Historische Nachricht von der Röm. Kayserl. Groß⸗Botschafft nach Constantinopel Historische Nachricht von der Röm. Kayserl. Groß⸗Botschafft nach Constantinopel, welche auf allergnädigsten Befehl Sr. Röm. Kayserlichen und Catholischen Majestät Carl des Sechsten/nach glücklich vollendeten zweyjährigen Krieg, Der Hoch⸗ und Wohlgebohrne des H. R. Reichs Graf Damian Hugo von Virmondt / rühmlichst verrichtet. Worinnen ganz besondere Nachrichten von der Türken Policey, Religion, Griechischen Antiquitäten und andern merkwürdigen anderswo vergeblich gesuchten Sachen / zu finden; dabey vieles mit den accuratesten Kupfern erläutert ist. Driesch Gerhard C. von den Edition Stephan Kurz Datenmodellierung Jakob Sonnberger Stephan Kurz Digital Edition Transcribed, corrected, edited by Stephan Kurz Austrian Academy of Sciences, Institute for Habsburg and Balkan Studies Austrian Academy of Sciences, Institute for Habsburg and Balkan Studies Vienna 2021 CC-BY 4.0 o:vipa.tr.hbg.1723 Digitale Edition von Quellen zur habsburgisch-osmanischen Diplomatie 1500–1918 Digital Scholarly Edition of Habsburg-Ottoman Diplomatic Sources 1500–1918 Habsburg-Osmanlı Diplomasisi Kaynakları Dijital Edisyonu 1500–1918 Projektleitung Arno Strohmeyer Based on the digitized item provided by the BSB / Staatliche Bibliothek Passau Historische Nachricht von der Röm. Kayserl. Groß-Botschafft nach Constantinopel Driesch, Gerhard Cornelius von den Monath Nürnberg 1723 http://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb11343314-5 1723 Deutsch Text has been recognized by use of a print HTR+ model in using Transkribus

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Driesch Gerhard C. von den: Historische Nachricht von der Röm. Kayserl. Groß-Botschafft nach Constantinopel, bearb. von Stephan Kurz, Datenmodellierung: Jakob Sonnberger, Stephan Kurz; in: Die Großbotschaften Damian Hugo von Virmonts und Ibrahim Paschas (1719/20), hg. von Arno Strohmeyer und Stephan Kurz (Digitale Edition von Quellen zur habsburgisch-osmanischen Diplomatie 1500-1918, hg. von Arno Strohmeyer, Projekt 1), Wien 2022

Die Großbotschaften Damian Hugo von Virmonts und Ibrahim Paschas (1719/20) Reiseberichte Digitale Edition von Quellen zur habsburgisch-osmanischen Diplomatie (1500–1918)

Projektbeschreibung

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Staats-Bibliothek Passau

Noch feinde mögen ietz, noch waffen mehr erschrocken Da Virmondts Helmen mich, und creutze thut bedecken.

Historische Nachricht von der Röm. Kayserl. Groß⸗Botschafft nach Constantinopel, welche auf allergnädigsten Befehl Sr. Röm. Kayserlichen und Catholischen Majestät Carl des Sechsten/ nach glücklich vollendeten zweyjährigen Krieg, Der Hoch⸗ und Wohlgebohrne des H. R. Reichs Graf Damian Hugo von Virmondt / rühmlichst verrichtet. Worinnen ganz besondere Nachrichten von der Türken Policey, Religion, Griechischen Antiquitäten und andern merkwürdigen anderswo vergeblich gesuchten Sachen / zu finden; dabey vieles mit den accuratesten Kupfern erläutert ist. Aufgesetzt von Gerard Cornelius von den Driesch / Sr. Excellenz Secretair und Historiographus. Nürnberg / zu finden bey Peter Conrad Monath. 1723.

Der Hoch⸗ und Wohl⸗Gebohrnen Frauen / Frauen Maria Elisabeth Reichs⸗Freyin von Burscheid / Des Reiligen Römischen Reichs verwittibter Gräfin von Virmondt / Meiner Gnädigsten Frauen.

Hoch⸗ und Wol⸗Gebohrne Reichs⸗Gräfin, Gnädigste Frau Frau!

NAchdeme ich mich einmal entschlossen / die vor mehr denn einem Jahr in Lateinischer Sprach heraus gegebene Beschreibung der Kayserl. GroßBotschafft an die Ottomannische Pforte ins Teutsche zu übersetzen / war es unnöthig / mich lang darauf zu besinnen/ wohin meine Zuschrifft müste gerichtet seyn; sintema len )( 3 DEDICATIO. len sich alsobald meinen ersten Vorstellungen eine vornehme Reichs⸗Gräͤfin praesentirte / welche an dem Lob dieser rüͤhmlichst verrichteten Gesandtschafft keinen geringen Theil nimmt: verstehe aber darunter niemand anders / als Eu. Hoch Gräfl. Excellenz, meine Gnädigste Frau / die / gleichwie Sie an unserm unvergleichlichen Helden und Staats⸗Mann Damian Hugo / des Heil. Römischen Reichs Grafen von Virmonde/ als Jhrem ehedessen hochschäͤtzbaren Gemahl selbsten / also auch an dessen Verrichtungen / Glück / Ruhm und Ehre den grösten Antheil hat / daß derowegen Eu. Excellenz die Zuschrifft solcher Ubersetzung von mir als eine unumgängliche Schuldigkeit billig fordern köͤnnen. Die unvergleichlichen Thaten dieses unsers Teutschen Cyneas sind bekannter / als daß ich selbige der Welt erst offenbahren solte / auch mehr und grösser / als daß ich sie alle zu erzehlen und zu wiederhohlen geschickt wäre: Ja wer sich unterstehen wolte/ denenselbigen einen neuen Glanz beyzusetzen / wurde eben so viel ausrichten/ als wann er Wasser in den Strom / oder Hitze zu der Sonnen / zu tragen gedächte: So haben mich auch schon andere dieser DEDICATIO. dieser Mühe überhoben / welche durch öffentlich heraus gegebene Schrifften solche der Welt laͤngstens vor Augen gelegt. Doch der letzt zu Passarowitz hergestellte Friede/ und die der ganzen Christenheit dardurch zugewachsene Vortheile/ samt denen den ErzHerzoglichen Hauß Oesterreich zugefallene Königreiche und Läͤnder sind solche Dinge / um welcher willen Ihme auch nach dem Tod nicht allein wir / sondern die ganze Nach⸗Welt biß zu ewigen Zeiten sich zu aller Dankbarkeit und Ruhm billich verbunden erkennen muß. So geruhen demnach Eure Hoch⸗Gräfliche Excellenz diese von mir aus dem Lateinischen ins Teutsche übersetzte Türkische Reiß⸗Beschreibung einer Kaiserlichen Groß⸗Botschafft / welche auf solchen vortheilhaftigen Frieden erfolget / und von dem Friedens⸗Stiffter selbst mit seinem höͤchsten Ruhm und Ehren geendiget worden / Euerer Hoch⸗Gräflich. Excellenz aber aus vielfäͤltigen Ursachen allein gebuͤhret/ in Gnaden an und aufzunehmen / als die den Herrn Groß⸗Botschaffter / Höchstseel. Andenkens / mit seinen klugen Anschlägen/ tief ausgesonnenen Reden / und vornehmen Unternehmungen uns wie der )()( DEDICATIO. derum gleichsam lebendig vorstellen. Womit zu Eu. HochGräfl. Excellenz beständiger Wolgewogenheit mich gehorsamst recommandire/ und mit unterthänigsten Respect verharre

Eu. Hoch⸗ und Wol⸗Gebohrnen / Meiner Gnädigsten Frauen /

schuldigst⸗gehorsamster, Gerard Cornelius von den Drisch.
Vorrede An den geehrten Leser.

DJejenige / welche gegenwäͤrtige Historie zu lesen sich gefallen lassen / belieben vor allen Dingen sich zu versichern / daß sie darinnen nichts finden werden / was nicht mit der Wahrheit uͤbereinstimmet; sintemahlen ich entweder selbst meinstens darbey gewesen / wann sich etwas zugetragen / und es mit Augen angesehen: oder zum wenigsten von denenjenigen vernommen/ die durch langen Auffenthalt in diesen Läͤndern solches aus der Erfahrung gewust. Noch vielweniger aber wird darinnen was anzutreffen seyn / welches nur auf blossen Muthmassungen / die / wie es öfters geschiehet / aus andern Buͤchern heraus gezogen sind/ oder auf des gemeinen Mannes ungegrüͤndeter Einbildung beruhet / welche letztere so unwahrscheinlich / als jene verstümmelt ist: daher es dann kommt / daß / weil mancher nur nachsagt oder schreibt / was andere vor ihm gesagt oder geschrieben / ohne daß er seiner Meinung einen rechten Grund hatte / so viele Unwarheiten in der Welt herum fliegen; angesehen immer eine Falschheit aus der andern entstehet / welche / ob sie gleich An fangs )()( 2 Vorrede. fangs nicht viel zu bedeuten scheinet / doch nach und nach einen merklichen Zusatz bekommt / und unter dem DeckMantel der Warheit sich so lang verstecket / biß diese endlich mit grosser Mühe herfüͤrbricht / und jener die Masque abziehet. Und dieser Warheit / welche die Historie am meisten zieren muß / werde ich mich sorgfäͤltig befleissigen / im uͤbrigen aber unbekümmert bleiben / ob einige vielleicht dieselbige nicht wol vertragen köͤnnen. Gleichwol soll diese bey vielen so verhasste Sache nicht aller Annehmlichkeit beraubet seyn / indem die Erzehlungen fremder Sitten / als etwas / das die meisten nicht ungerne hoͤren / allenthalben mit eingemischt werden; und wann also die mancherley Eigenschafften der Menschen sich dem Leser vor Augen stellen / kan er dasjenige / was ihm am besten duͤncket / auslesen / und sich eigen machen / das übrige aber / als etwas unanständiges verwerffen. Dann man muß nicht meynen / als ob einiges Volk in der Welt so barbarisch / oder von der Erbarkeit und wol⸗anstäͤndigen Sitten so gar entfernet wäre / noch auch das allgemeine Verderben sie so gar unbändig gemacht haͤtte / daß sie nicht auch noch vieles an sich haben solten / wordurch man etwas lernen und zu seinem Vortheil anwenden koͤnte / wann wir es nur selbsten darzu gebrauchen wolten. Sind nicht die so vielfäͤltige Reisen in fremde Laͤnder von unsern Vorfahren darzu angestellet / und heranwachsen

der Vorrede.

der Printzen und adelicher Jugend einiger Zweck in dergleichen Vornehmen dahin gerichtet / daß sie verschiedener Völker Gebraͤuche und Sitten dabey erlernen / und das⸗ jenige an ihrer eigenen Person vorstellen sollen/ was sie angemerket / daß andere beliebt und ansehnlich machet? Dann eben daher entstehet der Nutzen von so vielfältigen Fatiguen auf der Reise / und die Jhrigen empfangen sie bey ihrer Zuruckkunft mit so viel groͤsserer Freude / je mehr sie gute Sitten mit nach Hauße bringen. Kluge Reisende sollen demnach denen Bienen nachahmen / welche nur den Thau und das Honig aus denen Blumen sammlen / nicht aber denen Spinnen / die nichts als Gifft daraus zu ziehen wissen. Diejenige / welche eher die Laster als Tugenden an denen Nationen gewahr werden / lassen sich gemeiniglich auch von ihnen zum Bösen verleiten / weil man in anderer Leute Untugenden nicht geschwinder vollkommen wird/ als wann wir dieselbige mitmachen. Wann aber hier meines Thuns nicht ist / jemand zu unterrichten / oder zu bestraffen / so wende ich mich vielmehr wiederum zu derjenigen Materie / welche ich vorhabe. Man erwarte demnach keinesweges von mir / was andere bis zum Eckel schon vor mir zu thun gewohnt gewesen / daß sie alle Kleinigkeiten / die ein jeder aus ihnen täglich verrichtet / und andere nichts bedeutende Dinge aufs genauste erzehlen. Jch habe mir vorgenommen / gelehrten und verständigen Personen eine Hi storie )()( 3 Vorrede. storie zu schreiben / nicht aber dem gemeinen Pöbel / Kin⸗ dern und alten Weibern etwas vorzuplaudern / als mit welchen Sieben⸗Sachen unsere Buchläden ohne dem biß zum Uberfluß angefuͤllt sind. Ich werde aber daselbst meine Erzehlung anfangen / wo ich meine Reise angetretten. Dann ob ich schon nicht läͤugne / daß die Erzehlungen des vorhergehenden Kriegs; die Ursache und Folgerung desselben; die Zeit / da man zum Friedens⸗Tractaten geschritten; den Ort / die Gerechtsame und andere darzu gehörige Sachen / nicht unfuͤglich mit angebracht werden könnten: so habe ich doch solches allhier darum uͤbergangen / weil noch alles davon bey jederman im frischen Andenken / und uͤber dieses schon zum oͤftern gedruckt worden ist. Anbey habe auch dafüͤr gehalten / daß es billich sey / unsern in die Kaiserliche Residentz⸗Stadt Wien so praͤchtigen und dergleichen noch nie gesehenen Einzug dieser Beschreibung mit beyzufüͤgen / weil es dessen Kostbarkeit wol verdient / und die Verwandtschafft mit der Haupt⸗Materie erfordert.

Noch eines / geliebter Leser! welches ich zu erst hatte melden sollen: Ich habe vor einiger Zeit das aus meiner lateinischen Beschreibung gezogene teutsche Compendium, so zu Augspurg edirt ist/ in die Hande bekommen / und aus dessen Vorrede so viel verstanden / daß der Verleger desselbigen für meine Arbeit nicht geringen Estime bezeigt / wofür ich ihn auch verbunden;

Vorrede.

doch kommt mir dieses bedenklich vor / wann er unter andern setzt / daß man dem Herrn Auctori solcher teutschen Beschreibung das Zeugnis geben müͤsse / wie er sich dabey accurat, verständig und deutlich erwiesen habe: Ich finde aber im Ansehen der Accutatesse noch sehr vieles auszusetzen / also daß es scheinet / der Ubersetzer müsse mich an vielen Orten nicht recht verstanden haben / ohnerachtet die Worte im Lateinischen der geringsten Schwürigkeit nicht unterworfen; und weil diejenige/ so nicht Latein verstehen / gar leicht die daselbst vorgelaufenen Fehler mir imputiren koͤnten/ wäre dieses einige schon capable gewesen / mich zu einer neuen und accuraten Ubersetzung zu obligiren/ damit ich nicht anderer Versehen mir unverschuldet muͤsse aufbuͤrden lassen; damit man aber das bekannte Sprichwort dißfalls gegen mir nicht gebrauchen darf / si accusare sufficit, quis innocens erit, will ich aus einer grossen Anzahl nur ein paar Exempel zu meinem Beweiß anfuͤhren / und den geneigten Leser das Urtheil anheim stellen / aus was für einer Quelle solche gar grobe Fehler moͤgen geflossen seyn: Es setzt nemlich der Verfasser des Compendii pag. 159. wo ich von der zu des Grafen von Oettingen Zeiten entstandenen Feuers⸗Brunst gedenke: so brannten daselbst kurz vor seiner Ankunfft 1072. Haͤusser auf einmal ab; und dieses soll eben dasjenige heissen / wann ich in meiner Lateinischen Historie gesetzt: Modi- cum Vorrede. cum ante Oetingii Comitis in urbem adventum domorum LXXII CIC uno incendio deflagrarunt : Vielleicht hat er sich nicht einbilden köͤnnen / daß auf einmal so viel Haͤuser abbrennen sollen / weswegen er auch vorher / da er die Zahl zu benennen gleichfalls noͤthig gehabt hätte / nur gesagt / daß unglaublich viel Häͤusser und Palläste / nemlich im Jahr 1718. in die Asche gelegt worden; Doch wie es heißen muß / kan in gegenwartiger Beschreibung p. 173. nachgesehen werden. Aus einerley Quelle schreibt sich muthmaßlich derjenige Fehler her / welcher bald darauf / nemlich p. 168. folgt / wo er vorgibt / die Botschaft hätte nach dem Aufbruch von dem Groß⸗ Vizir einen andern Weg nehmen muͤssen / dieweil sich eine von denen Sultaninen / an einen gewissen Ort begeben häͤtte / diesen Zug in verborgenen mit anzusehen. Wann ich dieses also angesetzt / wuͤrde ich mir haͤßlich wiedersprechen / weil ich an einem andern Ort gedacht / daß sich keine von ihnen aus dem Serrallien begeben duͤrfe: es lauten aber meine Lateinischen Worte ganz anders / und zwar also: discedentes admonebamur, via nobis alia esse redeundum: expectare in propinguo aliquà Sultanum, qui videre nos desideret. Solte es einem wol zu verdenken seyn / wann man auf die Gedanken käme / das Wöͤrtlein aliquà habe den Ubersetzer in den Kopf gebracht / es muͤße durch Sultanum eine Weibs⸗Person verstanden werden? Doch ich bekenne es selbst / das wäre gar zu Vorrede. zu grob geschlägelt / sintemaln ja die Lineola über den Buchstaben à und das nachfolgende qui ein anders anzeigen. Es sey nun aber wie ihm wolle / so ist gleichwol gewiß / daß es kein Druck⸗Fehler / und meine Lateinische sehr deutliche Worte auch keine Gelegenheit zu solchen Verfall haben geben köͤnnen. Wie nun aber aus diesen Kleinigkeiten / wie absonderlich das letztere in Ansehen der Materie / keineswegs aber in Regard des Grammaticalischen Jrrthums ist / sich von dem übrigen leicht ein Concept formiren laͤßt: also siehet man doch daraus / daß der Verfasser mich / will nicht sagen die Sprach / an vielen Orten nicht recht verstanden / und könnte ich ohne Muͤhe noch wichtigere Fehler vorbringen / wann es gegenwäͤrtig die Zeit / und der noch uͤbrige Raum des Papiers zulassen wolte; ich will es aber hiemit zu meiner benoͤthigten Defension, daß man mir die daselbst vorgelauffene Fehler nicht imputiren solle/ genug seyn lassen / und nur noch mit ein paar Worten zeigen / daß oftgemeldter Verfasser jenes Compendii auch nicht fidel gehandelt / und wo er einen Ubersetzer abgeben sollen / vieles darzu gesetzt / woran ich niemalen gedacht / und seinen Gedanken einen gar zu freyen Lauf vergöͤnnet. Was das erste anbelanget / daß er nemlich vieles darzu gesetzt / was mir auch nicht einmal im Traum beygefallen / so mag zum Beyspiel dienen / wann er pag. 89. von einem Mann erzehlt / der seiner Frauen / welche in des )( )( )( Vorrede. des Herrn Botschafters Quartier ihre Zuflucht genommen / nachgelauffen / und wegen dieser Frechheit von den Tuͤrcken in die Eisen geschlagen / aber doch auf sein Verlangen dem Herrn Botschafter ausgeliefert worden. Gewiß! ich weiß von allen diesen nichts / ist auch in meiner Lateinischen Erzehlung nicht mit einem Wort davon gedacht worden; solte er es aber von einem andern haben erzehlen hören / so wäre es nöthig gewesen / wann er dergleichen hie und da zusammen geraftes Zeug dem Leser communiciren wollen / den Titul ganz anders einzurichten / und meinen Namen dabey zu menagiren. Daß er aber seine Gedanken allzufrey herum spatzieren lassen / beweiß ich daher / weil er z. E. wo ich des Orts Jenihaan gedacht / und angemerckt / daß man es auch Novihaan nenne / er gleich die Derivation aus dem Lateinischen genommen / und gemeinet, dieses Wort seye aus Novi und Haan zusammen gesetzt / und müͤsse so viel bedeuten / als das neu⸗gebaute Han/ da ich doch mit bessern Recht dafür halte / man müsse die Bedeutung eines solchen Worts von der Landes⸗ und nicht der Römer Sprach herfüͤhren. Doch habe ich mich in meiner Beschreibung unbekuͤmmert gelassen / wo das Wort Jenihaan seinen Ursprung her hat / kan auch nicht eigentlich sagen / wann es nach seiner Art Jinehan geschrieben wird / ob man alsdenn mit der Etymologie vird zurecht kommen können. Er pflegt sich aber der glei Vorrede. gleichen Freyheit / welche ich ihm zwar nicht mißgönne / in Benennung der Wöͤrter hin und wieder zu gebrauchen / und Wusta Bassa Palankese / Sarebrud / Serembe rc. zu schreiben / wo ich mich ganz anderer Namen bedienet; allein / wann er dieses thun / und sich für einen so guten Kenner der Tuͤrkischen Namen darthun wollen / hätte er sich / da er hin und wieder so weit von meinem lateinischen Original abgewiechen / nicht für einen Ubersetzer desselben ausgeben sollen. Von dergleichen Schrot und Korn ist es auch / wann er vorgibt / die Bulgarischen Weibs⸗Personen müsten in dem ersten Jahr ihres Eh⸗Standes / das von dem Bräutigam für sie erlegte Geld an ihrem Leib tragen / da sie es doch freywillig thun / und für eine sonderbahre Zierde halten / wann sie viel anhaͤngen köͤnnen / angesehen nach deren Menge ihre Schoͤnheit und Stand estimiret wird. Jedoch ich erinnere mich / daß ich mit niemand zu controvertiren/ sondern nur mich zu defendiren / und anderer Leute Fehler von mir zu decliniren habe; daß aber welche in meine eigene Arbeit eingeschlichen / wird nachfolgendes Register zeichen / so zum theil die Eilfertigkeit des Druckers verursacht / und der geneigte Leser auser einigen andern hier nicht angezeigten / nach seiner Höflichkeit vor Durchlesung dieses Werks corrigiren wird;

Vorrede.

Am Blat 89. Linie 1. ließ: für und; liesen. lin. 10. ließ: Princeßin des Kaisers rc. am Bl. 96. lin. 25. ließ: für gaben; geben. am Bl. 99. lin. 30. ließ: Donau. am Bl. 102. lin. lezt ohn eine l. der die Mühle. am Bl. 103. lin. 13. l. diesen. am Bl. 104. lin 23. u. 24. l. Jenihaan einen. am Bl. 105. lin. 10. l. zärter. am Bl. 112. lin. 25. l. für ziehen; nehmen. am Bl. 124. lin. 22. l. Verschnittenen. am Bl. 129. lin. 26. l. nicht. am Bl. 161. lin. 16. l. Jaour. lin. 19. l. Fasten. am Bl. 170 lin. 33. l. aus ihren Landen. am Bl. 208. lin. 7. l. gegen das End. am Bl. 215. lin. 11. l. für auch; uͤber. am Bl. 220. lin. 27. l. Ordens⸗Tracht. am Bl. 228. lin. 20. Quarantaine. am Bl. 239. lin. 30. l. nach. am Bl. 242. lin. 15. setz ein (,) am Bl. 290. lin. 32.l. haben alsobald. lin. 33. bleibt haben weg. am Bl. 297. lin. 14. l. Vetter. am Bl. 304. lin. 20. l. Quarantaine am Bl. 346. lin. 12. l. kommen. am Bl. 473. lin. 6. nochmaln.

Anbey habe dem geehrten Leser den rechten und vollständigen Titul desjenigen Buchs communiciren wollen, dessen der Patriarch zu Jerusalem gedacht, als einige von den Unsrigen zu Sophia mit ihm gesprochen (siehe p. 450.), damit diejenige, so Liebhaber von dergleichen Nachricht sind, eigentlich wissen mögen, wovon solches handele, und wann es zum erstenmal edirt worden, weil aus angefüͤhrten Patriarchens Worten nichts zuverlässiges hiervon kan geschlossen werden. Es ist demnach derselbige folgendes Innhalts: Synodus Jerosalymitana adversus Calvinistas haereticos, orientalem Ecclesiam de DEO rebusque divinis haeretice, ut sentiunt ipsi, sentire mentientes, pro reali potissimum Praesentia, Anno M. DC LXXII. sub Patriarcha Jerosolymorum Dosithaeo celebrata. Interprete Domno M. F. è Congregatione Sancti Mauri, Ordinis Sancti Benedicti. Parisiis M. DC. LXXVIII. Hieraus ist nun so viel zu sehen, wider wem eigentlich die Schrift gerichtet, was darinnen tractirt wird, und daß nicht vor ungefehr 20. biß 30. sondern vielmehr vor länger als 40. Jahren dieselbe von gedachten Patriarchen, wie aus der Vorrede des Buchs zu sehen, dem Frantzösischen Gesandten zu Constantinopel dasselbige zugestellt, und zum Druck recommendirt, auch endlich 1676, das erstemal, wegen seiner häͤuffigen Druckfehler aber bald darauf, nemlich 1678. noch einmal in Griechischer und Lateinischer Sprach aufgelegt worden. So viel mag auch hievon für diesesmal genug seyn. Der geehrte Leser lasse sich meine Arbeit gefallen, und bleibe gewogen

Dem Auctor.
Historische Nachricht Von der Röm. Kaiserl. Groß⸗Botschaft nach Constantinopel. Erstes Buch.
Erste Abtheilung.

ALs die von Jhro Röm. Kaiserl. Majestät angesetzte Zeit zu dem sehr prächtigen Einzug Jhro Excellenz Grafen von Virmonds / Kaiserl. Groß⸗Botschafters an die Ottomannische Pforte/ herbey gekommen, und vorhero alle benöthigte Anstalten auf das sorgfältigste gemacht worden, hat der Herr Botschafter den 26. Der Einzug der Kaiserl. Groß⸗Botschaft in die Stadt und nacher Hof. April, 1719. an einem Mitwochen solchen durch die Stadt nach der Burg auf das prächtigste gehalten. Alles hat sich üͤber denselbigen verwundert, und wird man auch wol, so lang Wien stehet davon reden.

Es haben die Wol⸗Ehrwüͤrdigen Patres, Augustiner⸗Or dens / nahe bey Wien, in der Vorstadt, auf der Land⸗Strassen nach Ungarn, einen Garten, wohin sich der Herr Botschafter in aller Frühe mit seinem gantzen Adel, Bedienten, Edel⸗Knaben / Knechten, Heyducken, und allen übrigen, so diesen Einzug zieren helfen solten, begeben; woselbst sich auch viele Freunde und Clien A ten 2 Erstes Buch / Erste Abtheilung / ten von Jhm eingefunden, bey demselbigen ihr Compliment abzu legen, und ihre Reverenz zu bezeugen. Hierauf wurde ohngefehr um 10. Uhr/ nachdem einem jeden sein Platz, welchen er in dem Zug halten muste, angewiesen worden, zu dem voͤlligen Einzug der Die Stadt⸗Garde und derer Führer. Anfang gemacht. Den Vorzug hatten sechzig Mann von der Stadt⸗Garde, unter Anführung des Herrn Stadt⸗ und Kaiserl. Führer. Leib⸗Garde⸗Hauptmanns, Jacob Victor von Picky, und Herrn Hauptmann, Wacht⸗Meister Lieutenant von Rosenfeld, welchen vier Leibschützen: 12. Hautboisten, Fagotisten und Wald hornisten, ein Pfeiffer und vier Trommelschläger aber den Fuß Der Vor laufer. Knechten vorgiengen. Diesen folgte ein Vorlaufer / Christian Kraft, dessen wir uns nachgehends auf der Reise statt eines Quar Die Kai serl. Cour riers.tier⸗Meisters bedienet haben. Hierauf kamen zwey Kaiserl. Orien talische Courriers, Jsaac de Luna Gemeint ist Isaak de Luca., und Johann Georg Jorkowitz, Die Stall Knechte.in schöͤnen rothen mit Gold bortirten Kleidern zu Pferd. Her nach ritte ganz allein des Herrn Groß⸗Botschafters Stallmeister, Johannes Brinckmann, auf einen mit silbernen Zeug schoͤn aufge butzten Rappen: deme vier Reit⸗Knechte paar und paar in des Die Hand Pferde. Herrn Groß⸗Botschafters Livrée folgten. Diesen wurden zwölf von Seiner Excellenz eigenen Hand⸗Pferden, welche mit roth⸗sammeten und etlichmal mit breiten guͤldenen Borten ver bremmten Decken aufs kostbarste gezieret waren, von eben so viel Die Trom peter und Paucker.Reit⸗Knechten nachgeführet. Alsdann kamen acht Trompeter Paucker, und ein Paucker zu Pferd, deren Namen sind: Jacob Jaroch, Franz Reichard, Joseph Schmied, Andreas Rieß, Albrecht und Augustin Sesler, Gebrüdere; Franz Sondermar, Philipp Schab schneider, Anton Winkler, deren silberne Trompeten mit silbernen und güldenen Quasten gezieret, die Paucken aber gleichfalls von Silber und mit einer sehr reich von Gold und Silber gestickten Pau cken Fahne behenkt waren, auf welcher letztern der Kaiserl. Adler, in dessen Mitte aber das Oesterreichische Ertz⸗Hertzogliche Wap pen von Gold und Silber gestickt zu sehen gewesen. Alle erst erzehlte Personen waren in roth⸗mit Gold und Silber verbraͤmten gefluͤgel ten Röcken, gelb⸗sammeten mit Silber starck verbortirten Fut ter⸗Hemdern, und weisen Federn auf den Huͤten, gekleidet.

