerichtet, welches mit Zonaras al
le jüngere Scribenten behaupten; oder ob Kaiser Constantinus der
Grosse sie folgends ausgebauet und geziert habe / wie Zosimus, ein
alter Geschicht⸗Schreiber vorgibt, davon kan ich nichts gewisses
decidiren. So kommen auch die Scribenten wegen der Zeit und des
Urhebers so wenig als mit dem zu erst eingenommenen Platz aller
dings überein. Die alten Beschreibungen dieses Lands setzen die ge
spitzte Thebaische viereckichte Saͤule in die fuͤnfte Gegend der
Stadt, weswegen viele auf die Gedanken gekommen, es sey selbige
nach gehends von Kaiser Theodosius aus jener in die Dritte ver
setzt worden, wiewol ihn nicht wenige für derer Erbauer selbst hal
ten. Doch gesetzt auch, es habe dergleichen Saͤule in der füͤnften
Gegend gestanden / so hat gleichwol diese von erst gemeldtem Kaiser
in der dritten können aufgerichtet und noch eine andere von
Herrn Anton Prioli nacher Venedig gebracht werden. Es ist Deren Ma
terie.

aber diese Säule aus Thebaischen Stein gemacht, und siehet
aus / als ob es von unterschiedlichen Stuͤcken Marmel zusammen
gesetzt wäre, die weiß nicht durch was für eine Kunst an einander
befestiget worden, es muͤste dann seyn / daß es vermittelst des See
Wassers geschehen, als durch welches ich allerhand Muscheln, Au
stern Schwammen und andere dergleichen Sachen in Stein ver
wandelt gesehen. Jhre Figur, wie schon gemeldet, ist viereckicht, und
völlig mit Hieroglyphischer Schrifft, (deren Bilder eine verbor
gene Bedeutung haben,) umschrieben. Eine jede Seite ist unten Grösse.
ungefehr sechs Werk⸗Schuh breit; die Säulen selbst aber stehet
auf vier von Ertz gegossenen Würfeln / die auf dem Fuß oder Blat
ten der Saͤulen an den vier Ecken liegen / und anderthalb Schuh
breit und hoch sind, auf denen so dann diese ganze Lust ruhet. An
den Seiten der Fuß⸗Blatten siehet man auch unterschiedliche Bilder
die theils Röcke / theils Schilder tragen, nicht weniger mit zwey und
vier Pferden bespannte Wäͤgen, Mäͤnner, und danzende auf Cym
beln spielende Weiber; auf derjenigen aber, die gegen Aufgang sie
het, lieset man folgendes Lateinisches Epigramma, wovon zwar
die Buchstaben schon etwas ausgeloͤscht, jedoch noch also beschaffen
sind,

Xx 3
- 400 - 350
Drittes Buch / Neunte Abtheilung /

sind, daß man sie zusammen setzen und lesen kan / der Jnhalt davon
lautet also:


Difficilis Quondam Dominis Parere Serenis,
Jussus Et Extinctis Palmam Portare Tyrannis,
Omnia Theodosio Cedunt: Subolique Perenni;
Ter Denis sic Victus Ego Duobusque Diebus,
Judice Sub Proclo Sublime Elatus Ad Auras.


Es hat zwar Peter Gyll das Wörtlein Ego in dem vierten Vers
ausgelassen, welches ich aber mit noch viel andern gar deutlich lesen
können; es müste dann sey, daß man es nur für einen Druck⸗Feh
ler halten wolte. Ein anderer aus den neuern hat sich unterstanden,
den Vers noch besser zu machen, und deswegen an statt duobusque,
domitusque gesetzt, dieses aber wider die Meinung des Verfassers
vorgenommen, wie aus der Grichischen Aufschrift zu lesen / welche
auf der Seite gegen Niedergang in nachfolgenden Worten enthal
ten ist.


ΚΙΟΝΑ ΤΕΥΡΑΠΛΕΥΡΟΝ ΑΕΙΧΘΟΝΙ ΚΕΙΜΕΝΟΝ ΑΧΘΟΣ
ΜΟΥΝΑΣ ΑΝΑΣΤΗΣΑΣMOTNAX ANAZTHΣAΣ ΘΕΥΔΟΣΙΟΣ ΒΑΣΙΛΕΥΣ
ΤΟΛΜΗΣΑΣ ΠΡΟΚΛΟΣ ΕΠΕΚΛΕΤΟ ΚΑΙ ΤΟΣΟΣ ΕΣΤΗ
ΚΙΩΝ ΗΛΙΟΙΣ ΕΝ ΤΡΙΑΚΟΝΤΑ ΔΥΩ.


Wer noch mehrere Nachricht von dieser Saͤule Höͤhe, Anzahl der
Treppen bis an die Blatte, Herfürrachung, von dem Fuß, Strie
men, Ecksteinen / Gesimß und andern Zierrath zu wissen verlangt,
nicht weniger auch, was es füͤr eine Beschaffenheit mit der Vitru
vianischen Kunst habe, dem kan besagter Gyll vollkommene Satis
faction geben.



Der Colos
sus.
Etwas zur Rechten gegen den Sieben⸗Thüͤrnen zu stehet der
Colossus/ oder die aus Quater⸗Stüͤcken zusammen gesetzte Säule,
welche an der Höhe die vorige weit uͤbertrifft. Von dieser wollen
die Scribenten behaupten / daß sie vor Zeiten mit kupfernen Blatten
überlegt gewesen, und nehmen den Beweiß hierzu aus den an dem Fuß
ausgehauenen Grichischen Versen, die man vor noch nicht gar zwey
hundert Jahren daran lesen kunte; man siehet aber nun nichts mehr,
als das innere steinere Wesen, das auf einem viereckichten Mar
mel⸗steinern Fuß ruhet, der sieben Schuh und drey Queer⸗Finger
in der Höhe / und 104. Schuh in der Breiten hat: sie ist an vielen
Orten durchbohrt, weil vor Zeiten eiserne Stangen dardurch ge
zogen - 401 -
Von den Merkwuͤrdigk. in der Stadt Constantinopel.
351
zogen und mit Bley vergossen waren, womit das ganze Werk zu
sammen gehalten war; von ihrem uͤbrigen Schmuck aber ist sie
durch die Zeit und der Barbarn Hände voͤllig entbloͤßt worden, und
hat dieser Colossus mit jenem Welt⸗Beruͤhmten zu Rhodis glei
ches Glück gehabt, als der zu Zeiten der Regierung Constans, des
Heraclius Enkel, der von den Agarensern / nachdem er 1300.
Schwehre
des Colos
sus zu Rho
dis.

Jahr gestanden, verkauft worden; da dann ein gewisser Eme
senischer Jud / der solchen an sich gehandelt / das Ertz davon auf
900. Cameln wegtragen lassen.


Nicht weit von hier, fast in gleicher Ordnung, siehet man noch
eine andere Saͤule / die aus Ertz gegossen, und dreyeckicht, wie drey
Schlangen um einander gewunden ist. Das oben darauf gestandeEine ande
re dreyfa
che gewun
dene Säu
le.

ne dreyfache Haupt, welches weit uͤber die Saͤulen hinaus gegangen,
ist vor Jahren bey ganz heitern und stillen Wetter, ohne einige Gewalt
oder wenig entstandenes Erdbeben, von freyen Stucken herunter ge
fallen, weswegen es in den Kaiserlichen Pallast gebracht wor
den, wo es auch noch immer verwahret wird, es muste dann seyn,
daß man es nach der Zeit in den Schmelz⸗Ofen geworfen, und
Stücke daraus giessen lassen, wie dann ebenfalls des Kaisers Ju
stiniani überaus grosses Bildnis zu Pferd, das an Schönheit
kaum seines gleichen hatte, ist metamorphisirt und in den Krieg
geschickt worden; was Wunder nun, wann erst neulich das Gieß
Hauß durch ein entsetzliches Feuer im Rauch aufgangen? es muste
ja allerdings die leichtsinnige Verheerung so kostbarer Alterthümer
auf solche Weise gerochen werden: Wie wol man auch sagen kan,
daß das Bildnis Justiniani eben so wol zur Rache über einen Hau
fen geschmissen, und das vom bemeldten Kaiser dem Theodosius
angethanenes Unrecht von diesen Barbarn gerochen worden, als
welcher gleichfalls dessen von seinem Sohn Arcadius zu Ehren auf
gerichtete Statue / die, ohne das Bley von unschätzbaren Ge
wicht, sieben tausend und vier hundert Pfund an Silber gewo
gen / abwerfen und plündern lassen. Man hat um dieses so un
versehenen Falls alle Wahrsager zu Rath gezogen, es hat sich aber
noch keiner gefunden, der die Bedeutung davon haͤtte geben koͤnnen.
So ist auch nicht weniger zweifelhaftig, von wem, oder um was für
einer Ursach willen solche aufgerichtet worden; wiewol sich einige
finden / welche behaupten wollen, daß man solche den Beherr
schern - 402 - 352
Drittes Buch, Neunte Abtheilung /


Von wem
und wa
rum sie
aufgerich
tet wor
den.
schern des alten Byzans zu Ehren aufgestellt / und daß mit denen
dreyen Köpfen ihre Herrschaft über Europa / Asia und Africa
angezeigt wäre, als wohin dieselbe ihre Augen gerichtet haͤtten: nebst
diesen geben die Einwohner zu Constantinopel noch viel Fabel
haftes von diesen Säulen vor / weil sie in den Geschichten ihrer Vor

Ob ein
Drey Fuß
darinnen
aufbehal
ten wor
den.
Eltern gar schlecht erfahren sind. Einige, unter welchen Zosimus
sich befindet, glauben, daß darinnen der Drey⸗Fuß mit des Apollo
Bildnis gewesen sey: Sozomenus von Salamin gehet hierinnen
noch weiter, und will, daß es selbst der guldene Drey⸗Fuß zu Del
phos gewesen, welchen Pausanias der Spartaner / und andere
Grichische Städte, nach gluͤcklich beygelegten Medischen Krieg, dem
Apollo zu Delphos geopfert hatten. Eusebius gibt solchen für
den Pythinischen aus, als um welchen man eine Schlange im
Kreiß herum zu winden pflegen, und also wahrscheinlich heraus kom
me, daß solcher Drey⸗Fuß in dieser drey⸗koͤpfigten Saͤulen aufbe
halten worden, gleichwie es auch zu Delphos geschehen / wie He
rodotus berichtet, daß sie von dem Zehenden der Persianischen
Beut einen guldenen Drey⸗Fuß verfertigen lassen, und in Delphos
über eine drey⸗koͤpfigte Schlange gestellt hatten; so erzehlt er auch,
daß, als die Persier in Böotien bey der Stadt Platea geschlagen
worden, man daselbst einen guldenen Drey⸗Fuß gefunden und dem
Götzen zu Delphos übergeben, welcher bey einem Altar auf einer
dreyfachen ahrnen Schlange aufgestellet war. Es vermeinen auch
einige, daß eben diese Saͤule ehedessen uͤberguldt gewesen, aber dieses
Zierraths von den Tuͤrken beraubt worden; hingegen bezeugt Pau
sanias gar deutlich / daß man schon viele Jahre vor der Türken
Herrschaft dieselbige dieses Schmucks beraubt habe. Er sagt, es
hätten die Grichen nach der Schlacht bey Platea ein allgemeines
Opfer mit einem guldenen Drey⸗Fuß, der von einem ehrnen Dra
chen unterstuͤtzt gewesen abgestattet; daran das Ertz noch zu den Zei
ten des Pausanias unversehrt geblieben, das Gold aber häͤtten die
Phocensischen Feld⸗Herrn auf die Seite geschafft.



Des Kai
ser Arca
dius Säu
len.
Die vierte Saͤule ist diejenige, so dem Kaiser Arcadius zu
Ehren auf dem siebenden Hügel, an der Strasse, wo man von
Adrianopel nach dem Hippodromus gehet, aufgerichtet worden
und von welcher ich bey Anfang des Zweyten Buchs gemeldet / daß
sie
- 403 -
Von den Stadt⸗Märkten und Bezestenen in Constant.
353
sie mit vielen eisernen Ringen umgeben wäre / weil sie die öftern Erd
Beben gar sehr erschüttert hätten: es haben mir zwar die Türken
solche auch die Justinianische genennt, allein daß es dieselbige nicht
seyn kan / ist aus dem Peter Gyll, einen accuraten und auf die
Antiquitäten gar sehr erpichten Scribenten, erweißlich, als welcher
behauptet / daß sie schon zu seiner Zeit, und also vor anderthalb
hundert Jahren, weggenommen worden; dann da sie dreyssig ganzer
Jahr vorher bis auf die Fuß⸗Platten abgetragen, und alles Ertzes,
samt dem Pferd und Bildnis des Justinianus beraubt worden, ha
ben sie endlich die Tüͤrken völlig zu Grund gerichtet, also daß man
nun an statt der Platten einen Brunnen⸗Kasten daselbst stehen siehet,
womit das aus dem Brunnen springende Wasser aufbehalten wird.
Aber es ist so wie ich schon öfters gemeldet, daß die Türken in der
Historie und Zeit⸗Rechnung die gröͤsten Ignoranten sind, und sich
es nicht ungereimt duͤnken lassen, wann sie vorgeben, daß Samson
mit Philippus den Grossen/ König in Macedonien gestritten, und
der König Salomo den Egyptischen Joseph zum Hof⸗Mei
ster gehabt, und was dergleichen ungereimtes Zeich noch mehr seyn
mag.


Zehende Abtheilung.


DEn 24. und 31. December, als den Tag vor WeyhGratula
tionsCompli
menten
wegen ein
getrettener
Ferien.

nachten und Neuen Jahr, kam der Patriarch der Grichi
schen Kirche, der Ertz⸗Bischoff von Ancyra / wie auch
die ganze Französische, Engelländische, Venetianische und Holländi
sche Nation, mit den Canzlern und Secretairs ihrer Gesandtschafften
zu dem Herrn Groß⸗Botschafter / um so wol ihre Gratula
tion zu den instehenden Christ⸗Ferien, als auch dem Eintritt des
neuen Jahrs abzulegen; weswegen Se. Excellentz hinwiederum
den Herrn von Dierling mit zween aus dem Adel nemlich dem
Herrn von Jmhof und Klimberg / samt den Canzelisten von dem
Hof⸗Kriegs⸗Rath, Eurich und Kastner / dem Cassirer Hn. Cramer /
dem Dolmetschen, Sprach⸗Knaben, und einigen andern aus unserer
Suite abfertigten, bey denen Gesandtschafften ein gleiches zu verrich
ten. Jhro Hochwüͤrden Hr. Abt von Domben hat so wol in der
Christ

Yy
- 404 - 354
Drittes Buch / Zehende Abtheilung /

Christ⸗Nacht als am neuen Jahrs⸗Tag bey den Jesuitern das hohe
Amt gehalten; und der meiste Adel nach gepflogener Andacht in der
Hof⸗Capell des Französischen Gesandten bey besagten Cavalier das
Früh⸗Stuck eingenommen: es wurde auch eben am Heil. Christ
Fest die Franciscaner⸗Kirche, nachdem sie vierzig Tag verschlossen
Bewegli
che geistli
che Reden
des Herrn
Botschaf
ters an den
Groß⸗Vi
zir.
gewesen, zum erstenmal wieder eröfnet. Am eben selbigen Tag
verfüͤgte sich der Hr. Botschafter in Kaiserlichen Affairen mit dem
Hn. von Jmhof und Dolmetsch Hn. Theyls bey Regen und Schnee
Wetter über den Canal zum Groß⸗Vizir; als es nun daselbst
ungefehr Gelegenheit gab, von der Heiligkeit dieses Tags zu reden,
an welchem unsere durch den leidigen Suͤnden⸗Fall unserer ersten
Eltern sehr verfallene Sachen, zu deren Herstellung vor menschli
chen Augen keine Hofnung mehr übrig war, wiederum in guten
Stand gebracht und der Anfang unseres Heyls gemacht worden,
hat solches diesen Barbarn dermassen bewegt, daß er sich in sein
Apartement begeben, und daselbst sein Gebet deswegen zu dem
barmherzigen GOTT abgeschicket. Nach des Herrn Bot
schafters Zuruckkunft haben diejenige / so mit Jhm zu Constan
tinopel gewesen / in seinem Zimmer das Mittagmal eingenommen.
Dessen Ei
fer für sei
ne Reli
gion.
Am Fest des Heil. Ertz⸗Märtyers Stephanus bezeig
ten Se. Excellenz einen besondern Gerechtigkeits⸗Eifer für die
Römisch⸗Catholische Religion; dann als einer aus dem Adel, so
unserer Religion nicht zugethan war / bey dem Französischen Ge
sandten nächtlicher Weil den GOttes⸗Dienst beygewohnt, und doch
die gebuͤhrende Ehrerbietung nicht dabey bezeigt / sondern aller er
gangenen Vermahnung ungeachtet unsere Ceremonien schimpflich
und ärgerlicher Weise durchgezogen, liessen Sie ihm gleich des andern
Tags den Hof so lang verbieten / bis er zu bessern Gedanken kom
men, sein Unrecht erkennen, und zur Besserung gute Hofnung von
sich geben mögte. Um diese Zeit so wol des noch wehrenden Al
tens / als eingetrettenen Neuen Jahrs sind viele Tüͤrkische und
Französische Schiffe, die bishero widrigen Wind gehabt, endlich
im Hafen glücklich eingelauffen: Unser Adel hat sich öͤfters zu Ga
lata eingefunden, der Herr Botschafter aber zum öͤftern die
andern Gesandten nebst ihren Gemahlinnen so wol zu Mittag als
Abends tractirt, wobey die angestellten Ball bis in die spate Nacht
gedauert: so haben auch Se. Excellenz bey dem Moufti und
Ni
- 405 -
Von den Stadt⸗Märkten oder Bezestenen in Const.
355
Nischanschi Bascha ihre Visite abgelegt / welcher letztere ihme ei
ne Türkische Flinte von damascenirten Schmeltz⸗Werk und sehr ra
rer Arbeit verehret. Es liessen sich auch dieselbige gefallen / die
Stadt⸗Märkte in Constantinopel / so die Türken Bezestene Bezesten
oder
MarktPlätze in
Constan
tinopel.

nennen, zu besehen. Solche aber sind gewisse von andern Ge
bäuen abgesonderte und gewoͤlbte Plätze, die zugleich mit einer hohen
Mauer wider das Feuer versehen, allwo der Kauf⸗Handel von den
Türken / Juden / Grichen und Armeniern getrieben wird / und
einer jedweden Nation und Sache ihre gewisse Stelle angewiesen ist:
wovon in grossen Städten unterschiedliche / in kleinen aber nur ein
einiges derselben anzutreffen. Zu Constantinopel findet sich nebst
des Groß⸗Vizirs und der Kaiserin Wald⸗Bezesten / und noch
einigen, die ich nicht zu nennen weiß, eine von solcher Grösse, daß
sie einer mittelmäͤssigen Stadt nicht ungleich siehet. Hierinnen kom
men nun täglich sehr viele Käuffer und Verkäuffer zusammen, um
ihre Sachen loß zu schlagen, oder andere benoͤthigte einzuhandeln.
Diese Kauf⸗Häuser sind mit eisernen Thoren versehen, welche zu ge
wissen Zeiten des Tags auf und zu geschlossen werden: hingegen
hält sich bey Nachts niemand darinnen auf / sondern bleiben alle
Kram⸗Läden verschlossen. Die Wächter muͤssen hierauf fleissig acht
geben / damit, wo Feuers⸗Gefahr entstehen solte / sie noch zu rech
ter Zeit davor seyn, dabey aber auch zugleich die Diebe abhalten,
wo einige sich so verwegen bezeigen und die Wäͤnde und Läden zu
durchbrechen unterstehen solten. Wann diese Läden nicht geöfnet Werden
zur Zeit der
Aufruhr
nicht eröf
net.

werden, ist es ein unfehlbares Kennzeichen, daß eine Aufruhr unter
dem Volk vorhanden, und haben diejenige alsdann hohe Zeit sich
mit der Flucht zu salviren, die sich nichts guts bewust sind, oder
wegen allzu grosser Gunst des Kaisers sich bey jenen verhaßt ge
macht, oder sonsten viele Feinde haben. Der jetzt regierende KaiEin Exem
pel davon
zu dieses
Sultans
Zeiten.

ser hat vor ungefehr 14. Jahren solches gleichfalls innen worden,
als er seines Bruders Mustapha jüngern Sohn, der nebst seinen
zwey andern Brüdern unter der Janitscharn Vormundschaft stehet /
hinzurichten gedachte: dann diesen lassen sich die Janitscharn wegen
seiner Freygebigkeit und sanftmuͤthigen Wesen besonders recom
mendirt seyn / und duͤrfte er nach des gegenwäͤrtigen Kaisers Tod
oder erfolgter Dethronisirung noch wol auf den Thron kommen.
Dann

Yy 2
- 406 - 356
Drittes Buch / Eilfte Abtheilung /

Dann obschon die Regierung bey dem Ottomannischen Geschlecht
beständig verbleibt / so kommt doch gemeiniglich derjenige darzu /
dem die Janitscharn wol wollen, also daß öͤfters ein Solcher Kai
ser wird, dessen Vater den Kaiserlichen Thron niemal bestiegen,
wann er nur einer von des Ottomanns Nachkommen ist, da als
dann die wuͤrklich Kaiserliche Prinzen alle das Nachsehen haben muͤs
sen, welche aber gleichwol um den Namen zu erhalten, in dem Ser
rallien vermoͤg ihres Gesetzes die Verpflegung finden. Zwar in den
zehen ersten Jahren verbleiben sie bey ihrer Kaiserlichen Frau
Mutter/ nach deren Verfliessung sie denen Hodgias oder Lehrern
Verfahren
des Sul
tans mit
ihres Bru
ders Kin
dern.
zur Auferziehung anvertrauet werden. Es pflegen aber die regierenden
Türkischen Kaisere ihres Bruders Kinder insgemein / wann es ihnen
nur möglich, mit Gift heimlich aus dem Weeg zu räumen, oder
auch bey der geringsten Schein⸗Ursach öfentlich hinrichten zu lassen;
wann sie aber erwachsen, legen sie ihnen ein paar alte Weiber zu,
welche ihnen zur Lust, aber nicht mehr zum Kinder zeugen dienen
können, damit sie nemlich sich, füͤr sich und ihre Kinder / des Throns
desto gewisser versichern möͤgen. Es ist aber die erstgedachte Aufruhr
durch des Groß⸗Vizirs und Janitscharn Aga ungemeine Sorg
falt bald wieder gestillt worden; sintemaln diese beide die Stadt
durch geritten, und alle zusamm rottirte Soldaten⸗Haufen wieder
aus einander gejagt, so daß in zwey Stunden alles ruhig gewesen,
und die Bezesten wiederum offen gestanden. Dieser Groß⸗Vizir
hat gar oft in Gewohnheit, mit seinen Leuten die Stadt durch zu
reiten, und wo er einige verdächtige Janitscharn beysammen stehen
und mit einander reden siehet / gibt Er alsobald ein Zeichen, und
läßt ohne weitern Process ihnen die Koͤpfe vor die Fuͤsse legen.


Eilfte Abtheilung.


DJeses 1720te Jahr hat mit einem unfreundlichen Schnee⸗ und
Regen⸗Wetter den Anfang genommen; und den 4ten Ja
nuarj haben einige aus unserer Gesandtschaft sich in die
Stadt begeben, an dem bey den Grichen damals eingefallenen
Weyhnacht⸗Fest, welches sie eilf Tag später als wir zu feyren pfle
gen, die Kirchen-Ceremonien mit anzusehen. Welche zu Jerusa
lem - 407 -
Von der Carnivals Lust, u. Abbrennung des Gießhauses.
357
lem gewesen, wissen zu erzehlen / daß die Grichischen Priester von Fabel von
einem H.
Feuer zu
Jerusalem.

einem heiligen Feuer etwas erdichten, und das Volk damit hinter
gehen: Sie sagen, daß dasselbige in der Mitternacht⸗Stund von
Himmel angebrandt werde, mit welcher Fabel aber die etwas kluͤ
gern Leute sich nicht mehr wollen betruͤgen lassen/ als die gar wol
wissen / daß ihre Priester sich hinter den Vorhang verbergen, das
Feuer unter ihre Roͤcke stecken, womit sie alsdann die ausgeloͤschten
Kerzen und Lampen wieder anzünden; doch wird gleichwol der ge
meine Pöbel noch immer damit hinter das Licht gefuͤhrt. Heute ist
abermal in der Stadt Constantinopel eine Feuers⸗Brunst entFeuers
Brunst.

standen / aber doch ohne sonderbaren Schaden / ausser daß eines
Tefterdars Serrallien mit noch wenig andern Haͤusern abgebron
Der Kai
ser / GroßVizir und
andere
Vornehme
finden sich
bey den
Feuers
Brünsten
ein.

nen, wieder gelöͤscht worden. Bey dergleichen Gelegenheit, wann
in der Stadt oder über dem Canal im Zeug⸗Hauß ein Feuer aus
kommt, pflegt der Kaiser / der Groß⸗Vizir / der Janitscharn
Aga / Bostanchi Bascha / die Baltagi und Topchi Baschi
mit ihren Leuten allezeit darbey zu seyn, um damit ihre Sorgfalt
für die gemeine Wolfarth zu bezeigen / und nicht nur die Leute zur
Arbeit aufzumuntern, sondern auch das Volk von aller Unordnung
abzuhalten: Welche sie alsdann in Niederreissung der Häͤuser / als
der Türken einiges Mittel, die Brunst zu hemmen, vor andern
geschäftig sehen / denen geben sie einige Verehrung, und pflegen
auch, wann sie wieder nach Hauß kehren, Geld unter das Volk aus
zuwerfen. Hierauf muß aber der Groß⸗Vizir allezeit eher als der Groß⸗Vi
zir muß
eher als
der Sultan
zu gegen
seyn.

Sultan auf dem Platz seyn, um das Volk in Ruhe zu setzen;
wuͤrde es anders eintreffen, und dieser sich eher einfinden, stuͤnde der
Groß⸗Vizir in Gefahr / daß er den Kopf darüͤber verliehren duͤrf
te. Um dieser Ursach willen haͤlt er immerzu ein Pferd in Bereit
schaft, damit er sich dessen bey ereigneten Nothfall alsobald bedienen
kan, wie dann auch eine Belohnung darauf gesetzt ist, welcher derglei
chen Zufall dem Groß⸗Vizir zu erst anzeigt. Kurz vor unserer
Ankunft in dem Lager hat sich zugetragen, daß er bey einer entstan
denen Feuers⸗Brunst in der Stadt etliche Augenblick späͤter als der
Kaiser gekommen, woruͤber er bey nahe das Leben lassen muͤssen, und
würde ihn kaum etwas anders als eine vorgewendte höͤchst⸗wichtige
Verrichtung, woran des Reichs Wolfarth eben so wol gelegen war /
dißfalls entschuldigt haben.


Den

Yy 3
- 408 -

358
Drittes Buch / Eilfte Abtheilung /

Den 6ten Jener / am H. drey König Tag / ist nach einer lang
Ein Licen
tiatus Juri
stirbt bey
der Gesand
schaft.

wierigen Krankheit und vielen erlittenen Schmerzen ein bey dem Hrn.
Demerath in Condition gestandener gebohrner Luxemburger ge
storben, ein braver Mensch und eines bessern Glüͤcks wol wuͤrdig,
wo er nur länger gelebt hätte, war auch bereits schon Licentiat;
wie ihn dann auch jedermann / der ihn nach seinen besondern Leibs
und Gemüths⸗Gaben, und guter Wissenschaft in Sprachen ge
kannt, herzlich bedauret: er verstunde sich anbey auf das Danzen
und Fechten dermassen, daß er auch andern darinnen Lectiones
gab, und bezeugte nicht weniger in denen uͤbrigen Adelichen Exer
citiis eine grosse Erfahrenheit. Den 7ten Jenner und die schon
vorhergehende Täge ist ein so grosser Schnee gefallen, als hier zu
Land bey Manns⸗Gedenken nicht geschehen. Eben an diesem Tag
Angehen
de Carne
val-Lust.
haben die Franzosen in dem Königlichen Pallast zu Pera in Gegen
wart aller andern ausländischen Gesandten und des sämtlichen
Teutschen / Engelländischen, Venetianischen und Hollän
dischen Adels / nebst unterschiedlichen auserlesenen Grichischen
Frauenzimmer eine Französische Comœdie agirt / welche sie die
gezwungene Heyrath betitult, und nachgehends noch öfters
samt mehr andern so wol Französischen als Jtaliänischen die Fa
schings⸗Zeit durch / denen Fremden zu Ehren aufgeführt, woran
auch die Zuschauer ein sonderbahres Vergnügen bezeigt, und die
Nation nebst denen Comœdianten sich damit uͤberaus recomman
dirt haben. Nach der Comœdie wurde ein Ball und nach die
sem eine prächtige Abendmahlzeit gegeben und alsdann diese
Solennitæt mit einem Danz abermal geschlossen, so aber gemei
niglich tief in die Nacht und wol erst bis gegen Tag angehalten.
Bey dieser Gelegenheit haben viele die Grichische Art zu danzen
begriffen, welches an den Teutschen nicht uͤbel gelassen, und werden
sie wol diese Mode mit in ihr Vatterland bringen, als eine Sache,
welche dem sonst an guten Kuͤnsten und Wissenschaften sehr frucht
barn Grichenland noch allein übrig geblieben. Als den 11ten dito
einige von den unsrigen auf der Jagd gewesen, kam der so lang ge
Angekom
mener
Courier.
wünschte Kaiserliche Courier Theodor Constanza / zu Pera
gebürtig, von Wien an / nachdem er wegen des schlimmen We
ges und tiefen Schnees vier Wochen auf der Reiß zugebracht, die
er sonst in 14. Tägen zuruck legen können. Selbiger hatte viele
Brief
- 409 -
Von der Carnivals⸗Lust / u. Abbrennung des Gießhauses.
359
Brieffe von guten Freunden und Anverwandten bey sich, die wir
gestern schon vermuthet hatten, als der Chiaus, der die neulich
von hier zu Pferd abgegangene Lieutenants von dem Hohen⸗Zol
lerischen Regiment bis an die Gränze begleitet / bey uns wieder an
gelangt; wir erhielten zugleich die höchst erwüͤnschte Nachricht, daß
wir bald wieder in unser liebstes Vatterland zuruck kehren wuͤrden,
wie wir dann für der Türkischen Aufführung und allen andern Sa
chen in der Türkey schon längst einen Eckel bekommen; wir sind
aber in dieser Hoffnung durch die des folgenden Tags von dem Tuͤr
kischen Botschafter zu Wien an hiesigen Hof abgeschickte Schrei
ben noch mehr gesterkt worden.


Den 14. dito hat Herr Schmid / des Herrn GroßJemand
aus der
Gesand
schaft be
kommt die
Prinzessin
des Tartar
Haans
und eines
Bascha
Weib zu
sehen.

Botschafters Mahler / bey Gelegenheit einiger durch den Fran
zösischen Gesandten auf Köͤniglichen Befehl der Prinzessin
des Tartar Hans gemachten Presenten, die Ehre gehabt / so wol
vor Sie als auch noch eines andern Bascha Weib zu kommen; dann
weil der Herr Gesandte solche durch seinen Leib⸗Arzt den Herrn
Dumasrambois überschicket, hat sich jener durch eine untadeliche
Verstellung gleichfalls fur einen Arzt ausgegeben, und sich da
mit rühmen können, daß er der einige aus unserer ganzen Suite
gewesen, so in der Türkey ein vornehmes Türkisches Frauenzimmer
gesehen. Man muß aber wissen, daß nur allein die Aerzte die ErAerzte be
kommen
das Frauen
zimmer in
der Türkey
am ersten
zu sehen.

laubnuͤß haben, sich dem Türkischen Frauenzimmer zu nahen, wann
ihnen eine Krankheit zu gestossen; wiewol / wann die Männer
argwöhnisch sind, sie solche auch zu der Zeit nicht einmal zu sehen
bekommen, sondern nur den Puls greiffen dörfen, da ihnen im
übrigen das Gesicht mit einem Schleyer bedeckt ist. Als sie bey der
ersten angelanget, welche an dem Canal des Schwarzen Meers
wohnte / hat ihr Hof⸗Meister alsobald einen Zettel an sie geschrie
ben, worauf eine von ihren Mägden in ihren Namen geantwor
tet / und damit verlangt, daß die Geschencke so gleich vor sie ge
bracht werden solten, dafür sie dann jedem ein schoͤn gesticktes
Tüchlein verehrt hatte. Sie hat sich aber auch auf ihr bezeigtes
Verlangen auf einem nach Landes Gewohnheit kostbaren Sofaus,
unter vielen um sie herumstehenden Sclavinnen, gezeigt, welche alle
ihr Angesicht verhüͤllt, sie aber dasselbige nur allein unbedeckt gelas
sen; sie durften sie aber nur im Vorbeygehen betrachten, indem
sie - 410 - 360
Drittes Buch / Eilfte Abtheilung /

sie zu einer Thür hinein⸗ und durch die andere wieder hinaus gefüͤhret
worden, wobey die Prinzeßin, zum Zeichen ihrer Gewogenheit, die lin
Warum
die Fran
zosen dieser
Prinzeßin
ein Present
gemacht.

ke Hand auf die Brust geleget. Die Ursach aber, warum die Fran
zosen auf diese Scythier so grossen Regard machen, ist keine an
dere, als weil sie Handelschaft mit einander treiben, und daraus
ihren Profit ziehen; im übrigen aber achten sie dieses wilde und
Barbarische Volk nicht viel, bezeigen auch weder Furcht noch Liebe
gegen dieselbige. Es erzehlte uns Herr Schmied / daß des Bascha
Weib von einer solchen extraordinairen Schöͤnheit gewesen, daß
ein anderer Paris kein Bedenken haben würde, um ihrent willen
nochmaln ein Troja in die Schanz zu schlagen. Dieser letztern
ihre Sclavinnen giengen nicht verhuͤllet/ sondern alle mit entbloͤß
ten Angesichten, und damit er sich derselbigen naͤhern duͤrfen, hat
er sich ordentlich als ein Medicus angestellt, und ihr den Puls
begriffen, als ob er in der Kunst aufs beste erfahren wäre, wie es
dann auch diese Patientin wuͤrklich geglaubt / und dem Herrn Du
masrambois zu verstehen geben, wie sie diesen Herrn für einen gar
guten Practicum hielte.


Jn der Nacht zwischen den 14 und 15ten hat sich wieder ein
Feuers
Brunst

zu Topha
na.
schädliches und gleichsam Trojanisches Feuer præsentirt, sintemaln
in der Vorstadt Tophana, ohnweit unserer Bewohnung, und nur
etwas über den Berg herab, das Gieß⸗Haus in Brand gerathen;
und weil für 180. oder, nach einiger Vorgeben, gar für 500.
Stuck zerschmolzenes Erz, nebst einer Menge Holz und Kohlen
beysammen war, hat es eine solche Flamme verursachet, daß ich
in meinem Zimmer in selbiger Nacht so gut als bey hellem Tag al
les deutlich lesen köͤnnen, ob schon unser Logis noch mehr als eine
viertel Stund von dar entlegen war. Es ließ dermassen entsetz
lich, daß es schiene, als wann man mitten in den Feuer speyenden
Berg Ætna hinein sehete, und selbiger nichts als Pech, Schwefel
und bis in die Luft steigende Flammen auswerfete, und dieses fuͤrch
terliche Spectacul zeigte sich so oft / als ein halb⸗verbrandtes Stuck
von dem Gebäu durch die darauf liegende Last nieder gerissen wor
den, oder das geschmolzene Metall die Oefen zersprengt, so zugleich
einen abscheulichen Rauch darmit verursachet. Gleich nach Mit
tag sahe man in der Luft eine dicke schwarze Wolken, die sich aus
dem zerflossenen Eisen, Erz, Bley und vielerley Pech zusammen
gezo
- 411 -
Von der Carnivals⸗Lust, u. Abbrennung des Gießhauses.
361
gezogen, und gerad ober dem Gieß⸗Haus lange Zeit præsentirt,
woraus viele ein böses Zeichen und schlimme Vorbedeutung haben
schliessen wollen. Die Botschaft selbst war hierbey nicht ausser
aller Gefahr, doch hat der noch auf den Dächern liegende Schnee
und das Wind⸗stille Wetter ferneres Unheil abgehalten, welches
sonsten nicht allein durch die Brunst, sondern auch der Janitscharn
Muthwillen und Rauberey, die bey dergleichen Gelegenheit über
aus groß zu seyn pfleget, hätte entstehen und gar leicht geschehen
können, daß diese ganze Vorstadt, wie vor wenig Jahren Gala
ta mit allen benachbarten Oertern innerhalb 11. Stunden / im
Rauch aufgegangen wäre, wofern sich einiger Wind spuͤhren lassen.
Der Herr Groß⸗Botschafter, so bey aller Gelegenheit von gu
ter Resolution war, liese auch hier die geringste Unruhe in seinem
Gemüth nicht merken, sondern suchte seine Schrifften, woran am
meinsten gelegen war, zusammen, verschloß sie in eine Kiste, und sa
he dem Brand lange Zeit aus dem Fenster zu / um den Ausgang zu
erwarten / und bey noch grösserer Gefahr solche an ein sicheres Ort
zu schaffen. Nach dem sich aber das Feuer wieder in etwas gelegt,
und nichts sonderliches mehr zu besorgen war, hat Er sich, doch nicht
anders als in den Kleidern, zu Bette begeben, damit Er auf allen Fall
gleich fertig seyn moͤgte. Die Franzoͤsische Gesandtschaft war noch
in gröͤsserer Noth, weil sie derselbigen Gegend um etwas naͤher gele

Groß⸗Vi
zir hat nicht
nöthig / um
einer Feu
ers Brunst
willen über
den Canal
zu gehen.
gen, als welche Wohnung oben auf dem Berg stunde. Der Groß
Vizir fand sich hier alsobald ein/ nicht so wol um vor angefüͤhrter
Ursachen willen, weil Er nicht obligirt ist, wo Er es nicht freywillig
thun will / über den Canal zu setzen, sondern seine Pflicht erfor
dert nur / bey denen in der Stadt entstehenden Feuers⸗Brunsten
gegenwärtig zu seyn, was aber die Vor⸗Städte anbelangt / über
läßt er diese Sorgfalt denen Vorstehern solcher Oerter und Quar
tier⸗Meistern; diesesmal aber hat Er es gethan, um durch
seine Gegenwart die Kaiserliche Botschaft in Sicherheit zu
setzen. Der Topchi Baschi / welcher bey dem ohnlängst in der
Stadt entstandenen Brand einen Schaden am Fuß bekommen, hat
sich aus seinem Hauß / so nicht weit von dem Gieß⸗Hauß weg stun
de, in ein anderes tragen lassen / wo er vor der Wuth des Feuers
sicherer seyn kunte, deme auch der Groß⸗Vizir wegen seiner bey
anderen Occasionen erkannten Treue und Sorgfalt für des gemei

nen

Zz
- 412 - 362
Drittes Buch Zwölfte Abtheilung /

Tröstet den
Topchi Ba
schi.

nen Wesens und des Reichs Wolfarth getröstet und versprochen /
daß nechstens ein anderes und besseres an dessen Stelle solte ge
bauet werden; wormit dann die faͤlschlich unter die Leute gebrach
ten Reden wiederlegt werden, da man vorgeben wollen/ als ob er
mit Gewalt nach Constantinopel in das Gefaͤngnuͤß gefuͤhrt und
in Eisen und Banden geschlagen worden: wiewol dieses das groͤßte
Glück für ihm war / daß er einen beschädigten Fuß gehabt, den er
in Diensten für das gemeine Wesen bekommen; und dann auch, daß er
an dem Groß⸗Vizir einen solchen Mann gefunden / der ihm
nicht feind und jederzeit ein Liebhaber der Gerechtigkeit gewesen. Son

Schärfe
der Türken
bey eini
gem Verse
hen.

sten aber pflegen die Türken auch denen um das gemeine Wesen best
verdienten Leuten nicht leicht durch die Finger zu sehen / wann sie
solche absonderlich wegen einer mit untergelaufenen Untreu und
Nachlässigkeit in Verdacht haben, und erwegen nicht, ob das
Vorgegangene mit Vorsatz und böͤsem Gemüth geschehen, oder, wie
es sich gemeiniglich zuträgt, durch einen unvermutheten Zufall entstan
Exempel
hievon.
den. Jenem Capudan Bascha / mit Namen Mustapha / ei
nen gebohrnen Franzosen, der das Zeug⸗Hauß und den Hafen zu
Constantinopel / in den Stand, worinnen sie sich gegenwäͤrtig be
finden, erbauet, und sonsten des Reichs Wolfahrt tapfer verthei
diget, und viel Loͤbliches angerichtet / also daß er sich bey jedermann
grossen Ruhm und Beyfall, auch bey dem Kaiser selbst ganz son
derbahre Liebe und Gewogenheit zu wege gebracht, hat doch dieses
alles nicht helfen moͤgen, da seine Feinde aus Mißgunst Feuer in das
Zeug⸗Hauß gebracht, daß er nicht hätte seinen Kopf daruͤber ver
liehren sollen, was er auch immer zu Vertheidigung seiner Unschuld
vorgebracht. Wiewol es der Kaiser nachgehends betauret, als
Jhm der Groß⸗Vizir den Betrug entdeckt, und zu verstehen ge
geben, daß Er an diesem Mann einem der nutzlichsten im ganzen
Reich habe hinrichten lassen; allein der Kopf war einmal darunten,
und kunte ihm nicht wieder aufgesetzt werden; doch halte ich gaͤnz
lich dafür, daß es Jhm nicht darum geschmerzt, weil Er ihn un
schuldig hinrichten lassen, sondern weil Er dardurch einen Ihm
und dem gemeinen Wesen so nuͤtzlichen Mann verlohren. Aber am
Türkischen Hof kan man dergleichen Verfahren an dem Groß
Vizir und andern Vornehmen des Reichs täglich beobachten,
als
- 413 -
Von Grichischen Comœdianten / u. dem Sclaven⸗Markt.
363
als welche, so oft verändert und abgesetzt werden, so oft
es dem Kaiser gefällt, oder das unruhige Volk solches haben will.
Den darauf folgenden Morgen zwischen 6. und 7. Uhr hat sich die
Flamme wieder gelegt / aber der Rauch davon ist noch etliche Tage
in die Höhe gestiegen, weil unter der Asche noch viel Glut verbor
gen gewesen / in welcher Zeit die Janitscharn Tag und Nacht die Schade
dieser
Brunst.

Wacht gehalten. Der Schade dieser Brunst wurde auf zehenmal
hundert tausend Thaler geschätzet, wobey auch viele Menschen
ums Leben gekommen, die zum Theil erdruckt, zum Theil aber von
der Flamme aufgezehret worden. Den folgenden Tag schickte der
Herr Groß⸗Botschafter zu dem Topchi Baschi / und ließ
ihm wegen dieses unversehenen Ungluͤcks condoliren.


Zwölfte Abtheilung.


DEn 17ten Januar. verfügten sich Se. Excellentz zum er
stenmal wiederum, nach angelangten Courier von Wien,
in Begleitung der Herren von Jmhof und Wetstein
zum Groß⸗Vizir, und ließen die wegen seiner angestellte Gastung
bey dem Venetianischen Gesandten wieder aufküͤndigen. Nach
dem Sie sich nun mit jenem von höͤchstwichtigen Sachen eine lange Zeit
unterredet, haben Sie sich von dar wieder wegbegeben, bey dem Ab
schied aber von dem Groß⸗Vizir einen schoͤnen Schimmel zum
Zeichen seiner beständigen Freundschaft verehrt bekommen; worauf
Se. Excellentz diejenige, so mit Jhm gewesen, bey der Tafel be
halten. Sie wurden auch von dem Engelläͤndischen Ge
sandten invitirt; wie Sie dann selbst nachmals den Holläͤn
dischen mit seiner Gemahlin und einigen Grichischen so wol ledigen
als verehlichten Frauenzimmer eingeladen, angesehen dieses Gesand
ten Gemahlin selbst eine Grichin ist, die zu Pera eine grosse Freund
schaft hat. Diesen zu Ehren liesse der Herr Botschafter eine Grichische
Comœdie.

Grichische Comœdie von Grichischen / Türkischen, Jüdischen und
Armenischen Knaben auffuͤhren; worbey die Musicanten lauter Tuͤr
ken waren, die ihre Music mit zwo kleinen aus vielen Pfeiffen von
Rohren gemachten Orgeln und unterschiedlichen Cymbeln anstimm
ten / welche letztere wie die Pauken aus Pergament / doch viel klei

ner

Zz 2
- 414 - 364
Drittes Buch / Zwölfte Abtheilung /

ner formirt, und zwischen dem Holz an füͤnf Orten mit so viel run
den kupfernen Platten versehen gewesen, die den Klang geben muͤs
sen. An dieser raren Music ergöͤtzte sich das anwesende Frauenzim
mer etliche Stunden lang, worvon doch unsere Ohren also gemar
tert worden, daß wir daruͤber weit lieber hätten einschlaffen moͤgen.
Die Action selbst bestunde mehr im Musiciren und Danzen, als daß
man dabey viel solte geredet haben. Die Kleidung der Comœdian
ten sahe sehr schmutzig und bettelhaft aus, und die Gebärden
samt der übrigen Bewegung des Leibs liesse nach Lands⸗Gewohn
heit uͤberaus geil und aͤrgerlich, jedoch köͤnnen sie sich damit bey ih
ren Zuschauern am meisten gefäͤllig machen. Einige von den Daͤn
zern wusten die Cadence sehr kuͤnstlich nach ihrer Art mit den Haͤn
den auf zwo kupfernen Schalen unter dem Danzen auszudrucken;
andere aber bedienten sich darzu vier runder theils schwarzer, theils
gelber kleiner Stecken: wieder andere bewegten auf eine geschickte
Weise die auf Weiden⸗Ruthen gesteckte und angezündete Wachs⸗

Seltsame
Cadence.
Kerzen; unter diesen allen aber kunten wir uns uͤber denjenigen nicht
genug verwundern, der durch gewisse Kruͤmmung des Leibs, Auf
blaͤhung und Einziehung des Bauchs, alle Cadence gar artig nach
machen kunte, so jedoch ohne Gewalt und Schmerzen nicht ab
gienge. Unter andern Possen, welche sie zum Vorschein brachten,
Sinnreiche
Vorstellun
gen der
Grichischen
Comœdi
anten.
war auch dieser / daß sie einen Hirsch mit einem hohen und viel
eckigten Geweyh auf das Theatrum geführt / zwischen welchen ein
kleiner Knab gesessen / der mit seinen Händen und Füssen solche Fi
guren gemacht, als ob er hätte danzen wollen. Dieser Hirsch solte
ein Sinnbild eines von seinem Weib hinter das Licht geführten
Mannes seyn, welches gewiß so sinnreich heraus kam / als alle übri
ge bey einem theatralischen Schau⸗Spiel zu observirende Reguln
angebracht waren. Hernach præsentirten sich auf dem Theatro,
(wordurch ich aber nichts anders als den Boden des Zimmers ver
stehe, allwo für diese vortrefliche Agenten ein kleiner Platz ledig ge
lassen wurde,) drey Personen, welche sich mit einander zanckten und
allerhand Sachen vorruckten; davon dem einen vor besagter Hirsch
überall nachgeloffen, und ihm bald die Hauben vom Kopf gezo
gen / bald bey dem Rock, Kopf, Ohren und Arm gezupft, und die
ses so lang, bis jenem die Gedult zerrunnen, und er den Hirschen mit
einer Keule dermassen eines vor das Ingenium gegeben, daß dieser dar
über - 415 -
Von Grichis. Comœdianten/ u. dem Sclaven⸗Markt / rc.
365
über zu Boden gesuncken, und eben jetzt den Geist aufgeben wolte,
wann nicht noch der dritte zu rechter Zeit beygesprungen/ und mit
seiner Zauberey dem in Ohnmacht liegenden Thiere seine Lebens
Geister wieder zuruck geruffen, oder vielmehr dem bereits verschie
denen eines andern Hahnrey Seele wieder eingeblasen hätte: und auf
solche Weise wurde die uͤbel eingerichtete/ noch schlimmer vorgestell
te, und mit garstigen Zotten angefuͤllte Comœdie geendiget.


Die nechst folgenden Täge kommt nichts Berichtenswüͤrdiges
vor, ausser daß ein Courier in Verrichtungen nach Wien abgefer
tigt worden, und einige aus dem zweyten Adel, als die Freyherren
von Locher / Klimberg / Jmhof und Wetstein sich auf den
schwarzen Canal begeben, um einige ohnweit Darapia liegende
Erz⸗Gruben zu besehen, indessen da der Herr Groß⸗Botschafter
mit denen Grafen von Nesselrode / Kinigl und Bielinski nebst
dem Freyherrn von Zweiffel bey dem Venetianischen Botschafter
gespeißt. Den 24. dito loͤßten Se. Hochwuͤrden der Graf von
Sclav
wird von
dem Hrn.
Prælaten
ausgelößt.

Schrattenbach / Abt zu Domben / einen Gefangenen von einem
Armenier um zwoͤlf Ducaten an sich, welcher aus der Jnsul Mal
tha gebürtig, und der dritte ist / der durch Seine Freygebigkeit
loß gekommen. Es war dieses ein braver starker Mann / und wuͤr
den ihn die Tüͤrken gerne 60. Ducaten dafuͤr ausgezahlt haben, wann
er ihn auf die Galeen hätte verkaufen wollen; es hat aber dieser
Christliche Mensch, ob er schon selbst von schlechten Mitteln war,
doch lieber aus Barmherzigkeit was weniges zu nehmen, und seinen
Sclaven an einen Christlichen Herrn, und noch darzu an einen Prie
ster in erträglichere Dienstbarkeit zu verkaufen sich resolvirt. Die
ser Sclav ist ihm von einem armen Juden, der ihn Armuts⸗halber
nicht behaupten kunte, zugebracht worden / wofür er eine kleine
Erkäntlichkeit von dem Käufer und Verkäufer zu erhalten hoffte. Es
hat sich aber dieses Hochgebohrnen und Christmildesten Abts Liebe
nicht allein mit Erlöͤsung der Gefangenen vergnüͤgen lassen, sondern
ist noch weiter gegangen / und hat mit den äͤusserlichen Liebes⸗Wer
ken die innerlichen verknuͤpft; und welcher Leiber er von den schweh
ren Ketten erlöͤßt / deren Gemüth hat er gleichfalls in Freyheit zu
setzen gesucht, wann es von Jrrthum und falscher Lehre gefesselt ge
wesen. Er hat unter andern einen siebenjäͤhrigen uͤberaus wolge
stalten Knaben gekauft, und ihn nicht allein im Glauben unterrich
tet,
Zz 3
- 416 - 366
Drittes Buch / Zwölfte Abtheilung /

tet, das Creutz machen und Beten lernen, sondern nebst diesen ihm
gleich Anfangs einen solchen unversöhnlichen Haß wider alle Un
H Einfalt
eines
von dem
Hrn. Præ
laten un
terrichteten
Knabens.
catholische Lehre eingeflößt, daß / wann der Knab des Luthers /
Calvin und Mahomets Namen nur nennen höͤrte / er ganz un
gehalten den Kopf darüber schüttelte, aussporzte, und in seiner lie
ben Unschuld sehr ungebärdig den Fuß wider die Erden stoßte, wor
über wir oft selbst lachen müssen. Eben dazumal als er den Mal
thesischen Sclaven in seinem Zimmer kaufte, wurde ihm auch ein
Grichischer Mönch zugefüͤhrt / der von dem Berg Sinai her
gereißt war, von deme er ihre Ordens⸗Satzungen, Lebens⸗Art und
Clöster auf
dem Berg
Sinai.

mehr andere Sachen ausforschte. Es erzehlte derselbige, daß auf
bemeldtem Berg nur allein zwey und zwanzig Clöster seines Ordens
gefunden würden, deren jedes fünfzig bis sechzig Personen
ernehrte, doch wäre darinnen keine einige Weibs⸗Person anzutref
fen, die man etwan zur Hauß⸗ und Stall⸗Arbeit gebrauchte, son
dern die Muͤnche verseheten das ganze Hauß⸗Wesen, melkten das
Vieh, machten Butter, Käse, Schmalz, und verrichteten das
übrige, so sonsten nur von Weibsbildern pflegt bestellt zu werden.
Dazumal hatte ich ungefehr eine Grichische Muͤnz mit mir gebracht,
die ich eben in der Hand hielte, und worauf das Wort ΗΠΕΙΡΟΣ,
so den Namen einer Jnsul in Grichenland anzeiget / ganz deutlich
zu lesen war, und nur einige andere Buchstaben daran abgiengen,
welche die Länge der Zeit ausgelöscht hatte; weswegen ich diesen
München gebeten, er solte mir die unerkäͤntlichen entdecken helfen,
habe aber erfahren müssen, daß er von der Aufschrift der Muͤnzen
so viel als von den andern Wissenschaften verstanden, und dieser
herrliche Priester und Lehrer selbst weder recht lesen noch schreiben
können, wordurch ich dann in meiner Meinung, die ich schon vor
her von der heutigen Grichischen Kirche und ihren Möͤnchen hatte,
noch mehrers gestärkt worden.



Sclaven
Markt.
Den 27. Januarij hat sich der Herr Groß⸗Botschafter
auf den Sclaven⸗Markt begeben, wohin wir gleichfalls gefolget sind.
Daselbst werden die so wol im Krieg als anderweit Gefangene und
Leibeigene verkauft, und würde uns ohne des Herrn Botschaf
ters Gegenwart der Zutritt dahin schwehrlich oder gar nicht ver
stattet worden seyn. Es liegt aber dieser Platz nicht weit von der
Säu
- 417 -
Von Grichis. Comœdianten / u. dem Sclaven⸗Markt / rc.
367
Säulen des Kaisers Arcadius, davon oben schon Meldung ge
schehen, und hat den grossen Markt oder Bezesten zur rechten,
und des Hali Bascha Moschee zur linken Hand. Rings um den
selbigen stehet ein altes viereckigtes mit einem grossen Thor verschlosBehältniß
der Scla
ven.

senes Gebäu, um dessen untern und obern Theil ein auf hoͤlzernen
Säulen ruhender Gang wie eine Lauberhütten geführet ist, in wel
chen viele Zimmer auf allen vier Ecken gebauet und mit höͤlzernen
Gittern versehen sind / worinnen die vornehmsten Sclaven und
schöne Weibsbilder aufbehalten werden. An den Markt
Tägen nun wird das Gitter eröfnet, und die Sclaven jederman öͤf
fentlich gezeigt, ausser denen, welche zu grosse Schamhaftigkeit be
sitzen, als die sie in einen Schrank verschliessen, bis ein Käufer Wie die
WeibsPersonen
verkauft
werden.

kommt, und nach dergleichen Waare fraget, auch sie zu sehen ver
langt; da alsdann oft 8. 10. bis 20. schöne Mädgen aus einem sol
chen Schrank, wie die Soldaten aus dem Trojanischen Pferd, her
für schlieffen, deren Haare hinauf geflochten / die Nägel bemahlt
und das Gesicht mit einem Anstrich gefärbt ist; was aber schon
erwachsene Weibs⸗Personen sind, werden oben in besondern Zim
mern aufbehalten: diese stellen sich vor den Kaͤufer mit aller Sittsam
keit, halten die Hände über einander, und die Augen zur Erden nie
der geschlagen, und wann er es verlangt, muͤssen sie nicht nur das
Gesicht, Zähne und Hände / sondern auch die Füsse, Waden, Brü
ste und alle übrige Theile des Leibes, so sonst die Natur zu bedecken
befiehlt, herzeigen, und befühlen lassen, doch ist dieses nicht eher er
laubt, bevor es mit dem Preiß seine Richtigkeit hat; nach diesem gibt
der Verkäufer ein Zeichen, worauf sie sich alle wieder nach ihren
Kasten begeben, und daselbst verbergen / bis sich wieder ein anderer
Käufer meldet. Viele unter solchen, wie sie die Teutsche Kleidung
gesehen und unsere Aufmerksamkeit beobachtet / haben sich, wie züch
tig sie auch sonst waren, gleichwol des Lachens nicht enthalten könWelche
Sclaven
am theure
sten.

nen. Welche noch für Jungfrauen passiren wollen, werden viel
theurer als die andern gekauft; so scheuen sich auch diejenige, so sich
für keine mehr ausgeben dörfen, im geringsten nicht, entweder öf
fentlich, oder, wann sie noch so viel Schamhaftigkeit besitzen, durch
ihre Herrn zu bekennen, wie lang es ist/ daß sie mit einer Manns
Person zu erst zu thun gehabt haben, und lassen diese sie auch des
wegen beschauen. Die Küͤnstler und Handwerker / und welche man
son
- 418 - 368
Drittes Buch / Zwölfte Abtheilung /

sonsten im Haußhalten brauchen kan, werden im Preiß am höͤch
sten gehalten; wie dann auch die fruchtbarn Mütter und schwange

Welche
von Hauß
zu Hauß
herum ge
führt wer
den.
re Weiber mehr als andere gelten. Die gemeinen Scla
ven von beiderley Geschlecht sitzen vor den Thüͤren ihrer Zimmer,
und wann man sie vor den Haͤußern etlichmal herum gefüͤhrt, ruft
man sie nicht anders, als das Vieh auf den Jahr⸗Märkten aus,
oder wie die Güter, so an die Meinstbietenden verkauft werden;
was nun einer darauf gebotten, das wird zugleich gemeldet, damit
ein anderer wisse, wie viel er noch zusetzen müsse, dafür wird dem
Ausruffer zwey pro Cento gegeben: O ein Blut⸗Geld! Es werden
oft zwey, drey, vier hinter einander von einem einigen Menschen
geführt / und zwar mit Schnup⸗Tüchlein oder Stricken an einan
der gekuppelt, wie die Pferde, die man aus dem Land zu Recrouti
rung der Regimenter schicket. Wir haben hier allerhand Nationen,
Franzosen / Moscowiter, Dänen / Engelländer /
Schweden / Jtaliänern / aus Morea / Polacken / Reussen /
wie auch Araber / Perser und Mohren, aber weder Türken
noch Teutsche angetroffen; doch läͤßt sichs leicht erachten, daß sie
diese letztern sorgfältig werden versteckt haben, damit sie sich nicht
gezwungen seheten / solche nach einmal im zweyten Theil des
12ten Articuls der Passarowitzer Friedens⸗Tractaten

Türken
können
nicht zu
Sclaven
gemacht
werden.
ausgemachten Preiß, um ein geringeres Geld loß zu schlagen; die Tür
ken hingegen sind bey ihnen keiner Knechtschaft faͤhig, welcher dem
nach von dem Christlichen Glauben, oder einer andern Sect, zu der
Mahometischen Religion tritt, wird alsobald auf freyen Fuß ge
stellt, so gewiß ein arglistiger Fund dieses Teuflischen Men
schens, oder vielmehr des Satans selbst ist, wordurch er schon viele
in sein Netz gebracht, und noch täglich bestricket. Die Weibs
Personen werden aus allen Orten der Welt, aus Grichenland /
Candien, Rasnien / Georgien / die besten und schöͤnsten aber

Circaßier
innen die
schönsten
Sclavinnen.
aus Circaßien in grosser Anzahl herbey gebracht, welche
letztere Landschaft in der Moscowitischen Tartarey nicht weit von Asof
ihren Anfang nimmt / und über den Berg Caucasus gegen Nor
den zwischen dem Schwarzen⸗ und gegen Aufgang zwischen dem
Caspischen⸗Meer liegt, gegen Mittag aber an das feste Land
stoßt. Auf diese Weibs⸗Personen wird kein Preiß gesetzt, wann sie
schön sind / sondern eine um hundert, auch um ein, zwey, bis sechs
tau
- 419 -
Von Grichis. Comœdianten/ u. dem Sclaven⸗Markt / rc.
369
tausend Ducaten bezahlt, wann sich ein närrscher Liebhaber findet,
der so viel dafür geben will. Wir haben für diesesmal von den schoͤn
sten keine gesehen, weil die Juden ihren Sabbath hatten / welche mit
diesen ungluͤckseeligen Leuten den stäͤrksten Handel treiben; es werden
auch die schoͤnen Circaßierinnen und andere Schoͤnheiten nicht
auf den Markt gebracht, sondern nur den Vizirn und Vornehmen
in die Haͤuser geführt: so pflegen auch die Juden diese und alle an
dere Sclaven am liebsten zu kaufen, wann sie noch klein sind, die Juden las
sen ihre
Sclaven
in Künsten
unterrich
ten: war
um?

sie dann in allerhand Kuͤnsten unterrichten lassen/ damit sie nach
gehends solche desto höͤher aufs Geld bringen köͤnnen. Die Tar
tarn halten die Sclaven, die sie in dem Krieg bekommen, fuͤr ihre
vornehmste Beute; und als sie in der Mitte des vorigen Jahr
Hunderts von den Türken zu Hüͤlf wider den Roͤmischen
Kaiser geruffen worden, haben sie durch ihre Streiffereyen in SchleDer Tar
tarn grosse
Beute an
Sclaven
im vorigen
Jahr⸗hun
dert.

sien/ Mähren / Oesterreich und Ungarn, ausser was sie sonst ge
raubt, gebrandt und verwuͤstet, in einem Jahr uͤber hundert und
funfzig tausend, und im folgenden Krieg nur allein aus Ungarn
und denen darzu gehörigen Köͤnigreichen 30000. Sclaven zur Beu
te gemacht/ wie man ihnen dann zur andern Zeit 60000. von al
lerhand Alter, Geschlecht und Stand wieder abgenommen. Sie
nehmen aber auf dergleichen Weise nicht nur der Feinde, sondern
auch ihrer Freunde Länder mit, und entblöͤsen sie von Einwohnern,
also daß sie ihre Rauberey allenthalben frey und ungescheut treiben,
und den Tüͤrken nicht selten ihre eigene Unterthanen zuverkaufen ge
ben, unter dem Vorwand, als haͤtten sie solche anderswoher bekomTartarn
Betrug ge
gen die
Türken in
Verkau
fung
der Scla
ven.

men; es haben sich aber die Tüͤrken dieser Beschwehrnuͤß auf eine
andere Weiß loß gemacht, daß jene dergleichen Sclaven an sie zu
verkaufen nun nicht mehr getrauen, deren Namen, Alter und Vat
terland sie aus den Jahr⸗Büchern und denen herausgezogenen Zeug
nüssen nicht beweisen koͤnnen. Es ist in Wahrheit recht erbaͤrmlich
anzusehen, wie so viel elende Leute in so beschwehrlicher und meinst
ewiger Gefangenschaft ihr Leben zu bringen muͤssen / und wie die
Barbarn dieselbige zu der härtesten Arbeit anhalten, und
wolte GOTT, nicht auch zur Sünde mißbrauchten. Der Ca
pigi, unser Füͤhrer, nannte drey aus den unsrigen, nemlich den
Grafen Emanuel Kollovrath / den Herrn von Weipler und
mich /

Aaa
- 420 - 370
Drittes Buch / Dreyzehende Abtheilung /

mich / und versicherte den Hn. Botschafter / daß er füͤr den ersten
gerne 1000. für den andern 333⅓. und fur den dritten 500, Ducaten
auszahlen wolte.


Dreyzehende Abtheilung.