Die HausOfficiers.Bald darauf zeigte sich der Hof⸗Meister, Johann Michael Kern, mit noch funfzehen andern des Herrn Groß⸗Botschafters Hauß 3 Von des Hn. Groß⸗Botschafters Einzug in Wien. Hauß⸗Officiern, je drey und drey zu Pferd, in roth-ganz mit Gold besetzter Kleidung; es sind aber selbige gewesen: Franz Jacob Zaun, Paul Michael Zwenhof, beiderseits Cammer⸗Diener; Jgnatz Adam Mayer, Johann Gottlieb Haueisen, zwey Speiß⸗Meister; Johann Baptist Cervi, Zuckerbecker; Johann Georg Wolfarum, Kuchelmeister; Niclas Frankenberg, Apothecker: Anton Morelli, Feldscheerer; Johann Semler und Joseph Ernst Schmied, zwey Mahler; Bertrand Dierna, Canzelist; Swibert Holzbauer, Capell⸗Meister; Johann Bernhard Meyer, Adam Meyers Bruder / Johann Henrich Heckmann / Gerhard Cornel von den Driesch, des Herrn Groß⸗Botschafters Secretarien: hierzu kommen noch die zwey Leib⸗Aertzte Hr. Andreas Dorscheus, und Daniel Lambert von Hulin, wovon der erste diesen Einzug zwar nicht mit beygewohnet, weil er aber nachgehends bey allen andern Ein⸗ und Auszügen diesen Platz bekleidet, haben wir seiner nirgend füͤglicher als hier gedenken koͤnnen. Denen jetztgedachten folgten in reicher teutscher Kleidung, von unterschiedenen Farben, sechs neu⸗ angenommene und drey alte in Tuͤrckischer Tracht gekleidete Kaiserl. Sprach⸗Knaben, davon die ersten sechse heisen: Johann Latour, Die Orientalische SprachKnaben. Ludwig Toutsaint, Anton Seleskowitz, Franz Joseph Meyer, Carl Ludwig Momartz, Heinrich Christoph Penkler; die drey letztern aber: Carl Momartz, des vorigen Bruderl, Johann Petrowitz, und Johann Götz. Zu diesen stoßten diejenige, welche der Die Canzellisten und übrige vom HofKriegsRath. Hof⸗Kriegs⸗Rath zu des Herrn Botschafters Diensten mitgeschicket hat, als: Urban Holtzbauer, Uhrmacher; Ferdinand Eurich, Franz Xavier Kemmeter, Johann Christoph Kastner, Canzelisten; Hermann Paul Cramer, Cassirer; ingleichen die zwey Kaiserl. Die Dollmetsch.Dolmetschen der Orientalischen Sprachen: Johann Henrich Vorner von Sonnenhold, dies Orts anwesender Aeltere zur rechten, und der erst neulich darzu erwehlte Johann Godschalk, zur linken, auf Türckisch gezierten Pferden, zwischen ihren auf Tüͤrckisch gekleideten Dienern zu Fuß: zu welchen beiden zu Belgrad noch der dritte, Namens Niclas Theyls, angenommen worden, der vor diesem den Holländern in dergleichen Verrichtung lang gedienet, und derowegen zu vermuthen war, er muͤsse eine grosse Erkäͤnntnis in den Tuͤrckischen Affairen erlangt haben. Nicht lang hernach Der HofMarschalk.præsentirte sich der Hof⸗Marschalk, Herr Carl Ludwig, Baron von A 2 Erstes Buch / Erste Abtheilung. 4 von Seebach, Obrist⸗Wachtmeister unter dem Graf Virmondtischen Regiment, und zwar ganz allein zu Pferd, in einem überaus reich mit Gold verbräͤmten rothen Kleid, dessen zwey eigene Die Die Laquayen der Edelleute. ner neben dem Pferd hergiengen. Nechst diesem erschienen der Edelleute Laquayen zu Fuß, je drey und drey neben einander, alle in gelben Futter⸗Hemden / und rothen reich bordirten Röcken ge⸗ Die Edelleute.kleidet; und hierauf der zweyte Adel selbst, wiederum drey und drey, nemlich die Herrn: Ferdinand von Schopen, Anton Joseph von Weipler, Anton Jgnatz Jmhof von Schillsberg und Schwambach, Jacob Mattoni / Ferdinand Steger, Ferdinand Preitenacher von Preitenau, Theodor Managetta von Lerchenau, Michael Sautermeister, Johann Ludwig Camber, Philipp Wilhelm Franken, Franz Christoph Joseph von Demerath, Hermann Adolph Aussem, Christian Philipp Freyherr von Glimberg, Adam Friederich Freyherr von Studenitz, und Adam Dominicus Freyherr Locherer von Lindenheim. Diese Zahl wurde erstlich zu Wien noch vermehret durch Abel von Wettstein, zu Preßburg aber von Franz Anton Freyherrn von Schmiddegg, und letztlich zu Grichisch⸗Weisenburg von Otho Friederich von Obschelwitz / Kaiserl. Ingenieur-Hauptmann, alle in den kostbarsten Kleidern und reichsten Pferd⸗Zeug. Der Mitlere in der ersten Linie füͤhrte an einem roth⸗sammeten und mit Gold Die Fahn und der Fähndrich der Edelleute.rings um besetzten Pandalier eine roth⸗seidene und von Gold be schwehrte Standart, so auf der einen Seiten des Hn. Groß⸗Botschafters Stamm⸗Wappen præsentirte, auf der andern aber war eine durch die Wolken herfuͤrbrechende Sonne zu sehen, und in der Luft zeigten sich zwey in einander geschlossene Hände, unter welchen ein Lorbeer⸗Cranz gemahlt war, welcher auf der Welt⸗Kugel ruhete, mit dieser Beyschrifft: Mutuis officiis, durch wechselsweise Freundschaft; davon die Bedeutung unschwehr zu errathen, als welche um des gemeinen Volkes willen in so leichten Worten verfasset war, und anzeigte, daß, gleichwie die Sonne nach vertriebenen Wolken klärer herfür scheinet, und denen untern Geschöpfen ihren Einfluß kräftiger mittheilet: also auch nicht zu zweifeln sey, es werde nach beygelegter Kriegs⸗Unruhe die nunmehro glänzende Friedens⸗Sonne denen Menschen bessere Zeiten verschaffen, und die Gemüther der beiden Kaisere dermassen vereinigen, daß 5 Von des Hn. Groß⸗Botschafters Einzug in Wien. daß Sie anjetzo mit noch einmal so fester Freundschaft einander zugethan seyn werden, als sie vorhero in Feindschaft wider einander gestanden, woraus dann nicht geringer Nutzen so wol füͤr ihre eigene Person, als auch für ihre Länder zu hoffen stehet.

Aber wiederum auf die Haupt⸗Sache zu kommen, so praesenDer Secretair von der Botschaft. tiret sich auf das neue Hr. Joseph von Dierling, des Heil. Röm. Reichs Ritter, und dermaln Legations-Secretair, auf einen schön gezierten und wol gewachsenen Pferd / in einem roth⸗weislecht mit Gold reich gesticktem Kleid. Dieser trug, nachdem der Herr GroßBotschafter von Jhro Röm. Kaiserl. Majestät die Abschieds⸗Audienz genommen, und gnädigst entlassen worden, oͤffentlich in der rechten Hand Jhro Majestät Credenz⸗Schreiben in einem weiß gewöͤlkten mit Gold schoͤn ausgestickten Umschlag, so wol da wir zu Jhro Majestät der regierenden Kaiserin / und beiden verwittibten Kaiserl. Höfen / als zu letzt durch die Stadt zuruck kehrten. Gleich auf selbigem folgte die Geistlichkeit, oder die Die Geistlichkeit. Ehrwürdigen Väter, und Hr. Joseph Lovina, aus der Gesellschaft Jesu; Robert Leeb, aus der Abtey vom H. Creutz im Wienerwald; Johann Adam Müller, aus dem Stift Borken in Westphalen; und Stringarius de Nano, welche alle Geistliche bey der Gesandtschaft waren; ingleichen der Hochwürdigste, Hoch⸗ und Wolgebohrne Graf Ernst von Schrattenbach / Benedictiner Ordens⸗Abt zu Domben, Prälat bey der Gesandtschaft, und Seiner Eminenz des Hn. Cardinal⸗Priesters Hanibal Graf von Schrattenbach, wie auch Bischoffen zu Olmütz Herr Bruder, und Seiner Ertz⸗Bischöflichen Gnaden von Salzburg Franz Anton Grafen von Harrach geheimder Rath: jene zierte die geistliche Eingezogenheit besser, als Sammet und Purpur: der Herr Prälat aber liesse sich anbey in einem seidenen vielfaͤrbigen Kleid, und langen Mantel mit einem auf der Brust herab hangenden kostbaren Creutz, und grüner seidener Schnur auf dem Hut sehen. Zu Grichisch⸗Weißenburg kam noch ein anderer Priester aus der Gesellschaft Jesu darzu, mit Namen Miroslawitz; und schon zu Wien fanden sich noch zwey andere ein, die zwar nicht bey dem Einritt, jedoch aber bey dem Kaiserl. allergnädigsten Hand⸗Kuß gewesen, aus dem Orden der PP. Trinitarier, nemlich Josephus a Jesu Maria, und Andreas a S. Ger A 3 Erstes Buch / Erste Abtheilung / 6 Gertrude, denen ein Lay⸗Bruder, Dionysius, mit gegeben wurde, welcher ihnen auf der Reise Handreichung thun solte. Nebst diesen war auch ein Armenianischer Priester aus der Grichischen Kirche zugegen, samt noch einem andern aus dem Orden des H. Francisci, welcher Capistranus geheissen, und aus Päbstlichen Befehl forthin sich als Missionarius in Orient um der daselbst befindlichen Catholischen willen aufhalten wird.

Die Laquayen des ersten Adels Nach diesen nun kamen 13. Laquayen des Adels vom ersten Rang je drey und drey zum Vorschein, welche an Kostbarkeit der Livrée die von dem zweyten Rang uͤbertroffen. Kurz hierauf folgten die Herrn Cavaliers selbsten, deren einer Jhro Röͤm. Kaiserl. und Cathol. Majestät würklicher Cammer⸗Herr, die andern aber unterschiedliche vornehme Ordens⸗Ritter, Obrist⸗Lieutenants, Rittmeistere, Hauptleute, und alle von Haus aus gebohrne Grafen und Freyherrn aus denen vornehmsten und aͤltisten Geschlechten waren. Es sind aber solche gewesen: Graf Olaguer Sebastida, Graf Franz Bertram Arnold von Neßelrode und Reichenstein, Emanuel Graf von Kollovrath, Freyherr Otto von Rhomberg, Bertram Ludwig Freyherr von Zweifel, Georg Johann Raban Gottlob Freyherr von Hörte, Philipp Joseph Johann Leopold Graf von Königl, Michael Victor Graf von Bielinski, Maximilian Graf von Scherffenberg, Michael Graf von Thierheim, Michael Emanuel Graf von Althan, Carl Graf von Bathyani, und Johann Marggraf von Besora. Diesen fügte sich noch vor unserer Abreiß aus Ungarn bey Graf Norbert von Kollo Die Fahn und der Fähndrich des ersten Adels. vrath, obgedachten Emanuels Hr. Bruder. Absonderlich machten des H. Röm. Reichs Graf Franz Bertram Arnold von Neßelrode und Reichenstein, einem nahen Anverwandten des Hn. GroßBotschafters / welcher der mittelste in der ersten Ordnung gewesen, seine holdselige Gebehrden, und die Jhm und Seinem Geschlecht angebohrne Annehmlichkeit und edelste Sitten nicht weniger Ansehen, als seine kostbahre vom rothen Tuch mit Gold gestickte Kleidung. Das Pferd, worauf er gesessen, ware schwarz⸗braunlecht, muthig, und reich aufgebutzt; uber die linke Schulter hienge Jhm ein von weisem Sammet mit Gold reich gestickter und rings mit schwehren guldenen Franzen besetzter Bandelier: auf dem Kopf hatte Von des Hn. Groß⸗Botschafters Einzug in Wien. 7 hatte Er eine ganz weise Parucke und einen mit Gold reich besetzten Feder⸗Hut; in der rechten fuͤhrte Er ein auf weisen Atlas mit Gold und Silber / wie auch allerhand lebhaften Farben gestickte und mit guldenen Quasten behenkte Reuter⸗Fahne, so auf einer Seite die unbefleckte Empfangnis der allerreinesten Jungfrau und Mutter GOttes, auf der andern aber das Erz⸗Herzogliche Stamm⸗Wappen deren Oesterreichischen Kaisere mit einem weisen Balken in einem rothen Feld vorstellte: Die Beyschrifft war aus dem hohen Lied genommen: Et macula non est in te, zu teutsch: und kein Mackel ist in dir. Der uͤbrigen Kleidung war nach eines jeden Gefallen eingerichtet, und einige davon mit Gold oder Silber gestickt, andere mit Spanisch⸗oder Französischen Borten aufs reichste besetzt, denen die kostbarsten Pferde mit ihren fuͤrtreflichen Schmuck noch ein schoͤneres Ansehen gegeben. Bald darauf folgten Des GroßBotschafters Laquayen. des Hn. Groß⸗Botschafters eigene Laquayen, welche an der Zahl dreisig ausmachten, und zu Fuß in ihren gelben mit Silber ausgemachten Futter⸗Hemdern, rothen mit guldenen Borten besetzten Röcken, weisen Federn auf den Hüten und Haar⸗Beuteln versehen einher tratten.

Endlich sahe man auf einem hohen und stolz⸗trabenden Pferd Der GroßBotschafter. Jhro Excellenz den Herrn Groß⸗Botschafter selbst in eigener Person herankommen. An Kostbarkeit der Kleidung und uͤbrigen Schmuck übertraf er die andern alle. Ein Spanisches MantelKleid, welches auf neue Art und von dem reichsten guldenen Zeug verfertiget war, aus welchem mehrerer Annehmlichkeit halber zwischen dem Gold die hohe rothe Feuerfarb ein wenig hervorblickte, und mit mehr den Hand⸗breit silbernen Spitzen rings herum Falten weis belegt war / zierete seinen Leib. Der Mantel, von gleichem Zeug und auf gleiche Weise behenkt, ware inwendig mit PurpurSeiten belegt; der Umschlag aber mit gleich reichen und breiten Spitzen besetzt. Auf seinem Haupt stutzte ein in grader Hoͤhe stehender grosser weiser Feder⸗Busch, dessen Spitzen roth gefaͤrbt, er selbst aber von einer sehr kostbarn Diamantenen Schlinge zusammen gehalten wurde. Das Pferd, welchem an Muth, Ansehen und Kunst ohne dem keines gleich, machten die guldene mit schwehren Crepinen gezierte Decken oder Waldrappen, die Trensen, Mähn⸗Flecht und Schnal 8 Erstes Buch / Erste Abtheilung / Schnallen von gleicher Kostbarkeit, noch eine bessere Parade. Es liesse sich führen, regieren, und wenden, wie es seinem vornehmen Bereiter beliebte. Bald machte es niedrige, bald hohe Sprünge, wie es das Schul⸗Recht mit sich brachte, und stolzierte mit seinem Herrn so gravitätisch daher, gleich als ob es wüste, weme es zu tragen die Ehre hätte. Neben dem Steigbügel gingen linker Hand zu Fuß der Hr. Der Bereiter.Bereiter Daniel Zeckmann, Fähndrich unter dem Virmondtischen Regiment, in Gold verbräͤmter Kleidung, hinter ihm zwey wol aufgebutzte dem Hn. Botschafter zugehörige Stall⸗Knechte, deren einer eine roth⸗sammete mit goldenen Borten besetzte Pferd⸗Decke auf Die Heyducken.der Achsel nach trug. An statt der Trabanten gingen zu beiden Seiten zwölf grose auserlesene Heyducken, welche mit einem bis auf die Hüfte kurz⸗gelben Wammes, und langen rothen mit Silber ausgemachten Mantel bekleidet waren, deren Kostbarkeit die von Silber gegossene Knoͤpfe und Blatten, wie auch die mit des Herrn Botschafters Wappen gezeichnete Taschen, mit Silber beschlagene Wehrgehenk, Schwerdter⸗Hefte und Scheiden verdoppelten; wobey sie in der Hand einen silbernen Pusikan oder Streit⸗Kolben mit einem schwehren Knopf führten. Auf dem Kopf trugen sie rothsammete Hauben mit Silber umfasset, denen die weiß und schwarz vermischte in die Hoͤhe stehende Straussen⸗Federn noch ein besseres Ansehen gaben.

Zu nechst hinter dem Herrn Botschafter riete der Ober Der OberStallmeister.Stall⸗Meister Sixtus Anton Ostmann, Freyherr von Leyh in ei nem Silber⸗reichen Kleid. Auf diesen folgten unmittelbar 14. Edel Die EdelKnaben. Knaben / deren Ober⸗Röcke von Scharlach mit Gold⸗durchbrochenen Borten reichlich besetzt, die Unter⸗Kleider aber von SilberStücken mit seidenen Blumen waren: auf den Huten spielten weise mit Gold gezierte Federn / und führten roth⸗sammete stark mit Gold verbrämte Pferdes⸗Decken. Jhre Namen sind folgende: Leopold Anton Pernöber, Johann Baptist Kempf, Johann Plum, Wilhelm Rieß, Christoph Kimling, Franz Joseph Pfoder, Adam Rupert, Caspar Drit, Franz Alexander Holz⸗Bauer, Johann Ferdinand Altmann, Max. Vrinz, Joseph Neveu, Joseph Freyherr Die Leibwacht.von Tiefenbach, und Joseph Freyherr von Rueßenstein. Dann zeigte sich des Herrn Groß⸗Botschafters Leib⸗Wacht, welche aus dreisig Granadierern bestunde, in gleicher Ordnung und einerley Klei Von des Hn. Groß⸗Botschafters Einzug in Wien. 9 Kleidung, die von zweyen Rottmeistern oder Corporaln und einem Die Officiers der Leibwacht. Feldwaibel geführet, und von Hn. Carl Joseph von Melzern / vormaln gewesenen Obrist Wachtmeistern, commandiret wurde, unter welchem Herr Friederich Anton Schötteler als Fähndrich stunde. Jhre Kleider waren von Scharlach, und mit Silber praͤchtig ausgemacht; über die Schultern hinge eine schwehre silberne Schnur herab, der Guͤrtel war von gleichem Werth und Gattung, die Ladungs⸗Tasche zum Pulver und Bley schoͤn von Silber gestickt, das Degen⸗Gehang von gelben Sammet und gleicher Kostbarkeit: auf dem Kopf sasse eine rare von Bären⸗Peltz zugerichtete Haube, woran sich vorne ein üͤbersilberter Adler zeigte, von hinten aber der schöne lange Schweif herunter hinge. An der Seiten hatte ein jeder seinen Degen, in der rechten Hand aber entweder die FahnenSpitze, oder eine scharf geladene Flinte mit aufgeflanztem kurzen Seiten⸗Gewehr; in welcher Positur auch alle Unter⸗Officiers unter ihnen zu sehen waren. Vorher gingen zwey Hautboisten, zwey Die Musicanten der Leibwacht. Fagotisten, und zwey Waldhornisten, ein Pfeiffer und Trommelschläger mit einer messingen Trommel: diese alle waren mit schoͤnen neuen Kleidern, von rothen und gelben Tuch, mit Gold und Silber verbrämt, mundirt, und mit schwarz⸗ und gelben Federn auf den Hüten versehen: der uͤbrigen Granadiere Schilde bestunden aus Massiv⸗Silber, worzu noch die Patron⸗Taschen mit silbernen Borten reichlich besetzt gewesen. Die vorgetragene Fahne zeigte zu beiDeren Fahne. den Seiten im Obern⸗Theil die unzertheilte H. Dreyfaltigkeit / im unteren einen doppelten Adler mit den gluͤckseeligsten AnfangsBuchstaben des Glorwuͤrdigsten Namens Seiner RömischKaiserl. und Königl. Majestät / C. VI. bemerket. Der Mannschaft, die gewiß die auserlesenste ware, hatten die borsteten Hauben, so ihren Kopf bedeckte, ein noch heroischeres Ansehen gemacht. Weiter kamen acht ausbüͤndig geschmuckte Maul⸗Thiere, Die MaulThiere. welche mit schönen Reiger⸗Federn aufgebutzt, und mit roth⸗sammeten mit Gold verbortirten Decken, gleich den Hand⸗Pferden, belegt waren; am Hals hiengen ihnen an einer aus Gold und Seiden gewürkten Schnur und Quasten verguldete Gloͤcklein, anbey waren sie mit roth⸗sammeten, von Gold gestickten Maul⸗Köͤrben versehen. Dieser Aufbutz hat denen sonst niedertraͤchtigen Thieren gleichsam B einen 10 Erstes Buch / Erste Abtheilung / einen neuen Geist und Muth mitgetheilet, welches sie mit ihren stolzen und hochtrabenden Gang gar merklich angezeiget. Sie wurden von dreyen darzu gehörigen Knechten gefuͤhret, deren schoͤne Livrée mit dem obbeschriebnen uͤbereinkame; der erste aber von ih Der Falken⸗Meister.nen ist auf einen absonderlichen Maul⸗Thier voran geritten. Zu letzt kam noch ein Falken⸗Meister, Jacob Brooms, zu Pferd, auf Jäger⸗Art angekleidet / mit einem Hirsch⸗Fänger an der Seite, und einer grün⸗sammeten mit goldenen Borten besetzten Falkner⸗Taschen; Die OberKöche. deme noch vier Ober⸗oder Meister Köche Claudius Page, Michael Zecha, Christian Groß⸗Mejer, und Johann Pichard in der Ord StadtGarde. nung folgten. Den völligen Aufzug aber beschlossen abermal unter An⸗ und Aufführung des Hn. Stadt⸗Garde⸗Lieutenants, Martin Minkowitz / 40 Fuß⸗Knechte von der hiesigen Stadt⸗Militz.

Nun in dieser Ordnung, wie sie von mir jetzt beschrieben wor Der Zug nach der Burg.den, sind wir aus oben bemeldten Garten zum Stuben⸗Thor hinein, um den Bischofs⸗Hof über den Graben und Kohlmark die Michaeler Kirchen vorbey zwischen der Reichs⸗Canzley, dem Dietrichsteinischen Haus und Minoriten⸗Closter durch das nechst daran stossende offene Thor auf den Burg⸗Platz unter Trompeten⸗ und Paucken⸗Schall auch übrigen klingenden Spiel, mit fliegenden Fahnen und erhöheten Standarten eingeritten, wobey uns jederzeit eine unbeschreibliche Menge Volkes begleitete / welche so wol die Weege der Vorstadt, als auch alle Gassen und Ringmauern der Stadt, ja so gar die Fenster in den Haͤußern eingenommen und angefuͤllt, so daß es nicht anders ließ, als wann alle Einwohner vors Thor hinaus gelauffen / an statt ihrer aber anders woher Leute bey tausenden in die Stadt gebracht worden wären.

Ankunft auf den BurgPlatz. Bey Anlangung auf den grossen Burg⸗Platz stellte der Marschalk die, so in der Livrée waren, in schöͤnste Ordnung, die uͤbrige aber ritten fast bis zu der Brücken der innern Burg, stiegen daselbst ab, und begleiteten so dann den Hn. Groß⸗Botschafter / der nun allein ritte, zu Fuß über besagte Brücke in die innere Burg, allwo derselbige gleichfalls abstieg, und mit Vorhergehung aller Vorbenannten die grosse Stiegen hinauf gieng, da immittelst die Ubrigen von dem Gefolg in der von dem Marschalk gestellten Ordnung bis zu des Herrn Groß⸗Botschafters Zuruckkunft auf dem grosen Burg⸗Platz stehend geblieben, und die ganze Zeit hindurch mit der im Von des Hn. Groß⸗Botschafters Einzug in Wien. 11 im Gewehr stehenden Stadt⸗Militz ihre Musicanten sich tapfer höͤren lassen. Jm Hinauf und Vorbeygehen der Trabanten und Hatschieren, welche beiderseits im Gewehr stunden, wurde der Herr GroßBotschafter von allen den Seinigen bis an die Ritter⸗Stuben, wo die Pagen, Haus Bedienten, und üͤbrige Canzley⸗Verwandte bis zu Seiner Ruckkehr auf Jhn warteten, von den Edelleuten aber bis in die erste Anti-Chambre, in welchem selbige gleichfalls stehend geblieben, und von dem ersten Adel bis in die zweyte Anti-Chambre begleitet. Daselbst ist der Herr Groß⸗Botschafter von Einführung zur Audienz. Jhro Röm. Kaiserl. und Cathol. Majestät würklich geheimen Rath / Obrist⸗Cammerern und Rittern des guldenen Vlieses / Hn. Rudolph Sigismund / des Heil. Rom. Reichs Erb⸗Schatz⸗Meister / Grafen von Sinzendorf / empfangen, bald auch hernach bey Sr. Kaiserl. Majestät durch denselbigen angemeldet, auch auf so gleich allergnädigst ertheilte Bewilligung in die Raths⸗Stuben zur Audienz eingeführt worden; daselbst von Seiner Kaiserl. Majestät der Hr. Groß⸗Botschafter das an den Groß⸗Sultan gestellte Creditiv-Schreiben, welches auf weiß Pergament mit guldenen Buchstaben geschrieben, und von der Kaiserl. geheimen Hof⸗Kriegs⸗Canzley gewöhnlicher massen ausgefertiget war, eigenhaͤndig empfangen, und von Seiner Röm. Kaiserl. und Catholischen Majestät sich beurlaubet, so dann bey dem verstatteten Kaiserl. Hand⸗Kuß die allerhöchste Gnade sich ausgebetten, daß Seine Kaiserl. Majestät allergnädigst geruhen moͤgte, dem ersten und zweyten Adel, wie auch übrigen Vornehmern seines Gefolgs den Kaiserl. Hand⸗Kuß gleichfalls zu verstatten, welches auch Jhro Kaiserl. Majestät allergnädigst verwilliget: worauf vor Se. Kaiserl. Majestät welche in einem schwarzen Mantel⸗Kleid vor einem mit einem roth-sammeten Teppich bedeckten Tisch gestanden, alle nach der Ordnung zum Hand⸗Kuß gelassen worden. Jndem aber dieses vorging, stunde zu Jhro Kaiserl. Majestät linker Hand der Herr Groß⸗Botschafter / welcher bisweilen mit dem Finger andeutete, was für ein Amt ein jeglicher bey der Botschaft verwaltete. Von B 2 12 Erstes Buch / Erste Abtheilung / Von Seiner Römisch⸗Kaiserl. Majestät begab sich der Hr. Groß⸗Botschafter mit seinem Gefolg zu Jhro Majestät / der regierenden Römischen Kaiserin Elisabetha Christina: von dar zu der Kaiserl. Frau Mutter / der verwittibten Römischen Kaiserin Eleonora Magdalena, wie auch zu der gleichfalls verwittibten Römischen Kaiserin Amalia Wilhelmina / weiland Sr. Majestät / Kaiser Josephs / Glorwürdigsten Andenkens / hinterlassene Kaiserl. Frau Gemahlin; folgends zu der regierenden Kaiserl. Majestäten Durchlauchtigsten Erz⸗Herzoginnen Maria Theresia / und Maria Anna / so fort auch zu denen weyland Kaiserl. Majestäten Joseph und Leopold Glorwürdigster Gedächtnis hinterlassenen Durchläuchtigsten Erz⸗Herzoginnen / Maria Josepha, Seiner Durchlaucht des Chur⸗Prinzens von Sachsen nunmehro Durchlauchtigsten Gemahlin, und Maria Amalia / des Chur⸗Prinzen aus Bayern gleichfalls Durchlauchtigsten Gemahlin / wie auch Maria Elisabeth und Maria Magdalena / um von Jhnen ebener massen die Urlaubs⸗Audienz zu nehmen. Zu denen verwittibten Roͤmischen Kaiserinnen / und vier letzt gedachten Erz⸗Herzoginnen sind wir durch deren Obrist⸗Hof⸗Meistere und Kaiserl. Geheime Räthe und Cammerer die Hochgebohrne Herren Joseph Folk des H. R. Reichs Fürst von Cardona, Max. Guidobald des H. R. Reichs Graf von Martinitz / Joseph Jgnatz des H. R. Reichs Graf von Paar / Gundacker Poppo des H. R. Reichs Graf von Dietrichstein / Gotthard Helfried des H. R. Reichs Graf von Weltz / zu denen zwey erst genannten Erz⸗Herzoginnen aber von deren Frau Aya Anna Dorothea des Heil. Röm. Reichs verwittibter Gräfin von Thurn und Valsaßina / gebohrnen Gräfin Ratuit von Suches, welche auch im Namen Jhrer Durchlauchten wegen deren noch zartesten Alters bey dem Hand⸗Kuß die AbschiedsComplimenten empfangen, und beantwortet. So sind auch von der regierend⸗ und denen verwittibten Kaiserinnen allergnädigst, und Von des Hn. Groß⸗Botschafters Einzug in Wien. 13 und von sämtlichen Durchlauchtigsten Erz⸗Herzoginnen / in Gegenwart allerseits Hof⸗Damen gnädigst zum Hand⸗Kuß gelassen worden nicht nur der Kaiserl. Herr Groß⸗Botschafter bey der gehabten Audienz, sondern auch dessen Cavaliers, Edelleute, ingleichen die Hauß⸗Officier und übrige andern alle.

Indeme wir nun so beehrt und begluͤckt entlassen worden, hat ein jeder wider seine vorige Stelle eingenommen, und sich üͤber die Brücke bey der Schweitzer⸗Wache nach seinem Pferd begeben, welche durch das lange Ausruhen noch muthiger worden: der Herr Groß⸗Botschafter aber hielte so lang auf der Brucken auser der Schweitzer Wacht, und sahe seine Suite vorbey gehen, bis die Heyducken eintrafen, da dann Derselbige in seinen vorigen Platz sich verfügte, und in derselbigen Ordnung unter Trompeten⸗ und PauckenSchall und klingenden Spiel fort ritte; wobey Er das allerhöchste Glück gehabt, dem gröͤsten Monarchen auf Erden zum zweytenmal das angenehmste Spectacul zu machen; wie dieser Monarch dann Sein allergnädigstes Belieben an Seines MiniDes Kaisers Vergnügen. sters und Botschafters Aufzug gar merklich bezeiget, da Er Sich allergnädigst gefallen lassen, von der Tafel aufzustehen, und mit Seiner Kaiserl. Gemahlin zum zweytenmal zuzuschauen: hat Sich auch in vieler Gegenwart ausdruͤcklich allergnädigst vernehmen lassen, wie Er heute in allen, und mehr als Er gehoffet, vergnügt worden.

Anjetzo halte ich unnoͤthig zu seyn in der Beschreibung des Ruckwegs mich aufzuhalten, angesehen solcher mit dem Anzug vollig uͤbereinkommt, auser daß wir dabey einige Oerter vorbey marchiret, welche wir anfangs nicht beruͤhret, und also den Weg etwas anders, als zu erst, ausgetheilet; sintemaln wir durch das obere BurgThor zwischen dem Ball⸗Hauß und Kayserl. Hof⸗Cammer zum zweytenmal über den Kohlmarck, aber von dar durch das Pailer⸗Thor bey den Tuch⸗Läden und Schranen oder Stadt⸗Gericht vorbey und den Hohen⸗Markt hinunter gezogen, von dar wir uns nach der Obern⸗Becker⸗Strassen durch den Schwibbogen über der untern Jesuiter⸗Kirche nach dem Stuben⸗Thor, und so dann nach anfangs bemeldten Augustiner⸗Garten auf die Land Strassen gewendet, wobey wir dann gleiche Ordnung mit der ersten gehalten, und in Be B 3 gleitung 14 Erstes Buch / Zweyte Abtheilung / gleitung einer unbeschreiblichen Menge Volkes, so uns fast den Weg verlegt, daselbst gluͤcklich wiederum angekommen.