Visite des
Hn. Bot
schafters
bey dem
Mehemet
Aga.
NAchdem nun Se. Hochgraͤfliche Excellenz den Sclaven
Markt genug betrachtet, haben Sie Sich bis fast zu
dem äussersten Theil der Stadt nach dem Mehemet
Aga / den zweyten Bevollmächtigten bey dem Passarowitzischen Frie
den, zu Pferd begeben, und sich nur von wenigen dahin begleiten las
sen, woselbst Sie das Mittagmal eingenommen. Als sie hernach
auf den Abend zu Wasser wieder nach Hauß gekehrt, ist Jhnen von
dem Aga ein schoͤnes Pferd offerirt, und bald darauf nachgesendet
worden: die uͤbrigen haben sich uͤber den Markt durch die oͤffentli
che Kram⸗Läden, welche ich erst küͤrzlich beschrieben, wieder nach

Feuers
Brunst.
Pera gewendet. Dieser Monat hat sich vor andern durch die
Feuers⸗Brünste distinguirt; dann den 28ten ist zu Constantino
pel abermal dergleichen entstanden, welche zwar nicht so
groß, als die letztere zu Tophana, gewesen: den 30ten hat sich ei
ne zu Pera gezeigt / welche doch auch keinen sonderlichen Schaden
verursachet, und gerad gegen des Herrn Botschafters Behau
sung, wo die Kaiserlichen Sprach⸗Knaben mit einem Dolmetsch
wohneten, durch Unvorsichtigkeit des Hof⸗Meisters bey dem Hol
ländischen Gesandten auskommen: Man hat nemlich zur vorhaben
den Wäsche ein groͤsseres Feuer, als sonst gewöͤhnlich, gemacht / wor
durch der Ruß in dem Schor⸗Stein, der sich daselbst mit langer
Hand gesammlet, entzündet, aber durch GOttes Hüͤlfe und unserer
Leute Fleiß bald wiederum gelöͤscht worden. Es kamen auch so gleich
die auf uns bestellte Janitscharn, welche an unterschiedlichen Orten
die Wacht hielten, und ihre Führer mit ihren Staats⸗Hauben,
wie auch die Topchi⸗ und Gebegi⸗Baschi mit ihren Topchis
und Gebegis darzu / da man wol nicht hatte meinen sollen, daß sie
es schon erfahren; welche sich so dann in zweyfacher Linie uͤber die
Gassen gestellt, um den rassenden Poͤbel abzuhalten, und niemand
nahe hinzu zulassen, so daselbst nichts zu schaffen hätte. Des Hn.
Botschafters Leib⸗Wacht, die aus dem auserlesensten Granadi
rern - 421 -
Von einer gefäͤhrl. Feuers⸗Brunst u. Schluß der Fasch.
371
rern des Virmondischen Regiments bestunde, und neben dem
Hasaki Aga und Oda Baschi mit 24. Janitscharn vor dessen
Pallast und der Thür des Zimmers Tag und Nacht bestäͤndig die
Wacht hielten, stunden diesesmal mit aufgepflanzten kurzem Ge
wehr in dem innern Hof, damit niemand mit Gewalt ins Hauß
dringen moͤgte. Se. Excellenz selbsten, nachdem sie die Brieffe Hr. Bot
schafter
stellt sich
bey ent
standenen
Feuer un
ter die
HaußThür / wa
rum?

und Schrifften zusammen gesucht und in eine Kuͤsten verschlossen,
damit man sie bey weiter um sich fressenden Feuer durch den Garten
und die hintere Thuͤr anderweit hinbringen koͤnnte, haben sich von
Jhrem Zimmer herunter begeben, und mitten unter den Thor⸗Weeg
ganz unerschrocken gestellt; und als Sie von dem Hassaki Aga /
Vorsteher dererjenigen Janitscharn, die uns zur Wacht und Si
cherheit gegeben waren, aus Sorgfäͤltigkeit gegen Jhre Person ver
mahnt worden, sich anders wohin zu verfüͤgen, gaben Sie ihm zu
verstehen, wie er sich nur deswegen keine Müͤhe machen solte: Sie
wolten selbst einen Zeugen abgeben, wie sich die Tüͤrken um Erhal
tung der Röͤmisch⸗Kaiserlichen Botschaft bemuͤheten; und wo
dergleichen Zufall ihren Botschafter in Wien begegnen solte, wuͤr
de die ganze Stadt auf seine Erhaltung bedacht seyn: zudem, setz
ten Sie hinzu, koͤnnen meine Leute desto besser wissen, was zu thun ist,
wann sie mich gegenwaͤrtig sehen: worauf der Tüͤrk zur Antwort
gegeben, wie Jhro Excellenz den Janitscharn Aga samt dem
Groß⸗Vizir gar bald hier zu Pera wuͤrden gesehen haben, wann
die Flamme nicht nachgelassen haͤtte, (wie sie doch so gleich gedaͤmpft
worden, nachdem man den Schor⸗Stein niedergerissen/) damit man
nemlich Dieselbige und Dero bey sich habende Leute, so Jhnen durch das
Völker⸗Recht anvertrauet sind, der Gefahr entziehen und ferneres
Unheil verhuͤten koͤnnte: und daß sich dieses also verhalten, haben der
Stall⸗ und Quartier⸗Meister bey ihrer Ruckkunft aus der Stadt
bestättiget, als welche versichert, daß jene schon Weeg⸗fertig ge
wesen und sich uͤber das Meer wollen setzen lassen, wann nicht un
gefehr jemand gekommen, der Nachricht gebracht, daß das Feuer
bereits gedämpft wäre. Der Frantzoͤsische Gesandte, so nicht Sorgfalt
des Fran
zösis. Ge
sandten
bey ent
stehender
FeuersGefahr.

weit von uns wohnte, hat auf allen Fall alle Boots⸗Knechte von
vier Schiffen, samt den Kaufleuten der Nation in seinen Pallast be
ruffen, um ihn, wann es die Noth erfordern solte, bey zustehen,
welche aber nach geloͤschten Feuer wiederum dimittirt worden: er
hat

Aaa 2
- 422 - 372
Drittes Buch, Dreyzehende Abtheilung /

hat auch vor noch wenig Jahren bey dergleichen Gelegenheit, alle
Schiff⸗Leute von 19. Schiffen, die in dem Hafen gelegen, mit ihren
untergebenen Schiff⸗Volk zu sich kommen lassen; ich zweifle aber
ob der Schaden den von ihnen zu erwarteten Nutzen nicht wuͤrde
überwogen haben, weil sie des Mausens gar zu sehr gewohnt sind.
Jndessen liegt der Pallast der Frantzösischen Gesandten sehr vortheil
haftig und von allen Haͤusern abgesondert, daß er gar leichtlich vor
der Gewalt des Feuers und dem ersten Anfall kan geschüͤtzet werden,
woferne nur vertraute Leute bey der Hand sind; ich wuͤrde auch des
halben keinen andern Ort gewust haben, wohin wir mit den Unsri
gen sicherer häͤtten hinfliehen koͤnnen. Unsere nechste Nachbarn ha
ben sich gleich Anfangs mit ihren eingepackten Betten, Kisten, Klei
dern, Leinwand und den kostbarsten Haußrath auf die Flucht ge
Gefahr de
rerjenigen /
bey denen
das Feuer
auskommt
macht, und dieselbige in Sicherheit zu bringen gesucht. Wann ein
Grich, Jud oder Armenier in diesem Hauß, wo die Brunst entstan
den, gewohnt hätte, würde er ohne Zweifel mit Hinterlassung al
ler seiner Sachen davon gelauffen seyn, und sich denen Augen der
Türken entzogen haben / weil er, wann ihn diese actrapirt hätten /
nichts anders zu erwarten gehabt, als daß er von ihnen ohne weitern
Process wäre aufgehenkt worden. Und dieses ist auch die Ursach,
warum oftmals eine so grosse Feuers⸗Brunst aus einem geringen
Funken entstehet, weil die Jnwohner gleich anfangs alles im Stich
lassen / und sich unsichtbar machen, indem sie wol wissen, daß ihre
Emsigkeit bey dem Einpacken mit dem Strick wuͤrde belohnt werden;
aus eben dieser Raison haben sie zu Pera und Galata fast bey al
len Häusern in den Gärten Gewoͤlber, damit sie, was ihnen in
der Eil vorkommt, da hinein werfen koͤnnen / welche sie alsdann mit
Sand bedecken, und darauf ihren Abschied nehmen. Einer aus
unsern Janitscharn sagte mir nachmals, wie es ihm sehr gewundert,
daß des Herrn Botschafters Hauß so lang offen geblieben; sin
temaln sich einige unter ihnen fäͤnden, so bey dergleichen Auflauf al
so bald in die Häͤuser zu brechen und ein groͤsseres Feuer anzurichten su
chen, damit sie unter diesen Vorschub desto bequemer stehlen koͤn
nen: ich gab ihm aber zur Antwort, daß eben darum unsere Sol
daten auf den Hof gestellt worden / damit sie darvor seyn könnten;
welche Hand⸗voll Leute jedoch, wie ich mir leicht einbildete, und er
auch selbsten mir zu verstehen gab, bey einem grossen Tumult wenig
wür
- 423 -
Von einer gefäͤhrl. Feuers⸗Brunst u. Schluß des Fasch.
373
wuͤrden ausgerichtet haben, wo nicht der Janitscharn vornehmste
Officiers ihre Leute durch ihre Gegenwart im Zaum gehalten hätten.
Nachdem nun das Feuer wiederum voͤllig gelöͤscht war, hat man dem
Topchi Baschi in des Herrn Botschafters Zimmer unterschied
liche Getränke vorgesetzt; viele wurden von Sr. Excellenz be
schenckt, welche er bemerkt, daß sie sich in Herbeybringung des Was
sers vor andern geschaͤfftig erwiesen / aber in das Hauß ist zum Lö
schen niemand gelassen worden.


Jm Anfang des Hornungs hat sich der Herr Botschafter
an der Colic, welches Malheur Jhm gar oft zuzustossen pflegte, ei
nige Tag uͤbel auf befunden, weswegen Jhm der Engelläͤndische
und Venetianische Gesandte besucht haben. Er ist aber durch
emsige Sorgfalt des Herrn Dorschaͤus bald wieder davon befreyet
worden, der Jhm auch sonsten in seinen Krankheiten getreulich bey
gestanden. Einige sind in dieser Zeit nach Belgrad auf die Jagd
gegangen, und haben bey ihrer Ruckkunft unsere Kuͤchen mit wil
den Schweinen, Hasen, Rebhüͤnern und Schnepfen versehen. Mit
Briefen aus Marsilien erhielten wir Nachricht, wie daß der Graf
von Althan mit dem Herrn von Preitenau am H. Christ⸗Tag
nach etlichmal ausgestandenen Sturm daselbst angelangt, und den
Nachmittag in dasigen Haven ans Land gestiegen. So wurde uns Nachricht
von dem
Todes
Fall der
Kaiserl.
Frau Mut
ter.

auch mit einem Expressen von Wien Jhro Majestät der Kai
serlichen Frau Mutter Eleonora Theresia Todes⸗Fall be
richtet / wordurch wir in nicht geringe Betruͤbnis gesetzt worden.
Man ist auch so wol unser Seits als bey den Franzosen mit Comoͤ
dien und Dänzen / bis zur Heil. Fasten⸗Zeit fort gefahren, wobey
der Baron Schmiddeg / ein gebohrner Ungar, sonderbare Ehre
aufgehebt / als welcher sich nach Landes⸗Art gekleidet / anfangs einen
Bauern vorgestellt, nachgehends zwey Türkische Säbel genommen
und eine verwunderns⸗wuͤrdige Geschwindigkeit zu grossen Vergnuͤ
gen aller Zuschauer von sich sehen lassen. Indem nun dieses vor
gieng, kam einer aus dem zweyten Adel / den ich jetzo nicht nennen
will / zimlich närrsch gekleidet, und stellte sich neben den Herrn Bot
schafter / und als dieser fragte, wer er wäre, gab er gar vernuͤnf
tig scil. zur Antwort: ich bins, ohne daß er sich weiter zu er
kennen gegeben, oder demasquirt hatte, aus welcher klugen Nach

richt

Aaa 3
- 424 - 374
Drittes Buch / Dreyzehende Abtheilung /

richt Se. Excellenz eben so viel verstanden, als Sie vorher schon
gewust hatten. Den sechsten wurde bey den Venetianern eine
Jtaliänische Comödie gespielt, nach solcher eine kostbare Malzeit ge
Künstliche
Zuberei
tung des
Confects.
geben, bey welcher des Sultans Serrallien zu Constantino
pel mit samt den Garten aus Zucker, Blumen und Früchten ge
macht zu sehen war, um damit nicht nur den Geschmack, sondern auch
das Gesicht und den Geruch zu vergnuͤgen; hierauf ein Danz auf
Einige
vom Adel
tractiren
die Fran
zösische Na
tion.
geführt, und damit bis in die späte Nacht angehalten. Es haben
auch die Grafen Nesselrode und Künigl nebst dem Freyherrn von
Zweiffel in des erstern Behausung die Französische Nation mit ei
nem kostbarn Gastmal tractirt, nach dessen Endigung sie sich alle
zusammen in der Masque nach dem Französischen Pallast zum da
selbst angestellten Ball verfüͤgt. Der Herr Botschafter hat
gleichfalls an andere Gesandten, wie auch an die Abgeordnete, oder
nach dem heutigen Hof⸗Stylo, Deputirte von Ragusa prächtige
Malzeiten so wol zu Mittag als Abends, gegeben, wobey sich auch
Se. Hochwürden Raymundus, Ertz⸗Bischoff zu Ancyra
und Stadthalter des Patriarchens zu Constantinopel ein
Kurzweili
che Bege
benheit mit
einem
Bauern.
gefunden. Sehr lächerlich ist es, was sich den 11. Hornung oder
an dem ersten der dreyen Faßnachts⸗Täge zu getragen: Es
kam ein Asiatischer Bauer zu uns nach Pera / und brachte ein Re
he zum Geschenke mit sich, welches er nach eigner Bekaͤnntnis lan
ge Zeit aufgesucht hatte, damit er den Elchi / wodurch er den Hn.
Botschafter verstunde, sehen moͤgte, und meinte sein Absehen de
sto eher zu erhalten, wann er nicht mit leerer Hand erschiene; diesem
setzte er noch hinzu, daß er eine Reise von dreyen Tage in eben die
sem Absehen vorgenommen, und hoffe nun, er werde seines Wun
sches gewehret werden: er versicherte auch, daß er nicht eher wie
der von dannen gehen wuͤrde / bis er seinen Zweck erreicht und den
jenigen vortreflichen Feld⸗Herrn gesehen hätte / der so viel tausend
Türken in dem letztern und vorigen Krieg in unterschiedlichen
Schlachten erlegt; es schiene aber hieraus, der ehrliche Mann ha
be unsern Herrn Botschafter für den Prinzen Eugenium ge
halten. Se. Excellenz, damit Sie dieser angefangenen Comöͤdie
bey dieser ohnedem allerhand Kurtzweil gewiedmeten Zeit ein lustiges
End machen mögten, haben den gesamten Adel mit den meisten Hauß
Bedien
- 425 -
Von denen unter R. Kais. Schutz stehenden Kirchen rc.
375
Bedienten in dasjenige Zimmer / in welchem des Kaisers Bild
nis unter einem Himmel aufgestellt war, und alsdann auch den
Bauren vor Sich kommen lassen. Der Bauer läßt seine Stiefel
mit samt dem Rehe vor dem Zimmer liegen / und gehet zu dem
Herrn Botschafter hinein, wiederholt die Ursach seiner so weiten
Reiß / wie er sie uns vorher schon angezeigt, kuͤsset den Saum von
dessen Rock, und offerirt Jhm zugleich das mitgebrachte schlechte
Geschenk, anbey bittend, daß Er nicht so wol auf die armseelige Gabe /
als vielmehr das ergebenste Gemuͤth desjenigen / so es verehrt, sehen
wolle: worauf Se. Excellenz ihn seiner Gewogenheit versichert,
und Essen und Trinken vorzusetzen auch etliche Ducaten auszu
zahlen befohlen/ nach welchem allen er doch nicht so viel gefragt,
als daß er den Herrn Botschafter gesehen.


Vierzehende Abtheilung.


DEn 14. Februarj / als den Ascher⸗Mitwoch / ist zu
Fasten⸗An
dacht.

Galata in der Jesuiter⸗Kirchen die erste Französische
Fasten⸗Predigt, auch dergleichen nachgehends noch
mehr, und zwar täͤglich nur den Samstag allein ausgenommen, in
Französischer und Jtaliänischer Sprach gehalten worden, und dieses
wechsels⸗weise theils zu Galata von mehr bemeldten Geistlichen /
wie auch von den Dominicanern/ Capucinern und Minori
ten daselbsten, theils von den Capucinern zu Pera/ sintemaln
dieser Orden so wol hier in dem Königlichen Pallast, als auch zu
Galata ein Closter innen hat, wobey Se. Hochwuͤrden Ray
mundus der Ertz⸗Bischoff / und Stadthalter des Patriar
chen zu Constantinopel sich oͤfters eingefunden; wie dann nicht
weniger diejenige, so aus den Unsrigen Französisch und Jtaliänisch
verstanden, sich in grosser Anzahl dahin begeben, um das Wort
GOttes mit anzuhören, und sich bey dieser Heil. Zeit zu erbauen.
Jngleichen hat es auch in der Teutschen Kirche / bey den Franci
scanern an dergleichen Andacht nicht gefehlt, angesehen alle acht
Tage zwey Predigten zur Erweckung ernstlicher Reue und Leid uͤber
die Sünde, und zwar eine Teutsche des Sonntags von Joseph
Lovina / aus der Gesellschaft Jesu, der mit uns von Wien hieher
gerei
- 426 - 376
Drittes Buch / Vierzehende Abtheilung /

gereiset war, und eine Jtaliänische des Mitwochs, von dem Wohl
Francisus
Lombar
dus, ein be
rühmter
Redner.
Ehrwuͤrdigen Vater Petrus Franciscus Lombardus à Taurino
Päbstlichen Verordneten / oder Custos der Franciscaner⸗Clöͤster in
diesen Landen, oder, wie man in den Cloͤstern zu reden pflegt, der Cu
stodie gegen Aufgang, so vorhin viele Jahre des Hertzogs von
Savoyen und Königs in Sardinien Hof⸗Prediger gewesen,
und dessen gleichen an wol gesetzten Reden, Nachdruck der Sache,
Beredtsamkeit und Eifer Constantinopel nicht bald gehabt, noch
auch so bald wieder bekommen wird; wie sich dann so wol
der Herr Botschafter / als alle übrige von der Gesandtschaft über
diesen Mann zum öftern verwundert: und nachdem Se. Excellenz
einsmals Verrichtungen wegen zu spat in die Predigt gekommen, hielte
er so lang, bis Sich dieselbige niedergelassen, innen, fienge darauf
in einem kurzen Begrief an alles vorige in gleicher Zierlichkeit zu
wiederholen, bis er wieder dahin gekommen, wo er vorhero aufge
höͤrt hatte, und ist alsdann ohne Anstoß in seiner Rede fortgefah
ren. Wer ihn nur höͤrte, bedauerte nichts mehrers, als daß die
Predigt schon ein Ende haben solte / und wuͤnschte, daß er solche
ganze Stunden lang fort setzen moͤgte; sintemaln er den Menschen
nicht allein bewegte, sondern ihn auch durch seine angreifende Re
dens⸗Arten ganz einzunehmen wuste. Jch habe hiebey erinnert, daß
die Franciscaner⸗Kirche der Teutschen eigene Kirche seye, um
Jrrthum
des P. Ta
villon, als
ob die Teut
schen zu
Constanti
nopel keine
Kirche hät
ten.
denjenigen Jrrthum zu begegnen, welchen der P. Tavillon ein Fran
zos, aus der Gesellschaft Jesu, in seinem Buch von den neuen
Denkwürdigkeiten der Aussendung der Jesuiten nach O
rient / so zu Paris in Französischer Sprach 1715. bey Niclaus
Clerc heraus gekommen, behaupten will, als ob nemlich die Teut
schen zu Constantinopel keine Kirche innen hätten, und alle Kir
chen, so daselbst gedultet würden, unter Französischen Schutz stün
den. Der Titul des angeführten Buchs ist im Französischen dieser:
Nouveaux Memoires des Missions de la Compagnie de Jesus
dans le Levant. à Paris chez Niclas de Clerc. 1715. du P. Tavillon
de la Compagnie de Jesus Missionaire de la Grece
: worinnen
pag. 11. folgende Worte nachzuschlagen: Comme les Alemands
n’ ont point d’Eglise a Constantinople, c’est encore dans la no
tre, qu’ ils font toutes leurs grandes Ceremonies, mais tou
jours avec la permission expresse des Ambassadeurs du Roy. Le
Comte
- 427 -
Von denen unter R. Kais. Schutz stehenden Kirchen rc.
377
Comte Caprara, un de leurs Ambassadeurs, y est inhumé, et
j’y ay vu faire pendant plusieurs jours les obseques de deux der
nieurs Empereurs
: über welche Nachricht ich mich recht sehr ver
wundere, angesehen jederman weiß, der nur einige Erfahrung in den
Morgenländischen Sachen hat, daß nicht allein zu Constantino
pel / sondern auch zu Smyrna / Chio / Tunis und Rhodis Andere un
ter Röm.
Kaiserl.
Schutz ste
hende Kir
chen.

Clöster von diesen Orden zu finden / welche insgesamt zu einer Cu
stodie gehöͤren / und alle unter des Römischen Kaisers Schutz
stehen, deren Priester nicht anders, als wie die andern Orden, ihren
GOttes⸗Dienst öfentlich verrichten, der Gefangenen pflegen, ihnen
die Freyheit zu wegen bringen / die Schwachen im Glauben stärken,
die Jrrenden wieder bringen, und mit Almosen und andern Liebes
Werken an die Hand gehen. Es ist wahr, daß der Graf Capra
ra / Kaiserlicher Botschafter / in der unter Französischen
Schutz stehenden Jesuiter Kirchen hat wollen begraben werden / und
daß auch die Exequien des Kaiser Leopolds und Josephs da
selbst gehalten worden, wie ich aus den Ordens⸗Buͤchern selbst ver
nommen: allein es mag seine sonderbahren Ursachen gehabt, oder
die Franciscaner⸗Kirche in der Asche gelegen haben, also daß nir
gends als in dieser Französischen Haupt⸗Kirchen zu Constantinopel
dergleichen besser verrichtet werden koͤnnen; und hierzu war allerdings
die Erlaubnis des Französis. Gesandten vonnoͤthen / absonderlich zu
der Zeit, da beide Cronen mit einander im Krieg verwickelt gewesen:
gleichwie auch die Franzosen es erst von dem Kaiserlichen Gesand
ten oder Residenten erhalten muͤsten, wann ihnen dergleichen Zu
fall / welches wir ihnen doch nicht wuͤnschen wollen / begegnen solte,
und sie etwan einige geistliche Verrichtung in unserer durch GOt
tes Gnade, und Freygebigkeit frommer Christen, besonders aber
der Herrn Dalmann und Fleischmann sehr schoͤn renovirten Kir
che verrichten wolten, welche nunmehr von innen viel zierlicher aus
gemacht und mit neuen verguldeten Altären versehen ist. Es ist auch Gerechtig
keit der
Teutschen
Kirchen.

dieselbige eine von denenjenigen Pfarr⸗Kirchen, welche daselbst die
Gerechtigkeit haben, die Heil. Sacramenten darinnen zu admini
striren und den uͤbrigen GOttes⸗Dienst zu verrichten und, wie ich
gänzlich dafür halte / eine von den ersten, Dero Geistliche oder Mis
sionarien, und zwar nicht anders als nach einem scharfen Examen
in

Bbb
- 428 - 378
Drittes Buch/ Vierzehende Abtheilung /

in Gegenwart dichtiger und geschwohrner Zeugen, deme jederzeit
ein Cardinal und der Secretaire dieser Versammlung beywohnet,
aus den Kaiserlichen Erb⸗Landen von den Paͤbsten, oder wenigstens
mit deren Einwilligung, von der Congregation de progaganda
fide genommen werden; welche so dann nach erhaltener Confirma
tion ihr Gelübd ablegen, dieser Mission in allen nach zu kommen,
bey welcher sie nachgehends verbleiben, oder von dar wie
der zuruck beruffen werden, nachdem es die Vorstehere dieser Ver
Wollen die
Franzosen
an sich zie
hen.
sammlung für gut befinden. So ist auch gar wol bekannt, daß ge
dachte Franciscaner öfters von den Französischen Gesandten ange
sprochen worden, daß sie sich unter den Französischen Schutz begeben
solten, und auch deswegen, weil sie sich nicht darzu verstehen wol
len, vielen Verdruß erdulten muͤssen: doch haben die Franzosen
gleichwol noch bis diese Stunde nicht erhalten / was sie mit solchem
Eifer gesucht. Nachdem diese Vätter einmal in denenjenigen Län
dern, nemlich an dem Ufer des kleinern Asiens und dem Egaͤischen
Meer, so weit sich nemlich die Custodie dieser Geistlichen erstreckt,
nach vielen Herumschweifen und erlittenen Verdruß, auf des Car
dinal Leopold Kollonitz Ansuchen bey den beiden Kaisern
Leopold und Joseph Glorwürdigsten Andenkens / wider die
Gewalt und Unterdruckung der Tüͤrken in Schutz genommen wor
Darinnen
ist das Oe
sterrei[chi]sche
Wappen
aufgehenkt
den, haben sie des Aller Durchlauchtigsten Hauses Wappen
so wol in der Kirchen als in dem Speiß⸗Saal aufgehenkt, woselbst
sie noch unter gegenwäͤrtiger Regierung unsers unuͤberwindlich
sten Kaisers Carls VI. zu sehen, für dessen Wolfarth und Auf
nehmen in allen ihren Kirchen so wol, als in den andern Clöͤstern
Warum sie
zugleich
unter Hol
ländischen
Schutz ste
hen.
für den Köͤnig in Frankreich / öffentlich gebetten wird. Sie ha
ben jedoch auch neben den Kaiserlichen die Hollaͤndische aufge
richtet / damit, wo ein Krieg zwischen dem Occidentalischen und
Orientalischen Kaiser entstuͤnde, sie doch nicht ohne Schutz seyn
moͤgten, zu welcher Zeit auch die Kaiserlichen weggenommen und
nur die Hollaͤndischen gesehen werden. Zu diesem Ende sind sie
auch von dem Gott⸗seeligsten Kaiser Leopold denen Herren
Staaten anbefohlen worden, die sie auch deswegen ihrem Ge
sandten zu Constantinopel / dem Grafen Jacob Collyer/
dem Freyherrn von Hochpied / und denen Richtern zu Smyr
na/ - 429 -
Von denen unter R Kais. Schutz stehenden Kirchen rc.
379
na / Chios und Mytilenen aufs beste recommendirt haben; wel
ches auch so viel gefruchtet, daß sie um ihrer Principaln Befehl zu
beobachten / und dem Kaiser selbst etwas angenehmes hierdurch zu
bezeigen, nicht nur den aufgetragenen Schutz ihnen nachdrüͤcklich an
gedeyhen lassen, sondern so gar auch auf ihre eigene Kosten diese ar
Wie weit
sich der Rö
mis. Kaisere
Schutz
über die
Kirchen in

Orient er
strecket.

me Geistliche zum öftern unterhalten. Es ist aber der Röͤmische
Kaiser nicht nur über gedachte Franciscaner / sondern auch üͤber
noch mehr andere Kirchen in Orient/ ein maͤchtiger Schutz⸗Herr;
und weil Er durch seinen Botschafter / den Grafen von Vir
mond / vermittelst eines Fermans oder Schreibens von dem
Groß⸗Vizir jenen erst neulich in der Insul Chio wiederum eine
Kirche zu wegen gebracht / auch eben daselbst denen weltlichen
Priestern ihre Cathedral⸗Kirche Krafft eines vom Sultan
selbst unterschriebenen Befehls / oder Catacherif / wiederum eröf
net, als ist der Römische Kaiser für deren Schutz⸗Herr eben so
wol zu halten, und wird auch diejenige, so die Patres Trinitarier
nunmehr auf erhaltene Erlaubnis des Tuͤrckischen Kaisers / und
vorher gegangenen Ansuchen des Herrn Botschafters aufbauen
werden, des Römischen Kaisers Schutz zu geniessen haben.
Wann nun die Franzosische Authorität uͤber die Orientalische Kir
chen so gar groß ist, wie sie der P. Tavillon gern machen will, wa
rum lassen sie dann die schon vor vielen Jahren zu Galata abge
brannte Dominicaner⸗Kirche nicht wieder aufbauen, damit die
guten Leute nicht noͤthig hatten, ihr Speiß⸗Zimmer an statt der
Kirchen zu gebrauchen, worinnen sie noch bis auf diese Stunde ih
ren GOttes Dienst verrichten. Jch läugne aber dabey nicht, daß Erhaltene
Vortheile
der Kirche
zu Jerusa
lem von
dem König
in Frank
reich.

durch des jetzt⸗regierenden Koͤnigs in Frankreich Gesandten /
Marquis de Bonac, der Kirche zu Jerusalem viel Vortheil zuge
wachsen, und unter andern derselben Erneuerung und Ausbesse
rung durch seine dißfalls angewendete Bemuͤhung verstattet worden;
ich bin auch nicht in Abred, daß die Franzoͤsischen Patres aus der
Gesellschaft Jesu durch Vorschub des P. Benier, eines beruͤhmten Die den Je
suiten
durch P Be
nier zu
Constanti
nopel er
haltene
Vortheile.

Mathematici und GOttes⸗Gelehrten, welchen Namen er durch sei
ne gedruckte Schrifften sich längst erworben, einigen Vortheil er
halten, weil er sich bey dem Moufti und Groß⸗Vizir wegen seiner
Wis

Bbb 2
- 430 - 380
Drittes Buch / Vierzehende Abtheilung /

Wissenschaft in der Mathematic sehr beliebt gemacht, auch Jhnen
unterschiedliche von ihm verfertigte Sachen verehrt hatte; worunter
dann nicht der Geringste ist, daß ausser ihnen kein geistlicher Orden in
dem ganzen Reich eine gewöͤlbte Kirche, und noch darzu mit einem von
Bley bedeckten Thurn, aufbauen darf, als welche Art sie nur allein ih
ren Moscheen und Köͤnigl. Gebäͤuen vorbehalten; ich gebe auch
gar gerne zu, daß ihrer Nation von den Orientalischen Kaisern so
viele Freyheiten ertheilt worden, als sie vielleicht vorhin noch nie ge
habt: nur dieses kan ich nicht billigen, daß einige Unverstäͤndige unter
ihnen ihren eigenen Lands⸗Leuten so gar viel schmeicheln, und ihnen das
jenige zueignen, was doch mit der Warheit keineswegs uͤbereinstimmt.
Mißbillig
te Schmei
geley eines
Französ.
Mönchen.
Was ist nicht dieses für eine ungereimte Fuchsschwaͤnzerey, wann ein
schmeichlender Monch seinen noch minderjaͤhrigen Koͤnig, in weni
gen Zeilen zweymal einen Kaiser der Franzosen nennet? Dann
da kan man in der Canzley des Französischen Gesandten / so er erst
ganz neu auffüͤhren lassen / folgende Jnschrifft lesen:


Imperante Ludovico XV.
Gallorum Imperatore,
Ad Securam Scriptorum & De
positorum
Nationis Gallicae Conservationem
Hujus
Aedificii Prima Fundamenta Po
suit
Excellentissimus Johannes Ludo
vicus
D’Usson Marchio De Bonac
Ejusdem
Imperatoris Ad Portam Ottomani
cam
Orator --- Nonis Julii
MDCCXIX.


Diese Schmeicheley hat dem Französis. Gesandten, als einem sehr klu
gen und verstäͤndigen Herrn, dermassen mißfallen, daß Er sich öͤfters
ver
- 431 -
Von denen unter R. Kais. Schutz stehenden Kirchen rc.
381
vernehmen lassen, wie diese Aufschrift, welche sonst noch gut genug gewe
sen, sehr uͤbel gerathen seye; und wer weiß, ob er sie nicht noch einmal wie
der ausstreichen und eine andere an die Stelle setzen werde.


Jn der Jesuiter⸗Kirche findet man folgende Grabschrift / die
der P. Benier verfertiget hat:


Hic Requiescit Ab Heroicis Laboribus
Schmeich
lerische
Grab
schrift / von
P. Benier
des Tökely
Gemahlin
gemacht.

Virilis Animi Mulier, Sexus Sui Ac
Seculi Gloria,
Celsissima Domina Helena Zerinia,
Zeriniæ, Atque Francipaniæ Gentis
Decus Vltimum,
Tköckolyi Principis Uxor, Olim
Rakoczyi Utroque
Digna Conjuge.
Magnis Apud Chroatas Transyl. Hung.
Siculos Inclyta Titulis,
Factis Ingentibus Toto In Orbe
Clarior,
Varios Æqua Mente Fortunae
Casus Experta, Par Prosperis,
Major Adversis,
Cumulatis Christiana Pietate
Bellicis Laudibus
Fortem Domino Reddidit Ani-
mam,
Mortem Eluctata In Suo Florum
Campo
Ad Nicomediensem Bythiniæ Si
num,
Anno Salutis MDCCIII.
Ætatis LX. Die XVIII.
Februarii.

Wel

Bbb 3

- 432 - 382
Drittes Buch, Vierzehende Abtheilung /

Welche Grabschrift ich gewiß für auserlesen halten und nichts da
ran aussetzen wolte, wann dieser gelehrte und verstäͤndige Mann sei
ner nicht so gar sehr vergessen, und dieses zwar sonst beruͤhmte Weib
nicht darum uͤber ihre Verdienste gelobet häͤtte, weil sie sich füͤr eine
Freundin der Franzosen aufgeworfen.



Sodomiti
sche Geil
heit der
Türken.
Jn wehrender Fasten Zeit, da wir unserer Andacht abwarteten,
trafen die Türken einsmals in demjenigen engen Gaͤßlein, wordurch
man nach dem Franciscaner⸗Closter gehet / einen Bedienten des
Herrn Botschafters an, und weil es ein junger Mensch von fei
ner Gestalt war, wolten sich diese geile Lotterbuben desselbigen zu ih
rer schäͤndlichen Unzucht mißbrauchen: er hat aber durch sein Ge
schrey unsere Wacht reg gemacht, daß sie ihm zu Huͤlfe gekommen;
und ob sie zwar hierauf die Flucht gegeben, ist doch einer von un
sern Janitscharn erkannt / und in das Gefängnis geführt / auch da
selbst für seine verwegene That nach Verdienst abgestrafft worden.
Jm übrigen aber ist in diesem Monat wenig merkwuͤrdiges passirt, so
einer weitläuftigen Beschreibung vonnöthen hätte.



Visite des
Hn. Bot
schafters
bey den
Abgeord
neten von
Ragusa.
Der Herr Botschafter hat sich indessen wiederum zweymal
nach der Stadt begeben: emmal zu den Abgeordneten der Repu
blic Ragusa / um ihnen auch eine Visite zu gehen, nachdem sie selbst
zum öftern so wol im Lager als zu Pera bey Sr. Excellenz sich
eingefunden; das andermal zu dem Groß⸗Vizir / damit die Zeit
Divertisse
ment des
Sultans.
und der Tag unserer Abreiß möͤgte fest gestellet werden. Der Sul
tan ließ auch zu seinem Divertissement eine grosse Tschaicke oder
Nachen mitten auf das Meer stellen, welche Jhm zum Ziel dienen
muste, nach welchem Er aus seinem Pallast mit unterschiedlichen an
den Mund⸗Löchern verguldeten Stüͤcken geschossen, bis sie endlich
Abreise des
Freyherrn
von Rus
senstein
nach Vene
dig.
gesunken ist. Der Freyherr von Russenstein / den der Herr Bot
schafter an den Grafen von Schulenburg recommendirt, hat
sich auf ein Französisches Schiff begeben, mit demselbigen nach Ve
nedig zu schiffen, ist aber wegen entstandenen Sturms wieder in
den Haven eingelaufen / und erst den andern Tag in die See gegan
gen: hingegen ist ein anderes Schiff, so mit diesem zu einer Zeit
ausgelauffen, im Angesicht der Stadt zu Grund gegangen. Die
Brieffe so man diesesmal nach Wien abgeschickt, haben den Hof
Erledi
gung eines
Sclavens.
von unserer Abreise Nachricht gegeben. Um diese Zeit hat auch der
Herr Botschafter einen Sclaven, der sich von einer vornehmen
Famil
- 433 -
Von denen unter R. Kais. Schutz stehenden Kirchen / rc.
383
Famille aus Neapoli zu seyn ruͤhmte, um 126. Ducaten ausgeloͤßt,
und ihn anbey mit Kleidern / weissen Geräth und aller Nothwen
digkeit versehen lassen. Den 2ten Mertz ist Seiner Excellentz
Bedienten
wird die
SophiaKirche zu
sehen ver
gönnt.
aus einer sonderbahren Höflichkeit der Tüͤrken, und auf Bedienten
des Herrn Botschafters Ansuchen, die Sophia⸗Kirche, in
welcher der Adel schon vor zwey Monaten gewesen, zu sehen gleich
falls erlaubt worden; allein da sie daselbst angelangt, hat man sie
wegen Abwesenheit des Kirchen⸗Dieners gleichwol nicht hinein ge
lassen / musten derohalben den 4ten dito sich noch einmal dahin be
geben. Eben zur selbigen Zeit kamen auch die Pilgrame von Me
cha wieder zuruck, landeten zu Scutari an / und wurden den folPilgrame
von Mecha
zurück.

genden Tag darauf nach Constantinopel übergesetzt; ehe sie aber kommen
noch dahin giengen, begab sich unser Stallmeister in verwechselten Klei
dern mit einem Dolmetsch hinuͤber, für den Herrn Botschafter
etliche schoͤne Pferde einzuhandeln; dann wann einer Teutsch geklei
det ist, muß er gleich mehr für eine Sache bezahlen, weil die Tuͤr
ken meinen / daß ein solcher von den Lands⸗Gebrauch und deren
Waaren keine genugsame Wissenschaft habe. Es stattete auch bey
dem Herrn Botschafter der erste Tefterdar oder Zahl⸗Meister
seine Visite ab, welcher sodann bey seinem Abschied mit einem Glä
sernen Häng⸗Leuchter beschenkt wurde. Den 3ten besagten Mo
nats hat der Hollaͤndische Gesandte seiner Gemahlin zu Ehren,
die eine gebohrne Grichin ist / nach Grichischer Manier Faßnacht
gehalten. Den 4ten haben Seine Hoch⸗Graͤfliche Excellentz
dem Baron Romberg die erste Hauptmannschaft unter seinem Re
giment, oder seine Leib⸗Compagnie / zur Belohnung seiner Ver
dienste übergeben.


Als dazumal, wie die Unsrige nach der Sophia⸗Kirche auf Sultan ge
het mit
zweyen
Prinzen
auf die
Jagd.

dem Weeg waren, der Sultan mit zweyen seiner Prinzen und
einer grossen Anzahl zu Pferd auf die Jagd gieng, und den einen
von gedachten Prinzen an seiner Seiten, in dem Wagen sitzend,
den andern aber neben sich her reitend hatte, ließ Er jedermann aus
dem Weeg gehen, damit man Jhn desto besser solte sehen koͤnnen.
Er wurde von mehr als tausend Reutern begleitet, und die mit
geführten Hunde waren mit Panzern versehen, daß also daraus zu
muthmassen, wie Er etwan auf eine Bären⸗ oder wilde⸗Schweins
Jagd - 434 - 384
Drittes Buch / Fünfzehende Abtheilung /

Jagd ausgieng, und dieses nur allein Lusts halben vorzunehmen ge
dächte, angesehen die Türken von dergleichen Wildbret nichts zu es
sen pflegen. Zu solcher Zeit hörte man auch viele Stuck⸗Schüsse
aus dem Kaiserlichen Pallast gegen das Meer vor dem Helle
spont, davon ich aber keine andere Ursach zu geben weiß / als weil
der Kaiser auf das Feld gegangen. Der Herr Botschafter
hat indessen den Französischen und Engeländischen Gesand
ten zu sich invitirt; wie Er dann auch selbsten dieselbige bisweilen
heimzusuchen gewohnt war. Auf ein andermal gieng Er mit den
Herren von Camber und Klimberg nach dem Nischanschi
Bascha / von welchen Sie schöne Türkische Tüchlein verehrt be
kamen. Es wurden auch Brieffe mit zweyen unterschiedlichen Cou
rier nach Wien abgefertiget / der eine zwar von unsern Herrn
Botschafter über Siebenbürgen; der andere aber von dem
Engeländischen Gesandten den nechsten Weeg nach ermeldter
Einer aus
der Bot
schaft wird
von einem
Boots
Knecht mit
einem Mes
ser über
loffen.
Kaiserlichen Residentz. Den 8ten dito hat ein Boots⸗Knecht
oder Levantin den Herrn Matoni bey hellen Tag auf offentlicher
Gassen ohne einige gegebene Ursach mit dem Messer in der Hand an
gefallen, welchen er aber mit dem Degen zuruck getrieben, der her
nach von den Janitscharen aufgefangen, und dem Cadi überbracht
worden, so ihn auf Begehren des Herrn Botschafters wegen die
ses unternommenen Frevels abstraffen solte.


Fünfzehende Abtheilung.


DEn 13ten Martj bekam derjenige Armenier seinen verdien
Execution
an einen
Armenier
wegen ver
übten
Mords.

ten Lohn, welcher den 29ten des vorhergehenden Monats
unweit des Herrn Botschafters Wohnung einen andern
Grichen mit einem Dolch einen toͤdlichen Stoß beygebracht wor
an dieser auch bald darauf sterben müͤssen: er wurde an eben diesem
Ort abgestrafft, wo er den Todschlag begangen, und eben an dem
jenigen Wochen⸗Tag, auch in eben der Stunde ihme der Kopf ab
geschlagen. Man führte ihn zu der Richt⸗Stadt ganz ledig und un
gebunden, und war er nur von etlichen Janitscharen umgeben, die
statt der Waffen ihre Stecken in den Händen hatten, aber kein
Priester dabey zu sehen; da wurde auch sonst keine Vorbereitung
zum
- 435 -
Von unterschiedl. theils auch fehlgeschlagenen Execution.
385
zum Tod gemacht, als wann es eine gar geringe Sache, wann
man aus diesen Leben in die Ewigkeit wandern muß, und eben so viel
wäre, als wann man zur Hochzeit gienge. Daselbst wurde er bis
auf die Hosen ausgezogen, und von den Janitscharen ein Creiß ge
schlossen: der Maleficant aber stunde frey mit gebogenen Leib und
vor gestreckten Hals, und erwartete in solcher Positur den Streich
von dem Scharf⸗Richter, welchen dieser auch glücklich geführt,
ihm den Fuß in den Rucken gesetzt / und damit zu Boden gestossen,
daß er auf den Bauch zu liegen gekommen. Der entseelte Leib bleibt
hierauf jederzeit drey Tage ohne einigen Waͤchter liegend, so daß er
kaum vor den Hunden, deren alle Strassen voll sind, sicher ist;
wann diese Zeit vorbey, wird er weggenommen, und entweder ins
Wasser geschmissen, und den Fischen zur Speiß uͤberlassen/ oder
wann ihm noch eine Gnade geschiehet, begraben. Gleich des an
dern Tages sind ihm die Hosen abgenommen gewesen, und er also
ganz blos mehr zur Aergernuͤß als zum Exempel da gelegen; so war
auch der Kopf nicht mehr zu sehen, von welchem ich nicht weiß, ob
er von den Freunden weggenommen worden, damit ihn nicht jeder
Köpfe der
Baschen
pflegen zu
Constanti
nopel öf
fentlich
ausgestellt
zu werden.

mann im Vorbeygehen gleich erkennen solte, oder ob man solchen
in einen Sack nach Constantinopel gebracht, und daselbst drey
Tag öffentlich ausgestellt, weil mir nicht bekannt, wie man es mit
denen hier wohnenden zu halten pfleget: dieses aber weiß ich wol,
daß die Köͤpfe der Baschen und andern Vornehmen, welche sich
anderswo aufhalten, nach Constantinopel gebracht, und daselbst
öffentlich aufgestellt werden muͤssen, damit kein Betrug mit unter
laufe / und ein solcher / den der Sultan oder Groß⸗Vizir, es
sey nun mit Recht oder Unrecht/ hinzurichten befiehlet / etwan
heimlich verschont bleibe. Zu diesem Ende liegen so wol zu Constan
tinopel als Adrianopel vor dem grossen Thor des Pallasts
zween grosse weisse Marmel⸗Steine, worauf man die Koͤpfe dieser
Unglückseeligen stellet, und dem Volk öͤffentlich sehen laͤsset. Dieses
Amt aber verrichten die Capigi Baschi / welche deswegen ihren Hinrich
tung der
Vorneh
men durch
Capigi
Baschi ver
richtet.

Häscher immer bey sich haben, wo sie auch hingehen; ja es kan gar
wol seyn / daß ein solcher Kaiserlicher Cammerherr seinen Be
dienten bisweilen zu Hülfe kommen muß, wann dieser mit seiner die
Kunst nicht recht umspringen kan, oder der Erdrosselte nicht so
gleich

Ccc
- 436 - 386
Drittes Buch / Fünfzehende Abtheilung /

gleich sterben will, damit ihme die Schmerzen des Todes möͤg
ten verringert werden.


Es sind aber nichts destoweniger dieser beiden Verrichtungen

Bringt ih
nen guten
Gewinn.
nicht so schlechter Dings zu verwerfen, und bey den Tüͤrken in nicht
geringen Ansehen, sintemaln die Häscher / als Handlanger der
Gerechtigkeit, das erkannte Recht vollziehen, jene ihre Herrn aber
Sorge tragen, damit des Kaisers Befehl nachgelebt werde, wel
chen er auch jederzeit zu uͤberbringen pflegt, und daraus nicht wenig
Nutzen ziehet; dann weil diese Leute eben so wol zu Uberbringung an
genehmer⸗ als trauriger Botschaft gebraucht werden, so geschiehet
es / daß, wann sie jemand eine erwuͤnschte Zeitung bringen, als
daß er ein höͤheres Amt oder vornehmere Stelle erhalten, oder ein
Present von dem Sultan oder Groß⸗Vizir zum Zeichen ihrer
Gnade und Wolgewogenheit zu zustellen haben, oder daß der Feind
geschlagen, eine Stadt erobert oder etwas anders Erfreuliches pas
sirt seye, werden sie jederzeit sehr reichlich beschenkt: muͤssen sie aber
traurige Bothen abgeben, und einem sein Todes⸗Urtheil durch das
Schwerdt oder Strick ankuͤndigen, partiren sie, weil sie allein sind,
viele Sachen der Verurtheilten auf die Seiten, worinnen ihnen dann
die Pforte durch die Finger siehet: und wann dieses nicht wäre,
wuͤrden diese vornehme Cammerheren mit einem so geringen Sold,
als 150. Asperl / oder 50. Para / so in unserm Geld 100 Kreutzer,
und also noch nicht einmal zwey Rheinische Gulden ausmachen,
nicht so viel Weiber, Knechte, Sclaven, Pferde, Joch⸗Viehe
und anderes dergleichen, ihrem Stand gemaͤß, unterhalten koͤnnen;
worinnen aber gleichwol ein Capigi immer gluͤcklicher als der ande
re ist, indem sich die vornehmen Tuͤrken nicht mehr so einfaͤltig,
Kara Mu
stapha wor
innen er
sich un
glücklich
hielte.
wie zu Zeiten Kara Mustapha Bascha aufführen, sintemaln
dieser in allem sehr glückliche Groß⸗Vizir sich öffentlich verlauten
lassen, daß Jhme nun nichts mehr abgehe sein Glüͤck vollkommen
zu machen, als die Marter⸗Crone, oder ein auf des Sultans
Befehl an Jhm vollzogener gewaltsamer Tod, womit Jhm seine
Verdienste moͤgten vergolten werden. Diejenige haben noch weit
klüger gehandelt, welche den üͤberschickten Strick / ohne weitere Un
tersuchung, ehrerbietigst geküßt / und ihnen solchen selbst um den
Hals geworfen. Ein gewisser Bascha von Babylon aber, der,
wo
- 437 -
Von unterschiedl. theils auch fehlgeschlagenen Execution.
387
wo ich mich nicht irre, Abdola geheissen, und ein alter auch in den Eines Ba
scha zu Ba
bylon Re
solution
auf ange
kündigtes
Tods⸗Ur
theil.

Türkischen Affairen sehr wol erfahrner Mann war, wuste es noch
besser anzufangen, als welcher noch nicht gar lang dreyen zu unter
schiedlichen Zeiten an ihn mit seinem Todes⸗Urtheil abgefertigten
Bothen die Köpfe abschlagen und nach Constantinopel an statt
des Seinigen wieder zuruck schicken lassen, wodurch er verursacht /
daß sich niemand mehr finden wollen, so ihm dergleichen Botschaft
überbrächte, sondern suchten sich entweder vermittelst einer zuläng
lichen Entschuldigung von dieser Commission loß zu machen, oder
sie gehen unterwegs gar durch / oder nehmen auch wol ihre Zu
flucht zu dem Bascha selbst. Wir haben auch noch ein ganz neues
Exempel an dem Janum Hodgia/ der noch vor kurzer Zeit CaDerglei
chen Exem
pel an dem
Janum
Hodgia.

pudan Bascha gewesen: dieser war aus Coron, einer vornehmen
Stadt in Böotien gebürtig / von gar geringen Herkommen / und
von den Venetianern im verwichenen Krieg des vorigen Jahr
Hundert gefangen, als der Venetianische Feldherr Morosini die
Halb⸗Jnsul Morea in Grichenland der Republic unter
worfen, welche Sie im letztern Krieg wieder verlohren. Hier
auf hat man Jhn auf die Galee des Vincentius Basta gebracht, und
daselbst viele Jahre aufbehalten, bis dieser, nach dem die Türken
Morea wiederum erobert, allwo er Stadthalter oder Provedita
gewesen, auch gefangen worden. Hier hat sich nun der Janum
Hodgia des gütigen Tractaments erinnert, mit welchem ihm Vin
centius Basta begegnet, und, weil er ihn so gleich erkannt, viel besser
als die übrigen tractirt, den wir auch nachgehends zu Pera mit
noch mehr andern Generaln herum gehen sehen; dann weil der
Holländische Gesandte wegen des Löͤß⸗Gelds gut gesprochen / ha
ben sie alle ihre Freyheit wiederum erhalten. Als nun Janum
nach damals geschlossenen Frieden von den Venetianern wieder
auf freyen Fuß gestellet und zu den Seinigen gelassen war / hat er
bey unterschiedlicher Gelegenheit eine grosse Wissenschaft im See
Wesen gezeigt, und ist deswegen vom Ahli dem Groß⸗Vizir
zum Capudan Bascha erklärt worden. Bey dieser Bedienung
hat er sich endlich einen unglaublichen Reichthum zu wegen gebracht, Macht sich
verdächtig
wegen sei
nes Reich
thums.

so daß er / wo ich nicht irre, eben derjenige ist, der um Erlangung
des dritten Roß⸗Schweifes, als der ersten Vizir vornehmstes Zei
chen / 300. Beutel oder 50000. Ducaten angebotten hat; weil
man

Ccc 2
- 438 - 388
Drittes Buch / Fünfzehende Abtheilung /

man aber glaubte, daß er noch mehr verborgene Schätze haben mü
Wird von
seinem leib
lichen
Sohn an
geklagt.
ste / und über dieses von seinem eigenen Sohn, welcher seines Va
ters Bedienung nachstrebte / angeklagt worden, als ob er dem Kai
serlichen Befehl zu Methon in Morea nicht nachgelebt /
hat man ihn gefänglich angenommen / mit spitzigen Eisen un
Welcher
nachge
hends ei
nes ge
waltsamen
Tods stirbt.
ter die Finger⸗Nägel gestochen, und grausam gequaͤlt. Der VaterMörder ist vor ungefehr drey Jahren eines gewaltsamen Tods ge
storben, der Vater selbst aber abgesetzt, und durch Hülf eines
Tefterdars und des jetzigem Groß⸗Vizirs/ so damals noch Cai
macan / beide aber seine besten Freunde waren, aus dem Ge
Janum
Hodgia
wird ein
See⸗Räu
ber.

fängnuͤß entwischt, worauf er sich nach der Insul Chio begeben,
und daselbst mit etlichen Galeeren nunmehr einen See⸗Räͤuber ab
gibt / von den nahgelegenen Städten Kopf⸗Geld eintreibt / und
Schatzung fordert, wovon er dann dem Kaiser im geringsten nichts
abfolgen lässt, sondern alles für sich und seine Soldaten behaͤlt. Die
se letztern bestehen meistentheils aus abtrünnigen und Gotts⸗vergeß
nen Christen, auf deren Desperation er sich mehr als anderer Ta
pferkeit verläßt, des Sultans Länder, so ihm nicht pariren wol
len / häßlich vexirt, verwuͤstet und verheeret, und die ihm erwiesene
Schmach auf solche Weise empfindlich raͤchet. Er fürchtet sich vor
niemand, jaget hingegen jederman einen Schrecken ein, hat auch
nunmehro die Masque voͤllig abgelegt, nachdem er zu similiren
nicht mehr noͤthig befindet. Seinen Namen Janum Hodgia hat

Woher er
seinen Na
men hat.
er von derjenigen Redens⸗Art bekommen, welcher er sich in seiner
Jugend gegen seinem Lehr⸗Meister, als dieser ihm züchtigen wollen,
bedienet / sintemaln es eben so viel heisset, als: mein herzlieb
Woran die
Capigi Ba
schi zu er
kennen.

ster Præceptor. Obgedachte Schergen sind an einem grossen sil
bernen Knopf, den sie an dem Gürtel tragen / zu erkennen, wie
auch an ihrem an der Seiten geguͤrteten Schwerdt, dergleichen zu
Friedens⸗Zeiten niemand, als etwan an dem Sattel, füͤhret.


Art die
Schiffe zu
laden.

Den 14. dito ließ sich der Herr Botschafter gefallen, auf
ein Französisches Last⸗Schiff, welches nechster Tagen absegeln sol
te, zu gehen, um die Manier/ wie solches beladen wird, in ge
nauen Augenschein zu nehmen. Der Ballast bestunde aus einem
grossen 500. Pfund schwehren Sack, welchen man aber nicht eher
als bis zu Seiner Excellentz Ankunft an sein gehöriges Ort brach
te. - 439 -
Von unterschiedl theils auch fehlgeschlagenen Execution.
389
te. Solcher wurde Anfangs von den Boots⸗Knechten auf der Brü
cke des Schiffs fest zusammen gedruckt, mit Seilen umwunden, als
dann in eine hoͤlzerne aus zween Balken bestehende Machine gelegt /
und allenthalben mit kleinen Bretlein umsteckt; nach diesem die Ma
chine stark mit Oehl geschmiert, durch eine Winde fort geschoben,
und hiemit ermeldter Sack vermittelst derselbigen zwischen die an
dern dermassen hinein gepreßt, daß er kaum den dreissigsten Theil
von demjenigen Platz eingenommen, den er vorher noͤthig gehabt:
wann nun solcher nach seiner Stelle gebracht ist, werden die dar
zwischen gesteckte Bretter wiederum herausgezogen; wo nur ein Platz
Arms⸗groß / kan man einen Wollen⸗Sack so groß als ein Mensch
hinein stecken: die üͤbrigen Waaren werden gleichfalls an bequeme
Oerter gebracht, und der geringste Winkel nicht leer gelassen. In
dem nun die Boots⸗Knechte mit der Ladung beschäftiget wa
ren, liessen sie ihre gewöhnlichen Schiff⸗Lieder beständig darbey
hören, denen der Herr Botschafter bey seiner Ruck⸗Kehr sechs Die dem
Hrn. Bot
schafter da
selbst erwie
sene Ehre.

Ducaten auszahlen lassen, ist aber zuvor von dem Schiffs⸗Patron
in seinem vordern Zimmer mit unterschiedlichen aus den Insuln her
gebrachten Wein / Zuckerwerck, Früchten, und andern Speissen
tractirt, und das Uberbliebene unter die Diener ausgetheilt worden.
Bey dieser Gelegenheit habe ich unter dem Wasser um das Schiff Eine Art
von Inse
cten.

her einige Fische oder gewisse Art von Insecten gesehen, so rund,
in der Mitte wie ein Frosch, und wie eine Sulze ganz durchschei
nend, ausgesehen, davon mir aber niemand den eigentlichen Namen
sagen können. Nachdem nun der Herr Botschafter wuͤrklich auf
gebrochen, hat Jhm der Schiffs⸗Patron und die Vornehmsten
von der Französischen Kaufmannschaft, die zum Theil mit uns von
Pera gekommen, theils schon vorher sich auf dem Schiff eingefun
den, bis nach Hauß in sein Zimmer begleitet. Jener hat sich auch
schon vor Dessen Ankunft an das Ufer setzen lassen, um Ihn daselbst
zu bewillkommen, der Herr Botschafter aber war einen ganz an
dern Weeg hergekommen, als sich der Patron eingebildet. So wol
im Her⸗ als auf den Hin⸗Weeg sind alle Stücke auf dem Schiff
gelößt worden: und als wir noch zu Hauß über Tisch gesessen / ist
der Sultan diese Gegend vorbey gefahren, welchen er mit 13.
Stuck⸗Schuͤssen begrüͤsset, woran dieser Kaiser ein gar grosses
Belie

Ccc 3
- 440 - 390
Drittes Buch / Fünfzehende Abtheilung /

Belieben soll gehabt haben. Jm übrigen müssen sie, so oft sie an
Ankommen
de und ab
lauffende
Schiffe
müssen sich
durch Loß
brennung
des Geschü
tzes melden.
kommen, oder wieder abfahren / gegen den Kaiserlichen Pallast
über, nach Schiffs⸗Manier und allenthalben eingefüͤhrter Gewohn
heit, solches durch Loß⸗Brennung einiger Stücke anzeigen, nicht an
ders, als wie die Schiffe / so einander auf der Höhe begegnen, sich
zu begrüssen pflegen; welches wo man es unterlassen, gar öf
ters zu allerhand Verdrüßlichkeiten Anlaß gegeben, so daß sie auch
daruͤber mit einander Hand gemein worden sind. Es pflegen aber aus
Wie viel
Französi
sche Schiffe
hier einlau
fen.

den Französischen See⸗Häfen jährlich 150. Schiffe allhier ein
zulaufen; so hat mich auch mehr gemeldter Herr Dumasrambois
versichert, daß 20. und noch mehr Französische Schiffe auf einmal
in hiesigen Hafen gelegen: von Venedig kommen auch nicht viel
Wie viel
von Vene
dig.
weniger an, aber der Engelläͤndischen und Holläͤndischen be
kommt man hier so viel nicht zu sehen. Die Französischen hier einge
Französi
sche Waa
ren.
führten Waaren bestehen meistentheils aus Tüchern / Papier /
Arzney / Scharlach / und anderen Farben; die Engelländer
Englische. bringen Uhren; die Holländer Zimmet⸗Rinden, Pfeffer /
Holländi
sche.
Muscat / Nägelein / Zucker und dergleichen Gewürze: die Ve
Venetiani
sche.
netianer aber suchen ihre Glaß⸗Spiegel, Flaschen / Schalen /
Hasel⸗ und andere Nüsse / wie auch so wol als die Franzosen / unter
schiedene Tücher, hier an den Mann zu bringen: worgegen diese hinwie
Was für
Waaren
weggeführt
werden.

derum Wachs / Seiden / Wolle / Camel⸗ und Ziegen⸗Haare da
von hier eine gewisse Art zu finden / die weiß⸗zottig, und so lind / wie Sei
den sind, aus dem Lande füͤhren. Der Herr Botschafter hatte neu
lich sechzehen solcher Ziegen, mehrentheils trächtig, aus Asien bringen
lassen, die alle nach Ungarn sollen geführt werden. Die Franzo
sen pflegen auch Oehl zum Seifen⸗machen und Caffé-Bohnen ein
zuhandeln. Die Türkischen Schiffe, so aus allen Orten der Welt
hier ankommen, sind gar nicht zu zehlen, dardurch ich aber nur die
Kauf⸗ und Last⸗Schiffe verstehe / welche der Stadt allerhand Le
bens⸗Mittel zu führen; dann von den Kriegs⸗Schiffen will ich als
dann etwas gedenken, wann der Herr Botschafter von den Ca
pudan Bascha Abschied nehmen wird.


Den 16. dito ist der berühmte See⸗Räuber, davon ich schon
Abstraf
fung eines
berühmten
See⸗Räu
bers.
oben Meldung gethan, in seinem Schiff, welches vor ungefehr 4.
Monaten, noch vor ihm / eingebracht worden, wie ich ebenfalls auch
dazumal ausführlich erzehlt habe / über den Serrallien auf dem
Canal
- 441 -
Von einigen der R. Kais. Botsch. zugestand. Freyheiten rc.
391
Canal zwischen 8. und 9. Uhr an einer Seegel⸗Stange aufgehenkt,
daran drey Tag gelassen und nach Verfliessung derselbigen vom
Strick loß geschnitten und ins Wasser versenkt worden: er hinter
ließ Weib und Kind auf der Jnsul Maltha / und ist auf einer Jn
sul des Egäischen⸗Meers, oder in dem Archipelago, gefangen
worden / woselbst ihn die Hirten, denen man ihn schon lang be
schrieben hatte / verrathen. Jch habe niemals / als eben zur selbi
gen Zeit / so viel kleine Schiffe auf dem Canal gesehen / mit welchen
das grosse Fahrzeug umgeben gewesen: eine unglaubliche Menge
Volks fande sich allhier ein / und war der ganze Canal mit Schif
fen gleichsam bedeckt, und an dem Ufer die Anzahl Leute gar
nicht zu beschreiben, also daß man kaum durchkommen kunte, wel
ches aber den armseeligen Menschen seinen Schmerzen nur zu ver
mehren schiene. Der Sultan selbst mit dem Groß⸗ Vizir hat
aus seiner Kiosch oder Lust⸗Haͤußgen diese Execution durch ein
Perspectiv mit angesehen. Die Türken bezeigten hieruͤber eine so
grosse Freude / als wann sie weiß nicht was für einen Sieg über
ihre Feinde erhalten hätten; und da auf den Nachmittag einige von
den Unsrigen am Ufer spatzieren giengen, lief ihnen ein Jung nach,
so ihnen beständig Jaour / Jaour nachgeschriehen, und zugleich
auf den Gehenkten hinwieß, um gleichsam damit zu verstehen zuge
ben, daß sie als Christen auch keines bessern Glüͤcks wuͤrdig wäͤren.


Sechzehende Abtheilung.


DEn 17. Mertz sind abermal etliche von den Unsrigen nach
Angestellte
Jagd in
Asien.

Asien über auf die Jagd gegangen, und erst des andern
Tags zu Abends wiederum mit vieler Beute zuruck gekom
men; und weil in diesen Ländern sich gar selten Leute in Teutscher
Tracht sehen lassen, sind bisweilen ganze Dörfer zu gelaufen, ihre
Neugierigkeit an unserer Betrachtung zu ersattigen, und weil wir An
fangs die Ursach solches Auflaufs nicht wusten, haben wir die gan
ze Nacht Wachten ausgestellt, so auf diese Leute Achtung geben
musten. Als wir wieder nach Hauß kehrten, und uns der Durst
sehr plagte, weil wir den ganzen Morgen auf den Bergen und Stein
Klippen herum geklettert, schickten wir einen von unsern Janitscharn,
deren
- 442 - 392
Drittes Buch, Sechzehende Abtheilung /

deren wir etliche bey uns hatten, mit Geld in das nechst gelegene
Dorf / uns Wein dafür einzukaufen / er kam aber leider! unverrich
teter Sachen wieder zuruck, und berichtete, wie der Weinschenk, ein
Armenier / nicht zu Hause sey; dann daß er dieses wegen Zäͤrt
lichkeit seines Gewissens nur solte erdichtet haben, ist nicht wol zu
glauben, weil er den Wein so gerne/ als wir selbsten, zu trinken pfleg
te. Wir waren demnach gezwungen, mit schmachtender Seele un
sern Weeg weiter nach Scutari fort zusetzen, trafen aber noch ehe

Höflichkeit
eines Gri
chischen
Pfaffen /
und Arme
nianischen
Wirths.
wir dahin kamen, einen Grichischen Πάππας (Pappas) oder
Geistlichen an, so in einem Garten Kraͤuter zusammen suchte, wel
cher uns bey einer Stund weit üͤber einen Berg nach einer Herberg
führte / wo wir den delicatesten Wein von der Welt angetroffen,
dergleichen wir in der ganzen Tuͤrkey nicht besser getrunken: so ist
uns auch hier zu Land noch niemand mit solcher Höflichkeit / wie die
ser Armenianische Wirth / begegnet; und ob ich zwar Anfangs ge
zweifelt, ob wir oder der Geistliche damit gemeinet waͤren, so habe
ich mir doch den Zweifel endlich selbst benehmen koͤnnen, wann ich be
dacht, wie die Grichen ihre Geistlichen in schlechten Ehren halten,
als welche ich wol ehe unter einen ganzen Haufen Bauern angetrof
fen: zudem war mir nicht unbewust, daß dieses Volk das Geld
mehr, als alles andere liebet. Es hat aber auch bemeldter Geist
liche selbst eine ungemeine Ehrerbietung gegen uns verspuͤhren lassen,
indem er sich nicht nur um unsertwillen von seinem Hauß so weit
entfernet / sondern auch seine gesammlete Kräuter, welche ihm viel
leicht zum Abend⸗ oder Mittag⸗Essen dienen sollen, mit grosser

Der Gri
chen vieles
und stren
ges Fasten.
Freygebigkeit unter uns ausgetheilet. Dann die Grichen sind dem
strengen Fasten gar sehr ergeben / und beobachten ausser derjenigen /
so zum Gedachtnuͤß unsers leidenden Heylandes angestellet ist, und
durch die ganze Christliche Kirche observirt wird / noch viel andere
kleinere Fasten; sie haben auch noch drey gröͤssere, nemlich vor
Petri/ Mariä⸗Himmelfarth, und in dem Advent vor der
H. Christ⸗Zeit; dabey sie sich dann der Fische und alles was von
lebendigen Creaturen ist, auch was von denselbigen herkommt, al
ler Milch⸗Speise und dergleichen, enthalten, und nur einig und al
lein mit Früchten, Wurzeln und Kräutern behelfen. Der liebe
Mann war so diensthaft / daß er uns mit eigenen Häͤnden den
Wein einschenken, die Gläser schwanken / und andere dergleichen
Ver
- 443 -
Von einigen der R. Kais. Botsch. zugestand. Freyheiten rc.
393
Verrichtungen über sich nehmen wollen, wofern wir es nur zuDie Wirth
in Asien
wissen auch
mit dop
pelter Krei
den umzu
gehen; doch
vielleicht
nur die
Jungen.

gelassen hätten: er hat auch des Wirths Sohn wegen seiner Be
trügerey, da er uns mehr angeschrieben / als wir verzehrt, die
Maaß nicht gehöͤriger massen voll gefuͤllt, und noch darzu mehr Geld
als von andern von uns gefordert, bey seinem Vatter einen
Buckel voll Schläge verschafft, und ihn gezwungen, daß
er den Uberschuß wieder hergeben muste, und dieses alles ohne un
sern Willen, nur aus rechtmäßigen Eifer und Liebe zur Gerech
tigkeit. Als wir uns nun nach zwey täͤgiger Ermuͤdung allhier wie
derum in etwas erholt, ist er zu letzt auch noch mit uns an den schwar
zen Canal gegangen, und hat zwey Schiffe für uns gemuͤthet, auch so
genau, als es nur möglich war, gedungen; hierauf haben
wir uns wiederum nach Europa uͤbersetzen lassen / und sind zu Tal
man Bascha zwischen Funduklu / und Besiktasch einem Kai
serlichen Lust⸗Hauß, ans Land gestiegen. Hier siehet man über
Wiese ein
SammelPlatz der
Aufrührer.

den Serrallien eine mit Cypressen⸗Bäͤumen besetzte, und zu Con
stantinopel gar beruffene Wiesen, weil daselbst fast zu aller Auf
ruhren der Grund gelegt wird, weswegen auch der Sultan durch
gewisse Leute gar fleissig auf diejenige acht geben laͤsst, welche sich
zum öftern allda einzufinden pflegen. Jn der Mitte dieser Wiesen
hat Talman Bascha ein Lust⸗Häußgen erbauet / davon es eben
den Namen bekommen, auf welchen erst neulich der Freyherr von
Rhomberg unsern Adel samt noch einigen andern mit Paucken und
Trompeten tractirt, und bey dieser angenehmen Früͤhlings⸗Zeit mit
allerhand vergoͤnnten Kurzweil divertirt; und haben die Türken durch
die verstattete Permission zu erkennen gegeben, daß sie in diesem Stuck
den Teutschen mehr, als ihren eigenen Lands⸗Leuten, traueten.
Sonst wird niemand erlaubt, sich an solchem Ort einer Music zu Bey den
Serrallien
darf keine
Music ge
hört wer
den.

bedienen, wo man es in das Kaiserliche Serallien hören kan /
dahero die Kaufleute, welche Lusts wegen auf die benachbarten Jn
suln mit einer Music fahren, so bald sie bey dem Serrallien vor
bey kommen, sich stille halten, damit das Kaiserliche Frauenzimmer
etwan nicht an der Ruhe gestoͤrt, oder luͤstern gemacht wuͤrde, sich
nach andern Manns⸗Personen um zu sehen / und ein Verlangen nach
ihnen zu bezeichen. Allein die Tüͤrken haben uns alles erlaubt, so gar Erlaubte
NachtMusic.

daß sie auch nicht einmal bey der Nacht, so doch hiesiges Orts was
un

Ddd
- 444 - 394
Drittes Buch / Sechzehende Abtheilung /

unerhörtes war, uns gestöret, wann der Adel, nachdem die Zeit un
serer Abreiß herbey genahet, zum öͤftern mit unsern Musicanten und
angezündeten Fackeln durch die Strasse zu Pera herum gezogen, wel
Wird den
Venetia
nern nicht
verstattet.
ches denen Venetianern, die es uns nach unserer Abreiß nachthun
wollen, von den Janitscharn nicht ohne empfindlichen Verdruß
verbotten, und sie wieder nach Hauß geschafft worden, wie wir noch
auf dem Heimweeg erfahren haben: ja, als sie sich nachgehends bey
der Pforte deswegen beklagt, erhielten sie keinen andern Bescheid /
als daß solches nur des Röͤmischen Kaisers Botschafter
könne verstattet werden. So haben auch die Bedienten anderer
Degen dar
fen keine
Bediente
bey Ge
sandtschaf
ten als nur
der Kaiserl.
tragen.
Gesandtschaften sonst noch einen Vortheil von uns gehabt: dann so
lang wir uns zu Pera aufgehalten, sind sie mit dem Gewehr an der
Seite herum gegangen, weil die Türken sie wegen Gleichheit der Klei
dung von den Unsrigen nicht unterscheiden koͤnnen: so bald wir aber
verreißt gewesen, ist ihnen dieses auch darnieder gelegt worden, so
daß nun niemand, als die Gesandten für ihre eigene Person, sich des
Degens bedienen darf.