Gastierung der Botschaft.Hierauf wurde nun die ganze Botschaft, samt noch einigen andern / so aus der Stadt darzu gekommen von dem Herrn Groß⸗Botschafter aufs herrlichste und köͤstlichste tractiret. Unter wehrender Tafel haben sich die Trompeter und Paucker, wie ingleichen die üͤbrigen Musicanten, sonderlich bey dem GesundheitTrinken, lustig hören lassen, so daß sich endlich diese ganze Ceremonie mit einem propren und freudigen Gastmal in aller zulässigen Ergötzlichkeit geendiget, und grosse Hofnung hinterlassen, es werde das Ende mit dem so vergnuͤgten Anfang nach Wunsch uͤbereinstimmen: wie dann solches der Erfolg nachmaln genugsam bezeiget, wann man aus Orient von nichts anders als den sonderbaren praͤchtigen dem Herrn Groß⸗Botschafter erwiesenen Ehren Bezeigungen gehöret, dergleichen von der Ottomannischen Pforten vorhero keinem erwiesen worden.

Zweyte Abtheilung.

NUnmehro wird es Zeit seyn die Reise nach Constantinopel selbsten mit unserer historischen Feder zu entwerfen. Wir machen uns demnach auf den Weg / zugleich aber den Anfang unserer Erzehlung mit der Abreiß aus Wien. Es ist sonst gebräuchlich, daß die völlige Abreise, nicht lang nach dem Einzug aufgeschoben werde, weswegen auch der Herr Botschafter gänzlich dafür gehalten, Er werde nun in wenig Tagen die Reise antretten koͤnnen; nichts destoweniger sind einige Hindernuͤssen darzwischen gekommen, so Jhn wider Verhoffen länger als gebräuchlich in der Kaiserlichen Residenz arêtirt, wie man uns denn nach diesem drey und mehr Wochen noch in Wien herum gehen sehen. Indem aber gleichwol inzwischen alle Anstalten zu einer so weiten und beschwehrlichen Reise vorgekehret, und die darzu benoͤthigten Sachen unterdessen in die Schiffe gebracht wurden, erhielte man unvermuthete Nachricht, daß der Türkische nach unserm Hof bestimmte Botschafter mit einer grossen Anzahl Tüͤrken auf dem Herweg begriffen, und schon nicht weit mehr von der Gräͤnze seye, wo selbst 15 Reise von Wien bis nach Ofen und Lora. selbst er unsere Ankunft abwartete. Weshalben unser Herr Botschafter seine Geschäffte folgends in aller Eil expedirte, und endlich den 17. Maji um vier Uhr nach Mittag mit allen den Seinigen zu Schiffe gieng, und kurz hernach vom Lande abstossen liesse. Hier war nun fast die ganze Wien⸗Stadt wieder auf, davon einige ihre Curiosité zu vergnuͤgen suchten: andere aber ihre nach der Tüͤrkey abgehende Freunde nochmaln sprechen, und ihren wolmeinenden Glückwunsch bey ihnen ablegen wolten, welcher um so viel herzlicher war, je leichter sie vermuthen kunten/ daß sie nicht alle wiederum zuruck kommen duͤrften; begleiteten indessen diejenige mit dem Gemüth, bey welchen sie dem Leib nach nicht mehr zugegen seyn kunten.

Hier waren nun abermal beide Ufer der Donau von Leuten Zulauf des Volks. unterschiedlichen Alters, Geschlechts und Standes häͤufig besetzt. Was man nur immer in der Stadt von Kobel⸗Wäͤgen und Pferden hat zusammen bringen können, das wurde heute alles aufgesucht und um gut Geld bezahlt, welche uns zum Theil bis nach Preßburg begleiteten. Der mehreste und vornehmste Adel/ ja so gar die Durchlauchtigsten Josephinischen Erz⸗HerzoginErz⸗Herzoginnen Gegenwart in Prater. nen selbst, als die nur allein in der Stadt Wien waren, sintemaln die Leopoldinische samt der Aller Durchlauchtigsten Kaiserlichen Frau Mutter Sich dazumal zu Baden aufhielten. Hatten sich nach dem nechst uͤber der Donau bey der Stadt liegenden und bey dermaligen Früͤhlings⸗Zeit angenehmen Prater⸗Wald erhoben, allwo Sie aus einem Kaiserlichen Lust⸗Hauß die in schoͤnster Ordnung rangirten Schiffe vorbey streichen sahen, wovon der grösten an der Zahl zwey und siebenzig, und alle oben bedeckt, auch Anzahl der Schiffe. nicht nur zu der aufhabenden Nothwendig⸗ sondern auch Gemächlichkeit von dem Kaiserlichen Schiff⸗Lieutenant zu Wien sehr wol verfertiget waren; worzu die Kähne nicht gerechnet sind, deren viele an die grossen Schiffe angebunden und auf des Herrn Botschafters Befehl zur Zufuhr der Victualien und Ubersetzung der Leute von einem in das andere Schiffe verordnet waren.

Unter allen præsentirte sich das Leib⸗Schiff, so den Herrn Leib⸗Schiffes Beschaffenheit. Groß⸗Botschafter führte ungemein wol, als welches mit mancherley Farben und Gold ausgeziehret auf dem hintern Theil einen Adler mit dem guldenen Vlies umgeben, auf dem Vorder⸗Theil aber 16 Erstes Buch / Zweyte Abtheilung / aber den Jupiter auf einem Adler führete der in der linken Hand einen Oel⸗Zweig, als das Zeichen des Friedens, darreichte: der Adler aber, als der Koͤnig unter den Voͤgeln, præsentirte sich auf einer verguldeten Erd⸗Kugel, üͤber welche er seinen Kopf aus dem Schiff über das Wasser streckte, und in der einen Klauen den Blitz hielte, auf seinen Rucken aber den mit Lorbeer gekröͤnten und zwischen zweyen Meer⸗Fräulein befindlichen Götter⸗Vater Jupiter aufhatte, welcher durch seine ganze Kleidung und dieser Nymphen suͤssen Gesang, oder vielmehr derselben wunderbahren Harmonie, welche sie durch ihre in den Häͤnden haltende Noten zu verstehen gaben, den gestiftete Frieden anzeigten. Das Ansehen dieses Schiffes vermehreten die vierzehen schwarz⸗ und gelb⸗seidene auf lange Stangen aufgesteckte Fahnen / als der Occidentalischen Kaisere gewöhnliche Farbe, auf deren einer Seite der doppelte Adler / auf der andern aber das Durchlauchtigste Oesterreichisch⸗Erz⸗Herzogliche Wappen gemahlt stunde; von welchen auf den übrigen Schiffe nur eine, oder auf denen vornehmern, zwey aufgesteckt waren. Die zwischen jene herum gestellte Musicanten belustigten die Ohren auf mancherley Weise, worzu auch die zwölf auf SchiffsManier gleich gekleidete Boots Knechte, mit ihren gewöhnlichen Schiffer⸗Gesang das Jhrige mit beygetragen, welche mit ihren schwarz⸗ und gelb⸗angestrichenen und hiemit von den andern Schiffen distinguirten Rudern das Schiff fort getrieben.

Favorables Wetter. Das an dem Tage unserer Abreise so schöne heitere Wetter prognosticirte alsobald eine vom Himmel beglüͤckte Schiffarth, welches auch den ganzen Tag durch getauert, und erst dazumal, als wir bereits in Sicherheit und zu Fischament angelangt waren, sich in ein mit Blitz und Wetterleuchten vermengten Regen verwandelt hatte. Fischaments Gelegenheit.Es ist aber Fischament ein von Wien ohngefehr drey Meil entfernter und an dem Donau⸗Strand gelegener Ort, deme eine nicht unangenehme Jnsul gegen über lieget, worinnen sich bey dieser Frühlings⸗Zeit die Nachtigalln und andere Vögel uͤberaus anmuthig hören lassen.

Bis dahin hatten die Hochgräfliche Fräulein Maria Des Herrn Botschafters beider Fräulein Töchter Abschied. Louisa / und Maria Anna ihren allerliebsten Herrn Vater / deme Sie beide an Sitten und Verstand, die Juͤngere aber auch an der Gestalt ganz ähnlich, begleitet; von daraus sie, nach herzlichem Wunsch Reise von Wien bis nach Ofen und Lora. 17 Wunsch zur glücklichen Reise und empfangenen vätterlichen Seegen, mit bethränten Augen ans Land gestiegen, und noch selbigen Abend mit der Post nacher Wien zuruck gekehrt: und dieses war zugleich die erste Nacht, welche wir auf dem Wasser in den Schiffen zugebracht.

Des andern Tages sind wir gleich früͤhe nach angehöͤrter MesAbreise nach Preßburg. se, als worzu uns vor allen der eingefallene Himmelfarths⸗Tag unsers Heylandes obligirte, bey gegebenen Zeichen aus den Trompeten, welche Gewohnheit nachgehends beständig so wol zu Wasser als Land gehalten wurde, unter stillem Wind nach Preßburg/ der Haupt⸗Stadt in Ober⸗Ungarn abgefahren; wohin die Freyherrn von Locher und Studenitz in aller frühe mit einem Jagd⸗Schiff voraus geschickt worden, damit sie die Ankunft des Herrn GroßNachricht von des Herrn Botschafters Ankunft an dem Königlichen Stadthalter zu Preßburg. Botschafters dem Königl. Stadthalter, den die Ungarn Palatin nennen, ankündigen solten, wir selbst aber sind um den Mittag allda angelangt, nachdem die im Gewehr stehende Burgerschaft samt der Besatzung schon drey Tag auf uns gewartet hatte. So bald das Leib⸗Schiff vom Schloß aus kunte gesehen und von den andern recht deutlich unterschieden werden, wurden die Canonen rings herum dreymal abgefeuert, welchem die an dem Ufer steDessen Bewillkommung. hende Büͤrger und Soldaten mit ihrem Gewehr eben so oft geantwortet: und da dieses noch nicht vollig aufgehöͤret, und von unserer Flotte die Helfte kaum angeländet, da zeigte sich schon der Koͤnigliche Stadthalter / der Hochgebohrne Graf Niclas Palfi / in einem mit sechs Pferden bespannten Wagen, welcher von unterschiedlichen Ungarischen Bischöffen / dem Königlichen ObristRichter / und noch mehr andern vornehmen Stäͤnden des Köͤnigreichs, die eben dazumal dem jäͤhrlich⸗gewöͤhnlichen Land⸗Tag daselbst beywohneten, nebst verschiedenen vornehmen Graͤfinen und Frauen vom ersten Rang, wie auch dem Stadt⸗Rath mit ihrem Burger⸗Meister begleitet war, und alle dem Herrn Groß⸗Botschafter im Namen des ganzen Adels in der Stadt die Bewillkommungs⸗Complimenten machten. Nachdem sie hierauf eine zeitlang von unterschiedlichen Sachen mit einander gesprochen, und des Herrn Groß⸗Botschafters prächtige Logirung auf dem Schiff genugsam betrachtet, ist derselbige von dem Graf Palfi in seinen Wagen zu tretten ersucht, und darauf nach der Stadt gefüͤhret wor den, C Erstes Buch / Zweyte Abtheilung / 18 den, wohin dessen Hoch⸗Gräfliche Frau Gemahlin unter Begleitung des vornehmsten Adelichen Frauen⸗Zimmers in einem gleichfalls mit sechs Pferden bespannten Wagen gefolget. Mehr andere mit zwey und vier Pferden bespannte Wägen brachten ebenermassen den übrigen Adel in des Herrn Stadthalters Behausung, woselbst eine für einen so hohen Gast und vornehmen Gefehrten prächtig zubereitete Tafel fertig stunde, auf welcher die Menge der Speisen mit denen kostbar⸗ und netten Geschirren sehr wol überein kamen. So fehlte es auch nicht an Musicalischen Jnstrumenten, womit das Knallen der losgebrannten Canonen bey dem Gesundheit⸗Trinken beständig abwechselte / und den Appetit zu denen ohne dem sehr delicaten Gerichten noch mehr reitzten.

Nachdem die Tafel endlich aufgehoben worden, sind schon die Wägen wiederum bereit gestanden, die vornehmen Gäste nach dem nah gelegenen Berg zu füͤhren, und auf denselben das gleichsam über die Stadt hangende Schloß etwas eigentlicher zu betrachten, wobey man ihnen zugleich den Thurn gezeigt, worinnen die Königl. Cron mit vielen Schloͤssern verwahrt und aufbehalten wird. Nach diesem hat man sich in den ohn weit der Stadt gelegenen Lust⸗Garten des Herrn Stadthalters begeben, allda der angenehme Frühlings⸗Luft und anderer Bequemlichkeiten zu geniesen. Bey der Zuruckkunft hat man sich wieder zu Schiffe begeben, um daselbst, wie die vorige Nacht, das Nacht⸗Lager zu halten, auser etlichen wenigen, welche von ihren Freunden eingeladen worden, und deswegen ihr Quartier die Nacht über in der Stadt genommen.

Den Tag darauf, als den 20ten dieses Monats, ist die Des Herrn Botschafters Frau Gemahlin Abschied von ihrem Herrn.Hoch⸗ und Wol⸗gebohrne Frau Maria Elisabeth / Freyin von Burscheid / Seiner Excellenz wehrteste Gemahlin / welche Jhren innig geliebtesten Ehe⸗Herrn bis hieher begleitet, nach wechsels⸗weisen Abschieds⸗Complimenten und zärtlichster Umhalsung, um 9. Uhr Vormittag, nicht ohne innerliche Gemüͤths⸗Bewegung mit der Post wiederum nacher Wien abgegangen, wir aber haben hierauf unter abermaliger Loßbrennung der Canonen unsere Reise weiter fortgesetzet.

Ehe ich mich aber von Preßburg weg begebe, muß ich noch etwas, das ich daselbst beobachtet, mit wenigen anmerken; ob ich schon Reise von Wien bis nach Ofen und Lora. 19 schon nicht zweifle, daß einige von den Lesern solches bereits gehöͤret, aber doch nicht mit Augen gesehen haben:

Jn der Grafschaft Comorn auf des Graf Zichi Gütern, in Zwillinge / so an einander gewachsen. dem Dorf Szany, sind von eines Bauern Eh⸗Weib, welche, da ich dieses schreibe, mit ihrem Mann noch bis auf diese Stunde lebet, im Jahr 1701. den 26. des Weinmonats, Zwillinge weibliches Geschlechts gebohren worden, welche mit dem Ruckgrad an einander gewachsen, also daß eine der andern, wo sie sich hinwendet, folgen muß, sonst aber nicht haͤßlich wäͤren, wann sie nur diese Zusammenwachsung nicht entsetzlich und ungestalt machte. Sie haben beide zwey Hände, so viel Füsse, eine jede ihren besondern Kopf und Leib, können beiderseits ihre Glieder gebrauchen, und fehlt ihnen auch im geringsten nicht an Verstand, so daß, wann man sie nur sitzen siehet, und keine weitere Nachricht von ihnen hat / nichts ungestaltes an ihnen zu bemerken ist. Die Aeltere, so drey Stund eher gebohren, nennet sich Helena, die Juͤngere Juditha, welche vor ohngefehr drey Jahren von einem Schlag⸗Fluß gerührt worden wodurch sie an der Sprach und Vernunft Schaden gelitten, und dahero anjetzo etwas einfältig scheinet. Die Aeltere aber, so allezeit ihre gesunde Vernunft behalten, ist an Gesicht und Sitten wol beschaffen, und bewegt billig jederman zum herzlichen Mitleiden, weil sie bey vollkommener Gesundheit und Vernunft, ihre Schwester bruͤnstig liebet, den Stand, in welchen sie ist, wol erkennet, und auf solche Weise doppelt elend zu nennen, angesehen sie an ihrem und der Schwester Unfall Theil nimmt. Sie sind noch in ihrer Kindheit von einem Ungarischen Arzt, Namens Csuszi, mit der Eltern Erlaubnis, welchen er ein Stuck Geld dafuͤr bezahlet, um ihm die Kinder auf eine gewisse Zeit zu überlassen, durch unterschiedliche Königreiche und Länder / nemlich durch Teutschland, Engelland, Frankreich, Welschland, Pohlen, Bajern, Oesterreich, Mähren und Ungarn geführet worden; wie sie dann auch noch Teutsch, Französisch und Ungarisch reden koͤnnen, die uͤbrigen aber haben sie aus Mangel der Ubung und wegen ihrer damaln noch zarten Jugend, wiederum vergessen. Es hat aber gleichwol Jhro Eminenz und Durchlaucht der Cardinal Augustus von Sachsen⸗Zeitz und Erz⸗Bischof zu Gran / den seine Beständigkeit im Glauben, Furcht Gottes, und Liebe des Nechsten genugsam bekannt gemacht, das ge C 2 dunge 20 Erstes Buch / Zweyte Abtheilung / dungene Geld dem Arzt zuruck zahlen, und die Kinder von ihm wieder abfordern lassen, weil Er besorgt, es moͤgte das lange Umziehen dieser Mägdlein ihnen einen schlechten Vorrath an guten Sitten zu wegen bringen, vielmehr aber ihre Unschuld, wie es gemeiniglich bey dergleichen Gelegenheit zu geschehen pflegt, dardurch verlohren gehen; damit nun aber solche in bessere Sicherheit gestellt wäre, ist Er dem besorgten Ubel noch bey Zeiten vorgekommen, hat sie besagtem Arzt noch in einem Alter von neun Jahren abgenommen, und denen Urselinern zu Preßburg mit Vorstreckung der hierzu nothwendigen Unkosten zu weiterer Erziehung übergeben; von denen sie erst Lesen und Schreiben gelernet, und in der Religion, wie auch unterschiedlicher Hand⸗Arbeit, als Sticken, Spitzen glöckeln rc. unterrichtet worden. Jch habe etwas von ihrer Arbeit gesehen, welches für ein Meister⸗Stück passiren kunte.

Sie sind in dieses Closter im 1710ten Jahr den 21. Merz aufgenommen, nunmehro bis in das eilfte Jahr erhalten, und anjetzo zu dem zwanzigsten ihres Alters gebracht worden. Von der Zeit an, da sie in dieses GOttes⸗Hauß gekommen, sind sie beständig darinnen geblieben; wie man ihnen dann auch eine geistliche Jungfrau zugegeben, welche immer um sie seyn, sie uͤberall hinfüͤhren und auf ihr Thun und Lassen Achtung geben, auch von solchem auf Befragen Rechenschaft geben muß. Von dieser habe ich in Abwesenheit anderer alles dasjenige, was ich in diesem Punct zu wissen verlangt erfahren; weil sie nach der Warheit dafuͤr gehalten, daß meine so genaue Nachfrag nicht aus Vorwitz, sondern Amts halben und dem gemeinen Wesen zum Nutzen geschehe; wie ich dann zu dem Ende alle andere weg gehen heisen, damit sie, wann niemand als ich allein zugegen mit gröͤsserer Freyheit mir dasjenige erzehlen moͤgte, wovon sie sonst durch die Schamhaftigkeit wegen der Gegenwart junger Leute würde seyn abgehalten worden.

Habe demnach von ihr vernommen, daß jene die Theile des Leibes, welche Scham und Erbarkeit zu nennen verbiethen, und durch welche Speiß und Trank, nebst dem uͤbrigen s. v. Wust und Unflat abgeführet wird, nicht an den gewöͤhnlichen Orten stehen, sondern daselbst, wo es andere Menschen haben, alles verschlossen ist; hingegen von unten, wo die Zusammenwachsung anhebt, sind ihnen diese Theil des Leibes gemein / jedoch also, daß gleichwol, wann Reise von Wien bis nach Ofen und Lora. 21 wann z. E. eine dasjenige, was sie incommodiret, von sich zu schaffen benöthiget ist, die andere darum eben nicht so fort desgleichen thun darf, sondern eine jedwede absonderlich von der Natur deswegen erinnert wird, so daß, wann sich eine von den verdauten Speisen entlediget, die andere bisweilen nur die Blase von der überflüssigen Feuchtigkeit reiniget. Jhre monatliche Reinigung stellt sich auch nicht zu gleicher Zeit bey ihnen ein, sondern manquirt oft um acht und mehr Täge von der andern. Es kommt wol, daß wann eine schlaͤfft, die andere wachet; und wann diese arbeitet, die andere ruhet. Es isset wol eine, wann die andere trinket, oder was anders vor hat: Hingegen sitzen, stehen, gehen und liegen sie allezeit zusammen mit groser Beschwehrnis, weil die Zusammenfuͤgung der Cörper es nicht anders zu lässet. Wann sie mit einander reden wenden sie einander mit gebogenen Häͤlsen das Gesicht zu. Sie kuͤssen sich zusammen aus Liebe, schlagen sich aber auch tapfer mit Fäͤusten, wann sie boͤß sind. Wann ein Streit zu der Zeit, da sie beiderseits noch bey guten Kräften gewesen, zwischen ihnen entstanden, hat diejenige, welche sich stärker zu seyn glaubte, die andere üͤber die Achsel genommen und davon getragen: jedoch sind sie vielmehr eines stillen und sanftmuͤthigen Wesens, als daß sie sich oft erzürnen solten, und tragen ihr gemeines von GOTT aufgelegtes Creutz mit Christlicher Gelassenheit.

Als vor drey Jahren die Jüngere gefährlich erkrankte, wovon oben schon etwas gemeldet worden, hat man die Aeltere gleichfalls zu einem seligen Tod bereitet, und durch einen Priester Christ⸗Catholischen Gebrauch nach mit allen Sacramenten versehen lassen, weil die meisten Medici dafür gehalten, daß die eine nach Absterben der andern nicht lang mehr werde leben koͤnnen: welches sie auch hieraus behaupten wollen, weil, so oft sich eine nicht wol befunden, die andere ebenermassen, ob sie schon mit gleicher Krankheit nicht behaftet war, einige Unruhe in dem Gemuth, Schwachheit der Sinnen und unordentliche Bewegungen der innern Theile des Leibes verspuͤhret. Gleichwol aber ist nicht zu zweifeln, daß diese so wunderlich gestaltete Cörper von zweyen Seelen begeistert werden: dann wir moͤgen gleich das Herz oder das Haupt fur den Sitz und eigentlichen Wohn⸗Platz der Seelen angeben, so wird doch keines von beiden unsere Meinung umstossen, absonderlich da noch so vielerley unter C 3 schie 22 Erstes Buch / Zweyte Abtheilung / schiedene Verrichtungen, einander zu wider laufende Gedanken, und mancherley Gemüths⸗Bewegungen hiebey zu schulden kommen. Noch eines habe ich zu melden vergessen, daß nemlich nach dieser so wunderwuͤrdigen und schwehren Geburth die Mutter gleichwol von eben diesen Vater noch andere Kinder gebohren, die aber alle gesund und wolgestaltet sind, und nichts unnatuͤrliches an sich haben. Allein ich muß nun wiederum nach dem Strom zu eilen, wo Reise nach Comorn. ich nicht noch einmal die Flotte versäumen, und in einem andern Schiff derselbigen kümmerlich folgen will, wie mir dazumal würklich geschehen / da ich mich mit gedachter Jungfräulichen ZuchtMeisterin in ein so weitläuftiges Gespräch wegen ihrer seltsamen Untergebenen eingelassen. Auf diesem aber schwimmet die völlige Flotte schon Anker loß herum, und nimmt ihren Lauf gerades Wegs nach Comorn zu / allwo wir doch erst den 21ten May Nachmittag angelangt, nachdem wir den vorigen Tag unser Nacht⸗Lager in der Gegend der Jnsul Schütt zu Avazar auf den Fluß gehalten. Allenthalben, wo wir vorbey fuhren, stunde das Volk Haufen⸗weis MühlKnechte springen ins Wasser.am Ufer; so sprangen auch einige Müͤhl⸗Knechte, die selbst halbe Schif⸗Leute waren, vom freyen Stücken ganz nackend ins Wasser, und schwamen dem Leib⸗Schiff zu, um ein Trank⸗Geld davon zu tragen. Wir indessen haben heute so wol, als gestern / auf dem Schiffe gespeiset, und, um keine Zeit zu verliehren, unter beständi Die von Comorn entgegengeschickte Schiffe. gen Fortfahren das Mittag⸗Mal eingenommen. Da wir noch bey drey Stunden von Comorn entfernet waren, kamen uns schon viere von ihren Schiffen entgegen, so die Ungarn Tschaicken nennen, und theils 16. theils 14. Ruder führen, welche die neu ankommenden Gäͤste mit ihren aufhabenden Stucken und Doppelhacken lustig bewillkommeten, sich so dann vor das Leib⸗Schiff setzten, und den Herrn Botschafter bis an die Stadt bekleideten. Derjenige, so selbige commandirte, hatte Denselbigen im Namen des Commendanten complimentirt: dessen Schiff mit wol exercirten Kaiserlichen Soldaten, die übrigen aber nur mit Land⸗Volk Ankunft vor Comorn. besetzt waren. Da wir aber noch nicht völlig vor den Stadt⸗Mauern angelangt, kunten wir schon das Donnern der Carthaunen höͤren, welches auch nicht eher nachließ, bis die ganze Flotte einge lauffen.

Bald Reise von Wien bis nach Ofen und Lora. 23

Bald hierauf kame der Commendant von der Vestung Herr Graf von Welz / in eigener Person, mit einigen HandPferden versehen, und von seinen Bedienten und unterschiedlichen Officiern aus der Besatzung begleitet / deme so gleich die Vornehmsten aus der Grafschaft, der Stadt⸗Rath und etliche Geistliche aus der Gesellschaft Jesu folgten / welche letzten dem Herrn GroßBotschafter theils in ihrem, theils anderer Namen mit folgender in Eil entworfenen, aber in Lateinischer Sprach verfaßten Rede, zu seiner glüͤcklichen Ankunft gratulirten:

Da Eu. Excellenz, Jhro Römisch⸗Kaiserlich⸗ auch in Teutschland, Spanien, Ungarn und Böheim Königlichen Rede der Priester aus der Gesellschaft Jesu. Majestät / des an Tugend⸗ und Thaten warhaftig grossen CARLS des VI. Geheimer Rath, General-Feld⸗Mareschal, und Groß⸗Botschafter nach der Pforten, an unserm Gestad glüͤcklich angelanget/ lege ich im Namen der Loͤblichen Gespanschaft von Comorn, deren Herrn Prælaten, Ständen, Freyherrn und Adels dieser Academie, wie ingleichen der Stadt, und letzlich auch unserer geringsten Gesellschaft Jesu meinem ergebensten Wunsch darzu ab. Der Höchste lasse Eu. Excellenz wie bisher / also auch noch ferner Dero Reise nach Wunsch fortsetzen / und das Constantinopolitanische Ufer gluͤcklich erreichen; Er segne Dero hohe Verrichtungen/ damit derjenige Friede / welcher durch Euer Excellenz das vorige Jahr zu Passarowitz nach aller Vergnuͤgen geschlossen worden/ anjetzo zu Constantinopel noch mehrers befestiget werde; und gebe/ daß alles zuvoͤrderst zu Seines allerheiligsten Namens Ehre, und dann zu des Aller Durchlauchtigsten Oesterreichischen Hauses beständigen Sicherheit des H. Röm. Reichs unverbesserlichen Nutzen / der ganzen Christenheit höchst⸗erwünschten Wachsthum / nicht weniger auch zu aller Seiner Kaiserlichen Majestät getreuen Vasallen Trost und Zufriedenheit ausschlage. Jch finde auch an glücklicher Erfüllung meines so wolgemeinten Wunsches so viel weniger Ursach zu zweifeln / je mehr ich solche an Euer Excellenz Schiff sol che 24 Erstes Buch / Zweyte Abtheilung / che bereits abgeschildert sehe. Dann was will der Löwen⸗Kopf auf dem Vorder⸗Theil des Schiffes anders anzeigen / als die Stärke? was solte man sich wol natürlichers durch die Welt⸗Kugel vorstellen können / als die Beständigkeit? was könnte uns der auf dem Römischen Adler sitzende Jupiter mit seinem in der linken Hand führenden aber mit Lorbeer gecrönten Blitz / und welcher mit der rechten denen Meer⸗Fräulein ein Zeichen zum singen gibt/ sicheres Versprechen / als einen nach aller Wunsch bestättigten Frieden? Daß nun demselben Euer Excellenz sieg⸗prangend zurück bringen und bestättigen auch hoͤchst beglüͤckt nach denen Oesterreichischen Erb⸗Landen umkehren und zugleich den best⸗verdienten Lohn Jhrer so grosen Bemuͤhung empfangen moͤgen / wuͤnsche Euer Excellenz in Namen dieser Löblichen Gespanschaft, Academie, Stadt / und unserer geringsten Gesellschaft mit ergebensten Gemüth / Dero Gnade und Gewogenheit Sie allerseits demüthig empfehlend.

Beschreibung der Vestung Comorn. Nach diesem haben wir den übrigen Theil des Tags in Beschauung der noch nie eroberten Stadt und Vestung zugebracht; wobey wir auf Befehl des Commendanten von einem daselbst in Besatzung liegenden, und in Kriegs⸗Sachen und andern passirten Dingen nicht unerfahrnen Soldaten über die Stadt⸗Mauern durch die Werker, Wälle und Gräben, Fläche und Abschnitte geführet worden, welche wir alle mit guter Bequemlichkeit observiret haben. Am merkwuͤrdigsten schiene uns eine in Stein gehauene Amazonin, welche ihrer Feinde spottete, und in der linken Hand das gewoͤhnliche Sieges⸗Zeichen, nemlich einen Lorbeer⸗Cranz hielte, wordurch die Nachkommen solten erinnert werden, daß diese Stadt, so ehedem vom Kaiser Ferdinand dem I. erbauet worden, bishero von denen Türken nicht habe köͤnnen eingenommen werden. Sie liegt vortreflich wol auf einem Huͤgel, so daß man ihr nicht leicht beykommen kan, und wird auf beiden Seiten von der Donau und der Wage umgeben; wo sie aber ans feste Land stosset, ist sie mit vielen Gräben, Morast und Werkern versehen, so daß es schwehr fallen wuͤrde, wann man daselbst Minen anlegen wolte, wie man dann Reise von Wien bis nach Ofen und Lora. 25 dann auch ohne die gröste Mühe keine Stüͤcke zum beschiessen dahin bringen kan. Man gibt vor, als ob die Vestung ihren Namen daher bekommen, weil, da sie einsmals vom Feind aufgefordert worden, der Commendant, welcher ein Teutscher war / ihme, so oft er angefragt, zur Antwort gegeben: Komm Morgen; womit er so lang angehalten / bis der Feind aus Verdruß seinen Abschied wieder genommen, und die Belägerung aufgehebt. GOtt und alle Schutz⸗Heiligen von ganz Ungarn geben, daß ich ein glückseliger Prophet seye, und nachgesetztes zu einer guten Stund schreibe:

Es wird diese Vestung allezeit ihrer Köͤnige sicherster Schirm und Verthaidigung / hingegen der Feinde Schrecken seyn / wann anderst ihre Commendanten nicht dadurch sicher werden / weil sie wissen / daß wir durch wieder eroberte oder erst in Botmaͤßigkeit gebrachte Läͤnder auch zugleich neue Vestungen dem Koͤnigreich zugebracht; sondern die eingegangene Werker fleißig repariren / alle Nothwendigkeiten anschaffen / und nichts / was zu einer tapfern Gegenwehr erfordert wird / unterlassen / und dieses eben so fleißig / als wann es die äusserste Gränz⸗Vestung und letzte Zuflucht waͤre.

Des andern Tages sind wir bey anbrechender Morgen⸗Röͤthe Gran. unter mehrmaliger Abfeurung des Geschuͤtzes nacher Gran/ welche Vestung ihren Namen von dem vorbey laufenden Fluß hat, abgefahren, allwo wir mit aller gewöhnlichen Ehren Bezeugung abermal empfangen worden; wie dann hernach allezeit zu Ofen / PeEhren⸗Bezeugungen der Gesandschaft in Städten und Vestungen. terwardein / Belgrad und allen übrigen Städten, so wol bey unserer Ankunft als auch bey unsern Aufbruch die Stüͤcke gelöͤset worden. Es kamen uns hier, wie gestern bey Comorn/ noch unter weges einige Tschaicken entgegen, worauf wiederum die Loßbrennung des Geschüͤtzes, die Ankunft des Commendanten Baron von Kuchenländer, und eine von den Herrn Jesuiten der gestrigen nicht ungleiche Lob⸗Rede erfolgte.

Beschreibung der Vestung Gran.Die ungestuͤmmen Wellen verhinderten uns an fernerer Fortsetzung unserer Reise, und gaben mir zugleich Gelegenheit, mit den andern ans Land zu steigen, und meinen Gebrauch nach mich umzusehen, ob mir nichts sehens⸗ oder merkwürdiges aufstossen werde; wes D 26 Erstes Buch / Zweyte Abtheilung. weswegen ich diesesmal mit einigen von unsern Leuten nach dem Schloß hinauf gieng, welches mehr durch die Natur als Kunst be Die Kirche zu Gran. festiget ist. Jn der Mitten desselben stunde eine sehr alte verwüͤstete Kirche, von welcher die noch hier und da übergebliebenen alte Mauren und Stücke von dem Gebäͤu zeigen, daß deren Eingang / die Mauren, Säulen, Bilder, Porten, ja die ganze Kirche von gehauenen Marmor, so nur zwey Stunden von dar soll gegraben werden, aufgeführet gewesen: So zeigen sich auch gleich bey dem Eingang die Bildnüͤsse der Heil. Propheten altes Testaments und kan man noch die aus der Heil. Schrifft beygefügte Sprüͤche lesen welche die Bilder desto erkaͤnntlicher machen, daß billig zu muthmassen, diese Kirche seye von den Christen zu erst erbauet, und dem Heil. Adalberto geweihet worden, nach der Zeit aber und durch den Krieg samt der Stadt und dem Schloß in der Tüͤrken Hände gekommen, welche diesen alten Erz⸗Bischöflichen Sitz verwuͤstet, die Heiligthümer zerstört, die Bilder, wie es ihr Gesetz mit sich bringt, so weit sie reichen koͤnnen, zerstuͤmmelt und ausgekratzt, und den Platz zu einer Moschee gemacht; weil sie aber etwan durch die Kaiserliche Sieg⸗reiche Waffen einesmals aus dem Feld geschlagen, oder mit einer scharfen Belagerung heimgesucht worden, und dahero dieselbe sich nicht läͤnger zu behaupten getrauet, haben sie muthmaßlich den grösten Theil davon verbrannt: wie dann von einem so prächtigen Gebäu unter einem so grossen Stein⸗Hauffen nichts mehr uͤbrig geblieben, als eine kleine Capell, deren anfangs sieben sollen gewesen seyn / ohne das Schiff, oder den mittlern innern Theil, die bedeckten Gänge, Vorgebäue, Eingang und Sacristey. Diese Capell hat ein Erz⸗Bischoff aus dem Geschlecht der Grafen Esterhasi aus einer Türkischen Moschee zur Kirche des wahren GOttes wiederum geweihet; der grose Kirchen⸗Fürst aber und Cardinal Thomas Bakacs / ein naher Befreunder der Grafen Erdödi / aus sonderbarer Freygebigkeit mit einem kupfernen Dach bedecken und noch darzu viele Kostbarkeiten zur Auszierung reichen lassen. Dieser Kirche stehet etwas zur rechten ein gleichfalls sehr altes Gebäu auf einem Felsen, welches von dem Pfarrer dieses Orts bewohnet wird; in demselbigen soll jenes Gemach anzutreffen seyn, worinnen der Des Heil. Stephani GeburtsOrt.H. Stephan König in Ungarn / dem gemeinen Ruff nach, gebohren worden. Uber dem Schloß liegt noch ein anderer Berg, von Reise von Wien bis nach Ofen und Lora. 27 von der Kirche des Heil. Thomas, so dieser Orten gar sehr verehrt wird, und welche darauf gebauet ist, der Thomas⸗Berg genannt. Man findet so wol in der Stadt als herum liegenden Gegend noch von vorigen Zeiten her viele traurige Merkmale der Türkischen Grausamkeit, welche, woferne Ungarn nicht ein so gesegnetes Land wäre, schwehrlich wiederum hergestellt werden koͤnnten. So siehet man auch da herum wenig Haͤuser, welche zierlich und nach der Kunst gebauet, sondern entweder nur von Leimen und Holz, oder ungehauenen Steinen ohne einige Ordnung aufgefuͤhret sind. Es hat aber nunmehr die gesegnete Jesuiter Gesellschaft, die bekanntlicher massen auf ihres Nechsten Wolfarth und die Unterweisung der Jugend jederzeit eifrig bedacht ist, auf ein neues und schoͤnes Gebäͤu gedacht, welches weit ansehnlicher als das vorige seyn und zu ihrer Bewohnung und einer bequemen Schule füͤr ihre anvertraute Jugend dienen wird; und wann dasselbige seine Vollkommenheit erreicht, und der Höchste neue Wolthäter und Goͤnner erwecket, worzu sie grosse Hofnung haben, werden sie auch um die Auferbauung einer Kirche besorgt seyn, wordurch alsdann die Stadt ein besseres Ansehen bekommen duͤrfte. Als wir von dem Berg zurüͤck gekommen, haben wir mit denen andern das Mittagmal eingenommen, wovon wir uns bishero durch unsere Curiositè abhalten lassen. Den Nachmittag passirten einige mit Spatzieren gehen, andere mit Jagen, bis endlich Abends gegen sechs Uhr der Wind sich gelegt, und die Donau stiller worden; weswegen man die, so sich etwas weit entfernet, durch den Schall der Trompeten von dem Feld ab und zu den Schiffen geruffen, zu welchen sie sich auch in aller Eil verfüͤgt; worauf wir unter Abfeurung des kleinen und grosen Geschüͤtzes noch zwey Stunde selbigen Tags zuruͤck gelegt, auch nach der Sonnen Untergang zu Zopp angelanget sind. Allhier verehrte die Bauerschaft Geschenk der Bauern an den Hn. Groß⸗Botschafter. dem Herrn Groß⸗Botschafter ein Lamm, mit welchem einfältigen Thier sie ihre eigene Einfalt an den Tag gelegt; doch wurde es gleichwol mit einem solchen Herzen angenommen, mit welchen es gegeben worden.

Des andern Tags nahme gleich bey anbrechenden Morgen die Flotte ihren Lauf gegen Waitzen zu; welche Stadt im vorigen Waitzen. Jahr⸗hundert der Kirchen wiederum restituiret worden / und durch die Niederlag des Königs in Polen / Johannes / der dem von D 2 Wien Erstes Buch / Zweyte Abtheilung / 28 Wien flüchtigen Feind allzu hitzig nachgesetzet, genugsam bekannt ist; welchen Verlust aber auch der Herzog Carl von Lothringen bey Parkan an ihnen nachdruͤcklich gerochen. Es liegt bemeldte Stadt zur linken an der Donau, an einem bequemen und fruchtbaren Ort, ist aber durch den Krieg und Türkische Grausamkeit lange Zeit geplagt, öfters verbrannt, und ihr selbst dardurch ganz unehnlich worden, so daß sie nun rechtmäͤssige Ursach hat, ihren vorigen Glanz, den sie unter ihren ersten Bischöffen gehabt, unter wehmüthigsten Seufzen wiederum zurück zu fordern. Jndem wir aber die Stadt Waitzen kaum aus unsern Gesicht verlohren, wurden wir durch einen neu entstandenen Sturm⸗Wind genöthiget, ohne Verzug abermal das Ufer zu suchen, und unsere Schiffleute wegen so lang daurenden Ungewitters zwey ganzer Stunde ausruhen zu lassen. Nachdem endlich der Sturm etwas nachgelassen, und man auf den Fluß wieder fort kommen kunte, sind wir durch das scharfe Rudern, wiewol nicht ohne Gefahr wegen der an einander stossenden Schiffe, erstlich zu Alt⸗hernach zu Neu⸗Ofen Nachmittag zeitlich angelangt.

Empfang der GroßBotschaft von dem Stadthalter und Rath zu Ofen.Hier nun kame ohne langen Verzug aus dem Schloß des General Löffelholz / Commendanten zu Ofen / Herr Sohn / welchen der Herr Vater abgeschickt, weil er selbst wegen heftigen Schmerzen vom Podagra schon lange Zeit des Betts hüten muste; weswegen auch der Herr Groß⸗Botschafter seine beiden Aerzte, die Herren Hulin und Dorschæus, schon den vorigen Tag durch ein Jagd⸗Schiff abgeschickt hatte, dem Herrn General mit guten Rath und Hülfs⸗Mitteln an die Hand zu gehen. Jndessen legte der Sohn im Namen des Herrn Vaters die Begrüͤssungs⸗Complimenten ab, und führte den Herrn Botschafter samt allen ihn mit gegebenen Adel auf drey mit sechs Pferden bespannten Wäͤgen den Berg nach der Vestung hinauf zum Nachtessen; dabey man sich dann recht lustig und vergnuͤgt bezeugt, worzu aber die alte Freundschaft des Herrn Botschafters mit dem Herrn Stadthalter das meiste beygetragen. Nach aufgehobner Tafel sind die vorigen Wägen schon wiederum in Bereitschaft gestanden, diejenige, welche wiederum nach ihren Schiffen wolten, dahin zu bringen; da hingegen andere zu den Jesuitern sich begeben, welche von ihnen treflich bewürthet worden: wieder andere liessen sich belieben, nach Pest Reise von Wien bis nach Ofen und Lora. 29 Pest, einer Vestung an der Donau, über zufahren, allda ihre Freunde und Verwandten / die sie zum Theil wol noch nie gesehen hatten, auch vielleicht nicht wieder sehen duͤrften, zu besuchen. Kaum aber, als noch vorher der Herr Botschafter an das Land gestiegen, und noch keinen Fuß in die Stadt gesetzet / machte der Burgermeister mit dem Stadt⸗Rath seine Aufwartung, und complimentirte ihn mit folgenden Worten:

Wann bey Eu. Excellenz glüͤcklichen Anfurth das aus hiesiger Vestung donnerende Geschütz dem grosen GOTT das gebührende Lob dafür abgestattet / und das Gloria in excelsis (Ehre sey GOTT in der Höhe /) deswegen angestimmet / fügen wir billig die bekannten Worte darzu: Et in terra pax hominibus (und den Menschen Friede auf Erden); sintemaln wir nunmehro des Friedens können versichert seyn / welchen vielleicht diejenige noch für zweifelhaftig, oder wol gar noch weit entfernet halten / die den Erz⸗Herzoglichen Hauß Oesterreich nicht gewogen sind. Wir erfreuen uns demnach hierüber in dem HErrn / gratuliren aber Eu. Excellenz mit demuthigsten Respect; weil Sie / die durch ihren unverdrossenen Fleiß / ungemeinen Klugheit / und ganz auserordentlichen Bemuͤhungen den Frieden uns zu wegen gebracht / solchen auch durch die auf Sich genommene hohe Gesandtschaft zu befestigen die wol verdiente Ehre haben. Der Höchste verleihe indessen die benöthigten Kräften darzu / und setze denenselbigen noch mehrere bey / damit / was durch die bereits angetrettene mühsame Reise angefangen ist / durch erwuͤnschten Fortgang noch mehrers beglückt / und der Hoch Gräflichen Virmondtischen Familie best⸗verdienter Ruhm und Name / von Abend / wo Sie ihren Ursprung hat / bis gegen Morgen / nebst Eu. Excellenz eigenen hohen Person ruͤhmlichst bekannt werde / und beide Reiche anfülle; anbey auch denen unter den Türkischen Joch seufzenden Christen zu sonderbaren Trost / denen Ungläubigen aber darzu dienen möge / daß sie erkennen / wie sie an En. Excellenz denjenigen zu betrach ten D 3 30 Erstes Buch / Zweyte Abtheilung / ten haben / welcher von der Oesterreichischen Sonne dem Türkischen Mond so viel Glanz mittheilet / als dessen Unterthanen noͤthig haben werden / in der Finsternis ihres Aberglaubens / in welcher sie bishero ganz hochmüthig herum gedappet / das wahre Glaubens⸗Licht und Christliche Sanftmuth zu erkennen / als die von der unvergleichlichen Gütigkeit des siegenden Carls nunmehro den Frieden geniesen. Jndem wir nun um unseres Wunsches kräftige Erfüllung den grosen GOTT eifrigst anflehen, thun in Eu. Excellenz hohen Gnade wir uns in tiefster Unterthänigkeit empfehlen.

Ofen.Uber dieses / was andere Scribenten schon vor mir von der so beruffenen ehmaligen Königlich⸗Ungarischen ResidenzStadt / und ihrer Gelegenheit, Alter, Fruchtbarkeit des Erdreichs, Menge der Früchten, Güte des Weins und dessen Uberfluß, temperirten Himmel, gesunden Luft, vortreflichen und ihrer Würkung wegen allenthalben berüͤhmten Bäder, der treflich fortificirten Vestung rc. angemerket, finde ich noch zu berichten, daß der Commendant ein so prächtiges Hauß aufbauen lasse, in welchem zu residiren sich die alten Ungarischen Koͤnige / wann sie aus der andern Welt wieder zurück kommen solten / oder auch wol die heutigen, wo Jhnen die Oesterreichischen Erb⸗Lande nicht noch mehr beliebten, Sich nicht schämen duͤrften. Die unter-irrdische in Felsen gehauene Hölen, worinnen das Pulver und andere Amunition aufbehalten wird, versichert dasselbige vor aller FeuersGefahr. Das Gießhaus, so unten an der Donau liegt / ist also beschaffen, daß es die ganze Kaiserliche Armee mit genugsamen Stuͤcken versehen kan. Eine schwehre eiserne Kette, welche vormals in Kriegs⸗Zeiten von Ofen bis nach Pest über die Donau gezogen worden, die Türkische auf diesen Fluß getriebene Rauberey dardurch zu verhindern, haͤnget um die aͤusere Mauern des Zeughauses, und gibt durch dieses ihr muͤssiges Wesen nicht undeutlich zu verstehen, daß man, nachdem die Feinde von den Gräͤnzen abgetrieben, und man ihrentwegen nunmehro in guter Sicherheit leben kan, derselben nun nicht sonderlich mehr noͤthig habe.

Den Reise von Wien bis nach Ofen und Lora. 31

Den Namen dieser Stadt wollen einige von dem Buda, des Hunnischen Königes Attila Bruder / herführen, als von welchem dieselbige soll erbauet, nachgehends aber von Ovus, welcher in Ungarn zu Zeiten Kaiser Heinrichs des III. regieret hatte, mit dem Teutschen Namen Ofen belegt worden seyn. Die vorBibliothec der Corviner daselbst. mals in der ganzen Welt so sehr beruͤhmte Corvinische Bibliothec, welche zu Busbecs Zeiten noch beysammen und unzerstreuet war / befindet sich nicht mehr daselbst, sondern hat, wie ich muthmasse, ihr Quartier in Wien aufgeschlagen. Allhier haben wir unterschiedliche Weine und andere auf der Reise zu Land benoͤthigte Sachen, welche uns noch abgiengen, eingehandelt; und nachdem solche zu Schiffe gebracht worden, sind wir den 23. darauf unter mehrmaliger Lösung der Canonen, mit welchen der Herr Stadthalter dieser Provinz, General Löffelholz / seinen nach der Türkey gehenden Freund, den Kaiserlichen Herrn Groß⸗Botschafter / nochmaln beehrte, nach Lora verreiset. Dieses Lora ist ein Dorf, zu Ende der Margarethen Jnsul / so die Ungarn in ihMargarethen⸗Insul. rer Sprach den Ratzen Markt nennen, gelegen, und welche dem Durchlauchtigsten Prinzen Eugenius von Savoyen zu stäͤndig ist. Diese Jnsul begreift in ihrem Umkreiß ungefehr 20. Meiln, nemlich sieben in der Lange, und drey in der Breite, welcher zur rechten der Donau Adon lieget. Daselbst hatte uns zwar das schoͤne Früͤhlings⸗Wetter, der heitere Himmel und angenehme Luft zur Jagd einen Lust machen sollen; allein die schuldige Ehrerbietung, mit welcher wir einem so grosen Prinzen verbunden waren, und die sonderbare Hochschäͤtzung seiner Tugenden und Verdienste, hielten uns billig davon ab; und wann es uns gleich sonsten wäͤre erlaubt gewesen, würden wir doch lieber unserer Ergötzlichkeit etwas abgebrochen, als die Seinige im geringsten damit verstöͤret haben; angesehen dieser Prinz ein sonderbarer Liebhaber von denen mit Wild angefüllten Wäldern ist: haben uns demnach füͤr diesesmal an der anmuthigen Lage dieser Landschaft und dem Anschauen der so schöͤn bemahlten Wiesen und Feldern vergnuͤgt, und unsere Lust auf eine andere Zeit und Gelegenheit verschoben.

32 Erstes Buch / Dritte Abtheilung /
Dritte Abtheilung.

Empfang der GroßBotschaft vom Cardinal Czacki. NUn hat sich der achte Tag unserer Abreise von Wien ein gestellet, da wir den Weeg bis über Födwar / oder, wie einige schreiben, Fintuar, welches wir vorbey gefahren, zuruck gelegt, und nunmehro an dem Gestad der Bathiensischen Gespanschaft angelangt, von dar der Herr Groß⸗Botschafter von sieben mit sechs Pferden bespannten Wägen, nebst einer Wurst, nacher Colocza in des Cardinal Czacki sein Schloß abgeholet worden, welches nicht gar eine Meil von der Donau entlegen war. Er wurde von dem Adel der Botschaft dahin begleitet und von dem Cardinal auf der Stiegen empfangen, hernach in den innern Pallast zu einem recht Fürstlichen Gastmal hinein geführet. Unter wehrender Tafel liesen sich die Trompeten und Paucken lustig hören, und eine angenehme Tafel⸗Music ergötzte zugleich die Ohren der Anwesenden auf eine sehr anmuthige Art; nebst diesem wurde der Tag und ein zimlicher Theil von der Nacht mit andern Lustbarkeiten zugebracht; und damit auch die Augen ihre Vergnügung haben mögten, wurden allerhand Luft⸗ und Freuden⸗Feuer angezündet. Jedoch wie immerzu die Freude mit einiger Widerwäͤrtigkeit begleitet wird, so gieng es auch hier nicht leer ab, sintemaln der zur Frölichkeit bestimmte Tag mit einem traurigen Todschlag noch müͤssen be Drey klägliche Fälle.sudelt werden. Dann da das Festin bereits seine völlige Endschaft erreichet, und der Herr Botschafter samt den Seinigen schon wiederum in die Wagen gestiegen, um sich gegen 2. Uhr in der Nacht unter Begleitung der Windlichter nach den Schiffen zu begeben, kommt einer von der Herren Grafen Laquayen, und versucht zum öftern auf einen Wagen zu springen, wird aber durch eines andern Feld⸗Pagen, welcher eher darauf gestanden, etlichmal davon abgehalten, es mag nun seyn, daß der Wagen so viele Personen nicht ertragen konte, als welcher ohnedem in und ausen beladen war, oder daß der im Kopf gestiegene Wein die vielleicht schon ehmals gehägte Feindschaft wiederum erneuert; weswegen es Anfangs unter ihnen zum Worten und endlich zum Fäusten gekommen, wobey sie die Schimpf⸗Worte so wenig gesparet, daß dieser von dem Wagen gesprungen, den Laquayen in die Enge hinter das Rad getrieben, und mit Reise von Lora bis Belgr. und den Ort der Auswechsl. 33 mit dem Degen so gefaͤhrlich verwundet, daß er kurz darauf den Geist aufgeben müssen. So ist auch dieser Tag noch für einen andern unglücklich gewesen: Es gieng nemlich der Falkner mit seiner Flinten auf das Feld an die Teiche und Moräste, des Vorhabens, wilde Enden zu schiessen, welche daselbst nicht rar waren; er mag aber vielleicht stärker geladen haben, als es sein Gewehr vertragen können, weswegen die Flinten bey deren Loßbrennung ihm in den Händen zersprungen, und die linke Hand also zerschmettert und aufgerissen, daß man auf Gutbefinden des wolerfahrnen Feldscheerers Morelli ihm noch denselbigen Abend den voͤlligen Arm herab nehmen muste, wolte er anders sein Leben retten / welches aber erst, nachdem er gebeichtet, und mit allen Heil. Sacramenten versehen worden, geschehen ist. Es hat auch noch einem andern, nemlich einen von des Herrn Botschafers Heyducken, diesen Tag eine Fatalité betroffen; dann weil dieser von dem Ungarischen Wein mehr, als er vertragen koͤnnen, zu sich genommen, und auf dem Schiff eingeschlaffen, ist ihm der Kopf zu schwehr worden, und er also betrunken und schlaffend bey der Nacht ins Wasser gefallen, woraus ihn jedoch, wiewol kümmerlich die Schiffleute wieder gezogen haben, welches er der Wachsamkeit des Freyherrn von Locher zu danken, der den Fall vernommen, und die Boots⸗Knechte eilend vom Schlaff aufgeweckt, um den mit den Wellen ringenden Heyducken beyzuspringen. Und also wäͤren wir bey nahe in einem Tag um drey Personen gekommen, wovon jedoch zwey wiederum durch der Aerzte Sorgfalt und anderer Bemuͤhung erhalten worden.

Aber warum halte ich den Leser mit traurigen Erzehlungen so lang auf? wir wollen viel lieber den von Jhro Eminenz zuruck kommenden Herrn Botschafter begleiten, welcher die zwey folgende Täge bey Tolna / Baja und Mohacz / welcher Ort von Mohacz. der Niederlag des Ungarischen Koͤnigs Ludwig, und hernach durch den von Herzog Carl aus Lothringen wider den ErbFeind in vorigen Krieg ansehnlich erfochtenen Sieg nicht wenig bekannt ist, ferner die Moͤnchen und Brigitten⸗Insul schleunigst vorbey gefahren, und auf Monastor/ von dar aber nach Peterwardein fort geeilt. Die Hofnung, daß wir vielleicht das Heil. Pfingst⸗Fest zu Peterwardein werden begehen koͤnnen, hat ver E ursa Erstes Buch / Dritte Abtheilung / 34 ursachet, daß die Boots⸗Knechte bis in die Nacht um zehen Uhr und noch länger frisch darauf gerudet, und die Nacht bey nahe zum Tag gemacht, und duͤrften wir auch wol daselbst um bestimmte Zeit eingetroffen haben, wann nicht den 27. May ein so starkes Ungewitter und unverhoft entstandener Nord⸗Wind uns zum Anländen obligirt hätte; wie wir uns dann bemuͤssiget sahen, in der Insul / BettlerGraben.welche man den Bettlers⸗Graben nennet, schon zum zweytenmal in aller frühe ans Land zu steigen. Es wird aber besagte Jnsul darum also genannt, weilen sich allda eine Menge Strassen⸗Räuber und Mörder aufhalten, so sich Haufen weiß zusammen rotten, und die Reisenden anfallen und ausplündern, wann sie ihrer mächtig werden können. Als vor eben noch nicht gar vielen Jahren der Wolgeborne Freyherr von Nehm / Kaiserlicher General-FeldZeugmeister / und neulich gewesener Commendant der Vestung Peterwardein, alldort von ungefehr vorbey reisete, haben ihn 60. von dergleichen Gesindel hinterlistig angefallen, und so gar verwundet, ob er schon 50. Mann in seiner Suite hatte. Als der Himmel Nachmittag wieder heiter wurde, und der Nord⸗Wind sich gelegt hatte, nahmen die Boots⸗Knechte ihre Arbeit aufs neue vor die Hand, worauf wir unsern Cours weiter nach Zunta genommen wo ohnfern davon sich die Drau in die Donau ergießt / und dem Sclavoniens Anfang.Königreich Slavonien den Anfang machet, darauf wir abends um 8. Uhr zu Erdöd ankommen, woselbst auf einem Berg das Stamm⸗Haus der ältesten und Hochgebohrnen Grafen Erdödi und Palfi zu sehen, so aber in vorigen Zeiten durch die geführten Kriege also zugerichtet ist, daß es anjetzo eher zur Wohnung der Nacht⸗Eulen und anderer Raub⸗Vögel als der Menschen dienen kan.

Jch habe aber nicht ohne Ursach gemeldet, daß Erdöd so wol StammHaus der Grafen Erdödi und Palfi. ein Stamm⸗Haus deren Grafen Palfi, als Erdödi sey / weilen das Palfische Haus von dem Erdödischen herstammet, und gegenwärtig zweyer Geschlechte Sprossen aus einer Wurzel grünen. Dann da einer aus den Erdödischen Grafen zwey Söͤhne hatte, davon der eine Petrus/ der andere Paulus hiese, ist des letztern Sohn nachgehends Palfi genennet worden / welches eben so viel, als wann wir in unserer Mutter⸗Sprach sagten, der Sohn des Pau Reise von Lora bis Belgr. und den Ort der Auswechsl. 35 Pauli (Pál Fi, Pauli Filius) In der Tat war es Pál II., der sich des zusammengezogenen Namens Pálffy bediente. Er stammte jedoch nicht aus dem Haus Erdödy, sondern Konth. Der Beiname Erdödy kam durch die Heirat Páls III. Pálffy mit Clara Erdödy von Csorna hinzu; vgl. Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich 21, S. 204.; und ist hernach dieser Name den Nachkömmlingen geblieben, und zu einem neuen Stamm gediehen.

Das Schloß liegt zur linken der Donau, auf einem hohen vorn abgebrochenen Felsen, worzu man fast keinen Weeg finden kan; dahero es auch ehmals seiner Feinde vergeblichen Drohungen nur spotten kunte, anjetzo aber bey Erinnerung der vorigen Beschaffenheit seinen Ruin und gänzlichen Untergang beklagen muß. Der Slavonischen Gebäude Beschaffenheit. Auf dem Berg liegt ein Dorf / welches mit dem Schloß gleichen Namen führet, dessen meiste Häͤuser, wie durch ganz Slavonien, unter der Erden stehen, und nur mit dem Dach herfür reichen, also daß sie den Hoͤlen der wilden Thiere nicht gar ungleich kommen; im übrigen aber von Baum Aesten oder Stroh⸗Halmen zusammen geflochten sind. So bald wir hier angefahren, wurde uns befohlen, den morgenden Tag noch vor der Sonnen Aufgang zum Gedächtnis der sichtbarlichen Sendung des Heil. Geistes Messe zu halten, als dessen Jahrs Tag wir Morgen begehen würden. Nach gehaltener Messe sind wir den 28. May als am Pfingst⸗Tag unter guten Wind wiederum abgefahren, und in kurzem zu Bokovar, welches im Ungarischen so viel als die Stadt Boka (vár arx, civitas) heißt, und an der Donau liegt, angekommen, woselbst wegen des heiligen Tags noch mehr Messen gelesen wurden, und deren zwar so viel / als Priester bey uns waren, welche diesen Tag noch keine gelesen hatten.

Jndem wir nun Christlichen Gebrauch nach dem Gebot der Kirchen nachlebten, und GOTT in unserm Glauben durch das H. Meß⸗Opfer verehrten, kam unvermuthet ein Kaiserlicher Courier von Constantinopel / welcher nach Wien eilte, und dem Herrn Kaiserl. Courier von Constantinopel. Botschafter die Nachricht gab, daß sich der Tüͤrkische Gesandte schon 40. Tage zu Nissa aufhalte, und unserer Ankunft daselbst mit Schmerzen abwarte; weswegen wir nach abgefertigtem Courier die ein wenig unterbrochene Reise mit neuem Muth fortgesetzt, im vorbey fahren auf der rechten Seiten der Donau Jllok, einen vorneh Jllok men Flecken beobachtet, und denselbigen Tag erst nach der Sonnen Untergang Futak erreicht, und daselbst uͤbernachtet haben. Allhier ist Futak. ein Kaiserliches Proviant-Haus, und die bequemste Ebene / ein Kriegs⸗Heer darauf zu versammlen; wie dann auch in vorigen Krie E 2 gen 36 Erstes Buch / Dritte Abtheilung / gen wegen des nahen Stroms, der vielen Wiesen, und Uberfluß der Sachen, so man hier besser als anderwerts haben kan, unsere Soldaten ihr erstes Lager allda auszustecken gewohnt waren.