Herr Bot
schafter
legt bey
den Janit
scharen Aga
wegen er
haltener
Bestätti
gung in
seinem Amt
die Gratu
lation ab.
Den 18. dito hat sich der Herr Groß⸗Botschafter in Be
gleitung der Grafen Nesselrode / Kinigl / Thierheim / Bielinski,
und dem Freyherrn von Zweiffel / Hn. v. Franken und Demerath
aus dem zweyten Adel, nacher Constantinopel zum Janit
scharn Aga verfügt, woselbst eine groͤssere Anzahl der vornehm
sten Officiers, als bey dem Groß⸗Vizir selbsten/ angetroffen wurde.
Diesem Obersten⸗Befehlshaber ist eben diesen Tag die Bestättigung
seines Amts, so er schon lang versehen, dabey aber auch eine gewis
se Besoldung, die er bisher noch nicht genossen, vermittelst eines
Kaiserlichen Decrets, zu theil worden. Man kan leicht gedenken,
warum der Groß⸗Vizir eben zu solcher Zeit dergleichen vorge
nommen, damit es nemlich mit desto grössern Pracht zuge
hen solte, wann andere Gesandtschaften davon Nachricht erhielten.
Dieser hat ihn / da der Herr Botschafter schon auf dem Weeg war,
zu sich berufen lassen, weswegen er seinen Bruder Commission ge
geben, Se. Excellentz bey Jhrer Ankunft, statt seiner zu empfan
gen, und mit Discours derweilen zu unterhalten: Er ist aber von
dar gar bald mit grosser Freude üͤber die erhaltene Bestättigung und
angewiesenen Besoldung zuruck kommen, worzu dann der Herr Bot
schaf
- 445 -
Von einigender R. Kais. Botsch zugestand. Freyheiten rc.
395
schafter ihm in einer weitläuftigen Rede gratuliret hatte. Bey
dem Abschied wurden Sr. Excellenz eine kostbare damascenirte
Flinte von ihm verehrt, die andern aber mit schönen Türkischen
Tüchlein beschenket.


Den 19. dito ist eine edle Venetianerin, aus dem Geschlecht
Eine edle
Venetiane
rin wird
loß gekauft.

Balbi, deren Mann sich in der Insul Morea gefangen geben muͤs
sen, nachgehends aber in dem Baino gestorben: und der Bruder /
ein Venetianischer Hauptmann sich mit eigenem Geld erloͤßt, wel
cher noch zu unserer Zeit zu Pera frey herum gegangen, auf öͤf
ters Anhalten des Herrn Botschafters von einem Kaiserlichen
Cämmerling um fuͤnf Beutel oder 2500. Thaler / so in Gold 833⅓.
Ducaten austrägt / loß gegeben worden. Es haben ihre Freunde
schon vorher zum öftern ein billiges Geld für sie gebotten, worauf
aber der Tuͤrk / es sey nun mit Wahr⸗ oder Unwarheit, vorgewendet,
wie er sie selbst theurer gekauft hätte; weswegen er / vermög des
Passarowitzer Friedens, dieselbige loß zu schlagen, nicht eher darzu ge
bracht werden kunte, bis der Herr Botschafter ihm damit furcht
sam gemacht, wann er ihm getrohet, Er wolle sich deswegen bey
dem Groß⸗Vizir beklagen; weswegen er sie um gemeldten Preiß
endlich entlassen / doch mit dem Zusatz, daß solches einig und allein
um des Herrn Botschafters willen geschehe. Ein gewieser Spa
nier / Namens Fonseca, seiner Profession nach ein Medicus, auch
Leib⸗Arzt und Rath des Wallachischen Fürsten / so sich bey hiesi
gen Hof in seinen eigenen und seiner Freunde Verrichtungen eine
zeitlang aufgehalten, ist wiederum nach dasigen Landen zuruck gegan
gen / und hat ein Paquet Brieffe mit sich genommen, so üͤber Sie
benbuͤrgen und Wien verschickt werden solte.


Der 26te und 27te Merz ist für Constantinopel zimlich Sturm.
ungluͤcklich gewesen, indem nicht nur in einem Sturm zwey Tschai
cken auf den Canal mit allen aufhabenden Personen zu Grund
gegangen, sondern auch abermal ein schädlicher Brand entstanden, FeuersBrunst.
wordurch wiederum mehr als tausend Haͤuser ruinirt worden; das
Feuer ist bey einem Juden ausgekommen, der sich deswegen auch
mit der Flucht gerettet, aber alles das Seinige in Stich lassen muͤs
sen: diese verderbliche Fackel leuchtete so hell / daß man zu Pera
über den Canal bey der Nacht alles ohne weiteres Licht lesen kunte.
Den Tag vor dem Sturm wurden uns von Smyrna eilf Gefan

gene

Ddd 2
- 446 - 396
Drittes Buch / Sechzehende Abtheilung /

gene zugeführt, deren der Herr Botschafter nur siebene begehrt/
weil er von den übrigen nichts gewust hatte. Als der Sultan
dieselbige bey so gefährlicher Zeit vorbey schiffen sahe, und doch nicht
wuste, wer sie wären, besorgte er sich eines hierunter verborgenen
Betrugs, schickte derowegen jemand ab / der deswegen Nachrichte
einziehen muste.


Die Carwoche hindurch haben unsere Priester den GOt
CarwochenAndacht.
tes⸗Dienst fleissig abgewartet, und wir uns nicht weniger
andächtig dabey eingefunden: die Palm⸗Zweige wurden geweyhet
und ausgetheilt, Predigten zu dem Volk gehalten / die Prophe
ceyungen gesungen, das Heil. Abendmal am Tag der Einsetzung von
dem Gröͤsten bis zum Geringsten / ausser denen, so unserer Religion
nicht zugethan waren, genossen, auch die gewöhnliche Beicht in der
Franciscaner⸗ als unserer Pfarr⸗Kirchen, abgelegt, in welchem
allen dann der Herr Botschafter mit seinem Exempel uns er
baulichst vorgegangen; hierauf wurden die Altäre entbloͤßt, und der
Heil. Leib ins Grab gebracht, bey welchen der erste Adel insgesamt /
und dann sechse aus dem Zweyten, als der Herr Locher / Jmhof /
Schopen / Weipler / Franken und Demerath / von sechs Uhr
an des Abends die ganze Nacht hindurch wechsels⸗weiß gewacht,
bis er am Freytag zu frühe wieder heraus genommen worden; daß
es aber so bald geschehen, weiß ich keine andere Ursach anzugeben,
Oeffentli
cher Um
gang.
als weil der enge Raum in der Kirchen solches nicht länger verstat
ten wolte. Am Samstag um 7. Uhr wurde von der Jesuiter⸗Kir
che ein oͤffentlicher Umgang angestellt, und das Venerabile von
dem Herrn Abt zu Domben / Grafen von Schrattenbach /
durch die ganze Stadt Galata getragen: da dann nicht auszuspre
chen / mit was grosser Ehrerbietung dasselbige die Grichen und Ar
menier nicht allein vor ihren Kirchen / sondern auch auf offentlicher
Strassen / empfangen, zu deren Bezeugung sie Rosen⸗Wasser ent
gegen gesprützt, und Weyhrauch angezündet haben. Den heiligen
Abend und den darauf folgenden Oster-Tag hat mehr bemeldter
Herr Abt von Domben bey den Franciscanern den GOttes
Dienst verrichtet, wobey sich Se. Hochgraͤfliche Excellenz mit
der ganzen Hofstatt jederzeit eingefunden, und unsere Musicanten
mit ihrer Instrumental- und Vocal-Music die Andacht vermehren
helfen. Des andern Tags in der Frühe, als des Herrn Botschaf
ters - 447 -
Von der Abschieds⸗Audienz bey dem Sultan.
397
ters Leute zur Messe giengen, begegnete ihnen ein Janitschar, und
gebohrner Sclavonier, der gern beichten wolte; weil aber von den
Franciscanern niemand diese Sprach verstund, wurde er an einen
Priester aus der Gesellschaft Jesu bey unserer Hofstatt gewiesen;
welcher jedoch wegen des hohen Festes an diesem Tag keine Messe
zu Hauß laß, und ihn folglich nicht speissen kunte / weswegen er
ihn auf den andern Tag wieder kommen heissen. Ein Venetiani
scher Fähndrich, aus Neapoli gebürtig, so von einer vornehmen
Famille herstammte, und erst neulich wiederum loß gemacht wor
den, hat bey dem Herr Botschafter das Mittagmal einge
nommen.
Den 1ten April / an welchem der jährliche Gedächtnis⸗Tag Namens
Tag des
Hn. Bot
schafters.

des Seel. Hugo einfiele, wurden Se. Excellenz von denen aus
ländischen Gesandten wegen dero erfreulichsten Namens⸗Fest
complimentirte, wie dann auch die ganze Botschaft die schul
dige Gratulation deswegen abgestattet. Des nechstfolgenden Tags
ist der Stallmeister um den Nachmittag in die Stadt geschickt wor
den, die Pferde und alles andere zu der am andern Morgen be
stimmten Abschieds⸗Audienz bey dem Sultan anzuschaffen.


Siebenzehende Abtheilung.


HJerzu nun wurde zwey Stunden nach Mitternacht mit der
Trompeten ein Zeichen gegeben, und zugleich jederman zur
Messe in des Herrn Botschafters Behausung beruffen.
Nach deren Endigung liessen sich Se. Excellenz in einer Senften Abschieds
Audienz
bey dem
Sultan.

an das Meer tragen, denen die andern zu Fuß gefolgt sind, weit
ohne dem der Weeg bis dahin nicht gar weit war: die Tüͤrken aber
giengen mit Wind⸗Lichtern bis zu den Schiffen, die bereits auf uns
warteten, voran. Man bediente sich diesesmal etwas groͤsserer Schiffe,
als sonsten, weil sich das Meer sehr ungestümm zeigt, welches
bey unserer Ruckkunft noch hefftiger gewuͤtet hatte. Nachdem wir
nun alle uͤbergesetzt waren, stiegen wir auf die in Bereitschaft stehende
und von der Pforte angeschafte Pferde, und nahmen unsern Weeg
nach dem Serrallien, wohin uns die Wind⸗Lichter begleiteten,
wir aber daselbst eben / wie jenesmals / bey einer halben Stund war
ten musten, weil der Groß⸗Vizir mit seiner Suite noch nicht ange

kom

Ddd 3
- 448 - 398
Drittes Buch / Siebenzehende Abtheilung /

kommen war. Unsere gehaltene Ordnung kam derjenigen bey, wel
Janit
scharn wird
Reiß aus
getheilt.
che wir allezeit beobachtet haben; alle Ceremonien waren den er
stern gleich, nur daß jetzo den Janitscharn der gewöhnliche Reiß aus
getheilt worden, so zur selbigen Zeit nicht geschehen; worbey sie
noch eine gelbe Suppen bekamen, nach welcher sie, so bald der Herr
Botschafter nebst den Seinigen mitten auf dem Platz angelangt,
Sporn⸗streichs rannten, aber auch mit eben solcher Geschwindigkeit
nach ihren vorigen Ort kehrten und auf bloser Erden mit Creutz
weiß über einander geschlagenen Füssen, solche begierig verzehrten;
woraus dann die Vorstehere im Regiment gewisse Versicherung
nehmen kunten, daß sie mit ihrer Regierung nicht übel zu frieden
Saumse
ligkeit da
bey ist ein
Anzeichen
bevorste
hender
Aufruhr.
wären: dann wo sie sich in deren Abholung saumselig bezeugen, oder
solche auf die Erden schütten, und mit Füssen tretten, stehet es so
wol mit des Groß⸗Vizirs / als auch bisweilen gar mit des Kai
sers Leben mißlich, wo nicht alsobald jemand zu ihnen geschickt
wird, der um die Ursach ihres Mißvergnügens fragt, und sie aller
Satisfaction versichert; dann diese Leute unterstehen sich alles ohne
Scheu vorzunehmen, und braucht es sonst nichts, als daß sich je
mand findet, der sich zu ihrem Anführer aufwirft: dahero es um
dererjenigen Leben, die ihnen verhaßt sind, oder von denen sie ins
Geschwin
de Process
Ordnung
bey den
Türken.
künftige einigen Nachtheil befürchten, gemeiniglich geschehen ist. Jm
Gericht sassen eben diejenige Personen, welche wir bey der ersten Au
dienz angezeigt haben; so wurde auch gleiche Ordnung observirt,
und nichts veränderliches gesehen, als daß die Richter von Europa
und Asien nun grün umwundene Bünde auf hatten. In einer ei
nigen Session dieses Gerichts werden mehr Händel geschlichtet, als
in andern Ländern oftmals in vielen Jahren, geschiehet. Hier
läßt man alle streitende Partheyen, sie moͤgen so gering seyn / als sie
wollen, mit ihren Effendis oder Schreibern vor, die Wittwen
und Waisen, die ohne Morgen⸗Gab von ihren Mäͤnnern Verstos
sene / die Sinnlose, im Krieg Blessirte und Zerstuͤmmelte rc. nur
Weibs
Personen
stellen sich
vor den
Divan mit
verhüllten
Angesicht.
mit diesem Unterschied, daß die Weibs⸗Personen mit verhüllten
Angesicht vortretten: also daß keiner, so eine gerechte Sache hat, ab
gewiesen wird. Der Groß⸗Vizir selbst lase die Bitt⸗Schrifften,
Streit⸗Händel und Anforderungen / und unterschrieb sie entweder
gleich selbsten, oder übergab es noch andern, wann es absonderlich
wichtige und einiger Schwürigkeit unterworfene Sachen sind, zum
durch
- 449 -
Von der Abschieds⸗Audienz bey dem Sultan.
399
durchlesen, deren Meinung er so dann daruͤber vernommen/ ehe Er ei
nen Ausspruch gethan hatte; oder Er gab mit Zerreissung des Pa
piers zu verstehen, daß er die ganze Sache verwerfe: woraus wir
dann hätten genugsam abnehmen koͤnnen, wann wir es sonst nicht
gewust, daß der Groß⸗Vizir das Recht selbsten sehr wol innen ha Groß Vi
zir ein
RechtsVerständi
ger.

be, welches eben nicht allezeit zu geschehen pflegt; sintemaln man
noch wol Exempel weiß, daß durch des Kaisers Gunst dergleichen
Leute zu solcher Würde erhoben worden, die noch kurz vorher Flei
Darzu wer
den auch
geringe und
unerfahrne
Leute ge
nommen.

scher / Becken und Boots⸗Knechte gewesen, und weder lesen noch
schreiben können. Nachdem man nun jetzt beschriebener massen un
terschiedliche Händel abgethan, wurden die Speisen herbey gebracht,
und der Herr Botschafter mit dem Groß-Vizir allein tractirt,
die andern aber von dem ersten Adel zu denen uͤbrigen Vornehmen Mittagmal
in dem Di
van ver
zehrt.

und Richtern an die Tische logirt; wobey sie dann eben an dem
Ort sitzend geblieben, den sie in dem Gericht eingenommen, und
also hatte man in dem Divan das Mittagmal verzehrt: und ob
zwar der zweyte Adel nebst des Herrn Botschafters Bedienten
auch darzu eingeladen worden, haben sie doch für diesesmal solche
Höflichkeit nicht annehmen wollen, weil sie wol gesehen, daß kein
Platz für sie üͤbrig geblieben, es sey dann / daß sie sich hätten gefallen
lassen, mit den Dienern und Laquayen auf der blosen Erden füͤr
lieb zu nehmen: hingegen haben sich die Kaiserlichen Caͤmmer
linge deswegen kein Bedenken gemacht, noch vor den Speisen ei
nen Eckel bezeigt, sondern immerzu beide Backen voll gefüͤllt,
auch sich gegen ihre Herren dermassen vertraulich aufgefüͤhrt, daß sie
nicht nur die Speisen mit ungewaschenen Haͤnden betastet / und
Stücke davon herunter gezerrt / wann sie von der Tafel wieder in die
Kuche gekommen, sondern sie haben solche auch nicht unbezwackt
gelassen, ehe sie noch einmal auf die Tafel gesetzt worden. Als nun nach
eingenommener Malzeit die Caftan ausgetheilt waren, verfügte
man sich zu dem Sultan zur Abschieds⸗Audienz, wo man die voDie Bot
schaft gehet
aus dem
Divan
nach dem
Sultan.

rigen Ceremonien abermal beobachtet hatte: so haben auch wiede
rum einige von Adel zuruck bleiben muͤssen, weil nicht genug Caͤm
merlinge vorhanden gewesen; und weil Se. Excellenz verlangt, daß
auch ich mit vorkommen solte, damit ich, was hier vorgienge, meiner
Historie nachmals einverleiben könnte / aber gleichwol keinen
Füh
- 450 - 400
Drittes Buch / Siebenzehende Abtheilung /


Auf was
Weiß ich
darzu ge
kommen.
Führer hatte, und wol wuste / daß ohne dergleichen niemand vorge
lassen würde, habe ich einen Capigi / welcher nebst einem andern
den Dolmetsch Herrn Theyls füͤhrte, also fest bey der Hand gefaßt,
daß ich ihn nicht eher loß gelassen / bis ich daselbst war, wo ich hin
verlangt hatte: und was kan ich dafür, daß dergleichen Mittel ei
nem andern, so etwan wieder seinen Willen zuruck bleiben müͤssen,
nicht auch beygefallen; doch muß ich zugleich bekennen, daß, wo ei
ner von den Aufsehern mich also frey vor den Kaiser tretten sehen,
der Thür⸗Hüter über solche Unachtsamkeit wol leichtlich hätte den
Kopf verliehren koͤnnen. Endlich hat der Herr Botschafter zu dem
auf dem Thron sitzenden Sultan folgende Rede gehalten:


Aller Durchlauchtigster und Großmächtigster
Kaiser! Nachdem in dieser Zeit / da ich bey dieser er
lauchten Pforten das Amt eines Groß⸗Botschafters ver
tretten / von Eu. Majestät mit so vielen Kaiserlichen
Gnaden überhäufet worden / ist nun die Zeit herbey
kommen / da der Aller Durchlauchtigste / Großmäch
tigste und Unüberwindlichste Römische Kaiser / mein
Allergnädigster Herr / mich wieder nach Teutschland
beruffen hat. Weswegen nichts mehr übrig / als
daß ich dasjenige / was bereits bey meiner Ankunft ge
meldet und bestaͤttiget/ nun noch einmal bekraͤftige; wie
ich dann hiemit nochmaln vermelde/ wiederhole/ be
kräftige und versichere / daß Se. Römisch⸗Kaiserliche
Majestät die neulich bedungene Friedens⸗Puncten hei
lig und auf das genauste beobachten werden/ und zwar
in derjenigen Hofnung und Absehen / daß Eu. Kaiser
liche Majestät solchen gleichfalls in allen nachzuleben
eifrigst werden bedacht seyn. Der Dreyeinige
GOTT verleihe nur / daß der durch die Groß
Botschaften beiderseits nunmehr bestaͤttigte Friede von
ewiger Dauer seyn moͤge. Euer Majestät geruhen in
des - 451 -
Von der Abschieds⸗Audienz bey dem Sultan.
401
dessen bey meiner Abreise durch Dero Landen / und hin
fort jederzeit / mit allen Kaiserlichen Gnaden mir zuge
than zu verbleiben.


Vorsetzli
che Benen
nung des
Dreyeini
gen GOt
tes.
Es hatte der Herr Botschafter den Tag zuvor sich gegen dem
Holländischen und Venetianischen Gesandten verlauten lassen,
daß er in der Anrede gegen dem Kaiser etwas mit anbringen wolle,
so mit dem Türkischen Glauben nicht übereinkomme; und ob zwar
dieser solches widerrathen, und versichert, daß die Tüͤrken nichts we
nigers dulten koͤnnten, als wann etwas wider ihre Meinung vorge
bracht wuͤrde: haben sich Se. Excellenz doch nicht abschrecken las
sen, daß Sie nicht des Dreyeinigen GOttes gedenken sollen;
woruͤber die Tüͤrken sich auch mit Recht nicht beklagen kunten, weil
nach allem Völker⸗Recht niemand verbotten, denjenigen GOtt zu
verehren, und mit solchen Namen zu nennen,/ welchen ihn seine Reli
gion an die Hand gibt.


Auf diese Anrede hat der Groß⸗Vizir in Tüͤrkischer Sprach
geantwortet, der Dolmetsch bey der Pforten aber solche Antwort
abermal in der Jtaliänischen wiederholet. Nach diesem wurde
Kaiserl. Ab
schiedsSchreiben.

das Kaiserliche Schreiben zum Zeichen der wol verrichteten Ge
sandtschaft, und Bestättigung der aufs neue aufgerichteten Freund
schaft zwischen dem Occidentalischen und Orientalischen
Kaiserthum ausgeliefert, welches der Kaiser dem Groß⸗Vi
zir / dieser dem Capudan Bascha / der Capudan Bascha dem
Nischanschi Bascha / und dieser endlich dem Herrn Groß⸗Bot
schafter zu gestellt / der solches dem Herrn von Dierling uͤberge
ben, damit er es bey dem Abzug oͤffentlich durch den Vorhof und
die Stadt bis an das Schiff tragen solte. Der Umschlag dieses Dessen äus
serliche Be
schaffen
heit.

Schreibens war von Silber⸗Zeug mit guldenen Blumen gestickt,
und mit einem breiten Saum von rothen mit Gold gestickten Atlas
eingefaßt. An dem obern Theil gieng das Papier etwas heraus /
worauf man die Uberschrifft an den Roͤmischen Kaiser mit Tüͤr
kischen Buchstaben sehen kunte. Das Siegel ist in einem silbernen
Büchsgen von schoͤner Arbeit verschlossen gewesen, und in der Mitte
hat ein kostbarer Carfunkel gespielt, dessen Glanz die rings herum ge
setzten viele Diamanten um ein grosses vermehrten. Zu letzt ha
ben wir wiederum in dem Vorhof auf unsern Pferden gehalten, und
die

Eee
- 452 - 402
Drittes Buch / Achtzehende Abtheilung /

die Janitscharn / den Groß⸗Vizir und andere vornehme Türken
aus dem Serrallien nach Hauß kehren sehen / denen wir so dann
gefolgt, und in voriger Ordnung schleunig auf unsere Schiffe ge
gangen. Der Sultan hat dem Herrn Groß⸗Botschafter

Geschenk
des Sul
tans an
den Hn.
Groß⸗Bot
schafter.
einen schönen Fuchs mit Sattel und Zeug nach Hauß geschickt / so
in dieser Rüstung gar leicht auf 1500. Ducaten kunte geschätzt wer
den; dann die Steig⸗Bügel / der Zaum, Sattel und Brust⸗Stuck
waren von purem Silber und uͤberguldet, eine reich gestickte Schab
rack bedeckte das Pferd, am Kopf und auf der Brust sahe man die
grösten und kostbaren mit vielen andern raren Steinen und Perlen
Pusican
schenkt nur
der Kaiser.
umsetzte Schmaragde, und an der Seite hieng ein Pusican/ womit
sich dieses Kaiserl. Geschenk von andern distinguirt, angesehen andere
Vornehme an dessen statt einen damascenirten Säbel hergeben.
Bey diesem Aufzug ist abermal eine grosse Menge Volks zugelaufen /
und haben sich der andern Gesandtschaften Bediente, zum Theil auch
ihre Herren selbsten / absonderlich der Venetianische und Holländi
sche Gesandte / von dem starken Wind nicht abschrecken lassen / den
selbigen mit anzusehen, und zu dem Ende nicht ohne alle Gefahr üͤber
den Canal gesetzt. Ein grosses in dem Haven liegendes Venetia
nisches Last⸗Schiff hat den Herrn Botschafter im Vorbeyfah
ren mit 18. Stuck⸗Schuͤssen begruͤßt. Des folgenden Tags ist der
Dolmetsch von der Pforte zu uns gekommen, und hat mit Sr. Ex
cellenz das Mittagmal eingenommen.


Achtzehende Abtheilung.



Kais. Cou
rier kommt
an.
ALs der Herr Botschafter den 6. April den Grafen von
Nesselrode ungefehr besuchte, brachte man Jhm die da
mals nicht vermuthete Nachricht, daß der Kaiserl. Cou
rier Archatiel mit Briefen von Wien angekommen, weswegen
Er alsobald nach Hauß geeilt, um selbige zu erbrechen. Unter an
dern Neuigkeiten, so wir durch selbigen erhalten, erfuhren wir auch,
wie es nemlich in Wien stehe, was die Tüͤrken daselbst machten,
und wie der Tuͤrckische Botschafter auf Kaiserlichen Befehl
Röm. Kais.
Present an
den Sul
tan / und
Groß⸗Vi
zir.
von den Vornehmsten des Hofs vor seiner Abreise solte tractirt wer
den; er hat auch vor den Sultan zwey und zwanzig schwar
ze - 453 -
Letzte Bewüͤrth. des Hn. Botsch. auf einem K. Lusthauß
403
ze Fuchs⸗Baͤlge mit gebracht / worauf die weisen Haare, wie der
Tau, gelegen; ferner eine guldene Sack⸗ und Repetir-Uhr für den
Groß⸗Vizir / welche die Stunden und Minuten zeigte / auch gan
ze / halbe und viertel Stunden schlug, so oft man es selbsten wolte,
welche nach dreyen Tagen der Zahlmeister mit dem Dolmetsch Herrn
Theyls nach Constantinopel uͤberbrachte, wofüͤr dem Herrn
Botschafter zwey schlechte Tüchlein wieder zuruck geschickt wor
Auf die
Prob ge
stellte Frey
gebigkeit
des Türkis.
GraͤnzCommen
danten.

den. Als dieser Courier von Belgrad nach Nissa gieng / und dem
Seraskier einige Brieffe überbrachte / stellte er sich auf Anstiftung
des Grafen Oduyers gegen demselbigen, als ob er mit seinem Reiß
Geld nicht auszulangen getraute / und dieses nur darum, damit er
hierdurch der Türken Geitz und Freygebigkeit auf die Prob stellte;
sintemaln so wol der Kaiser als auch der Graf Oduyer, dieje
nige reichlich beschenken / so Briefe aus der Türkey an sie zu bestel
len haben. Hierauf hat nun der Seraskier seinem Hof⸗Meister
gleichfalls Befehl ertheilt / daß er den Courier etwas geben solte,
welcher sich auch dermassen angegriffen, daß er ihm 5. baarer
Thaler / so nicht gar zwey Ducaten ausmachen, ausgezahlt, die
er aber nicht angenommen, sondern vorgegeben, wie sein Kaiser
ihn jederzeit mit so viel Geld versorgen liesse / als er zur Reise noͤthig
hätte / er habe durch sein Anfordern nichts anders intendirt, als
seine Freygebigkeit zu erforschen, welche er auch nun zur Gnüͤge er
fahren hätte.


Den 5ten April wurde von der Pforte ein Bedienter unsers
Führers benennt / den andern Tag abzureissen, und so wol von dem
Hof als dem Herrn Botschafter Brieffe nach Wien zu über
bringen. Es ist auch die unlängst frey gemachte Matron aus dem
Geschlecht Balbi nach genommenen Abschied von Sr. Excellenz
des andern Tags wieder nach Venedig zu den Jhrigen gereißt:
Und ein Schuster, von Geburt ein Schwed, der vorher von dem
Herrn Botschafter loß gekauft worden, ist wieder zu den Tüͤr
ken uͤbergangen, und hat, ohne Zweifel zu seinem groͤsten Verderben,
ihre Religion angenommen. So kamen auch heute in aller frühe Janit
scharn wol
len ihres
Officiers
Haus
stürmen.

unsere Janitscharn vor ihres Officiers Hauß, in dem Vorsatz, sol
ches zu stürmen, weil er zwey von ihren Cameraden ins Gefaͤngnis
geschlossen, welche sie mit Gewalt loß haben wolten. Der Mahler
Schmied

Eee 2
- 454 - 404
Drittes Buch / Achtzehende Abtheilung /

Schmied / machte einen Abriß von denen Flaggen der Kriegs⸗ und
Last⸗Schiffe, die unser Kaiser / zur Beförderung der Handelschaft
mit diesen Provinzen und seinen Erb⸗Ländern, auszurüsten willens
war, und wovon der vor drey Tagen hier eingelauffene Courier
einen Entwurf mit gebracht / und zwar zu diesem Ende, damit der
ins künftige sich hier aufhaltende Kaiserliche Resident so wol /
als die Pforte ein Modell davon haben möͤgten. Die Flaggen der
Kaufmanns⸗Schiffe waren oben gelb, und unten schwarz; die
Kriegs⸗Schiffe hingegen ganz gelb und von einerley Farb und Ge
stalt, ausser daß die Kaiserlichen Wappen mit der Königlich⸗Spani
schen Cron in der Mitte, bevor sie sich noch in Flammen zertheilen,
schwarz gemahlt zu sehen; dabey sich die Kaiserliche Cron mit dem
Reichs⸗Apfel oben auf der Stangen ausgehauen præsentirte.
Als den 7ten dito der Herr Groß⸗Botschafter sich nach
dem Groß⸗Vizir, der damals in seinem eigenen Hauß und Garten
sich aufhielte, verfügte, um Jhm die Verzeichnis aller derer Sa
chen so dem Türckischen Botschafter zu Wien täͤglich gereicht wuͤr
den, vorzulegen, weil dieser sich beklagt, daß man ihm mit dem Be
noͤthigten nicht an die Hand gienge / wurde auch der Stall⸗Meister
Des Hn.
Botschaf
ters LeibWagen
wird dem
Sultan
verehrt.
Herr Brinkman mit des Herrn Botschafters Leib⸗Wagen, de
me sechs nett aufgebutzte Pferde vorgespannt waren / zu Land bey
den süssen Wassern vorbey nach Constantinopel geschickt, sol
chen den Tag darauf dem Sultan in Sr. Excellentz Namen
zur Bezeugung seines gegen Jhm tragenden Respects und Hochach
tung zu offeriren. Es hat schon ehmals der Graf von Oettin
gen dem Groß⸗Sultan ein gleiches Present gemacht, es ist aber
derselbige kaum fort gewesen, so hat man die Pferde zum Wasser
tragen gebraucht; und wer weiß, ob diesen nicht mit der Zeit ein glei
ches Gluͤck begegnet: vielleicht muͤssen sich solches die armen Thiere
auch in Warheit für ein Glüͤck schätzen, weil ja die Sakä oder
Wasser⸗Träger, als barmherzige und dem gemeinen Wesen nutzliche
Leute, für heilig und ehrwuͤrdig gehalten werden; vermuthlich duͤrf
ten sie fuͤr dergleichen Thiere gleichen Estim tragen, angesehen sie durch
ihre Dienste der Menschen Verrichtungen leichter machen.
Doch ich will daruͤber nicht weiter urtheilen, sondern vielmehr mel
den, daß als Herr Brinkman sich in der Stadt aufhielte, welches
der
- 455 -
Letzte Bewürth. des Hn. Botsch. auf einem K. Lusthauß.
405
der 8te April war, zwey Galeeren aus Asien übersetzten, so den Tribut aus
Egypten.

Tribut, und die Geschenke für den Kaiser und sein Frauenzim
mer / wie auch den Groß⸗Vizir und andere Vornehme mit
brachte, die jaͤhrlich aus Egypten muͤssen geschickt werden. Uber
die gestickten und seidene Kleider, Leinwand / Tuch, Wachs / Ho
nig, und andere Sachen bringen sie auch 800. Beutel an Geld, so
400000. Reichsthaler oder 133333⅓. Ducaten ausmachen. Alles
dieses wird über Land bis nach Scutari geführet / weil die Egy
ptier zu Wasser vor den Malthesischen Capern nicht sicher genug wä
ren, von dar aber durch die Galeeren nach Constantinopel ge
bracht / und, wann sie damit durch die Stadt ziehen / ihnen ein
Roß⸗Schweif und sechs Fahnen vorgetragen: den Führer die
ses Zugs erwehlt man jederzeit aus einer von den zwölf Famillen,
so die Aeltesten und Vornehmsten sind, seit dem Egypten von den
Türken erobert worden. Was hingegen die Moldau / Walla
chey / Ragusa / Georgien / vor Zeiten auch Jberien und andere
zinßbare Oerter erlegen muͤssen, erzehlt Ricaut weitlaͤuftig in seiner
Historischen Beschreibung von dem jetzigen Zustand des Ottomanni
schen Reichs, weshalben diejenige, so hievon mehr zu wissen ver
Einkom
men des
Sultans.

langen, daselbst nachschlagen koͤnnen: Uberhaupt rechnet man, daß
diese erst gemeldten samt den uͤbrigen unter Tuͤrckischer Bothmaͤs
sigkeit stehende Provinzen dem Sultan jährlich sechzig tausend
Talent, oder vier tausendmal tausend Reichsthaler eintragen,
gewiß eine schöne Summa in Erwegung der geringen Unkosten /
welche dieser Kaiser auf die Militz und andere das gemeine Wesen
betreffende Sachen verwenden. Dann weil die Zaim/ Timarioth
und Spahi schon ihre angewiesene Besoldung haben, so sind keine
mehr als nur die Janitscharn / Schiffleute / Topchi und Feuer
werker zu bezahlen übrig / das andere alles wird in die Kaiserliche
Schatz⸗Cammer geliefert, womit der Sultan nach seinem Gefal
len handthieren mag; so stehet auch dieses zu seinem Belieben, was
er von dem Kopf⸗Geld ziehet, welches alle, so keine Türken sind,
oder unter eines andern Fürsten Schutz stehen, und zwar einige
fünf / andere zehen Thaler / geben müssen: wie dann über dieses sol
che Schätze durch die eingezogene Güter der Baschen und anderer
Türken, so ohne mäͤnnliche Erben sterben, nicht wenig vermehrt werden.
Den

Eee 3
- 456 - 406
Drittes Buch / Achtzehende Abtheilung /


Letzte Be
würthung
des Hn.
Botschaf
ters.
Den 10. dieses wurde die ganze Botschaft in kleinen Schif
fen über den Canal nach des Sultans an den suͤssen Wassern ge
legenen Garten gefüͤhrt, derselbigen auf des Kaisers Befehl durch
den Groß⸗Vizir die letzte Ehre anzuthun. Anfangs ist jedem nach
Gewohnheit Caffé und eingemachte Fruͤchte vorgesetzt worden, von
dar hat man sich in ein anderes Zimmer zur Tafel begeben / und da
selbst einen jeden seinen Stand gemaͤß logirt; der Herr Groß⸗Bot
schafter aber bliebe mit dem Groß⸗Vizir/ dem Moufti/ dem Ca
pudan⸗ und Nischanschi Bascha und dem nach Persien ernann
ten Gesandten in demjenigen Zimmer zuruck, wo man auf dem Fluß
hinaus, und nachgehends die angestellten Schau⸗Spiele mit anse
hen kunte, vor dessen Thür zur Linken ein Brunnen gestanden, der
aus vielen Röhren das Wasser reichlich heraus gesprützt, und mit in
Körblein liegenden Blumen und Fruchten gar artig geziert gewesen Es
befanden sich gleichfalls die drey Tefterdar oder Schatz⸗Meister in
eben diesem Zimmer, so aber nicht mit gespeißt haben. Die Tische,
das Geräth, die Speisen, Trank und übrige Zubereitung waren auf
gleiche Weise beschaffen, wie ich schon im vorigen Buch zu dreyen
Höfliche
Vorlegung
bey den
Türcken.
maln gemeldet habe. Ehe man noch die Speisen aufgetragen, kam
ein heßlicher Mohr zum Vorschein, der auf einer runden hölzernen
Schüssel Zwiebel und Knoblauch liegen hatte, so er mit seinen
schmutzigen Händen faßte, und vor uns auf den Tisch herum geschmis
sen, nicht anders, als wie man den Schweinen die Eycheln, oder
den Hünern und Gänsen Habern und anders Futter vorzuwerffen
pflegt, worüber wir heimlich lachen musten, ob wir es schon öffent
lich nicht merken lassen durften, damit es nicht das Ansehen haͤtte,
Gürigkeit
der Türken
nach den
Speisen.
als ob uns vor solcher losen Speise eckelte. Wann man vom Tisch
wieder was abtrug, das wir schon gekostet hatten, (wir haben aber
nichts unversucht gelassen, damit wir unsere Gefäͤlligkeit und Hoch
schätzung für ihre Dienste und diese Schleckereyen bezeigen möͤgten,)
kamen gleich zu dreysigen herzu gelauffen, welche es wegnahmen, und
dieses mit solcher Begierd und Ungestümm, daß bisweilen die Vor
stehere selbsten daruͤber einander in die Haare kamen; wie ich dann
einen verschnittenen Mohren gesehen, der auf einen Chiausen/ so
unter ihnen kein geringes Thier ist, mit seinem Stecken, weil er ihm
vielleicht einen guten Bissen vor dem Maul weggenommen / in unser
aller
- 457 -
Letzte Bewuͤrth. des Hn. Botsch. auf einem K. Lusthauß
407
aller Gegenwart so lang loß geschmissen, bis er ihn aus dem Zimmer
hinaus gejagt hatte. So trugen auch diese schleckerhafte Leute im geTisch⸗zucht
bey den
Türken.

ringsten kein Bedenken, mit den kleinen Schuͤsseln in die grossen zu
fahren, und Händ und Finger damit zu beschmieren, oder mit der
holen Hand die Kalbs⸗Sulsen und andere Brüͤhen auszuschöͤpfen,
auch wol von andern, die sich mit ganzem Leib uͤber die Schuͤsseln
gelegt, mit Bechern und Schalen dasjenige aufzufangen, was diesen
von Mund und Bart herunter gelaufen, und alsdann mit sonderlichen
Gusto auszusurfeln.


Nach eingenommener Mahlzeit wurden wiederum SchauSchau
Spiele.

Spiele und ander Kurtzweil angestellet, worzu die Stummen mit
den Chiausen den Anfang gemacht, welche dann einander bald die
Bünde ins Wasser schmiesen, bald sich wie die Sakä oder Wasser
Träger anstellten und sich auch in ihrem Habit verkleideten, bald
ihre Bünde dem Groß⸗Vizir vorhielten, der sie mit einem kleinen
Säbel entzwey gehauen; bald schriehen sie wie die Schwein, und
sangen oder pfiefen auch wie die Vögel. Hierauf kamen die
Schützen mit ihren schwehren Flinten, unter welchen sich auch
die Janitscharn, des Groß⸗Vizirs Leib⸗Wacht, befunden, so
blaue Hosen, und rothe schwartz⸗ausgemachte Wammes/ an auch ro
the nicht umwundene Häublein auf dem Kopf hatten: Nach die
sen folgten die Wurf⸗ oder Pfeil⸗Schuͤtzem/ und die Ringer/
wie ich sie im vorher gehenden Buch gleichfalls schon beschrieben
habe. Wie nun die Schuͤtzen ihre Kunst gezeigt, passirten die Ja
nitscharn Mann vor Mann bey dem Groß⸗Vizir die Musterung
gleichsam vorbey, deren jedem ein Ducaten, und ihren Führern
zween gereicht wurden; die aber vorhin schon das Ziel getroffen, so
ein auf 300. Schritt weit ausgestellter Krug mit Wasser gewesen,
erhielten alsobald ihre Belohnung dafür, die nach Proportion der
Büchse, ob solche klein oder groß war, oder im Ansehen des wol an
gebrachten Schusses, in vier, fünf, sechs bis zwölf Ducaten be
stunde. Jch habe hiebey gesehen, daß einen seine Büchse dermassen Beherzter
Schütz.

gestossen / daß sie ihn bis sieben Schritt zuruck geprellt, und auf
den Rucken gelegt hatte / so gar, daß die Kolbe daruͤber abgesprun
gen; nichts destoweniger schoß er gleich darauf mit einer schwehren
Büchsen, und setzte eben sowol mit einer halb⸗pfündigen Kugel den
Wasser⸗Krug ab, worauf ihn der Groß⸗Vizir selbst für die zwey
Schuß
- 458 - 408
Drittes Buch / Achtzehende Abtheilung /

Schuß auf zweymal zwölf Ducaten gegeben, ohne was er sonst mit
andern schon gewonnen hatte. Es erhielten auch zwey junge Kna
ben, der eine von zehen, und der andere von zwöͤlf Jahren auf des
Groß⸗Vizirs Befehl von dem Haznadar oder seinem Schatz
Meister die Belohnung wo nicht ihrer Kunst / doch zum wenigsten
ihres guten Willens. Am allermeisten aber war sich über dasjeni
Seltsamer
Zufall/ so
den Groß
Vizir be
gegnet.
ge zu verwundern, was dem Groß⸗Vizir begegnet ist: dieser hat
te schon fünf, sechs bis sieben Krüge, ohne einen zu verfehlen, hin
ter einander abgesetzt; einsmals aber, als er nach dem mittlern schoß,
ein anderer aber, weiß nicht wer, den Dritten mit seiner Flinten
schon abgeworffen hatte / (dann es stunden allezeit drey hinter einan
der in einer Linie,) und ein Janitschar, so darzu bestellt war, an des
sen statt einen andern aufsetzen wollte, zu welchem Ende er die zwey
andern Krüge vorbey gehen muste, hat der Groß⸗Vizir / als jener
zu dem Mittlern kommt, weil Er ihn nicht gesehen, Feuer
geben, und den Krug dem Janitscharn zwischen den Füssen weg
geschossen, ohne daß dieser davon blessirt worden wäͤre; welches al
le Zuschauer in die höͤchste Verwunderung und Erstaunung gebracht,
wie sich dann auch der Groß⸗Vizir selbst dermassen daruͤber ent
setzt, daß er bey einer viertel Stund ganz erbleicht, und eine zeitlang
mit dem Schiessen innen gehalten / indem Er sich betroffen fand /
daß er beynahe, wiewol wieder seinen Willen, einen Todschlag be
gangen, wann nicht die Kunst und das guͤnstige Glüͤck solches ver
hütet hätten. Gewiß / dieser Herr ist dißfalls recht sehr zu loben,
daß er das Leben eines Menschen seiner Ergötzung vorgezogen, da
wol ein anderer, der an seiner Stelle gewesen wäre, ohne einigen
Gewissens⸗Scrupel hundert Leben seiner Kurtzweil würde aufgeo
pfert haben, weil ein Groß⸗Vizir gleiche Gewalt über eines jed
weden Leben und Tod zu haben vermeinen moͤgte. Als sich endlich
ermeldter Groß⸗Vizier wiederum in etwas erholt, laͤß er den Ja
nitscharn zu sich beruffen / der auch allenthalben mit Koth und Was
ser besprützt eiligst herzu gelauffen, und wegen ausgestandener Ge
fahr ganz bleich ausgesehen; er zeigte indessen seine an zweyen Or
ten durchloͤcherte Hosen, brachte alles, was ihm begegnet, mit son
derbarer Bescheidenheit vor, und bekam für seinen Schrecken, den
er unverschuldet ausgestanden, eilf Ducaten aus des Groß⸗Vizirs
eigener Hand zum Recompens, welche auch eine bessere Würkung,
als
- 459 -
Letzte Bewirth des Hn. Botsch. auf einem K. Lusthauß
409
als das kräftigste Schlag⸗Wasser, bey diesem Menschen gethan,
der wol die Zeit seines Lebens vielleicht so viel Geld nicht beysammen
gesehen, und deswegen für lauter Freuden aufgesprungen, aller aus
gestandenen Gefahr vergessen, und sich wieder an sein voriges Ort
verfügt, auch seine aufgetragene Verrichtung mit allem Fleiß versehen.
Was mich anbelangt, ob ich gleich auch nicht überflüͤssig Geld
habe, moͤgte ich dannoch die Kruͤge nicht aufsetzen, wann mir meine
Mühe so hoch solte zu stehen kommen. Unterdessen wurde auch der
Ringer nicht vergessen, sondern denen Uberwindern ihr Lohn reich
lich ausgetheilt. Nach diesen nun præsentirte sich einer, der einen Unglüͤckli
cher Künst
ler.

15. Schuh hohen Balken auf den Kopf stehend hatte, den er nur
einig und allein mit den Häͤnden gehalten; allein es mißrieth ihn auch
seine Kunst nicht selten, dann wann er kaum einige Schritt fort
gegangen / lag die Machine im Koth, die zuvor durch etliche Tag
löhner von einem Dach herunter in die Hoͤhe und das Gewicht nicht
ohne grosse Mühe gebracht worden, weswegen er auch, weil er sei
ner Intention gemäͤß nicht mit fort kommen köͤnnen, mit seiner
Kunst gar zu Hauß bleiben muste. Auf diesen folgte einer, so anGeschickter
Gauckler.

fangs eine gläserne Flasche voll Wasser, nachgehends zwey auf ein
ander, anbey auch einen gläͤsernen Teller mit fuͤnf kleinen Fläschlein
und das sechste in der Mitte, und noch uͤber dieses drey Ordnun
gen Gläser auf der Stirn stehend hatte, und damit herum danzte.
Da er sich nur eine einige Flasche auf die Stirne gestellt, wuste er
sich so vorsichtig damit auf den Rucken zu legen, und dermassen
kuͤnstlich zu bewegen, daß auch nicht ein Tropfen daruͤber verschuͤt
tet worden; nachgehends steckte er sich Messer zwischen die Häͤnde
und Füͤsse, und machte damit verschiedene Luft⸗Spruͤnge, ohne daß
er sich in geringsten hatte verletzen sollen; letzlich stellte er sich auch
an, als ob er sich selbst die Augen auskratzen oder zerschneiden wolte,
und was dergleichen Narrens⸗Possen mehr gewesen. Es war auch Starker
Mann.

einer zu gegen, der seine Stäͤrke in Aufheben schwehrer Sachen se
hen liesse, und anfangs eine sehr schwehre Kolbe ergrief, die er oͤf
ters um den Kopf geschwungen, hierauf unterschiedliche steinerne
Kugeln ungleicher Grösse aufgehebt / und zwar allezeit drey auf ein
mal, auch solche auf gleiche Weise geschwungen; und weil sie im
Aufheben hin und her gewichen, haben sie ihm viel Muͤhe gemacht /
dabey aber auch Gelegenheit gegeben, seine sonderbare Stärke zu zei

gen

Fff
- 460 - 410
Drittes Buch/ Achtzehende Abtheilung /

gen: Endlich hat er sich mit blossen Füssen auf gespitzte und scharfe
Messer gestellt, so auf einen viereckigt verguldeten Stuhl gelegen, und
mit der Keule einen etlich Centner schwehren Stein in die Hoͤhe ge
hebt. Als dieses vorbey / liesse sich eine Türkische Vocal- und Instru
mental-Music hoͤren, worauf die Chiausen / Bizehamen und De
len / (die Bothen, Stummen und Narrn) ihre Daͤnze anfiengen.
Unver
schämte
Comœ
dianten.
Zu aller letzt præsentirten sich die Comœdianten, welche die leicht
fertigsten Geberden und Sodomitereyen gleich als die unschuldigsten
Spiele vorstellten / woraus das übrige leicht zu schliessen ist; wel
che aber nichts destoweniger dieser Leute Beyfall weit besser verdien
ten / als wann sie eine nach allen Theatrialischen Reguln und guten
Sitten eingerichtete Comœdie aufgeführt hätten. Selbst der
Daran be
zeigt der
Moufti ein
Belieben
Moufti / ihr oberster Priester, fragte den Herrn Groß⸗Bot
schafter zum öftern mit laͤchlender Mine, wie ihm solches gefiele?
der aber mit Stillschweigen beantwortet, und damit zu ver
stehen gegeben, daß es der menschlichen Schamhaftigkeit ge
mäͤsser wäre, wann man dergleichen schäͤndliche Dinge vor dem Au
gen der Leute verhelete. An der ganzen Vorstellung war der ge
ringste Zusammenhang nicht zu sehen, und weder Anfang noch En
de zu finden; vielmehr kam alles dasjenige hier zu schulden, was
Horatius in seinem vortrefflichen Send⸗Schreiben an die Pisones
denen Poeten so nachdruͤcklich untersagt hatte. Es schmerzte mich
nichts mehr, als daß man keine gedruckte Zettuln austheilte, welche
den ganzen Jnhalt küͤrtzlich erzehlten, damit ich sie/ als ein vollkom
menes Muster des Alterthums mit nach Teutschland haͤtte neh
men koͤnnen. Nach vollendeter Comœdie verfügte man sich zur
Abend⸗Malzeit, so mit dem Mittagmal völlig uͤberein kam / aber
Caffé, Toback und Fruͤchte kunte man den ganzen Tag in Uberfluß
Bizehami
und Deli
werden von
den Vor
nehmen
caressirt.
haben. Uber Tische brachten die Bizehami und Deli ihre Possen
vor, welche Kundschafter des Sultans die Vornehmen unter ih
nen sehr werth halten/ oder sich doch zum wenigsten also anstellen:
sie reichen ihnen mit eigenen Händen von dem Tisch Zucker, Ku
chen und andere Speisen, bechenken sie zum öftern, kurtzwei
len und schmeicheln ihnen auf unterschiedliche Weise, damit sie ihnen
bey den Sultan nicht schaden, noch zum Nachtheil etwas
vorbringen. Der Groß⸗Vizir hat diesesmal nicht nur die Haͤn
de, - 461 -
Letzte Bewirth. des Hn. Botsch. auf einem K. Lusthauß.
411
de, die Arme, das Gesicht und den Bart mit Seifen gewaschen,
sondern auch den Mund ausgespielt; und als der Moufti nach
eingenommener Malzeit nicht lang mehr verweilen wolte, und dem
Capudan⸗ samt dem Nischanschi⸗Bascha allein bey dem Groß
Vizir und dem Herrn Groß⸗Botschafter zuruck gelassen, hat
ihn bemeldter Groß⸗Vizir/ nachdem er von seiner Sofaus auf
gestanden, bis an die Thuͤr des Zimmers begleitet, und also bis da
hin gebracht / wo er ihn bey seiner Ankunft auch empfangen hatte /
welche Höflichkeit er ausser diesem sonst niemand zu erweisen pflegt.
Endlich wurden auch dem Herrn Groß⸗Botschafter Pferde Gemachte
Presente
an den Hn.
Botschaf
ter.

vorgefuͤhrt und zwey davon verehrt, deren eines ein braun-rothes,
und mit Sattel und Zeug versehen war: das andere aber ein
Schweiß⸗Fuchs, noch ganz jung und unberitten, auch ohne Aus
staffierung: diesen wurde auch ein rother mit Zobel gefütterter
Caftan zugelegt; so bekamen auch unsere Füͤhrer der Capigi Ba
schi / und der Hassaki Aga / Hauptmann von unsern Janit
scharn, dergleichen Ober⸗Röcke: unter den Adel aber und einige
andere wurden seidene mit Gold und Silber gestickte Tuͤchlein aus
getheilt, und also verfuͤgten wir uns dergestalt beschenkt in den vo
rigen Schiffen wiederum nach Pera; wobey so wol im Hin⸗ als
Her⸗Weeg ein Französisches und Venetianisches Schiff mit vielen
Stuck⸗Schuͤssen und Aufsteckungen ihrer gewöͤhnlichen weisen, und
rothen mit gelben Loͤwen bezeichneten Flaggen die vorbeyfahrende
Botschaft beehret hatten. Es solte auch diese Gastung und Spie
le schon vor zweyen Tagen, nemlich den verwichenen Montag ge
halten werden, aber weil es damals sehr stark geregnet, muste es
unterbleiben. Der ältere Kaiserl. Prinz ist auch hinaus gekommen,
diese Solennität mit anzusehen; ja man sagte so gar / als ob der
Sultan selbst in einem verborgenen Ort hinter einem
Gitter am Fenster mit zu geschauet
hätte.

)o(
Neun

Fff 2
- 462 - 412
Drittes Buch, Neunzehende Abtheilung /


Neunzehende Abtheilung.


ALs wir nun wiederum zu Hauß angelangt, trafen wir aber
mal
Angekom
mener Cou
rier.
einen Courier, den Jsaac Lucas / an / so uns Brie
fe mit gebracht, und in einer Zeit von 16. Tagen seine
Reise von Wien aus bis hieher zuruck gelegt hatte, wovon uns
schon einige Englische Kaufleute, da wir noch indes Sultans
Garten waren Nachricht gegeben, weswegen auch der Herr Groß
Botschafter den Groß⸗Vizir ersucht / mit den Schau⸗Spieln
ein Ende zu machen. Nothwendig muß dieser Courier Sachen von
grosser Wichtigkeit mit gebracht haben / weil er drey Stund vor sei
ner Abreise noch nichts davon gewust, und eben hierzu vor andern
erwählet worden, weil er mit guten Pferden versehen war / und des
wegen eiligst Ordre bekam, nach Orient zu gehen; er wäre auch
schon vor zweyen Tagen ankommen, wann man ihn zu Nissa nicht
so lang aufgehalten hatte. Jn wehrender unserer Abwesenheit ist zu
Entstande
ner Tumult
von den
Janit
scharn.
Hauß abermal ein Tumult entstanden, sintemaln die Janitscharn,
die neulich ihres Officiers Hauß um zweyer Gefangenen willen, die
sie loß haben wolten, aufgesprengt, nun auch beym Kopf genom
men und nach dem Gefängnuͤß gebracht werden solten, wie dann
auch ihrer drey dahin geführt worden; sie hatten aber zum Theil in
des Herrn Botschafters Pallast, theils in die Häͤuser derer von
Adel, wo sie sonst zur Wach angewiesen waren, ihre Zuflucht ge
nommen, weil sie wol wusten/ daß sie daraus niemand mit Gewalt
Despera
tion dersel
ben.
wegnehmen durfte. Einer davon sagte / wie er versichert wäre,
wann er sich gefangen gebe, daß er sterben müste, weswegen er
sich fest vorgesetzt / wo er sich nicht mit der Flucht salviren koͤnne,
erst seinen Officier den Rest zu geben, damit er nicht ohne Ursach
hingerichtet wuͤrde. Ein anderer, so aus Boßnien gebüͤrtig war,
ist lang vergeblich erinnert worden, heraus zugehen, weil er sich aber
schon seines Lebens verziehen, hat er weiter kein Bedenken getra
gen, in Gegenwart seines Officiers Toback zu rauchen, welches
doch sonst im Kriegs⸗Recht verbotten ist / und auch so gar Wein
zu trinken. Es hat auch derselbige schon zum öͤftern einen aus dem
unsrigen versprochen, er wolle nach der Auswechslung heimlich zu
uns
- 463 -
Abschieds⸗Visiten von den Vornehmen des Hofs.
413
uns üͤbergehen, weil er der Auffuͤhrung seiner Glaubens⸗Genossen
und des Bestialischen und Sodomitischen Lebens längst müde wä
re, er wuͤrde deswegen nicht selten in seinem Gewissen verunruhiget,
und täglich ermahnt, sich mit der Flucht zu retten, und seine Wol
farth auf seine Füsse zu setzen.


Den 11ten April begaben sich Se Excellentz mit dem erVisite de[s]
Herrn Bot
schafters
bey dem
Moufti.

sten Adel nach dem Moufti / und den 13ten zum Capudan Ba
scha; und als Sie von jenem zuruck kehrten und angenehmes Wet
ter war / liessen Sie sich gefallen, nach Tchorli über den Canal
zu gehen, um des Ahli Bascha Serrallien zu besehen, welches daSchönes
Serallien
des Ahli
Bascha.

zumal niemand bewohnte, ohnerachtet es eines von den schöͤnsten Ge
bäuen, so man in diesen Landen findet; absonderlich aber ist solches
von innen auf das prächtigste und netteste eingerichtet: die Wäͤn
de sind mit Porcellan getäfelt, der Boden ist mit Marmol belegt,
so findet man auch schöne Brunnen in den Zimmern, und schim
mert alles durchgehends von Gold, also daß es füͤr eine rechtschaf
ne Wohnung eines grossen Fürsten oder Herrn passiren kan. Jm Visite bey
dem GroßVizir en
passant.

Vorbeygehen liesse der Herr Botschafter dem Groß⸗Vizir, der
sich dazumal in seinem Serrallien auf dem Canal aufhielte / durch
den Dolmetsch das Compliment machen, worgegen Er Ihn wis
sen lassen / daß Er bey seiner Ruck⸗Kehr auf ein Schälgen Caffé
zusprechen solte. Als Sie Sich nun hier beysammen befunden, hat
sich auch der Moufti eingestellt, dem der Kiaha, Kaiserlicher O
berst⸗Hofmeister, der andere Eidam des Groß⸗Vizirs, nebst dem
Chiaoux Bascha und noch einem andern Vornehmen, den niemand
aus unserm Adel kennen wolte / entgegen giengen / und aus dem Schiff
halfen; wie er dann seine Ankunft dem Groß⸗Vizir schon vorher
durch ein Billet wissen lassen. Es verlangte auch der Herr BotErledi
gung eines
Sclaven.

schafter um dieser Ursach willen mit dem Groß⸗Vizir zu spre
chen, damit er Gelegenheit haben moͤgte, einen gewissen Schiff
Patron, Namens Jacob Perfumo, so von Geburt ein Jtaliäner
ist, die Freyheit zu verschaffen: es hatte derselbige sonst Spanische
Flaggen geführt, nach dem er aber sein eigenes Schiff verlohren, hat
er sich auf ein Malthesisches begeben / worauf er nachgehends ge
fangen worden. Es erbote sich auch der Groß⸗Vizir, zum CaVisite bey
dem Capu
dan Ba
scha.

pudan Bascha deswegen zu schicken, damit man diesen Sclaven
dem Herrn Botschafter abfolgen lasse; Er solte aber alsdann die

ses

Fff 3
- 464 - 414
Drittes Buch, Neunzehende Abtheilung /

ses Geschenck für das Seinige halten / und nicht ansehen / als ob es
von jenem herkäme, dann er hätte Ihm ohnedem noch einen zu
geben. Zu besagten Capudan Bascha sind wir in Schiffen ab
geholt worden / ob wir schon nicht gar weit von ihm entlegen waren,
und nur ein Kirchhof nebst der Meer⸗Enge darzwischen lage, wel
che wir vermittelst eines kleinen Umweegs gar leicht zu Land hätten
umreiten koͤnnen. Ehe wir dahin giengen/ liessen Se. Excellentz
alle erinnern, daß wir uns mit den Reden solten in acht
nehmen, weil sich allerhand Leute von unterschiedlichen Sprachen
daselbst befänden / mögten uns demnach huͤten / daß wir nichts Nach
theiliges von ihren Sitten, Lehre, Lebens⸗Wandel und anderen
Gebräuchen schwazten, noch was vornehmeten, daß sie zu einigen
Unwillen gegen uns verleiten, oder zu einer widrigen Auslegung
Anlaß geben köͤnnte. Und gewiß, wir haben es alles daselbst so an
getroffen, wie der Herr Botschafter uns vorher berichtet hatte;

Allerhand
Nationen
bey dem
Capudan
Bascha.
sintemaln kein Volk leicht gefunden wird / davon wir nicht daselbst
Lands⸗Leute angetroffen, da waren Teutsche / Franzosen / Spa
nier / Jtaliäner / Engeländer / Holländer / Polen / Mos
cowiter, Dänen / Schweden / rc. deren einer das Amt eines
Truchses oder Vorschneiders, der andere eines Mund⸗Schenckens, der
dritte wieder was anderes verwaltete. Dann ob schon aller andern
Baschen Häuser mit den schoͤnsten und wol gewachsensten Jung
lingen angefüllet sind, denen die ganze Haußhaltung uͤbergeben ist,
und welche Gegentheils von ihren Herren wiederum alles erlangen
können, warum aber, wird ein jeder aus dem oͤfters angefüͤhrten
leicht errathen: so kan man doch hier bey dem Capudan Bascha
solche in noch grösserer Menge als anderswo antreffen / weil er täg
lich Gelegenheit hat, dergleichen theils von andern zu erkaufen,
theils selbsten auch zu fangen. Unter andern habe ich einen von meinen
Lands⸗Leuten allda angetroffen, und des andern Tags bey dem Ni
schanschi Bascha noch einen, der sonst zu Coͤln bekannt genug ist;
beide aber haben den Glauben verläͤugnet und sind zu der Tüͤrkischen
Religion übergetretten: dahero sind eben meine Lands⸗Leute
auch nicht jederzeit welche von den besten, ob sie schon in einer heiligen
Stadt gebohren worden, von denen man deswegen glauben solte, daß
sie eines solchen Lasters nicht fähig wären. Es forschte der Herr
Bot
- 465 -
Abschieds⸗Visiten von den Vornehmen des Hofs.
415
Botschafter gar genau / ob ausser ihnen von den Umstehenden je Herr Bot
schafter be
kuͤmmert
sich um die
Bekehrung
der Abtrün
nigen.

mand Latein verstünde; und als Er hierauf versichert worden, daß
sonst niemand zugegen seye, hat Er sie beide besonders und ganz
freymüthig, als hätte er was ganz anders vor, und mit uns selbst
zu reden, damit niemand von den gegenwaͤrtigen was merken moͤg
te, angesprochen, und ihnen ihr Heyl und kuͤnftige Ewigkeit zu be
denken gegeben. Es ist aber Morea die Ursach ihrer beider Ver
derben gewesen, woselbst auch noch viel andere Teutsche in nechst
verwichenen Jahren entweder ihr Grab oder Gefangenschaft gefun
den, und haben die Türken öfters in einer einigen Stadt dieser
Landschaft mehr Teutsche bekommen, als in dem zwey⸗jaͤhrigen Venetianer
sind nach
läßig in
Befreyung
der Scla
ven.

Krieg in ganz Ungarn geschehen ist, davon die Venetianer die we
nigsten, so sich bey Privat-Leuten gefunden, wieder ausgeloͤßt, und
nur etwan die oͤfentlich Gefangene / worzu ihnen der getroffene Frie
de verholfen, frey gemacht haben. Gleich nach unserer Ankunft und
Tracta
ment und
Beschrei
bung des
Capudan
Bascha.