Peterwardein. Den 29. besagten Monats haben wir uns mit nicht geringerer Eilfertigkeit nach Peterwardein, der Haupt⸗Stadt des Herzogthums Syrmien und Sclavonien begeben / aber auch daselbst nicht lang verweilet, sondern uns, nachdem wir bey dem Herrn Obrist Tiller und anderer Orten das Früh⸗Stüͤck eingenommen, kaum so viel Zeit genommen, diejenige Stadt, welche einen Zeugen von der im 1716. Jahr den 5. Augusti über die Türken so merkwürdig erhaltenen Victorie abgegeben, etwas genau zu besehen. Dann da wir nur erst noch auf den Pasteyen waren, und auf derjenigen Seiten stunden, wo anjetzo ein unerhörtes festes Werk aufgeführet wird, welches vielleicht die alles verzehrende Zeit selbst trutzen düͤrfte / zugleich aber denjenigen Ort betrachteten, wo der an Mannschaft uns weit überlegene Feind unsere erst über das Wasser setzende Trouppen erwartete, anbey uns verwunderten, daß, ob sie schon ganz eingeschlossen und noch darzu tiefer und an einen weit gefährlichern Ort, als jene, stunden, sie doch gleichwol es auf ihre Tapferkeit und die Anführung des noch nie überwundenen Heldenmüthigen Prinzen Eugenii ankommen liessen, und also denen mit ausgebreiteten Fahnen herzu eileten und zum Treffen begierigen Türken mit ungemeiner Standhaftigkeit entgegen giengen, siehe / da wurden wir durch öfftere CanonenSchüsse ermahnet, uns eiligst zu den Schiffen zu begeben, und unsere Reise weiter fort zusetzen: musten aber einen Uhrmacher⸗Gesellen, der denen Pagen zur Bedienung übergeben war, zuruck lassen, weil er sich wegen beständig anhaltender Krankheit nicht im Stand sahe, weiter zu folgen, wie er dann auch bald nach unserer Abreise daselbst gestorben ist. Jndem wir nun vom Ufer abgestossen, und uns in den Strom begeben, præsentirte sich in derselbigen Gegend Capell zu Carlowitz. zur rechten der Donau eine Capell der allerseeligsten Jungfrau Maria, welche den Namen vom Frieden führet, weil solche auf Kaiserlichen Befehl nach dem Carlowitzischen Frieden an eben das Ort erbauet worden, wo das grosse Gezelt gestanden, unter welchem bey Ausgang des vorigen Seculi der fünf und zwanzig⸗jährige Stillstand mit dem Türken seine Richtigkeit erhalten. Zur linken Hand Reise von Lora bis Belgr. und den Ort der Auswechsl. 37 Hand siehet man Kobila / Titel / und diejenige sumpfichte Oerter, durch welche die Theiß ihr schleimichtes Wasser in die Donau ergieset. Um diese Zeit wurde ein Kaiserlicher Courier nach BelKaiserl. Courier nach Belgrad abgefertiget. grad an den Grafen von Oduyer, dasiger Vestung Commendanten, und der in dem Koͤnigreich Servien stehenden Kaiserlichen Miliz Gränz⸗Generaln abgefertiget, mit der Nachricht, daß die Kaiserliche Groß⸗Botschaft im Anzug seye, und im kurzen sich allda einfinden werde, weswegen er sich moͤgte belieben lassen, dasjenige ohne Zeit Verlust anzuschaffen, was zur Reise über Land nöthig seyn würde. Wir indessen sind bey Salankement Salankement. angefahren, welches Ort die Alten Acumincum genennet, und anjetzo durch die vielen Kriege vollig verheert und in der Asche liegt, auch wegen des 1681. den 19. Augusti von dem fuͤrtreflichen FeldHerrn seiner Zeit, Prinz Ludwig von Baden / über die Türken Die Schlacht daselbst. erhaltenen Siegs nicht unbekannt ist, welche Victorie, weil sie anfangs lang zweifelhaftig gewesen, uns nicht weniger, als jenen gekostet hat: wiewol es endlich doch darzu gekommen, daß nach einem Verlust von sechs⸗tausend Mann der Unsrigen die Feinde eine notable Niederlag erlitten, wobey der Groß⸗Vezier, ein Sohn des grossen Kiuperli selbst geblieben, welcher nur darinnen allein unglüͤcklicher als der Vater gewesen, daß er durch der Feinde Schwerdt umkommen, da dieser nach einer langen und glüͤcklichen Regierung auf dem Bette sein Leben geendiget, welches sonst wenigen seines Standes zu Theil worden.1681 war Merzifonlus Kara Mustafa Pascha Großwesir, ein Adoptivsohn der Köprülü-Familie. Er starb jedoch nicht in der Schlacht von Szalankamen, sondern wurde 1683 nach der erfolglosen Belagerung Wiens hingerichtet.

Der Berg, auf welchen die Schlacht gehalten worden, hat CalvarieBerg. von den vielen darauf gelegten Menschen⸗Koͤpfen den Namen Calvarie⸗Berg bekommen, wie dann noch bey Anbauung der Aecker viel Gebeine von menschlichen Coͤrpern alldort gefunden werden. Sonst ist dieser Berg daher noch merkwuͤrdig, daß er bey dem Carlowitzischen Friedens⸗Schluß zur Gränze gesetzt worden; daher es gekommen, daß, wann etwan aus Nachlässigkeit der Hirten das Raitzische Viehe über die Gränze nach der andern Seite auf die Waide gelauffen, und nicht alsobald zuruck getrieben wurde, man dasselbige entweder allezeit loͤsen, oder einen jäͤhrlichen Tribut dafür bezahlen müssen.

So bald wir ans Land gestiegen, begab sich der Herr Botschafter auf den Berg, diejenige Gegend zu besehen, durch welche E 3 Er 38 Erstes Buch / Dritte Abtheilung / Er zu Zeiten der Ungarischen Unruhe die Kaiserliche Armée zum öftern gefüͤhret hatte. Nachdem Er nun etlichemal daselbst auf und ab spatziret, ist Er wieder zuruck nach seinem Schiff gekehret, wohin Er sich einen Grichischen Pfaffen ruffen lassen, verschiedenes von ihrer Religion und Sitten aus ihm zu erfahren; welcher sich auch alsobald unter Begleitung einiger Ehrwürdigen alten Männer eingestellt, die ich vor Rechts⸗Gelehrte oder Vorstehere und Richter unter dem Volk angesehen, und ihme vermuthlich zu dem Ende beygesellet waren, damit ihre grauen Haare diesen jungen aber dabey scil. gelehrten und verstäͤndigen Mann ein desto mehreres Ansehen geben moͤgten. Hierzu fanden sich auch zwey aus dem ersten Adel ein, nemlich die Grafen Bathyani, ein Ungar, und Bielinski/ ein Polack, welche der Sprach dieses Landes kundig, und sich glüͤcklich schätzten, daß diese Leute ihnen aufgestossen, von welchen sie eben so wol vieles zu lernen hoften, als ich, der ich mir gleichfalls flattirte, daß ihre Gegenwart mir nicht geringen Nutzen schaffen wuͤrde. Wir sind aber leider in unserer Hofnung schaͤndlich betrogen worden, an Unwissenheit der Grichischen Priester. gesehen wir an diesem Mann einen so grossen Ignoranten vor uns hatten, als man uns jederzeit die Grichische Priester, so von den ihrigen πάππας genennt werden, beschrieben hat, wovon auch, welches höchstens zu bewundern, und schmerzlich zu betauren, die Bischöffe und Kirchen⸗Vorsteher selbsten nicht ausgeschlossen sind, wie wir nachmals aus der Erfahrung und vielen Umgang mit ihnen wol innen worden.

Endlich sind wir den 30. May nach vierzehen⸗tägiger Reise zu Belgrad. Belgrad glüͤcklich angelangt, welche Vestung wir erst im letzten Krieg von dem Erb⸗Feind wiederum erobert haben. Sie liegt auf einem Berg zwischen der Sau und Donau, und hat unterschiedliche dort herum liegende und in das weite Feld sich ausbreitende Städte unter sich. Auf derjenigen Seiten, auf welcher sie die unsern angegriffen, wird ein neues Werk verfertiget, damit sie vor denen feindlichen Anfällen desto besser gesichert seyn könne. Es ist nicht nur aller in der letzten Belägerung zugefügter Schaden wiederum repariret, sondern auch mit neu⸗ angelegten gefütterten Hornwerken, ingleichen mit Cortinen oder Flächen zwischen denen Pasteyen, Gräben und Wällen also befestiget, daß die Vestung nun wol dreymal stärker, als sie zuvor gewesen: und wann die Tuͤrken, unter an Reise von Lora bis Belgr. und den Ort der Auswechsl. 39 andern auch diejenige, welche sich bey der Gesandtschaft nach dem Römisch⸗Kaiserlichen Hof befinden, und vielleicht ehmals allda gewohnt, solche wiedersehen / werden sie sich kaum einbilden koͤnnen, daß sie in ihrem alten Grichisch⸗Weisenburg seyn, sondern duͤrften wol eher dafür halten, man füͤhre sie durch eine unuͤberwindliche Vestung, so gar wenig mehr hat sie von ihrer vorigen Gestalt an sich. Unweit von demjenigen Thurn / in welchem eine Feuer⸗Kugel das Pulver angezuͤndet, und dadurch die untere Stadt vollig üͤber einen Haufen geworfen, ist anjetzo zu mehrerer Sicherheit dieses schädlichen Elements eine doppelte Gruft in einen harten lebendigen Felsen gehauen, und durch ihres Commendanten Grafen Oduyers ungemeine Klugheit, grosse Sorgfalt und unermudeten Fleiß in einen so vollkommenen Stand gesetzet / daß, wo anders GOttes Wille dabey ist, diese Vestung hinfort jederzeit ihrer Feinde Nachstellungen wird großmüthig verlachen und vor aller Gefahr sicher seyn können.

Es schiene unsere Ankunft jederman höͤchst⸗angenehm zu seyn, wiewol auch solche einem Feuerwerker oder Constabels der BesaUnglück eines Constabels. tzung zum Nachtheil ausschlug, welcher, weil das kurz vorhero loßgebrannte Stuck weder genug erkaltet, noch gebuͤhrender massen ausgewischt und gereinigt war, von dem zur neuen Ladung hineingeschütteten aber auch zugleich entzuͤndeten Pulver üͤber den Wall bis an das Ufer disseits der Sau geschmissen, und halb verbrannt auch ihm noch darzu beide Häͤnde vom Leib geschlagen worden. Doch Empfang der Kaiserl. Groß⸗Botschaft zu Belgrad. gleichwol hat dieser traurige Casus die uͤbrigen angestellten Lustbarkeiten nicht unterbrochen, und wurde zu dem Mittagmal, welche die ganze Zeit unsers Aufenthalts zu Belgrad für den ganzen Adel auf das köstlichste und prächtigste zu bereitet war, durch sechs kleine Stuͤcke, so in dem Garten gepflanzt stunden, und deren oft wiederholte Loßbrennung, das Zeichen gegeben, wodurch die ganze Nachbarschaft zugleich versichert worden, daß die Kaiserliche Groß⸗Botschaft nunmehro angelangt, welche der Herr Commendant von jederman wolte geehret wissen. Zu diesem nun hat den Herrn Groß⸗Botschafter / welcher gleich bey Seiner Ankunft um besserer Gemächlichkeit willen das Schiff verlassen, besagter Commendant in einem mit sechs Pferden bespannten Wagen in seine Behausung gefüͤhrt, allwo Seine Excellenz von einer in Gewehr stehenden Compagnie Grana 40 Erstes Buch / Dritte Abtheilung / Granadierer empfangen worden, die auch daselbst zur Leib⸗Wacht verordnet waren. Alle Ergötzlichkeiten, welche gegenwärtige JahrsZeit und dasigen Orts Gelegenheit nur erlaubte, liese der Graf Oduyer anstellen, den Herrn Groß⸗Botschafter und die uͤbrigen Gäste damit zu beehren; welche unter andern in angestellten Gesellschaften, Tänzen und Spielen, die mehrentheils bis in die spate Nacht tauerten, wie auch Comoͤdien bestunden, so die Soldaten in Teutsch⸗ und Welscher Sprach agirten, und in welchen der Herr Groß⸗Botschafter bey Seinem Eintritt alter Gewonheit nach allezeit mit einer Music beneventirt wurde; welches alles dann der geneigte Leser ohne Zweifel für solche Sachen halten wird, bey welchen sich die Zeit auf das vergnüͤgste passiren laͤsset.

Jndeme wir uns nun zu Belgrad aufhielten, und etwas zu gut thäten, damit wir zur küͤnftigen Reiß desto geschickter seyn möchten, anbey uns allerhand erlaubten Kurzweil bedienten, wurden nichts destoweniger die Kaiserlichen Geschäfte eifrig getrieben, und von dem Herrn Groß⸗Botschafter und Grafen Oduyer mit aller Treue und Sorgfalt ausgeführet, so daß die Verweilung hiesiges Orts kein muͤssiger Aufenthalt, sondern die groͤste Bemühung zu nennen war, worinnen sich diese zwey grosse Kriegs⸗Männer in Vollziehung der Kaiserlichen Befehle jedesmal finden las Absendung eines Kaiserl. Couriers nach Nissa.sen. Man fertigte einen Kaiserlichen Courier nach Nissa ab, welcher den Tuͤrkischen nach Wien bestimmten Botschafter unsere Ankunft bedeutete; auf der Gränz suchte man sich einen Platz aus, wo die Auswechslung geschehen solte; das Lager wurde ausgestochen, und Zeichen aufgerichtet / üͤber welche die Soldaten nicht schreiten durften; man bemuͤhet sich mit Einrichtung des Ceremoniels, wie es nemlich bey der Auswechslung solte gehalten werden, welches auch nach einigen hin und her schicken mit beider Theile Vergnügen zum Stande gekommen; die zur Fortschaffung unserer Personen und Sachen benoͤthigte Wägen wurden vom Land herein verschrieben, Küsten und Kasten aufgepackt, das Proviant herbey geschafft, und aus unterschiedenen Regimentern Dragoner, Curassiers und leicht bewafnete Reuter, so die Ungarn Husarn nennen bis 1500. zusammen gezogen, worzu noch 200. Granadierer zu Fuß gestossen, so uns begleiten, auch im Fall es nöͤthig wäre, zu unserer Defens Reise von Lora bis Belgr. und den Ort der Auswechsl. 41 Defension dienen solten, anbey die bevorstehende Reise ordentlich eingerichtet.

Da nun dieses alles von andern aufs beste versehen worden, bin ich eintzig und allein darauf bedacht gewesen, wie ich dasjenige, was hier merkwuͤrdiges zu betrachten, oder auf einige Weiß zu unsers Großmächtigsten Kaisers und unüberwindlichen Prinzens mehrern Ruhm gereichen, und unsere Historie vermehren koͤnte, aufsuchen möͤgte. Zu dem Ende habe ich mich den 2. Junii auf dasselbige Feld begeben, wo vor wenig Jahren diejenige Schlacht gehalten worden, welche der ganzen Sache den Ausschlag geben muste, aber, wie bekannt, vor die Tuͤrken gar ungluͤcklich ausgefallen ist. Es lag daselbst alles noch voller Toden⸗Beine / welche die Türken unbegraben hingeworfen oder vielmehr zuruͤck gelassen, und die der Erden eingeprägte Merkmale erzehlten die Victorien eines solchen Feldherrns, dessen Tapferkeit die mit Schaden klug gemachte Feinde furchtsam, uns aber voller Verwunderung darüber gemacht; von welchen auch nicht leicht jemand anders als mit groͤster Ehrerbietung und allen Respect reden wird: wie man Jhm dann auch zu seinem unsterblichen Ruhm wird nachsagen muͤssen, daß er die schon zweymal verfallene und beynahe verlohrne Sache der Christenheit ganz allein voͤllig wieder hergestellet. Die von der Donau bis an die Sau gefüͤhrte Linie, mit welcher sich unsere Armee zur Zeit der Belagerung vor dem aus allen Theilen der Welt hertringenden Feind bedecket, ist mit einem breiten und hohen Wall, aus Erd gemachten Schanz⸗Körben und unterschiedlichen hin und wieder angelegten Werkern versehen, und siehet einer neuen Vestung nicht unähnlich, so daß man anjetzo weder dem Schloß noch der Stadt beykommen kan, es sey dann, daß uns der Feind vorher aus diesen Linien vertrieben: und also haben die Kaiserliche Läͤnder nunmehr eine gedoppelte Vormauer, wo die Tuͤrken vorhero nur eine einfache gehabt. Es ist nicht ohne innerliche Gemuͤths⸗Bewegung anzusehen, wie diejenige Stadt, so vor kurzem vom Tüͤrkischen Aberglauben angefüllt, und des Mahomets vornehmster Wohn⸗Platz in diesen Ländern war nunmehro dem Dienst des wahren GOttes und den Glauben ihrer Christlichen Vorfahren wiederum offen stehet; wie diejenigen Kirchen, spreche ich worinnen zwar Anfangs der rechte GOttes⸗Dienst floriret, aber nachge F hends 42 Erstes Buch / Dritte Abtheilung / hends schäͤndlich entheiliget und zu Gotts⸗vergessenen Huren⸗Häusern gemacht worden, nun auf das neue ihre vorige Heiligkeit wieder erlanget; und da sie vorher zu des unverschäͤmtesten Bubens und Erz⸗Betrügers Gottlosigkeit dienen müssen: zu des Dreyeinigen GOttes Ehren von der glaubigen Gemeine anjetzo abermal besucht werden. Hievon kunte man den 4. Junii, als am Fest der Hochheiligen Dreyfaltigkeit ein erbauliches Exempel sehen, da das Heiligen Römischen Reichs Graf Ernst von Schrattenbach / infulirter Abt zu Domben, und Prälat bey dieser GroßBotschaft, in dem GOttes⸗Hauß der Trinitarier in Beyseyn des Herrn Botschafters dessen ganzen Hofstatt, und des gesamten alldorten befindlichen Adels, ein hohes Kirchen⸗Amt hielte, wobey unsere Musicanten mit allen ihren Instrumenten eine schoͤne und angenehme Music machten. Auf dieses hohe Amt folgte eine zierliche Rede, welche ein Priester aus der Gesellschaft Jesu zum Volk hielte, und auf die Besserung des Lebens, und andächtigere Begehung dieses heiligen Festes zielete.

Türkischer Mönch. Als ich den 5. Junj ungefehr um die Stadt spatzirte, begegnete mir ein Türkischer Monch, so sie Dervichs auf ihre Sprach nennen, und eine Art von ihren Geistlichen ist, deren meiste Ubung im hinund herwenden bestehet. Er gieng halb nackend, und wohnte in keinem Hauß, sondern lag unter freyen Himmel bey Regen und Ungewitter; seine Speise war nichts anders als Kräͤuter und Wurzel, so er sich selbst zusammen suchte, und mit nichts als dem puren Wasser abkochte, auch einig und allein mit dem frischen Wasser seinen Durst löschte. Er sahe niemand an, redete auch mit keinem Menschen; doch gieng er in der Stadt herum, und wann ihn jemand freywillig was schenken wolte, so nahme er es mit Dank an, begehrte aber von niemand etwas. Nicht ferne von der Vestung lage er in den Grüͤnen unter den Disteln, und rauchte Tobac, oder kochte sich etwas auf den Mittag, oder verrichtete sein tägliches Gebet, RosenCränze der Türken. führte auch beständig seinen Rosen⸗Cranz in der Hand, welcher den unsern nicht gar ungleich, nur daß die Coralln daran um ein merkliches dicker, und auch an der Zahl die unsrigen zu uͤbertreffen scheinen. An diesem Tag ließ der Graf Oduyer die zweyte Comoͤdie, Jphigenia genannt, spielen, da Er schon vorher einmal die Berenice agiren lassen; in welcher der Herr Botschafter abermal stracks bey Reise von Lora bis Belgr. und den Ort der Auswechsl. 43 bey seinem Eintritt mit einer Music beehret worden: nach derselbigen wurde ein Danz in des Graf Oduyers Behausung gehalten, so bis in die späte Nacht gedauert hatte, welches nachgehends noch öfters geschehen. Worauf den 6ten der Kaiserliche IngenieurHauptmann Hr. Oebschelwitz mit demjenigen Tüͤrken, welcher Ceremonie in Aufrichtung der Säulen. von Nissa aus zur Einrichtung des Ceremoniels an uns gesendet worden, nach der Gränz abgereißt, die Aufrichtung der Saͤulen daselbst zu besorgen, und unsers Kaisers Nutzen dabey zu beobachten. Wo die Mittlere stehen solte, da musten die Erden auszugraben, und die Säule aufzurichten und zu befestigen, von einer Parthey so viel Arbeiter, als von der andern, genommen werden: da hingegen bey Aufrichtung der äussern einem jeden frey stunde, wie viel er von seinen Leuten dazu nehmen wolte. Den 7ten und 8ten Junj kamen die Wagen an, welche unsere Sachen fort bringen solten, die man auch in gleiche Theil getheilet, und das meiste davon an Medardi Tag nach Krotzka voraus geschickt. So gieng auch der Hofmeister nebst einigen von Adel mit der Post ab damit jener die Wohnung in Augenschein nehmen, und den Herrn Botschafter samt dessen Gefolg bequem logiren, diese aber einige Zeit zum ausrasten gewinnen moͤgten.

Als der 9te Tag des Monats Junii eingebrochen, und das Die Abreise der Botschaft von Belgrad. Mittagmal bey dem Graf Oduyer eingenommen war, ist der Herr Botschafter mit wenig andern wieder zu Schiff gegangen, ohnerachtet es den ganzen vorigen Tag und die Nacht, auch selbigen Vormittag mit Wind und Regen beständig angehalten / woraus uns die Bauers⸗Leute eine lang⸗daurende Näͤsse prognosticirten, wiewol es sich Nachmittag wieder ein wenig ausgekläret. Die meisten von den Unsrigen haben sich zu Land nach Krotzka begeben wollen, Krotzka. sind aber nicht alle, wie wir wol glaubten, dahin gekommen, sondern zum Theil durch die eingefallene Nacht von der rechten Strassen abgeführt, theils durch andere Zufälle verhindert worden, daß sie diesen Abend nicht mehr, sondern erst den folgenden Tag bey aufgehender Sonne / als wir eben schon wieder reißfertig stunden, angelanget, da sie die Nacht vorher in dem Wald ausdauren müssen. Zu bemeldtem Krotzka hat der Graf Oduyer laͤnger F 2 denn Erstes Buch / Dritte Abtheilung / 44 denn eine Stunde auf den Herrn Botschafter gewartet, weil er zu Land den Weeg geschwinder zuruck gelegt. Allhier haben wir Pferde von den Regimentern bekommen, deren wir uns bis an die Gränzen bedienen konten.

Den 10ten sind wir nacher Kollar aufgebrochen, wohin die Kollar.Kaiserlichen Soldaten / die dem Herrn Botschafter mit seinem Comitat zur Begleitung und Defension dienen solten, theils vorangegangen, theils aber Demselbigen gefolget. Jn diesem vorzeiten so ansehnlichen Flecken sind so wol, als in dem ganzen Königreich wenig Häuser mehr unter den zerstöͤrten Gebäͤuen anzutreffen, welche man bewohnen könte. Nicht gar eine halbe Stunde davon zur linken Hand lieget eine Wiese, worauf ein mit dem hellsten Wasser angefüͤllter Brunne, wobey sich nach der erst neulich bey Belgrad gehaltenen Schlacht viel fluͤchtige Tuͤrken niedergelassen, ihre ermatteten Kräften etwas wieder zu erholen, sind aber von den Unsrigen eingeholt und alle zusammen nieder gehauen worden. Den 11ten Haßan Bascha Pallanka haben wir wiederum Kollar verlassen, das Früͤh⸗Stuck zu Haßan Bascha Palanka, oder in der von Haßan Bascha erbauten Vestung (sintemaln Palanka eine Vestung bedeutet,) eingenommen, Potischina und uns weiter nach Potitschina begeben, wohin aber auser dem Herrn Botschafter die wenigsten gekommen / so wol wegen des bösen Wetters / als auch weilen die Brucken auf dem Weeg zerbrochen war / sondern abermal in dem Wald pernoctiren muͤssen: von dar wir ferner den andern Tag über Devibakerdane nach Morava Palanka. Jagodina / und den 13ten nach Morava Palanka / drey Stunde über Jagodina hinaus / gerucket; nach welchem Ort der General Oduyer schon den Tag vorher abgegangen, da wir kaum zu Jagodina angelangt, aber heute gegen die Nacht erst kurz vor dem Abend⸗Essen wiederum zu uns gekommen, damit Er die üͤber Die Brücke über die Morava. die Morava geschlagene Brücke in Augenschein nehmen mögte. Als wir daselbst angekommen, haben wir länger als drey Stunde auf dieser Seite des Ufers warten müssen, ehe wir über den Fluß kommen koͤnnen, weil die erst neu⸗verfertigte Brüͤcke selbige Nacht durch die Gewalt des Wassers, und der in dem Strom schwimmenden Baͤumen an dreyen Orten Schaden genommen. Nachdem nun aber solcher in aller Eil repariret ward, und wir üͤber den Fluß gesetzt, haben wir auf der andern Seiten zwischen zweyen Wassern aber Reise von Lora bis Belgr. und den Ort der Auswechsl. 45 abermal still halten muͤssen, weil üͤber die Ravenitz gleichfalls eine Brucke muste geschlagen werden. In dem ersten Strom, welcher Merkmal der alten Brücken über die Morava. viel breiter, als dieser letztere, reichen noch aus dem Wasser einige Stein⸗Haufen von der vorigen Brüͤcke herfüͤr, welche die Tuͤrken bey ihrer letzten Flucht von Belgrad nach Nissa, als die aͤusserste Retirade an der Gräͤnz, hinter sich abgeworfen, damit die Teutschen durch den Fluß von weitern Nachsetzen abgehalten wuͤrden. Dieser Brucken⸗Bau aber ist nicht ohne Ungluͤck abgangen; dann Ein Handwerksmann ersauft. als einer von den Handwerks⸗Leuten, ein Teutscher, und guter ehrlicher Mann, wie ihm diejenige, die ihn kannten, nachruͤhmten, die ruinirte Brücke ausbesserte, und einen neuen Balken an den Ort, wo sie aus einander stunde, mit allen Leibes⸗Kraͤften hinein stossen wolte, damit solcher nicht weiter als die andern herfuͤr gehen solte, hat er das Tempo verfehlt, und ist von der Brüͤcke in das Wasser hinab gestürzet, und von dem Wuͤrbel fort gerissen worden, so daß er im Angesicht vieler, die ihme gerne zu Hüͤlf gekommen waͤren, wann sie nur eine Möͤglichkeit vor sich gesehen, ersaufen muͤssen.

Hierauf sind die mehristen von uns noch denselbigen Abend nach Parakin. Parakin kommen, auser etlichen wenigen, welche mit den schwehr beladenen Bagage-Waͤgen gefahren, und wegen immer anhaltenden Regen und schlimmen Weeg an den ohnedem sumpfichten und mosichten Oertern nicht fort kommen koͤnnen, und dahero erst den andern Tag ganz beregnet und naß zu uns gestossen. Hier hat uns abermal, wie zu Jagodina, die Moschee zum Speiß⸗Zimmer und zugleich zur Nacht⸗Herberg dienen müssen, und wurde dem Bacchus und der Ceres ein Altar allda aufgerichtet, wo vor kurzem der gottlose Betrieger Mahomet seine Kirche hatte. Den 14ten haben wir zu Parakin Rast⸗Tag gehalten und zur Auswechslung uns fertig gemacht; an welchem Tag gegen acht Uhr der neulich nach Wien abgeschickte Aga mit dem Herrn Schmiedt/ Kaiserlichen Dolmetsch der Orientalischen Sprachen, von dar wieder zuruck kam, den Türkischen Botschafter durch Ungarn und Oesterreich nach der Kaiserlichen Residenz⸗Stadt zu begleiten: welcher auch vor unsern Herrn Botschafter gefüͤhrt worden; und so bald er seine aufhabende Commission abgelegt, hat er sich eilends nach Nissa zur bemeldten Türkischen Botschaft begeben. Nachmittag um fuͤnf Uhr wurde ein anderer Tüͤrkischer Aga vom Seras F 3 kier 46 Erstes Buch / Dritte Abtheilung / Ein von Seraskier abgeschickter Both. kier Abdola Bascha / Commendanten der Gränz und Vestung Nissa, mit 20. Reutern abgeschickt, welcher einen auf Pergament geschriebenen und mit einem seidenen rothen und mit Gold gestickten Umschlag versehenen Brief, dergleichen sie sich an vornehme Perso Beschaffenheit der Türkischen Briefe.nen, leinene oder wuͤllene aber an einen Unterthanen oder ihres gleichen bedienen, an den Graf Oduyer mit brachte; den der besagte Graf durch seinen Dolmetsch, so er nur nebst dem Uberbringer allein bey sich im Zimmer gelassen, da die andern indessen bey der Thuͤr die angekommene Spahi vorwitzig betrachteten, auf alle Puncten kurze Antwort ertheilte. Der Jnhalt des Briefs aber bestunde vornemlich darinnen: wie ein und anders in dem Aufsatz des Ceremoniels absonderlich aber dieses zu verstehen wäre, wann wir praetendirten, daß man uns unter Paucken⸗ und Trompeten⸗Schall und mit fliegenden Fahnen durch die Gränz⸗Vestung führen solle? welches ihre Dolmetschen, wie es schiene, nicht recht capirt haͤtten. Nachdem nun deswegen genugsamer Bericht ertheilt, und zum Zeichen guter Verständnis und Freundschaft der gewoͤhnliche Caffé nebst eingemachten Fruͤchten, als eine den Tuͤrken gar angenehme Sache, vorgesetzt worden, ist er, wie solches verzehrt war, mit den Seinigen wieder nach Raschna / woher er gekommen zuruck gekehrt; welchen der Graf Oduyer bey seinem Abschied aufgetragen, seinem Herrn Botschafter in seinem Namen das Compliment zu machen, und ihn zu entschuldigen / wann er einen solchen Gast, als er an Demselbigen bekommen wuͤrde, nicht nach Wunsch logiren koͤnnte, weil die vornehmsten Haͤuser zu Belgrad durch die letzte Belägerung ruinirt und in Asche gelegt worden, welche bishero noch nicht völlig wiederum aufgebauet werden koͤnnen. Weil es auch vielen von unsern Leuten sehr wahrscheinlich vorkam, daß einige von diesen Spahi oder Tüͤrkischen Reutern, welche dieser Aga bey sich hatte, nebst der Tüͤrkischen auch der Teutschen Sprach kundig wären, auch solches einiger massen aus ihrem Thun und Lassen abnehmen kunten, haben wir uns sorgfaͤltig gehuͤtet, daß wir ja nichts redeten, welches ihnen einigen Verdruß verursachen moͤgte. Eben dazumal wurden denen Pagen, Heyducken und Laquayen des Herrn Botschafters, der Leib⸗Wacht und andern, die Kleider ausgetheilt, in welchen sie des andern Tags erscheinen solten.