Eintritt in das Zimmer ist alsobald Caffé, eingemachte und auch
trockene Früchte / Zucker, Gebackenes und Rauch⸗Werck herbey
geschafft worden: hierauf kamen die Schiff⸗Leute, alle Befehls
haber über die Galeeren, Kriegs⸗Schiffe und andere Fahr⸗Zeuge, so
diesen oder den kuͤnftigen Tag abfahren solten, kuͤßten den Capu
dan Bascha aus Respect den Saum seines Rocks, worgegen Er
ihnen hinwiederum mit Auflegung der Hand auf ihre Stirne den See
gen ertheilte, und sie also wiederum in Frieden von sich ließ. Dieser
Capudan Bascha nennet sich Solymann, ist ein freundlicher
und lieber Mann, und bey allen, die ihn kennen / wegen seiner
Freundlich⸗ und Aufrichtigkeit in grossen Estim, auch den Christen
mehr, als die andern, geneigt. Er hat den Jesuiten Cachot oft Auf der
Türken
Treue ist
nicht zu
bauen.

gesagt, daß man auf der Tuͤrcken Treue und Glauben nicht viel
bauen duͤrfe / man muͤße im Handel es gleich mit ihnen richtig ma
chen, und die Sache nicht lang in andern Häͤnden lassen, dann wir
pflegen, setzte er hinzu, unser Wort schlecht zu halten, wann wir
auch gleich darauf schwoͤhren, und wann wir uns einer bessern Red
lichkeit befleisigten, wuͤrden wir für Journ / und nicht besser als
ihr, gehalten werden. Es hatte derselbige eines Nachbarn kleines
Kind bey sich / so in einem den Dervisch gewöͤhnlichen Habit ein
gekleidet war, welches er sehr lieb hatte / und es zum öftern auf
den Armen herum truge. Ich fragte deswegen einen von unsern
Dol
- 466 - 416
Drittes Buch / Neunzehende Abtheilung /

Türken
pflegen ih
re Kinder /
wie man
che Röm.
Catholi
sche / in ei
ne gewisse
Ordens
Tracht zu
kleiden.
Dolmetschen, ob dann dieses Kind auch ein Dervisch wäre? worauf
er mir zur Antwort gab / man könne es zwar keinen Dervisch nen
nen, es ahmten aber die Tuͤrken hierinnen einigen Catholischen El
tern nach / welche aus sonderbahrer Ehrerbietung, entweder, weil sie
glauben, daß sie durch Vorbitt der Heiligen ein solches Kind er
halten, nachdem es lange Zeit angestanden / bis sie eines bekom
men; oder weil es an eines geistlichen Ordens⸗Stifters Namens
Tag gebohren worden; oder weil sie eines gewissen Heiligen Ga
ben vor andern hochschätzen, und wuͤnschen, daß ihre Kinder sich
solchen zu einem Muster vorstellen mögten / oder was es sonst für
eine Ursach mehr seyn mag / nicht allein ihre erste, sondern auch
die nachfolgenden Kinder in gewisse Moͤnchs⸗ und Ordens⸗Ha
bit einkleiden. Indessen wurde das Essen aufgetragen, worbey ei
ne solche Ordnung und Reinigkeit zu sehen war / dergleichen wir sonst
noch nicht beobachtet; so liesse sich auch bisweilen eine Music höͤ
ren.
Sultans
Leib
Schiff.
Hier hatten wir Gelegenheit, des Sultans Leib⸗Schiff
zu sehen / auf welchem Er auf dem Canal und dem Meer vor dem
Hellespont zu fahren pflegt: es war selbiges mit acht und zwan
Bedecktes
Schiff darf
ausser dem
Sultan
und GroßVizir nie
mand füh
ren.

zig vergüldeten Rudern versehen, und oben bedeckt, dergleichen sonst
ausser dem Sultan und Groß⸗Vizir / jedoch diesem mit
wenigern Rudern, niemand / wer er auch ist, zu führen erlaubt
wird. Vor wenig Jahren hatte sich ein Französischer Botschaf
ter auch eines auf diese Art machen lassen, als er es aber ins Was
ser gebracht, und sich dessen bedienen wollen, ist es ihm durch ei
nen Kaiserlichen Befehl ernstlich untersagt worden, also daß er es
niemals mehr gebrauchen doͤrfen. An diesem Kaiserlichen Schiff
war das Vorder⸗Theil, das Ruder, die Hacken, alles mit silber
nen Blatten beschlagen, und auf dem Hintern⸗Theil stunde eine mit
kostbaren Steinen besetzte Laterne. Man schätzte das ganze Schif
mit allem Zugehöͤrigen auf hundert Beutel, oder 50000. Reichs
Thaler, so 15666⅔. Ducaten ausmachen.


Von hier sind wir in das Zeug⸗Hauß gangen, die grosse
Der Türkē
Arsenal.

Kriegs⸗Schiffe, so in dem Hafen lagen / zu besehen. Es waren der
selbigen vier und vierzig / ohne die Galeeren von zwey⸗drey⸗ und
Der Tür
ken See
Macht.
fünf⸗Ruder⸗Ordnungen, die keine oder doch wenig Stüͤcke fuͤh
ren; und wann man zu diesen diejenige rechnet, so von Algier / Tri
poli - 467 -
Abschieds⸗Visiten von den Vornehmen des Hofs.
417
poli und Tunis / zu Hülf schicken, samt denen, die sie von den
Kaufleuten an sich handeln und schon ausgerüstet sind, auch für ein
jedes derselben 15000. Reichs⸗Thaler, oder 5000. Ducaten jährlich,
so lang sie nemlich Dienste thun / bezahlen, welche aber nach erfolg
ten Frieden ihren Eigenthums⸗Herrn wieder zugestellt werden muͤs
sen; wann, sage ich, man diese alle zusammen rechnet, so bringen sie
eine Schiffs⸗Flotte von 130. Schiffen zusammen, welche sie alle
wider den Feind gebrauchen köͤnnen. Oft bemeldtes Leib⸗Schiff
war 140. Schritt lang, und bis 30. Eln (cubitus) breit, führte
120. Stücke, darunter einige so grosse Kugeln schossen, daß keiner
unter uns so dick gewesen, der nicht ganz gemaͤchlich in das Mund
Loch mit völligen Leib hätte hinein schliefen können: an dem Ufer
sahe man eine unglaubliche Menge Stucke liegen. Zur selbigen Zeit
wurden auch noch vier andere Schiffe erbauet/ worunter eines das
Leib⸗Schiff seyn, und das gegenwäͤrtige an Gröͤsse uͤbertreffen sol
te; hiernebst aber zwey kleinere, und eine Galeere von fuͤnf Ruder
Ordnungen, dergleichen daselbst noch nicht zu sehen gewesen / und
welche man das Huren⸗Kind nennen wolte.


Als wir nun die Schiffe in Augenschein genommen, giengen
wir durch einen gewoͤlbten Ort in den Baino/ der uͤber 1000.
Schritt sich in die Länge erstreckte / worinnen die grosse Schiff
Seile gemacht werden; bey dessen Ausgang aber fande der Herr
Botschafter seine Tschaicken, in welche Er sich setzte, und da
mit wiederum nach dem Capudan Bascha fuhr, die uͤbrigen aber
sind Jhme zu Fuß dahin gefolget. Nachdem wir uns nun noch ei
nige kurze Zeit allda aufgehalten, hat sich der Herr Botschafter
dem Capudan Bascha zu aller Freundschaft offerirt und seinen Geschenck
an den Hn.
Botschafter
von dem
Capudan
Bascha.

Abschied genommen: dieser hingegen Seiner Excellentz zur
Bezeugung seiner beständigen Gewogenheit zwey damascinirte und
mit Steinen / Elfenbein, Perlen⸗Mutter und Silber ausgezierte
Röhren / fünf Teppiche, darunter drey grosse woͤllene mit einem
guldenen Saum, und zwey kleine seidene mit Gold und Silber ge
stickt, waren, nebst einem zahmen Tieger⸗Thier und zwey Sclaven
verehrt, davon der eine aus Danzig / der andere aber von S. O
mer, in der Grafschaft Artois, gebürtig gewesen: der Adel und
die Hauß⸗Bediente bekamen die gewöhnlichen Tüchlein.


Die

Ggg
- 468 -

418
Drittes Buch Neunzehende Abtheilung /


Ubrige Vi
siten des
Hn Bot
schafters
bey den
Vornehm
sten des
Hofs.
Die nechstfolgende Täge bis den 18. April hat der Herr
Groß⸗Botschafter bey dem Nischanschi Bascha / dem Tochter
Mann des Groß⸗Vizirs / wie auch bey dem Kiaha / des
Sultans Oberst⸗Hofmeister, auch einen Eidam des Groß
Vizirs, und der ihm auch zugleich in seinem Amt muß behülflich
seyn / ingleichen bey dem Janitscharn⸗Aga / dem ersten Tefter
dar oder Zahl⸗Meister / und dem Reis⸗Efendi oder Reichs⸗Canz
ler / seine Visiten abgelegt, welche zum theil in der Stadt / zum
theil aber an dem Canal in ihren Gärten wohnten: diese alle sind
dem Herrn Groß⸗Botschafter mit sonderbahrer Ehr⸗Bezeugung
begegnet / und haben gleichsam mit einander certirt, wer es den
andern hierinnen zuvor thun könnte. Man hat jederzeit dabey
Gast⸗Mahle angestellt, Schau⸗Spiele, Fecht⸗Schulen und Lust
Treffen gehalten, so hat es auch nicht an Music und Dänzen ge
fehlt, nach dem es nemlich eines jedweden Bewohnung oder Platz
zu gelassen. Es wurden auch die Geschenke dabey nicht vergessen,
und dem Herrn Botschafter jederzeit ein Pferd mit Sattel und
Zeug, wie auch damascenirte Flinten, Türkische Teppiche oder
Tüchlein verehrt, von welcher letztern Gattung auch der Adel und
andere ihren Antheil bekommen. An den auserlesensten Früchten
fanden wir nirgend keinen so grossen Uberfluß / als bey dem Kia
ha / welche öffentlich ausgestellt waren, damit ein jeder, so viel und
Woleinge
gerichtete
Music bey
dem Kiaha.
oft davon nehmen kunte, als ihm nur selbst beliebte. Es war auch
die Music daselbst besser als bey andern bestellt, wie dann unsere
Ohren allhier mit einer so lieblichen und ausnehmenden Instrumen
tal-Music ergötzet worden, daß auch die Virtuosen in unserm Land
solche mit Lust würden angehöͤrt haben; an welcher sich auch der
Herr Botschafter dermassen delectirt, daß er nicht nur biswei
len einige Stücke wiederholen liesse / sondern auch etlichen seiner ei
genen Musicanten anbefohlen, fleissig darauf acht zu geben, und
es aufzusetzen, um dasselbige mit nach Teutschland zu bringen. Bey
dem Janitscharn Aga trafen wir die vortreflichsten Ringer an;
die Comödien aber waren bey allen gleich eingerichtet / und bestun
den in unflätigen Possen, geilen Gebärden, und unverschämten Ent
führungen. Hier waren auch einige tausend Janitscharen mit ihren
Gefangene
werden
dem Hrn.
Botschafter
zu Ehren
loß gelas
sen.
Officirern commandirt; und so bald Seine Excellentz ins Hauß
getretten / wurde Jhnen zu Ehren eine Menge der Gefangenen / so
alle
- 469 -
Abschieds⸗Visiten von den Vornehmen des Hofs.
419
alle auf dem Tod gesessen, auf freyen Fuß gestellt. Daselbst habe
ich auch einen Franzosen von ungefehr siebenzehen Jahren, einen zar
ten und schöͤnen Jüngling angetroffen, der aus dem Geschlecht der
Viviers zu Romand / einer Stadt im Delphinat / gebohren. Abgefalle
ner vor
nehmer
Franzos.

Er gab sich vor einen Befreunden des Herzogs von Beauville
aus, und sagte, wie sein Vater noch lebe / der ein General un
ter der Koͤniglichen Armée und Stadthalter üͤber eine Provinz
des Königreichs seye: er hätte auch zwey Brüder noch im Leben,
davon der eine Obrist⸗Lieutenant unter des Herzogs von Beau
ville Dragoner⸗Regiment / der andere aber Hauptmann unter dem
Herzog von Noailles wäre. Man hat ihn den zweyen Söhne des
Janitscharn⸗Aga zugesellt / die er auch beide auf dessen Befehl
vor den Herrn Botschafter gebracht, so ebenfalls sehr schöͤne
junge Herrn waren, mit denen er Schreiben / Lesen, Reiten und an
dere dem Türkischen Adel anständige Exercitien lernet. Er ist von
den See⸗Räubern zu Modon in Morea gefangen worden, da er
mit etlichen Venetianern auf ein Schiff gegangen und sich etwas
zu weit von der Stadt entfernet hatte. Dieser versprach einen aus un
sern Adel, meinem Landsmann, der auch nicht haͤßlich von Gestalt
war, jährlich 1500. Ducaten, oder 6000. Gulden zu verschaffen,
wann er ein Tuͤrk werden wolte; und damit er ihn desto leichter dar
zu bringen moͤgte, ruͤhmte er sehr, was der Janitscharn Aga füͤr Beschrei
bung des
Janit
scharnAga.

ein raisonabler Mann wäre, wie er dann dergleichen Lob wol ver
diente: er setzte hinzu, daß sein Herr auch von Catholischen Eltern
gebohren, und sein Vater und Mutter Armenier gewesen seyen; dessen
Bruder seinem Exempel gefolget, und sich grosse Ehre und Reich
thum damit erworben habe, er begleite nunmehr die Charge als
General über das Fuß⸗Volk, und habe zugleich das ganze Hauß
seines Bruders unter seinem Commando: er wolte zwar seine El
tern auch darzu vermöͤgen, sie hätten es aber abgeschlagen, und
sich nicht wenig damit geschadet, als welche sich dadurch glüͤcklich ma
chen und zu grossen Ehren gelangen köͤnnen. Ferner rühmte er ihn
auch wegen seiner Gütig⸗ und Freygebigkeit, als der die ganze Zeit
seines Regiments gar wenig hinrichten lassen, und nur solche, die was
gar schwehres verbrochen, denen meisten aber häͤtte er grosse Wol
thaten erzeigt. Dieser Aga ist auch gewohnt, öfters sich verklei
det durch die Stadt zu gehen, und seiner Pflicht gemäß zu be

obach

Ggg 2
- 470 - 420
Drittes Buch / Neunzehende Abtheilung /

obachten, ob etwan nachtheilige Reden wieder die Regierung ge
führt werden; wann er nun welche antrifft, so verwegene Worte
ausstossen, oder aufrüͤhrische Versammlungen anstellen, dergleichen
Verbrechen ein anderer mit dem Tod bestraffen wuͤrde, läͤßt er sie,
damit die Laster nicht ungestrafft bleiben, und solche nachtheilige Zu
sammenkuͤnften doch auseinander gejagt wuͤrden, entweder ins Ge
fängnuͤß werfen, oder ins Elend verweisen. Zu derjenigen Zeit, als wir
uns bey dem Nischanschi Bascha aufhielten, hat sich ein starker
Nord⸗Wind erhoben, daß wir nicht ohne Gefahr über den Canal
setzen kunten; wie dann auch den 8ten und 20ten dieses auf dem
Schwarzen⸗Meer unterschiedliche Schiffe zu Grund gangen, davon
zwey schon bis an die Saͤulen Pompeji gekommen sind, und dann
erst, da sie in den Hafen einlaufen wollen, Schiffbruch gelitten haben.


Hier kan ich auch nicht mit Stillschweigen vorbey gehen, daß
Ragozki
muß sich
von Con
stantinopel
weiter ent
fernen.

den Tag vor Ankunft des Couriers von Wien / da wir uns eben
bey dem Kiaha aufgehalten, der Capudan Bascha von dem
Groß⸗Vizir wiederholten Befehl bekommen, den Ragozi /
der sich bisher noch immer ohnweit Constantinopel aufgehalten, von
dar nach der Jnsul Radosto, in dem Meer vor dem Hellespont
zu schaffen, nach dem der Herr Botschafter schon öfters darum an
gehalten, aber es noch nicht zur Execution bringen koͤnnen, weil bemeld
ter Ragozi an dem Capudan Bascha einen Patron hatte, der
solches von einer Zeit zur andern aufgeschoben, weil er hierinnen von
dem Gesandten einer gewissen Potenz, den ich nicht nennen will, secun
dirt worden.


Den 18. dito ist in aller Frühe Andreas, ein Schiff⸗Patron,
Schiff Pa
tron wird
aufge
hängt.
aus der Jnsul Maltha gebürtig, in einem Schiff aufgehängt worden,
und hat also mit obgemeldtem Tourtain ein gleiches Ende genommen,
als dessen Tod er zu raͤchen bedacht gewesen; zu welchem Ende er einem
gewissen auf den Jnsuln commandirenden Bascha nachgestellt, den
er auf gleiche Weiß hinrichten wollen, allein zu seinem Ungluͤck hat man
ihm eher ertappt, als er sein Vorhaben ausgefüͤhrt, und ist mithin in
diejenige Gruben gefallen, die er einen andern gegraben. Er ist in
einem eisenfarben Kleid mit samt den Stifeln aufgehenkt, und ihm der
Hut an den Kopf angebunden worden, zum Zeichen, daß er nicht unter
die Muselmänner gehöre. Die Türken haben deswegen wiederum
ein grosses Frolocken angestellt, doch ist es jenem, so sie neulich bezeigt,
lang
- 471 -
Abschieds⸗Visiten von den Vornehmen des Hofs.
421
lang nicht beygekommen. Man hat ihm schon laͤngst dergleichen Ende
Woran er
es ver
schuldet.

propheceyet, sonderlich damaln, als er seine erste Frau, die er schon lang
in Verdacht gehabt, un̄ nun in frischer That auf den Ehebruch ergriffen,
mit einem Pistol todt geschossen hatte. Ob sie nun wol nicht ausser
Schuld war, sintemaln er sie noch darzu als ein armes Bettel⸗Mädgen
auferzogen, und nachgehends zu seiner Frau angenommen, so hätte er
doch gleichwol in dieser Sache sein eigener Richter nicht seyn sollen. Es
hat sich aber die Sache folgendermassen zugetragen: als er von einer
Expedition zu Wasser wieder nach Hauß gekommen / haben ihn seine
Freunde hinterbracht, daß seine Frau in seiner Abwesenheit, mit einem
andern sich allzu gemein machte; als er aber solches nicht glauben wol
len, weil sie keinen genugsamen Grund ihrer Meinung anzugeben wu
sten, nichts destoweniger von andern eben dieses berichtet worden, schick
te er einen vertrauten Menschen ab, der ihm zu einer Reisse nach Sici
lien abruffen, und bedeuten solte, daß er alsobald dahin abfahren müͤste;
hierauf stellte er sich zu Hauß / als ob er nun abreisen wüͤrde / hält sich
aber indessen bey einem guten Freund auf / gibt auf alles wol Achtung,
und laͤßt die Schiffe anders wohin laufen: indem stehet er zu Nachts
auf, begibt sich nach seinem Hauß, und findet alles, wie er berichtet wor
den, laͤßt aber doch den Ehbrecher laufen, und nur die Frau ihre Untreu
mit dem Leben bezahlen; den folgenden Tag verfuͤgt er sich nach dem Ehebreche
rin auf fri
scher That
ermordet.

Groß⸗Meister zu Malta / erzehlt alles Vorgelauffene, und erhäͤlt
deswegen Verzeihung: ob er im uͤbrigen Kinder mit ihr gezeigt, oder
sie ohne dieselben in die andere Welt geschickt, hab ich so eigentlich
nicht erfahren koͤnnen. Er hat nachgehends eine andere Frau genom
men, welche aber gleichfalls noch vor ihm gestorben ist.



Abschieds
visite bey
dem GroßVizir.
Den 19ten nahm der Herr Botschafter von denen hier anwe
senden Gesandten Abschied, und begab sich alsdann üͤber den Canal
nach dem Groß⸗Vizir, um Sich auch bey demselbigen zu beurlauben,
wobey es eben also, wie bey unserer Ankunft / gehalten worden. Die
Herren Gesandten haben sich nach Verfliessung dreyer Tagen, wieder
um eingestellt/ Sr. Excellentz zur bevorstehenden Reiß Glüͤck zu wuͤn
schen, auch alles dasjenige dabey in acht genommen/ was sie sonst bey
dem Empfang zu observiren pflegen. Der Groß⸗Vizir hat un
sern Herrn Botschafter abermal mit einem vortreflichen Schimmel

Desselbi
gen ge
machtes
Présent.
samt Sattel und Zeug nebst einem Zobel⸗Pelz regalirt, unter die Suite
aber sind nachmaln die gewoͤhnliche Caftan ausgetheilt worden. Sein
Ab

Ggg 3
- 472 - 422
Drittes Buch, Neunzehende Abtheilung /

AbschiedsCompli
ment.
Abschieds⸗Compliment richtet Er gegen alle fast auf einerley und unge
fehr folgende Weise ein: Er wäͤre nun bereit, auf Jhro Römisch
Kaiserlichen Majestät / seines Allergnädigsten Herrens, er
haltenen Befehl / nun wieder nach Teutschland zuruck zu
kehren; womit Er sich zwar dem Leib nach entferne / aber
mit dem Gemüth Jhnen jederzeit zugethan verbleibe; wol
ten Sie sich gefallen lassen / solches bey Gelegenheit auf die
Prob zu stellen / wuͤrden sie befinden / daß es Jhm an guter
Gewogenheit gegen sie niemaln fehle.


Die Herren von Wetstein / Weipler / Aussem und Franken
Einige von
Adel wer
den von
des Capu
dan Bascha
Zahl⸗Mei
ster tractirt.

sind von dem Zahl⸗Meister des Capudan⸗Bascha zu guter letzt invi
tirt worden / um sich nochmaln mit einander zu divertiren, und des
bisher passirten in aller Vergnügung zu erinnern. Es ist bey der letz
ten Visite des Capudan Bascha schon angemerkt, daß diese Herren
mit einer mehr als gemeinen Vertraulichkeit seinem Bedienten begeg
net, weswegen er ihm befohlen / sie nochmaln zu invitiren / um nach
Lands⸗Gewohnheit sich mit einander lustig zu machen. Der Herr von
Wetstein hatte ihn bereits in vorigen Krieg in denen Niederlanden
als Fähndrich gekannt / zu welcher Zeit sie beide in Diensten gestanden;
nach dem aber der Friede mit den Franzosen erfolgt, ist solcher zu den
Venetianern gegangen, unter welchen er dann gefangen worden.
Er war von einen vornehmen Adelichen Geschlecht aus Westpha
Dessen Her
kommen.
len, nicht weit von Hanover, davon noch heut zu Tag viele im Leben
sind / deren Namen ich aber mit Vorsatz verschweige. Dieser ist dem
nach so gleich frühe um fünf Uhr, mit noch einen der gleichen Renega
ten, der, wie ich oben schon gemeldet, mein Landsmann war, gekommen,
seine Gäͤste abzuholen, welche auch aufs beste tractirt worden, und we
der an Wein noch andern Geträͤnken den geringsten Abgang verspuͤhrt.
Jm Weggehen sind sie gewöhnlichermassen mit Tüchlein beschenkt,
auch ihnen ein Schiff, um darauf heimzufahren, offerirt worden, wel
ches sie aber mit aller Höflichkeit abgeschlagen / weil sie nur über einen
nicht sonderlich grossen Berg bis nach Hauß zu gehen hatten.


Zwanzigste Abtheilung.


Der Herr
Botschaf
ter wird
nochmaln
von dem
Groß⸗Vizir
invitirt.
VOn dieser Zeit an ist der Herr Botschafter niemaln mehr zu
dem Groß⸗Vizir in Sachen, die seinen Character betroffen,
gekommen, und als dieser den 21ten, da Se. Excellentz von dem Dol

metsch
- 473 -
Des Hn. Botsch. Verricht. nach nidergelegten Character.
423
metsch der Pforten weggiengen, Sie in seinem Garten an dem Canal
invitirt hatte, ließ er zur Antwort sagen: der Roͤmisch⸗Kaiserli
che Botschafter sey mit dem Einpacken beschaͤftiget, und koͤnne
nun mit dem Groß⸗Vizir weiter nicht sprechen; es wuͤrde aber der
Kommt oh
ne Chara
cter.

Graf von Virmond mit seinem ganzen Collegio Musico kommen,
von dem der Jbrahim ersucht wuͤrde, seine Musicanten gleichfalls
herbey zuschaffen, damit sie sich einmal mit einander lustig machen moͤg
ten / nachdem sie bisher nur von ernsthaften und das gemeine Wesen be
treffende Sachen mit einander geredet hätten. Dieses ist auch gleich
den Tag darauf geschehen / und sind bey dieser Gelegenheit unsere Mu
sicanten von dem Jbrahim reichlich beschenkt worden. Man muß Wann die
StaatsAffairen
bey einem
fremden
Minister
bey der
Pforte sich
anfangen
und endi
gen.

aber hiebey wissen, was ich gleich Anfangs erinnert, daß ein Gesandter
nicht eher eine oͤfentliche Staats⸗Person præsentiret, noch etwas dem
gemeinen Wesen zum besten tractiren kan / bevor er bey dem Groß
Vizir Audienz gehabt, und deswegen nach seiner Ankunft vorher zu
Jhm kommt, ehe er vor den Sultan gelassen wird also hat auch sei
ne öffentliche Bedienung ein End, wann er von Jhm bereits Abschied
genommen, so daß derjenige hernach der letzte wird, welcher vorher der
erste gewesen. Es haben aber Se. Hoch⸗Graͤfliche Excellentz gleich
wol alle Herren Gesandte nochmaln zu sich geladen, ausser den Engli
schen, welchen das Podagra in seinem Bett arrestirt hatte / wie Sie
dann hinwiederum von dem Franzoͤsischen / Venetianischen und
Holländischen mit dem ganzen Adel tractiret, auch von diesem letz
tern und dem Französischen zu Fuß in Jhrem Logis besucht worden /
um den letzten Abschied von Jhnen zu nehmen. Es haben sich anbey Herr Bot
schafter
findet sich
auf einer
Hochzeit
ein.

Se Excellentz bey der Hochzeit des Dolmetschen der Franzö
sischen Nation, und der Tochter des Venetianischen Dolmetschen
eingefunden / als die Trauung wenig Tage vor der Abreiß in des Fran
zösischen Gesandten Capell vollzogen wurde. Der Bräutigam hatte ei
ne grosse Begleitung von Manns⸗Personen, der Braut aber folgten Prächtiger
Aufbutz
des Grichi
schen Frau
enzimmers.

eine zimliche Anzahl Frauenzimmer in den vortreflichsten Schmuck;
deren Haupt⸗Haare mit allerhand kostbaren Steinen, Gold, Blumen
und netten Reiger⸗Büͤschen gezieret ware: an den Fingern, Hals,
Ohren und Brust funkelte gleichfalls alles von Steinen und Perlen.
Die Braut / auf deren Haupt die Reiger⸗Büsche sehr prächtig stutz
ten, die Brust aber mit Edel⸗Steinen wie gleichsam besäet schiene,
führte der Venetianische Gesandte / den Braͤutigam aber die
Ge
- 474 - 424
Drittes Buch / Zwanzigste Abtheilung /

Gemahlin des Französischen Gesandten zum Altar vor den Erz⸗Bi
schoff zu Ancyra, welcher hier des Patriarchen Stelle vertret
ten und die Trauungs⸗Ceremonie versehen hatte. Gemeldte Braut
Venetiani
scher Dol
metsch
stirbt we
gen seiner
Treue eines
gewal[t]sa
men Tods.
nannte sich Navoni / und war kaum sechzehen Jahr alt, deren Vatter
wegen der gegen die Republic Venedig gehägten Treue / bey welcher
er in Diensten gestanden / einen gewaltsamen Tod erleiden müͤssen, wie
dann seine Grab⸗Schrifft, die heut zu Tage auf dem Catholischen Got
tes⸗Acker zu Pera in Marmel gehauen zu lesen, eben dieses zu verste
hen giebt. Er hat nemlich die Venetianer, ehe noch der Krieg in Mo
rea angekündiget worden, durch Schreiben gewarnet, daß sie auf ih
rer Hut seyn, und die Stadte wol besetzen solten, weil sich die Tuͤr
ken zu Wasser und Land rüsteten, und dieses Wetter ohne Zweifel über
sie ausgehen würde: Einsmals ließ ihn der Topchi Baschi gleich
Frühe zu sich kommen, und vermeldete ihm / daß der Groß⸗Vizir et
was mit ihm zu reden habe: er bezeigte sich alsobald gehorsam / setzt über
den Canal und præsentirt sich dem Groß⸗Vizir, der ihn so gleich die
durch ihn an die Venetianer geschickte von den Tüͤrken aber aufge
fangene Brieffe vorlegte, und ihm fragte: ob er sie kenne? als er
nun hieruͤber sehr erschrocken, wurde er doch befehlicht, sich nach Hauß
zu begeben; da er aber nach Pera auf den Berg und in diejenige Gasse
kommt, die nach seinem Quartier gieng, wird er von dem schon vorher
darzu bestellten Häschern angepackt, und ohne fernere angezeigte Ur
sach aufgehenkt; und als er die Leiter und den Balken an der Mauer
stehen sahe, und deswegen fragte, was dieses zu bedeuten hätte? be
kam er zur Antwort, daß es ihm angienge, er solte sich nur eilfertig
zum Tod bereiten, weil man ihn daran hangen wuͤrde / und also muste
er ohne Abschied von Weib und Kindern aus dieser Welt wandern,
Dolmetsch
warum de
ren so viel
hingerich
tet werden.
da er sich solches am wenigsten eingebildet hatte. Es haben auch schon
viele Dolmetsch dergleichen End genommen, vornemlich wann sie sich
nicht in ihren Schranken gehalten, sondern in fremde Händel gemischt.
Der Le Brun, so den Tüͤrken viele Geheimnuͤsse verrathen, auch mit
Exempel
von einem
Französi
schen Dol
metschen.
seinen Anschlägen ihnen nicht wenig genutzt, ist gleichwol in dem Lager
vor Belgrad auf des Ahli Befehl, als er nach der Belägerung Pe
terwardein gereißt, in seinem eigenen Zelt, welches von des Groß
Vizirs seinem nicht weit entfernet war, mit vielen Wunden umge
bracht worden. Dieser hatte in Gewohnheit / immer der Türkischen
Armee zu folgen, und alles auszuforschen, auch durch seine Intriquen
zu
- 475 -
Des Hn. Botsch. Verricht. nach nidergelegten Character.
425.
zu wegen gebracht, daß man ihm an seinem Hof mehr Glauben zustellte,
als den Gesandten selbst / dessen Dolmetsch er gewesen; also
daß man bemeldten Gesandten einsmals vom Hof aus geschrieben:
man koͤnne sich nicht darein finden/ ob sie an den Dolmetsch einen Ge
sandten oder nur des Gesandten Dolmetsch haͤtten, weil sie mehr neues
von dem Dolmetsch als von dem Gesandten selbst erfuͤhren; es schie
ne, als wann er nur des Dolmetsch Gesandter wäre, weil er niemal
was neues, sondern lauter alte Sachen berichtete, und nur dasjeni
ge bekraͤftigte, oder deutlicher machte / wovon ein ander vor ihm schon
längst Nachricht gegeben. Tarsi / weil er sich in Staats Sachen, Noch meh
rere Exem
pel.

die ihm nichts angiengen, gemengt/ ist auf die Tortur gebracht worden,
um zu sehen, ob man nicht ein Geheimnuͤß von ihm heraus bringen koͤn
te. Timoni / ein vortreflicher und sehr beruͤhmter Medicus, hat den
Türken versprochen, Grichisch⸗⸗Weissenburg unter gewissen Con
ditionen wiederum ihrer Botmaͤssigkeit zu unterwerfen / auch sich zu
noch mehr andern Sachen, die nicht in seiner Macht stunden, an
heischig gemacht, weil er aber am Ende gesehen, daß er nicht mit aus
langen koͤnnen, hat er sich, aus Furcht eines schmäͤhlichern Tods, selbst
umgebracht. Er war im uͤbrigen in seiner Wissenschaft ein gelehrter
Mann, und hat viele Merk⸗Zeichen davon in einem Medicinischen
Manuscript hinterlassen, welches sehr estimirt wird. Doch seye ferne
von mir, daß ich einen von denenjenigen Dolmetschen, die sich gegen
wärtig bey der Pforte aufhalten, culpiren wolte; ich kenne viel bra
ve Leute unter ihnen, welche für die gemeine Wolfarth und ihrer Her
ren Nutzen tausendmal sterben wüͤrden / wann die Sachen
darnach beschaffen wären: vielmehr rede ich nur von diesen, die
sich in fremde Händel mischen, ihrer geschwohrnen Treue verges
sen, durch heimliche Verständnuͤß Stoͤrer der gemeinen Ruhe,
und eine Ursach allerhand Streit und Tumults, ja wol öfters gar
höchst gefährlicher Kriege sind. Man mag es demnach nur von die
sen verstehen, von welchen man Sprichworts⸗Weiß zu ConstantiSprich
wort von
den Dol
metschen
zu Constan
tinopel.

nopel sagt, daß daselbst drey greuliche Arten der Pest regieren,
die eine davon ware die natuͤrliche / die andere das Feuer / die dritte
aber und gefäͤhrlichste die Dolmetschen.


Den 24ten wurden die Pferde für den üͤbrigen Hof zugeVöllige
Anschi
ckung zum
Aufbruch.

führt, nachdem man schon den Tag zuvor die für den ersten Adel
angeschafft hatte, den folgenden Tag aber gieng ein Theil von der
Baga

Hhh
- 476 - 426
Drittes Buch / Zwanzigste Abtheilung /

Bagage ins Läger voraus. Dazumal liessen sich einige von den Unsri
gen in Grichischer Kleidung nach Constantinopel uͤbersetzen, um
daselbst einige benöthigte Sachen einzukaufen; welches Habits sie
sich aber darum bedienten, damit sie desto wolfeiler handeln koͤnnten,
und auch einen freyern Zutritt zu des Sultans Stall und übrige
Oerter der Stadt haben moͤgten; aus welchem Stall Seiner Ex
Gewohn
heit bey
dem letzten
Present des
Sultans.
Cellentz nochmaln ein vortreflich Kästen⸗braunes und recht König
lich⸗ausgeschmücktes Pferd verehret worden; dabey der Gebrauch
observirt wird, daß, wer dasselbige haben soll, ihme etliche Schritt
entgegen gehet, alsdann sich darauf setzet, und es ein⸗ und andermal
im Kreiß herum führet: damit nun auch dieses hier ein desto gröͤsse
res Ansehen machte, liessen Se. Excellentz eilends den in der Nähe
wohnenden Adel und Hauß⸗Bediente zusammen ruffen; und als Sie
wieder von dem Pferd abstiegen, invitirten Sie den Uberbringer
desselbigen in Dero Zimmer, beschenkten ihn mit einer silbernen Sack
Uhr, und liessen unter die Reit⸗Knechte und Roß⸗Buben einige Du
caten austheilen.


Den 26ten April, welches der letzte Tag unsers Hierseyns war,
Letzter Tag
des Hier
seyns der
Röm Kai
serl. Bot
schaft.

sind alle noch zuruͤck gebliebene Bagage-Waͤgen folgends nach dem La
ger gebracht, die Freyherrn von Locher und Studenitz aber mit
dem Dolmetsch Herrn Theyls zum Groß⸗Vizir abgefertigt wor
den / um in Namen Sr. Excellentz Jhm nochmaln das letzte Adieu
zu sagen / und den gebuͤhrenden Dank für alle der Botschaft bezeig
te Ehre und Höͤflichkeiten abzustatten; weil sie Jhn aber um selbige
Stunde nicht zu Hauß angetroffen, haben sie unbeschenkt wiederum
zuruck kehren muͤssen, es waͤre dann Sach / daß andere statt ihrer nach
unserm Abzug etwas bekommen haͤtten, welches ich eben nicht wissen
kan. Weil auch das Reiß⸗Gezeug schon voraus geschickt war, haben
viele von uns dieselbige Nacht in den Wirths⸗Haͤusern, oder bey
guten Freunden in der Stadt zubringen muͤssen; da unterdessen
alles zur gänzlichen Abreiß auf den andern Tag
angestellet worden.

Ende des Dritten Buchs.
Der
- 477 -
427


Der
Historischen Nachricht
Von der
Röm. Kaiserlichen Groß⸗Botschaft
nach Constantinopel /
Viertes Buch.
Begreifft die Heimreiß von Constantinopel
nach Wien.


Erste Abtheilung.


NAchdem nun die Stunde unsers Aufbruchs herVölliger
Aufbruch.

beygekommen / und wir bey dem Venetiani
schen Botschafter das Früh⸗Stuck worzu
wir ausdrücklich etliche Tage zuvor eingeladen
worden, eingenommen, wobey es weder an Früͤh
Stuck bey
dem Vene
tianischen
Botschaf
ter.

kostbarn Speisen noch delicaten Wein gefehlt,
sondern vielmehr desselbigen an rothen und
weisen / Jtaliänischen / Grichischen / Mu
scateller / von der Jnsul Samos / Chio und Tenedos ein UberOrdnung
des Aus
zugs.

fluß vorhanden gewesen, haben wir uns nach dem Garten desjeni
gen Hauses verfügt, in welchem der Graf von Oettingen ge

wohnt,

Hhh 2
- 478 - 428
Viertes Buch / Erste Abtheilung /

wohnt, wir aber diesesmal / so lang wir uns hier aufgehalten / unsere
Pferde daselbst stehend gehabt. Aus solchem sind wir in schöͤnster Ord
nung bey einer alten Kirchen und dem Hauß der Patern Trinita
rier / so sie erst kürtzlich gekaufft, dann auch die Wohnung der
Türkischen Edel⸗Knaben / (die zwar schon längst aufgebauet,
um den Grund des Hof⸗Lebens darinnen zu legen, von dem Ahli
Bascha aber ungefehr vor 6. Jahren für die junge Jchoglan wie
derum renovirt, auch noch weitläͤuftiger und prächtiger, als vor
her, ausgemacht worden,) und bey dem Pallast des Engelländischen
Gesandten vorbey üͤber den grossen Kirchhof zu Pera gezogen, um
den Herrn Groß⸗Botschafter abzuholen; so dann haben
wir Jhn von dar hinaus begleitet, und dem Pera den läͤngst⸗ge
Begleitung
anderer
Gesand
schaften.
wünschten Abschied gegeben. Hierbey nun ist die ganze Französi
sche Nation, und die Vornehmsten aus der Suite anderer Gesandt
schaften, ausser den Engelländern, welche wegen eines Præcedenz
Streits mit den Franzosen / sich niemaln zugleich mit diesen bey
etwas finden lassen, auf den kostbarsten und nett aufgebutzten Pfer
den in prächtigster Kleidung zur Bezeugung des Respects und Freund
schaft gegen uns vorher geritten / auch ihre Laquayen in ihrer von
einander unterschiedenen Livrée und mit ihren eigenen Janitscharn
zu Fuß voran gegangen. Die Holläͤnder machten bey diesem Zug
den Anfang, die Venetianer stellten sich in die Mitte, und die
Franzosen schlossen hinter diesen nechst an uns, doch so / daß ihre
Kauf⸗ und übrige Handels⸗Leute ihnen noch vorgiengen / und zu
gleich die vornehmere Stelle uͤberliessen. Hierauf wurden des Hn.
Groß⸗Botschafters Hand⸗Pferde geführt, so theils Teutsch /
theils auf Türckische Manier aufgebutzt waren; im übrigen kam
alles mit dem Einzug zu Wien üͤberein / also daß die Leib⸗Wacht
Sr. Excellenz, und hier zugleich die Janitscharn / geschlossen
haben. Jn solcher Ordnung nun sind wir aus Pera/ woselbst
sich ganz Galata eingefunden, unsern Abzug mit anzusehen / mit
fliegenden Fahnen und klingenden Spiel, oder unter Trompeten
und Paucken⸗Schall / und übrigen Music, die sich ohne Unterlaß
hören lassen, einen langen Weeg in guter Ordnung, nachgehends
aber durch einander üͤber Aecker und Wiesen bey dem suͤssen Wasser
vorbey geritten, bis wir nach der Vorstadt Job gekommen, allwo
wir uns wieder in Ordnung gestellt, und von dar weiters nach Taut
Bascha
- 479 -
Von dem Auszug und Aufbruch aus dem Lager.
429
Bascha in das uns angezeigte Läger marchirt; ehe wir aber noch
daselbst angelangt, haben wir von unsern Begleidern nach schuldi
ger Dank⸗Abstattung für ihre Bemühung Abschied genommen. Zu Abschied
von den
Begleitern.

Ejup / welches so viel als die Vorstadt des H. Jobs ist / traffen
wir die Janitscharn in ihrer Ordens⸗Tracht und Fest⸗Hauben
in doppelter Ordnung an, welche den Zulauf des Volks abhielten,
und den Herrn Groß⸗Botschafter im Vorbeyreiten nach ihrer
Art ihre Reverenz bezeigten. Jn dieser Vorstadt hat sich abermal
eine unzähliche Menge Volks aus Constantinopel eingefunden,
weil wir bey unserm Abzug die Stadt selbst wegen Ungelegenheit
des Orts und Abgelegenheit des Lägers nicht betretten; und viele,
die uns schon gleich Früͤhe zu Pera gesehen / auch aus den Fenstern
herab und von der Gassen eine gluͤckliche Reise nach Teutschland
angewünschet / sind durch einen küͤrzern Weeg, uns noch einmal zu
Sultan
und GroßVizir sehen
den Abzug
mit an.

sehen, wieder dahin gekommen: ja selbst der Sultan mit dem
Groß⸗Vizir haben in verkleideter Tracht, damit man sie nicht ken
nen moͤgte / irgendwo aus einem Hüttlein der Roͤmisch⸗Kaiserli
chen Botschaft prächtigen Abzug, die dabey gehöͤrte lustige Music,
welche / so lang wir durch diese Vorstadt gezogen, niemal still gehal
ten, die fliegenden Fahnen, und die denen Tüͤrken ganz ungewöͤhnli
che Ordnung beobachtet.


Allhier siehet man eine Moschee / zu welcher die Tüͤrken heuMoschee /
worinnen
der Sultan
installirt
wird.

tiges Tags zweymal im Jahr aus der Stadt Wallfarthen gehen /
und ist diejenige Kirche, worinnen ehedessen die Grichischen Kai
sere gecrönt worden, anjetzo aber denen Nachkommen Muha
mets / als unrechtmäͤssigen Besitzern des Orientalischen Reichs,
wann sie nach Absterben oder Absetzung ihrer Vorfahren auf den
Thron kommen, der Moufti den Saͤbel umguͤrtet, worinnen fast
die ganze Croͤnungs⸗Ceremonie bey den Tuͤrken bestehet, nur daß
der neu⸗angehende Regent dabey schwehret, daß er bemeldten Sä
bel zur Vertheidigung des Muhametanischen Gesetzes, des Volks
Beschützung und Ausrottung des Christlichen Namens gebrauchen
wolle. Als wir im Läger angelangt, fanden wir die Zelten schon Geschlage
nes Läger.

alle aufgeschlagen, die insgesamt ganz neu, und ehedessen noch nie
mal gebraucht waren/ vor den Herrn Groß-Botschafter aber
zwey schöne und kostbare auf Türckische Art verfertigte, davon das
klei

Hhh 3
- 480 - 430
Viertes Buch/ Erste Abtheilung /

kleiner oben mit einem zweyfachen Dach vor Wind und Regen / zur
Seiten aber mit einem aus Baum Wollen gesponnen Wand⸗Tuch
versehen und zur Nacht⸗Ruhe gewiedmet, das andere aber, läͤnglicht
und groß, zum Speiß⸗Zimmer verordnet gewesen.


Present an
Jhro Röm.
Kais. Ma
jestät / den
Prinz Eu
genius, und
den Hn.
Botschafter
von dem
Groß⸗Vi
zir.

Bald hierauf kamen von dem Groß⸗Vizir drey kostbare
Pferde an, ein Braun⸗rothes, und zwey Schimmel; das erste solte
Jhro Römisch⸗Kaiserlichen Majestät Carl dem VI.
das andere Jhro Hochfürstl. Durchlaucht dem Prinzen Eu
genius zugestellt werden, und das Dritte der Herr Botschafter
für sich selbst behalten. Es fanden sich auch ihrer viele aus Pera und
Galata ein / uns nochmaln die letzte Ehre zu bezeugen; hingegen
giengen einige von dem ersten und zweyten Adel nicht nur noch sel
bigen, sondern auch den folgenden Tag, so lang wir uns zu Taut
Bascha aufhielten, wiederum nach der Stadt, so wol noch unter
terschiedliche Sachen einzukauffen, als auch die vorigen guten Freunde
und Freundinnen von den Franzosen, Engelläͤndern/ Venetia
nern / und Holländern zu besuchen: so haben sich auch die Sprach
Knaben / die unsern Auszug zieren helfen, wieder zuruck begeben,
ausser dem Herrn Managetta / welcher bey Sr. Excellenz noch
Hr. Schöt
teler reißt
eben an die
sen Tag zu
Wasser
nach Vene
dig ab.
einige Verrichtungen hatte. Zu eben selbiger Zeit ist der Herr Fer
dinand Friederich Anton Schötteler / Fähndrich von der Leib
Wacht, mit einem Schiff nach Venedig abgegangen, um sich von
dar weiter zu Land nach dem Virmondtischen Regiment, so auf den
Jtaliänischen Gränzen stunde, zu verfügen: er hat schon den Tag
zuvor absegeln sollen, hat sich aber mit dem Abschied⸗nehmen von
guten Freunden so lang aufgehalten, daß das Schiff nicht weiter
auf ihn warten wollen, sondern die Reise ohne ihn angetretten, also
daß er sich gezwungen sahe, des Tags darauf in einem andern Schiff
zu folgen, und ist also wider seinen Willen geschehen, daß er nicht
nur mit uns nach Orient gekommen, sondern auch von dar, wie
wol einen andern Weeg, wiederum zu gleicher Zeit abgereißt.


Den 28. April sind wir zwischen Taut Bascha und Cete
ros still gelegen, und haben uns zur künftigen Reise recht fertig
gemacht, auch diejenige Kleider und Zeug wieder eingepackt, die uns
so wol für Menschen als Pferde des vorigen Tags bey dem Auszug
dienen muͤssen. Etliche giengen, wie sie auf dieser Reise fast täͤglich
gewohnt
- 481 -
Von dem Auszug bis zu dem Aufbruch aus dem Lager.
431
gewohnt waren, die Grillen und Zeit zu vertreiben, auf die Jagd;
andere aber noch einmal in die Stadt, um die Ceremonien mit an
zusehen, deren sich die Grichen bey Feyerung ihres Oster⸗Fests / Feyrung
des OsterFests bey
den Grie
chen.

welches sie eben an diesen Tag begiengen, bedienten. Dann zu sol
cher Zeit pflegen sie auf den Gassen unter freyen Himmel oͤffentliche
Dänze anzustellen, und lustig herum zu springen / ohne daß es ih
nen von jemand verwehrt wird, auch damit drey Tage anzuhalten;
wann aber die Tuͤrken nach deren Verfliesung jemand von ihnen be
soffen antreffen, bekommt er zum Recompens hundert Prüͤgel wol
gezehlt auf die Fuß⸗Sohlen, und wird noch darzu mit
fortgeschleppt. Diese Tage hindurch haben sich die Juden und anJuden
kommen
ins Lager.

dere Kaufleute in grosser Anzahl in unserm Läger eingefunden, und
uns ihre Waaren, vornemlich aber ihren Opobalsam angebothen,
den anjetzo diejenige, so sich nicht zu rechter Zeit damit versehen, viel
theurer als sonst bezahlen müssen; wie es dann gemeiniglich geschie
het, wann die Leute wissen / daß man an einer nothwendigen Sache
einen Abgang hat. Diese Arzney wird in der Medicin stark ge
braucht, wovon ich eine accurate Beschreibung, wie sie mir der hoch
erfahrne Leib⸗Medicus bey dieser Botschaft, Herr Johann Daniel
Hulin / auf mein vieles Bitten endlich communicirt, hersetzen will:
Der Opobalsam, so auch der Baisam von Mecha / oder Beschrei
bung des
Opobal
sams.

der weise Jndianische / sonst auch der Juden⸗Balsam ge
nennt wird / kommt aus Arabien her / und wächset der
Baum, woraus diese edle Arzney flieset / in den fel
Wie der
Baum da
waͤchst.

sichten Arabien, wie bey uns die Wacholder⸗Stauden / so
jedoch dem Gewaͤchs nach von diesem ganz unterschieden von
ist. Dieses Harz wird im Jahr zweymal / nemlich im Wann und
wie die
ses Harz
gesammlet
wird.

Frühling und Herbst / gesamlet / doch übertrifft der / so im
Früh⸗Jahr gesammlet wird / den andern an der Menge
und Güte sehr weit; dabey dann die Araber folgende Ma
nier beobachten: erstlich schneiden sie den Stamm ab / o
der nehmen ein Stuck von einen andern darzu tauglichen
Baum, der dem andern in der Dicke ungefehr gleich kōmt/
und vier bis sechs Finger lang ist; solchen holen sie als
dann aus / spalten ferner die Rinde desjenigen Baums /
aus welchem der Balsam fließt / von einander, also daß das
Gefäß / das an einem Strick haͤngt / und mit Wachs ver
macht - 482 - 432
Viertes Buch / Erste Abtheilung /

macht ist / damit der Geruch und die Spiritus nicht ausrau
chen / unmittelbar unter die Spalte kommt / und auf sol
che Weise wird der heraus triefend Balsam aufgefangen;
solche mit Balsam angefüllte und allenthalben wol ver
wahrte Stämme verkaufen sie alsdann denen nach Mecha
wanderenden Bilgramen / die ihn auch in der Menge an
sich handeln und aus den kleinern in die grössere Gefässe las
Von wenn
er zu be
kommen.
sen / welche aus mit einer Haut überzogenen Kürbisen ge
macht sind, und also bringen sie ihn bey ihrer Ruckreise
mit nach Constantinopel. Es ist aber sehr schwehr den
wahren von den verfälschten zu unterscheiden / absonder
lich denenjenigen / welchen diese Länder nicht bekannt sind /
weil man sich auf die Proben, die man gemeiniglich damit
Wie er von
den Juden
verfälscht
wird.
machet / nicht wol verlassen darf. Die Juden pflegen
solchen auf folgende Art zu verfälschen: sie nehmen
frischen Terpentin, aus der Jnsul Chio, welcher dem noch
frisch gesammleten Balsam an der Farbe nicht gar ungleich
kommt, vermischen ihn mit Sisamum⸗Saamen und wei
sen Been, damit er die behörige Flüssigkeit und Geruch da
von bekom̄t / und darüber schütten sie alsdann etwas ge
rechten Balsam / um die Kaufleute durch den Geruch zu
Wie hinter
diesen Be
trug zu
kommen.
betriegen. Man kan aber leicht darhinter kommen / wann
man den Balsam recht unter einander schüttelt / und etli
che Tropfen auf eine glühende Kohlen fallen läßt / welche
so dann einen schwarzen und unangenehmen Rauch in dem
Zimmer verursachen. Mit dem Unverfälschten aber hat
es eine ganz andere Beschaffenheit / und kan demnach der
Käufer zu dessen Erkänntnis folgende Prob anstellen:
Prob / um
den guten
von den
verfälsch
ten zu un
terscheiden.
Erstlich lasse er einen Tropfen von diesem Balsam auf frisch
Brunnen⸗Wasser fallen, welcher sich alsdann so gleich
ausbreiten und ein Häutlein darüber ziehen wird; wann
nun der Balsam gerecht ist / laͤßt sich dieses Haͤutlein mit
einem Hölzlein oder Feder⸗Kiel auf einmal herunter neh
men. Zweytens, giesset man diesen Balsam auf Schar
lach oder sonst ein rothes Tuch / und wann man dassel
bige bey der Sonnen wiederum wol abtrucknet / darf kein
Flecken davon zuruck bleiben. Drittens kan man ihn auch
an
- 483 -
Von dem Auszug bis zu dem Aufbruch aus dem Lager.
433
an dem angenehmen / flüchtigen und dem Wachholdern
fast gleichkomenden Geruch und etwas bittern Geschmack
erkennen / absonderlich wann man solchen / wie gemeldet /
auf eine Kohlen fallen läßt, und einen angenehmen Ge
ruch davon in dem Zimmer empfindet. Viertens pfleWürkung
dieses Bal
sams.

gen unsere Apothecker in Teutschland denselbigen folgender
Gestalt zu probiren: sie nehmen ein Stuͤck frisches Fleisch /
bestreichen es mit diesem Balsam, legen es alsdann bey
den heisesten Sommer⸗Tagen in die Sonne; wann nun
nach einer Zeit von sechs Tagen das Fleisch gewaschen
wird / und doch nicht riecht / wird der Balsam für gut
gehalten. Derselbige bekommt den schwachen Magen
überaus wol, und stärkt ihn unglaublich / absonderlich
wann er erkaͤltet worden. Jngleichen dienet er vortref
lich in Verstopfung der Harn⸗Gaͤnge, reiniget die Nieren,
bringt die verschwollene Blasen wieder zu recht, und thut
auch gute Wuͤrkung im rothen und weisen Fluß / wann
andere Arzneyen gehöͤriger massen vorher gegangen.
Die Dosis ist von 1. bis 4. Tropfen in frischem Eyer⸗Dot
ter. Zu Pest⸗Zeiten gebrauchen die Einwohner diesen
Balsam als das sicherste Præservativ; und zu Heilung der
Wunden ist er unvergleichlich/ und weit besser / als der
Copaiva Peruvianische und Tolutanische Balsam; in Ver
wundung der Nerven und gemeinen Schaͤden thut er auch
sehr gute Dienste / und bekommt noch mehrere Kraͤften/
wann er an statt des Terpentins unter den Balsam des
Arcai gethan wird. Es kommt auch der Opobalsam un
ter den Theriac des alten Andromachi in einer gewissen
Proportion; und wird auch eine Pomade davon bereitet/
deren sich das Frauenzimmer bedienet / die Runzeln von
der Stirn / und die der Schoͤnheit und Annehmlichkeit sehr
nachtheiligen Sommer⸗Flecken damit zu vertreiben, als
welche sie nicht nur voͤllig hinweg nimmt, sondern auch
die runzlichte Stirn schoͤn weiß und glatt machet; es wird
aber selbige auf diese Weise verfertigte: man nimmt unPomade
davon.

gefehr eine Unze laulichtes Regen⸗Wasser/ laͤßt zehen ge
meine Saltz⸗Körnlein darinnen zergehen / alsdann schüt

tet

Jii
- 484 - 434
Viertes Buch / Zweyte Abtheilung /

tet man sechzig Tropfen dieses Balsams darauf / fährt
mit dem Finger so lang am dem Rand des Gefäͤßes herum /
bis er gantz weiß wird; endlich gießt man das überfluͤssige
Wasser davon ab / und hebt dasjenige / was in den Ge
schirr bleibt / zu seinem Gebrauch auf; das Gesicht aber
wird mit einem weisen Tuch uͤberfahren und auch wieder
damit abgewischt.


Zweyte Abtheilung.


DEn 29ten dito sind wir uͤber die kleine, und den 30ten darauf
Aufbruch
aus dem
Lager.

über die grosse Brücke gegangen, und haben dasjenige Lager
bezogen / worinnen wir schon im vorigen Jahr gestanden,
sind auch an dem letzt gemeldten Ort einen Tag still gelegen und
den 2ten Maj nach Selymbria fort geruckt. In dieser Zeit kam
ein Heldenmüͤthiges Weib in Manns⸗Kleidern / wie auch des Fran
zösischen Gesandten Vetter zu Pferd zu uns, die alten Gäste und
Freunde nochmaln zu besuchen: so sind auch die Grafen Nesselro
de / Künigl und der Freyherr von Zweiffel, die vielleicht Pera
und Galata hiemit auf ewig gute Nacht gesagt, wiederum bey uns
Trompeter
sucht seine
Zuflucht
bey uns /
aber ver
geblich.
ankommen. Den 3ten Maj ist ein Trompeter von dem Regiment
des Printz Maximilian von Hanover auf dem Weeg zu unsern
Wagen geflohen, der neulich mit dem Grafen von Sonau ge
fangen worden / jetzt aber seinem Herrn heimlich davon gelaufen; und
drey ganzer Tag und Nacht sich in den schon in Halmen stehenden
Getraid aufgehalten / und unsere Ankunft erwartet. Als er unsere
Wägen und die Teutsche Kleidung von ferne gesehen, ist er in hoͤch
ster Eil zu uns gelauffen, aber zu seinem Ungluͤck von denen Tüͤr
ken gesehen worden, die ihn auch alsobald wieder abgefordert; er
wurde zwar auf des Herrn Botschafters Befehl bis nach Kunikli
in unser Lager mit gefüͤhrt / und daselbst examinirt; als es aber zur
Verhör gekommen, schmieß er seinen Bund auf die Erden, sprang
mit Füssen darauf, stoßte viel Schelt⸗Worte wider die Tüͤrken in
ihrer Gegenwart heraus / und bekannte zu letzt öffentlich vor aller
Ohren, daß er wider seinen Willen beschnitten worden, sein Ge
müth aber niemaln der Muhametanischen Secte ware zugethan ge
wesen, und rufte hieruͤber Christum den wahren GOTT und
Men
- 485 -
Von der Reise aus dem Lager bis nach Adrianopel.
435
Menschen / der für uns gelitten / und am Creutz gestorben,
zum Zeugen an / daß er hieran nichts als die Warheit rede. Als
nun der Herr Botschafter in einer so zweifelhaften und nicht ge
gnug bewiesenen Sache keinen Rath zu fassen wuste, weil die Tür
ken alles läugneten, und vorgaben / daß er ganz freywillig zu ihrer
Religion übergetretten ware, hat er ihn etliche Ducaten geschenket /
und seinem Herrn wieder zuruck geschickt, mit der Versicherung, daß
Er gerne tausend Thaler darum geben wolte, wann er dafür könnte
loß gekauft werden. Hierauf sind wir den 4ten Maj auf Ziorlo /
und als wir daselbst Rast⸗Tag gehalten / den sechsten auf Carisch
tran / den siebenden auf Burgas, und endlich den achten auf Ba
Sclav
wird loß
gekauft.

ba gekommen. Zu Burgas haben wir Geld zusammen geschossen,
und einen Sclaven, so ein Frank war, dafüͤr loß gemacht, worzu
sich ein Priester aus der Gesellschaft Jesu brauchen lassen; wir sind
später, als sonst gewöhnlich, daselbst angekommen, weil wir von Ca
rischtran wegen entstandenen Ungewitters, so mit Donner/ Re
gen und Wind die ganze Nacht angehalten, nicht zu rechter Zeit auf
brechen koͤnnen / wo wir anders nicht durchaus naß werden wollen.
Es hatte sich das Wetter mehr als zehenmal gelegt, ist aber immer
wieder von neuem ausgebrochen, so daß wir kein End darvon hoffen
kunten / und es schiene / als ob der Jüngste Tag herein brechen wuͤr
de. Auf dem Weeg nach Baba ist uns ein Tüͤrkischer Courier be
gegnet / welcher von dem Tuͤrckischen Botschafter aus Wien mit Türkischer
Courier
von Wien.

Brieffen nach Constantinopel geschickt war, so uns die Nachricht
brachte, daß dieser den 13ten April bey Sr. Römisch⸗Kai
serlichen Majestät die Abschieds⸗Audienz haben wüͤrde, wobey
er uns zugleich einige Schreiben von unsern Freunden und Landsleu
ten uͤberreichte. Es haben Se. Excellenz denselbigen mit nach Ba
ba zuruck genommen, um ihn Brieffe an den Herrn von Dierling
und einige Vornehme des Hofs, sonderlich aber an den Groß⸗Vi
zir mit zugeben / worauf Sie ihn nach eingenommenen Mittagmal
bey dem Capigi Baschi seinen Weeg nach der Stadt ferner fort
setzen lassen. Den 9ten haben wir abermal einen Rast⸗Tag gehalRast⸗Täge
wie oft ge
halten.

ten, und damit von hieraus bis nach Wien jederzeit den 3ten oder
4ten Tag continuiret. Diese Zeit über sind wiederum einige Liebha
ber der Jagd nach gegangen, wie sie dann auch täͤglich, wann es an

ders

Jii2
- 486 - 436
Viertes Buch / Zweyte Abtheilung /

ders das Wetter nicht verhindert, die Zeit mit passirt, welches ich
aber ins künftige ferner zu erinnern für unnöthig achte; und zwar
haben sie an diesem Tag ausser einigen Rebhuͤnern auch einen zu die
ser Jahrs⸗Zeit ungewöhnlichen feisten Fasanen auf des Herrn Bot
schafters Tafel geliefert, damit sie aber solchen bekommen kunten,
musten unsere Jager üͤber ein Wasser setzen, und in Ermanglung ei
nes Schiffs die Kleider ausziehen und durchwaten: da sie ihn ge
schossen, sprachen sie einen Türkischen Bauern an, der einen nach
dem andern um etliche Para auf seinen Schultern wieder hinüͤber
Curieuse
HaasenHexerey.
getragen. Wann ich auf die zauberische Jäger⸗Künste was hielte,
wolte ich sagen, daß uns an diesem Tag ein Türkischer Fuhrmann
Haasen her gezaubert hätte; dann da wir auf dem Heim⸗Weeg wa
ren / hatten wir ihn auf den Weeg angetroffen / und gefragt / ob
auch in dieser Gegend Haasen anzutreffen? welcher uns zur Ant
wort gegeben, daß wir um diese Zeit noch keine antreffen würden,
wann aber die Sonne sich etwas besser ihren Untergang naͤherte,
könnten wir sie allda in so grosser Menge zu sehen bekommen, als
vielleicht an keinen andern Ort geschehen moͤgte. Als wir nun hier
auf den Berg hinunter gestiegen / haben sich in dem Gestraͤuch eine
entsetzliche Anzahl spühren lassen / so aber alle in einem Augenblick
wieder davon geflohen, und ob wir ihnen schon mit Hunden nachge
setzt, auch darzu die auserlesensten und in dem gantzen Läger bekann
ten, gebrauchten, die auch wegen ihrer Fertigkeit und Treue gegen
ihren Herrn sehr beliebt waren, haben sie doch keine Spuhr finden
koͤnnen, und sich auch weder mit guten Worten noch Schlägen mehr
darauf bringen lassen.


Den 10. Maj sind wir nach Hapsa gekommen, woselbst ein
Grosser
Haan zu
Hapsa

vortrefflicher aus lauter Quater⸗Stücken aufgefüͤhrter Haan ste
het, auch danebst so groß ist / daß zwey tausend Pferde und noch
Ankunft
zu Adria
nopel.
mehr Menschen darinnen gantz bequem Platz finden. Von hier ha
ben wir uns weiter gegen Adrianopel begeben, und sind auch allda
den 11. dito angelangt. Es liegt diese Stadt ungemein plaisirlich,
und hat uͤber dieses ein sehr fruchtbares Erdreich, worzu die vorbey
fliessende Maritz das ihrige treulich mit beyträgt, als welche die
daran liegende Gaͤrten und Felder noch fetter und fruchtbarer ma
chet. Wir sind erst um den Mittag allda angekommen, obschon
unsere Wägen die gantze Nacht durch gefahren und wir selbst in aller
frü
- 487 -
Von der Reise aus dem Lager bis nach Adrianopel.
437
frühe von Hapsa aufgebrochen. Der Bostangi Bascha / weil Bewill
kommung
im Namen
des Bo
stangi Ba
scha.

er wegen seiner noch von verwichenen Jahr anhaltenden Augen
Schmerzen dem Herrn Botschafter nicht selbst entgegen kom
men kunte, hat einige vornehme Officiers geschickt, welche Jhm in
seinem Namen zur glücklichen Ankunft gratuliren solten, worgegen
Se. Excellenz nicht allein ihren Leib⸗Arzt wiederum abgesendet, um
seine Augen⸗Krankheit zu untersuchen / sondern auch noch zwey Edel
leute, die Herrn von Weipler und Aussem / welche im Namen des
Herrn Botschafters das Gegen⸗Compliment ablegen musten.
Es kam auch die Englische Nation, Demselben ihre Reverenz zu
bezeugen; und die Stadt hat auf Befehl des Mollochs, ihres Von der
Englischen
Nation,
und der
Stadt.

Richters, ihre in Blumen, Früchten und Zucker bestehende Ge
schenke offerirt. Bey dem Einzug in ermeldte Stadt liessen sich die
Trompeten und Paucken nebst aller übrigen Kriegs⸗Music beständig
höͤren, welches auch in den uͤbrigen Tüͤrkischen und Ungrischen Städ
ten jederzeit geschehen, wann wir durch die auf beiden Seiten ran
girte Janitscharn, oder mit ihren ausgebreiten Fahnen stehende Be
satzung eingezogen sind. Das Quartier hat der Herr BotschafQuartier
des Hn.
Botschaf
ters.

ter in dem in der Stadt erbauten Pallast des Groß⸗Vizirs ge
nommen, als welcher sich, wann er zu gegen, gleichfalls darinnen
aufzuhalten pflegt: so waren auch noch andere Haͤuser füͤr die Hof
statt angewiesen, welche zwar einige bezogen, andere aber eine bes
sere Plaisir unter denen auf einer gruͤnen mit Baͤumen besetzten Wie
sen aufgeschlagenen Zelten gefunden. Bey dem Einzug hatte ein Ein Weib
springt
zum Fenster
herab.

Weib zum öftern einem aus den Bedienten des Botschafters vom
Fenster herab gewuncken, und damit zu verstehen geben, daß er naͤ
her herbey kommen solte, und als dieser hinzu gegangen/ ist sie von
dem Fenster herunter gesprungen, aber alsobald von zwey hinzu ge
lauffenen Türken mit Stecken wiederum hinein getrieben worden.
Man hatte daraus gemuthmasset, es muͤsste dieses Weib eine Teut
sche Sclavin seye, welches auch ein Janitschar bekräfftiget; sie
ist aber durch den Fall und die darzu gekommene Männer also er
schreckt worden, daß sie nichts reden/ und damit weder eine ge
wisse Nachricht noch die Ursach ihrer Gefangenschaft
erfahren köͤnnen.


Drit

Jii 3
- 488 - 438
Viertes Buch, Dritte Abtheilung /


Dritte Abtheilung.



Beschrei
bung der
Stadt
Adriano
pel.
DJe hier um die vornehmste Moschee stehende vier Thuͤrne
sind auf eine ganz besondere Art, und zwar der eine von run
den / der andere von Schlangen⸗Säulen, die zwey übrigen
aber von auf unterschiedliche Art neben einander gesetzten Ziegeln er
bauet. Und weil wir den 12ten hier still gelegen, hatten wir Zeit,
diesen Ort etwas eigentlicher zu betrachten. Es war derselbige Tag
bey den Grichen der erste Maj; und weil eben der Sonntag bey
uns daran einfiel, woran man nicht zu arbeiten, sondern vielmehr
nach dem Kirchen⸗Gebot Meß zu hören pflegt / hatte der Herr
Botschafter in dieser zweyten Residenz⸗Stadt der Orientali
schen Kaisere / gleichwie Er sonst zu Pera alle Sonn⸗ und Feyer
täge gewohnt war, ein Zeichen mit Paucken und Trompeten geben
und damit die Botschaft zum GOttes⸗Dienst beruffen lassen. Es
waren zwar die Türcken auch hinauf in das Zimmer gekommen, wo
wir unsern GOttes⸗Dienst halten wollten, um ihre Curiosité zu
vergnüͤgen, allein der Herr Botschafter hatte sie alle, aus Vene
ration und wegen Heiligkeit dieses Geheimnisses, wegschaffen lassen.
Des Bo
stangi Ba
scha Visite
bey dem
Hn. Bot
schafter.
Der Bostangi Bascha ist auch an diesem Tag ungefehr um neun
Uhr mit seinen Bostangis / so alle rothe Hauben auf hatten, und
sich damit von andern unterschieden, aus seinem Garten des Ser
ralliens in die Stadt gekommen, und hat bey Sr. Excellenz die Vi
site abgelegt / ob er schon nicht völlig restituirt war, deme Sie mit
Chocolate tractiren lassen, und nachmals, da Sie das Serral
lien zu sehen beliebten / wiederum die Gegen⸗Visite bey ihm abgestat
tet, wobey er uns dann hinwiederum eingemachte Fruͤchte und Caffée
vorgesetzet.



Beschrei
bung des
Serral
liens zu
Constanti
nopel.
Nach diesem hat er uns das Serrallien sehen lassen, welches mit
samt dem Garten weit grösser als das zu Constantinopel ist, aber
die Einrichtung des Gebäͤues mit diesem vollig uͤberein stimmet, wie
ich wenigstens aus demjenigen urtheilen kan, was ich zweymal daran
observirt habe; sintemaln der Divan / das Zimmer, wo der Thron
ist, und die Gesandten zur Audienz gelassen werden, die üͤber dem
Divan stehende Kaiserliche Küͤchen, und die Pforten samt dem Vor
hof, - 489 -
Von denen Merkwüͤrdigkeiten zu Adrianopel.
439
hof, mit gegenwärtigen ganz genau accordiren. Durch den Gar
ten, und zwar an demjenigen Ort, welcher dem grossen Gebäu am
nechsten liegt, siehet man hin und wieder viele kleine Lust⸗Haͤußgen,
so die Tüͤrcken Kioschen nennen, und worinnen der Sultan zur
Frühling⸗ und Sommers⸗Zeit mit den Seinigen öfters Mittags
und Abends zu speisen pflegt, auch sich dabey allerhand Schau
Spiele vorstellen läßt. Auf der Seite von der Stadt her fliesset ein
Wasser, woselbst bemeldter Sultan an dem Ort, wo man es durch
waten kan, bisweilen eine aͤrgerliche und nicht weniger kostbare und
verschwenderische Kurtzweil anstellet, welches mir der Ehrwuͤrdi
ge Pater Petrus Franciscus Lombardus à Taurino erzehlet hatte, Aergerliche
Kurtzweil
des Sul
tans.

der es gleichfalls von einem Bedienten des Serrallien erfahren,
und darinnen bestehet, nemlich: im Sommer, wann die Hitze am
grösten ist, läßt Er die Schöͤnsten von seinem Frauenzimmer in den
Garten kommen, und zwar in den propersten Kleidern/ die aber
nicht zusammen genaͤhet, sondern nur an einander gepappt sind; als
dann stellt er sie an jene Seite des Flusses, Er selbst aber bleibt dis
seits stehen: wann Er nun ein Zeichen gibt, laufen sie alle bis an den
Hals ins Wasser worinnen Er sie so lang stehen laͤßt/ bis Er ver
meint, daß der Pappe zerflossen: hierauf gibt er mit den Händen
abermal ein Zeichen, daß sie zu Jhm kommen sollen, da, indem sie
sich auf dem Weeg machen, das Wasser die Kleider mit sich fort
führet, und sie nackend stehen laͤßt, welche nun unter ihnen am
frechsten und unverschaͤmtesten ist, sucht denen uͤbrigen vorzukom
men, und erhält auch damit die Belohnung ihrer Leichtfertigkeit.
Damit sie aber von niemand koͤnnen gesehen werden, sind rings herum
hohe, dicke und leinene Tuͤcher aufgespannt / darf auch niemand
ohne Verlust seines Lebens sich denselbigen nahen: hernach kommen des
andern Tags die Verschnittene/ Stumme/ Zwerge/ Jchogla
ni / Agiamoglani / Edel⸗Knaben und Diener / nicht weniger
auch die Bostangi oder Gaͤrtner, die Baltagi oder Trabanten und
übrigen Wächter und Aufseher über das Serrallien / und die auf des
Sultans Person bestellt sind, welche die auf dem Fluß schwimmende
Kleider, oder vielmehr nur den Zeug der Kleider, die Uhr⸗Gehaͤnge und
unter dem Laufen verlohrne Steine aufklauben. Der jetzige Kaiser hat
die Zit seines Lebens dieses Schau⸗Spiel nicht öfter als zweymal gehal
ten, weil gar zu grosse Unkosten darzu erfordert werden.


Wir
- 490 -

440
Viertes Buch / Dritte Abtheilung /

Wir musten über drey Brüͤcken, die üͤber den Fluß geschlagen wa
ren / nach dem Serrallien gehen / vor deren letztern ein grosser viereckig
ter aus Quater⸗Steinen aufgeführter Thurn stehet, und noch zwey an
dere daselbst gesehen werden, so innen her eine Wasser Kunst haben,
vermittelst welcher das Wasser durch die ganze Stadt geleitet wird. Das
mittlere Gebaͤu, so man gar selten mehr bewohnet, ist mehrentheils von
Marmel aufgerichtet, und von Mahomet dem Zweyten, der Adria
nopel noch etwas eher als Constantinopel eingenommen / erbauet
worden, woselbst unsere Nasen ein unerträglicher Gestank incommo
dirte; nichts destoweniger sind wir durch finstere Treppen, so durch die
Mauer giengen / bis oben unter das Dach gestiegen / um die Lage der
Stadt recht zu beobachten. Es ist auch nicht zu zweifeln / daß es dazu
mal, als die Stadt noch in ihren rechten Flor gewesen, hier ungemein
plaisirlich muͤsse zu wohnen gewesen seyn. Ehe wir uns aber noch da
hinauf begeben, haben wir die Kiosch, so zur rechten Seiten des Ein
gangs liegt, vorher besehen. Dieses ist ein niedriges Haͤußgen, nur
ein Stock⸗Werk hoch, wordurch die Luft von allen Seiten streichen
kan, um die grosse Hitze zu temperiren, und die Sonnen⸗Strahlen
abzuhalten. Die Treppen daran sind sehr niedrig, und mit rothen
Tuch überzogen, damit nemlich das Hinaufsteigen nicht beschwehrlich
seyn mögte; der Boden aber ist mit rothen zottigten Tuͤchern und an
dern Teppichen belegt, die Wäͤnde statt der Tapezereyen mit porcellanen
viereckigten Steinen von unten bis oben aus besetzt; die Spiegel⸗ und
Fenster⸗Scheiben aber sind sehr schlecht / und kommen mit dem andern
Zierrath und einer so vornehmen Wohnung keineswegs überein. Man
kunte allhier unter andern noch einige glaͤserne haͤngende Leuchter, auch
Spiegel sehen, so sich noch von der alten Welt herschrieben und die
vorigen Kaisere hinterlassen hatten: die Sofaus waren zum theil
aus vielfärbigen Sammet, theils aus Seiden, aber auf Türckische Art
mit allerhand Farben, Gold und Silber gestickt, und alle in einem be
sondern Zimmer auf einem Haufen zusammen geschlichtet. Jn dem
ersten Zimmer præsentirte sich ein alabasterner Brunnen, in einigen
andern aber/ deren man sich vermuthlich zu Winters⸗Zeit bediente, stun
den porcellanene Oefen, in allen aber waren verschiedene Tüͤrkische
Schrifften
gebrauchen
die Türken
ihre Zimmer
damit zu
meubliren.
Schrifften an Tafeln aufgehängt / die entweder den Namen GOttes /
oder ihres Propheten / oder auch einiger ihrer Kaisere anzeigen; dann
die Tüͤrken pflegen auf eine schoͤne Schrifft gar viel zu halten, behangen
auch
- 491 -
Von denen Merkwürdigkeiten zu Adrianopel.
441
auch öfters alle Wände mit denselbigen / und lassen die völlige Vertäf
lung damit überschreiben. Mustapha, der allhier abgesetzt worden /
und des jetzigen Kaisers Bruder gewesen, hat diese Kiosch / so oft er
sich zu Adrianopel aufgehalten, allezeit bewohnet: der jetzt
Der jetzige
Sultan ein
Liebhaber
des Frau
enzimmers.

regierende Kaiser Ahmet aber häͤlt mehr auf das Frauenzimmer
und bringt deswegen ganze Täge und Nächte in dem Serrallien oder
Harem bey ihnen zu. Es hat eine jede derselben ihre absonderliche
Bewohnung, die so groß ist / daß sie eine ganze Hofhaltung, wie einer
Frauen
zimmers
Wohnung.

Kaiserin zustehet / gar gemächlich um sich haben kan. Dieselbigen
werden alle mit grossen Thoren vermacht, uͤber welche quer eine eiserne
Ketten gezogen ist, die eine andere oben herab hangende etwas in die
Höhe hält, also daß sie einen Triangel formirt, welche letztere an einer
sehr grossen steinernen oder eisernen Kugel haͤnget, so durch einen in
die Wand geschlagenen Nagel an einem Ring fest gemacht ist. Die
Schlüssel zu diesen Thoren hat zur Nachts⸗Zeit der Kußlir Aga in Schlüssel
zum Frau
enzimmer
wer sie ver
wahret.

seiner Verwahrung, es sey dann, daß sich der Sultan bey einer unter
seinem Frauenzimer aufhäͤlt, und ihn damit dieser Sorg üͤberhebt. Wann
der Kaiser zu einer gehen will, komt Jhm ihr ganzer Hof⸗Staat ent
gegen, und füͤhrt Jhn zu seiner Geliebten Zimmer: und diese, so sich wie
eine andere Semiramis auf das schöͤnste und prächtigste aufgebutzt,
eilet dem Kaiser noch auf dem Weeg entgegen. Jm übrigen haben Wer für sie
zu sorgen.

sie nicht die geringste Gemeinschaft mit einer andern Manns⸗Person,
ausser mit den Verschnittenen, die zu ihrer Bedienung bestellt sind,
und folgends mit dem Kußlir Aga / der für sie sorgen muß, und sie
deswegen oͤfters besucht, um den Abgang, so sich etwan in einem und den
andern zeigt, zu ersetzen, und Sie mit allen Benöͤthigten zu versehen.
Hierzu stehet immer sein kleiner Wagen fertig, welcher fast aussiehet,
als wie diejenige, so bey uns die Kinder brauchen, worinnen er sich uͤber
all hinführen läßt. Es hat auch selbst das Frauenzimmer unter sich
wenig Gemeinschaft mit einander, und kommen nicht leicht öͤfters zu
sammen, als im obgemeldten sechs Tagen des Jahrs, nemlich drey Tag
an dem grossen, und wieder andere drey Tage an dem kleinen Bairam,
es sey dann, daß der Sultan eine speciale Verguͤnstigung hierzu
ertheilt: Sie wissen aber diesen Abgang durch eine heimliche stumme
Redens⸗Art schon zu ersetzen, und ihre eifersuchtige Männer auf eine
andere Weise meisterlich hinter das Licht zu füͤhren: Sie schicken nem

lich

Kkk
- 492 - 442
Viertes Buch/ Dritte Abtheilung /

lich ein ander gewisse Sachen zu, welche an statt der Brieffe dienen
müssen; und solche bestehen aus Früchten / Gewürz, Haar / Tüchern,
Farben, Seiden / Zwirn und andern dergleichen Ding; aus
deren Zusammenfüͤgung, Abtheilung, Umschlag und Band sie auf ei
ne neue und wenig bekannte Manier ganze Brieffe heraus zu bringen
wissen: was nun durch diese uͤberschickte Sache angezeiget wird, pfle
gen die Türken Mane zu nennen. Die ganze Kunst bestehet üͤber
Geheime
Schreib
Art des
Türkischen
Frauen
zimmers.
haupt darinnen: es will z. E. eine ihre Liebe gegen jemand entdecken,
(ob es nun eine züchtige oder unzüchtige seye, davon will ich jetzt
nicht urtheilen, und thut auch nichts zur Sache /) so schickt sie dem
nach der Person Weintrauben, welche in Tüͤrkischer Sprach Uzum
genennt werden; aus diesem nimmt der Abwesende diesen Verstand:
iki ghi euzum / und dieses aus der Gleichförmigkeit der Aussprach,
welche uzum / und iki ghi euzum/ mit einander am Ende haben /
und so viel bedeutet, als: meine beide Augen; diesen Trauben
nun wird Jngber beygelegt / so bey den Tuͤrken Gangefil heisset /
woraus ich wiederum abnehme, daß der andere sagen will: ben
severem sendebil
/ nemlich: ihr solt wissen / daß ich euch liebe;
wann ich nun beides zusammen setze, bringe ich diesen Verstand her
aus: Meine Augen! wisset / daß ich vor Liebe gegen euch
brenne. Es wird aber darum nicht erfordert/ daß das Bedeu
tende / und die Sache, so da mit bedeutet wird, jederzeit gleichlau
tende Endungen haben muͤssen/ sondern sie koͤnnen im Anfang oder
in der Mitte mit einander uͤberein kommen. Wolte man aber fra
gen, wie es zu erkennen, ob man die Gleichheit im Anfang oder zu
Ende suchen solle? aber hier steckts eben, und wer dieses weiß / hat
die Kunst vollkommen innen. Die ganze Sache soll indessen durch
Exempel klar gemacht werden, davon ich zwey hersetzen will / die ich
von jemand, so in dieser Wissenschaft gar wol erfahren war / bekom
men, und einen Brief samt der Antwort vorstellet:


Selam
- 493 -
Von denen Merkwürdigkeiten zu Adrianopel.
443
Selam/Die geschickte Sache Die Türkische Benennung solcher Sachen Mane/Die Bedeutung Die Auslegung des Briefs Der Brief selbst.
Trauben Uzum Iki gbi euzum. Meine zwey Augen. Meine zwey Augen! Ihr müsst wissen/
Ingber. Gangefil. Ben severem sende bil. Wisset/ daß ich euch liebe. daß ich in euch sterblich verliebt bin/
Weisse Seiden allein. Ak Aklam aldung. Ihr haltet meinen Geist gefangen. und ihr mich völlig in eurer Gewalt habt;
Tuch Tchokha Schalumuze bir baka. Betrachtet doch einmal meinen Zustand. und wo ihr nicht endlich über meinen erbarmenswürdigen Zustand einiges Mitleiden bezeigen werdet/
Kolen. Kieumur Ben ulurem size eumur. Ich sterbe/ und ihr lebt. muß ich nothwendig sterben/ doch euch in einem vergnügten Zustand zurück lassen.
Weisse Seiden mit Beyar Bir tefter bize ayar. Schreibet mir ein paar Zeil. Weswegen ich sehnlich bitte / daß ihr mich durch eure angenehme Zuschrifft versichern wollet/
Alaun Chab Bize bir chasi dgevab. Antwortet mir nur und ob ich noch hoffen darf/
Gelbe Seiden. Sari. Sari la lumbari. Laßt uns umhalsen daß ich mich durch eure Umarmung auf wenige Zeit glückseelig sehen werdet/
Aloe-Holz Eudagadgi. Chiung lumung iladgi. Ein Mittel und Arzney meines Verlangens und Freyheit. damit ich doch endlich eine Arzney für meinen gefährlichen Zustand finden möge.
Hirsch-Leder Mechin Yalandgisen. Du bist ein Lügenmaul. Antwort: Lügner!
Sammet Katife Yeter etting la tife. Du hast mich lang genug betrogen. Wilst du mich auf soclhe Weise bey der Nase herum führen?
Pfeffer Biber. Bize bir belli baber. Sag mir was neues. gleich als wann ich nicht wüste/
Nägelein Karenfil. Kararung yok. Du hast keine Beständigkeit. daß du ein Mensch/ der weder Treu noch Glauben hält/ und von schlechter Beständigkeit seyst.
Buchsbaum Tchichmir Aklung Bachina devichir. Besinne dich. Bedenke dich/
Pimpermüßlein. Fistik. Size kustük. Ich bin über dich erzürnt. und glaube daß ich über deine Verwegenheit sehr entrüstet seye/
Glaß Chiche. Kail olmam bou iche. Ich laß es nicht zu. und in deine thörichten Anschläge niemaln verwilligen werde.

Die

Kkk 2
- 494 -

444
Viertes Buch, Dritte Abtheilung /

Kostbarkeit
des Ha
rems.

Die Zimmer des ersten Harems / welche die schönsten un
ter allen andern / waren von innen ganz uͤberguldet, einige mit Por
cellan, andere mit Persianischen Teppichen überzogen, noch andere
aber mit Perlen Mutter zwischen das Holz gar artig eingelegt / da
bey auch mit allerhand Behältern / Spiegeln, Leuchtern, Polstern,
Lehn⸗ und andern Stühlen und nöthigen darzu gehörigen Haußrath
auf das Beste versehen, und werden solche von des Sultans
Mutter, wann sie noch im Leben, oder einer gecroͤnten Kaiserin /
oder doch wenigstens heut zu Tag, von der Vornehmsten unter sei
nen Concubinen bewohnt; darunter auch eines sich befindet, so auf
der Seite, wo die Polster liegen / an der Wand alles durch Spie
gel vorstellet, was auf dem Boden geschiehet, warum aber, ist
nicht nöthig zu melden; es hats uns aber gleichwol dieses leichtfer
tige Volk mit einigen Gebärden lachend zu verstehen geben. Vor
ungefehr fünf Jahren, hat die Valida / des jetzt regierenden
Kaisers Mutter diese Wohnung bezogen / und ist auch darinnen
gestorben, von dar sie nach Scutari gebracht und in derjenigen
Moschee beygesetzt worden, die sie für 800. Beutel, oder
133333⅓. Ducaten aufbauen lassen; dann diejenige Moschee zu
Constantinopel / die gleichen Namen füͤhret, hat nicht sie, son
dern eine andere Kaiserin schon vor ihr gestifftet. Nachdem nun
der Herr Botschafter diese erste Wohnung des Serrallien ge
nug betrachtet, hat Er auch eine andere zu sehen verlangt, wel
che zwar gleichfalls sehr prächtig ausgeziert war, aber mit der vo
rigen noch lange in keine Vergleichung kommt. In diese beide ha
ben wir durch dasjenige Zimmer / welches, wie ich schon gemel
det, niemand mehr bewohnt, es wäre dann daß die Kai
serliche Trabanten und Laqueyen darein logirt werden, wann der
selbigen gar zu viel sind, unter der Erden hingehen müssen. Der
jetzige Kaiser / als wie bekannt, ein grosser Liebhaber vom Frauen
zimmer, hat dieses Zimmer der Kaiserlichen Mutter für sich selbst
ausersehen, damit Er immerzu bey seinen Maitressen seyn und ih
nen die Zeit passiren moͤge. Sonst haben die Kaisere ihre beson
dere Wohnung allda, so gleichfalls mit der Mauer des Serralliens
umfangen, und nicht weit von dem Harem entfernet ist, damit
Sie nemlich desto bequemer zu ihren Frauenzimmer kommen, diese
aber
- 495 -
Von denen Merkwürdigkeiten zu Adrianopel.
445
aber auch desto geschwinder bey Ihnen seyn koͤnnen / wann sie ih
rer nöthig haben: doch lassen Sie Dieselbige eher zu sich beruf
fen / als daß Sie ihnen nachgehen solten, es seye dann, daß Sie
einer eine ausserordentliche Ehre erzeigen wollen. Nechst an des
Kaisers Gemach wohnen und schlaffen diejenige Edel⸗Knaben /
denen Er am meisten trauen darf, und zwar in einem laͤnglichten
Zimmer, das in viel kleine Verschläge, fast wie der Moͤnchen
Schlaff⸗Stuben, abgetheilt ist. Ehe wir noch hieher kommen
kunten, musten wir erst durch ein anderes gehen, worinnen des
Kaisers Schatz, samt dessen kostbarn Kleidern und Pferd⸗Zeug
aufbehalten wird, alsdann sind wir in dasjenige getretten, wo der
Sultan die Gesandten zur Audienz laͤßt, in welchem Er aus ei
nem andern geheimen Zimmer gleich unmittelbahr auf den Thron
steigen kan, und wo Er erst neulich dem Französischen und Engli
schen Gesandten Audienz ertheilet hatte. Jm übrigen kommt die
ses Zimmer, der Thron Divan, Vorhof, die Pforten, Ja
nitscharn⸗Kuchel und alles andere dem zu Constantinopel von
aussen völlig bey, ist auch nach dem Constantinopolitanischen
das schönste und vornehmste unter allen Kaiserlichen Gebäͤuen,
so die Tüͤrkischen Kaisere in Europa und Asien besitzen. Al
lein als dieser Kaiser Ahmet / nach seines Bruders Mustapha
Dethronisirung, dessen Ursach die allzu grosse Liebe zur Jagd und Der jetzige
Kaiser muß
sich jeder
zeit zu Con
stantinopel
aufhalten.

Versäumung der Reichs⸗Geschäften seyn solte, zur Regierung kom
men, hat Er versprechen muͤssen, niemaln nach Adrianopel zu
gehen, ausser zu Kriegs⸗Zeiten und andern Angelegenheiten des
Reichs / sonsten aber sich nirgend anders als zu Constantinopel
auf zuhalten. Wolte GOtt, daß ich ein Wahrsager seyn moͤgte,
wann ich sage, daß der Tüͤrk bey einem künftig erfolgten Krieg, so
wol von hier, als dorten, weg / und über das Meer nach Prusias
in Asien, wo er hergekommen, werde getrieben werden, als wo
selbst der Türkische Kaiser Orchanes seine Residez gehabt, ehe
er Grichenland nach völlig unter seine Gewalt gebracht. Doch, es
wird der barmherzige GOtt das ängstige Seufzen der Seinigen auch
einmal erhören, und von denen Barbarn der Kirche wiederum zu
wenden,

Kkk 3
- 496 - 446
Viertes Buch / Dritte Abtheilung /

wenden / was sie jetzo so ungerechter Weise zur Unehre Göttliches
Namens und Schmach der gesammten Christenheit besitzen.


Nun laßt uns noch dasjenige gar besehen, was in der Kaiser
lichen Residenz zu Adrianopel sich Merkwürdiges zeigen möchte.
Da fällt uns denn zu erst das in weissen Marmor gehauene Bad des

Des Kai
sers Bad.
Kaisers in die Augen, so von Gold allenthalben glänzet; dann
noch ein anders kleineres in Gestalt einer Muschel füͤr den Kaiserli
chen Prinzen, das jenen zu nechst an liegt, und beide einerley Ge
wölb haben, auch mit unterschiedlichen Zimmern versehen sind, da
von immer eines waͤrmer oder temperirter als das andere / und nach
des Badenden Commoditæt eingerichtet ist; zu letzt siehet man
auch einen grossen viereckichten Brunnen Kasten, oder Bad, so zwi
schen des Sultans Zimmer und dieser neuen Kiosch stehet, aus wel
cher Er sein badendes Frauenzimmer besehen kan, ohne daß sie Jhm
dargegen wahrnehmen köͤnnen; doch pflegt Er sich ihnen auch meh
rentheils freywillig zu zeigen. Es sind auch unterschiedliche Woh
nungen allhier anzutreffen, in welchen die jungen Edel⸗Knaben auf
erzogen, und von niemand anders als von Verschnittenen unterrich
tet und gubernirt werden / und dieses darum / damit sie keine So
domiterey / als ein unter diesem Volk gar gemeines Laster, begehen.
Present des
Bostanchi
Bascha.
Jm Hinweggehen hat der Bascha dem Herrn Botschafter ein
Türkisches gesticktes Tüchlein verehret, aber den folgenden Tag, als
Se. Excellentz eben im Begrif waren, bey dem Janitscharn
Aga die Visite abzustatten / weil dieser schon des Tags zuvor bey
Jhnen die Aufwartung gemacht, einen Barbar nebst einem Wind
Spiel durch jemand uͤberbringen lassen, welches sich füͤr einen Kai
serlichen Botschafter besser, als ein kahles Tuͤchlein, geschickt.
Türken
entwenden
der Bot
schaft vie
les Ge
wehr / und
andere Sa
chen.
Jch weiß mich hier zu erinnern / daß ich anderswo gedacht, daß die
Türken vor nichts einen so grossen Abscheu haben, als dem Diebstal,
allein anjetzo hätte ich bald auf andere Gedanken kommen sollen;
dann weil unsere Fuhrleute wusten, daß sie den andern Tag wech
seln würden, haben sie uns unterschiedliche Sachen, vornemlich
aber viel Teutsches Gewehr entwendet. Den 13ten ist ungefehr
um 10. Uhr Vormittags der Herr Botschafter / welcher sich noch
immer in der Stadt aufgehalten / mit den Vornehmsten aus seiner
Suite zu uns ins Lager gekommen, damit wir den andern Morgen
un
- 497 -
Reise von Adrianopel bis nach Sophia.
447
unsern Marsch antretten koͤnnten, nachdem die Bagage bereits vor
aus geschickt worden. Allhier zu Adrianopel wären wir bey nahe
um zwey Cavallier aus dem ersten Adel gekommen, die wegen einer
übel verstandenen Rede gegen einander aufgebracht worden und die
Worte schlimmer ausgelegt, als sie gemeint waren.


Vierte Abtheilung.


DEn 14ten sind wir zu Mustapha Bascha Kiupri /
oder wie es andere nennen/ Tzgupri Cuprußi/ ange
langt, und haben den ganzen Weeg mit Jagen zuruck ge
legt; so sind uns auch einige Engelländische Kaufleute bis hieher zu
Pferd gefolgt, damit sie bey dieser Gelegenheit Thracien sehen
Mustapha
Basha
Kiupri.

mögten. Erst besagte Stadt liegt an der Maritz / und ist wegen
der daselbst befindlichen Brücken sehr berühmt, hat auch ein sehr
fruchtbares Erdreich, das mit zwey Joch Ochsen ohne Rad und be
sondere Mühe gar leicht kan umgeackert werden: es florirt auch die
Kaufmannschaft allhier ungemein, und befinden sich unter andern
acht Franken / wie die Türken die Christen zu nennen pflegen / allhier,
so theils Franzosen, die mehresten aber Engelländer sind, die solche
mitten unter diesen Unglaubigen ungehindert treiben; der neunte
aber ist ein Priester, Franciscaner Ordens, der den GOttes⸗Dienst
versiehet / und die Gefangene in diesen Landen bedient. Die Waa
ren werden von Constantinopel zu Lande, theils zu Wasser von
Smyrna hieher gefüͤhrt. Den 15ten sind wir zu Harmanli / den Zwey Wei
ber bege
ben sich
zu der Bot
schaft.

16. aber über Usundschova zu Semischeze ankommen, allwo
zwey Weiber mit ihrer Mutter und der einen ihren kleinen Toͤchter
lein sich auch bey uns eingefunden / so aus Pera gebürtig waren,
und ihren Mäͤnnern folgen wolten/ ob sie schon nicht wusten/ wo
sie dieselbige antreffen wuͤrden; weswegen sie auch einen aus den Un
srigen zum Mitleiden bewegt, daß er sie, weil er sahe / daß sie nichts
hatten / was er ihnen nicht gebe, auf eigene Kosten mit nach Wien
führen lassen; so gieng ihnen auch sonsten an nothwendiger Verpfle
gung ins kuͤnftige nichts ab / angesehen sie mit Wein, Fleisch / Ge
würze und anderen zum Kochen nothwendigen Sachen zur Gnuͤge
versehen wurden, wovon sie ihre Speisen aufs Beste bereiten kun
ten - 498 - 448
Viertes Buch / Vierte Abtheilung /

ten; wie dann, um sie in ihrem Creutz aufzurichten, ihr Wolthäter
öfters unsern Tisch verlassen, und mit ihnen gespeisst, wobey sich
auch noch einige andere, die sie auf der Reise kennen lernen/ einge
funden, wann sie von ihnen invitirt waren. Es scheueten sich aber
diese furchtsame Creaturen vor der grossen Anzahl unserer Leute, blie
ben beständig in ihrem Wagen verschlossen, und fuhren entweder
auf dem Weeg etwas voraus / oder folgten uns gleich nach / weil
sie sich gar sehr vor den Tüͤrken in acht nehmen musten, als welchen
es frey stunde, ihre Unterthanen wieder zuruck zu fordern, wann sie
nicht um unsert willen bisweilen etwas nachgesehen.


Der Raitzi
schen Wei
ber Auf
butz und
Handel
schaft.
Die Raitzischen Weiber liefen mit ihren dicht mit Geld behängten
Haaren, wobey sie wie schwarze Ziegeunerinnen sahen, allenthalben
durch das Lager, um ihre harte, wol zweymal gesottene Eyer für frische
zu verkaufen. Wir sind etwas spat nach Harmanli gekommen, weil
wir uns in dem Gebuͤsch verirrt hatten; doch nachdem uns die Ma
ritz immer zur rechten war kunte sie uns bey Verfehlung der rech
Ein Sclav
stirbt
ten Strassen statt eines Weeg⸗Weisers dienen. Hier haben wir den
neulich mit gemeinen Geld erlößten Sclaven eingebüßt, so von
Friaul gebürtig und schon ein alter Mann gewesen, jedoch noch die
sen Trost hatte, daß er vor seinem Ende noch einmal die suͤsse Frey
heit geschmecket. Den 18ten sind wir weiters durch das fruchtbare
Thracien auf Cayali / den 19ten aber, als am H. Pfingst⸗Fest /
über Jenimackeloi auf Papasli fort gereißt, wo uns das Sta
raplamina⸗Gebürg, so schon in Servien unweit Nissa anhebt,
und bis an das Schwarze Meer fort lauft, immer zur rechten Hand
lage. Die zwey Täge hindurch sind starke mit Regen vermischte
Wetter gewesen, so uns sehr beschwehrlich gefallen, wir haben aber
gleichwol dieses Fest auf solche Weise celebrirt, daß von unsern
Priestern Morgens, ehe wir aufgebrochen, und auch, wann
Ein
von Wien
nach Con
stantinopel
gehender
Courier
bringt uns
einige
Nachricht.

wir wieder ins Läger eingeruckt, jederzeit Messe gelesen worden. Wir
haben auch heute einen Janitscharn, der von den Gränzen mit
Brieffen, den 20ten aber einen Kaiserlichen Courier, so von
Wien nach Constantinopel abgefertigt war, auf den Weeg an
getroffen, welcher uns die Nachricht gebracht, daß der Türkische
Botschafter den 10ten allda aufgebrochen, und auf der Donau
nach Belgrad abgefahren seye; es hat ihn aber der Herr Bot
schafter wieder mit sich zuruck nach Philippopel genommen, um
ihn
- 499 -
Reise von Adrianopel bis nach Sophia.
449
ihm noch einige Briefe mit zugeben. Bemeldte Stadt haben Ankunft zu
Philippo
el.

wir nur, wie bey unserer Her⸗Reise im Durchziehen betrachtet, und
wurde bey dem Einzug keine Ordnung gehalten, sondern es ritte
nur alles Haufenweiß um den Herr Groß⸗Botschafter her,
und mag es wol darum geschehen seyn, weil zur selbigen Zeit kein
Bascha daselbst gewesen / um den man sich einige Müͤhe hätte ge
ben düͤrfen; doch empfiengen uns nichts destoweniger die Janit
scharn mit ihren Hauben, und erwiesen dem Herrn Groß
Botschafter die gebührende Ehre, indem sie Jhn durch die Stadt
ins Lager bis an sein Zelt begleiteten. Es wächset, wie ich schon
ehmals angemerkt, in dieser Gegend mehr Reiß, als in der ganzen
Türkey aufgezehrt wird; sintemaln dieser Saame nirgend besser
aufgehet / als in Thracien oder Romanien / oder nach der Tur
ken benennung Rurnili, von dannen man solche in andere Länder Beschaf
fenheit des
Erdreichs
zum Reiß.

verführt; doch muß das Erdreich auf eine ganz besondere Manier
tractirt werden, wann derselbige wol anschlagen soll: das Feld wird
nemlich in Garten⸗Better ausgetheilt, mit Graͤben umfangen, die
mit Wasen wol vermacht sind, damit sich der Regen darinnen auf
halten kan, als welcher dieses Saamens beste Nahrung ist. So Sonder
bahre
Art des
Weins.

hat auch der Wein allhier was besonders, daß er sich nemlich drey
Jahr aufheben läßt / da sonst der übrige Wein in der Türkey sich
über ein Jahr nicht hält. Weil wir den Nachmittag hier liegend
geblieben, sind einige von uns in die Stadt gegangen, die Canzel zu Canzel des
Apostels
Pauli ob
eine zu
Philippo
popel ist.

sehen, von welcher der Heyden Lehrer Paulus so durchdringende
Predigten an das Volk soll gehalten haben; ich glaube aber im
mer / es sey von der Gleichheit der Namen zweyer unterschiedlichen
Städte ein Jrrthum entstanden, daß man gemeint, Philippo
pel seye Philippos in Macedonien / als welches Land bekann
termassen Paulus mit seinen Lehren erfüllet hatte: Sie haben aber
an statt des Predig⸗Stuhls einen Grichischen Geistlichen daselbst an Patriarch
zu Jerusa
lem wird
allda an
getroffen.

getroffen, so Patriarch zu Jerusalem war, welcher auf Befehl
und Verwilligung des Patriarchen zu Constantinopel eine Vi
sitation bey 15. Bischöffen dieser Landschaften angestellt, wie mir
Herr Heckmann erzehlt, der mit dem Grafen von Thierheim,
und dem Herrn Prälaten zu gegen gewesen. Dieser Mann
redete auch Latein / so von einem Grichischen Geistlichen sehr zu ver
wundern; sagte auch, daß die Spaltung der Grichischen und Latei

nischen

Lll
- 500 - 450
Viertes Buch / Vierte Abtheilung /

nischen Kirche leichtlich wiederum ergaͤnzt werden koͤnnte/ hielte auch
dafür, daß dieses noch mit der Zeit geschehen, und beide in solcher
Vereinigung wieder stehen würden, als sie zuvor gewesen. Er be
klagte sich über die grosse Unwissenheit der Grichischen Mönche,
absonderlich desjenigen Closters, welches gleich bey Philippopel
liegt, darunter viele nicht einmal lesen koͤnnten; versicherte anbey,
Manuscri
pta in einem
Grichischen
Closter bey
Philippo
pel.
daß er daselbst viele der ältesten Manuscripten angetroffen, welche
aber von Staub und Motten ganz verdorben würden, und wolte er
viele Documenten darinnen gefunden haben / wo die Moͤnche nur
wären darzu zu bringen gewesen, daß sie ihm solche überlassen hät
ten. Er bemühete sich zu behaupten, daß dieses Closter von einem
Thracischen Fürsten erbauet worden / welcher am ersten die Bul
garn bekriegt, und nachgehends ohne Erben gestorben seye. Ehe
dessen hätte man drey hundert Moͤnche darinnen unterhalten, da an
jetzo das Einkommen kaum für dreissig zureiche; woraus dann zu
gleich der Ungrund desjenigen Vorgebens zu ersehen, wann man
diese Moͤnchen so reich machen und die Leute uͤberreden will, als ob
sie aus silbernen Schüsseln speißten; da doch sonsten bekannt ist, daß
nicht leicht ein Orden ein strengeres Leben fuͤhret, als wie diese Leute
gewohnt sind. Endlich erzehlte er auch, wie er einen Vettern ge
Dosithæus
Patriarch
zu Jerusa
lem.
habt, so auch Patriarch zu Jerusalem gewesen, und Dosi
theus geheissen, der ein Buch geschrieben, davon er den Titul nicht
nur mit folgenden Worten muͤndlich ausgesprochen, sondern auch
auf das Papier, welches ich selbst gesehen/ hingeschrieben hat; es
lautet aber derselbige also: Librum, quod composuit Do
sithæus Patriarcha Hierosolymitanus contra Calvinistas & Lu
theranos, editus Parisùs græce & latine in circa ab anno curren
te 20. 25. 30.
womit er zugleich seine Unwissenheit in der Lateini
schen Sprach genugsam an den Tag gelegt, ob es schon an einem
Grichischen Mönchen zu verwundern / daß er auch nur so viel da
von verstanden.


Den 23ten Maj sind wir von Philippopel wieder aufge
Baschard
schi / daselbst
will man
der Bot
schaft keine
Quartier
geben.

brochen, und sechs Stund weit bis nach Baschardschi fort
geruckt; und als wir von dar noch eine halbe Stund entfernet
waren, ließ der Herr Botschafter eine lange Zeit auf dem Weeg
still halten, weil man uns keine Quartier anweisen wolte, als welches
zwar Sr. Excellentz für Dero eigenen Person zu gestanden, aber
der
- 501 -
Abreise von Adrianopel bis nach Sophia.
451
der Adel und die übrige Suite in die Zelten gewiesen worden. End
lich fertigten Se. Excellentz den Dolmetschen ab / welcher in Jh
rem Namen dem Commendanten sagen solte, wie Sie gesonnen /
jemand nach Constantinopel abzusenden, der sich bey dem Groß
Vizir deswegen beschwehren solte, Sie wolten aber so lang hier
verziehen, bis jener von dar wüͤrde zurüͤck gekommen seyn; auf wel
che unerwartete Nachricht der Commendant dem Herrn Bot
schafter wissen lassen, daß es keineswegs die Meinung hätte, als
ob er der Botschaft die benoͤthigte Wohnungen versagen wolte, son
dern er habe es vielmehr freygestellt / ob wir uns im Lager oder
in der Stadt aufhalten möͤgten: er seye gäͤnzlich der Meynung ge
wesen, daß wir uns aus Furcht der im vorigen Jahr allhier gras
sirenden Pest / woran auch dieses Orts sehr viel Leute gestorben
wären, lieber in Zelten als Häusern aufhalten würden. Allein die
se Händel haben unsere Führer verursacht, als welche etliche dutzent
Ducaten zum Recompens von der Stadt zu ziehen hoften, wann
sie ihre Buͤrger von dieser Einquartirung befreyet hätten, dann man
weiß wol, wie es diese Leute zu machen pflegen. Hierauf haben sie
uns 24. der größten Häuser zu unserer Wohnung eingeräumt, und
auch die Janitscharn mit den Vornehmsten selbiger Gegend entge
gen geschickt, anbey Zucker⸗Brod / Mandel⸗Gebachens, Torten,
süsse Getränke und für den Herrn Groß⸗Botschafter ein Pferd
zum Present gebracht, der auch den folgenden Tag von dem Ba
scha, welcher Jhm gestern entgegen geritten die Visite bekommen.
An diesem Ort haben wir unterschiedliches eingekauft, insonderheit
wurden füͤr den Herrn Botschafter die raresten Fuͤllen allenthal
ben aufgesucht; andere aber kauften sich Toback, den sie hier gar
wolfeil und gut bekommen kunten, wie auch Seifen, Caffé-Bohnen und
dergleichen Dinge, Jch selbst hätte hier glüͤcklich seyn koͤnnen, wann
ich mein Glüͤck recht zu gebrauchen oder das bereits erlangte besser zu
Ein von
mir ver
wahrlostes
Glück.

verwahren gewust: ich habe nemlich bey einem Stein⸗Schneider, so
ein Türk war, einen Onichel oder Chalcedonier gefunden / so ge
wiß ein recht rares Stuck aus der Antiquitæt und so groß war, als
ungefehr der Nagel an einem Daum zu seyn pflegt, wenigstens nicht
grösser, worauf die Entfuͤhrung Proserpina so kuͤnstlich, nett, und
zart gestochen war, daß der Pluto, die Proserpina und der Wagen
mit den Rädern, samt den Pferden mit ihren Mähnen, in allen 16.
Füsse

Lll 2
- 502 - 452
Viertes Buch/ Vierte Abtheilung /

Füsse und vier Köͤpfe / auf das deutlichste von einander kunten unter
schieden werden; solchen nun hatte ich um geringes Geld an mich
gekaufft, und fast geschenkt bekommen, ja es hatte ihn der Türk
freywillig um was weniges loß geschlagen / damit er nur die Bild
nuͤsse der Menschen und Thiere nicht laͤnger in seinem Hauß behal
ten duͤrfte, aber zu meinem Ungluͤck habe ich selbigen wieder verloh
ren / da ich ihn kaum etlichen guten Freunden gezeigt. Ich sprang
nemlich vor Freuden hin und her, und war uͤber dieses unverhofte
Glück ganz ausser mir selbst; hierauf lief ich zu einem meiner ver
trauten Freunde Herrn Heckmann / welcher nach Diamanten,
Smaragden, Berillen und andern kostbaren Steinen fragte / und
führte ihn deswegen zu meinem Kaufmann; indem ich nun einem
andern Stein das Licht geben wolte, legte ich meinem Onichel dar
unter / hatte ihn aber zugleich unbedachtsamer Weise vergessen und
liegen lassen. Nun war es schon spat, da dieses geschehen, und ob
ich schon, so bald ich meinen Verlust gemerkt / gleich wieder umge
kehrt, ist doch der Türk aus seinem Laden bereits fort gewesen, habe
ihn auch durch die ganze Stadt nicht mehr erfragen können / und
musten wir noch darzu in der Nacht aufbrechen. Es wohnte aber
gegen über noch ein anderer Stein⸗Schneider, bey welchem ich mit
obgedachten Freund auch gewesen / vor dessen Lade eine Pfütze war,
daher ich auf die Gedanken kam, ob ich ihn etwan ungefehr heraus
gezogen und hierein fallen lassen / bestellte deswegen einige Jungen,
welche den Koth und Späͤne mit den Häͤnden heraus langen und mit
Wasser wieder abwaschen musten, es war aber alles vergeblich, und
habe ich nichts mehr gefunden, sondern vielmehr so grossen Verdruß
über meinen gegenwäͤrtigen Verlust, als vorher üͤber mein unverhof
tes Glück Vergnügung gehabt. Bey dieser Gelegenheit habe ich
Besondere
Manier die
Jugend zu
züchtigen.
eine besondere Art / die Jugend zu züchtigen, observiret: es war nem
lich ein muthwilliger Jung unter denen erstgedachten, so die andern
mit Koth ins Gesicht sprützte, und ihnen allerhand Schalkheit be
wiese / als dieses sein Vater gesehen, hat er ihn bey dem Schopf ge
faßt, von der Erden damit in die Hoͤhe gezogen, und immerzu mit
der flachen Hand ins Genick geschlagen, als wann er einen Haasen
umbringen wollen.


Von Basardschi sind wir den 24ten wieder weiter gezogen,
nachdem wir die Bagage-Wägen in der Nacht voraus ge
schickt, - 503 -
Reise von Adrianopel bis nach Sophia.
453
schickt, und mit der fünften Tag⸗Reise zu Sophia / der Annehmli
cher Weeg
nach So
phia.

Haupt⸗Stadt in Bulgarien / ankommen, unterwegs aber durch
Serhanweg / Kiskoi / Jabrowitz / Jchteman / Jenihaan /
Grublian und andere Flecken und Doͤrfer gefahren, wiewol wir
auch etliche derselben auf der Seiten liegen lassen, die sich auf diesen
angenehmen Hügeln, als wir uͤber die noch mit Schnee bedeckten
Felder herab marschirten, unsern Augen von ferne præsentiret ha
ben. Unter Weeges hat so wol der Herr Botschafter, als Andere,
unterschiedliche junge Füllen gekaufft, welche die Türken von den be
nachbarten Orten häͤufig herzu gefuͤhret. Von Serhanweeg ha
ben sich einige abermal nach der Trojanischen Pforte begeben,
und unter andern der Ingenieur-Hauptmann Herr von Oebschel
witz / damit er solche in seine gezeichnete Land⸗Charten bringen moͤg
te, wie nicht weniger noch andere / welche sie in dem Her⸗Weeg
nicht zu sehen bekommen; weswegen man ihnen zwey Chiausen
und sechs Mann von den Soldaten zu gegeben, die Se. Excel
lentz bey der letzten Visite von dem Bascha zu Basardschi be
gehrt hatten, weil wir jetzo dicke Gebüsche und von Räubern und
Mordern unsichere und unbekannte Straffen durchziehen musten: Unsicherer
Weeg.

wie dann auch zur bessern Sicherheit für uns und unsere Wägen
auf dieser ganzen Strassen eine Esquadron Spahi voraus und ei
ne hinten nach marschirt. Die von obgedachter Pforte zuruckge
kommene berichteten uns/ wie nicht gar zwey Stunde von dar eine
Schanz oder Palanka stüͤnde, die mit Mauern versehen / und etli
che tausend Mann zur Besatzung einnehmen könnte, um auf dieser
Seiten dem Feind den Zutritt disputirlich zu machen; daß wir aber
solche vormals nicht beobachtet, ist die Ursach, weil wir nur durch
einen engen Weeg dahin gekommen: zweifle auch nicht, es werden
einige Liebhaber des Alterthums dieses Gebäu wiederum in etwas
bezwackt haben. Von Jenihaan wurde der Herr von Weipeler
Anmel
dung zu
Sophia.

aus dem zweiten Adel mit dem Dolmetsch Herrn Godeschalc und
dem Secretaire Mejer voraus geschickt / die im Anzug begriffene
und des andern Tags daselbst eintreffende Botschaft zu Sophia
anzumelden, als die sich zu solcher Zeit derselbigen gar nicht verse
hen hatten, weil sie glaubten / daß wir so wol wegen des in unse
rer Kirchen eingefallenen grossen Fests, als auch, damit wir unse

re

Lll 3
- 504 - 454
Viertes Buch / Fünfte Abtheilung /

re Reise desto bequemer einrichteten, uns noch länger zu Jchte
man aufhalten würden; weil aber Seine Excellentz den 27ten
durch Schreiben von der Gränze Nachricht bekommen / daß des
Türkischen Boschafters Bagage von Wien aus schon zu Bel
grad angekommen, und man ihn selbsten auch täglich allda erwar
te / haben Sie die Reise, so viel möͤglich, beschleuniget / damit Sie
keine Gelegenheit zu einigen unnöthigen Verzug geben mögten. Bey
der Ankunft sind Sr. Excellentz der Molach oder Land⸗Richter
nebst andern Vornehmen aus der Stadt zu Pferd entgegen gekom
men, und haben Sie in die Stadt nach dem alten Kaiserlichen
Pallast begleitet, auch die gewöhnliche Geschenke von Torten
Blumen und frischen Obst / und bey unserm Abzug zwey Rehe da
Einholung
daselbst.
hin bringen lassen. Die drey folgende Täge, worunter zwey Rast
Täge gewesen, ist eben dergleichen entsetzliches Wetter, welches
gleichsam Himmel und Erden dem Untergang drohete / wie vor ei
nem Jahr, da wir uns zu Belgrad aufhielten, entstanden, wor
durch auch einer von unsern Fuhrleuten erschlagen worden / dem es
die Gebeine im ganzen Leib zerschmettert hatte. Allhier wurden die
Wagen zum viertenmal abgewechselt, aber viel kleinere, als die
vorigen gewesen / dargegen an die Stelle geschafft, weswegen der Be
Ein Fuhr
mann wird
vom Wet
ter erschla
gen.
fehl ergangen, die erstern nicht eher fort zu lassen, bis von den an
dern so viel, als wir nöthig hätten / herbey gebracht wären. Zwey
Ungarn, die man Husarn zu nennen pflegt / kamen um diese Zeit
mit Brieffen aus Siebenbürgen an, und zwar viel später / als
es sonst hätte seyn sollen, weil sie einen gar weiten Umweeg nehmen
müssen.


Fünfte Abtheilung.


ENdlich haben wir am dritten Tag, als dem letzten Maj, So
phia wiederum verlassen, und nach Schlibnitza unsern Weeg
zu genommen, welches sechs Stund davon liegt, und dem Namen
nach in unserer Sprach so viel als das Pflaumen⸗Dorff heisset. Hie
Angekom
mener Cou
rier von
Constan
tinopel.
selbst ist der Kaiserliche Courier Jsaac Luca mit einem Venetiani
schen Edelmann, so Patron von einem Schiff gewesen, von Con
stantinopel zu uns gekommen, und hat uns die Zeitung gebracht, daß
der
- 505 -
Reise von Sophia bis ins Lager vor Nissa.
455
derjenige, so in der Französischen Comödie die kurtzweilige Person
Comödiant
wird ge
henkt.

agirt / unterdessen von den Tüͤrken gehenkt worden / weil er, nach
dem er zu ihren Glauben üͤbergetretten / sich wiederum zur Christlichen
Religion bekennet habe.


Den 1ten Junj sind wir immer durch dicke Wäͤlder und Hol
Weege bis nach Saribrod geruckt; weswegen uns eine Anzahl
Beschli zugegeben worden / welche uns durch diese unsichere Oer
ter begleiten solten, wie man dann allenthalben auf den Bergen her
um Wachten von ihnen ausgestellt sahe / um die Reisende in Si
cherheit zu stellen, weil nirgend vor den Strassen⸗Räubern grösse
re Gefahr zu besorgen, als bey der Pforten Trajani und dieser
Gegend, allwo sie sich in der Menge aufhalten; wie dann noch
Gefahr vor
den Stras
sen⸗Räu
bern.

ganz neulich ein Armenischer Kaufmann, und ein Bostangi oder
Gärtner / der nach unserer Abreiß von Constantinopel nach
Wien zum Türkischen Botschafter mit einigen Schreiben gehen
sollen / und welchen wir auch zu Jenihan noch gesehen hatten,
allhier ermordet worden/ davon der Vorreuter noch entkommen,
und dieses auch die Ursach mag gewesen seyn, warum die Räuber
den Erschlagenen nicht gepluͤndert/ sondern sich lieber mit der Flucht
salvirt: Man hat deswegen zu Saribrod die von hohen Bäumen
nach Art eines Zauns aufgerichtete Palanka angelegt, damit die
Moͤrder aus besagten Waldern moͤgten abgehalten werden, so auch
nun bald im Stand gebracht ist. Die Besatzung darinnen versehen Beschli wer
sie sind.

die Beschli, die eine Art leicht gewafneter Reuter sind, und zwar hier
innen mit der gesammten Tuͤrkischen Cavallerie uͤberein kommen,
erhalten aber täglich ihren Sold, und werden dafuͤr hingeschickt, wo
man ihrer am meisten vonnoͤthen hat. Jn der Nacht zwischen dem
ersten / und zweyten Junj ist abermal ein entsetzliches Don
ner⸗Wetter entstanden, welches auch bis zu anbrechenden Tag ge
dauret, und uns über die Zeit im Lager aufgehalten. Den Mor
gen darauf haben wir uns nach Scharkioi begeben, dahin wir
wiederum uͤber viele Berge und durch das in den Thaͤlern gesamm
lete Wasser, in Begleitung zweyer Trouppen Beschli marschiren
müssen. Von dieser Stadt sind wir mit ihrem Geschütz von der
Mauern, deren man in allen drey Stuck zehlen kunte, begruͤßt
worden; beym Abzug aber haben sie sich nur ein einigsmal damit
hören lassen, vielleicht weil es ihnen an Pulver gefehlt, oder weil
sie
- 506 - 456
Viertes Buch / Fünfte Abtheilung /

sie gemeint, wir würden zu solcher Zeit nicht so genau darauf mer
ken. Der von Parakin zuruck gekommene Chiaus berichtete uns,
wie die bisher gehaltene Quarantaine auf den Gräͤnzen, welche zu
letzt auf acht Tag gesetzt worden, nun völlig aufgehoben seye, und
daß man den Tuͤrkischen Botschafter den 4ten oder 5ten Juni
zu Belgrad erwarte. Der Kaiserliche Courier / so ohnlängst
mit Brieffen nach Wien abgangen und mit dem Chiausen, den er
auf den Weeg angetroffen, wiederum zuruck gekommen, ist nach
Tisch zum zweytenmal wiederum dahin spedirt auch von einigen
Beschli um besserer Sicherheit willen durch die von Dieben und
Räubern noch nicht genug gereinigte Strassen begleitet worden, de
Verwege
ne Mörder.
ren letztern Verwegenheit sich so weit erstreckt, daß sie erst kürzlich
in der Vorstadt fünf Häuser angesteckt; so ist auch vor wenig Tagen
ein frisch⸗erschlagener Cörper auf der Strassen gefunden worden,
der, wie aus der Kleidung zu schliessen war, eine vornehme Stands
Person mag bedeutet haben; um welchen sie ein Feuer angelegt, um
ihn zu Aschen zu verbrennen, damit er nicht moͤgte erkannt werden,
es ist aber nur etwas weniges am Haupt und Arm versengt worden,
das übrige aber unbeschädigt geblieben / weil das Feuer nach ihrem
Abzug vermuthlich wiederum ausgelöscht.


Den 4ten sind wir wiederum durch eben dergleichen Weege,
als einige Tage vorhero gezogen, und in fernerer Begleitung der
Mustapha
Bascha Pa
lanka.
Beschli nach Mustapha Pascha Palanka gekommen. Diese
Palanka ist mit einer vierfachen Mauer umringt, uͤber welche acht
Thüͤrne an unterschiedlichen Orten herfuͤrsehen, davon der mittlere/
so gegen Mittag stehet / und das mit zwey eisernen Flügeln ver
wahrte Stadt⸗Thor præsentirt, viereckigt, die übrigen aber alle
in runder Form gebauet sind: hinter der Mauer ist ein Wall / auf
welchen Stücke können gepflanzt werden, und worauf auch viele
Häuser nach Lands⸗Art angebauet stehen. Als unser Marschalk der
Ungelegen
heit des
Hn. von
Ostman
daselbst.
Freyherr von Ostman, ein in dergleichen Sachen sehr curieuser
Herr, in eines derselbigen hinein gehen wollen, haben ihn die Tür
ken einen Prügel auf den Kopf geworfen und zuruck gehen heissen;
da dann sein Glück gewesen, daß er an sich zu halten gewust, damit
nicht ein gröͤsserer Verdruß daraus entstanden, welcher ohne Zwei
fel erfolgt ware, wann er so gleich in der ersten Hitz diese Schmach
rächen wollen / wie vielleicht mancher, deme dergleichen begegnet,
würde
- 507 -
Reise von Sophia bis ins Lager vor Nissa.
457
wuͤrde gethan haben: er aber hat solche Unbild verschmerzt, doch
aber mit ganz gelassener Stimme, und dabey nichts destoweniger mit
Bezeigung seines gerechten Eifers, zu verstehen gegeben, wie man ihn
deswegen unfehlbar wuͤrde Satisfaction verschaffen muͤssen, welche er
auch auf Erfordern des Herrn Botschafters erhalten; worauf
nachgehends alle ohne einige Widerrede in die Schanz hinein gelas
sen worden; bey welcher Gelegenheit der Freyherr von Hoͤrde
samt dem Ingenieur-Hauptmann Herrn von Oebschelwitz die
ganze Schanz, alle Gebäue, die Höhe und Breite der Mauern
Schritt von Schritt abgemessen, und sich dabey gestellt, als ob sie
in Gedanken herum spatzirten, damit die Tüͤrken ihr Absehen nichs
merken solten. Es ist dieser Ort im vorigen Krieg unter der Rö
misch⸗Kaiserlichen Botmässigkeit gestanden, woselbst der Ge
neral⸗Lieutenant Piccolomini den daselbst gestandenen prächtigen
Haan bey seinem Abzug zerstöret und abgebrennet, damit sich
der Feind desselbigen nicht zu seinem Vortheil bedienen moͤgte.


Nach Mittag hat sich der Herr Botschafter selbst gefallen
lassen, mit vielen aus dem Adel und einigen andern diese Werker in
Augenschein zu nehmen, worbey wir unterschiedliche rare AntiquiAntiquitæ
ten zu Mu
stapha Ba
scha Pa
lanka.

tæten bemerkt, so muthmaßlich ehedessen aus Thracien dahin ge
bracht worden. Vor dem Thor dieser Palanka liegt ein Capitel
samt dem Cranz von einer Corinthischen Säulen nebst dem untern
Theil des Stamms / aus rothen mit weissen Flecken oder Adern
bezeichneten Marmor gehauen. Auf der Seite, wo man von Nissa
herkommt, ist eine Schrifft von dem Kaiser Julius Philip
pus in weissen Marmor gegraben, aber die Anfangs⸗Buchstaben
entweder von Alter oder der Maurer Nachlaͤßigkeit, wie sie diesen
Stein eingesetzt, unkenntlich gemacht worden.


An der Pforte des Haans,/ oder der gemeinen Herberg, zeigt sich Aufgesuch
te Inscri
ptionen.

ein Stein, worein unterschiedliche Schrifften gehauen, so aber durch
das Alterthum und die daran fahrende Waͤgen, denen jener exponirt
ist, dermassen unleßlich worden, daß man kaum noch etliche wenige
Buchstaben daran erkennen kan. So siehet man auch zur Rechten
zwey neben einander gesetzte Marmel⸗Steine, welche aber bis auf
die Helfte in die Erden versenkt und mit Koth bedeckt sind, daß ich
einer Schaufel nöthig gehabt hätte, wann ich die Erde von dem
Stein

Mmm
- 508 - 458
Viertes Buch / Fünfte Abtheilung /

Stein loß machen wollen; weil ich aber keine bekommen kunte, hat
mir Balthasar Brabec / ein Pfälzer und Stall⸗Knecht / hierin
nen gedient, und den s. v. Mist mit eigener Hand weggescharret;
Baron
Hörde Be
mühung
hierinnen.
die gröste Mühe aber hat sich der Baron Höͤrde diesen Tag gege
ben, als der sich nicht gescheuet, nebst mir das Wasser mit eigenen
Händen zuzutragen, den Koth mit einem Tuch abzuwischen / oder /
wo es noͤthig war, die mit Kalch und Leimen angefüͤllte Buchstaben
mit einem Stecken zu reinigen / und mit seiner grossen Beschwehr
nis wiederum kenntlich zu machen, welches gewiß von einem Edel
mann ein rares Exempel ist, als die sich selten um gelehrte Sachen
bekümmern, und dasjenige für eine Schande halten, worinnen
ehedessen die Röͤmischen Ritter ihre groͤste Ehre gesucht haben.


Inscription
von der Ju
lia Domna.
Der eine von diesen Steinen war der Juliæ Domnæ gewied
met, an welchem alles auf diejenige Weise geschrieben und abgetheilt
zu sehen, wie ich es unten anzeigen will. Der andere, dessen
Septimo
Severo.
Aufschrifft von Septimo Severo handelt, verursachte vielmehr
Difficultät, weil solcher verkehrt in die Mauern gesetzt war. Bey
dem vierten, der mitten in der Mauer aus rothen Marmel gehauen
stunde, fande sich eben so viel, und noch wol mehrere Schwürigkeit,
weil er nicht nur mit Kalch uͤberstrichen war, den man loß machen
und abschwemmen muste, sondern auch eben, wie der vorige umge
wandt eingesetzt worden. Der fuͤnfte præsentirte sich an einem der
massen hohen Art, daß ich ohne eine Leiter dessen Schrifft ohnmoͤg
lich lesen kunte; weil ich aber keine an der Hand hatte/ zudem von
dem Lager zu weit entfernet war, habe ich etliche Tuͤrken dahin ge
bracht, daß sie mir einige Stein hieher welzen muͤssen, worauf ich
alsdann Bretter gelegt und hinan gestiegen bin; da ich befunden, daß
der Marmel mit dem vorigen einerley Farb hatte, an welchen ich die
hier zu letzt aufgezeichnete Verse bemerkt.


Erinne
rung we
gen dieser
Inscriptio
nen.

Bevor ich aber diese Denkmal, wie ich sie gefunden, hersetze,
muß ich bey dem geehrten Leser noch ein und anders erinnern; und
zwar erstlich / daß ich gar sehr anstehe, ob A und E auf diesen
Steinen mit zwey besondern Buchstaben, oder nur mit dem einfachen
Æ ausgedruckt worden; dann ob ich schon in meiner Schreib Tafel
nur das letztere finde, so will ich doch eben nicht gut dafüͤr seyn, daß es
auf dem Original auch nur ein einiger gewesen, weil ich mich dessen
um
- 509 -
Reise von Sophia bis ins Lager vor Nissa.
459
um der Eilfertigkeit willen so eigentlich nicht mehr erinnern kan;
welchen Bescheid ich auch dem beruͤhmten Antiquario Herrn
Hæreus, gegeben, der mir dieses Dubium gleichfalls gemacht: daß
sie aber doch zusammen gesetzt muͤssen gewesen seyn, glaube ich da
rum, weil noch mehrere andere Buchstaben, welche sich doch nicht so
leicht vereinigen lassen, gleichwol an einander gehenckt waren.
Zweytens / daß in dem Wort SVAm das V und A, in GERMA
NICI SARMATICI, MAXIMO
das M und A, und in ANTONINI
das N und I, in TRAIANI das T. R. und A, in PERTINACI das
N und A, und zwar dieses zu erst, in ARABICO A und R, in TRI
Bunitiæ
das T und R. in ANnos das A und N. in ET das E und T,
und in PATRI T und R auf eine neue Manier zusammen gehaͤngt
gewesen, also daß es geschienen, als ob zwey oder drey nur ein
Buchstabe wären, welches mir aber der Buchdrucker nicht recht zu
exprimiren gewust. Drittens / daß die grossen Buchstaben, so
verkehrt stehen, die Lange der Zeit ausgeloͤscht, die kleinen aber gar
nicht kunten gesehen werden/ sondern nur um der Deutlichkeit wil
len von mir darzu gesetzt worden. Viertens, daß in der letzten
Aufschrifft Generi zu lesen, da es doch Genero heissen soll, wel
ches aber ohne Zweifel der Unwissenheit des Steinhauers zuzu
schreiben.


Nun komme ich zu den Inscriptionen selbst, die ich nebst dem
Brief und Anmerkungen des unvergleichlichen Antiquarii Herrn
Carl Gustav Heräus / als deme ich solche zugeschickt, in solcher
Qualität communiciren will, wie er sie mir wieder zuruck gesen
det hat.