Je Reise von Lora bis Belgr. und den Ort der Auswechsl. 47

Jedoch ehe ich in demjenigen fortfahre, was sich bey der Auswechslung zugetragen, muß ich noch etwas erzehlen, so derselbigen vorher gegangen: Es sind die Tüͤrken, als ein sehr ehrgeitziges Volk, Ehrgeitz der Türken. jederzeit darauf bedacht gewesen, wie sie diese ihre Gesandtschaft ansehnlicher, als wir die Unsrige / machen möͤgten; weswegen, hierzu etwas zu contribuiren, derjenige, welcher zu Belgrad Tüͤrkischer Seits das Ceremoniel mit einrichten helfen, und ein QuartierMeister war, so sie Reczep Aga nennen, dem Graf Oduyer im Namen des Seraskiers 50. Beutel, so bey nahe 10000. Ducaten ausmachen, versprochen, wann er verschaffen wuͤrde, daß er nach gethaner Auswechslung entweder die vordere Stelle oder rechte Hand in der Zuruͤckkehr einnehmen duͤrfte, in Betrachtung, daß er ein Bascha von drey Roß⸗Schweifen, und unter denen Beglerbey und Viziren/ oder Stadthaltern deren Provinzen nicht der geringste wäre, oder welches ohne dem noch niemaln nach dem letzten Friedens⸗Schluß geschehen, zu verhindern belieben moͤgte, damit er nicht nach des Herrn Groß⸗Botschafters Besuchung nöthig hätte, seine Gegen⸗Visite bey ihm abzustatten. Weme nun des Herrn Generals standhaftes und unbezwingliches Gemuͤth nebst seiner Liebe zur Gerechtigkeit und unverfaͤlschte Treue bekannt, wird leicht errathen, was für eine Antwort auf diesen unvermutheten Vortrag gefallen ist. Wann mir, ließ Er sich darauf vernehmen, die ganze Welt vom puren Gold angebotten wuͤrde, koͤnnte noch dürfte ich dieses gleichwol, in Ansehung meiner öͤffentlichen Bedienung, nicht verstatten, wann ich es schon als ein privat-Mann aus sonderbarer Freundschaft zu lassen wolte. Was aber den Herrn Groß⸗Botschafter betrifft, führt derselbige einen solchen Character, daß Er in dessen Betrachtung niemand weichen kan; ist anbey von solcher Gemüͤths⸗Beschaffenheit und Wüͤrde, daß, wann Er auch gleich Amts⸗halben nachgeben koͤnnte, Er es doch nicht wuͤrde thun wollen.

)o( Vier Erstes Buch / Vierte Abtheilung / 48
Vierte Abtheilung.

SO sind wir nun, wie gemeldet, den 14. Junj zu Parakin angelangt, und haben daselbst Rast⸗Tag gehalten; von dar aber den andern Tag zu demjenigen Ort gekommen, wo die Auswechslung würklich geschehen. Dieser liegt zwischen Der Ort der Auswechslung. Parakin und Raschna / als woselbst sich eine lange Wiese befindet, welche ein kleiner Fluß, Schuppellia genannt, durchschneidet, und mit Bergen und Wäͤldern auf beiden Seiten umgeben ist: allda haben wir uns von dem ordentlichen Weeg ab, und etwas auf die rechte Seiten gewendet, weil dieser Platz am bequemsten war, unsere Soldaten in Ordnung zu stellen, worauf wir auch in selbiger Ebne etliche Stunden stehend geblieben; der Herr Groß⸗Botschafter aber hat sich indessen in dasjenige Zelt retirirt, welches der An uns abgefertigte Türkischen Bothen. Graf Oduyer aufschlagen lassen. Als wir noch dahin unter Weeges waren, kamen unterschiedliche Tuͤrken bey bemeldten Grafen an, wegen eines und des andern Bericht einzuholen: und indem wir am erst⸗besagten Ort campirten, kam auch ein Capigi Baschi / oder Wechselsweiser Gruß der Herrn Botschafter.Cammer⸗Herr bey denen Türken, unter einer Begleitung von 14. Pferden zu unsern Herrn Groß⸗Botschafter / welcher Jhm nach Contestirung öffentlicher Freundschaft in Namen seines Botschafters das Compliment machte. Diesem wurde, so bald man ihn noch von ferne wahrnehmen kunte, der Freyherr von Studenitz entgegen gesandt, welcher das Gegen⸗Compliment ablegen solte, wann er in Erfahrung bringen wuͤrde, daß jener um angezeigter Ursach willen gekommen; wo er aber eine andere vermerken moͤgte, könnte er sich nur auch anstellen, als ob er um einer ganz andern Verrichtung wegen ausgeschickt wäre: angesehen der Herr Botschafter dafür hielte, daß es seinem Character nicht zukomme, dergleichen Bewillkommungs⸗Compliment zu erst ablegen zu lassen; jedoch aber solches anheut völlig oder über die Zeit zu verschieben der Wohlstand gleichwol auch nicht erlauben wolle. Weil aber der Baron seinen Weeg fortgesetzet, und nicht, wie er in Commission hatte / im Fall der Capigi Baschi einer andern Ursach wegen sich sehen liesse, wieder zurück gekommen, kunten wir leichtlich daraus die wahre Beschaffenheit der Sache urtheilen. Es muste aber dersel bige Von Parakin und dem Ort der Ausw. bis gen Raschna 49 bige an der Spitze unsers Lagers so lang warten, bis daß dessen Ankunft dem Graf Waldeck, durch diesen aber dem Herrn Botschafter selbst angezeigt, und er hernach durch des Herrn General Oduyer seine Leute vorgefuͤhret wurde. Diesen Abgeordneten empfienge der Herr Botschafter sitzend, da jener indessen vor ihm stehend blieb; an statt dessen der Unsrige mit dem Tuͤrkischen Gesandten auf der Sofaus, oder dem in dem Zelt auf der Erden liegenden länglichten Polster, gesessen: und nechst den Weeg / wo der Türkische Abgeordnete herkam, und wieder zuruck kehrte, stunde unsere Hofstatt auf beiden Seiten rangirt, um ihren prächtigen Aufzug sehen zu lassen. Aber laßt uns jetzo einmal, nach einem Aufenthalt von dreyen Stunden auf vorgedachter Wiese, auch die Auswechslung selbst ansehen.

Mitten auf der Wiese præsentirten sich in gleicher Linie hinter einander drey steinerne viereckichte Säulen, welche oben zugespitzt Die GränzSäulen. waren, und 20. Werk⸗Schuh weit von einander stunden. Bey der Mittlern sind die beiden Herrn Groß⸗Botschafter einander zu Fuß entgegen gegangen, und zu dem Ende fuͤnf Schritt vorher von den Pferden abgestiegen; welche Saͤule auch ins kuͤnftige die GräͤnzScheidung machen wird, so daß disseits des Röͤmischen Kaisers Gebiet sich hinfuͤhro endigen, jenseits derselbigen aber das von der Ottomannischen Pforte anfangen wird. Neben diesen Säulen sind noch Stangen in ungleicher Weite aufgesteckt gewesen, welche anzeigten, wo jedwede Parthey von ihren Pferden absteigen solte. Bey der letztern, welche von der ersten 80. Schritt abstunde, ließ sich unser Kriegs⸗Volk in den Waffen sehen, welches kurz vorher mit dem Grafen Oduyer dahin abgegangen, unsern Herrn Botschafter zu erwarten; die Ordnung aber, so dabey gehalten wurde, ware folgende: In der Mitte stunden die zwey Granadier⸗Compagnien vom Geschwindischen und Prinz Alexanders von Wuͤrtenberg Regiment; diese hatten zu beiden Seiten drey Esquadrons von Dragonern, davon die erste aus dem Prinz Friedrich Wuͤrtembergischen, die zweyte von Bareuthischen / und die dritte vom Regiment de Batté gezogen war, worzu noch zwey Haufen von den Carduanischen und Vasquezischen Curassirern kamen, die beiden Fluͤgel aber formirten 500. G leicht 50 Erstes Buch/ Vierte Abtheilung / leicht gewafnete und zum Nachhauen versehene Hussaren vom Nadastischen und Babocsayischen Regiment, welche insgesamt der Graf von Waldeck, Obrist⸗Lieutenant unter dem Bayreuthischen Regiment unter Commando des Grafen von Oduyer anführte. Vor dieser kleinen Armee wurden 6. kleine zwey Pfund und vier loͤthige Kugeln fuͤhrende Stuͤcklein hergezogen / damit man selbige nach geschehener Auswechslung zum Freuden⸗Schiessen, oder auch, wo es noͤthig, zu unserer Defension, gebrauchen koͤnnte, welche erst neulich zu diesem Ende in dem Zeug⸗Hauß zu Belgrad gegossen worden. Auf der andern Seite sahe man die Tuͤrkische Cavallerie, welche eben so stark, als die Unsrige, und von der Stange in gleicher Weite entfernet, aber in keiner solchen Ordnung ausgetheilet war, sondern bald hier, bald dort herum schwermete, jedoch nicht Das Gepräng der Auswechslung.über die Gräͤnze noch Stange sich zu ruͤcken getrauete. Der hierzu verordnete Graf Oduyer, wie auch der Seraskier / GränzCommendant, sind bis zur mittlern Saͤulen vorangegangen, nach dem sie, wie nachgehends auch die Herrn Botschafter selbsten / ihre Pferde bey der letztern ihre Bediente aber bey der äusersten Stangen stehen lassen. Allda haben sie sich gegen einander auf zwey Stüͤhle ohne Lehnen niedergesetzt, welche, nebst noch andern zweyen gleichfalls ohne Lehnen, der Graf Oduyer aus seinem Gezelt dahin geschaffet; und nachdem Sie eine zeitlang also mit einander geredet, und dasjenige folgends ausgemacht, was in dem Ceremoniel noch nicht völlig erörtert war, haben sie einander mit Caffé und Chocolate, und eingemachten Fruͤchten, wie auch wolriechenden Wassern und Beraͤucherung die gewöͤhnliche Ehre erwiesen.

Nicht lang hernach hat der Graf Oduyer unsern Hn. GroßBotschafter, der Seraskier aber dem Seinigen wissen lassen, daß nunmehr die bestimmte Zeit zur Auswechslung herbey nahe; worauf der Unsrige alsobald durch die Trompeter das Zeichen zum Aufbruch geben ließ, und sich so fort aus des Grafen Oduyers Zelt in der ohnläͤngst zu Wien gehaltenen Ordnung nach mehr bemeldten Ort, so noch 1000. Schritt davon entfernet war, begeben. Wie unser Herr Groß⸗Botschafter nun völlig hinzu kommen, ist Er von dieser, wie der Türkische von jener Seiten, in gleichen Schritten mit diesen / zur mittlern Säulen gegangen, doch mit dem Unterschied, daß der Türkische den Erd⸗Boden eher als der Unsrige betret Von Parakin und dem Ort der Ausw. bis gen Raschna. 51 betretten, weil dieser sich anstellte, als ob sein Pferd, welches Er Der Türkische Botschafter betritt den Erd⸗Boden eher/ als der Unsrige. auf alle Seiten herum lenkte nicht zum Stillstehen zu bringen wäre, und bald gegen die Saͤule anfuͤhrte, bald unvermerkt wiederum zuruck gehen machte, ohne daß jemand merken kunte, wie dergleichen mit Vorsatz von Jhm geschehe; und also stunde der Türk schon auf der Erden, da unser Herr Groß⸗Botschafter / gleich als hätte Er sich in die Riemen verwickelt, noch ober den Sattel sich befand. Als Sie aber zur Säule gekommen, und dieser den Kopf ein wenig geneigt, jener aber zum Zeichen der Freundschafft die rechte Hand dreymal auf die Brust gedruckt, haben sie einander ihrer hohen Principaln Befehl und dieser Botschaft eigentliches Was unser Herr GroßBotschafter seinem hohen Principal und dem Sultan für Titul beyleget. Absehen zu verstehen gegeben; wobey dieses absonderlich zu bemerken, daß unser Herr Groß⸗Botschafter / damit Er sich desto deutlicher expliciren, anbey seinem hohen Principal nichts vergeben moͤgte, den andern in Lateinischer Sprach angeredet und unter dem Reden Jhro Römisch⸗Kaiserlichen Majestät den Titul Unuͤberwindlichster und Geheiligster Röͤmischer Kaiser / beygelegt / und solchen von heute an vindicirt, welches beides sich sonsten die Tuͤrken, nachdem sie die Stadt Constantinopel aus den Häͤnden der Grichischen Kaisere unbefugter Weise entrissen, aus einem unertraͤglichen Hochmuth allein zu eignen; da hingegen / so oft des Sultans zu erwehnen noͤthig war, Er nur den Titul Aller⸗Durchlauchtigst und Großmaͤchtigst gebraucht. Es mag aber die Anrede ohngefehr in folgenden Worten bestanden haben:

Nachdem der zwischen Seiner Geheiligsten, UnuͤberDie Anrede des Hn. Botschafters. windlichsten / Aller⸗Durchlauchtigsten und Großmächtigsten Römisch⸗Kaiserlichen / auch zu Spanien, Ungarn, Böheim, Indien und Sicilien Königlichen Majestät CARL dem VI. rc. rc. und dem Aller⸗Durchlauchtigsten, Großmächtigsten Ottomannischen, Asiatischen und Grichischen Kaiser Ahmed dem IV. Hier irrt Driesch bei der Ordnungszahl: es handelt sich um Ahmed III. zu Passarowitz neulich geschlossene Friede durch zwey Groß⸗Botschaften alten Gebrauch nach soll bestättiget werden / hat mich mein Geheiligster und G 2 Aller Erstes Buch/ Vierte Abtheilung / 52 Allergnädigster Kaiser und König hierzu erwehlet / daß ich nach der erleuchteten Pforte gehen/ und den AllerDurchlauchtigsten, Großmächtigsten Ottomannischen Kaiser versichern solle / wie Seine Geheiligte Römische Kaiserliche Majestät alle in dem Frieden enthaltene Bedingungen aufs genauste / und dem Buchstaben nach / auch in den allergeringsten Stücken zu beobachten gesonnen / so lang anderer Seits / welches Sie doch nicht hoffen wollen / denenselbigen nicht wird zu wider gehandelt werden. Wie ich nun nicht zweifle / daß Eu. Excellenz ingleichem Absehen zu Sr. Römisch⸗Kaiserlichen Geheiligsten Majestät nacher Wien abgefertiget worden: als werden sie auch daselbst ein angenehmer Gast seyn; wie ich dann gleichfalls hoffe / daß meine Ankunft zu Constantinopel jederman erfreulich seyn werde.

Nachdem nun auf erst beschriebene Weise die erste Zusammen Aufführung bey der ersten Zusammenkunft. kunft nach geschlossenen Frieden geschehen, haben sich die beide Herrn Botschaftere samt ihren Führern bald anfangs auf die gesetzte 4. Stüͤhle in solcher Positur nieder gelassen, daß einer dem andern ins Gesicht sehen kunte, und ein jedweder von den Füͤhrern seinem Botschafter zur linken Hand sasse. Allhier unterhielten die Herrn Botschafter einander eine zeitlang vermittelst ihrer Dolmetschen mit freundlichem Gespraͤch und andern Zeichen einer guten Verständnis, da indessen das Reiß⸗Geräth auf andere Wägen, deren an der Zahl 370. waren, gebracht, und folgends nach einem andern Lager geführet wurde. Bey dieser solennen Unterredung ist nur der erste Adel, welcher bis zur andern 15. Schritt weit von der mittlern Säule entfernten Stange reuten durfte, im uͤbrigen aber dem Herrn Botschafter zu Fuß folgte, nebst vier Laquayen, so das Pferd führten, zugegen gewesen, da die übrigen von der Botschaft nicht weit davon auf ihren Pferden zur rechten Seiten hielten: zwölf aber von dem Adel und Hauß⸗Bedienten des Grafen Oduyer, samt dessen Stall⸗ und Hof⸗Meister, 4. Pagen, 8. Heyducken und 20. Laquayen in rothen Scharlacken mit silbernen Borten besetzten Kleidern, ohne anderes Gewehr, als mit ihren Degen an Von Parakin und dem Ort der Ausw. bis gen Raschna. 53 an der Seiten zur linken Hand stunden, und den Ausgang der Forschung / ob der Türkis. Gesandte Briefe an Seine Durchl. den Prinzen Eugenium habe. Auswechslung erwarteten. Bey dieser Gelegenheit unterließ unser Herr Groß⸗Botschafter keineswegs, etwas, so er von dem Türkischen gerne wissen wolte, auf eine solche Weise heraus zulocken, nach welcher Er sich keineswegs merken ließ, als ob Er mit Fleiß darnach fragte, oder Jhme solches zu wissen daran gelegen wäre, sondern nur seinen Discurs gleich als von ungefehr dahin richtete, wann er sagte: es gereiche gleichwol zu beider Kaiserlichen Majestäten nicht geringen Splendeur, wann Sie zum Zeichen wechsels⸗weiser Gewogenheit einander Briefe zu schickten, als auch zum höchsten Ruhm und Ansehen des Prinzen Eugenii, und des Groß⸗Vizirs / wann Sie mit Kaiserlichen Schreiben beehret wuͤrden: Er seines Theils häͤtte noch mehr Briefe an unterschiedliche Personen bey sich, und zweifle nicht / Jhro Excellenz wuͤrden mit dergleichen nicht weniger versehen seyn; und dieses thate der Herr Botschafter nur darum, damit Er erfahren moͤgte, ob jener nicht auch von seinem Groß⸗Vizir Briefe an Jhro Durchlaucht den Prinzen Eugenium, als eines Löbl. Hof⸗KriegsRaths⸗Præsidenten bey sich führe, welches die Türken, als ein sehr hochmüthiges Volk, bisher allezeit unterlassen hatten, aber doch des Prinzen gleicher Character, und der Teutschen rechtmaͤssige Ehr⸗Begierde / vornemlich aber der letztere Sieg, nunmehro erforderte, daß solches ins künftige geschehe, worüber auch schon zu Wien lang und viel berathschlaget worden: Es gabe auch Seine Excellenz sich nicht eher zu frieden, bis Sie durch die hin und her geführten Discurs bereits zum drittenmal deutlich versichert worden, daß jener dergleichen Briefe bey sich habe. Man muß auch hier Die Kaiserl. Botschafter müssen Briefe an den GroßVizier haben. zum Voraus wissen, daß kein Botschafter ohne dergleichen Schreiben zu Constantinopel bey der Pforten etwas handeln kan. Dann weiln dem Groß⸗Vizir die Aufsicht üͤber das ganze Reich anvertrauet ist, und er dahero aller ausländischen Potentaten, als des Kaisers / der Könige und Fürsten Geschäfte, welche das gemeine Wol betreffen, allein und mit so unumschräͤnkter Gewalt, als der Sultan selbst, tractiret, also daß dieser alles gutheißt, was jener dißfalls vorgenommen, so wird keiner füͤr einen Minister von einem offentlichen Character gehalten, der nicht vorhero vor den Groß G 3 54 Erstes Buch / Vierte Abtheilung / Groß⸗Vizir gelassen worden, bey welchem aber der Zutritt ohne dergleichen Schreiben nicht verstattet wird. Wann demnach der Botschafter, dessen Namen heißt: Vizir Mückerem Rurnili Valasi Bajesile Taja Sade Jbrahim Bascha / dergleichen Brief nicht gehabt hätte, wie er doch so wol an den Prinzen, als selbst den General Oduyer zu bestellen hatte / würden Seine Excellenz sich Jhn zu persuadiren bemuͤhet haben, daß er sich dergleichen durch einen nach Orient zurüͤck geschickten Courier, es koste auch was es wolle, verschaffen solte, wann er anders bey unsern Hof angenehm und vieler Verdruͤßlichkeiten uͤberhoben seyn wolte. Wäre aber diese Vorstellung auch nicht nach Wunsch ausgeschlagen, war der Herr Groß⸗Botschafter entschlossen, dieses aͤusserste und sicherste Mittel zu ergreiffen, und seine Briefe zwar bey dem GroßVizir abzugeben, damit durch deren Zurückhaltung Jhrer misch⸗Kaiserlichen Majestät Geschäften keine Hindernüsse im Weeg gelegt wuͤrde, jedoch zugleich zu protestiren, daß diese unterlassene Schuldigkeit ins künftige zu keiner Nachfolge oder Gesetz dienen solle.

Dieser Affaire kommt diejenige bey, deren sich der Herr GroßBotschafter schon vorhero zu Passarowitz zum allerersten unternommen hat: Es kamen nemlich die zwey Bevollmaͤchtigte aus der Des Herrn Botschafters Zumuthen an die Türkische Gevollmächtigte Passarowitz.Türckey dahin, den Frieden zu schliessen, waren aber mit keiner andern Vollmacht versehen, als welche der Groß⸗Vizir allein unter schrieben und gesiegelt hatte: als sie nun dieselbige den Englischen und Holläͤndischen Gesandten, als Mediateurs des Friedens, üͤbergeben, solche nach Gewohnheit unsern Gevollmächtigten einzuzu händigen, wolten Seine Excellenz mit ihnen in keine Conferenz tretten, es sey dann, daß sie eine andere und von Sultans eigener Hand unterschriebene Vollmacht aufzeigten; und wo sie keine bey sich hätten, solten sie alsobald nach Constantinopel jemand abschicken, der ihnen solche üͤberbrächte. Sie solten gedenken, daß sie da wären, den Frieden als Uberwundene zu begehren, nicht aber selbigen zu ertheilen; es schickte sich nicht, von denen Gesetze anzunehmen, welchen man als Uberwundenen nach allem Kriegs⸗Recht selbst Gesetze geben könnte; so käme es auch der Hoheit seines Allergnäͤdigsten Kaisers und Herrn nicht zu, mit andern tractiren zu Von Parakin und dem Ort der Ausw. bis gen Raschna. 55 zu lassen, als welche gleichfalls mit Kaiserlicher Vollmacht versehen wären: wo sie nun ihrer ohnedem sehr verfallenen Sache mit Nachdruck rathen wolten, solten sie andere Credentialien, die des Kaisers Hand selbst unterschrieben, geschwind herbey schaffen. Ob nun gleich der Englische und Holländische Gesandte, der Ritter Robert Sutton und Graf Colyer, alle Müͤhe angewendet, den Streit beyzulegen, und die Vorstellung gethan, daß dieses die Gewonheit also mit sich bringe, und bey allen freyen Nationen für güͤltig erkandt worden, wann der Groß⸗Vizir was unterschrieben habe, so war doch nichts auszurichten; und wolten sie den Frieden haben, mogten sie sich gefallen lassen, nach Constantinopel zu senden, und des Sultans eigene Vollmacht sich anzuschaffen.

Aber was halte ich mich jetzo lang zu Passarowitz auf, wo der Friede schon längst geschlossen ist; ich wende mich vielmehr wiederum zu der an der Gräͤnze stehenden Groß⸗Gesandtschaft. Daselbst Auswechslung der Gesandten. faßte nach einer halb⸗stuͤndigen Unterredung der Seraskier Beiglerbey, oder wie sein ganzer Name lautet, Rurnili Beiglerbey Abdola Bascha Dusum Sade / Stadthalter in Thracien, seinen Botschafter bey der Hand, und uͤbergab ihn dem Grafen Oduyer in seine rechte Hand; desgleichen der Graf Oduyer mit unserm Herrn Botschafter that, und ihme dem Seraskier bey dessen Ubergebung gar nachdrüͤcklich anbefahl. Nach solcher Einhändigung sind sie mit ihren Führern und ganzer Suite über die Gränze gangen, der Graf Oduyer und der Seraskier aber blieben auf ihren Gräͤnzen stehen. Hiebey ist nicht auszusprechen, mit was für Freudens⸗Bezeugungen, als mit ihrem gewöͤhnlichen Geschrey, dessen sie sich bey An⸗ oder Abzug ihrer Befehlshabere oder einer anderer grossen Lustbarkeit insgemein zu bedienen pflegen, mit HandKlatschen und Fuß⸗Stampfen, die Türken diese geschehene Auswechslung bekleidet haben; worzu noch ihre seltsame musicalische Instrumenten, als Cymbeln, Pfeiffen, kleine und grosse Trommeln, welche ihnen gar schön uns aber zu bäurisch geklungen, gekommen sind, deme sie noch die Abfeurung ihres kleinen und grossen Geschützes beygefügt; wobey die Unsrige zwar auch nicht still geschwiegen, sondern ihr bey sich habendes grobes und kleines Geschuͤtz tapfer hören lassen, aber doch ihr unordentliches Geplerr nicht nach machen Erstes Buch / Vierte Abtheilung. 56 machen wollen, dafuͤr aber unsere Trompeter und Paucker samt den andern Musicanten so lustig und anmuthig intonirt, daß die Tüͤrken daruͤber ganz erstaunt schienen, und es nicht genug bewundern kunten: da wir hingegen weder uͤber ihre Waffen noch Pferde, deren sie 700. bey sich hatten, worunter gewiß einige von ausbündiger Schönheit waren, noch auch über ihre Medische und Arabische Cameel, so sich bis 200. beliefen, und andere Sachen, grosse Verwunderung bezeigten, damit wir dieses ohne dem hochmuͤthige Volk dadadurch nicht noch hochmuͤthiger machten; jedoch sind wir ihnen im Vorbeyfahren mit aller Höflichkeit und Wolgewogenheit begegnet.

Der Herrn Botschafter Abzug. Nachdem sich nun jetzt beschriebene Ceremonien geendiget, und beide Herrn Botschaftere von einander nochmaln Abschied genommen und eine glückliche Reise angewünschet, auch unterschiedliche Begrüssungen an gute Freunde einander aufgetragen haben, ist der Türkische mit dem Herrn Graf Oduyer nach Belgrad/ unser Herr Groß⸗Botschafter aber mit dem Seraskier, oder, welches eines ist, den auf den Granzen commandirende Feld⸗Herren, nach Nissa abgegangen.

Eines hätte ich bey nahe hier zu melden vergessen, daß / als unser Herr Botschafter einen Gruß an seine Frau Gemahlin in Wien dem Tuͤrckischen aufgetragen, dieser nur daruͤber gelächelt, und es mit Stillschweigen beantwortet, vermuthlich weil er sich nicht getrauet, Jhme mit dergleichen wieder an seine Gemahlin zu Constantinopel zu beladen; indem bekannt, daß die Tüͤrken ihr Frauenzimmer in einen gar engen Arrest halten, und sie nicht leichtlich vor jemand sehen lassen, angesehen sie, wie es scheinet, alle andere Völker nach ihren ungezähmten Begierden urtheilen.

Auf dem Hinzug giengen zwey hundert Janitscharn, oder von Die Ordnung der Reise nach der Auswechslung. der Leib⸗Garde zu Fuß, voran, denen unser Adel samt den Be dienten des Herrn Botschafters folgten. Jn der Mitte befand sich der Herr Groß⸗Botschafter, den Seraskier zu Nissa zur Linken habend, auf dessen beiden Seiten die Laquayen, von hinten zu aber die Pagen und Beschnittene rangirt waren, worauf die Spahi / ein Volk ohne Ordnung und Disciplin, den Schluß Türkische Kuchen. machten. So bald wir nun den Tüͤrkischen Boden betretten, haben sich gleich eine grosse Menge Leute eingefunden, welche auf messingen mit Von Parakin und dem Ort der Ausw. bis gen Raschna 57 mit Zin uͤberzogenen Platten eine gewisse Art Tüͤrkischer Kuchen verkauften, so denen Holländischen Buchwaitzen⸗ oder Westphalischen Gersten⸗Kuchen nicht viel ungleich waren, wiewol sie dergleichen Geschmack nicht haben, und uͤber dieß sehr unverdaulich sind; nichts destoweniger assen solche die Tuͤrken mit guten Appetit, als welche anderer Delicatessen nicht gewohnt, und der meiste Theil aus ihnen sich derselben nebst denen Fruͤchten zur täͤglichen Nahrung gebrauchet; wir aber liessen uns gar gerne mit dem Zuschauen abspeisen.

Jch habe vorher schon etwas von ihrer Gewohnheit gedacht / der Baschen Music nach welcher ihre Stadthalter oder andere vornehme Personen, wann sie über Feld ziehen, beständig ihre Music bey sich haben, die vor ihnen her gehet, und wann sie schon zu gewisser Zeit, nemlich betens wegen, am Tage still halten, sich nichts destoweniger immer fort hoͤren lässet. Diese Gewonheit ist uns, so lang der Seraskier bey dem Herrn Groß⸗Botschafer war, ohne Aufhören beschwehrlich gewesen, als durch welche unsere an die anmuthige Teutsche und Jtaliänische Music gewöhnte Ohren mehr verletzt als ergötzt worden; und wann erst noch das entsetzliche Geschrey der Laquayen und BeFreudenGeschrey. dienten darzu kame, mit welchen sie ihre Herrn / Patronen und fremden Gäste so wol bey ihrer Ankunft als Abzug beehrten, so hatte unser Verdruß den höͤchsten Grad erreicht. Sie wolten aber gleichwol damit vermuthlich den alten Roͤmischen Soldaten nachahmen, welche ihren Kaisern und Feld⸗Herrn zu ruften/ daß Jhr Vorhaben glüͤcklich und zur guten Stund (feliciter, faustisque ominibus) geschehen moͤge, und auf solche Weise Jhnen alles Glück und Seegen auf den Weeg anwuͤnschten. Was uns anbelangt, Ein Adler zeigt den Weeg nach Constantinopel. machte uns ein Adler, der, so bald die Auswechslung geschehen, beständig vor uns herflog, und uns gleichsam den Weeg zeigte, keine geringe Hofnung, daß wir unsere Reise glüͤcklich wuͤrden zuruͤck legen; wie er uns dann auch nicht eher verlassen, als bis wir denjenigen Hügel erreicht, über welchen wir von dem Seraskier gefuͤhret worden, von hieran aber haben wir ihn nicht mehr gesehen, da ich solchen vorher vielen von unserer Gesellschaft gewiesen habe. Wir können es indessen für ein gutes Zeichen annehmen, daß wir noch einmal Constantinopel wieder in unsere Häͤnde bekommen werden, und dieser das Römisch⸗Kaiserliche Wappen zierende Vogel H uns 58 Erstes Buch / Vierte Abtheilung / uns den Weeg habe zeigen wollen, durch welchen wir dahin gelangen sollen. Daß auch unsers Herrn Groß⸗Botschafters Ankunft denen Tüͤrken nicht wenig Vergnuͤgen muͤsse gebracht haben, laͤsset Der Seraskier erlängert seine Begleitung.sich unter andern auch daraus schliessen, daß der Seraskier oder Commendant der ersten Gränz⸗Vestung, wie auch Stadthalter in Thracien, welche Stadthalterschaft bey denen Türken in Europa die vornehmste ist, im ganzen Reich aber den dritten Rang hat, denselbigen fünf viertel Stund, und also eine viertel Stund laͤnger, als in dem Vertrag bestimmt war, begleitet hatte. Worbey er es aber nicht allein gelassen, sondern Jhn noch uͤber das, nebst bestäͤndiger Uberlassung der rechten Seite, auf dem nechst gelegenen Berg in ein zwar kleines doch prächtig zu bereitetes Gezelt gefüͤhrt, und allda aufs kostbarste bewüͤrthet; woselbst der Herr Botschafter gestifelt üͤber Tüͤrkische mit Gold gestickte Teppichte gegangen, Türkische Schuhe.so sie sonst nicht eher betretten, als bis sie andere Schuhe, die sie Paposchen nennen, angezogen: allda hat Er wiederum den obern Platz auf einem mit eben solchen Kuͤßen belegten Lehn⸗Sessel einge Türkische Polster. nommen, deme der Seraskier auf einem Polster, den sie Sofaus nennen, zur linken Hand sasse. Es sind aber diese Sofaus länglichte mit Cameel⸗Haaren oder Wolle angefüllte Polster, und moͤgen wol den Namen von Sophi, den Persischen Köͤnigen, haben, wie dann diese Weise zu sitzen von den Persern ihren Ursprung hat.