Der Brief:


Die Ehre und Ruhm unsers Unuͤberwindlichsten Kaisers
Carl des VI. und Burgundischen Jasons / brachte es so mit Brief des
berühmten
Antiquarii
zu Wien
wegen die
ser Inscri
ptionen.

sich, daß Er mit seinen eigenen Vöͤlkern den Türkischen Krieg in
nerhalb zwey Jahren ein Ende machen, und das nun den Frieden
wiederum geniesende Constantinopel mit nicht geringer Verwun
derung die Kaiserliche Gesandtschaft in einen ungewoͤhnlichen
Pracht und sieg⸗prangenden Aufzug, nemlich in Teutscher Kleidung,
und zugleich die ehmalige Unbild nunmehr auf das nachdrüͤcklichste
gerochen sehen solte: Dahero war es auch billig, daß deren Beschrei

bung

Mmm 2
- 510 - 460
Viertes Buch / Fünfte Abtheilung /

bung durch Jhre gelehrte Feder verfaßt wuͤrde, und alle vorherge
hende dergleichen Relationen uͤbertreffen moͤgte; worinnen Sie sich
unter andern auch mit denen, so viel ich weiß, noch nie an den Tag
gelegten alten Inscriptionen nicht geringes Lob erworben, welche,
ohnerachtet der Eilfertigkeit auf dieser Reise, zu colligiren sie
sich nicht gesaumt und mir anbey guͤtigst communicirt haben. Da
mit ich nun Dero Verlangen und meiner Schuldigkeit bey allen mei
nen sonst gehaͤuften Verrichtungen nachkomme, so sende ihnen hier
mit wiederum ihre erklärten Inscriptionen/ die Sie mit gröͤsten
Recht die ihrige nennen koͤnnen, mit meinen Anmerkungen wiede
rum zuruck, als welche durch sie nunmehro das Tages⸗Licht aufs
neue erblicket, dessen sie vorhero durch der Barbarn Unwissenheit
und der Reisenden Verwahrlosung beraubt gewesen. So viel nun
das Andenken voriger Zeiten diesen Steinen schuldig ist: eben so viel
Dank verdienen sie von der gelehrten Welt, daß deren Aufschrifft
durch sie vor den gaͤnzlichen Untergang erhalten worden. Wie sehr
wünschte ich, daß andern, welche nicht so sehr zu eilen haben,
ein gleiches Glüͤck begegnen / und die besser cultivirte Ungarn, un
sers grossen Kaisers Befehl gemäß, in Erhaltung ihrer Zierde /
ich will sagen der Roͤmischen Alterthuͤmer/ sich doch wider Verhof
fen nicht so gar nachlässig bezeigen moͤgten. Was aber Dero ge
sammlete Inscriptionen betrifft/ ist die erste gar leicht zu lesen:


MAXIMO ET
SV PER OMNES
FORTISSIMO
IMPERATORI CÆS.
MARCO JVLIO PHILIPPO
PIO FELICI INVICTO
AVG. PONTIFICI
MAXIMO. PAT. P. atriæ.


Ausle
gung der
ersten In
scription.
Daß diese Inscription auf den Vater M. PHILIPPVM , den Kaiser,
ziele, ist aus vielen wichtigen Anzeigungen zu schliessen / welches un
ter andern auch der Titul: SVPER OMNES FORTISSIMI, un
schwehr - 511 -
Reise von Sophia bis ins Lager vor Nissa.
461
schwehr zu verstehen gibt, als welcher nicht einmal dem Vater ohne
alle Schmeicheley beygelegt, von dem Sohn aber als einem noch jun
gen Herrn, ob schon von grosser Hofnung, am wenigsten verstan
den werden kan, als der in der letzten Unternehmung des Vaters zu
Rom geblieben: sonsten aber wurde der Sohn auf denen
Münzen so wol MARCVS als auch AVGVSTVS genennt. Ob
nun schon gemeldte Inscription nichts von einiger Geschicht geden
ket, auch daraus nicht zu beweisen, daß PHILIPPVS seine Armee
wider die Gothen gefuͤhrt, die Pannonien und Thracien bis an
Constantinopel verwüͤstet: so ist doch so viel abzunehmen, daß,
ehe noch Decius der Herrschaft in Pannonien sich angemasset,
oder doch nachgehends, von einem Anhäͤnger des PHILIPPI der
Stein gesetzt, aber zur Vermeidung der Mißgunst der Name ausge
lassen worden seye.


Zur Vermehrung der Grammaticalischen Wissenschaft köͤn
Zusam
menfügung
der Qua
drat⸗Buch
staben.

te auch dienen/ wann, woran ich doch sehr zweifle, die ungewoͤhnli
che Zusammenhaͤngung der Quadrat-Buchstaben A und E nicht nur
in dieser / sondern auch in denen folgenden noch ältern Inscriptionen
gefunden wüͤrde, wovon sie den Gelehrten Nachricht zu geben be
lieben, und auch mich, wo ich dißfalls einen Fehler begehe, erin
nern, weil so wol jenen als ihnen selbsten daran gelegen ist.


Die andere heißt:


JVLIÆ
DOMNÆ
AVGVSTÆ
MATRI CAS
TRORVM
R, em. P. ubl. SVAm VLP. iam,
CVRANTE
Q into ANICIO
FAVSTO LEG. ato
AVGVSTORVM
PR. O. PR. ætore.

Diese Inscription ist der Julia Pia Augusta, des S. Severius Erklärung
der zwey
ten Inscri
ption.

Gemahlin zu Ehren verfertiget worden / nachdem die Soldaten Ba
sianum
Mmm 3
- 512 - 462
Viertes Buch / Fünfte Abtheilung /

sianum im 13ten Jahr seines Alters dem Vater in der Regierung
zugesellt haben; sintemaln ANICIVS sich nicht AVGVSTI, sondern
AVGVSTORVM LEGATVM Pro Prætore nennet. Es legt auch
dieser Stein mit andern Steinen und Münzen von unterschiedlicher
Gattung der Julia den Titul Matrem Castrorum bey, so wol zu
Ehren ihres Gemahls, als auch, weil Sie denselbigen allenthalben
ins Lager gefolgt ist. Etwas sonderbares ist an dieser Aufschrift zu
observiren / daß nemlich der Reip. Ulpiæ gedacht wird, welches
aber gleichwol / nach dem Exempel gedachter Republic von der Land
Militz in einer Provinz, welche mit solchen Stäͤdten, die den Namen
des Uberwinders Vlpii angenommen/ ganz angefuͤllt/ nichts unge
wohntes ist. Dem Anicischen Geschlecht aber / so durch beruͤhmte
Thaten so wol / als vermittelst der Muͤnzen und Steinen, sehr bekannt,
wird durch diese und folgende Inscription ein neues Denkmal auf
gerichtet; angesehen ihr Ruf so groß, daß die Anicii nach der Grichischen
Bedeutung unuͤberwindlich koͤnnen genennet werden / und man
nicht nur dafür hält, daß sie so wol, als der erste Kaiser / vom
Geschlecht des Æneas herstammen, sondern auch für ruͤhmlich ge
achtet, den Ursprung unserer Aller Durchlauchtigsten Oe
sterreichischen Kaisere davon her zu deriviren, wie Johann
Seyfried im Anicischen Stamm⸗Baum bezeigt.


Die Dritte ist dem S. Severo selbst zu Ehren, und zwar um eben
solche Zeit aufgesetzet, und folgendes Jnnhalts:


IMP. CÆSARI
DIVI. MARCI. ANTON
— N. PII. GERMANICI. SAR
MATICI. FILIO. DIVI. COM
MODI. FRATRI. DIVI. ANTO
NII. PI. NEPOTI. DIVI. HADRI
ANI. PRONEPOTI. DIVI. TRA
IANI. PARTHICI. ABNEPOTI.
VI. NERVÆ. ADNEPOTI,
SEPTIMIO. SEVERO.
PIO
- 513 -
Reise von Sophia bis ins Lager vor Nissa.
463
PIO PERT IN ACI. AVG. ARABICO.
ADI ABENICO. PARTHICO. MA. ximo
LVS.
- - - IO PONTIFICI. MAX.imo
TRIB. unitiæ
POT. estatis... X. COS. ul III.
PROCONSVLI. R. em. P. ublicam
SVA.m
VLP. iam CVRANTE.
Q uinto ANICIO. FAVSTO.
LEG. ato AVGVSTORVM.
PR.O PR. ætore.


Hiermit wird nicht weniger, als auf anderen Steinen, der wol verDer Drit
ten.

diente Ruhm des Kaisers Antonini erhoben, von welchem nebst
dem Antonino Pio und vornemlich dem M. Aurelio der Ælius Hochach
tung des
Namens
Antonini
bey den
Römern.

Lampridius in Diadumeniano, der sich gleichfalls einen so gros
sen Namen mit den Gordianern und uͤbrigen Nachfolgern des
Kaisers Severi erworben hatte, geschrieben: es seye der Name
der Antoniner so beliebt gewesen, daß derjenige, so sich desselbigen
nicht bediente, der Regierung nicht wuͤrdig schiene. Uber dieses hat
auch diese Inscription mit derjenigen, so mir bekannt / und von
Grutero nicht angeführt ist, nemlich dieser, so auf der Ana
gniner Stein in Latien zu lesen war, dieses gemein / daß Septi
mius Severus ein Bruder Commodi genennt wird: so weit er
streckte sich nemlich sein Hochmuth, daß Er / nach Zeugnis Æl. Spar
tiani aus des Marci Famille herzustammen prætendirte; und die
ser Stoltz moͤgte noch hingehen, wann nur der Tyrannische Prinz
zugleich mit dem Namen deren Sitten und Tugenden hätte nach
ahmen wollen, als die nicht nur unter den Kaisern / sondern auch
überhaupt unter denen Heyden nechst Socrates die kluͤgsten gewesen
sind: doch siehet man daraus so viel, daß es wahr seye, was Seneca
schreibt
- 514 - 464
Viertes Buch / Fünfte Abtheilung /

schreibt / wie die Tugend auch von denenjenigen hoch gehalten wer
Tugend
wird auch
von Laster
haften
estimirt.
de, welche dieselbige eben nicht auszuuͤben verlangen. Ferner solte ich
mit Dero Erlaubnis wol zweifeln, ob sie sich nicht von den zuruck geblie
benen Merkmale der ausgelöschten Buchstaben bey Abschreibung der
eilften Linie in den Namen PERTINACI hintergehen lassen; sin
temaln die andern Inscriptionen des Severi zwischen Pius und Au
gustus zwar den Namen Pertinax setzen, aber im uͤbrigen von kei
nem andern Titul, die doch hier zu lesen/ was wissen wollen. Dann
wofern der Titul Pertinax mit dem über das achtemal gefüͤhrten
Zunft⸗Meister⸗Amt vereinigt wäre / wuͤrde es dieser Inscription ein
grosses Gewicht geben, wann deren Authorität zu andern Stei
nen und Münzen käme / die nach dem zum achtenmal geführten
Zunft⸗Meister Amt den Titul Pertinax beybehalten. Jch will aber
doch dieses den Worten des Æl. Spartiani nicht entgegen setzen, wann
er vorgibt / daß Severus nachgehends den Titul Pertinax habe ab
schaffen wollen; welche Abschaffung ich nicht von einer bestäͤndigen,
sondern nur einer solchen, die oͤfters vorkommt/ verstehe. Jn der
15ten Linie gehen zwar einige Buchstaben vor dem Buchstaben X ab,
es köͤnnen aber nach der Roͤmischen Art zu schreiben keine solche seyn,
die auf die achte Zahl ziehlen solten. Es mag indessen genug seyn,
wann ich gesagt, daß auf andern Steinen und Tituln uͤber das ach
temal geführte Zunft⸗Meister⸗Amt der Titul PERTINAX gelesen
wird / ja, daß auch nach dem Tod des Vaters der BASSIANVS/
nach Ausweisung der Steine, ein Sohn des PERTINAX genannt
werde; und daß dieses der in der Antiquität sehr erfahrne Vaillant,
mein ehmaliger guter Freund, und deme ich Ehrenthalben hier nen
ne, nicht solte gewußt haben, ist so wenig wahrscheinlich, als er des
wegen zu entschuldigen wäre: wie man ihn dann darum auch in ge
ringsten Verdacht nicht haben kan, sondern man muß ihn nur recht
verstehen, wann er in Tom. II. bey der andern Münz des Severi
sagt / daß der Name PERTINAX von Severo nur in dem achten
Zunft⸗Meister⸗Amt seye ausgelassen worden; nicht als wann er sol
chen nachmals ganz und gar nicht mehr gebraucht, sondern daß er sich
dessen nicht zu bedienen nur dazumal den Anfang gemacht habe.


Jn der 12. Linie wäre in des Severi Titul das Wort MAXI
MI
ohne Noth abbrevirt worden, wann nicht die folgende Zeile ei
ne - 515 -
Reise von Sophia bis ins Lager vor Nissa.
465
ne denkwuͤrdige That ausgefuͤllt haͤtte, welche mit LVS anfäͤngt, und
sich auf der folgenden Zeil mit IO endigt; weswegen es sich nicht
wol wuͤrde geschickt haben / mit denen zu dem Titul nicht gehöͤrigen
Buchstaben, LVS und IO, eine ganze Zeil auszufüͤllen.


Die vierte Aufschrift heißt:


Diis M.anibus
VALerius VALerianus E Suboptione
MILes
LEGionis I iii Flaviæ VIXit
ANNOS XXXI MILitavit
ANNOS VIII VALerius VA
LERIANVS ET
VALERIA CAN
DIDA FRATRI
CARISSIMO
ET SIVI VIVI
Posuerunt.


Hier merk ich nur dieses an, daß man das B oͤfters mit einem V ver
Anmer
kung bey
der vierten
Inscription.

wechselt findet, als Danuvius für Danubius.


Die fünfte Inscription endlich ist folgende:


ANNIA I iii AVRELIA
FAVSTINO MARITO
CAR. issimo ET GENERI PI
ENTI.ssimo ETAVRELIA
FILIA PATRI BENE
MER. enti ET MARITO DVLCIS
ET SIBI VIVA S. epulchrum
Fünfte In
scription.

Posuit.


Sie belieben sich dieses nach Gefallen zu bedienen, und erhalten in
Dero beständigen Faveur, dem, der alle Ehre und Hochschätzung füͤr
ihre Gelahrheit und Wissenschaft träget
C. G. Heræus.


Sech

Nnn
- 516 - 466
Viertes Buch / Sechste Abtheilung /


Sechste Abtheilung.



Ankunft
bey Nissa.
ENdlich sind wir den 5ten Junj nach einer langen und be
schwehrlichen Reise, die uns die hohen Berge und finstre
Wälder nebst dem zum öftern ausgebrochenem entsetzli
chen Donner⸗Wetter verursachet, auf den Nissensischen Feldern
nicht gar eine Stund von der Stadt, angelangt, und haben an dem
Fluß Nissava fast an eben demjenigen Ort unser Lager aufgeschla
gen, wo wir in der Hin⸗Reise nach Constantinopel gestanden sind.
Jn dieser Gegend findet sich ein Uberfluß an allerhand Feder⸗ und
andern Wild⸗Bret / Reb⸗Hüner / Hassel⸗Hüner / Trappen / Fasa
nen, Wachteln, Haasen, Bären, Rehe und anders mehr; es ist
aber auch kein Mangel an Räubern, weswegen wir in den Wäͤl
dern viele Wachten ausgestellt gesehen, welche der Botschaft und
Anmel
dung bey
dem Se
raskier.
andern Reisenden die Strasse sicher halten solten. Hier haben sich
unser Führer Mehemet samt dem Dolmetsch Herrn Theyls ohne
Verzug zu dem Seraskier verfügt, so wol des Herrn Groß
Botschafters Ankunft zu vermelden, als für die angekommene
Gäste Quartier zu begehren. Hierauf ist Nachmittag um 5. Uhr
von dem Seraskier ein Capigilar Agasi / oder oberster Cäm
merer, welcher so viel als einer von dem ersten Adel bey einer Ge
sandtschaft, oder auch ein Ceremonien⸗Meister bedeutet, abgeschickt
Gegen
Compli
ment des
Seras
kiers.
worden, welcher bey Sr. Excellentz in des Seraskiers Namen
wegen gluͤcklicher Ankunft die Gratulation abstatten und vermelden
solte, daß die benoͤthigten Haͤuser füͤr die Gesandtschaft schon aus
gesetzt wären, es befänden sich aber in der ganzen Stadt nichts als
lauter elende und dabey so enge Huͤtten, in welchen nirgend auch nur
zwey Wägen bequem stehen koͤnnten; so wäre es nicht weniger zu dieser
Jahrs⸗Zeit auf dem Feld viel annehmlicher und sicherer, und haͤtte
sich der Seraskier, wiewol er sich eben nicht gar wol auf befän
de, entschlossen, den morgenden Tag heraus zu kommen, damit er
dem Herrn Botschafter desto naͤher seyn und alles desto geschwin
der anschaffen moͤgte: er seines theils wuͤnschte / daß er einen Köͤnig
lichen Pallast innen hätte, damit er einen so vornehmen Gast, als
der Römisch⸗Kaiserliche Botschafter wäre, darinnen nach
Wür
- 517 -
Reise von Nissa bis an den Platz der Auswechslung.
467
Würden logiren koͤnnte, im uͤbrigen solten Se. Excellenz sich des
Seinigen also bedienen, als ob es ihr eigen wäre.


Hierauf sind wir den 6ten dito in eben solcher Ordnung und Einzug in
Nissa.

mit dergleichen Gepraͤng, als vor einem Jahr / in die Stadt ein
gezogen, und die Janitscharn uns bis in das letztere Läger entge
gen⸗ und dann ferner in doppelter Ordnung durch die Stadt vor
angegangen, bis sie samt uns in dem neuen Lager angelangt; hierzu
kamen noch auf dem Weeg in eben diesem Absehen die vornehmsten
Officiers von der Besatzung und den Spahi / die Stadt⸗ und
Land⸗Richter / die Kirchen⸗Bedienten und übrige Vorstehere,
alle zu Pferd / und mit ihren grossen Buͤnden auf dem Haupt; und
als wir uns den Mauern naͤherten, wurden die Stuͤcke dreymal ab
gefeuert: der Poͤbel ließ auch die geringsten Schelt⸗Worte, wie
bey der Her⸗Reise, nicht mehr hoͤren, sondern erwiesen uns vielmehr
im Vorbeyzug alle Ehre; doch fehlte es uns an genugsamen Futter
für das Viehe, weil eine sehr grosse Duͤrre eingefallen, und uͤber die
ses zum Vestungs⸗Bau 16000. Spahi in der Stadt lagen, wes
wegen es sehr sparsam vorgeschuͤttet werden muste; und wie füͤr des
Herrn Botschafters Pferde nicht einmal genug vorhanden war:
also geschahe es, daß, wann etwan von den nechsten Dorfschaften
was zugefuͤhrt worden, schon hundert darauf warteten, und es füͤr
sehr theuer Geld, einander so zu reden/ vor dem Maul wegriesen.
Als nun der Herr Groß⸗Botschafter im Lager und in seinem Beziehung
des Lägers.

Zelt angelangt, wurde Er mit unterschiedlichen Fruͤchten/ neun
Lämmern, Zucker und Blumen aus der Stadt beschenkt; Se. Ex
cellenz aber fertigten alsobald den Herrn Baron Ostman zu dem
Seraskier, noch jemand aber nach Belgrad zu dem Gräͤnz
Commendanten, den Grafen Oduyer ab, demselbigen seine AnBericht an
unsern
GränzCommen
danten we
gen hiesi
ger An
kunft.

kunft zu vermelden. Nachmittag, da wir eben von Tisch aufgestan
den, kam ein Hauptmann aus der Besatzung Jagodina mit der
fahrenden Post zu uns, und brachte die Nachricht, daß der Tüͤrki
kische Botschafter sich schon drey Tag zu Belgrad aufhalte. Den
7ten ist der Seraskier / welcher sich, wie ich schon gemeldet, ei
nige Tag hero nicht wol auf befunden, aus der Stadt gezogen / um
ins küͤnftige in seinem ohnweit von uns aufgeschlagenen Läger desto
näher bey der Hand zu seyn; dabey Jhm zu Ehren gleichfalls die
Stücke geloͤßt, und eine bessere Ordnung als des vorigen Tags bey
unseren

Nun 2
- 518 - 468
Viertes Buch / Sechste Abtheilung /

unserm Einzug, gehalten, auch die gewöhnliche Music, bis Er in
dem Lager angelangt, beständig gehöͤrt worden. Endlich sind Nach
Mittag um 1. Uhr die vornehmsten Officiers und Bediente des
Seraskiers in unserm Läger angekommen, um uns nach ihrem
Visite des
Hn. Bot
schafters
bey dem
Seraskier.
Herrn zu begleiten, zu welchem der Herr Botschafter schon des
vorigen Tags um zehen Uhr sich begeben wollen. Der ganze Weeg
von unserm Lager bis zu des Seraskiers Zelt war auf beiden Sei
ten mit Soldaten besetzt, woselbst wir, nach Lands Gewohnheit / mit
Caffé, süssen Früchten und auf ihre Art zu bereiteten Speisen tra
ctirt, und bey dem Abschied der Adel mit Caftans / der Herr
Botschafter aber mit einem Hermelin⸗gefuͤtterten Rock und einem
muthigen Fuchs, der sehr kostbar ausstaffirt war, regalirt worden.
Es hatte der Seraskier im vorigen Jahr von dem Groß⸗Vizir
aus sonderbahrer Gewogenheit solchen verehrt bekommen, anjetzo
aber sich dieses angenehmen Geschencks wiederum freywillig beraubt,
und es Sr. Excellentz / zum Zeichen der gegen Sie tragenden Hoch
Beschrei
bung der
Person des
Seras
kiers.
achtung überlassen. Dieser Seraskier ist von Angesicht schwarz
brauner Farb, hat einen langen Bart und schwarze Haare, ist aber son
sten ein gar bescheidener Mann und Liebhaber der Gerechtigkeit, frey
gebig und friedsam / und deswegen bey den Seinigen in grosser Hoch
achtung, auch um dieser seiner Gemüths⸗Beschaffenheit willen zum
Gränz⸗Commendanten gesetzt / damit er bey einigen vorfallenden
Differenzien solche in der Güte wiederum beyzulegen trachten solle.
Wann jemand über unsere Gräͤnzen nach der Türkey gehen will /
muß er mit von dem Graf Oduyer unterschriebenen Paß⸗Brief
Paß⸗Brief
fe an der
Gränze
von wem
sie unter
schrie
ben wer
den.
fen versehen seyn; will aber einer von dar zu uns herüber gehen,
muß er dergleichen von dem Seraskier aufweisen köͤnnen; wofern
er aber seine Wohnung gänzlich zu verändern gedenkt / dergleichen
ein Venetianischer Jud, der mit uns heraus gereißt, zu thun
gesonnen war/ hat er von beiden dergleichen Attestat noͤthig. Es
wuste dieser Bascha unserm Herrn Botschafter des Graf
Oduyers kluge Conduite nicht genugsam zu ruͤhmen, nach wel
cher Er die zwischen beiden Theilen entstandene Streit⸗Häͤndel auf
das schleunigste mit jedermanns Beyfall schlichtete; Er bedaurte de
rohalben,/ wegen der gutem Verständnuß unter ihnen, daß sein
Commando allhier nun bald ein Ende nehmen wuͤrde; sintemaln
alle drey Jahre so wol hier, als bey andern dergleichen Bedienun
gen, - 519 -
Reise von Nissa bis an den Platz der Auswechslung.
469
gen, ein anderer geschickt wird, so des vorigen Stelle vertritt, wann Seraskiers
instehende
Ablegung
seines hiesi
gen Com
mando.

anders nicht in solcher Zeit Klagen einlaufen, oder er sich sonsten
verdächtig gemacht, oder auch sein gesammleter Reichthum gar zu
sehr charmirt, daß er noch vor der Zeit abziehen muß. Er ist
auch gleich nach geschehener Auswechslung nach Constantinopel
abgegangen, woselbst Er noch zwey Weiber hat, mit deren einer
Er einen Sohn gezeugt, so nun zwöͤlf Jahr alt ist, und sich bestäͤn
dig bey dem Vatter aufhäͤlt. Unter seinen Leuten waren viel Chri
sten aus Boßnien gebürtig; so habe ich auch einen Teutschen
angetroffen, welcher vor sechs Jahren vom Löͤffelholzischen
Regiment durchgangen, und vorgabe, wie er den Glauben noch
nicht verlaͤugnet, wolte auch gerne wiederum zuruck kehren, wann er
nur hoffen duͤrfte, daß er wuͤrde pardonirt und nicht vielmehr nach
Verdienst abgestrafft werden. Derselbige ist auch auf dem Nach
Mittag wiederum zu uns gekommen, und hat uns erzehlt, daß die Türken
sind Voll
säufer.

Türken zum Volltrinken, so doch aufs schärfste bey ihnen verbot
ten ist / mehr als die Teutschen geneigt wären, und daß sie der
gleichen nassen Kampf nicht aus Bechern oder Gläͤssern anstellen,
sondern den Wein ganze Maaß Weiß in einem Othem hinein sau
fen, wann sie nemlich allein sind, und keinem Aufseher füͤrchten
dörfen; und dieses wiederholten sie so lang / bis sie ihrer nicht mehr
mächtig mit dem Geschirr in der Hand vor das Vaß auf die Nasen
hinfielen: er bekräftigte auch dasjenige / was ich zur andern Zeit
und schon öͤfters erinnert, daß sie durch ihren verkehrten Beyschlaff
das Kinder⸗Zeugen hinderten, und dieses die Ursach wäͤre, warum
sie bey so vielen Weibern dannoch so wenig Kinder bekämen.
Jn der Nacht zwischen dem 7. und 8ten kam Roman Ni Courier
vom Gra
fen O
duyer.

coliz/ ein Rascianischer Dolmetsch, mit von dem Grafen O
duyer abgeschickten Brieffen zu uns ins Lager, woraus wir erse
hen / wie bemeldter Graf indessen mit dem Tuͤrkischen Bot
schafter die Zeit passire; denselben Mittag aber stattete der Se
Seras
kiers Visite
bey dem
Hn. Bot
schafter.

raskier bey dem Herrn Groß⸗Botschafter die Gegen⸗Visite ab,
bey welcher Ceremonie eine Anzahl Spahi vorher, die Janit
scharn aber mit ihren rothen Hauben hinten nach giengen, in de
ren Mitte sich der Seraskier auf einem hochtrabenden Pferd se
hen ließ / um welchen seine Bediente in weisser Kleidung her liefen,
acht Chiausen aber mit ihren Staͤblein in den Haͤnden, in rothen
Sam

Nnn 3
- 520 - 470
Viertes Buch, Sechste Abtheilung/

Satyren /
wer sie
sind.
Sammet, und eben so viel Satyren, weiß gekleidet, unmittelbar,
vor Jhm her zogen; welche letztere eine Art Leute sind, die Gürtel
mit grossen silbernen uͤberguldeten Knoͤpfen um den Leib und kleine
Spiesse in den Händen tragen. Hier wurde nun denen Vornehmern
Chocolate, nebst Pomeranzen⸗ und Citronen⸗Wasser vorgesetzt.
Seine Excellentz gaben dem Seraskier zu verstehen, wie diese
Der Herr
Botschaf
ter will oh
ne solche
Ceremo
nien mit
dem Se
raskier zu
sammen
kommen.
Visite nach Gewohnheit gar zu ceremonieux heraus käme / Sie
wünschten aber zum öftern ohne solche mit Jhme Sich zu bespre
chen / gleich wie Sie es auch mit andern Vornehmen zu Constan
tinopel gehalten hätten, und eine gröͤssere Verträulichkeit damit an
den Tag zu legen, welches sich auch der Bascha sehr wol gefallen
liesse. Des andern Morgens wurde der Baron Studnitz / und Herr
Dorschäus der Leib⸗Medicus, mit Herrn Theyls dem Dolmet
schen, zu ihm geschickt, die er alle mit den gewoͤhnlichen Tuͤchlein be
schenkt hatte. Wann wir indessen nicht wolten, daß unsere Pfer
Fourrage
schwehr zu
bekommen
de vor Hunger crepiren solten/ so sahen wir uns gezwungen / die
Knechte auf drey Stunden weit nach Fourrage zu senden. Hierauf
wurde den 9ten dito abermal Herr Dorschaͤus abgefertiget, des
Seraskiers Aufbefindens sich zu erkündigen, und ihm einige Arzney
vorzuschreiben; mit welchen auch der Zucker⸗Becker abgieng, wel
cher Jhm Chocolate machen, und seinen Leuten zeigen solte, wie
man solchen verfertigen müsse, da sie dann für ihre Müͤhe als ein
Reiches
Present des
Seraskiers
an dem
Leib⸗Arzt
und Zucker
becker.

Gratial nebst einem geringen Tüchlein füͤnfzig Siebner, so nicht
gar anderthalb Ducaten ausmachen / davon getragen.


Allhier zu Nissa musten wir uns einer scharfen Untersuchung
unterwerfen, wegen einiger Grichischen Weiber, welche / weiß nicht
wer von den Unsrigen, so eine ganz besondere Sorge für die Ehleu
Scharfe
Untersu
chung un
ter der Bot
schaft zu
Nissa.

te truge, auf gemeine Unkosten / ohne Vorbewust des Herrn
Groß⸗Botschafters, von Pera mit weggefuͤhrt, damit er sie
nach Teutschland zu ihren Männern bringen moͤgte, von welchen
sie zwar noch nicht wusten, wo sie solche antreffen wuͤrden.


Aufbruch
von Nissa.

Nun sind wir den 10ten von Nissa wieder bey anbrechenden
Tag fort gezogen, und mit sechsmaliger Salve um die Ve
stung wegen Gegenwart des Seraskiers, als der von solcher
Ehre gleichfalls participirte / beehrt worden. Die Bagage hatte
man / nach unserer Gewohnheit, in der Nacht unter einer starken
Escorte voraus geschickt, welche der Commendant zu dem Ende
mit
- 521 -
Reise von Nissa bis an den Platz der Auswe[ch]slung.
471
mit gegeben, damit vor den Anfall der Räͤuber und der Tartarn
Streyfereyen nichts zu befüͤrchten seyn moͤchte. Der Seraskier
ist schon frühe zwischen fuͤnf und sechs Uhr mit 3000. Reutern aus
seinem Lager dem unsrigen vorbey marschirt, und bald darauf die
Botschaft mit gewöhnlichen Aufzug, als fliegenden Fahnen und
klingenden Spiel / nachgefolget; die Paucken aber kunte man die
sesmal nicht brauchen / weil das Pferd durch langes Ausrasten so
muthig worden, daß es nun niemand mehr wolte aufsitzen lassen.


Von dem Seraskier wurde im Vorbeyziehen folgende OrdOrdnung
des Seras
kiers bey
dem Auf
bruch.

nung gehalten: Zu Anfangs zog ein Troupp Reuter, so alle kleine
Fähnlein in Händen hatten; darnach folgten seine Hand⸗Pferde, an
der Zahl zwoͤlfe, die insgesamt mit Schildern und von dem Hals herab
hangenden Küͤh⸗Schweifen von weisser / rother, gelber, blauer und
andern vermengten Farben versehen waren: alsdann kame die mit
kleinen Trummeln, Cymbeln, Pfeiffen und dergleichen Instrumenten,
wie ich sie schon anderweit beschrieben habe / angestimmte Music,
hierauf der Bascha selbst, und mit einer grossen Anzahl seiner
Hauß⸗Bedienten umgeben; hinter demselbigen wurden 13.
mit Türkischen Buchstaben und Zahlen beschriebene Fäͤhnlein getra
gen, davon das mittlere gruͤn und mit einem weissen Saum einge
faßt war, denen des Bascha mit sechs Schimmeln bespannter Leib
Wagen leer nachgefolget. Endlich sahe man noch einen Troupp Fäͤhn
lein, und nach diesen einen Schwarm, so kleine mit allerhand Baͤn
dern gezierte Spiesse in den Händen trugen / und dann zu letzt die
völlige Mannschaft / ausser was schon mit dem Tug oder Roß
Schweif voraus geschickt gewesen, um solche vor des Vizirs Zelt auf
zustecken. Auf dem halben Weeg hielte der Bascha zur Rechten an
einem Huͤgel, und nahm daselbst das Fruͤh⸗Stuck ein, welchem der
Herr Groß⸗Botschafter im Vorbeyziehen durch Herrn Theyls,
dem Dolmetsch, das Compliment machen lassen. Nachdem wir
nun noch nicht gar drey Stund marschirt/ haben wir mitten in den
Bergen unser Lager aufgeschlagen / allwo uns der Seraskier oder
Gränz⸗Commendant zur linken Hand lag, der durch die Spahi /
so von dem Fuß des Bergs bis an dessen Gipfel zu beiden Seiten
stunden, in sein Zelt geritten. So wol diesesmal, als auch die vor
hergehende Nachte, in denen wir vor der Vestung gelegen, sind Ausgestell
te Wach
ten.

um unser Lager viele Wachten ausgestellt worden, die sich mit ih

rem
- 522 - 472
Viertes Buch / Sechste Abtheilung /

rem à largo? wer da? alle Augenblick höͤren lassen, also daß wir
Anfangs selbst nicht gewust, was es solte zu bedeuten haben.


Den 11ten sind wir in der gestrigen Ordnung nach Alexinza
fortgeruckt, und an der Nissava wiederum stehend geblieben, die
Türken aber haben sich zu mehrer Sicherheit rings um uns her gela
Nachricht
wegen der
Auswechs
lung.
gert. Allhier ist der durch den Seraskier von Nissa zu dem
Tüͤrkischen Botschafter abgeschickte Aga wiederum mit der
Nachricht zurück gekommen, daß an eben dem Tag, da vor einem
Jahr die Auswechslung geschehen / solche auch diesesmal vor sich
gehen solte. Nach Mittag haben sich Se. Excellentz zu dem Se
raskier begeben, andere aber sind auf die Jagd gegangen, dabey
aber das Wild glücklicher als sie gewesen, als welches alles unbe
schädiget davon gekommen. Bey dieser Gelegenheit hat der Seras
Present des
Seraskiers
an dem Hn.
Botschaf
ter.
kier zum Zeichen seiner unveränderlichen Affection gegen dem Herrn
Botschafter demselben abermal ein schönes Mutter⸗Pferd mit samt
dem Füllen offerirt, so Er auch mit aller Erkänntlichkeit ange
nommen.


Hierauf haben wir den 12ten unsern Weeg weiters nach
Raschna genommen, und sind endlich in diejenige Gegend kom
men / wo wir im vorigen Jahr ein doppeltes Erdbeben verspuͤhrt;
der Seraskier aber hat sich mit den Seinigen auf eben diesen Berg
gelegt, auf welchen jenesmals der Herr Botschafter von ihm zum
erstenmal nach Türkischer Manier bewirthet worden / und woselbst
sich die Rehe in solcher Menge aufhalten, daß sie ungescheut durch
Janitschar
verehrt den
Hrn. Bot
schafter
zwei Rehe.
sein Lager geloffen; wie dann ein Janitschar allein in einer halben
Stund zwey derselbigen erlegt, und sie Sr. Excellentz uͤberbracht,
wofür Sie ihn auch reichlich beschenken lassen. Von unserm Lager
aus kunte man auch die Berge sehen, so gegenwärtig zur Gräͤnz
Scheidung gesetzt sind; und weil wir unsers Kaisers Land wie
derum zu Gesicht bekamen, ist uns die Courage auf einmal ge
wachsen, und hätten wir lieber dahin fliegen als gehen moͤgen: dann
es war uns die von dem Graf Oduyer jenesmals erwiesene Ehre in
noch gar frischen Andenken, deren wir uns auch auf dem Weeg
zum öftern mit Lust erinnerten; und weil wir seine Generosité gar
wol kannten, durften wir nicht zweifeln, daß Er uns bey unserer
Zuruckkunft aus der Türkey mit eben solcher Liebe und geneigten
Willen aufnehmen werde, als Er uns seine Großmüthkeit auf der
Hin
- 523 -
Reise von Nissa bis an den Plaz der Auswechslung.
473
Hin⸗Reise spühren lassen, worinnen wir uns nicht betrogen; dann
wir sind, wie an seinem Ort umstaͤndlich soll angezeigt werden, so
wol unter Wegs / als auch zu Belgrad selbsten nun zum andern
mal dergestalt von Jhm tractirt worden, daß wir die ausgestandene
Beschwehrlichkeit auf der Reise gar gerne darüber vergessen: wie wir
dann bemeldten Grafen nachmaln allen Seegen dafuͤr anwuͤnschen.


So begierig wir unterdessen waren, unsere hinterlassene Freunde
fein bald wieder zu sehen, musten wir gleichwol noch vier Tag lang, wel
ches uns gewiß nicht wenig bedunkte, auf fremden Boden verziehen,
weil weiß nicht was füͤr Strittigkeiten und andere Hindernuͤssen dar
zwischen gekommen, daß wir nach einem Jahr⸗langen Verweilen
bey den Türken nun auch denselbigen Jahrs⸗Tag der Auswechslung Strittig
keiten ver
zögern die
Auswechs
lung.

mit unsern guten Freunden in unserm Land nicht begehen koͤnnen.
Jndessen kam der Baron von Nazmar mit dem Dolmetsch Herrn
Schmid und der Major Back vom Geschwindischen Regi
ment zu uns / welche dem Herrn Groß⸗Botschafter von dem
Vorgelaufenen Nachricht ertheilten, wie nemlich der Graf Oduyer,
als ein verschlagener und vorsichtiger Herr, des Türkischen Bot
schafters Wägen und seine ganze Suite fleissig durchsuchen lassen, darBey Durch
sehung des
Türkischen
Botschaf
ters wird
ein Schwe
discher
Kaufmann
entdeckt.

unter aber einen Schwedischen Kaufmann entdeckt, so Diamanten,
Smaragden / Perlen und ander Kostbarkeiten bey sich fuͤhre, die er
aus Schweden mit gebracht, den er aber ohne Erlegung des bey dem
Paßarowitzischen Tractaten ausgemachten Zolls des dreissig
sten Pfennings nicht fort ziehen lassen. Ferner habe Er einen alten
von dem Glauben abgefallenen Schiffmann, der von seinen zwey Soͤh
Ferner ein
Schiff
mann.

nen verrathen worden, wiederum zuruck nach Belgrad gefangen ge
führt; einige leichtfertige Weiber und Knaben, die zu den Türken
überzugehen fertig waren, wider des Botschafters Willen, aus der Leichtferti
ge WeibsPersonen.

Flucht zuruck gezogen; Ihn selbst aber / da Er erst zu Parakin
seine Visite bey Jhm abstatten wollen, nachdem Er solche Schul
digkeit zu Belgrad unterlassen, nicht eher admittirt, bis ermeld
ter Botschafter die Abstattung solcher Visite von dem Seras
kier / als dessen Authoritæt auch darunter versirte / und welcher
den Aufsatz der Ceremonien durch die Seinigen mit unterschrieben Affaire des
Graf O
duyers mit
dem Türki
schen Bot
schafter
wegen un
terlassener
Visite.

hatte, wäre anbefohlen worden. Die ganze Sache aber, wie der
Graf Oduyer diesem hochmuͤthigen Tuͤrken begegnet, verhaͤlt sich
also: Er hat Jhm noch zu Belgrad wissen lassen, daß er bey der
Aus

Ooo
- 524 - 474
Viertes Buch, Sechste Abtheilung /

Auswechslung nicht zu gegen seyn wüͤrde, woferne er dem errichte
ten Tractaten und ausgemachten Ceremoniel nicht nachlebete. Der
Türk gehet hierauf gleichwol ohne Abschied von Belgrad nach Pa
rakin / der Graf Oduyer aber uber Semendria gleichfalls da
hin, und kommt noch eher als jener daselbst an, von dar Er alsobald
den Rezep Aga / der vorher an Jhn geschickt war, wiederum nach
dem Seraskier gehen und sich bey diesem üͤber des Tuͤrkischen
Botschafters unterlassene Schuldigkeit beklagen ließ. Unterdes
sen kommt der Gesandte selbst, und merkt bereits, was daraus ent
stehen moͤgte, und daß es Jhm von dem Seraskier duͤrfte anbe
fohlen werden, schickt demnach zu dem Graf Oduyer/ und laͤßt
Jhm wissen, daß Er sich entschlossen, die Visite bey Jhm abzu
statten: worgegen Jhm aber der Graf wieder zu entbieten läßt /
wie es Jhm jetzo nicht gelegen / dieselbige anzunehmen, Er wolle
unterdessen auf des Seraskiers Antwort warten, welchen Er be
reits die Affaire berichten lassen; und als solche eingelaufen, mit
dem Bedeuten, daß Er Jhm solche hiemit im Namen des Sultans
wolle anbefohlen haben / hat Jhm endlich der Graf Oduyer vor
Türkischer
Gesandter
hat nicht
so viel Au
thoritæt
als der Se
raskier.
sich gelassen. Man muß aber hiebey wissen, daß in dem Morgen
ländischen Reich ein Gesandter von dem Sultan nicht so viel, als
ein Seraskier bedeute / so daß, wann Sie auf dem Türkischen
Gebiet beysammen sind, dieser die rechte Hand behauptet, alles
nach seinem Gefallen anordnet, und jenem auch, nach dem er es füͤr
gut befindet, Befehl ertheilet. Es hat sich aber dieses Barbarn
Hochmuth damit noch nicht zähmen lassen, sondern ist noch weiter
ausgebrochen, und hat bey der von dem Graf Oduyer abgestat
teten Gegen⸗Visite noch was mehrers tentirt/ welches Jhm aber
Ubelgelun
gene Hoch
muth des
Türkischen
Botschaf
ters.
eben so, und fast noch schlimmer, als das vorige, ausgeschlagen.
Es ist nemlich ermeldter Graf, in Begleitung aller dazumal anwe
senden vornehmen Officiers, zu Jhm gekommen, um, wie gemeldet,
die Gegen⸗Visite bey Jhm abzulegen; und als Er bis zu der ersten
Stange des Zelts geritten, und von dem Pferd gestiegen, hat Er
den Botschafter daselbst angetroffen, welcher Jhn durch die auf
beiden Seiten gestandene Janitscharn hin und zur Sofaus gefüͤhrt,
dabey Er dann dem Grafen immer zur linken Hand gegangen: so
bald sie aber zu besagten Polstern gekommen, wendet sich der Türk
geschwind, und nimmt die rechte Hand ein; der Graf siehet sich
lang
- 525 -
Reise von Nissa bis an den Plaz der Auswechslung
475
lang um, was dieses bedeuten soll, bleibt indessen so lang stehen / und
läßt Jhm durch den Dolmetsch sagen, wie Er nicht gesonnen, im ge
ringsten etwas von seinem Respect zu vergeben / weswegen man Jhm
dasjenige zustehen solle, was in dem Ceremoniel ausgemacht wor
den, oder Er wolte geschwinder, als Er gekommen, wieder davon ge
hen: wie dieses der Türk gehört, ist Er alsobald von seiner Sofaus
in Gegenwart aller Bedienten, aufgestanden / und hat sich, nach sol
cher Erinnerung, auf die linke Hand begeben. In solcher Positur
haben Sie sich eine Zeitlang unterredet, worbey sich die Tuͤrkische
Musicanten ohne Unterlaß hoͤren lassen, denen der Graf Oduyer,
nach Seiner bekannten Freygebigkeit, ein Dutzent Ducaten zum
Recompens gereichet. Lächerlich ist, was einem HauptLächerliche
Antwort
eines ein
fältigen
Knabens
wegen sei
ner Reli
gion.

mann von dem Wuͤrtembergischen Regiment begegnet, und er
nachmaln selbst erzehlet: dieser war ernennet/ die Wagen des Tuͤr
kischen Botschafters bey Haßan Bascha Balanka zu durchsu
chen, und als er etliche Knaben, so mit uͤbergehen wollen, dabey
angetroffen, und unter andern einen, so auf einem Cameel gesessen,
den er deswegen absteigen hieß, sagte dieser mit weinender Stim
me, er wäre kein Christ; als nun der Hauptmann wissen
wolte / wer er dann wäre, gab er zur Antwort, er wäre ein Lu
theraner; welches bey den darbey stehenden kein geringes Gelächter ver
ursachte, aber noch mehr bey uns, da der Hauptmann, so selbst ein
Lutheraner gewesen, solches dem Baron Rhomberg / als einem
Calvinisten, erzehlte.


Ursach der
verzögerten
Auswechs
[l]ung

Warum aber die Auswechslung um einen Tag später vorge
gangen, ist daher gekommen, weil der Tuͤrkische Botschafter nicht
gar wol auf war, oder sich wenigstens also angestellt/ und deswe
gen eine Ader oͤfnen lassen; wann nun der Unsrige den Tag darauf
purgirt hatte, wäre jener nach Verdienst dafüͤr bezahlt worden, dann
Er würde alsdann Ursach genug gehabt haben / noch länger still zu
liegen. Damit aber Se. Excellentz unterdessen die Zeit zu pas
siren was vornehmen moͤgten, woran die Tüͤrken einen Gefallen
haben koͤnnten, haben Sie dem Bascha in seinem Lager eine ange
nehme Music durch Dero Trompeter und Pfeiffer, und zwar auf
sein eigenes Begehren, machen lassen, wofuͤr er 40. Gulden unter sie
auszutheilen befohlen.


Den

Ooo 2
- 526 -

476
Viertes Buch / Siebende Abtheilung /

Den 15ten Junj ist ein Spahi mit aufgezogenem Gewehr
Spahi
nimmt sei
ne Zuflucht
vergeblich
zu uns.

in vollem Lauf zu des Herrn Groß⸗Botschafters Zelt geflohen,
den die Janitscharn aber auf den Fuß verfolgt und wieder zuruck begehrt
hatten. Es war derselbige von Geburth ein Venetianer, weil er aber
von der Christlichen Religion bereits abgetretten / und den Muha
metischen Glauben angenommen/ hat er doch endlich gesucht, sich
unter diese Kleidung zu verbergen, und von dem Lager zu entfernen,
weil er aber erkannt und wiederum abgefordert worden, hat er,
weil er einmal den Glauben verläugnet / von dem Herrn Bot
schafter nicht geschützt werden koͤnnen.


Siebende Abtheilung.


ENdlich sind wir den 16ten dito / nach dem wir uns ein Jahr
Ankunft
auf dem
Platz der
Auswechs
lung.

und einen Tag in dem Tüͤrkischen Gebiet aufgehalten, und
gleich in der Früͤhe, weil es Sonntag war, Meß gehöͤrt,
und nur einen kurzen Weeg uͤber die Huͤgel und das Gebuͤsche ge
macht hatten, unter dem Schall der Trompeten und Paucken und
übrigen Music auf derjenigen Wiesen angekommen, wo die beide
Bewill
kommungs
Compli
ment an
den Tür
kischen Bot
schafter.
Herren Groß⸗Botschafter einander begegnen solten. Als wir
nun über eine Stunde daselbst gewartet / schickten Se. Excellentz
den Herrn Oebschelwitz ab, welcher in Dero Namen bey dem Tuͤr
kischen Botschafter das Bewillkommungs⸗Compliment able
gen, doch diese Commission nicht eher ausrichten solte, bevor er
sehe, daß von diesem jemand auf dem Weeg wäͤre, der ein gleiches
bey Jhnen abzustatten hätte. Unterdessen haben Sie sich nach des
Seraskiers Zelt begeben / welches bey unserer Ankunft schon auf
geschlagen gewesen, wohin Sie durch die abermal zu beiden Seiten
rangirte Janitscharen gegangen, und von Jhm mit Caffé tractirt
worden; Sie aber haben Jhn Chocolate vorsetzen lassen, so der Zu
cker⸗Bäcker zu dem Ende zu recht machen muͤssen. Dieses Getränk
wurde durch die dabey gefuͤhrten vertraulichen Discourse noch schmack
hafter gemacht, worein der Herr Botschafter nach Seiner Ge
wohnheit, wann es die Reden so mit sich brachten, immerzu ei
nige moralische Anmerkungen fliessen lassen, uͤber welches auch der
Bascha ein ungemeines Vergnuͤgen bezeigt, und Sr. Excellentz
ferti
- 527 -
Bericht / was bis zur volligen Auswechslung passirt.
477
fertigen Geist sehr bewundert, auch durch den Dolmetsch oͤffentlich
contestirt, daß zu gegenwäͤrtigen Vorhaben nichts Fuͤglichers noch
Vortreflichers gesagt werden konnte. Es gab sich ungefehr die Rede,
von der Trunkenheit etwas zu gedenken / die durch den Alcoran Moralische
Herr Discourse
des Hrn.
Botschaf
ters von
der Trun
kenheit.

denen Türken auf das nachtrücklichste verbotten/ wobey der
Botschafter erinnerte, daß durch dieses Laster der Mensch dem
unvernuͤnftigen Viehe wieder ähnlich wuͤrde, als welcher durch nichts /
dann durch den Gebrauch der Vernunft von solchem unterschieden
seye; folgends explicirte Er den Spruch des 31. Psalms / im 12. V.
wo es heisst, daß man dem unbändigen Vieh Zäume und
Gebieß müße ins Maul legen; dann wie man ein muthiges
Pferd ohne solches nicht regieren koͤnne: also wäͤre auch ein besoffe
ner Mensch / der seine Vernunft in Wein vergraben, durch niemand
zu bändigen / noch zu seiner Schuldigkeit zu bringen. Nachgehends Von dem
Ursprung
der Könige.

kamen Sie ungefehr von dem Ursprung der Koͤnige zu reden / allwo
der Herr Botschafter behauptete / daß von GOtt denen Men
schen auf ihr eigenes Ansuchen selbige zur Straffe gegeben seyen, da
sie vorhero lange Zeit in Stämme und Famillen eingetheilt gewesen;
und also, setzte Er hinzu, gehet es auch noch heutiges Tags / daß
wir öfters etwas begehren / so uns nachgehends / wann wir es er
langet / wiederum gereuet; diesem fügte Er bey, daß Anfangs die
Trabanten und Leib⸗Garde nur denen Füͤrsten zu mehrerer Sicher
Von deren
Trabanten.

heit zugegeben worden / welche Sie hernach zum Pracht und Ver
schwendung mißbraucht; gleichwie es auch mit der Speiß und Klei
dung ergangen, die auch Anfangs nur zu des Menschen Nothdurft
Von den
Miß
brauch der
Speiß und
Kleidung.

dienen musten, nachgehends aber zur aͤussersten Hoffarth und Schwel
gerey angewendet worden, also daß man anjetzo mit einem gebrech
lichen Schiffe alle Meere durchfahre, und aus dem aͤussersten En
den der Welt dasjenige herbey schaffe, was wir zu Hauß gleichsam
vor der Nasen haben, und mit wenigern Unkosten anschaffen koͤnn
ten, so uns eben so gute Dienste thun, und unser Leben viel weiter
hinaussetzen wuͤrde, als nun geschiehet, wie wir dessen an den Alten
ein deutliches Exempel hatten: und dergleichen Gespraͤche, welche
noch tiefer in die Philosophie liefen, hatten sie noch mehr mit einan
der gefüͤhrt. Als man aber auch auf die zu Wien von den Janit
scharn erregte Aufruhr kam, und der Herr Botschaffter sagte,
wann dergleichen Jhm begegnet wäre, wolte Er sie alle haben auf

hän

Ooo 3
- 528 - 478
Viertes Buch / Siebende Abtheilung /

hängen lassen, schiene es, als ob der Bascha die Aufführung des
Türkischen Botschafters nicht allerdings approbirte, indem er
nicht undeutlich zu verstehen gab, daß er sich einer andern Manier
Seraskier
scheinet sei
nes Bot
schafters
Auffüh
rung zu
Wien nicht
zu appro
biren.
in Goubernirung und Abstraffung dieser Leute hätte bedienen sollen.
Es fragte auch der Seraskier / wie Se. Excellentz von dem
Groß⸗Vizir und andern Vornehmen des Hofs, in Zeit Seiner
Anwesenheit seye tractirt worden; und als Diese ruͤhmten / wie Sie
alle Ehre von Jhnen empfangen, und der Mehemet, unser Füͤh
rer, eine kurzweilige Historie / die der Herr Botschafter ihm zur
Des Hrn.
Botschaf
ters bezeig
tes Ver
gnügen
über des
Türkischen
Hofs Auf
führung.
andern Zeit von einem gewissen Schatz⸗Meister erzehlt hatte, vor dem
Seraskier gerne noch einmal hören wolte, liessen Sich Se. Ex
cellentz dargegen vernehmen, wie Sie es dazumal nur aus Scherz
vorgebracht / und daß diese Leute gemeiniglich dem Geitz ergeben,
und öfters mehr Sparsamkeit bezeigten / als ihrer Herrn Vortheil
mit sich brächte; Sie wüsten im übrigen nichts, worüͤber Sie sich
so wol über diesen Tefterdar, noch über jemand anders, zu beschweh
ren hätten: Es wäre Jhnen jederzeit so viel gereicht worden, als Sie
nöthig gehabt, ein mehrers hätten Sie nicht erwartet; sintemaln
Sein Allergnädigster Kaiser / fügte der Herr Botschafter
hinzu, Jhn nicht abgeschickt hätte, grosse Schätze zu sammlen, son
dern Seine Ehre und den gemeinen Nutzen zu beobachten; versicher
te auch, daß, so oft Er nach Wien geschrieben, jederzeit die von
der Pforten Ihm erwiesene Ehre von Jhme nach Verdienst ge
rühmt worden, welche Er nicht so wol sich, als vielmehr Jhro
Römischen Kaiserlichen Majestät in Jhres Botschafters
Person, zugeeignet hätte, und eben darum wäre auch Gegentheils Jh
rem Botschafter zu Wien ungewoͤhnliche Ehre erwiesen worden.
Zelte wer
den im Na
men des
Sultans
dem Hrn
Botschaf
ter offe
rirt.
Eben dergleichen antworteten Se. Excellentz dem Capigi Baschi /
als er Jhnen die Wahl der Kaiserlichen Zelten an der Gränze
offerirte, deren wir uns auf dem Weeg bedient hatten, davon Sie
zwar bey der Abreiß zu Constantinopel nicht nach Nohtdurft er
halten können, sondern viel um ihr Geld anschaffen muͤssen; dann
Sie liessen Sich gegen ihm vernehmen, wie Sie auch einen Huf
Naggel / wann solcher von dem Sultan Jhme wäre verehret
worden, in hohen Werth achten wuͤrden; und ob Sie nun schon
derselbigen auf dem Weeg nicht mehr noͤthig hatten, so wolten Sie
sol
- 529 -
Bericht / was bis zur völligen Auswechslung passirt.
479
solche doch deswegen annehmen, weil sie von dem Sultan herkä
men; wie Se. Excellentz dann auch in der That nachgehends ge
zeigt / daß Sie dergleichen Geschenke sehr æstimirten, angesehen
diese Zelten / weil keine Araber zugegen waren, welche sonsten bey
der Türkischen Armee solche aufzuschlagen gewohnt sind, nach
gehends nicht mehr aufgerichtet worden, damit sie nicht moͤgten ver
derbt werden.


Nach einer Unterredung von zweyen Stunden kommt Herr
Oebschelwitz, noch ehe sich jemand von den Tüͤrken bey dem Herrn
Botschafter sehen lassen / mit einem Hauptmann wieder zuruck,
welcher von dem Graf Oduyer einen Gruß uͤberbrachte / und zu
glücklicher Ankunft gratulirte, dabey er zugleich vermeldet, wie sich
der Türkische Botschafter auf die gestrige Aderläß nicht gar wol
befände, und noch nicht voͤllig restituiret seye / weswegen Er sich
im Wagen zu der Säulen wolte führen lassen; worauf Se. Ex
cellentz geantwortet, wie ihm solches frey stuͤnde, Sie aber wolten
nichts destoweniger sich zu Pferd dahin begeben. Der Herr OebVerweiß
an dem Ab
geordneten
zu dem Tuͤr
kischen
Botschaf
ter wegen
nicht ge
nau obser
[vier]ter Com
mission.

schelwitz aber bekam einen harten Verweiß, daß er geschwin
der / als ihm anbefohlen war, wieder zuruck gekehrt, und, ob er
zwar gehöͤrt, daß wer von dem Tuͤrkischen Botschafter solte ge
schickt werden, nicht so lang gewartet, bis es auch wuͤrklich gesche
hen. Jn wehrenden solchen Reden kommt noch ein Lieutenant von
dem Graf Oduyerischen Regiment, Herr Johann Wilhelm
Voigt, welcher bey dieser Auswechslung schon zum zweytenmal die
Bedienung eines Hof⸗Marschalks versehen, und nun zwey vornehme
Bediente des Tuͤrkischen Botschafters bey sich hatte, davon der
eine bey dem Römisch⸗Kaiserlichen Groß Botschafter /
der andere bey dem Seraskier, und der Lieutenant im Namen seiGegen
Compli
ment im
Namen
des Türki
schen Bot
schafters.

nes Herrn die Begruͤssung ablegen, jene aber zugleich vermelden solten,
daß nach einer halben Stund die Auswechslung vor sich gehen wuͤr
de, weil ihr Botschafter, der nur eben jetzo angekommen, wegen
Seiner zugestossenen Maladie, etwas ausruhen wolte: worauf Se.
Excellentz Sich gegen den Seraskier gewendet, und demselben zu
verstehen gegeben, daß Sie vermuthen, es werde diese Krankheit
nicht gar lang dauren, weil Sie so viel Nachricht hätten, daß Er
sich den Schlaff nebst Essen und Trinken gar wol schmecken lasse.
Als
- 530 - 480
Viertes Buch / Siebende Abtheilung /

Als nun die bestimmte Zeit kaum verflossen, hat sich ein Türk ein
Seraskier
begiebt sich
nach der
Säule.

gefunden, und den Seraskier zu der Säule abgefordert, wel
cher auch in nachgesetzter Ordnung sich dahin verfügt: Jm Vor
Troupp gieng ein Haufen mit grüͤnen/ gelben und rothen Fäͤhn
lein, davon die Träger ein von Atlaß gleichfärbiges Kleid an hat
ten; alsdann kamen zwischen den Chiausen 8. Trabanten, die sie
Chatir, wir aber Heyducken zu nennen pflegen; hierauf folgten die
Hand⸗Pferde, wie ich sie oben schon beschrieben, viertens die an
dreyen Stangen fest gemachte Tug oder Roß⸗Schweife; endlich der
Bascha oder Seraskier selbst auf einem prächtigen Pferd zwischen
denen Chiodar oder seinen Bedienten, die alle weiß gekleidet wa
ren, und einer auserlesenen Mannschaft; den Schluß aber mach
ten zwey hundert unmittelbar hinter Jhm folgende Janitscharn zu
Pferd mit zweyen Officiren / die sich durch ihre gewöhnliche Klei
dung und rothe Mützen von denen andern distinguirt hatten. Aus
diesen trugen ihrer sechse Schilder, und viere von ihnen waren
mit Tyger⸗Häuten und von Gold reich gestickten Hauben bedeckt, die
von den Tüͤrken Thuffenti genennt werden, und des Bascha Pferd
führten: nechst hierauf zogen diejenige, deren Spießlein allerhand
Bänder zierten / dann auch drey grosse Fahnen, und hinter diesen
die Music, womit sich der ganze Aufzug geendiget: und in solcher
Ordnung ist Er zu der äussersten Säule in gleichen Schritten mit
dem Graf Oduyer gegangen, hat aber gleichwol von allen diesen Leu
ten nicht mehr, als was in dem Ceremoniel ausgemacht war / nemlich,
nebst seinem Hof⸗Marschalk, zwoͤlf seiner Hauß⸗Bedienten,
zwanzig Laqueyen, acht Chatir und vier Trabanten mit neh
men durfen; die andern hingegen alle schon vorher, und noch fuͤnf
zehen Schritt vor gemeldter Saͤulen, wo die Vornehmsten von Pfer
den gestiegen, auch sechzehen Laqueyen nebst allen Heyducken und
Trabanten zuruck gelassen, also daß Er zur mittlern Säulen ausser dem
Hof⸗Marschalk, nicht mehr als zwöͤlf seiner Hauß⸗Bedienten /
Unterre
dung des
Graf O
dyers und
Seras
kiers bey
der Säulen.
und vier Laqueyen gebracht. Indem Sie nun beiderseits hier zu
sammen gekommen, haben Sie einander gegrüsst, ihre Freundschaft
bezeigt, und bis zur Ankunft der beiden Herren Groß⸗Botschaf

tere / unterschiedliche Reden gewechselt; absonderlich aber hat der
Graf Oduyer, der auf Seines Kaisers Vortheil jederzeit
gar
- 531 -
Bericht / was bis zur völligen Auswechslung passirt.
481
gar sorgfältig bedacht ist, die von dem Hof⸗Kriegs⸗Rath Jhm
aufgetragene Commission, die gute Verständnuͤß zwischen beiden
Reichen, nebst der Freyheit des Kauf⸗Handels / Sicherheit auf dem
Wasser, und Nutzen der auf den Gränzen wohnenden Unterthanen
nachdruͤcklich zu recommendiren, nach seiner beywohnenden Bered
samkeit weitlaͤuftig und auf das treulichste verrichtet / auch dabey al
len Beystand versprochen; worinnen auch der Bascha hinwieder
um hülfliche Hand zu leisten zugesagt. Letztens wurde der Herr
Groß⸗Botschafter durch fuͤnf Chiausen erinnert, daß Er sich mit
seiner Suite gleichfalls dahin begeben solte; welches Er auch unter
Trompeten⸗ und Pauken⸗Schall / fliegenden Fahnen und übrigen Aufbruch
des Herrn
Botschaf
ters nach
derselbigen.

Feld⸗Music in eben derjenigen Ordnung und Pracht / als wie vor ei
nem Jahr, gethan, wobey Sr. Excellentz Hand⸗Pferde, deren
zwoͤlfe an der Zahl waren, zum Theil im Teutschen / zum Theil
auch im Türkischen Aufbutz erschienen. Sonsten ist diese Aus
wechslung derjenigen / so vor einem Jahr vorgegangen, in allem gleich
gewesen / ausser daß wir anjetzo denen Unsrigen wiederum uͤbergeben
worden/ da man uns jenesmal in der Tüͤrken Hände geliefert; und
daß anjetzo der Botschafter Jbrahim wegen zugestossener Krank
heit sich in einem Wagen hinfuͤhren lassen, da Er dazumal zu Pferd
hieher gekommen; womit Er aber dasjenige, was Er vielleicht gehofft,
doch nicht erlanget hat / daß nemlich unser Herr Botschafter eher
als Er, die Erde betretten solte: dann so lang dieser mit den Fuß
noch nicht auf den Wagen⸗Schemel getretten, hat sich der Unserige
auch nicht in den Steig⸗Bügeln aufgerichtet, noch sich zum Abstei
gen fertig gemacht. Als nun die Herren Groß⸗Botschaftere Unterre
dung bei
der Herren
Groß⸗Bot
schafter
bey der
Säulen.

Sich bey der Saͤule niedergelassen und mit einander gesprochen, ist
das grobe und kleine Geschuͤtz dreymal hinter einander loßgebrannt und
die Bagage unterdessen auf andere Waͤgen gepackt worden; worauf
Sich die Herren Botschaftere beurlaubt / zur Fortsetzung der
Reiß einander felicitirt, und mit ihren Zugeordneten und Gefähr
ten nach denen Jhrigen begeben. Nachdem wir aus dem Tuͤrki
schen Gebiet in das Röͤmisch⸗Kaiserliche wieder überge
tretten, haben wir viele Bekannte, so wol Manns⸗ als Weibs⸗Per
sonen angetroffen / die dieser Auswechslung mit zu gesehen. Die
Mannschaft, so zu unserer Sicherheit hieher geführt worden, be

stun

Ppp
- 532 - 482
Viertes Buch/ Achte Abtheilung/

stunde nur aus dem Montecuculischen und Vasquezischen Cu
rassier⸗Regiment / aus dem Palfischen zu Fuß und den Ba
boyscaischen Husarn; kamen also der grossen Anzahl der Tür
Stärke der
beiderseits
sich dabey
eingefun
dener
Mann
schaft.
kischen Soldatesca bey weitem nicht bey, sintemaln sich diese Mann
schaft kaum auf 800. beloffen, da die Türken hingegen bis 2000.
Mann stark gewesen; doch was an der Zahl abgieng, kunte der
weit grössere Muth und Tapferkeit ersetzen: und sind sie von
dem Obrist⸗Wachtmeister Kobilka und Marggraf Bota Wech
selsweise, oder von dem einen in des andern Abwesenheit, comman
dirt worden. Die Freude / die wir hatten, als wir den Graf Oduyer
mit seiner Mannschaft anmarschiren sahen / ist nicht zu beschreiben;
und wäre selbige schon capable gewesen, uns mit Gewalt in die
Freyheit zu setzen, wann man uns nicht gutwillig hätte entlassen
wollen.


Achte Abtheilung.



Fortse
tzung der
Reise nach
Belgrad.
NAch diesen zuruck gelegten Ceremonien haben wir keine
Ordnung mehr gehalten, sondern unter einander nach Pa
rakin unsern Weeg fort gesetzt / woselbst der Adel nebst
denen Vornehmern aus der Begleitung mit einigen Officirn vom er
Graf O
duyer tra
ctirt die
Vorneh
mern aus
der Bot
schaft.
sten Rang, wie auch des andern Tags zu Jagodina, von dem
Graf Oduyer praͤchtig tractirt worden. Es war bey unserer An
kunft schon völlig zur Tafel angeschickt, und haben die Tische nur auf
die Gäͤste gewartet, welche alles / was das fruchtbare Servien und
andere benachbarte Provinzen Niedliches besitzen, im Uberfluß gezei
get, so auch der Graf von seinem eigenen Geld angeschaffet, und nicht
gestattet, daß deswegen denen Einwohnern und Unterthanen der
Dem Kai
serlichen
Hof berich
tet der Hr.
Botschaf
ter die ge
schehene
Auswechs
lung.
geringste Unkosten gemachet wüͤrde. Zu Jagodina sind dem
Herrn Botschafter zu Ehren öfters sechs kleine Feld⸗Stücke ab
gefeuert worden, welcher auch den Nachmittag den Freyherrn von
Locher auf der Post nach Wien zu dem Kaiser abgefertigt, mit
der Nachricht: daß den 16 Junj die Botschafter gegen einander
wären wieder ausgewechselt und den Jhrigen übergeben worden.
Man hat aber den Baron von Locher diese Commission nicht nur um
der im zweyten Buch schon angezeigten Ursach willen aufgetragen, son
dern - 533 -
Von dem Ort der Auswechslung bis nach Belgrad.
483
dern auch hauptsachlich darum / damit er das, weiß nicht von was füͤr
einem Boͤßwicht, oder in was füͤr einem Absehen falsch ausgespreng
te Geruͤcht, mit seiner Gegenwart wiederlegen moͤgte, wann er sich
wiederum am ersten aus der Botschaft zu Wien sehen liesse. Es
reisste mit Jhm zugleich ein Venetianischer Edelmann, Namens
Bolduc, ab, so unweit Sophia mit einem Kaiserlichen Courier
zu uns gekommen, und bis hieher bey uns verblieben, damit er die
bey der Auswechslung vorgehende Ceremonien mit ansehen moͤgte, die
er noch niemal gesehen, auch vielleicht ins kuͤnftige nicht mehr zu se
hen bekommen wird; und in der Nacht darauf folgten der Graf von
Thierheim und Bathyani / wie auch der Graf Oduyer selbst,
als welcher nach Belgrad eilte, um zur Empfahung der Kaiserli
che Botschaft noch ein⸗ und andere Anstalt vorzukehren, der aber Graf O
duyer hält
öffentliches
Gericht.

noch den Tag vor seiner Abreiß, und zwar auf dem Abend, vor sei
nem Zelt oͤffentlich Gericht gehalten; sintemaln die Vorstehere der
Provinz, so die Servier Knesen nennen, wider die Officiers
der im Land liegenden Heyducken kläglich eingekommen / was massen
sie ihnen wider die vom Koͤnig approbirte Reichs⸗Gesetze ihre
Wie es mit
den Ein
wohnern
in Servien
gehalten
wird.