Weil hier so oft des Vorsitzes gedacht wird, muͤssen wir auch Die linke Hand bey den Türken die vornehmste. erinnern, daß zwar, nach Zeugnis Busbeck und Rigaut, die linke Hand bey den Turken die vornehmste ist, sie behauptet aber diesen Rang nur allein in Kriegs⸗Zeiten bey denen Soldaten; bey denen Staats⸗Männern und Freunden aber hat sie zu Friedens⸗Zeit dieses Ansehen nicht; wie dann Busbeck nicht uͤbel urtheilet, wann er dafür hält, daß diese Gewonheit daher komme, weil derjenige, so auf der linken Hand ist, zugleich des andern auf dieser Seite gegüͤrteten Degen in seiner Gewalt, er selbst hingegen solchen zu seinem Gebrauch frey hat.

Nachdem nun hier der Caffé getrunken, und die eingemachte Früchte genossen waren, wobey man denen beiden Herrn kostbare Schnuptücher, an statt der Servietten, über die Schooß gebreitet, wur Von Parakin und dem Ort der Ausw. bis gen Raschna. 59 wurde eine grosse überguͤldete silberne Platte, welche sonsten nur Gastmal in des Seraskier Zelt. von Holz ist, an statt eines Tisches von zweyen Bedienten aufgestellet, und hierauf die Speisen, deren bey funfzig waren, zum Mittagmal gesetzt. Man trug, ihren Gebrauch nach, nur eine nach der andern in silbernen und fein Porcellanen Geschirren auf, deren letztern Gattung sie sich darum gar vielfäͤltig zu bedienen pflegen, weil sie glauben, daß selbiges keinen Gift leiden könne. Die meisten Speisen waren nicht übel zu bereitet, wie der Herr Botschafter bey unserer Zuruͤckkunft von dem Ort, wo wir gleichfalls speissten, uns solches zu sagen die Guͤtigkeit hatte; wie Er dann auch dem Seraskier durch den Dolmetsch versicherte, daß Er sie alle gekostet habe, wordurch Er zu verstehen geben wolte, wie Er dieses Tractament mit eben solchen Gemuͤth angenommen/ als es ihm vorgesetzt worden. Zu gedachten Speisen wurden eben so viel laͤnglichte von Schild⸗Krot oder Helfen⸗Bein verfertigte Löͤffel aufgelegt, deren Stiele auf eine ganz neue Façon mit Seiden, Gold und Silber umwunden waren. Dann die Tuͤrken bedienen sich der Messer und Gabeln fast niemaln, und lassen die Speisen nicht anders, als ganz klein zerschnitten, zu Tische bringen, daß sie also derselbigen auch nicht nöthig haben; und so ja etwas kleiner gemacht werden muͤste, zerreisen sie solches mit den Fingern. Bey dieser Malzeit fehlte es an nichts, als an Wein, dessen Stelle das liebe Brunnen⸗Wasser verDer Türken Geträͤnk. sehen muste; welche aber den Scherbeth trinken mogten, kunten desselbigen nach Belieben haben, wiewol dieses Getrank, das sie aus Honig, Gewürz, und dem Saft aus Fruͤchten machen, weder meinem Geschmack, noch meiner Gesundheit anstehen wolte; und wäͤre mir eine einige Maß Wein viel lieber, als das grosse Heidelbergische Vaß mit Scherbeth.

Nach aufgehobener Tafel, und denen mit wolriechenden Wassern und Rauchwerk verrichteten Ceremonien, hielte sich der Herr Botschafter noch in etwas auf, und discurirte von ihren sonderbaren Gebräuchen, Einrichtung ihres Regiments, sonderbarer Art zu sitzen, Kriegs⸗Disciplin und andern Dingen; da es sich dann zu Des Herrn Botschafters Gespräch von dem Grafen Oduyer. trug, daß sie von ungefehr unsers Gränz⸗Generalen, des Grafen Oduyer, gedachten, bey welcher Gelegenheit der Seraskier unterschiedliches von dessen Lebens⸗Art, Sitten und Kriegs⸗Disciplin wissen wollen, vermuthlich aus keiner andern Ursach, als weil es ihm H 2 60 Erstes Buch / Vierte Abtheilung / ihm schmerzte, daß er an Jhm einen solchen Mann gefunden, welcher in Kriegs⸗Wesen wol erfahren war, auf jenes Vornehmen wol Achtung gab, Seines Kaisers Nuzen zu befördern sich sehr angelegen seyn ließ, dem Aller Durchlauchtigsten Oesterreichischen Haus getreu diente, und mit keinem Geld kunte bestochen werden. Hierauf rühmte der Herr Groß⸗Botschafter Jhm nach Verdienst, und ließ sich gefallen, seinen Lebens⸗Wandel von Anfang her zu erzehlen: Er brachte darbey vor, wie er von Jugend auf im Krieg erzogen, sich allezeit wol gehalten, bey allen Actionen tapfer und vorsichtig erwiesen, und nach und nach zu so hoher Charge gestie Soldaten Verbrechen.gen seye. Diese Erzehlung kame dem Seraskier unglaublich vor, als welche diesem Kriegs⸗Mann vom allen Versehen frey zehlete, welcher doch eben so wol ein Mensch und folglich des Fallens unterworfen wäre; hat aber vielleicht an das bekannte alte Sprichwort nicht gedacht, daß es nemlich nicht erlaubt sey, zweymal im Krieg einen groben Fehler zu begehen: weswegen der Herr Botschafter ihm seine Meynung dardurch zu benehmen suchte, wann Er ihm vorstellte, daß es mit dem Versehen im Krieg öfters eine solche Beschaffenheit habe, daß daraus dem gemeinen Wesen ein unersetzlicher Schade zuwachse, bey welchem man sich, wann absonderlich die Schuld noch darzu kommt, wenig Gnade zu versehen, sondern insgemein Ehre, Leib und Leben darüber verlohren gehe: wo dasselbige aber von geringer Wichtigkeit, und sich noch darzu wol gar wieder Vermuthen zu getragen, wuͤrde die Straffe nach dem Verbrechen eingerichtet, und daure auch nicht länger, als das Verbrechen selbst; es werde aber gleichwol keiner promovirt, so lang er solches an sich merken lasse: er muͤsse dasjenige, worinnen er es versehen, noch einmal vornehmen; und wann er es alsdann verbessert, stehe ihm die Thüͤre zur Ehre so wol, als andern, offen. Und hierinnen sind wir in der That von denen Türken unterschieden, als welche auf alle Verbrechen fast einerley und wol gar die Todes Straffe setzen, absonderlich wann solches den Staat und das gemeine Wesen betrifft. Diesen geführten Discours hörte der Bascha zu Nissa aufmerksam und wol bedaͤchtlich zu, und wann er meinte/ daß etwas seinen Beyfall verdiente / gab er solches mit Nückung des Haupts zu verstehen; schiene auch sonsten ein Mann von guten Verstand zu seyn, nur daß er in den Mahometischen Aberglauben verwickelt war.

Reise von dem Läger gegen Raschna bis nach Nissa. 61 Fünfte Abtheilung.

NJcht lang hernach hat der Herr Groß⸗Botschafter seinen Abschied genommen, fuͤr das höͤfliche Traitement sich bedanket, und durch den Dolmetschen sagen lassen / daß er verhoffe, ihn im kurzen wiederum zu Nissa zu sprechen, wohin der Seraskier anjetzo voraus gienge. Hierauf ist er nach dem ohnweit von dannen geschlagenen Lager gekehret, und sind ihm 200. Spahi zu seiner Bedeckung mit gegeben worden. Als wir auf den ohngeErstes Lager in der Türkey. fehr eine halbe Stund von dar liegenden Berg gekommen, und uns von dem Weeg nach Raschna zur linken Hand etwas abgewendet, kunten wir schon das völlig aufgeschlagene Läger sehen; worinnen wir diesen und den folgenden ganzen Tag zu bringen muͤssen, bis die schwehren Bagage-Wagen wegen des schlimmen Wegs und nassen Das eingefallene Regenwetter halten die Türken für glücklich. Wetters endlich wieder zu uns gekommen sind: welche grosse Veränderung des Wetters die Tuͤrken gleichwol für ein gutes Anzeichen gehalten, weil es eben zu der Zeit eingefallen / da die Auswechslung geschehen / ob schon vorher den ganzen Tag der Himmel ganz heiter gewesen; dann eben dazumal entstunde ein so entsetzliches Ungewitter, daß es schiene, als ob Himmel und Erden daruͤber zu Grund gehen wolte. Sie nahmen aber ihre Muthmassung daher, weil es ein sicheres Kennzeichen einer glücklichen Ehe wäre, wann es am Hochzeit Tag regnete: Nun aber hätte die Auswechslung der Herrn Botschafter einige Verwandnuͤß mit der ehligen Verbindung; Ergò wäre viel glückliches daraus zu vermuthen.

Den 16. Junj blieben wir also, wie gemeldet, in diesem Lager stehen, nicht nur allein um erst angefuͤhrter Urfachen willen, sondern auch, damit wir desto bequemer in einem Zug nach Nissa kommen mögten, und denen Hussaren ihre Pferde / deren wir uns noch zur Zeit allein bedienet, wieder zuruͤck gesandt werden koͤnnten, weiln ins künftige die Türken die zur Reiß benöthigten Sachen allein anschaffen musten. Allhier hat sich früͤhe zwischen 8. und 9. Uhr zweymal Erdbeben. ein so heftiges Erdbeben spuͤhren lassen, daß von dem einen die schwehr beladene Wägen von der Stelle geruckt worden. H 3 Was 62 Erstes Buch / Fünfte Abtheilung / Was indessen der Türken Sitten und üͤbrige Lebens⸗Art be Der Türken Beschaffenheit.trifft, habe ich sie nicht so unertraͤglich befunden, als man sie vor alters beschrieben hat, so daß es scheinet, als ob sie durch so viele erlittene Niederlagen viel tractabler worden, als sie sonst gewesen sind und wäͤren noch wol eines bessern Glüͤcks und eines gelindern Regiments wuͤrdig, wo sie nur ihren Aberglauben mit der wahren Reli Zum Krieg tüchtig. gion vertauschen wolten. Die mehresten unter ihnen sind Leute, von ungemeiner Leibs⸗Stärke, wolgestalten Leibe / gutem Ansehen, die viel vertragen koͤnnen, und von solchen Krankheiten nichts wissen, welche von uͤbermaͤssigen Essen und Trinken entstehen; kurz zu sagen: in Betrachtung ihrer Stärke und Leibes⸗Kraften sind sie zum Krieg sehr geschickt, wann sie nur nicht so ungestümm angefuͤhrt, sondern in guter Kriegs Disciplin und Gehorsam erhalten wuͤrden; wiewol es nicht zu wuͤnschen, daß sie solches von den Christen eher erlernen moͤgten, bevorab sie sich durch den Glauben mit ihnen vereiniget haben. Sie gewöhnen sich schon von Jugend auf zum Krieg, und sonderlich lassen sich der Vornehmsten ihre Kinder fast alle darzu gebrauchen, weil sie dieses für die gröͤste Ehre halten, welche durch tapfere Thaten in dem Krieg erworben wird. Jch habe selbst zu Nissa und anderer Orten mit Verwunderung gesehen, wie vierjäͤhrige Knaben, als schon wol exercirte Soldaten mit Waffen, die schwehrer als sie selbst waren, nebst ihren andern Cameraden mit den Janitscharn, den Kern der Tüͤrkischen Miliz, herum gelauffen, und damit sie desto fertiger darzu wäͤren, sind sie eben wie diese mit einem kurzen Wammes ohne Ermel, weiten ober den Waden gebundenen Hosen, rothen oder grüͤnen mit ungebleichter Leinwand umwundenen Kappel versehen gewesen, den Leib haben sie umguͤrtet, die Brust nebst Armen und Fuͤssen blos, oder an diesen nur leichte rothe Schuhe, so sie Gemenni nennen, gehabt: und dieses alles zu dem Ende, damit sie desto hurtiger in denen Waffen und von Ungehorsam der Janitscharen.Jugend auf der Arbeit gewohnt wuͤrden. So habe ich auch unter denen Janitscharn alte ausgediente Leute gesehen, die wider das aus drückliche Verboth ihrer Officier mit Wissen und Willen gehandelt, und ihr Schulter⸗Gewehr auf der Strassen zum öftern los gebrannt; und ob sie schon noch uͤber dieses von einem Chiausen auf des Seraskiers Befehl nochmaln davon abgemahnet wurden, fehlte es doch so weit, daß sie solchen hätten pariren sollen, daß sie vielmehr des Reise von dem Laͤger gegen Raschna bis nach Nissa. 63 desselbigen nur gespottet, und in dessen Gegenwart noch stäͤrker geschossen, so daß es ihre Officiers mit vielen guten Worten kaum dahin bringen koͤnnen, daß sie es unterlassen haben.

Chiausen oder Bothen. Jndem wir aber hier des Chiausen gedacht, ist zu wissen, daß dieses Leute sind, welche die Zeitungen und Briefe hin und wieder tragen; sie haben in ihrer Hand kleine mit Silber beschlagene, bisweilen auch wol ganz silberne Stecken, die denenjenigen gleich sehen, deren sich ehedessen die Friedens⸗Bothen bedienet; an den obern Theil hängen 4. 6. bis 8. oder auch mehr silberne Kugeln an eben so viel Kettlein: wann diese Staͤblein völlig mit Silber uͤberzogen sind, nennen sie solche Theugian / die andern aber Topous; dieser bedienen sich nur die Gemeine, jener aber die Vornehmern, als der Baschen / Stadthaltere und der Vizir Chiausen. Alles vorerzehlte aber bestättiget meine Meinung, daß die Tuͤrken keine schlimme Soldaten abgeben wuͤrden, wann sie nur besser im Gehorsam koͤnnten gehalten werden.

Den 17. bekamen wir Alexintza zu sehen, nachdem wir Rasch Alexintza. na und den Bach Toppolnitz waren vorbey gezogen; daselbst sahe man auch die Morava / welche aber hier zu Land Banaraioa / in Bulgarien und Servien aber nach denselbigen Landschaften genennet wird. Und weil diesen Tag viele Sachen durch Nachläͤssigkeit unserer Fuhrleute verlohren gangen, oder wol von ihnen selbst heimlich weg practicirt worden, haben wir uns bey der Janitscharn Odabaschi darüber beklagt, welcher versprach, daß alles wieder herbey geschafft, und ins kuͤnftige nichts mehr vermißt werden solte; es war aber nichts wenigers, als dieses, und ist insonderheit unserm Teutschen Gewehr sehr nachgestellet worden, welches wir zwar nicht so wol den Tüͤrken, als den Grichen und Armenianern schuld geben kunten; dann jene haben von Natur einen Abscheu vor dem Stehlen, und vermaledeyen dasselbige im höchsten Grad, ausgenommen bey entstandener Feuers⸗Brunst, wo die Janitscharn alles füͤr erlaubt halten, und ärger als andere zu greiffen: diese hingegen machen gleichsam eine Profession vom Lügen, Betrüͤgen und andern schlimmen Händeln, und muß ihnen diese schäͤndliche Kunst öͤfters an statt der Waffen dienen: sie verkauffen aber gleichwol hernach dasjenige, was sie uns gestohlen, denen Türken auf gut Treu und Glauben. Es Teutsches Gewehr lieben die Türken. ist ihnen auch unser Gewehr lieber, als alles andere, und ist kaum ein vor Erstes Buch / Fünfte Abtheilung / 64 vornehmer Janitschar, der nicht mit dergleichen solte versehen seyn. Nur ist einiger Catholischen Christen Unverstand zu beklagen, die aus liederlicher Gewinnsucht solches Gewehr an diese Barbarn verkaufen, da sie doch, wann sie klug wären, leichtlich wuͤrden erachten können, daß solches nachgehends wieder sie selbsten solte gebraucht werden.

Damit wir aber nichts übergehen, müssen wir, ehe wir in unserer Erzehlung fortfahren, vorher gedenken, wer die obbemeldten Obabaschi wer sie seyn.Odabaschi seyn. Sie sind nemlich Vorstehere dererjenigen Zimmern, so sie Oda nennen, dergleichen auch die Spahi haben, in welchen die Janitscharn, die in dem ganzen Reich ausgesandt sind, erzogen werden, und wo ein jedweder des Tags dreymal, nemlich des Morgens vor der Sonnen Aufgang, zu Mittag, und auf den Abend dasjenige bekommt, was er zu seines Leibes Unterhalt benöthiget ist.

Den 18ten sind wir von Alexintza wieder aufgebrochen, und in einer zwey Stund vor Nissa zwischen denen Bergen und Wäldern liegenden Wuͤsten still gestanden, um uns zu dem am folgenden Das Quartier in der Stadt Nissa wird abgeschlagen. Tag bevorstehenden Einzug in Nissa zu schicken. Auf dem Weeg ist zu uns ein von Seraskier abgefertigter Bothe gekommen, welcher dem Herrn Botschafter Briefe überbrachte, worinnen gemeldet wurde, daß wir in Nissa nicht logiren koͤnnten, welches uns doch bey Accordirung des Ceremoniels versprochen worden; es muste aber zur Entschuldigung dienen, daß die Pest daselbst grassire, und die vornehmsten Häuser davon angesteckt waren, weswegen man so liebe Gäͤste nicht zu bewuͤrthen vermoͤgte. Wir glaubten aber vielmehr, wie wir auch nachgehends versichert worden, daß es deswegen geschehe, weil man sich einer Aufruhr von denen Janitscharn besorgte, indem ihnen die gefassten Grillen von der verwichenen Schlacht noch nicht aus dem Kopf wolten; und weil sie ohnedem geschwohrne Feinde des Friedens sind, und kaum erst mit grosser Noth befriediget worden, hätten sie leicht treulos werden / und uns, wann wir in den Stadt⸗Mauern eingeschlossen wären, unvermuthet üͤberfallen düͤrfen. Andere muthmaßten gleichfalls nicht uneben, daß wir darum nicht eingelassen wuͤrden, weil die Tuͤrken nicht haben wolten, daß dieser Platz, den sie künftig befestigen und mit neuen Werkern versehen wolten / von uns allzu genau in Augenschein genommen wüͤrde, an Reise von dem Läger gegen Raschna bis nach Nissa. 65 gesehen es die Gränz⸗Vestung, und derjenige Platz ist, deme es bey einem neu entstehenden Krieg am ersten gelten duͤrfte. Es hat Wird wieder angetragen. sich aber der Herr Groß⸗Botschafter nicht eher befriedigen lassen, bis es Jhm der Seraskier in sein freyes Belieben gestellt hatte / ob er in der Stadt wohnen wolte; welches Er alsdann höͤflich abgeschlagen, und sich also unter die Vestung gelegt, daß er von den Stucken kunte defendirt werden. Unsere Ankunft aber wurde dem Seraskier durch den Ingenieur-Hauptmann Hn. Oebschel Herr von Oebschelwitz nach Nissa abgeschickt. witz angedeutet, und dieses darum, damit er bey solcher Gelegenheit die Stadt und den Vestungs⸗Bau desto besser observiren und entwerfen könte.

Dem darauf folgenden Tag, als dem 19. Junj / da wir die schwehren Bagage-Wägen bereits voraus geschickt, welche vor der Stadt bis zu unserer Ankunft halten musten, sind wir zu Pferd in derjenigen Ordnung, wie zu Wien, der Herr Groß⸗Botschafter aber in einem schoͤn verguldeten Parißer⸗Wagen in die Stadt eingezogen, und von denen Wäͤllen mit allen Stücken dreymal begruͤßt worden. Wir haben uns jedoch nicht lang darinnen aufgehalten, sondern wieder heraus zwischen die Vestung und des Seraskiers Läger begeben, so daß wir dieses zur rechten, jene aber zur linken Hand hatten.

Es ist aber Nissa ein vornehmer und von den Tuͤrken sehr be Nissa. wohnter Ort, von mittelmaͤssiger Groͤsse, und die obere und untere Vestung zusammen gerechnet mag in ihren Umfang etwas mehr austragen, als das Schloß zu Belgrad; und lauft die Nissa, von welcher die Stadt den Namen füͤhrt, mitten hindurch: sie hat einen hohen Wall, so hin und wieder, vornemlich aber auf der Wasser⸗Seiten, in dem Graben selbst, mit Ziegeln und alten Mauerwerk ausgefüttert ist. Um besagten Wall ist gedoppelte Glacis oder Anhöhe des bedeckten Weegs, so zugleich den Wall also bedecken, daß man weder von demselben, noch von der ganzen Stadt, auser einigen Thuͤrnen von den Tuͤrkischen Moscheen, deren etliche mit Kupfer bedeckt sind, nebst der Cron von der Brustwehr und Batterien auf den Spitzen sehen kan. Zwischen dem hohen Wall und beiden verdeckten Weegen befinden sich trockene Gräͤben gleich unter ohne Böͤschung ausgegraben. Auf der Seite gegen der Bulgarey zu ist üͤber die Nissava eine Brüͤcke geschlagen, unter welcher J eine Erstes Buch / Fünfte Abtheilung / 66 eine grosse Wasser⸗Müͤhle liegt, die mit einem Horn⸗Werk bedeckt ist, um welches durch den Graben erst besagter Fluß laͤuft. Dieser Graben ist gleichfalls, wie die andern, ohne Boͤschung ausgeholen und nicht gefüttert; doch reichen unten an den Fuß des Walls, so hoch als die Nissava ist, aus dem Fluß dicke Pfäle heraus, so die Gewalt des Wassers abhalten. Um die auf bemeldten Seiten liegende Vorstadt ist eine Linie mit einem Banquette oder Schemel der Brust⸗Wehr gezogen, drey Schuh und also noch einmal so hoch / als sonst gebräuchlich, und ein Graben von 8. bis 10. Schuhe breit, in welchem die Nissava gleichermassen herum fliesset. Die Defension der Linie bestehet in rund herum angelegten kleinen Pasteyen mit Leisten und Flanquen, und nicht in halben Redouten der Schanzen, wie ein gewisser Autor dafür halten wollen. Die Länge der Fläche von einem Käl⸗Punct bis zum andern hat bey die 150. Schritte. Es kan auch durch das Muͤhlwerk an der Brüͤcke, und in denen Graͤben obgedachter Werker der Nissava⸗Fluß zwar geschwellt, und so wol die Vorstadt, als auch deren aͤusseres Erdreich, welches niedriger, dann das disseitige ist, gar leicht unter Wasser gesetzt, doch diese Uberschwemmung durch guten Fleiß und Arbeit auch wieder abgeleitet werden. Um die ganze Stadt herum ist eine gleiche Ebene, und wuͤrden der Vestung die in rechter Weite herum liegende Berge nichts hindern, wann nicht üͤber selbige zur Zeit der Belägerung eine Linie so leicht als vortheilhaftig köͤnnte gefuͤhret werden. Nach jetziger Beschaffenheit der Stadt und deren Befestigung wüͤrde solche nach Eröfnung der Lauf⸗Gräben, wann man sie mit Gewalt angreifen wolte, ob sie gleich mit allen Behöͤrigen wol und genugsam versehen wäre, nichts destoweniger in einer Zeit von sechs Wochen gar leicht zur Ubergab zu bringen seyn.

Es darf sich niemand verwundern, daß ich mich in Beschrei Nissa die äusserste Vestung gegen Constantinopel bung dieser Granz⸗Vestung laͤnger aufgehalten, als ich bey denen künftigen vorkommenden Oertern thun werde; sintemaln es derjenige Platz, welcher noch allein zu erobern, und wornach der Weeg nach Constantinopel voͤllig offen stehet: so ist mir auch des unvergleichlichen Herrn von Oebschelwitz Arbeit in Beschreibung dieser Vestung gar wol zu statten kommen, und hat mich der eigenen Mühe uberhoben. Man darf aber dabey nicht gedenken, als ob von dar der Reise von dem Laͤger gegen Raschna bis nach Nissa. 67 der Weeg nach Constantinopel so eben, daß man nur gerades Fusses dahin lauffen könne, angesehen man noch viel Beschwehrlichkeiten darauf finden wuͤrde; sondern ich verstehe nur damit so viel/ daß man nach dieser Eroberung alsdann keine Vestung mehr zu occupiren uͤbrig habe, welche etwan denen siegreichen Waffen verhinderlich seyn dürften. Die Häuser daselbst sind, wie in allen andern Türkische Häuser. Türkischen Städten, gar klein, und von Leimen und Holz zusammen gesetzt, deren mehreste Taͤcher man mit der Hand erreichen kan. Jn der obern Stadt sind die Häͤuser naͤher an einander gebauet, und mehr bewohnt, als in der Vorstadt, wiewol man auch in selbiger an vielen Orten zu bauen angefangen, wordurch der Weeg und Gassen also verlegt worden, daß billig zu befuͤrchten wo ein Feuer auskommen solte, es duͤrfte die ganze Stadt darauf gehen, ehe man zu Hüͤlf kommen könnte. Als bey unsern Durchzug das Geschüͤtz los geUnordnung der Tuͤrken. brannt worden, hat man deutlich gemerket, daß diese Leute nichts ohne Unordnung thun koͤnnen, indem man bald eine, bald zwey, bald drey, auch wol noch mehrere Stüͤcke auf einmal abfeuren höͤren. Und wann auch sonst nicht bekannt wäre, was grosse Noth die Mangel an groben Geschütz. Türken nach den zwey auf einander verlohrnen Schlachten an groben Geschuͤtz leiden, wuͤrde man solches allhier zu Nissa mehr als zu wol verspüͤhret haben. Keine einzige Carthaune war da zu hören gewesen, sondern nur kleine Feld⸗Stücklein, wie die Armeen uͤberall mit sich zu fuͤhren pflegen, worunter das groͤste kaum zwoͤlf Pfund geschossen. Dieses aber ist gleichwol merkwürdig / daß man uns Stärke eines Mannes. berichtet, wie ein Soldat aus der Besatzung von solcher Leibes Stärke gewesen, daß er dergleichen Stuck aus dem Gestell genomlmen, in seinen Arm gelegt, und es in demselbigen ohne Bedenken [l]os gebrannt habe; und wo ich nicht irre, haben mich einige von den Unsrigen versichert, daß sie es mit ihren Augen gesehen hätten.

Jm wehrenden Durch⸗March stunden die Janitscharn auf beiHaß der Janitscharn gegen die Teutsche. den Seiten im Gewehr, dem Herrn Groß⸗Botschafter damit die gebuͤhrende Ehre zu bezeugen, welchen sie auch hernach in das Lager begleitet haben. Es wolte fast scheinen, als wann denen guten Leuten die Galle zimlich daruͤber aufgestiegen, da sie den Schall der Trompeten vernommen, und die fliegende Fahnen nebst denen Granadierern, als des Herrn Groß⸗Botschafters Leib⸗Wacht, in der letz J 2 ten Erstes Buch / Fünfte Abtheilung / 68 ten Ordnung ankommen sehen. Diese, sagten sie, sind die garstige Hunde und Feuer speyende Drachen, welche, indem wir uns mit den andern herum schlagen, nichts anders thun, als mit Feuer und Schwefel auf uns los werfen. Sie haben auch ihren Haß so wenig verbergen koͤnnen, daß sie vielmehr mit heftigen Fluchen und Vermaledeyen uns alles Unglüͤck üͤber den Hals gewuͤnscht, welches sie uns zwar nur durch ein heimliches Murmeln, wann ihre Officier ihnen nicht auf der Hauben gewesen, zu verstehen gegeben / wir aber gleichwol nicht gar undeutlich hören können. Man kunte auch ihrer leichtfertigen Schmach Reden nicht muͤssig gehen, wann einer von den Unsrigen allein, oder auch in Gesellschaft anderer herum gienge/ ob wir gleich als Freunde zugegen waren, dann da hieß es gleich: Der Türken gewöhnliche SchmachRede. Ana sen sictim Jaours; ich habe mit deiner Mutter zu thun gehabt / du Unglaubiger / welche Schmaͤh⸗Worte sie jederzeit im Munde führen, wann sie einem aus Zorn schäͤnden wollen, oder sonst nicht güͤnstig sind.

Allhier kamen dem Herrn Groß⸗Botschafter die meisten Der Spahi und anderer Zuspruch bey dem Herrn Botschafter. Spahi, und Vornehmsten von der Militz und aus der Stadt mit ihren grossen Bünden entgegen, deren sie sich nur bedienen, wann sie gegen jemand ihre sonderbare Hochachtung bezeigen wollen. Die Weiber, so in den Winkel⸗Gassen uns nur von den Fenstern und Kleidung der Weiber.Dächern betrachten durften, hatten lange Röͤcke an, welche ihnen bis über die Füsse herunter hiengen, und unter denselbigen Hosen, die aber nicht so weit als der Männer ihre, und unten daran die Schuhe angehefftet waren: den Kopf, Mund, die Nase, Wangen Stirn / und das ganze Gesicht hatten sie vermoͤg ihrer Gesetze mit weisen Tüchern also verhüllet, daß nur eine kleine Oefnung übrig bliebe / wordurch sie sehen und frischen Luft schoͤpfen kunten.