Unterthanen wegnehmeten. Solches Statutum aber vermag, daß
diejenige, so sich mit Wein⸗Berg⸗pflanzen und dem Acker⸗Bau
ernehren wollen / wann sie nicht schon vorher Soldaten gewesen,
bey dieser ihrer Verrichtung des Köͤniglichen Schutzes geniessen,
und weder von denen Heyducken / noch jemand anders, auf einige
Weise verhindert werden solten/ als worinnen des Kaisers und der
Unterthanen Nutzen vornehmlich beruhet. Dann weil in denen Län
dern des Königreichs Servien einen jeden so viel Land einge
räumet wird, als er durch sich und die Seinigen anbauen kan, und
nur allein die Einwohner den Zehenden/ Tribut / Kopf⸗Geld /
und andere Steuern erlegen, die Frohn⸗Dienste entrichten, und
übrige gemeine Auflagen üͤber sich nehmen muͤssen, von welchem
allen aber die Heyducken frey sind / so ist allerdings dem Kaiser
und dem gemeinen Wesen daran gelegen, daß der Bauern Anzahl
nicht vermindert, sondern vielmehr vermehrt werde, so wol, damit
die durch den letzten Krieg einbekommene Länder desto besser ange
bauet / als auch die Anlagen desto erträglicher gemacht werden koͤnnen /
wann ihrer viel darzu contribuiren muͤssen. Es wurden aber durch
der

Ppp 2
- 534 - 484
Viertes Buch / Achte Abtheilung /

der Heyducken Officiers, welche die Knesen alle mit Namen her
nennen, viele von den Jhrigen, so sie wiederum specificirten, mit
Gewalt zu Soldaten weggenommen, welche doch bereit wären,
zu ihrem Feld⸗Bau zuruck zu kehren, und Bauern abzugeben,
Ausspruch
des Graf
Oduyers.
wann man es ihnen nur zulassen wolte. Hierauf hat der Graf O
duyer / als ein Gerechtigkeit liebender Herr, nach abgehörten
Partheyen und Erkänntnuͤß der Sache das Urtheil füͤr die Knesen
gesprochen / und allen Officirn auf das schärfste anbefohlen / daß
sie keinen Landmann, der nicht ein alter Soldat ist, wider seinen
Willen bey den Regimentern behalten, oder ins kuͤnftige Dienste an
zunehmen zwingen, vielmehr aber einem jeden ungeirrt bey seinem
Acker⸗Bau lassen und ihre Compagnien lieber aus denen benach
barten Tuͤrkischen als den Kaiserlichen Unterthanen und Lands
Kindern zu ersetzen trachten solten: dieses seye Jhrer Roͤmischen
Kaiserlichen und Catholischen Majestät ernstlicher Wil
le, welchen zu vollziehen Er mit Eid und Pflicht verbunden wä
re, wolle auch wider die Verbrecher mit ernstlicher Straffe ver
fahren.


Als wir nun hier einen Tag ausgeruhet, sind wir weiter nach
Potitschina / oder nach anderer Benennung, nach Battaschina,
und von dar nach Hassan Bascha Palanka gekommen, aber an
beiden Orten sehr übel logirt gewesen, weil wir keine Zelten mehr
Baumwol
len Zeug
wird in
Servien
gemacht.
bey uns gehabt; dann ausser dem, daß die Haͤuser in dieser Gegend
die geringste Weitschafft nicht haben, findet man fast allenthalben
Weber⸗Stühle, worauf Baumwollen⸗Zeug verfertigt wird, dessen
die Einwohner in Servien zu aller Kleidung gebrauchen, wor
durch sie aber eine unglaubliche Menge Floͤhe / Wanzen und ande
res Ungeziefer herbey ziehen.


Den 2ten Junj / als wir von Potitschina aufgebrochen, ist
der Weeg / wegen des die ganze Nacht und den vorigen Tag gefal
lenen Regens, so schlimm worden, daß die Pferde mit genauer
Hassan
Bascha
Beschrei
bung.
Noth fort kommen können. Was indessen Hassan Bascha be
trifft / ist solches ein mit Pfählen gar schlecht versehener Ort, an
welchem die Lepenitz, oder wie es die Leute daselbst nennen, Jos
senitz, vorbey fließt: so gibt es auch daselbst einen in dieser Land
schaft sehr bekannten Gesund⸗Brunnen / und ein Bad, das mit
ei
- 535 -
Von dem Ort der Auswechslung bis nach Belgrad.
485
einem doppelten Gewölb, wie fast alle Türkische Bäder, versehen
ist / und welches vor Alters gar berühmt soll gewesen seyn. All
hier ist ein Courier mit Brieffen vom Graf Oduyer ange Courier
von Bel
grad.

langt, den der Herr Groß⸗Botschafter mit der Ant
wort wieder zuruck geschickt, daß Er nach zweyen Tagen zu
Belgrad seinen Einzug zu halten gedenke. Auf den vierten
Marsch sind wir nach Kollar, von dar nach Krozka kommen /
und haben also auf einmal zwey Tag⸗Reisen absolvirt, und bey
damals klaren und hellen Wetter auf dem Weeg Semendria diß
und Pensova jenseits der Donau liegen sehen; dabey wir einen
hohen Wald fast bey zwey Stunden passiren muͤssen, dessen Laub
von den Raupen / Käfern und Heuschrecken dermassen abgefressen
war, daß man auch nicht ein Blätlein auf allen Bäumen sehen
können.


Den 22ten dito sind wir / nach dem die schwehren Bagage
Wägen in der Nacht voraus geschickt worden, gleich Früͤhe nach
Belgrad aufgebrochen. Auf halben Weeg, wo sonst weder ein an
gebautes Land, noch einige Einwohnere zu sehen waren, wird nun
ein Dorf von Pfäͤlzischen Unterthanen angelegt, die wegen der von Dorf von
Pfälzischen
Untertha
nen.

Jhro Majestät auf viele Jahre verliehene Freyheiten von Hauß
und Hof hieher gelocket worden, so daß sie in ihrem Vaterland al
les verkauft und ihre Wohnung allhier aufgeschlagen. Sie haben
Jhm den Namen Zweybruck gegeben / weil sich daselbst zwey Bruͤ
cken befinden, und sind wir berichtet worden, daß noch mehr der
gleichen Leute ihr Vaterland verlassen und sich hieher begeben, ist
auch zu hoffen, es werden andere deren Beyspiel folgen, und wegen
so viel und grosser Vortheile die von Einwohnern entbloͤssete Pro
vinzen besezen. Endlich sind wir um zehen Uhr vor der Linie ange
kommen, welche der vorsichtige und uͤber alles Lob weit erAnkunft
der Bot
schaft bey
der Linie
vor Bel
grad.

hobene Feld⸗Herr Eugenius bey der letzten Belagerung von un
serer Armee ziehen lassen. Gleich bey deren Eingang præsentirte sich
der Graf Oduyer, als Gräͤnz⸗Commendant, mit den vornehmsten
Officiern aus der Besatzung zu Belgrad und dem daselbst befindEmpfang
daselbst.

lichen Adel, den aus der Tuͤrkey kommenden und sich der Vestung
bereits nahenden Röͤmisch⸗Kaiserlichen Herrn Botschafter zu
empfangen / den sie auch durch die Burgerschaft und Besatzung
Kriegs
nen sehr
Ppp 3
- 536 - 486
Viertes Buch / Achte Abtheilung /

Kriegs⸗Gebrauch nach mit fliegenden und gesenkten Fahnen, klin
genden Spiel und Rührung der Trommel die gewöhnliche Ehre
bezeigt, und in die Stadt nach seiner Wohnung begleitet haben,
allwo eine Granadier⸗Compagnie Tag und Nacht die Wacht ge
halten. So bald des Herrn Groß⸗Botschafters Pferd den
Fuß in diese Aussen⸗Werker gesetzt, hat man von dem obern und
untern Schloß mit dreymaliger Lösung der hierzu bestimmten 60.
ganzen⸗halben⸗ und Viertels Carthaunen den Anfang gemacht, und
nicht ehe damit innen gehalten, bevor die ganze Botschaft in
der Stadt und der Herr Botschafter in seinem Logis an
gekommen.


Zu Belgrad sind wir wiederum zwey Tag liegend geblieben /
damit für die künftige Reiß noch alles angeschafft werden kunte / in
welcher Zeit wir / vermittelst der von dem Graf Oduyer gemach

Brunnen
zu Bel
grad.
ten Anstalten gleichsam ausserordentliche Faßnacht gehalten. Eini
ge von uns sind nach dem Schloß hinauf gegangen, um denjenigen
Brunnen zu sehen, so durch Roͤhren in die obere Vestung uͤber eine
Stund weit geleitet wird; dann auch noch einen andern, so in
Felsen gehauen, und zum Dienst der Besatzung versehen ist / wann
etwan der vorige durch die Feinde abgegraben werden solte; anbey

Nachricht
von eini
gen Befe
stigungs
Werken.
diejenigen von Steinen aufgefüͤhrte Werker zu observiren/ die über
der Donau und Sau mitten aus dem Wasser herfür scheinen / und
die Gewalt des Stroms und dessen Aussteigen abhalten, als
deren Fundament nun schon durch des Graf Oduyers unermüde
ten Fleiß der Erden gleich stehen, und das übrige gar bald in Stand
kommen kan / wann es die Witterung zu lassen und sich sonst kein
Mangel zeigen wird. Es war die Aufrichtung derselbigen auch
um deswillen hoͤchst noͤthig, weil von daraus die Vestung mit Stu
cken am bequemsten kan beschossen werden, wie sie dann von den Un
srigen wuͤrklich von dieser Seite beschossen und der Pulver⸗Thurn
durch eine Feuer⸗Kugel angezündet worden. Die unter der Erden
gebaute Gewölber / worinnen man das Pulver aufgehebt / und wo
von wir schon im ersten Buch gedacht, werden noch über die
ses durch ein vorder Gewoͤlb und vier aus Ertz geschlagenen Pfor
ten und eisernen Gegitter verwahret, welches zulänglich genug, al
le - 537 -
Von dem Ort der Auswechslung bis nach Belgrad.
487
le Feuers⸗Gefahr abzuhalten. Ohn weit davon gegen der ersten GesundBrunnen.
Pforten zu der untern Vestung ist eine Quelle / so man die Heilige
nennet, weil die Einwohner entweder aus der Erfahrung/ oder viel
leicht aus einer Einbildung und Aberglauben davon persuadirt sind,
daß sie das Fieber damit curiren koͤnnen, weswegen bey solcher sich
täglich viele Leute aus weit entlegenen Orten einfinden, also daß der
Commendant für noͤthig befunden, durch eine Wacht den allzu
grossen Anlauf vom Volk abzuhalten, weil die Beschaffenheit des
Orts dergleichen nicht wol zu lassen will. Hier siehet man von
zweyen alten durch Minen in die Luft gesprengten Mauern eine so
grosse Quantität von Steinen, daß man zwey Casernen davon auf
bauen könnte. Wann aber die Teutsche⸗ und Raitzen⸗Stadt Fortifica
tion der
Teutschen
und Rai
tzen Stadt.

nach der von Sr. Kaiserl. und Cathol. Majestät appro
birten Zeichnung befestiget, und aus den gegenwaͤrtig hoͤlzernen Ge
bäͤuen steinerne gemacht werden sollen, damit sie der Vestung desto
bessern Nutzen schaffen moͤgen, ist noͤthig, daß wir vorher auf besse
re Zeiten warten / und die erschoͤpfte Schatz⸗Kammer mit einem guten
Vorrath wiederum anfuͤllen: doch sind sie zur Zeit, auch denen Fein
den zu Trutz / durch diejenige Werker, welche gleich im ersten
Jahr der Ubergab, nemlich 1717. von der Sau bis an die Donau
auf Anordnung des Commendanten mit ungemeiner Geschwin
digkeit und mitten im Winter bey der groͤsten Kaͤlt angelegt worden,
genugsam defendirt. Den ersten Tag nach unserer Ankunft fand
sich gleichfalls der Kaiserliche Orientalische Courier Johann
Georg Jarkowitz allhier ein, und brachte uns die Zeitung, daß
ein bey dem Herrn von Dierling in Diensten gestandener Koch,
Namens Franz / ein Türk worden, und den Namen Ahmed an
genommen. Damit aber die Pforte oͤffentlich bezeigte, wie sie vor Ein Koch
wird zu
Constanti
nopel ein
Türk.

andern auf die Kaiserliche Unterthanen einen Regard habe / hat
der Groß⸗Vizier den Kaiserlichen zu Pera sich aufhaltenden
Residenten Nachricht geben lassen, wie sich jemand zu Constan
tinopel befinde, so sich füͤr einen aus der Roͤmisch⸗Kaiserlichen
Suite ausgebe, und sich zu ihrer Religion bekennen wolle; er solte
deswegen wen dahin senden, der einen Zeugen abgeben koͤnnte, daß
er weder durch Bitte oder Verheissungen, noch auch mit Bedrohun
gen überredet worden / sondern sich aus eigenen Belieben dar
zu - 538 - 488
Viertes Buch / Achte Abtheilung /

zu verstanden hätte. Als solches der Herr von Dierling vernom
men, hat er alsobald Herrn Petrowitz/ einen Orientalischen
Sprach⸗Knaben, dahin gesandt, welcher den thörichten Menschen
sein Gewissen rühren, und ihn, wo moͤglich, wiederum auf rechten
Weeg bringen solte; dann so viel Erlaubnis hatte er noch von dem
Groß⸗Vizir erhalten, daß er, ob er gleich schon ein Tuͤrk zu wer
den versprochen, doch noch wieder umkehren könnte. Ermeldter
Herr Petrowitz traf ihn eben vor der Thuͤr des Gerichts oder dem
Divan an, und als er von denen die Seeligkeit betreffende Sachen
eine weitläͤufftige Rede gehalten, hat jener ihn, als ob er schlief / zuge
höret / auch endlich nicht laͤnger verziehen wollen, sondern sich oͤffent
lich erklärt / daß er eben zu dem Ende zu Constantinopel geblie
ben / daß er ein Türk werden wolle, auch hierauf seine Kleider von
sich geworfen, einen Türkischen Bund aufgesetzt, und sich im üͤbri
gen als ein Türk gekleidet. Da nun die Zeit unseres Aufenthalts in der
Türken
nehmen die
Christliche
Religion
an.
Türkey kein einiger aus uns verlohren gangen / da hingegen 40. von der
Türkis. Botschaft zuruck geblieben, und darunter nicht wenig Vorneh
me, hat es uns nicht wenig geschmerzet, daß dieser Gotts⸗vergessene
Mensch erst nach unserer Abreiß zu dieser schäͤndlichen Secte uͤber
getretten. Am Tage Johannis des Täuffers wurde in der Je
suiter Kirche von Jhro Hochwürden dem Abt zu Domben
hohes Amt gehalten / bey welchen unsere andere Priester ministrir
ten; und hatte sich die ganze Botschaft allda eingefunden / vor die
glückliche Ankunft auf den Ungarischen Boden den Hoͤchsten zu
danken: so ist auch das Ambrosianische Lob-Gesang
von unsern Musicanten dabey angestimmet und
von dem Volk nachgesungen wor
den.


Neun
- 539 -
Von Belgrad bis nach Wien.
489


Neunte Abtheilung.


DEn 25. Junj haben wir über die Sau gesetzt / und sind
nach Woica gekommen / wo wir die Wagen verändert,
und unsere Bagage auf der Bauern ihre geladen, welche
vorher auf Rüst⸗Wägen gepackt gewesen; des andern Tags darauf
aber setzten wir unsere Reise ferner gegen Jric, eine in dem
Herzogthum Sirmien gar bekannte Stadt, fort. Als wir aus Abzug aus
Belgrad.

Belgrad weggezogen, sind wiederum, wie bey dem Einzug, zu bei
den Seiten die Soldaten postirt gewesen; und so bald der Herr
Groß⸗Botschafter den Fuß aus dem Hauß gesetzt / wurden also
bald zum erstenmal die Stucke geloͤßt, und damit so lang angehal
ten, bis wir zu der Brücke gekommen, woselbst es ein wenig still
war / bis wir alle über den Fluß gesetzt hatten; in welchem Stuck
unsere Feuer⸗Werker eine gröͤssere Vorsichtigkeit, als die Tüͤrken zu Unbedacht
samkeit der
Türken
zu Nissa.

Nissa / gebraucht, welche letztere eben damals, als wir mitten
auf der Brüͤcke waren, das gröͤste Feuer gemacht, ohne daß sie hät
ten denken sollen, wie die Pferde dardurch scheu werden und samt
uns in das Wasser stüͤrzen duͤrften: nach solchem aber hat sich das
Gebrassel der Carthaunen zum zweyten⸗ und drittenmal höͤren lassen.
Der Graf Oduyer hat den Herrn Groß⸗Botschafter bis
durch die jenseits der Sau angelegte Aussen⸗Werker mit vielen Ob
risten und Hauptleuten begleitet, allwo Er endlich von ihme Ab
schied genommen, eine glüͤckliche Reiß angewuͤnscht, und Jhm zwi
schen der Sau und Donau vergnügt fort reissen lassen / da er un
terdessen sich mit den Seinigen wieder nach der Vestung begeben.
Auf dieser Ebene kunte man die an einem Berg uͤber einander han
gende fuͤnf Werker gar eigentlich sehen, welche die Vestung wieder
allen feindlichen Anlauf in genugsamen Defensions-Stand setzen,
zu Jrik ist der Obrist Tiller, Commendant zu Peterwardein / Commen
dant zu Pe
terwardein
kommt dem
Hn. GroßBotschaf
ter entge
gen.

mit einigen Officiern zu dem Herrn Botschafter gekommen / und
hat wegen glüͤcklicher Ankunft seine Gratulation abgelegt.


Jn dem nechst folgenden sechs Täͤgen sind wir erstlich auf Mi
trowitz / eine nach dem Carlowitzer Friedens⸗Tractaten ein
gerichtete Gränz⸗Stadt, gekommen, die aber im vorigen Krieg von
den Tüͤrken voͤllig zerstoͤrt und eingeäschert worden, haben Magne

los

Qqq
- 540 - 490
Viertes Buch, Neunte Abtheilung /

los / oder nach anderer Benennung Magnelosvan / zur linken
Seiten liegen gelassen, und uns weiter, einige uͤber Sido / andere
über Ratintzo und Qucuevik / als den kürzten Weeg / nach Ta
varnik begeben, allwo wir einen Rast⸗Tag gehalten, der nachge
hends bey der Botschaft wegen zweyer Koͤche, die kaum auf den
Füssen stehen kunten, und einem kurzweilichen Gefecht eines Manns
mit einer Frauen sich gar merkwuͤrdig gemacht. Nach diesem wurde die
Reise über Soͤtting nach Bokovar / von dar den 13ten Julj üͤber
die über den Boko⸗Fluß geschlagenen Brücke Olmasch vorbey
nach Villawerda / so ein sehr grosses und Volkreiches Dorf an
der Drau ist, und wohin sehr viele Leute, sonderlich aber Weibs
Personen von Essek, uns zu sehen, gekommen, und endlich den
2ten dito nach erst bemeldten Essek selbst fort gesetzt.



Beschrei
bung der
Vestung
Esseck.
Dieses Essek ist eine der vornehmsten Vestung in ganz Un
garn, deren Werker alle von Ziegeln aufgeführt sind, und so tief
in den Graben liegen, daß sie bey nahe der Erden gleich kommen,
dahero man von hier aus den Feind einen grossen Schaden in seinem
Lager verursachen kan. Die Drav fliesset an vielen Orten durch
den Stadt Graben, und sind jenseits derselbigen viele neue Werker
ausgezeichnet, welche, wann sie einmal im Stande kommen, und
der sich daselbst befindliche Morast wegen der daruͤber geschlagenen
und in der ganzen Welt bekannten Bruͤcke, wegschaffen ließ, capab
le seyn wuͤrden, den Feind lange Zeit von einer formalen Belage
rung abzuhalten. Dieselbige aber bestehet in nichts anders, als in
vielen an einander gehenkten kleinen Brüͤcken, so dieses sumpfichte
Erdreich bedecken und gleichsam ein festes Land daraus machen. Der
Einholung
daselbst.
General Becker / als Commendant dieser Vestung, weil er lange
Zeit krank darnieder gelegen, hat einige vornehme Officier nebst sei
nem Eidam den General Petrasch dem Herrn Groß⸗Botschaf
ter entgegen geschickt, welcher auch in Seinen Wagen gestiegen, und
mit ihm nach der Stadt gefahren. Wir indessen haben bey unserm
Durch⸗March die gewoͤhnliche Ordnung observirt, und mitten auf
dem Markt sind 3. Bataillons von der Besatzung postirt gewesen / wel
che den vorbey fahrenden Herrn Botschafter erwartet/ der auch,
so bald man Jhn von der Mauern sehen koͤnnen, mit Stüͤcken be
gruͤßt worden. Indem nun Se. Hochgraͤfliche Excellenz mit
dem ersten Adel bey den Commendanten speißten, wurden die uͤbri
gen - 541 -
Reise von Belgrad bis nach Wien.
491
gen von dem Herrn Kallenec/ Cammer⸗Vorsteher, tractirt, bey
welchem sich auf dem Nachmittag der Herr Botschafter wegen al
ter Bekanntschaft auch eingefunden, da indessen die Wägen und
übrige Bagage mit Schiffen auf die andere Seite der Drav gefüͤhrt
worden. So lang der Herr Botschafter Sich hier in der Stadt
befunden, hat vor des Commendanten Hauß eine Compagnie
Granadierer die Aufwartung gehabt.


Von Esseck ist die Botschaft Nachmittag um 4. Uhr aufgeAufbruch
von Esseck.

brochen, und weiter hinauf nach Darda, nicht gar zwey Stund
von erst bemeldter Stadt / gezogen; und ist dieses ein dem Grafen
Veterani zuständiger adelicher Sitz, bey welchem ein Dorf liegt, Ein von
Schwaben
bewohntes
Dorf.

dessen Einwohner mehrentheils Teutsche, die im vorigen Krieg aus
Schwaben herunter gekommen / und sich allhier nieder gelassen. Von
Darda sind wir zwischen der Drau und Donau fort gegangen, und
den 4ten dito auf Baranivar / ein dem Prinzen Eugenius zu
ständiges Ort, so in der dem Bischof zu Füͤnf⸗Kirchen gehörigen
Grafschaft gleiches Namens liegt, und von dar weiter auf Mohaz /
Zeth / Zichzard / einen wegen des vortreflichen Weins gar bekann
ten Ort, dann auf Medina / Simonthorn / Scephonie /
Csikuar / Stuhl⸗Weissenburg / Mor Kisber, und endlich vermit
telst einer langen und beschwehrlichen Reisen nach Raab gekomen. All
hier haben wir so wol, als zu Stuhl Weissenburg, nur in der Vorstatt
logirt, damit wir uns desto fruͤher wiederum auf den Weeg machen
konten. Wir haben auch in dieser Landschaft viele, so aus der Pfalz,
dem Mainzischen und Trierischen gebürtig, wie auch West
phaͤlinger, angetroffen, welche die Gute und Fruchtbarkeit des Unga
rischen Bodens hieher gelocket. Wo wir aber durchgezogen, waren Andere
Teutsche
Colonien.

so wol die Vornehmste aus der Geistlichkeit / als auch die Un
ter⸗Gespan / Richtere / der Land⸗Adel und die zur Cammer ge
hörige befliessen, dem Herrn Groß⸗Botschafter die gebuͤhrende Eh
re zu erweisen: zu Stuhl⸗Weissenburg und Raab sind die Stuͤ
cke dreymal gelöͤßt, die Besatzung auf die oͤffentliche Plätze ins Ge
wehr gestellt und drey Hauptmannschaften Husaren / die Bot
schaft einzuholen, commandirt worden; ja so gar auf dem Weeg
gegen Kisber ist der Unter⸗Gespan der Grafschaft Comorrn/ Compli
ment von
der Graf
schaft Co
morrn.

der auch bey dem Gericht in diesem Palatinat Proto-Notarius ist,
Herr Franz Szluha / mit noch einigen andern von dem Commen

dan

Qqq 2
- 542 - 492
Viertes Buch/ Neunte Abtheilung/

danten und der Grafschaft mit dreyen mit sechs Pferden bespann
ten Wägen dem Herr Groß⸗Botschafter entgegen geschickt, und
Se. Excellenz mit folgenden Worten von ihm angeredet wor
den:


So steigt dann endlich / Hochgebohrner Graf und
Kaiserlicher Herr Groß⸗Botschafter / das gedruckte Ungarn
zu dem höchsten Gipfel der laͤngst erwuͤnschten
Gluͤckseeligkeit/ da es nach so vielen grausamen Kriegs
Verwuͤstungen durch den von Eurer Excellenz gluͤcklich
geschlossenen und confirmirten Frieden wiederum auf
das neue belebt und erfreuet wird. Es kunten und sol
ten auch durch niemand anders die Kriegerischen Tri
umphe mit dem hoͤchst⸗beliebten Friedens⸗Cranz ge
ziert werden / als durch denjenigen/ welcher selbst das
Martis ruͤhmlicher Nachfolger / ein grosser General und
hoch⸗ansehnlicher Feld⸗Zeugmeister ist. Mag dem
nach billig das durch die Waffen erzeigte Kind/ und
die aus dem Krieg gebohrne Tochter/ Friede genennt/
und für einen wuͤrdigen Sprossen eines so vortrefli
chen Kriegs⸗Helden gehalten werden. Jch will aber
nicht weitlaͤuftig seyn; sintemaln diese so grosse Na
men so wol mich / als diese loͤbliche Gespanschaft Comorrn /
und durch dieselbige die gesamte Stäͤnde des Reichs/
nur in diesen erfreulichsten Zuruff ausbrechen heissen:
Wann ich dich/ Virmond/ nenn/ hab ich sonst nichts
zu sagen /
Wer noch mehr wissen will/ mag Ungarn/ Oest
reich fragen.



Einer
Jüdischen
Famille
betrügli
ches Vor
geben.
Eine Jüdische Famille, so kürzlich auf des Herrn Botschaf
ters hohes Vor⸗Wort von dem Seraskier aus Nissa frey ent
lassen worden, weil sie vorgegeben, wie sie gesonnen / die Roͤmisch⸗Ca
tholische - 543 -
Reise von Belgrad bis nach Wien.
493
tholische Religion anzunehmen / und deswegen ihren bisherigen
Wohn⸗Sitz zu andern, hat sich nun zu Raab mit der Flucht heim
lich davon machen wollen / ist aber wiederum ertapt und fest gesetzt
worden, um ihr den gebuͤhrenden Lohn für solche Leichtsinnig⸗ und
Unbeständigkeit zu geben: und als wir den 16. Julj zu Raab auf
gebrochen / ist uns ein Holsteinischer Prinz, so durch Ungarn
reissen und die Vestungen allda besehen wollen, auf der Strasse auf
gestossen; wir sind aber noch selbigen Tag bis auf St. Niclas,
ein dem Graf Zichi erblich zugehöͤriges Dorf und Schloß, gekom
men.


Den 18ten dito hatten wir allhier Rast⸗Tag gehalten, und ist Frau Ge
mahlin
und Fräu
lein Töchter
des Herrn
Groß⸗Bot
schafters
kommen
Sr. Excell.
entgegen.

die Frau Gemahlin des Herrn Botschafters mit ihren zwey
Hoch⸗Gräflichen Fräulein Sr. Excellenz entgegen gekommen,
ihren liebsten Gemahl und Geehrten Herrn Vater nach einer
mehr als Jahrs⸗langen Abwesenheit wiederum zu umarmen. Sie
hatten den Marggrafen Besora zu einem Begleiter, welcher Sie auch
mit dem Graf Kuͤnigl des andern Tags, nachdem Sie samt uns
Ungarisch⸗Altenburg und Weissenburg vorbey gefahren, von
Nicolsdorf wiederum nach Wien gebracht hat. Den 20ten sind Brüͤck eine
GränzStadt zwi
schen Oe
sterreich
und Un
garn.

wir nacher Brück kommen, so eine an der Leita gelegene Stadt ist,
und im Lateinischen den Namen Lutipons vielleicht darum hat,
weil dieser Fluß bey nahe mehr Schlam als Wasser führet. Sonst
ist diese Stadt wegen der Gräͤnz / die Oesterreich von Ungarn
scheidet, und auch wegen des daselbst angelegten überaus netten Garten
des Graf Carl Harrach / der an Schönheit in ganz Oesterreich
seines gleichen nicht hat, genugsam bekannt; und von hieraus ha
ben wir uns nacher Schweched/ so auch eine von ihren vorbey
fliessenden Wasser benennte Stadt ist, begeben / und zugleich da
mit die letzte Tag⸗Reiß gemacht. Allhier siehet man noch die SäͤuSäule / wo
Kaiser Leo
pold und
der König
in Polen
zusammen
gekommen.


len, bey welcher der Kaiser Leopold / Glorwürdigsten Anden
kens, und Johannes des III. König in Polen / die zwey
gröͤsten Fürsten / nach glücklichem Entsatz Wien / einander zu
erst entgegen gekommen und empfangen haben.


Von hieraus ist der Freyherr von Zweiffel in die Stadt ge
Ankunft
der Bot
schaft wird
dem Prinz
Eugenius
zu wissen
gethan.

schickt worden, dem Prinzen unsere Ankunft zu bedeuten; andere
sind anderer Verrichtungen wegen in die Stadt gegangen: darge

gen

Qqq 3
- 544 -
494
Viertes Buch / Neunte Abtheil. Reise von Belgrad rc.
gen wiederum viele heraus gelaufen, ihre aus der Türkey angekom
mene Freunde zu sehen, als wornach sie laͤngstens ein grosses Ver
langen gehabt.


Endlich sind wir den 22. Julj mit dem Herrn Groß⸗Bot
schafter gleich früͤhe von der Schweched aufgebrochen, und ha
ben uns nach dem Garten der Augustiner auf der Land⸗Strassen
begeben, woraus auch jenesmals unser Einzug den Anfang genom
men; diejenige aber, so schon zuvor nach der Stadt gegangen, ha
ben sich gleichfalls hier wieder bey uns eingefunden. Von dar die
Einzug in
Wien.
Cavalcade nach der Favorita zu Jhro Majestät dem Kaiser
und der regierenden Kaiserin / dann auch zu denen Durchlauchtig
sten jüngst⸗ und aͤltesten Erz⸗Herzoginnen / und so ferner durch
die Stadt nach der verwittibten Kaiserin Amalia und Dero
Durchlauchtigsten Erz⸗Herzoginnen in gleichen Pracht und
Ordnung, als in dem vorigen Jahr, genommen, zu letzt aber Se.
Hoch⸗Gräͤfliche Excellenz der Herr Groß⸗Botschafter
nach rüͤhmlichster Verrichtung, von uns nach Hauß
begleitet worden.


Voll
- 545 -


Vollständiges Register aller in dieser
Historie vorkommenden Namen und
Sachen.


A.


ABdola Bascha. Bl.
198

Abdul Kadri Ghilani / Stifter, der
Kadriten.
346

wie oft und stark er das Wort
Ai ausgesprochen.
346

Abgeordneter (Türkischer) wie von un
serm Botschafter empfan
gen.
49

Abreiß von Wien wird etwas aufge
schoben.
14

wann sie vor sich gangen.
15

Abschieds-Audienz bey dem Sultan.
379

bey dem Groß⸗Vizir.
421

Compliment des Botschafters.
422

Absetzung des Sultan Mustapha.
198

Abzug des Groß Vizirs nach der Au
dienz.
207

Adel / der erste gehet allein bis zur Säͤu
len.
52

wird im Divan tractirt.
399

der Tüͤrken / woraus er bestehet.
95

Adler fliegt nach der Auswechslung vor
der Botschaft her.
57

Adler-fang.
314

Adrianopel/ daselbst wird wegen der Pest
Nachricht eingeholt.
127

Bewillkommung des Botschaf
ters daselbst.


Einzug.
128

Beschreibung.

wann sich der Sultan allda auf
zuhalten pflegt.
129

allhier wird Mustapha abgesetzt.
129

Aemter / deren unrichtige Austheilung.
141

Agiamoglani / wer sie sind.

Ahli Bascha / dessen Pallast
413

Ahmed Bascha.
198

wird relegirt.
203

Ai / was es bedeutet.
346

Alcoran verbindet jederman zu Kriegs
und Staats⸗Bedienun
gen.
140

wird von den Vornehmen schlecht
beobachtet.
141

will auch den Feinden Glauben
gehalten wissen.
142

Alexintza.

Allicurs, Französischer Gesandter zu Con
stantinopel.
290

Allmosen-Stock zu Basardschick.
113

Almeide-Platz
183

Altäre / haben die Türken auser Mecha
nicht.
102

Althan (Emanuel Graf von)
6

gehet nach Frankreich.
297

Altmann (Joh. Friedrich) Edel⸗Knab.
8

Amurath / Sultan / von wem er umge
bracht worden.
196

Ancyra
/

- 546 -


Register.


Ancyra / (Erz⸗Bischof von) besucht den
Botschafter.
230

dessen Bedienung und Einkom
men.
230

Andacht grosser Herrn / wie beschaffen.
226

des Hauses Oesterreich. |
226

Andreas à S. Gertrude.
6

Anklag falsche eines Türken vor Gericht.
193

Antiquitæten / deren Liebhaber gehen oft
zu weit.
109

vernichtete in Constantinopel.
270

sind noch viel in den Morgenlän
dern anzutreffen.
275

zu Mustapha Bascha Palanka.
457

Ararath / ob der Berg / worauf Jsaac
solte geopfert werden.
283

Arbeit / verrichten die Türken an allen ih
ren Festen.
28

Arcadius, dessen Säulen.
348

Archatiel / Kaiserl. Courier.
402

Arda / ein Fluß.
129

Armaroli (Anton) fliehet zur Botschaft.
132

Arme / ihnen wird am kleinen Bairam
Fleisch ausgetheilt.
285

werden bey den Tuͤrken von den
Kirchen⸗Einkünften erhal
ten.
318

Armee Türkische / wie bald sie kan zusam
men gebracht werden
218

Armenier sind Betrüͤger.
63

dessen Gutwilligkeit gegen einem
Sclaven.
365

einer wird enthauptet.
384

Ars Aglar.
259

Arsenal zu Constantinopel.
641

Aruth / böser Geist bey den Türken. |
114

Arzt (Leib⸗) des Sultans.
213

ihnen wird der Zutritt zum Tüͤr
kischen Frauenzimmer ver
stattet.
359

Asien / den Leuten daselbst kommt der Teut
schen Kleidung seltsam für.
391

Asperl / was einer gilt.

Aßan / ein Prinz des Sultan Mustapha.
129

Aßan Firaly.
199

wird stranguliret.
203

Aßas Baschi.
223

Astchi.

Avazar.
22

Audienz bey dem Groß⸗Vizir.
171

bey dem Sultan.
183

Ordnung derselbigen.
186

davon müssen einige weg bleiben.
196

Zimmer des Sultans.
197

Aufbruch der Bagage-Wägen.
426

der völligen Botschaft.
427

erster aus dem Lager.
430

Aufruhr wird unter den Janitscharn ent
deckt.
268

bestrafft.
268

Außem (Herman Adolph)
4

Auswechslung wo sie geschehen.
48

Ceremonien dabey.
49-55

warum bey der Heim⸗Reiß nicht
zu bestimmter Zeit gesche
hen.
475

Auszug aus Pera.
428


B.


Baba.

Babaeskisi.
135

Back (Major)
473

Bad Kais. zu Adrianopel.
446

Baden (Prinz Ludwig von)
37

Bäder warme.

Baga
- 547 -
Register.

Bagage-Wägen / deren Anzahl.
52

Baja.
33

Baino / daselbst werden die Sclaven auf
behalten.

Bairactares.

Bairam grosser / der Türken gröstes
Fest.

wann es anfängt.
216

wie lang es dauret.
216

wie es gefeyert wird.
216

Aufzug darbey läßt der Bot
schafter abmahlen.
219

Lustbarkeiten dabey.

kleiner.
283

Bakacs (Thomas Cardinal)
26

Baltagi.
184

Banaroja / Fluß.
63

Banga.
107

Banska.

Baranivar / dem Prinz Eugenius zu
ständig.

Basardschi / daselbst will man der Bot
schaft keine Quartier ge
ben.
451

Bascha / wer damit angezeigt wird.
78

zu Sophia Jrrthum wegen der
Abgeordneten von der
Botschaft.
88

zu Babylon bringt seine Henker
selbst um.
386

Bask Hasaki.
212

Bassurat / Gebürg.
844

Bathyani (Graf Carl von)
6. 77

Battaschina.
484

Bauer Asiatischer / dessen Curiosité
374

in Bulgarien jährlicher Tribut an
die Pforte.
112

in der Türkey müssen ein halb
Jahr frohnen.
112

aus einem Land ins andere
ziehen.
112

Baum / so keine Vögel leidet.
107


Baum⸗Wollen in Servien verarbeitet.
484

Beber Baschi.
221

Bechtasch / Stifter der Janitscharn.
72

Becker / General und Commendant zu
Eßeck.
490

Bediente der Botschaften / wie nahe sie
der Säule kommen dör
fen.
52

(Staats-) damit wechseln die
Türken.
468

Begräͤbnuͤß / darüͤber kommen die Geistli
chen in Streit.
274

-Ceremonie der Türken.
114

Beiglerbey / was es bedeutet.
78

Beischlaf verkehrter der Türken hindert
an Kinder⸗Zeugen.
469

Belgrad Ankunft daselbst.

Empfang des Botschafters da
selbst.

Beschreibung.

Verrichtungen allda.
40

Abzug daraus.
489

Benier, ein Jesuit / bringt seinen Orden
bey den Türken viel Vor
theil zu wegen.
379

Bereuter.
8

Beschli.
236

wer sie sind.

Besicktasch / des Sultans verschloßner
Pallast.

Besoldung der Türkischen Militz ist un
gleich.
186

Besora (Johann / Marggraf von)
6. 77

reißt nach Frankreich.
282

Bet⸗Stunden / wie viel deren des Tags
bey den Türken.
334

Bettlers⸗Graben (eine Jnsul.)
34

Betrug (betrogener.)
193

Beweiß der Türken in Glaubens⸗Sa
chen.
124

Bezesten / was es ist.


Bie

Rrr
- 548 -


Register.


Bielinski (Michael Victor Graf)
6

Bild der Mutter GOttes läͤßt sich nicht
wegschaffen.
310

verhilft Grichischen Mönchen zu
Wasser.
118

wunderthätiges zu Selymbria.
147

Bilder der Menschen und Thiere warum
die Tüͤrken nicht leiden.

320

Bischof (Erz) zu Heraclea dessen Vor
zug.
295

Bizehami / Stumme.
236

deren abgeschmackte Spiele.
239

wie sie den Mangel der Red erse
tzen.
239

Bojana / ein Fluß.
89

Bokovar.

Bolduc, ein Venetianischer Edelmann.
483

Bonac, Marquis, Französischer Ge
sandter.
154

Boots⸗Knecht / überlauft einen mit dem
Messer.
384

Bosnaquoi / ein Fluß.
135

Bosphorium, woher es den Namen
hat.
248

Bostangi.
184

einer wird erschlagen.
455

was er ist.
128

Bostangi Bascha.
214

zu Adrianopel verlangt des Bot
schafters Leib-Medicos.
133

dessen Visite bey dem Botschaf
ter.
134

Bota, Marquis.
482

Botschaft / wird in Asien tractirt.
248

zum letztenmal im Namen des
Sultans.
406

langt wieder zu Wien an.
494

Botschafter (Groß⸗) dessen Aufzug.
7


Botschafter / wo Er in der Burg abge
stiegen.
10

wie weit Er begleitet worden.
11

wo man Jhn empfangen.
11

tractirt die Botschaft.
14

dessen Zug nach der Saͤulen.
50

Anrede an den Tüͤrkischen.
51

forscht an den Türkischen / ob er
Schreiben an den Prinz
Eugenius und Graf O
duyer bey sich habe.
53

dessen gefaßte Resolution hie
bey.
54

warum Er die Türkische Voll
macht bey dem Paßaro
witzer Frieden nicht erken
nen wollen.
54

seine Ankunft den Türken ange
nehm.
58

nimmt jederzeit die Ober⸗Stelle
ein.
58

dessen Visite bey dem Seraskier.
71

Anrede.
73

wär bald zu Schaden kommen.
136

läßt sich bey dem Groß⸗Vizir
melden.
170

dessen Rede an den Groß⸗Vizir.
178

nimmt in einem Spanischen Man
tel⸗Kleid Audienz bey
dem Sultan.
183

protestirt wegen der im Divan
angewiesenen Stelle.
191

dessen Rede an den Sultan.
205

über dessen Herzhaftigkeit ver
wundern sich die Tüͤrken.
207

besucht den Französischen Gesand
ten.
214

wird am Bairam von Hof aus
beschenkt.
217

Bot
- 549 -
Register.

Botschafter besucht den Englischen Ge
sandten.
229

den Holländischen.
229

den Moufti.
229

gehet nach Pera / die angewiesenen
Häuser zu besehen.
233

läßt den Groß⸗Vizir einige Jagd⸗
Vögel überbringen.
234

dessen moralische Discourse.

477

verehrt den Groß⸗Vizir eine
Flinte.
244

wird auf den Kaiserlichen Lust
Hauß beschenkt.
262

besucht den Venetianischen Ge
sandten.
281

gehet nach dem Groß⸗Vizir.
281

tractirt die vier Gesandten.
287

dessen erhaltene Presente.
303

wird von einem Weib incommo
dirt.
305

läßt bey dem Groß⸗Vizir wegen
Absterben des Kaiserl. Prin
zens die Condolenz ablegen.
314

gehet in einen der sieben Thüͤrne.
310

besiehet die Sophia⸗Kirche.
314

dessen Resolution bey entstande
ner Feuers⸗Brunst.

läßt den Topchi Baschi condo
liren.
363

unterredet sich mit dem Groß
Vizir.
363

besucht den Mehemet Aga.
370

befindet sich übel auf.
373

besucht die Abgeordnete von Ra
gusa.
382

lößt einen vornehmen Sclaven
von Neapolis aus.
383

beschenkt den ersten Tefterdar
383


Botschafter besucht den Janitscharn
Aga.
394

nimmt Abschied bey dem Sul
tan.
397

wird im Divan tractirt.
389

dessen Abschieds⸗Rede vor dem
Sultan.
400

erhaltenes Present von dem Sul
tan.
402

verehrt dem Sultan seinen Leib
Wagen.
404

bemüͤhet sich einige Mamelucken
zu bekehren.
415

dessen lezte Visiten bey einigen
Vornehmen des Türkischen
Hofs.
418

divertirt sich mit dem Groß⸗Vi
zir nach niedergelegten Cha
racter.
423

trctirt noch zuletzt die Gesandten.
423

gehet zu einer Hochzeit.
423

läßt bey dem Groß⸗Vizir noch
mal Abschied nehmen.
426

begiebt sich auf die Reiß.
428

wo Er zu Adrianopel logirt.
437

läßt sich bey dem Seraßkier zu
Nissa anmelden.
467

gibt ihm die Visite.
468

läßt ihm eine Music machen.
475

den Türkischen Botschafter
complimentirn.
476

ruͤhmt die Auffuͤhrung des Tüͤrki
schen Hofs gegen ihm.
478

nimmt die Jhn im Namen des
Sultans offerirte Zelte an
478

gehet nach der Säͤulen.
481

Türkischer / betritt bey der Aus
wechslung den Boden eher
als der Unsrige.
50

dessen Namen.
54


Bot

Rrr 2
- 550 -


Register.


Botschafter Türkischer / hat Brieffe an
den Prinz Eugenium
und Graf Oduyer.
54

dessen Pferde und Camee
le.
56

beschwehrt sich an seinem
Hof über das Wieneri
sche Tractament.
404

will die Visite bey dem
Graf Oduyer nicht ab
statten.
474

ihm die rechte Hand nicht
einräumen.
474

läͤßt sich zu der Saͤulen fah
ren.
479

stellt sich krank.
479

erhält nicht was er mit sei
nen Fahren gesucht.
481

Brancova (Constantin) grausam hinge
richtet.
311

Braut Grichische / ihr langsamer Gang
zu der Trauung.
300

Breitenau (Herr von) gehet nach Frank
reich.
297

Brief / der Türken wie von aussen be
schaffen.
46

des Groß⸗Vizirs an den Bot
schafter sehr verbindlich.
157

des Röm. Kaisers und Prin
zen Eugenii an den Groß⸗Vi
zir.
179

geheime des Türkischen Frauen
zimmers.
443

Brinkman (Johann) Stallmeister.
2

Brooms (Jacob) Falken⸗Meister.
10

Brucken bey Saribrod.
87

schöne / von Mustapha Bascha
erbaut.
125

Merkwürdigkeiten davon.
126

grosse zu Selymbria.

zu Eßeck.
490


Brück / eine Stadt an der Leitha.
493

Brunnen / daran wenden die Tüͤrken viel
Geld.
83

warmer.
111

Bulgar / deren Kleidung.
104

Bulgarien / dessen Gränze.

Name.
79

Bund des Groß⸗Vizirs.
179

Bünde / türkische / von Holz geschnitten /
damit werden die Brüͤcken ge
ziert.
113

Burg / Abzug der Botschaft davon.
13

Burg⸗Platz Ankunft daselbst.
10

Burgas.

Burumpampukli.
134

Burscheid (Freyin von) nimmt von ih
ren Hn. Gemahl Abschied.
18

Busbec (Augerius Gislenius) Kaiserl.
Gesandter zu Constantinopel.
310

dessen Bericht von den Dervisch.
327


C.


Caab / was es ist.
285

Car⸗Wochen Andacht.
396

Caddare.
222

Cadence seltsame.
364

Cadi / wer sie sind.
85

Cadilescher.
189

in Europa der Vornehmste
190

Cämerlinge des Sultans schlecht disci
plinirt.
399

Caftan / was es sind.
76

damit handeln die Juden.
76

wie viel bey dem Groß⸗Vizir aus
getheilt worden.
177

bey dem Sultan.
195

Caloyers, Grichische Mönche.

Calvarie Berg bey Salankement.
37

Camber (Joh. Ludwig) Cassier.
4

Cameel

- 551 -


Register.


Cameel / so den Alcoran nach Mecha ge
tragen.
285

so dem Mahomet getragen / im
im Paradeis.
343

Canal / an dessen Ufer stehen Stücke ge⸗
pflanzt.
210

Canzel des Apostels Pauli ob zu Phi⸗
lippopel.
449

Canzelisten.
3

Türkische.
178

Canzley (Türkische Reichs⸗)
178

Capa Agasi.
224

Capell / wo der Carlowitzische Frieden ge⸗
schlossen worden.
36

Capi Dervent.
87

Capigi / wer sie sind.
184

woran sie zu erkennen.
388

Capigi Baschi wer sie sind.
48

exequiren das Blut⸗Urtheil an
den Vornehmen.
385

haben gutes Einkommen.
386

Capigilar Agasi / was er bedeutet.
465

Capigilerchijajasi.
196

Capistranus, ein Franciscaner.
6

Caprara / Röm. Kaiserl. Gesandter / in
der Französ. Jesuiter⸗Kirche zu
Constantinopel beygesetzt.
377

Capriza.
129

Capudan Bascha.
189

ihn besucht der Botschafter.
266

wird in seinem Amt bestättiget
303

letzte Visite des Botschafters bey
ihm.
414

Beschreibung dessen Sitten.
415

Geschenke an den Botschafter.
417

Caradare / Fluß.
129

Caravansarai.
80

Cardona (Joseph Folk / Fürst von) Obrist
Hofmeister bey der ältisten Kai
serl. Joseph. Prinzeßin.
12

Carischtran.

Carnevals⸗Lust.
358


Cavallerie Türkische / derselbigen Unord
nung.
50

Catacherif.
379

Cayali.

Ceremoniell, dessen Einrichtung
40

daruͤber wird von den Tüͤrken ei
ne Erklärung gefordert.
46

Cervi (Joh. Baptista) Zucker⸗Becker.
3

Chalcedonien in Asien besiehet der Bot
schafter.
301

wo jenesmals das Concilium ge
halten worden.
302

Chalkali.
88

Chalveti / deren unterschiedliche Gattun⸗
gen.
346

Character eines Gesandten / wann bey
dem Türkischen Hof angenom
men und niedergelegt wird
423

Chaskoi
120

Bascha daselbst wer er ist.
120

ersucht den Botschafter um seinen
Vorspruch bey der Pforten.
122

dessen Present an den Botschafter.
126

wird auf des Botschafters Vor
spruch promovirt.
243

Chederles ein Heiliger bey den Dervisch.
342

Fabel davon.
342

Chesnegir Baschi.
221

Chiaoux Baschi / wer er ist.
171

dessen fehlgeschlagene List.
171

Chiausen / wer sie sind.

ihr gewöhnliches Geschrey.
125

Chiohadar Aga.
220

Chirmente / ein Dorf.
127

Christen / um deren Erledigung bemüͤht
sich der Botschafter.

wie ehmaln von den Türken ge
nennt worden.
145

Ciroccum.
93


Closter

Rrr 3
- 552 -


Register.


Closter / der Grichischen Mönche

deren Beschaffenheit auf dem Berg
Sinai.
366

bey Philippopel von wem erbaut.
450

ob so reich als man vorgibt.
450

Cörper Heiliger / in der Patriarchal⸗Kir
che zu Constantinopel.
292

Colocza / Schloß.
32

Colossus, eine Saͤule zu Constantinopel /
Beschreibung davon.
350

zu Rhodis / wie schwehr er gewe
sen.
351

Colyers (Graf) Holländischer Gesandter
zu Constantinopel.
159

Comödiant wird gehenkt.
455

unverschäͤmte.
410

Comödien von den Soldaten zu Belgrad
agirt.

Französische.
358

Grichische.
363

Italiänische.
374

Comorn / daselbst wird die Botschaft em
pfangen.
22

Beschreibung dieser Vestung.
24

Namen derselbigen / woher er
kommt.
25

Rede des Unter Gespans an
den Botschafter.
492

Compliment an den Türkischen Bot
schafter.
48

der Türken.
74

abgenöthigtes von einigen in dem
Audienz-Zimmer.
205

Confucius, ob dessen Verehrung eine
Abgötterey.
323

Constantinopel / Einzug daselbst.
159

Beschreibung.

Constantinus Magnus.
349

Constanza (Theodosius) Kaiserl. Courier.
358

Corban / der Türken Opfer.
283


Credenz⸗Schreiben des Röm. Kaisers.
5.

11

Creuz Heil. dessen Erhöͤhungs⸗Fest cele
brirt.
245

Csikuar.
491

Courier Kaiserlicher.
2

Curiosité unnuͤtze darf man betruͤgen.
109

Czaki / Cardinal / tractirt die Botschaft.
32


D.


Dänzer künstliche.
366

Darda.
491

Dardanellen.
168

Daravia.
303

Decken grosse / die Moscheen damit zu be
legen.
100

Degen / dörfen zu Constantinopel nur die
Bedienten bey der Röͤm. Kais.
Botschaft tragen.
394

Deli.
236

eines seine ungesalzene Schwenke.
240

Delphinen.
263

Delicatessen der Tüͤrken worinnen sie
bestehen.
149

Demerath (Franz Christoph Joseph
von)
4

Dervisch / Türkischer Mönch.
42

deren Beschreibung.
325

Gelübde.
326

ob sie in Gemeinschaft der Güter
stehen.
327

suchen ihren Glauben fort zu pflan
zen.
327

deren Verrichtung.
327

sind Heuchler.
329

deren Kleidung.
329

sind Mag⸗Saamen Fresser. |
330

ihr Gottes⸗Dienst.
330

Danz.

Devibakerdane.
44

Dia
- 553 -
Register.

Diamant Fabel der Türken davon.
123

Diebstahl / dem sind die Türken auch er
geben.
446

Dierling (Joseph von) Legations-Se
cretaire.
5

Dierna (Bertrand) Canzelist.
3

Dietrichstein (Gundacker Popo / Graf /)
Obrist⸗Hof⸗Meister.
12

Dionysius, ein Lay⸗Bruder.
6

Divan zu Nissa gehalten.
76

wann einer gehalten wird.

dessen Beschreibung.
185

Beysitzer desselben.
189

deren Authoritaet.
190

daselbst wird die Suite des Bot
schafters tractirt.
189

Process in demselbigen.

Dodangi Baschi.
203

Dogan Baschi.
221

Dohlen / gibt es eine unglaubliche Men
ge zu Sophia.
95

Dolmetschen.
3

sind bey den Türken in grossen An
sehen.
156

dieser bey der Pforte verlangt eine
Abschrifft von der Anrede des
Botschafters an den Sultan.
156

Venetianischer / erkundigt sich we
gen der bey der Botschaft be
findlichen Sclaven ihrer Na
tion.
170

einer wird gehenkt.

warum so viel eines gewaltsamen
Todes sterben.
424

Sprichwort davon zu Constan
tinopel.
425

Dominicaner, dörfen ihre Kirche zu
Galata nicht aufbauen.
379

Dorschäus (Andreas) Leib⸗Arzt.
128


Dosithæus, Patriarch zu Jerusalem /
schreibt wider die Reformirten.
450

Dragoman / daselbst werden die Teut
schen jenesmals von den Tüͤr
ken überfallen.
87

Dreschen / in der Türkey mit Ochsen.
135

Drey⸗Fuß des Apollo.
352

Driesch(Gerard Cornel)
3

wie er zur Abschieds⸗Audienz bey
dem Sultan gekommen.
399

Drit (Caspar) Edel⸗Knab.
8

Druckerey haben die Tüͤrken nicht/
warum?
326

Dumasrambois, Französischer Leib
Arzt zu Constantinopel.
275

ein Liebhaber der Antiquitaete.
276

Duschtina.
82


E.


Ebrictar Aga.
220

Edel⸗Knaben.
8

Edelleute.
4

Edrene.
128

Efendi / deren Prædicat.
192

Ehebrecherin wird von ihrem Mann um
gebracht.
421

Ehr⸗Geitz ausserordentlicher eines Ba
scha.
126

Einführung zur Audienz des Sultans.
196

Einwohner um Saribrod von allen Tri
but befreyet.
87

Einzug in Wien.
1

zu Sophia.
95

zu Constantinopel.
159

diesen soll auch der Sultan und
Groß⸗Vizir mit angesehen ha
ben.
162

Eisen / auf dem Widoscha⸗Gebürg ge
graben.
104

Eisen

- 554 -


Register.


Eisen / bey der Trajanischen Pforte.
110

Ejup.
163

Emir / wer sie sind.
97

werden durch ihre Menge ver
ächtlich.
97

deren Freyheiten.
97

Respect vor ihren Bund. |
98

sind Sodomiten.
98

treiben den Menschen⸗Handel.
98

Engelländer / womit sie in die Türkey
handeln.
190

Englische Nation zu Adrianopel kommt
dem Botschafter entgegen
437

Epigramma an einer Säulen zu Con
stantinopel.
350

Erb⸗Recht bey den Türken.
193

Erdbeben.
61

Erdöd / Stamm⸗Hauß der Grafen Er
dödi und Palfi.

Erdödi und Palfi von einerley Stamm.
34

Erz⸗Herzoginen / verstatteter Hand⸗Kuß
daselbst.
12

(Josephinische) sehen den Abzug der
Botschaft.
15

Eselin / worauf der HErr Christus gerit
ten / soll im Paradeis seyn.
343

Eski Baba.
135

Eskikali.
253

Esseck / Beschreibung dieser Vestung.
490

Einholung daselbst.
490

Esterhasi (Graf Anton) ist in sieben Thür
nen gefangen gesessen.
313

Eugenius (Prinz) dessen Verdienste
werden gepriesen.
41

Jhm wird die Ankunft der Bot
schaft vermeldet.
493

Euladi Resuli.
97

Euphemia / Heilige / deren Cöͤrper in der
Patriarchal⸗Kirche zu Constan
tinopel.
292


Euphemia / Heilige / deren Grab bey Chal
cedonien.
302

Eurich (Ferdinand) Canzelist.
3

Execution an einem Armenier zu
Pera.
384


F.


Fahne des ersten Adels.
7

des zweyten Adels.
4

der Leib⸗Wacht.
9

Famille Türkische veräͤndern ihre Woh
nungen.
120

Farb grüne / ein Zeichen der Nachköm
lingen Muhamets.
97

Farfouri.
241

Fasten / halten die Türken nur bey Tage.
130

der Grichen.
392

Fasten⸗Predigten.
375

Feinden / sollen die Türken vermoͤg des
Alcorans Glauben halten.
142

Feldscherer Christlicher / zu Adrianopel.
131

Fenster in der Türkey wie beschaffen
91

Ferman / was es ist.
281

Ferriol, Französ. Gesandter / dessen beson
derer Humeur.
155

Affaire mit dem Türkischen Hof.
172

Feuers⸗Brunst grosse zu Constantino
pel.

was deren Ursach.

ist merkwüͤrdig / daß so wol bey
dieser als der vorigen Gesandt
schaft dergleichen entstanden.
171

Feuers⸗Gefahr im Lager unter Weegs.
106

Feuer⸗Werkers zu Belgrad Unglück
39

Fezoula Efendi.
198

dessen gewaltsame Hinrichtung.
201

Fezoula

- 555 -


Register.


Fezoula Efendi / seines Tods Ursach.
202

dessen Begräbniß.
202

ist ein fruchtbarer Vater.
202

ein grosser Christen Feind.
202

Finger⸗Nägel / wie das Frauenzimmer in
der Türkey färbt.
138

warum?
138

Firdefs Effendi.
192

Fischament / dessen Lage.
16

Fischerey übel bestellte.
85

Flaggen R. Kaiserliche Abriß davon dem
Türkischen Hof communicirt.
404

Flinten / Unglück damit.
33

Födwar.
32

Fonseca, Leib⸗Arzt der Wallachischen
Fürsten.
395

Fräulein des Herrn Botschafters be
gleiten ihren Herrn Vatter.
16

Franciscaner zu Adrianopel / ihr Aufzug.
131

Franciscus, Heiliger / in dessen Ordens
Habit muß man in das gelobte
Land reisen.
233

Franke (Philipp Wilhelm.)
4. 95

Franken werden von den Tüͤrken alle
Ausländer genennt.
246

Frankenberg (Niclas) Apothecker
3

Frau Wallachische barmherzig gegen
zwey Sclaven.
135

Frauenzimmer / eines übel bezahlte Cu
riosité.
266

des Sultans gehet im Garten spa
tzieren.
288

darf niemand betrachten.
288

Grichisches / deren Aufbutz.
297

Kleidung.
298

Türkisches bekommt jemand aus
der Botschaft zu sehen.
359

des Sultans / Wohnung.
741

kommt nicht oft zu
sammen.
441


Franzos / vornehmer / wird ein Türk
419

womit sie nach der Türkey handeln.
350

Freytag / der Türken wöchentlicher Sab
bath.

Fremde verrichten der Türken Geschäͤf
te.
94

Freuden⸗Bezeugung bey der Auswechs
lung.
55

pflegen die Tüͤrken bey
der Geburth ihrer
Prinzen und Prinzes
sinnen nicht anzustel
len.
286

Früchte / soll man nicht aus der Stadt
ins Lager bringen.
208

Früh⸗Stuck bey dem Einzug in die Stadt
Constantinopel.
160

dabey werden Stüͤhle gesetzt.
160

Fuchs⸗Belz schwarze verehrt der Röm.
Kaiser den Sultan.
403

Fuhrmann stirbt gähling.
159

wird vom Wetter erschlagen.
454

Fürst Wallachischer zu Constantinopel
grausam hingerichtet.

Funduklu.

Futack.
35

Futter / daran findet sich zu Nissa Man
gel.
467


G.


Galata.

Garten der Augustiner bey Wien / dar
aus ziehet die Botschaft nach
der Stadt.
1

Kaiserl. zu Adrianopel schlecht be
schaffen.
133

auf solche pflegen die Türken viel
zu wenden.

Gastmahle verschwenderische.
242

Gauckler.


Sss
- 556 -


Gauckler ungeschickter.
409

geschickter.
469

Gebäu / die ihrige wollen grosse Herrn ge
ehrt wissen.
220

Gebegi.
184

sind Anführer der Rebellen.
198

Gebeine der Heiligen ums Geld ver
kauft.
294

Gebrai / der Türken guter Engel.
114

Gedult / Schlüssel zum Himmel.
143

Gefangene werden von dem Groß⸗Bot
schafter abgefordert.
211

werden loß gelassen.
280

was für welche in die sieben Thür
ne gelegt werden.
311

werden bey dem Janitscharn
Aga dem Botschafter zu Ehren
loß gelassen.
418

auch andere werden frey gegeben.
396

Geilheit der Türken.

Geistlichkeit / bey dem Einzug.
5

Geistliche / bey den Grichen mit Auflagen
beschwehrt.
293

Ordnung derselbigen in der Gri
chischen Kirche.
294

darinnen kan kein verehlichter zu
vornehmen Aemtern kommen.
294

die weltlichen dorfen einmal hey
rathen.

Aemter werden ums Geld erlangt.

Geld / damit schmücken sich die Bulga
rischen Weibs⸗Personen.
105

wird an dem Bairam ausgewor
fen.
224

Geleid / wird dem Botschafter wegen Un
sicherheit auf der Strassen ge
geben.
453

Gemahlin des Groß⸗Vizirs / wer sie ist.
174


Gemahlin eines Bascha von ungemeiner
Schönheit.
360

des Holländischen Gesandten eine
Grichin.
63

des Groß⸗Botschafters kommt ih
ren Herrn entgegen.
493

Gemeni / was es sind.
62

Georg / Heiliger bey den Grichen / lächer
lich vorgestellt.
292

Gerit / eine Art Pfeile.
237

Gesandter muß attent seyn.
241

(Türkischer) wartet lange Zeit zu
Nißa.
35

ist nicht so viel als ein Seras
kier.
474

denen ausländischen zu Constanti
nopel wird des Botschafters
Ankunft berichtet.
154

zwischen ihnen sucht der Botschaf
ter den Præcedenz-Streit
zu vermeiden.
154

(Französische) dessen Gegen
Compliment an den Bot
schafter.
155

ihme wird ein loß⸗gekaufter
Sclav von der Botschaft
praesentirt.
159

besucht den Botschafter.
181

verlangt den Teutschen Adel zu
sehen.
182

sammlet für die Königl. Kunst
Cammer Antiquitæten.
371

dessen Anstalt bey einer Feuers
Brunst.
371

Kaiserl. soll ehedessen zu Con
stantinopel gestorben seyn.
309

(Englisch⸗ und Holländische)
Gegen⸗Compliment an den
Botschafter.
158

besuchen Jhn.
211

Gesand
- 557 -
Register.

Gesandte (Holländische) wird von
dem Botschafter mit einem
Zug Pferde beschenkt.
264

(Venetianische) kommt zu Con
stantinopel an.
231

läßt den Botschafter seine An
kunft wissen.
232

wird von dem Botschafter
durch Abgeschickte compli
mentirt.
233

hält seinen Einzug.
271

wird von einigen aus der Röm.
Kaiserl. Botschaft begleitet.
274

darf nicht durch die Stadt zie
hen.
274

tractirt die von den andern
Botschaften.
274

Audienz bey dem Sultan und
Groß⸗Vizir.
279

dessen Name.
282

besucht den Botschafter.
282

gibt bey dem Aufbruch der R.
Kaiserl. Botschaft das Früh
Stück.
427

(Moscowitische) ihm läͤßt der
Botschafter seine Ankunft
wissen.
209

dessen bedenklichs Gegen⸗Com
pliment an den Botschafter.
200

nehmen von dem Botschafter Ab
schied.
421

tractiren ihn.
423

Gesandtschaft / von deren Vorzug ur
theilt ein Venetianer falsch.
281

die ausländischen begleiten die
Botschaft.
428

Geschenk seltsames derer zu Sophia an
die abgeschickte Edelleute.
96

der Türken insgemein.
96

des Röm. Kaisers werden ausge
packt.
159


Geschenk des R. Kaisers vor den Sultan
gebracht.
206

werden verkauft.
206

jährliche des Sultans nach Mec
cha.
284

des Sultans womit es sich vor
andern distinguirt.
402

(Hochzeit⸗) bey den Grichen
300

Geschirr / silberner und guldener doͤrfen
sich die Tüͤrken nicht bedienen.
161

Geschlechter / darein sind noch einige Rai
tzen eingetheilt.
85

Geschrey / eine bey den Tüͤrken gewöͤhnliche
Ehren⸗Bezeugung der Baschen.
57

Geschütz / da an fehlt es den Türken nach
dem letzten Verlust.
456

Gespenster erschrecken einige der Unsri
gen.
264

was die Tüͤrken davon halten.
265

Gespräch moralische des Herrn Bot
schafters.

Getraidt wie man in der Tüͤrkey aus
trischt.
135

Gewehr / dem Teutschen streben die Tüͤrken
sehr nach.
63

solte man nicht an die Türken
verkaufen.
64

muß die Botschaft im Hof des
Kaiserl. Serralliens ablegen.
185

warum niemand damit in den
Kaiserl. Pallast gelassen wird.
197

Gieß⸗Hauß bey Constantinopel.
210

abgebrandt.
360

der dardurch verursachte Schaden.
363

Gilid / eine Art türkischer Pfeile.
237

Glimberg (Christian Philipp von)
4

Glocken /


Sss 2
- 558 -


Register.


Glocken / warum die Türken in ihren Kir
chen nicht haben.
321

Glückwunsch Türkischer.
184

Gnade GOttes / warum denen Menschen
und nicht denen gefallenen En
geln ertheilt.
143

Godschalk (Johann) Dolmetsch.
3

Görtz / Dolmetsch.
290

wird krank.
215

stirbt.
228

Götzen⸗Bild der Pallas.
276

GOTT des Drey⸗Einigen gedenkt der
Botschafter in der Abschieds
Rede an den Sultan.
401

Gottes⸗Dienst / wie die Türken darzu ruf
ten.
225

Grab / darein wird bey den Türken nur
eine einige Person gelegt.

169

wie solches eingetheilt ist.
114

in was für einer Positur die Tüͤr
cken hinein gelegt werden.
114

Gräber der Türkischen Kaiser und Kai
serinnen.
323

Grab⸗Schrifft flattirende auf des Tö
ckely Gemahlin.
381

Grab⸗Stein / deren unterschiedliche Arten
bey den Türken.
114

Gran / Ankunft daselbst.
25

Schloß.
26

Kirche.
26

Häuser.
27

Gränz gegen die Türkey.
49

Commendanten gehen zu erst zur
Säulen.
50

Gratulation wechselsweise der Gesand
sandten zu den Christ⸗ und Neu
Jahrs⸗Ferien.
359

Grelot, ein accurater Zeichner der So
phien Kirche.
324

Groß⸗Mejer (Christian) Ober⸗Koch.
10


Groß⸗Vizir / dessen Gegen⸗Compli
ment an den Botschafter.

155

Geschenke an den Botschafter.
156

dessen Anerbieten mit klingenden
Spiel in die Stadt zuziehen
wird von dem Botschafter nicht
wol aufgenommen.
ertheilt wider die Gewohnheit den
Botschafter auser Constantino
pel Audienz.
170

wer er ist.
171

Audienz des Botschafters bey
demselben.
171

dessen Pallast.
173

ist ein Eydam des jetzigen Kaisers.
174

empfängt bey der Visite niemand
als den Moufti.
177

dessen Unterthänigkeit vor den
Sultan.
77

Beehrung von andern Grossen.
177

Beschreibung dessen Person.
179

hört des Botschafters Rede ste
hend an.
180

dessen Geschenk an den Botschaf
ter.
180

ist seines Lebens niemaln sicher.
201

dessen Beantwortung auf des
Botschafters Rede im Namen
des Sultans.
206

dessen Aufzug an dem Bairam.
221

grüsset die Janitscharn.
221

den Botschafter im Vor
beyziehen.
221

besucht den Botschafter im Lager.
234

tractirt ihn daselbst auf einen
Kaiserl. Lust⸗Hauß.
235

Groß⸗

- 559 -


Groß⸗Vizir / dessen Leib⸗Wagen.
235

Wohnung zu Frühlings
u. Sommers⸗Zeit
249

ist ein guter Schütz.

dessen Sohn kommt zu den
Schau⸗Spielen.
262

läßt den Botschafter auf die Jagd
führen.
263

schickt den Botschafter Geschenke
in seine neue Wohnung.
275

zeigt den Botschafter seiner Ge
mahlin Bad.
281

gibt dem Botschafter von dem Tod
des Kaiserl. Prinzen Nachricht.
306

hat nicht nöthig / wegen entstan
dener Feuers⸗Brunst sich jen
seits des Canals zu begeben.
361

sucht den Topchi Baschi wegen
des abgebrandten Gieß⸗Hau
ses zu trösten.
361

ist ein Rechts⸗Verständiger.
399

darzu werden oft geringe Leute ge
nommen.
399

ihm begegnet ein merkwüͤrdiger
Zufall im Schiessen.
408

beschenkt den Botschafter zu letzt.
421

sieht den Auszug der R. Kaiserl.
Botschaft mit an.
429

Grublian.
102

Gruß / will der Türkische Bot
schafter dem R. Kaiserl an seine
Gemahlin nicht auftragen.
56

Güter / der Verbannisirten / geht der
Sultan an sich.
137


H.


Haan / was es ist.
80

grosser zu Jenihaan.
140

Haan / prächtiger zu Basardschick.
113

zu Usundschova und Harmanli.
125

zu Hapsa.

in Asten Einkünfte derselbigen.
139

woher sie den Namen bekommen.
140

dieses Wort bedeutet einen Köͤ
nig.
137

Haasen / deren Menge.
145

Haasen⸗Hexerey.
436

Hamus, ein Berg.
107

Häuser in Sclavonien deren Beschaffen
heit.
35

zu Sophia / wie eingerichtet.
90

grosses für den Botschafter.
92

zu Grublian schlecht beschaffen.
103

zu Basardschick wol gebauet.
113

Hali Aga Czeschma.
120

Halvadgi.
184

Hand / welche bey den Türken die
vornehmste.
58

bey den Grichen.
300

⸗Kuß (Kaiserl.) wer darzu gelas
sen worden.
11

Handlung / florirt stark zu Sophia.
93

deren Nachtheil daselbst durch
Wegnehmung Belgrad.
94

grosse zu Basardschick.
113

Hapsa.
135

Harem / was es ist.
174

Harmanli.

Harrach (Graf Carl.)
493

Hasaki Sultana.
212

Haskoi.
135

Hasodä / wer sie sind.
160

warten im Kaiserl. Lust⸗Hauß
dem Botschafter auf.
160

Haßan Bascha Palanka.

Haueisen (Joh. Gottl.) Speiß⸗Meister
3

Sss 3

Hau
- 560 -
Register.

Haufen aufgeworfene in der Türkey was
sie bedeuten.
116

Haußhaltung der Baschen / wem solche
anvertrauet ist.
414

Hauß⸗Knecht stirbt.
283

Hazeln gibt es zu Sophia sehr viel. |
95

Haznadar Baschi.
224

Haznadar Tschiflick.
149

beziehet der Botschafter.
150

Beschreibung davon.
151

Heckman (Joh. Heinrich) Secretaire.
3

Hegira / was es bedeutet.
340

Hepipcze / ein Fluß.
125

Herackle.
146

Heræus dessen Auslegung einiger In
scriptionen.
459

Herberg Türkische.
80

Heyducken.
8

einer fällt ins Wasser.
33

Hippodromus.

Hochzeit der Bulgarn.
106

Grichische.
297

Hörte (Georg. Joh. Raban Gottlob
von)
6

Holländer / womit sie nach der Türkey
handeln.
390

Holz / von der Arche Noah in der So
phia⸗Kirche aufbehalten.
322

Holzbauer (Swibert) Capell⸗Meister.
3

(Franz Alexander) Edel⸗Knab.)
8

Holzman (Urban) Uhrmacher.
3. 78

Hostien consecrirte stiehlt ein Sclav.
231

Huberts⸗Tag gefeyert.
288

Hulin (Daniel Lampert) Leib⸗Medicus.

gibt sich grosse Mühe wegen der
Kranken.
231

Hund (Jagd⸗) deren Geschwindigkeit.
119

Gestalt.
119

sind ehmaln die Christen von den
Türken genennt worden.
145


Hund der sieben Schläfer soll im Para
dis seyn
343

Hunds⸗Hoten (Bohnen) deren Würc
kung.
213

Hut grosser der Bulgarischen Wei
ber.
105


I.


Jabrowitz.

Jagodina.
4

daselbst tractirt Graf Oduyer den
Adel auf der Ruck Reiß.
482

Jahr⸗Märkte zu Meccha.
284

Jahr⸗Rechnung der Türken.
340

Jahrs⸗Zeiten die vier findet man auf dem
Widoscha⸗Berg.
103

Janitschar / deren Muthwill.

mausen gerne bey entstandener
Feuers⸗Brunst.

bezeugen ihren Verdruß üͤber die
Teutsche.
67

ihre Schmäͤh⸗Worte.
68

die zu Nissa wollen eine Aufruhr
wider die Botschaft anstiften.
70

geben Vorkäufer ab.
94

sind dem Botschafter zur Wache
zu gegeben.
97

prognosticiren keinen dauerhaften
Frieden.
70

sind Vollsäuffer.
71

nicht in einerley Farb gekleidet.
71

deren Tracht.

Stifter.
72

tragen ihre Geld⸗Säcke heim.
208

ihr Gefängniß.
210

wie viel ihrer zu Constantinopel.
218

im Reich.
218

warum sie haben rebelliren wol
len.
217

Janit
- 561 -
Register.

Janitscharn / deren Reverenz gegen den
Sultan.
225

einer will beichten.
397

ihnen wird Reiß ausgetheilt.
398

dabey wird ihr Wol⸗ oder Miß
vergnüͤgen abgenommen.
398

sind zur Aufruhr geneigt.
398

wollen ihres Officiers Hauß stür
men.
403

einer kommt unverschuldet in Le
bens⸗Gefahr.
408

der Verbrecher Desperation.
412

einer verehrt den Botschafter zwey
Rehe.
472

(junge) woran sie zu erkennen.
128

Janitscharn⸗Aga / dessen zu Nissa Present
an den Botschafter.

dessen Anrede an Jhn.
75

Rang.
188

zu Constantinopel wird in seinem
Amt bestättiget.
394

Beschreibung dessen Sitten.
419

ist ein Mameluck.
419

gehet oft verkleidet durch die
Stadt.
419

Janum Hodgia räͤchet sich wegen des
erlittenen Schimpfs.
387

Jarkowitz (Joh. Georg) Orientalischer
Courier.

Jaroch (Jacob) Trompeter.
2

Jbrahim / Groß⸗Vizir / stiftet so viel
Haan / als Tag im Jahr.
137

dessen Verdienste.
137

Belohnung und Freyheit.
137

läßt seinen Sohn hinrichten.
140

von dessen Nachkommen ist noch
ein einiger übrig.
137

wo sich derselbige aufhäͤlt.
140

der heutige Groß⸗Vizir.
153

Ichoglans.


Jchteman.

Jeinikoya.
209

Jeneakenscheli.
135

Jenihaan.

Jenimakeloi.
448

Jeschewitz.

JESUS / unser Heyland / was die
Türken von Jhm halten.
99.

101

was sie von Jhm dichten.
123

Jesuiten / haben eine schöne Kirche bey
Constantinopel.
379

Jhlianch.
88

Jhliman.
104

Jllock / ein Markflecken.
35

Jmam / deren Verrichtung.
225

Installirung.
226

Examen.
226

Jmhof (Anton Jgnatz)
4. 77

Jnkingi Hasaki.
213

Inscription, schmeichlerische eines Fran⸗
zösischen Mönchs.
380

zu Mustapha Bascha Palanka
458

Insecten im Wasser.
389

Insul (Mönchen⸗)
33

(Brigitten⸗)
33

(Bettlers Graben)
34

Invention einfältige der Grichischen Co
mödianten.
366

Johannes (König in Polen) dessen Nie
derlag.
27

Josephus à S. Maria.
Jric.
489

Jrr⸗Licht halten einige für die Pest.
76

Isaac / die Gedächtniß dessen Auf⸗Opfe
rung von den Türken gefeyert.
283

Jscha / ein Fluß.
89

Jskaro / ein Fluß.
102

Jud / Gespräch des Botschafters davon.
99

betriegender wird bezahlt.
194

Jüdische

- 562 -


Register.


Jüdische Famille will durchgehen.
492

Jugend / besondere Art dieselbige zu züch
tigen.
452

Jungfrauen Bulgarische lassen sich nicht
viel sehen.
105

Dorf.
111

Justinianus (Kaiser) ob die Sophia
Kirche zu Constantinopel er
baut.
317

dessen Bildniß haben die Türken
eingeschmelzt.
351


K.


Kadriten / deren Beschreibung.
345

wägen ihre Speise nach einem Holz
ab.
345

deren geistliche Ubung.
345

Kleider.
345

Ursprung
345

Gottes⸗Dienst.
347

unsinnige Gebärden.
347

nächtliche Andacht.
347

Kadune.
216

Kaiser (Röm.) wie Er die Botschaft zu
dem Hand⸗Kuß admittirt.
11

Dessen gnädiges Belieben an Sei
nes Botschafters Aufzug.
13

Dessen Namens⸗Tag wird von
der Botschaft celebrirt.
288

Kaiserin (regierende) verstattet der Bot
schaft den Hand⸗Kuß.
12

(verwittibte ältere) Hand⸗Kuß
daselbst.
12

Nachricht von Dero höchstseel. Ab
sterben.
373

(verwittibte jungere) Hand⸗Kuß
bey Derselbigen.
12

Kalibi / was es sind.
182

Kallenec.
491

Kampf der Türken nach ihrem Tod.
114


Kara Mustapha Bascha wünscht sich die
Marter⸗Cron.
386

Karabeiera.
134

Karakullukagi.

Kastner (Joh. Christeph) Canzelist.
3

Kaufman von Mördern erschlagen.
455

Schwedischer bey der Türkischen
Botschaft entdeckt.
473

Kem Husar Aga.
220

Kemmeter (Franz Xavi) Canzelist.
3

stirbt.
296

Kempf (Joh. Baptist) Edel⸗Knab.
8

Kern (Joh. Michael) Hof⸗Meister.
2

Ketche / was es ist.
71

Kiaha wer er ist.

tractirt die Betschaft mit den be
sten Früchten bey der schönsten
Music.
418

Kiblach / so viel als Meccha.
93

Kimling (Christoph)
8

Kinder bey den Tüͤrken in Waffen exer
cirt.
62

werden einem in einem Jahr
LXXXIII. gebohren.
202

an dem grossen Bairam beschenkt.
217

hundert hat Selim gezeugt.
323

kleiden die Türken in ihrer Mön
che Habit.
416

Kinigl (Phil. Joseph Joh. Leopold
Graf)
6

Kiosch im Serrallien zu Adrianopel.
440

Kiosen / des Sultans Groß⸗Mutter.
217

Kirche zu Sophia.
100

zerstörte.
111

bey deren Eingang legen die Tür
ken die Schuhe ab.
133

wie die Tüͤrken darzu ruffen.

334

(Patriarchal) der Grichen.
291

darf nicht ausgebes
sert werden.
292

Kirche

- 563 -


Register.


Kirche zu Jerusalem wird renovirt.
292

deren erhaltene Vortheil durch
den Französis. Gesandten.
379

der Franciscaner zu Pera ge
schlossen.
296

ist denen Teutschen zustäͤn
dig
376

deren Geistliche werden aus
den Kaiserlichen Erb⸗Lan
den genommen.
377

darinnen ist das Röm. Kais.
Wappen aufgehenkt.
378

wird für den Kaiser gebet
ten.
378

warum auch das Holländische
Wappen daselbst zu finden
378

welche in Morgenland unter des
Röm. Kaisers Schutz stehen.

Kirch⸗Höfe der Türken sehr weitläuftig.

Kirchen⸗Schätze zu Constantinopel wo sie
aufbehalten werden.
309

Kisber.
491

Kiskoi.

Kisten⸗Pfenning.
278

Kiuperli / dessen Sohn.
37

dessen Nachkommen dörfen nicht am
Leben gestrafft werden.

Kleider werden vor der Auswechslung
unter die Bedienten ausge
theilt.
46

derer an der Pest Verstorbenen
verkauffen die Tüͤrken alsobald.
274

Kleidung der Bulgarn.
104

Knab sieben jäͤhriger / will ein Christ wer
den.
305

unschuldiger Eifer für sei
ne Religion.
366

eines lächerliche Antwort wegen
seiner Religion.
475


Knesen / wer sie sind.
483

Kobila.
37

Kobilke (Obrist⸗Wachtmeister)
482

Koch Kaiserl. wird ein Türk.
487

Könige / deren Ursprung / was davon zu
halten.
477

in Frankreich ein sorgfältiger
Nachforscher der Antiquitæ
ten.
277

Bulgarische / wo sie ihren Sitz ge
habt.
90

Köpfe der Baschen werden öͤffentlich
ausgestellt.
385

Kollar.

Kollovrath (Emanuel Graf)
6. 86

(Norbert Graf)
6. 86

Kopf⸗Geld bey den Türken.
401

Koritniac.
79

Kraft (Christian) Quartier⸗Meister.
2.

127

Krankheiten / reissen im Lager ein.
231

nehmen zu.
243

was die Ursach.
267

Kriegs⸗Dienste / darzu ist in der Türkey
jederman / bis so gar auf die klei
ne Kinder / verpflichtet.
112

Gefangene / deren Auswechelung
wird recommendirt.
180

Krotzka.

Kuche bey dem Divan.
186

Kuchen Türkische.
56

Kuchenländer (Baron) Commendant
zu Gran.
25

Kunickly.
141

Kunst⸗Stuck curiöses.
260

Kuruczeschma.
120

Kurutschesmen.
209

Kurzweil ärgerl. des Sultans.
439

Kutzlir Aga.
224

verwahrt die Schlüͤssel zur Kirche
und zum Frauenzimmer.
319

441


Kutins

Ttt
- 564 -


Register.


Kutinska / Fluß.
78

Kutschuck Tschemetschen.
149


L


Lämmer⸗Fell / damit belegen die Tüͤrken
ihre Kirche.
323

Lager vor Nißa.
6

vor Constantinopel.
151

nach dem Auszug aus Constan
tinopel.
429

daraus gehen viel wieder nach der
Stadt.
430

Laquayen des Botschafters.
7

des ersten Adels.
6

des zweyten.
4

einer wird erstochen.
32

Laster verschließen den Himmel.
143

Lazarus / ein Bulgarischer Fürst.
90

von Sultan Amurath getödtet.
196

Leanders⸗Thurn / falsch angegebener.
167

Le Brun, ein Französ. Dolmetsch umge
bracht.
424

Leeb (Robert) ein Bernhardiner.
5

reißt in das gelobte Land.
233

Lehre der Türken von bevorstehender
Veränderung im Geist⸗ und
Weltlichen.
123

Lehrer / die vier Vornehmsten bey den
Türken.
101

sind einander contrair, aber doch
orthodox.
102

Leib⸗Wacht des Botschafters.
8

zu Constantinopel.
371

Leiche / Armemanische.
244

Lerchen zweyerley Art derselben.
265

Ley (Ostman von) wird Hof⸗Marschalk
bey der Botschaft.
286

Lieutenants, zwey kommen aus Teutsch
land mit Brieffen an.
272


Locher (Adam Dominicus von)
4

übergibt des Prinzen Schreiben
dem Seraskier.
73

wird nach Wien abgeschickt.
482

Löffel der Türken.
59

Löffelholz (Baron) Commendant zu O
fen.
28

Lombardus à Taurino (Petrus Fran
ciscus) ein geschickter Prediger.
376

Lora / ein Dorf.
31

Lothringen (Herzog Carl von) rächet sich
an den Türken.

Lovina (Joseph) Jesuit.

Lucas (Isaac) Kaiserl. Courier

Ludwig (König in Ungarn) wo er um
kommen.
33

Luna (Jsaac) Oriental. Courier.
2

Luschnitza / ein Fluß.
79

Lustbarkeit bey Grichischen Hochzeiten.
301

Lust⸗Hauß Kaiserl. zu Carischtran schlecht
beschaffen.
138

auf einem bey Constantinopel
nimmt die Botschaft das Früh
Stuck ein.
160

Luxenburger / stirbt.
358


M.


Mädgen / wie sie verkauft werden.
367

Magnelos.
490

Mahler Französischer / bringt dem Bot
schafter etliche Gemählde.
280

Mahomet / dessen Bündniß mit den Chri
sten.
335

wo er gebohren.
340

dessen Flucht.
340

ist ein Aff des Herrn Christi.
101

Malefiz-Personen / wie sie bey den Tüͤrken
hingerichtet werden.
385

Mal
- 565 -
Register.

Malvezzi (Joh Maria) ward ehedem zu
Constantinopel gefangen.
310

dessen Leute und Guter wurden
verkauft.
310

Mamud / des Mustapha Prinz.
129

Managetta (Theodor)
4. 95

Manarelliquoi.
135

Manns⸗Person / schöne / deren Gefahr in
der Türkey.
246

Mantel⸗Kleid Spanisches / darinnen
nimmt der Botschafter Audienz
bey dem Sultan.
185

Manuscript des Dioscorides in der Kai
serl. Bibliothec zu Wien.
276

etliche sind noch in den Grichischen
Clöstern verborgen.
450

Mardari / wer er ist.
176

Maria⸗Bild läßt sich nicht wegschaffen.
320

Maritz / deren Ursprung.

wird Schiffreich.
117

Marmor künstlich geschnittener.
322

durchsichtiger.
322

Marschalk (Hof⸗)
3

Martinitz (Max. Guidobald Graf von)
Obrist⸗Hofmeister.
12

Maruth / ein böser Geist bey den Türken.
114

Mattoni (Jacob)
4. 78

Mauern lange bey Constantinopel.
146

Maul⸗Thiere.
Mauromolan.
209

Maurus Cordatus, Dolmetsch bey der
Pforten.
155

Mayer (Jgnatz Adam) Speiß⸗Mei
ster.
3

(Joh. Bernhard) Secretaire.
3

(Franz Joseph) Sprach⸗ Knab.
3.

169

Medina.
491


Mehemet Aga / gewesener Gevollmächti
ger bey dem Friedens⸗Schluß
läßt den Botschafter compli
mentiren.
158

besucht den Botschafter.
170

Beschreibung dessen Person.
170

Mehemet Aga / Führer bey der Bot
schaft.
85

disputirt von der Religion mit
dem Botschafter.
122

dessen Compliment bey glücklicher
Ankunft zu Constantinopel
151

dessen drey Soͤhne kommen ins La
ger.
154

wird von dem Botschafter tractirt.
234

bekommt auf dessen Recommen
dation Besoldung.
243

Meineid achten die Tüͤrken für nichts.
193

Mela / ein Fluß.
136

Melzer (Carl Joseph)
9. 78

Menschen /folgen ihrer natürlichen Fähig
keit nicht.
241

derer Wollust ist nicht zu sättigen.
241

Meß zu Adrianopel gelesen.
438

davon werden die Tüͤrken abge
wiesen.
438

Messer und Gabel pflegen die Türken bey
den Essen nicht zu brauchen.
59

Mevelava / Stifter der Dervisch.
326

Mevelut Gegeschi.
319

Minkovitz (Martin) Stadt⸗Garde Lieu
tenant.
10

Mipaslawitz / Jesuit.
5

Mierowitz.
489

Mönche des H. Basilii.
79

Grichische ungeschickt.

450

einer von dem Berg Sinai.
366

Türkische.
324


Mönch

Ttt 2
- 566 -


Register.


Mönche (Türkische) danzende.
325

heulende.
344

Mohacs.

Mollach / wer es ist.
95

Momartz / [(]Carl Ludwig) Sprach⸗Knab.
3

(Carl) Sprach⸗Knab.
3

Monastor.
33

Mond⸗Jahr der Türken.
216

Mor.
495

Morava / Fluß.
63

-Palanka.
44

Morea / die Ursach vieler Christen Ver
derben.
415

Morelli (Anton) Feld⸗Scherer.
3-33

Morgen⸗Gab bey den Grichen.
297

Moschee / wird von der Botschaft zur
Nacht⸗Herberg gebraucht.
45

zu Sophia.

zu Adrianopel.
131

sind mit vielen kleinen Thurnen ver
sehen.
130

des Sultan Ahmeds.
220

wer eine aufbauen darf.

in Constantinopel.
318

an andern Orten.
315

wo der Sultan installirt wird.
429

Moufti / dessen Beehrung von dem Sul
tan und Groß⸗Vizir.
177

kan nicht mit dem Tod gestrafft
werden.
201

ist dem Kaiser und Groß⸗Vizir
formidable.
201

warum er nicht bey dem öfentli
chen Umgang erscheinet.
225

hat eine schoͤne Tochter.
229

Muhasabegi Baschi.
221

Muhlagi.
236

wer sie sind.
237

Mumien / was sie sind.
277

Muselman / was es bedeutet.
315

Music der Baschen bey den Türken.
17.

121

damit läßt sich der Botschafter
über der Tafel bedienen.
183

Türkische.
219

machen die Teutschen nach.
234

(Instrumental) in dem Alcoran
verbotten.
333

darf vor dem Kaiserl. Serrallien
niemand hören lassen.
393

(Nachte) der Kaiserl. Botschaft er
laubt.
394

bey dem Kiaha / läßt sich der Bot
schafter gefallen.
418

Mußelim / was es bedeutet.
95

Mustapha (Sultan) wird abgesetzt.
129

wie es damit zu gegangen.
198

(Capudan Bascha) hartes Ver
fahren wider ihn.
362

-Bascha Kiupri.
125

dessen Beschreibung.
447

-Bascha Palanka.
80

wird von den Unsrigen ge
nau observirt.
457

Mutevelli.
220

Mühl⸗Knechte springen zur Kurz
weil ins Wasser.
22

Müller (Joh. Adam)
5

Muͤntz untersucht der Groß⸗Vizir.
187

rare.
277


N.


Nacht⸗Quartier bey dem Mehemet.
218

Nakib Eschrel / wer er ist.
97

Namastir.
136

Nano (Stringarius de)
5

Nationen allerhand werden bey dem Ca
pudan Bascha gefunden.
414

Navoni, mit dem Französ. Dolmetsch co
pulirt.
424

Nazmar

- 567 -


Register.


Nazmar (Baron)
473

Nehm (General⸗Feld⸗Zeugmeister)
34

Nesselrode (Franz Bertram Arnold
Graf)
6

Neveu (Joseph) Edel⸗Knab.
8

Nicolitz (Roman)
469

Nischanschi Bascha.

Nissa / daselbst kan die Botschaft nicht lo
giren.

Einzug daselbst.

Beschreibung.
65

daselbst wird die Botschaft durchsucht.
470

Abzug von dar.
470

Nissava⸗Fluß.
79

dessen Ursprung.
88

Novihaan.
104


O.


Obelia.
88

Obrigkeit / soll keine Aergerniß geben.
180

Odabaschi / wer sie sind.

Oduyer (Graf) Commendant zu Bel
grad.
37

dessen prächtiges Tractament an
die Botschaft.
39

wird durch angebottene Geschen
ke vom Seraskier versucht.
74

von ihm wird bey dem Seras
kier gesprochen.
59

wird von dem Botschafter gelobt.
60

von dem Seraskier.
468

dessen Affaire mit dem Türkischen
Botschafter.
473

recommendirt, dem Seraskier
den Kauf⸗Handel und die gute
Verständniß.
481

hält öffentlich Gericht.
483

wie weit er den Botschafter be
gleitet.
489


Oebschelwitz (Otto Friederich) inge
nieur. Hauptmann.
4. 43

meldet die Gesandschaft bey dem
Seraskier an.
65

legt das Compliment bey dem
Türkischen Botschafter ab.
476

Ofen / Ankunft allda.
28

Tractament.
28

Bewillkommung von dem Stadt
Rath.
29

Beschreibung.
30

Officiers (Hauß⸗)
2

Olmasch.
490

Oludera.
125

Opfern / thun die Türken bey ihrer
Wallfarth.
283

Opo⸗Balsam / ausführliche Beschreibung
hievon.
431

Oration eines Jesuiten zu Comorrn vor
den Botschafter.
23

Ordnung des Zugs nach der Auswechs
lung.
56

Oresta.
128

Osman / des Sultan Mustapha Prinz.
129

Oster⸗Andacht.
396

-Fest wie die Grichen feyren.
431

Ostman (Sixt Anton Freyherr) Ober
Stall Meister.
8

dessen Ungelegenheit mit den Tür
ken
456

Ostoraken / wer sie sind.
94

Ottoni (Stephan) wird von Janitscharn
Aga zu Nissa der Dienstbar
keit entlassen.
69

dessen tapfere Vertheidigung sei
nes Herrn.
69

Oul Bascha.
134


P.


Paar (Joseph Jgnatz Graf) Oberst
Hof⸗Meister.
12


Page

Ttt 3
- 568 -


Register.


Page (Claudius) Ober⸗Koch.
10

Palanka in der Gegend bey der Trajani
schen Pforte.
453

Palfi Königl. Stadthalter zu Preßburg.
17

— und Erdödi eines Stamms. |
34

Papasli.

Papier der Türken.
178

heben die Türken heilig auf.
315

Paposchen / was es sind.
58

Πάππαι / in der Grichischen Kirche.
294

Para / was einer gilt.

Parakin.
45

daselbst tractirt der Graf Oduyer
den Adel auf der Ruck⸗Reise.
482

Parascowitz (Demetrius)
291

Parkan.
28

Partheyen / wie sie vor den Divan ge
bracht werden.
192

Paß⸗Brieffe an den Gränzen von wem
sie ausgestellt werden.
468

Patriarch der Grichen zu Constantino⸗
pel.
292

kommt durchs Geld zu dieser
Würde.
292

wird ins Gefängniß geworfen
293

seinem Amt nachgestrebt.
293

wie er eingesetzt wird.
295

der Grichen überhaupt.
294

zu Jerusalem hält eine Visitation
in den Thracischen Clöͤstern
449

redet corrupt Latein.
450

dessen Meinung von Vereinigung
der Kirchen.
450

Paucker.
2

Peicks.

Penkler (Heinr. Christoph) Sprach
Knab.

Pensova.
485

Pera.
214


Pera / dahin muß die Botschaft eiligst
ziehen.
267

Feuers⸗Brunst daselbst.
370

Perfumo (Jacob) wird loß gemacht.
413

Pernnöber (Leopold Anton) Edel⸗Knab.
8

Pest grassirt zu Philippopel.
115

warum sie in Constantinopel so oft
grassirt.
165

daran kehren sich die Türken nicht.
211

nimmt stark zu.
211

– – Stadt bey Ofen.
28

Peterwardein.

Petrasch (Obrist⸗Lieutenant) ist in sieben
Thürnen gefangen gesessen.
312

General.
490

Petrowitz (Johann) Sprach⸗Knab.
3

Pfaffen / einen Grichischen läßt der Groß⸗
Botschafter zu sich kommen.
38

dessen Unwissenheit.
38

eines Grichischen Höflichkeit. |
392

Pfarren / darzu kommt man bey den Tüͤr
ken umsonst.
226

Pfeiffen / deren Gebrauch heilig u. alt.
333

Pfeil⸗werfen / darinnen sind die Türken
sehr geübt.
237

Exempel davon.
238

Belohnung dafür.
238

Pferd (Hand-)
2

Kostbarkeit derer / so von des Mu
hamets seinen Herkommen.
124

fabelhaftes Vorgeben davon.
224

mit rothen Schweifen.
160

werden bey dem Einzug und der
Audienz aus des Groß⸗Vizirs
Stall hergegeben.
171

des Chederles / Fabel davon. |
343

läßt der Botschafter einkaufen.
383

451

schlechtes Tractament derer / so ein
Kaiserl. Botschafter dem Sul
tan verehrt.
404

Pfoder

- 569 -


Register.


Pfoder (Franz Joseph) Edel⸗Knab.
8

Pforte Trajani / Beschreibung davon.
108

Philippopel / Beschreibung davon.

449

Philippovza / ein Bach.
88

Piccolomini brennt den Haan zu Mu
stapha Bascha Palanka ab
457

Pichard (Johann) Ober⸗Koch.
10

Picky (Joh. Victor) Stadt⸗ und Leib
Garde⸗Hauptmann.
2

Pilgram nach Meccha wie stark deren
Anzahl.
284

kommen wieder zuruck.
383

Platten drey an des Sultans Bund / was
sie bedeuten.
223

Plum (Johann) Edel Knab.
8

Pöbel in der Tüͤrkey spottet der Fremden.
267

Pompejus, dessen Säule.
289

Porcellan / warum sich die Türken dessen
bedienen.

Porta lettere, wer damit verstanden
wird.
272

Portiuncula-Fest gefeyert.
158

Potentaten (böse) erheben sich über Gött
lich⸗ und Menschliche Gesetze
124

Potitschina.

Præsident (Hof⸗Kriegs⸗Rath⸗) an Jhn
haben die Türken sonst nicht
schreiben wollen.
53

Predigen / wird bey den Türken für was
grosses gehalten.
225

Predigt⸗Stüͤhle in den Moscheen. |
100

Preitenacher (Ferdinand)
4

Present zu Sophia an den Botschafter.
96

letztes des Sultans / was dabey zu
beobachten.
426

für den Kaiser und Prinz Euge
nius.
430

des Bostangi Bascha zu Adriano
pel an den Botschafter.
446


Preßburg / Empfang der Botschaft da
selbst.
17

Priester der Grichischen Kirche / was die
Römische Kirche davon hält.
296

Prinzen des Sultan Mustapha.
129

darüber sind die Janitscharn
Vormund.
130

unter solchen ist der jüngste am
meisten beliebt.
130

der äͤlteste des Sultan Ahmets ist
bey der Audienz.
197

ist ein schöner Herr.
204

dessen Aufzug an dem
Bairam.
223

siehet die Schau⸗Spiele
mit an.
411

einer wird dem Sultan gebohren.
306

werden oft aus politischen Ursa
sachen verwahrloset.
307

(Holsteinischer) reißt durch Un
garn.
493

Prinzeßinnen des Sultans / werden de
nen Vornehmen oft noch in der
Wiegen zur Ehe versprochen.
174

müssen ihre zugedachte Mäͤnner
unterhalten.
174

nebst ihr darf keiner eine andere
Frau oder Concubin haben.
175

eine wird dem Sultan gebohren.
286

des Tartar Haans / wird von dem
Französ. Gesandten beschenkt.
359

wie sich solche den Uberbrin
gern gezeigt.
359

Prioli (Anton)
349

Proceß (Rechts⸗) bey den Türken ge
schwind abgethan.
192

Pulver
- 570 -
Register.

Pulver⸗Magazin zu Belgrad.
486


Q.


Quantiquoi.
135

Quarantaine pflegt man in der Türkey
nicht zu halten.

muß man auf den Gränzen halten.
228

davon wird niemand ausgenom
men.
304

wird wieder aufgehebt.
456

Quelle (gesunde) zu Belgrad.
487

Qulelli.
135

Ququevik.
490


R.


Raab.
491

Racky / so viel als Brand⸗Wein.
219

Ragoczi / wo er sich aufgehalten.
209

muß sich von Constantinopel wei
ter entfernen.
420

Ragusa / deren Abgeordnete kommen dem
Botschafter ent
gegen.
150

werden von dem Bot
schafter tractirt.
305

Raitzen / Unterschied derselbigen.
85

zu Grublian.
103

Ramazam / der Türken Fasten.
130

was sie davon glauben.
216

Rami Mehemet Bascha.
199

wird Stadthalter zu Groß⸗Cair.
202

Raschna.
46

Ratinzo.
490

Ravenitz / ein Fluß.
45

Raub⸗Schiff Malthesisches im Haven zu
Constantinopel eingebracht.
291


Ratzen⸗Markt / eine Jnsul.
31

Rebhüner / weyerley Art derselben.
265

Rechimbtar Aga.
223

Recht / läßt der Sultan einem unschuldi
gen Franzosen wiederfahren.
189

Rechts⸗Spruch kluger des Groß⸗Vizirs.
194

Reczep Aga / wer sie sind.
47

Reichard (Franz) Trompeter.
2

Reiger / weisse.
111

Reis⸗Efendi.
189

Reiß / wächst zu Philippopel.

wird den Janitscharn ausgetheilt.
186

dabey geben sie ihre Neigung ge
gen die Regierung zu erkennen.
188

Reit⸗Knechte.
2

Religion / davon dörfen die Türken nicht
öffentlich disputiren.
122

darinnen ist mit Disputiren bey den
Türken nichts auszurichten.
122

Rhodope / ein Berg.
107

6

Rhomberg (Otto von)
bekommt die erste Hauptmann
schaft unter den Virmondti
schen Regiment.
383

tractirt den Adel zu Talman Ba
scha.
393

Ricaut, begehet einen chronologischen
Fehler.
316

ist unrichtig in Beschreibung der
Türkischen Mönche.
326

Rieß (Andreas) Trompeter.
2

– (Wilhelm) Edel⸗Knab.
8

Ringer.
88

ausführliche Beschreibung hievon.
256

werden reichlich beschenkt.

einer hat nur eine Hand.
257

Römer/

- 571 -


Register.


Römer / diesen ahmen die Türken mit ih
ren gewöhnlichen Zuruff nach.
Romanie / warum es so genennt wird.

Rosenfeld / Wachtmeister⸗Lieutenant.
2

Roß⸗Schweif / wer deren drey führen
darf.
72

Ruder⸗Bursche / deren Anzahl auf einem
Schiff.
250

Eintheilung.
251

auf was Weiß sie die Freyheit er
halten können.
252

darfen für sich arbeiten.
252

bekommen von der Botschaft All
mosen.
252

Rupert (Adam) Edel⸗Knab.
8

Rupora / Berg.
117

Rurnili / so viel als Thracien.

449

Russenstein (Joseph von)
8

gehet nach Venedig.
382

Russini Venetianischer Gesandter.
231

Rustan / Groß⸗Vizir / dessen Schätze.
309


S.


Säcke (Geld⸗) für die Janitscharn.
187

tragen die Janitscharn davon
188

dabey bezeigen sie ihr Wol⸗ oder
Miß⸗Vergnügen.
188

deren Anzahl.
188

208

wer davon bezahlt wird.
Säule an dem Ort der Auswechslung.

Ceremonien dabey.

des Kaisers Arcadius.

352


Säule ein Stüͤck davon / an welcher der
HERR CHristus gegeisselt
worden.
292

einiger zu Constantinopel.
348

gespitzte / deren Beschreibung.
349

gewundene von Erz.
351

dessen Köpfe fallen von sich
selbst ab.
351

Muthmassungen davon.
352

des Justinianus zu einem Brun
nen⸗Kasten gemacht.
353

wo der Kaiser Leopold und Kö
nig in Polen zusammen gekom
men.
493

Sakä.

Salankement.
37

Samcova.
107

St. Niclas.
493

Sangiack / was es bedeutet.
78

Sariar Althi.
209

Saribrod.

Satyren / wer sie sind.
470

Sautermeister (Michael)
4

Schaaf⸗Häute / damit belegen die Tür
ken ihre Kirchen.
100

Scarab / so viel als Wein.
218

Scarlatti (Niclaus) Waidwod / ausge
wechselt.
312

Schabschneider (Philipp) Trompeter.
2

Scephonie.
491

Scharkioi.

Schau⸗Spiele im Lager des Groß
Vizrs.
236

im Kaiserlichen Lust⸗Hauß in Asten.

Schatz des Sultans / womit er verun
ehrt wird.
405

Scheig (Groß⸗)
333

Schel (Johann) stirbt.
231


Uuu


Scher
- 572 -
Register.


Scherbeth / was es ist.
49

Scherftenberg (Maximilian Graf)
6.

Schiffe / wie viel deren die Botschaft
von Wien aus gehabt.
15

(Leib⸗) dessen Beschreibung.
15

wie hoch eines zu stehen kommt.
250

worauf die Botschaft nach Asien
fährt / ist inficirt.
253

darfen dem Ufer nicht zu nahe
kommen / wann das Kaiserli
che Frauenzimmer im Garten
spazirt.
288

wie solche beladen werden.
388

müssen ihre An⸗ und Abfarth durch
Losungs⸗Schüsse anzeigen.
390

wie viel Französische jährlich zu
Constantinopel einlauffen.
390

wie viel Venetianische.
390

gemüthere / wie viel die Türken da
für bezahlen.
417

Schiffbruch auf dem Canal.
264

schiffs⸗Flotte Türkische wie stark.
417

Schiff⸗Leute sind geschwind in ihrer Ar
beit.
253

Schiffmann bey der Türkischen Bot
schaft entdeckt.
473

Schiff⸗Patron wird aufgehenkt.
420

Schlangen / damit gehen die Egyptier
ohne Schaden um.
343

werden von ihnen beschwohren.
344

Schlibniza.

Schmäh⸗Worte der Türken.
68

Schmied (Joseph) Trompeter.
2

(Joseph Ernst) Mahler.

Kaiserl. Dolmetsch.

einer dieses Namens ist ein Ge
wissenloser Mameluk.


Schmieddegg (Franz Anton Baron
von)
4

recommendirt sich mit seinen
Exercitiis.
373

Schmuck der Bulgarischen Weiber.
105

Schönheit / wornach die Bulgarischen
Weiber solche urtheilen.
105

Schötteler (Ferdinand Fried. Anton)
9

gehet nach Venedig.
430

Schopen (Ferdinand von)
4. 77

(Henrich Friedrich) gefährlich
krank.
232

Schrattenbach (Ernst Graf von) Prælat
bey der Botschaft.
5. 42

lößt einen Gefangenen aus.
365

sorgt für die Bekehrung der Un
gläubigen.
366

Schreiben / Art desselbigen bey den Tür
ken.
178

des Sultans / Ehrerbietigkeit des
Groß⸗Vizirs gegen solches.
188

des Römischen Kaisers dem Sul
tan eingehändiget.
205

Schreib⸗Federn der Türken.
178

Schrifft / Türkische in des Botschaf
ters Zimmer zu Sophia.
93

durch die Züͤgel an den Mauern
vorgestellt.
129

Hieroglyphische.
349

schöne estimiren die Türken.
440

Schuhe / ziehen die Türken vor dem
Zimmer aus.
90

deren unterschiedliche Gattungen.
90

Schuppellia / Fluß.
48

Schützen (Büchsen⸗)

(Pfeil⸗)
407

ein künstlicher.
407

junge.
408

Schwaben

- 573 -


Register.


Schwaben ziehen nach Servien.
485

Schwalben / Menge derselben.
111

Schwammen werden zu Binsen Stei
nen.
146

Schweched.
493

Sclav eines Christlichen / Treue gegen
seinem Herrn.
69

hartes Tractament eines solchen.
115

kommt zu der Botschaft geflohen.

welche von den Tüͤrken wol tra
ctirt werden.
132

einer will wieder zu den Tüͤrken
übergehen.
133

zwey kommen von Adrianopel zu
uns.
135

er wird dem Botschafter von
dem Französischen Gesandten
verehrt.
169

drey verehrt der Englische Ge
sandte dem Botschafter.
214

einer wird von den Tüͤrken wie
der weggenommen.
228

einer gehet wieder zu den Tüͤrken.

an den Ruder⸗Bäͤnken deren
Tractament.
250

wie hoch einer estimirt wird.

251

einer aus Stockholm stirbt.
267

einer wird mit Schlägen haͤßlich
tractirt.
280

die eine Profession können / lassen
die Türken ungern loß.
287

welche am theuresten.
368

die gemeinen rufft man öͤffentlich
aus.
368

von allerhand Nationen.
368

wie sie die Freyheit erlangen köͤn
nen.
368


Sclaven kaufen die Juden / wann sie
noch klein / am liebsten.
369

halten die Tartarn für ihre beste
Beute.
369

einer wird loß gekaufft.
435

Sclavinnen haben eine harte Dienstbar
keit bey den abgefallenen Chri
stinen.
176

welche die schöͤnsten.
368

wie sie verkaufft werden.
362

Sclaven⸗Markt dessen ausführliche Be
schreibung.
367

Sclavonien.
34

Scutari.
249

Sebastida (Olaguer Graf)
6

reißt nach Frankreich.
282

Secretaire (Legations-)
5

des Herrn Botschafters.
3

Secten bey den Türken.
325

Seebach (Carl Ludwig)

gehet wieder nach Wien.
286

Seelen / wo sie nach dem Tod hinkommen
ist bey den Türken ungewiß.
318

See⸗Rauber listiger.
290

wird gehenkt.
350

See⸗Wasser / ob Steine damit an einan
der gefügt werden.
349

Segbanloi / daraus haben die Türken
ehmaln auf die Christen acht
gehabt.
145

Sekenderkoi / ein Fluß.
135

Seleskowitz (Anton) Sprach⸗Knab.
3

Selictar Aga.
224

Selim Türkischer Kaiser / hat hundert
Kinder gezeigt.
323

Selymbria.

Semendria.
485

Semischeze.

Semler (Johann) Mahler.


Uuu 2


Seras
- 574 -
Register.


Seraskier zu Nissa dessen Name.
46.

was dieses Wort bedeutet.
56.

78

tractirt den Botschafter auf dem
Weg.
58

empfängt den Botschafter stehend.
72

dessen Gewalt.

Present an den Botschafter.
75

Visite bey demselbigen.
77

dessen Freygebigkeit wird auf die
Prob gestellt.
403

bey ihm läͤßt sich der Botschafter
anmelden.
465

Beschreibung dessen Person und
Sitten.
468

legt sein Commando nieder.
469

dessen Gegen⸗Visite bey dem
Botschafter.
469

Aufzug bey dem Aufbruch nach
der Gränze.
471

ist mit seines Botschafters Auf
führung zu Wien nicht völlig
vergnüͤgt.
478

gehet nach der Säule.
480

Sergius, ein Mönch und Mit⸗Verfasser
des Alcorans.
101

Serhanweg.

Serrallien zu Adrianopel.
129

ausführliche Beschreibung dessel
bigen.
438

von Zucker formirt.
374

Servien / dessen Gränze.
79

Servier / womit sie sich nähren.
112

womit sie der Pforte verpflichtet
sind.
112

der Kaiserlichen Freyheit und Zu
stand.
483

Klag über die Heyducken.
484


Sesler (Albrecht und Augustin) Trom
peter.
2

Severus, Kaiser.
349

Seyfried / dessen Beschreibung von A
drianopel.

Sido.
490

Sieben Thürne / deren Beschreibung.
308

worzu sie ehedessen gebraucht wor
den.
309

Simonthorn.
491

Sinzendorf (Rudolph Sigmund Graf)
Obrist⸗Cämmerer.
11

Sötting.
490

Sofaus / was es ist.
58

zu was sie dienen.
91

Sold / wird den Janitscharn ausgetheilt.
18

in Säcken für ihre Zimmer gewor
fen.
186

solchen tragen sie selbst zu ihren
Officirern.
186

Soldaten / deren Anzahl bey Aus⸗
wechslung der Botschaft.
40.

welche von den Sultan bezahlt
werden.
405

Solyman/Türkischer Kaiser / bleibt vor
Sigeth.
137

Sondermar ( Franz) Trompe
ter.
Sonnen⸗Wädel / bedienen sich die Vor⸗
nehmsten in der Türkey. |
154

Sophia / Beschreibung dieser Stadt.
89.

453

Fabel der Türken davon.
89

zu einer Vestung nicht unbequem.
95

hat eine fruchtbare Landschaft.
95


Sophia /

- 575 -


Register.


Sophia / die Heilige / verehren die
Türken.
100

Sophia⸗Kirche zu Constantinopel / wo
her sie ihren Namen
hat.
183

wird von einigen besehen.
280

deren Beschreibung.
316

zu Chrysostomi Zeiten ab
gebrannt.
316

wer sie erbauet.
317

deren tägliches Einkommen.
317

worzu es angewendet wird.
318

ist die schöͤnste in der ganzen
Türkey.
319

deren Ausziehrung.
322

Grösse.
322

Soulak.

Soulak Baschi.
184

Spahi / einer sucht vergeblich seine Zu
flucht bey dem Botschafter.
476

Speise der Türken / Manier dabey.
59

Einrichtung.
74

wir den vornehmen Weibern durch
ein Gitter gereicht.
92

dabey wird bey dem Capudan Ba
scha eine sonderbare Reinigkeit
beobachtet.
410

Verschwendung dabey.
477

Sperber / wie sich die Tüͤrken deren zum
Vogel⸗Fang gebrauchen.

263

Spiegel⸗Zimmer im Serrallien zu A
drianopel.
444

Sprach / in Lateinischer redet der Röm.
Kaiserl. Botschafter dem Tür
kischen an.
51


Sprach / Lateinischer / bedient sich der R.
Kaiserl. Botschafter ge
gen dem Groß⸗Vizir.
178

gegen dem Sultan.
205

Sprach⸗Knaben Orientalische.
3

Sredoka / Fluß.
84

Sredoreck / ein Fluß.
82

Stadt⸗Garde.
2

Stadthalterschaft in Thracien bey den
Türken die vornehmste in Eu
ropa.
58

Stäbe silberne der Chiaux Baschi.
185

wozu sie solche gebrau
chen.
185

Stärke eines Soldaten.
67

zweyer Ringer.
257

Stall⸗Meister (Oberster⸗)
8

Stall⸗Knecht.
8

Standart des Botschafters.
4

Stangen / an dem Ort der Auswechs
lung / worzu sie dienen.
49

Stanian (Graf) Englischer Gesandter
zu Constantinopel.
154

Stanimocka Fluß.
117

Staraplamina Gebürg.

Steger (Ferdinand)
4. 78

Stein (Hauptmann) ist in sieben Thüͤr
nen gefangen gesessen.
312

(geschnittener) rarer.
451

von dem Auctor ver
wahrlost.
452

Stephan (Heiliger) König in Ungarn /
wo er gebohren.
26

ein Wallachischer Fürst / wird zu
Constantinopel hingerichtet.
312

Stiftungen / deren üͤble Verwaltung.
139

Managetische in Wien.
139


Uuu 3


Storch

- 576 -


Register.


Storch / diese lassen die Tüͤrken nicht be
leidigen.
245

Straffen Bürgerliche bey den Türken.
192

Strassen unsicher.

Strassen⸗Räuber.

Streit wegen eines Sclavens.
287

Studenitz (Adam Friederich)

wird Ober⸗Stall⸗Meister bey der
Botschaft.
286

Stuhl eiserner / damit pflegen die Türken
die Vornehmsten zu verehren.
96

Stuhl⸗Weissenburg.
491

Stücke / so viel Kugeln auf einmal schies
sen.
271

müͤssen Sclaven aus dem Wasser
herfür suchen.
271

Stumme bey den Türken / wie sie sich
expliciren.
239

darinnen machen es ihnen die Vor
nehmen nach.
239

der Sultan.
239

einer zeigt dem Botschafter / wie
viel es an der Uhr.
239

werden von dem Botschafter mit
silbernen Sack⸗Uhren beschenkt.
242

von den Vornehmen caressirt.
410

Sturm auf dem Meer.
420

Su⸗Baschi.
223

Sugitleka.
135

Suha⸗Gebürg.
79

Sultan verlangt die Botschaft im Vor
beyziehen zu sehen.
181

ist selbst im Divan zu gegen.
187

fället bisweilen selbst das Urtheil.
189

Jhm darf man nicht zu nahe kom
men.
196

Sultan / dessen Kleid bey der Audienz.
197

Name.
197

Geschlecht.
197

keiner ist seines Lebens sicher.
201

dessen Crönung.
203

Verfolgung wieder die Auf
rührer seines Bruders.
203

Alter.
204

Gesichts⸗Wendung bey der
Audienz.

besucht den kranken Groß⸗Vizir.
212

will bey solchen Visiten beschenkt
seyn.
212

dessen hierunter versteckte Poli
tic.
212

dessen starke Begleitung auf der
Reiß.
218

Aufzug an dem Bairam
222

jährliche Presente nach Mec
cha.
284

muß zu der Sophia⸗Kirche täͤg
lich was bezahlen.
317

divertirt sich mit Stuck⸗Schuͤs
sen.
382

geht auf die Jagd.
383

dessen Leib⸗Schiff.
416

siehet den Auszug der R. Kaiserl.
Botschaft mit an.
429

dessen Installirung.
429

hält viel aufs Frauenzimmer.
441

wohnt nicht weit von dem Ha
rem.
444

darf ohne Noth nicht von Con
stantinopel gehen.
445

Sumantzio.
107

Superstition in Sammlung der Anti
quitaeten.
109


Sur
- 577 -
Register


Sur⸗Emini / wer er ist.
284

Sweica.
125

Sycena.
273

Szluha (Franz)
491


T


Taback zu Basardschick gut und wolfeil.
451

Talisman.
225

Talk / zu Grublian.
103

Talman Bascha.

Tarsi / ein Dolmetsch / wird torquirt.
421

Tartarn / wie viel sie im vorigen Krieg
Sclaven gemacht.
369

wie sie die Türken damit betruͤgen.
369

Taschen⸗Spieler.
257

Tavarnik.
490

Tavillon, ein Jesuit / dessen falsches
Vorgeben von den Morgen
ländischen Kirchen wiederlegt.
376

Taut Bascha.
149

Tchorli.
413

Tczantiquoi.
146

Tefterdar / was es bedeutet.

wie viel ihrer sind.
149

erster sucht den Botschafter heim.
383

Teke Thioi.
342

Telkidgi.
188

Teppiche zu Meccha werden von den
Pilgrammen zerschnitten.
285

Tersana.
249

Tesheregi Baschi.
221

Teutsche zwey so Türken worden.
414

setzen sich in Ungarn.
491

Tgollimar.
135

Theodosius Kaiser / dessen Bild von Ju
stiniano weggenommen.
351


Theugian / was es sind.
63

Theyls (Niclas) Dolmetsch.

153

läßt taufen.
303

Thiere / welche die Tüͤrken ins Paradies
setzen.
343

Thierheim (Michael Graf)
6. 88

errettet eine Sclavin.
99

liegt gefährlich krank.
232

Thor Baschi.

Thracien dessen Gräͤnze gegen der Bul
garey.
107

Name bey den Türken.
107

Thron des Sultans.

Thuffenti.
480

Thurn (Anna Dorothea Gräfin) Frau
Aya.
12

Thürne an den Moscheen mit Ampeln
behängt.
130

Tiefenbach (Joseph von) Edel⸗Knab.
8

Tiller (Obrist) Commendant zu Peter
wardein.

Timarioth.
273

Timoni / ein Dolmetsch / bringt sich selbst
um.
425

Tisch⸗Zucht übel bestellte.
406

Titel Jhro Röm. Kaiserl. Majestät
gegen die Türken vindicirt.
51

Titel / eine Stadt in Ungarn.
37

Töchter / diese müssen die Bulgarn von
den Eltern kaufen.
105

Todten lassen die Tüͤrken reinigen.
114

Tolna.
33

Top / was es heißt.
210

Topchi.
184

Topchi Baschi besucht den Botschafter.
275

wird von dem Groß⸗Vi
zir wegen des abge
brannten Gieß⸗Hauß
getröstet.
362

Tophana
- 578 -
Register.

Tophana.

Topous / was es ist.
63

Toppolnitz / ein Bach.
63

Tractament gewöhnliches der Türken bey
dem Willkomm.
121

bey dem Groß⸗Vizir.
180

Trojani Pforte.
108

Trauungs⸗Ceremonien bey den Bul
garn.
106

bey den Grichen.
300

Tribut der Bulgarischen Bauern.
112

aus Asien überbracht.
405

Trinitarier (Patres) dörfen zu Pera ei
ne Kirche bauen.

Trink⸗Geschirr / artig zu gerichtet.
114

Triumph⸗Bögen zu Constantinopel.
308

Trompeter.
2

einer sucht seine Zuflucht vergeb
lich bey der Botschaft.
434

Trunkenheit / deren Wurkung.
477

Tschaicken / was es ist.
22

Tschemetschen.
148

Tugend / Schlüssel zum Himmel.
143

der Tüͤrken ist Gleißnerey.
218

Tulbentar Aga.
220

Tunsa / ein Fluß.
128

Turnakgi Baschi.
221

Tourtain, ein Malthesischer See⸗Räu
ber.
290

Turtel⸗Tauben / von den Türken für hei
lig gehalten.
5

deren gibt es zu Sophia sehr viel.
9

Toutsaint (Jo. Latour Ludwig) Sprach
Knab.
3

Türken zeigen ihren Ehr⸗Geitz.
47

sind keiner Ordnung gewohnt.
67


Türken / deren Beschaffenheit.
162

pflegen nichts auszubessern.
164

haben einen Abscheu vor dem
Stehlen.
63

wie sie sitzen.
1

sind nun tractabler, als ehedes
sen.
146

stellen einem aus der Botschaft
nach.
246

sind Liebhaber von zottenhaftigen
Schau⸗Spielen.
255

Geld⸗begierig.
113

lassen in ihren Kirchen nichts ab
zeichnen.
324

waren Anfangs keine Christen
Feinde.
334

sind nicht mehr so grausam.
340

hielten es für ein gutes Werk ei
nen Christen umzubringen.
340

warum sie sich einen Zopf auf
dem Kopf stehen lassen.
345

sind grosse Ignoranten in der Hi
storie.
353

scharffe Bestraffer.
362

können bey ihnen nicht zu Scla
ven gemacht werden.
368

wie sie mit denen verfahren /
bey welchen Feuer auskommt.
372

sind Vollsäuffer.
469

von ihrer Botschaft bleiben viel in
Wien zuruck.
488

Türkey / was von dort her gebracht
wird.
390

Tyroler lauft zu der Botschaft.
86

Tzgupri Cuprußi.
447

U. V.
- 579 -
Register.


U. V.


Uhr (Sack⸗) dem Groß⸗Vizir ver
ehrt.
403

Uhrmacher Gesell stirbt zu Peterwar
dein
36

Ulanizer Gebürg.
79

Umgang bey dem Bairam.
220

öffentlicher der Catholischen zu
Pera.
396

Unhöflichkeit der Türken.
260

Unordnung ist die Türkische Miliz ge
wohnt.

Unterthanen (Türkische) leben in schweh
rer Dienstbarkeit.
71

Uscudama.
128

Usundschova.
125

Valida / des Kaisers Mutter.
203

die letzte soll eines Evangelischen
Priesters Tochter gewesen seyn.
204

wo sie gestorben und begraben.
444

Venetianer / haben den erhaltenen Frie
den dem Röm. Kaiser zu dan
ken.
242

womit sie nach der Tüͤrkey han
deln.
390

erzeigen sich nachläßig in Aus
wechslung der Christen. |
415

Venetianerin / ehmalige Concubin des
Groß⸗Vizirs / grausam gegen
ihre Sclavinnen.
176

eine wird loß gekauft.
395

Verrätherey in Wien von einem Jtaliä
nischen Geistlichen angespon
nen.
285

Verschnittene / sind zum Dienst der Wei
ber bestellt.
92

deren Mißbrauch.
124


Verschnittene / warum sie üͤber die Edel
Knaben gesetzt sind.
446

Versehen im Krieg / wie darauf regar
dirt wird.
60

solches straffen die
Türken fast auf ei
nerley Weiß.
60

Verstorbene / für sie lassen die Türken
bitten.
318

schlagen sich in dem Grab mit dem
bösen Feind.
346

Vestung rare.
87

Veterani, dessen Adel⸗Sitz.
491

Villawerda.
440

Vilvo ein Servier / bringt dem Sul
tan Amurath ums Leben.
196

Visiten des Botschafters bey den Se
raskier.
71

bey dem Bascha von
Chaskoi.
121

wie es damit bey den Tüͤrken ge
halten wird.
177

Vizir (Groß⸗) vor ihn kommt kein Ge
sandter ohne an ihn
mit gebrachte Schrei
ben.
53

dessen Gewalt.
53

vor ihn muß man eher
kommen / als vor den
Sultan.
54

Vogel⸗Dorf / warum es so genennt
wird.
107

Voigt (Joh. Wilhelm)
479

Vorlaufer.
2

Vorlegung höfliche bey den Türken.
406

Vorner von Sonnenhold (Joh. Hein
rich) Dolmetsch.


Vor

Xxx
- 580 -


Register.


Vorurtheil der Türken wegen ihrer Re
ligion.
122

Vrinz (Max.) Edel⸗Knab.
8


W.


Wacht / wird in unserm Lager verdop
pelt.
230

Wacht⸗Thurn im Meer bey Constanti
nopel.
169

Wachteln / warum im Herbst so viel in
der Tüͤrkey gefunden werden.
265

Wagen beladene / werden von dem
Wind fort getrieben.
106

stunden in Gefahr zu verbrennen.
107

deren in der Türkey Beschaffen
heit.
120

Waitzen / eine Stadt in Ungarn.
27

Wald / dessen Laub von Ungezifer ab
gefressen.
485

Waldeck / Graf.
49

Walfarth der Türken nach Meccha.
283

was sie damit an
zeigen.
284

muß ein jeder Türk einmal in sei
nem Leben anstellen.
284

Wappen einiger Genueser an der Stadt
Mauern zu Galata.
273

Wasser / auf wunderbahre Weise gefun
den.
118

Mißbrauch desselbigen.
118

süsses mitten im Meer.
169

heilsames in der H. Euphemia
Grab.
302

Weib unbesonnenes / incommodirt den
Botschafter.
305

Weiber Türkische/ deren Kleidung.
68


Weiber Türkische / darfen am Bairam
ausgehen.
216

Bulgarische haben Anfechtung
von den Soldaten.
86

wissen die Türken nicht genug zu
verwahren.
92

deren Verrichtung.
9

zu Adrianopel haben mehr Frey
heit als anderswo.
131

der Grichischen Priester sind schön.
295

darfen nur ein
mal heyrathen.
295

Weibs⸗Personen stehen im Gericht ver
hüllt.
398

eine springt zu Adrianopel
vom Fenster herab.
437

einige gesellen sich auf der
Heimreise zu uns.
447

werden von jemand aus der
Betschaft versorget.
447

Raitzische verkaufen Eyer in
unserm Lager.
448

Wein um Adrianopel der beste in der
Türkey.
131

wollen die Türken in ihren Häu
sern nicht trinken lassen.
218

zu Philippopel läßt sich aufheben.
445

will eine Türkische Jungfer in ih
rer Krankheit nicht trinken.
319

Weintrinker wird gestraft.
214

werden nach ihrem Tod ge
quält.
319

Weipler (Anton Joseph)
Wekilhargi.

Welt/

- 581 -


Register.


Welt / andere / in der Sophia⸗Kirche zu
Constantinopel woher so ge
nennt.
321

Welz (Gottfr. Helfried Graf) Obrist
Hof⸗Meister.
12

Commendant zu Comorn.
23

Werbnitza.
88

Wetter grausames.

Wettstein (Abel von)
dessen rüͤhmliche Be
mühung in Löschung
des Feuers.
107

schenkt einem Ruder
Bursch seine Unter
Strümpfe.
252

Widisch / Gebürg.
84

Wien / Einzug der Botschaft bey der
Wiederkunft.
494

Wiesen / beruffene bey Constantinopel.
393

Wildbret / grosse Menge desselbigen um
Nissa.

Winkler (Anton) Paucker.
2

Witoscha⸗Berg / dessen Beschreibung.
103

Wohnung / die der Sultan beziehet / wird
nicht leicht jemand anders uͤber
lassen.
93

die zu Pera angewiesenen wer
den besichtiget.
230

Woica.
489

Wokerela.
104

Wolanständigkeit von einem Dervisch
schlecht beobachtet.
331

Wolfarum (Joh. Georg) Kuchelmei
ster.
3

Wütterung nasse / warum die Türken
solche bey der Auswechslung
für was Guts gehalten.
61


X.


Xerolphus, Berg in Constantino
pel.
348


Z.


Zagergi Baschi.
221

Zahlmeister des Capudan Bascha / ein
Westphälinger.
422

tractirt einige von Adel.
422

Zaim.
237

Zaun (Franz Jacob) Camer⸗Die
ner.
3

Zecha (Michael) Ober⸗Koch.
10

Zeckman (Daniel) Bereuter.
8


Zeichen der Türken / nach welchen sie bey
dem Gebeth ihr Gesicht wen
den.
93

Zelt des Seraskiers.
72

des Groß⸗Vizirs.
236

des Botschafters auf der Heim
reise.
429

werden dem Botschafter im Na
men des Sultans angetragen.
478

Zena / eine Heilige bey den Grichen.
148

Zerniwitzer⸗Gebürg.
79

Zeth.
491

Zeugen falsche bey den Tüͤrken gemein.
193

können nur Tüͤrken vor ihrem Ge
richt abgeben.
193

Zichi (Graf)
493

Zichzard / daselbst wächst guter Wein.
491

Zierrath der Türcken in ihren Kirchen.
101


Xxx


Zim
- 582 -
Register.


Zimmer der Türken / wie sie eingerich
tet.
91

des ersten Harems zu Adrianopel
Beschreibung.
444

Zimmermann / ein Teutscher ersauft.
45

Ziorly.

Zopp.
27

Zosimus.
349

Zulauf des Volks bey dem Einzug in
Wien.
bey dem Abzug.
15

Zuruff der Bedienten bey den Türken /
warum es geschiehet.
125

Zuspruch mit wenigen / sehen die Türken
gerne.
281

Zweifel (Bertram Ludwig Baron)
6.

169

Zwenhof (Paul Michel) Cammer⸗Die
ner.
3

Zweybrück ein Dorf in Servien von
Schwaben bewohnt.
485

Zwillinge an einander gewachsene.
19

E N D E.
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