Als kurz vor unserer Ankunft dem Seraskier / welcher, wie Nachricht an dem Seraskier von unserer Ankunft. ich vor schon gemeldet, um mehrerer Sicherheit wegen sein Läger nicht weit von dem Unsrigen aufgeschlagen, da er auser diesem bey dergleichen Begebenheit sonst in der Stadt zu bleiben gewohnt war, durch des Herrn Botschafters Hof⸗Marschalk Freyherrn von Seebach und vier Edelleuten die Herren von Weipeler/ Glimberg, Wettstein und Demerath wissend gemacht wurde, hat derselbige alsobald durch seine Dolmetschen sein Compliment wegen Geschenk des Seraskiers.glücklicher Ankunft machen auch unterschiedliches Obst und Garten⸗ Ge Reise von dem Laͤger gegen Raschna bis nach Nissa. 69 Gewächs überbringen lassen; der Janitscharn Aga hingegen Des Janitscharn Aga. wolte seine Freundschaft auf eine andere Weise bezeugen: Es hatte nemlich derselbige einen jungen Edelmann, von Geburt ein Venetianer mit Namen Stephan Ottoni, der eine Hauptmanns⸗Charge bekleidet, aber im letzten Tüͤrkischen Krieg in Morea von dem Feind gefangen worden; denselbigen haben die Tuͤrken, nachdem sie die völlige Insul wieder erobert, auf mancherley Weise zu ihren Glauben zu bringen gesucht, aber doch weder durch Bedrohung noch Schmeicheley bey ihm was ausrichten köͤnnen, weswegen sie Gewalt gebraucht, und ihm 500 Streich auf die Fuß⸗Solen geben lassen, welche er alle mit zu GOTT gerichtetem Gemuͤth aus Liebe zur wahren Religion, standhaft und gedultig ausgehalten, und dabey doch nicht weniger als vorhero seinem Herrn, deme er im Krieg zu Theil worden, redlich gedient; ohnerachtet vorhero zwey Priester, aus einer gewissen geistlichen Gemeinschaft, da sie kaum 15. Streiche empfangen, wegen Zärtlichkeit des Fleisches von dem Glauben abgefallen. Hierauf ist er nach Constantinopel gebracht, und an einen Herrn zu Adrianopel verkauft worden, bey welchen er eine zeitlang gedienet, von diesem aber dem Janitscharn Aga zu Nissa überlassen worden. Bey diesem hat sich zu getragen, daß die Treue eines Sclaven gegen seinem Herrn. Besatzung rebellirt, wobey er Gelegenheit hatte, seinen Herrn vor der Soldaten Muthwillen zu schüͤtzen, indem er selbige auf der Stiegen mit gewafneter Hand von dem Zimmer so lang abhielt, bis jener aus dem Fenster spruͤngen und durch ein kleines Thuͤrlein sich salviren köͤnnen. Für diesen grossen Dienst hat sein Herr ihn nicht nur Des Herrn Dankbarkeit dafür. der Sclaverey entlassen, und in seinen Schutz genommen, sondern ihme auch seine einige Tochter zur Ehe und alle seine Güter angebotten, wann er zu dem Mahometanischen Glauben tretten wolte. Weil er sich aber auch dardurch nicht zum Fall kunte bewegen lassen, und den wahren GOTT höher als den Mammon geschätzet, hat sein Herr ihn gleichwol bey seiner ihm einmal ertheilten Freyheit gelassen, und noch darzu versprochen, ihn mit Kleidern, Pferden, Decken, Geld, und aller Nothwendigkeit zu versehen, wann er entweder wieder in sein Vaterland zurück kehren, oder anders wohin reisen wolte, welches er nachmals redlich gehalten. Damit aber die Türken dieses Vorhaben nicht merken solten, als vor welchen ermeldter Sclav wegen des Vorgelaufenen sich noch immer zu hüͤten hatte, faßte J 3 Erstes Buch / Fünfte Abtheilung / 70 faßte der Aga die Resolution, ihn so lang bey sich zu behalten, bis der Römisch⸗Kaiserliche Groß⸗Botschafter von Wien ankommen wuͤrde, deme er solchen anbiethen und selbigen in seinen Schutz zu nehmen ersuchen wolte, welches auch anjetzo geschehen.

Janitscharn intendirte Aufruhr.Dieser hat mir auch erzehlet, daß sich einige aus dem Janitscharn zusammen verbunden / bey unserer Ankunft eine neue Aufruhr zu erwecken, und damit sie dieses ihr ungerechtes Vorhaben desto hitziger hinaus führen mögten, haben sie sich im Wein vollgetrunken; aber durch des Aga Sorgfalt seye dieser Anschlag zu Wasser worden, angesehen er auf alle Gassen und Ecken der Stadt Wachten ausgetheilet, so auf diese unruhige Köpfe fleissig acht ha Die Janitscharn zu Nissa zur Aufruhr vor andern geneigt. ben solten. Der Geringste unter ihnen findet leichtlich einen Anhang, so ihm nicht bald gewehrt wird, und sollen sie in dem Nissenischen Gebieth viel geneigter, als anderswo, zur Aufruhr seyn; und mag auch dieses wol den vorigen Seraskier bewogen haben, denen Janitscharn den Scherbeth schlechterdings zu verbiethen, welchen auch dieser ihnen gar selten erlaubt/ ob sie solchen gleich an an Janitscharn haben zu Friedens⸗Zeiten kein Gewehr.dern Orten gar wol trinken darfen. Welches auch vermuthlich die Ursach ist, warum denen Janitscharn in Friedens⸗Zeiten weder Gewehr noch Pulver und Bley zugelassen wird, und die Commendanten mehrentheils vor der Stadt unter den Zelten in Laͤgern sich aufhalten, und sich daselbst lieber etlichen tausend Spahi, als denen Jhre Urtheil von der Dauerhaftigkeit des neulichen Friedens.wankelmuͤthigen Janitscharn anvertrauen. Sie scheuen sich nicht, offentlich zu sagen, daß der neulich geschlossene Friede von schlechter Dauerhaftigkeit seyn werde, und wofern in sieben oder acht Jahren anderwerts nicht was vorfallen werde, wuͤrden ihn wenigst die benachtbarten Janitscharn selbst brechen. Die neuliche, wie auch die Urheber der Aufruhr. letztere Aufruhr haben nur gemeine Leute erreget, welche noch immer in der Stadt frey herum gehen, und nichts wenigers befüͤrchten, als daß sie deswegen zur Straffe solten gezogen werden: daher auch die grosse Freyheit / welche dieses Volk genieset, Ursach ist, daß man sie mehr fürchtet / als daß sie andere füͤrchten solten. Sie essen und trinken, was sie selbst moͤgen, ohne ein Absehen auf ihr Gesetz zu haben; und wann ihre Officiers nicht um sie sind, so schlagen sie zu auf wen sie wollen, ohne daß sie sich deswegen etwas Widerwärti ges Reise von dem Läger gegen Raschna bis nach Nissa. 71 ges befürchten. Jch habe gleich von dem ersten Tag an, da wir in Janitscharn sind WeinSaufer. ihre Gränzen gekommen, beobachtet, daß, wann sie Gelegenheit haben, sie sich alle mit Wein also anfüͤllen / daß sie auf keinen Fuß stehen köͤnnen. So groß aber die Freyheit ist, die man diesen Leuten gestattet, so schwehr ist hingegen die Dienstbarkeit, mit welcher andere Unterthanen gedruckt werden. Es befindet sich zu Nissa ein Bürger, welcher im vorigen Krieg in einer Besatzung gefangen, und von dar in des Graf Philipps von Diederichstein Hauß gebracht worden, woselbst er uͤber fuͤnf Jahr als ein Sclav gedienet; nachdem aber der Fried wieder erfolgt ist, hat man ihn auch frey und nach Hauß gelassen. Dieser kunte nicht genug aussagen, wie grausam die Türken mit ihren Unterthanen verfahren; er versicherte, Scharfes Traitement der Türkischen Unterthanen. daß bey uns die Dienstbarkeit viel leichter, als bey ihnen die Freyheit sey, welche ihnen so viel Befehlshaber, als sie uͤber sich haͤtten, mehr als zu schwehr machten: er wolle lieber hundert Jahr unter den Christen, als eines unter den Tuͤrken leben; es waͤren betruͤgerische Leute, denen nicht weiter zu trauen, als man sehen koͤnne; er hielte es für sein gröstes Unglüͤck, daß er unter diesen Woͤlfen gebohren und erzogen seye, sein Haußwesen unter ihnen habe, und auch ins künftige sein Leben unter ihnen zu bringen muͤsse.

Den 20. Junj gaben Seine Excellenz der Herr GroßDes Herrn Botschafters Visite bey dem Seraskier. Botschafter mit seinem ganzen Comitat dem Seraskier die Visite, wobey Er eben diejenige Ordnung hielt, welche Er beobachtet, als Er zu Wien nach der Kaiserlichen Burg geritten, auser daß die Musicanten nebst der Leib⸗Wacht im Lager zuruͤck blieben. Der Seraskier schickte hierzu gleich Morgens früͤhe Pferde ab, deren wir uns bedienen solten; so stellten sich auch seine Chiausen, Diener, Hauß⸗ und unterschiedliche Kriegs⸗Officier ein, den Herrn GroßBotschafter Ehrenthalben zu begleiten: Die Janitscharn giengen Der Janitscharn Tracht und Ursprung. zu beiden Seiten vorher, mit langen Roͤcken von unterschiedlichen Farben angethan, die rings herum aufgeguͤrtet waren, wobey zu merken, daß sie nicht, wie es bey uns gebräuchlich, gewohnt sind, in einerley Regimenter auch die Muntur von einerley Farbe zu tragen; auf den Kopf hatten sie ihre feyertägliche Ordens⸗Hauben / welche sie Ketche nennen: auf deren vordern Seite gegen die Stirne ein Stuck vom geschlagenen und mit unterschiedlichen Figuren gezierten Kupfer fest gemacht ist, so einer Messer⸗Scheide nicht ungleich siehet; Erstes Buch / Fünfte Abtheilung / 72 het; über den Rucken und Schultern aber hanget ein langer weiser Filtz herab. Die Manier sich also zu kleiden haben die Janitscharn daher bekommen: Es hat ein unter den Türken gar beruͤhmter Mann, Namens Bechtasch, als er nun sterben wolte, einen Ermel von seinem Rock abgeschnitten, und solchen einem von seinen Nachfolgern auf dem Kopf gelegt, also daß das End davon über den Rücken hinab gehangen, worzu er noch diese Worte gebraucht: Du soltst hinfüro ein Janitschar / oder ein Mit⸗Glied der neuen Militz seyn; von da an ist ihr Orden entstanden, zu dessen Zeichen sie sich dieser Ketche bedienen. Bey gegenwäͤrtigen Seraskiers Zelt.Aufzug hatten sie auch Stecken in Händen, mit welchen sie das an tringende Volk abhielten. So bald sie an das Zelt gekommen, hielten sie still / und liessen uns zwischen sie durchgehen. Dieses Gezelt ließ sehr propre, und war nach Türkischer Art verfertiget, dessen Stangen⸗Knöpfe verguldet, der Boden aber mit Persianischen Teppichen belegt; vor denselbigen sahe man an dreyen Stangen eben so viel Tug oder Roß⸗Schweife aufgestecket, welches eines von den groͤsten Ehren⸗Zeichen dieser Völker ist, und oben daran gleichfalls grosse vergüldete Knöpfe. Und dieses hat der Bascha von Nissa / wie auch ehmals der von Ofen und Belgrad, vor den andern besonders, daß er drey Roß⸗Schweife in denen Provinzen, welchen er vorgesetzt/ wann es ihm beliebt, vortragen lassen darf, da denen andern nur ein einiger erlaubt ist, so daß keiner im ganzen Reich, auser dem Groß⸗Vizir, dem Stadthalter von Babylon / und dem zu Algier, solchen Vorzug praetendiren darf, als der diesem ersten Bascha nur allein gebuͤhret. Vor dem ersten Gezelt, dergleichen noch mehr waren, und die des Seraskiers Wohnung ganz umringt und eingeschlossen hielten, stieg ein Empfang des Herrn Botschafters in demselbigen.jeder von seinem Pferd; der Herr Botschafter aber ritte nicht nur durch den Eingang, sondern durch das ganze vordere Zelt, und wurde von dem Bascha bey dem Eingang des andern / das um eine Staffel mehr erhöͤhet war, empfangen, welches die Tüͤrken gar füͤr eine besondere Ehre hielten, angesehen dieser Beiglerbey keinem Bascha in diesen Landen, wer er auch immer sey, sondern nur allein dem Sultan und Groß⸗Vizir/ aufstehet. Die rechte Hand behielte der Herr Groß⸗Botschafter / und sasse fast auf gleiche Weise, Reise von dem Lager gegen Raschna bis nach Nissa. 73 Weise, wie neulich nach der Auswechslung, neben dem Seraskier auf der Sofaus.

Als Jhro Excellenz bey Jhm durch den Dollmetsch seinen Anrede an den Seraskier. Gruß abgelegt, verlangte er kurz darauf im Namen Seiner misch⸗Kaiserlichen Majestät / daß er die nun wiederum hergestellte Freundschaft auf der Gränz durch seine Gewalt und Authorität zu erhalten sich moͤgte belieben lassen, anbey den Kauf⸗Handel allen Vorschub thun, die gemeine Bothen schuͤtzen, und den übrigen Umgang unserer Leute mit den Jhrigen auf alle Weise in Sicherheit stellen. Es sey auch Gegentheils Seiner Römisch⸗Kaiserlichen und Catholischen Majestät / Seines Allergnädigsten Kaisers und Herrns ausdrücklicher Wille, der auch allen auf der Gränz sich aufhaltenden Officiers hinterbracht worden, daß die mit der Ottomannischen Pforten neu⸗aufgerichtete Freundschaft unverbrüchlich solle gehalten, und welche darwider zu handelen sich unterstehen wuͤrden, auf das schäͤrfste gestrafft werden. Es lasse sehr wol, wann freye Völker, als wie die Teutschen und Tuͤrken wäͤren, welche vor kurzen wegen neu-entstandener, oder vielmehr von andern gestifteten Uneinigkeit mit einander in Krieg verfallen, nunmehro nach wieder aufgerichteter Freundschaft und gemachten Frieden einander doppelt so viel Gewogenheit erweiseten, als sie vorher Feindseeligkeit gegen einander gehägt hätten. Es gefiel Jhm an denen Muselmännern vor andern, daß sie ihrem Herrn in Kriegund Friedens⸗Zeiten alle Treue und Gehorsam erzeigten, und sie gleichsam wie Göͤtter verehrten. Ach wann wir Teutschen doch dieses von denen Barbarn lernen wolten / wir würden uns gewiß dardurch unuͤberwindlich machen. Nach dem Uberreichung des Prinz Eugenius Schreiben von dem Freyherrn von Locher. der Herr Groß⸗Botschafter auf diese Weise ungefehr seine Ansprach gehalten, hat Er dem Seraskier des Prinz Eugenii Brief durch den Freyherrn von Locher uͤberreichen lassen, welcher absonderlich zu dieser Verrichtung um der sonderbahren Verdienste willen seines Seel. Herrn Vatters aus ersehen worden. Dann dieser hat das Königreich Ungarn zur Zeit der entstandenen Unruhe durch seine kluge Rathschläge von dem ausersten Verderben und unvermeidlichen Untergang erhalten, die von andern zwar öͤfters aber vergeblich gesuchte Einigkeit wieder hergestellet, und durch die dem K Kai Erstes Buch, Fünfte Abtheilung / 74. Kaiser und Vaterland getreue Dienste sich den grösten Ruhm und ein unauslöschliches Andenken zu wegen gebracht.

Bey Uberreichung des Briefs ließ sich der Herr Groß⸗Botschafter vernehmen, wie der Prinz nicht weniger dahin werde bedacht seyn, daß hierinnen Seiner Römisch⸗Kaiserlichen und Catholischen Majestät ernstlicher Wille in allen Stüͤcken erfüllet werde. Er trage auch keinen Zweifel, es werden diese Briefe, welche von einem solchen Herzog herkommen, der in aller Welt so berühmt ist, gar angenehm seyn. Nach Endigung dieser Rede überreichte der Freyherr von Locher das Schreiben, worüber der Bascha ein ungemeines Vergnügen bezeigte.

Bald darauf gab er seinen Leuten ein Zeichen, daß sie Caffé herein Des Herrn Botschafters und der Seinigen Bewürthung von dem Seraskier.bringen und das Mittagmal für den Hn. Botschafter zu richten, wie auch den Adel und übrige Suite in andere Zelte füͤhren solten. Daselbst sind wir hernach tractirt worden, wie es bey diesen Leuten der Gebrauch mit sich brachte. An Speisen war da kein Mangel / aber die meisten davon mit duͤnnen suͤssen Brüͤhen zugerichtet; die uͤbri Speisen der Türken.gen Trachten bestunden in Reiß, Mehl, Zucker, kleinen Weinbeern, Mandeln, Brunellen, Oliven, Aepfeln, Birn und mehr andern Der Janitscharn Aga besucht mit andern den Hn. GroßBotschafter.Früchten. Jnzwischen kam der Janitscharn⸗Aga und einige andere mit ihm, worunter der Zeugmeister und einige Officiers von der Leib⸗Wacht zu Fuß dem Bericht nach sollen gewesen seyn, welche den Herrn Groß⸗Botschafter zu sehen verlangten. Diese aber stiegen vor dem äussersten Zelt von ihren Pferden ab, und begaben sich zu jener Staffel, bey welcher Se. Excellenz von dem Seraskier zuvor empfangen worden, als er kaum zwey Schritt von Respect gegen dem Seraskier. dem Ort, wo er abgestiegen, fort gegangen war; daselbst aber blieben sie stehen, nachdem sie auf Türkische Manier mit gebogenen Leib und auf die Brust gedruckten Hand ihr Compliment gemachet. Der Aga aber gieng so gleich darauf die Staffeln gar hinauf, neigte sich mit dem Haupt bis fast zur Erde und küßte auf das demüthigste den Saum von des Bascha Rock, wie auch seine Hand, welcher bey diesem allen gleich einer unbeweglichen Statuen auf seiner Sofaus sitzen blieb. Hierauf verfügte sich der Aga wieder zu denen andern, so bey der Staffel stehend geblieben, und fieng gegen dem Reise von dem Läger gegen Raschna bis nach Nissa. 75 dem Herrn Groß⸗Botschafter zu reden an. Fürs erste gab er Rede des Janitscharn Aga zum Hn. Botschafter. zu verstehen, wie er laͤngstens gewuͤnscht, demjenigen Mann, von welchem allenthalben so viel ruͤhmliches gesagt wuͤrde, in dessen Gegenwart seinen Respect zu bezeugen; nachdem er aber nunmehro dieser Ehre theilhaftig worden, hätte er es billig vor sein groͤstes Glück zu achten / das ihm jemaln begegnen koͤnnen. Hierauf legte der Herr Botschafter seinen Gegen⸗Gruß ab, und dankte so wol für seine geleistete Dienste, als auch für den gestriges Tages uͤberschickten Venetianer / rühmte seine Höflichkeit und gute Neigung gegen die Christen, wuͤnschte anbey Gelegenheit, einen solchen Christen⸗Freund wiederum etwas angenehmes zu erweisen; worauf der Aga nach wenig hinzu gesetzten Worten, auf eben die Art, wie er gekommen, vom Seraskier seinen Abschied genommen. Mehr gedachter Feld⸗Herr hat eine so grosse Gewalt üͤber dieDes Seraskiers Gewalt und Ansehen. ses Volk, als nicht leicht einer seines gleichen, wann er auch schon, wie er drey Roß⸗Schweif führet. Er darf ganze Dörfer und Land⸗Güter nach Gefallen verschenken, welche auch diejenige, so es bekommen, (doch nur auf ihre Lebens⸗Zeit, und ohne daß es andere von ihnen erben koͤnnen,) wiederum an wen es beliebt/ uͤberlassen darfen. Es versicherte auch des Herrn Groß⸗Botschafters Hoffart der Tüͤrken. Dolmetsch, deme der Gebrauch in diesen Läͤndern sehr wol bekannt ist, daß dieser hochmuͤthige Tuͤrk lieber wuͤrde einen Verlust von 16000. Thalern oder 5000. Ducaten, und mehr verschmerzen, als vor einen Christen aufstehen, und ihme so weit entgegen gehen. Jm Des Seraskiers Geschenk an den Hn. Botschafter und dessen Suite. Weggehen wurden unter uns 25. Uber⸗Kleider, so sie Caftans nennen, ausgetheilt, und ließ sich anbey entschuldigen, daß er vor diesesmal mit mehrern nicht versehen waͤre, sonst wolte er gerne einem jedweden eines haben reichen lassen/ wann er nur so viel, als hierzu nöthig gewesen, auf der Gränz finden köͤnnen; da doch sonst unter der andern Hn. Botschafter Comitat nicht mehr als zum hoͤchsten 15. ausgetheilt worden. Dem Herrn Groß⸗Botschafter verehrte er ein vortrefliches Babylonisches Pferd, von Kästen⸗brauner Couleur, als welche Farb von ihnen vor andern æstimirt wird. Das Pferd war über dieses mit dem kostbarsten Türkischen Zeug aufgebutzt, hatte zur Seiten an dem Sattel einen Damascenirten mit Schmelz⸗Werk zierlich ausgemachten Säͤbel hangend, welches gleichfalls für ein sonderbares Ehren⸗Zeichen bey ihnen gehalten wird. Hier K 2 Erstes Buch / Fünfte Abtheilung. 76 Hierzu kam noch ein roth⸗gewässerter und mit Zobel gefütterter Caftan / den aber der Herr Botschafter, ehe er noch das ihm verehrte Pferd bestiegen, wiederum ablegte, und hierauf in voriger Ordnung und Kleidung, in welcher Er gekommen, in sein Gezelt zuruck kehrte; wobey die Türken ihr gewöhnliches Geschrey abermal, wie bey unserer Ankunft, erschallen liessen, wir aber in unserer neuen Kleidung einen recht seltsamen und laͤcherlichen Aufzug machten.

Caftans Beschreibung.Es ist aber dieses Kleid eine Art von einem langen Rock, so bis auf die Füß hanget, an welchem zwar Flügel aber keine Ermel angemacht sind, mehrentheils von weiser Farb, und etwas groben Faden, dabey sich zwischen dem Weisen gelbe Figuren und einige ganz dünne Züge von Silber præsentiren. Für einen jedweden derselbigen zahlet der Sultan eilf Ducaten, wiewol sie es nicht werth sind; den Profit aber ziehen die Juden, als welche nur allein damit ihren Handel treiben. Dann weil niemand vor den Sultan ohne dergleichen Aufzug gelassen, und solches Kleid auch allen ankommenden vornehmen Gaͤsten ausgetheilt wird, so laufen die Juden in allen Lägern und Städten herum, um deren einige loß zu werden; dahero es auch kommen kan / daß einem in einem Jahr eben dasjenige Kleid, welches er bereits schon gebraucht, noch öfters zu Handen kommt. Als wir kaum in unserm Läger wieder angelangt, hatte der Janitscharn Aga dem Herrn Botschafter einen Rappen, welcher dem Babylonier an Schoͤnheit nichts nachgab, nur daß dieser nicht mit so schoͤnen Pferd⸗Zeug versehen war, zu einer Verehrung gesendet; worgegen der Herr Botschafter ihm eine Flinten mit einem doppelten Lauf nebst ein paar nett ausgearbeiteten Pistohlen zum Gegen⸗Præsent überschicket. Nach des Herrn GroßBotschafters Rückkehr von dem Seraskier haben sich die Tüͤrken nach dem Divan, oder Gericht, verfüͤgt, worzu mit der Trommel ein Zeichen gegeben worden, und hierauf sich die Pfeiffen und uͤbrige Musicanten hören lassen, welches bis auf den späten Abend gedauret. Mitten in der Nacht entstund ein entsetzliches mit Blitz und Regen vermengtes Ungewitter, wordurch die Zelter aus der Erden gerissen, und in der Luft hin und her geführet worden. Zu gleicher Zeit sahe man im Lager ein gewisses Feuer, welches sich bald zeigte, bald wieder verlohre, so daß es um dieser Ursach willen einige für Reise von dem Läger gegen Raschna bis nach Nissa. 77 für ein Jrrlicht gehalten haben; andere aber urtheilten ihren Aberglauben gemaͤß, und hielten es für die Pest, welche sich in Gestalt einer Flamme nach des Poͤbels Meinung, sehen laͤsset; daß aber das erstere wahr gewesen, hat sich im Ausgang gezeugt.

Den 21. gabe der Seraskier dem Herrn Groß⸗Botschaf Seraskiers Visite bey dem Hn. Botschafter. ter um den Mittag die Gegen⸗Visite, weswegen ihm der HofMarschalk, Freyherr von Seebach / mit noch vier Edelleuten, als den Freyherrn von Locher / Schopen / Jmhof und Studenitz / entgegen geschickt wurde, damit sie denselbigen aus seinem bis in unser Lager begleiten solten. Indessen wurden von dem ersten Gezelt des Herrn Groß⸗Botschafters bis an das andere hundert Schritt weit zu beiden Seiten in doppelter Linie der Adel, die Hauß⸗Bediente, Pagen, Laquayen, und übrige, so bey der Botschaft waren, gestellet, und zwar also, daß immer die Vornehmern dem Gezelt des Herrn Botschafters am nechsten stunden. Der Marggraf Besora / und Graf Bathyani / wurden beordert, den ankommenden Gast bey dem grossen Gezelt zu empfangen. Jm Dessen Comitat. Herzug giengen die mit leichten Waffen versehene Spahi voran / blieben aber vor unserm Lager stehend; denen folgten einige Chiausen, auf Türkische Manier gekleidet, kurz darauf kamen unterschiedliche Officier von der Militz, nechst diesen des Bascha Hauß⸗Bedienten in weisen Kleidern, zwischen welchen Er selbst in einem Purpur⸗farben Kleid geritten ist, wovon aber viere dessen Pferd regierten und ihre Hände zum Theil auf des Pferdes Ruͤcken, theils aber an den Zaum gelegt hatten: auf beiden Seiten giengen zwey hundert Janitscharn, welche an statt der Waffen Stecken in den Häͤnden trugen; gegen denselbigen uͤber bey des Hn. Groß⸗Botschafters innern Zelt stunde Sr. Excell. Leib⸗Wacht mit aufgepflanzten kurzen Gewehr in der Hand; hinter ihm aber wurde ein Hand⸗Pferd geführet, und zu letzt folgten die Troß⸗Buben und Stall⸗Knechte. Die zu Pferd waren, stiegen alle vor dem ersten Zelt ab; der Seraskier aber allein ist erst bey dem Eingang des andern abgestiegen, dessen übrige Leute ihm nur zu Fuß begleitet haben. Hierauf hat Empfang von dem Groß⸗Botschafter. der Herr Groß⸗Botschafter ihn bey dem Eingang seines Gezeltes empfangen, und bey der Hand, doch mit bedecktem Haupt, hinein geführt, und auf den ihn bereiteten Sessel angewiesen, und mit Chocolate und eingemachten Fruͤchten tractiret; dabey des Herrn Groß K 3 Erstes Buch / Sechste Abtheilung / 78. Groß⸗Botschafters Sessel gerad gegen dem Bascha zur rechten Ruckkehr. Hand gesetzt war. Als sie nun mit einander von unterschiedlichen Sachen eine zeitlang geredet, ist der Seraskier nach weitläuftiger Dank⸗Abstattung für die ihme erwiesene Ehr⸗Bezeugung wiederum nach seinem Lager zuruck gekehrt: worauf sich der Herr Botschafter entschuldigt, daß er, als ein Reisender, einen so vornehmen Gast nicht nach Wüͤrden bedienen köͤnnen, deme Er noch bey dem Kaiserl. Geschenke an dem Seraskier. /Abschied einen höflichen Wunsch beygefügt. So bald er nun wie der im Lager angelangt, folgten ihm die Kaiserliche Geschenke auf dem Fuß nach, welche durch den Herrn von Melzern, ObristVorstehern der Leib⸗Wacht; Herrn Cramer / Cassierer bey dieser Groß⸗Botschaft; Herrn Holzmann / Uhrmachern, und Herrn Vorner / Kaiserlichen Ober⸗Dolmetsch dahin gebracht worden. Diesen liese der Seraskier drey neue Caftan / welche die vorigen an Schönheit und Kostbarkeit übertroffen, dem vierten aber ein Stuck rothes Tuch und etliche Eln Atlas reichen; deme den Nachmittag ein Pferd nebst einem Beutel mit Gold nachgeschicket worden, davon das erstere dem Kaiserlichen Cassierer, der Beutel aber dem Dolmetsch zu theil worden.

Sechste Abtheilung.

ENdlich sind wir den 22. Junj, an Paulini⸗Tag, wieder von Abschied an denselbigen. Nissa aufgebrochen, als vorher der Herr Groß⸗Bot schafter den Hof⸗Marschalk mit zwey Edelleuten, Herrn Stetzer und Mattoni abgeschickt, von dem Beiglerbey in seinem Namen Abschied zu nehmen, und füͤr alle erwiesene Höͤflichkeit den gebüͤhrenden Dank abzustatten. Wann ich aber den Seraskier, wie schon öfters geschehen, Beiglerbey nenne, geschiehet solches darum, weil dieses der gemeine Name ist, da hingegen Seraskier etwas besonders und zwar einen solchen Kaiserlichen Stadthalter der Landschaften und Köͤnigreiche anzeigt, welcher von den übrigen Baschen und Sangiaken, so gleichfalls gewissen Grafschaften und Plätzen vorstehen, auch ein oder zwey Roß⸗Schweif führen, damit unterschieden wird. Selbigen Tag kamen wir nicht weiter als zwey Meilen, an den Fluß Kutinska / wo wir das Dorf Kori

Türkisches Bad
Reise von Nissa bis nach Sophia. 79 Koritniac zur linken Hand hatten, und zwar darum, weil noch heute Courier nach Wien muste abgefertiget werden, Jhro Roͤmisch⸗Kaiserlichen und Catholischen Majestät von allem diese Zeit über passirten umständliche Nachricht zu ertheilen. Von dem Tag an, da wir von Belgrad abgereißt, haben wir noch bis auf diese Stunde kein schoͤnes Wetter gehabt, sondern sind immerzu von Wind und Schnee haͤßlich vexirt worden.

Suha⸗Gebürg.Den 23. Junj hatten wir einen gar uͤblen Weeg zwischen dem Suha⸗Gebürg und dem Nissava⸗Fluß. Dieser Orten gibt es viel warme Bäder von dem schweflichten und mineralischen Wasser, so aus den Bergen heraus springet. Der rothe Sand und Steine verursachen, daß das Wasser ganz gefärbt davon wird. Auf dem Nah beysammen liegende Bäder von unterschiedlicher Art. halben Weeg nach Mustapha Bascha Palanka habe ich etwas curiöses angemerkt: Man findet nemlich am Fuß des Berges ein Bad, darzu ein viereckichter Stein ausgehauen ist, desselbigen Quelle, welche Manns dick heraus dringet, ist weder warm noch kalt, sondern laulicht; wann man aber 60. Schritt weiter gehet, findet man in eben diesen Thal eine andere Quelle, die ganz hell und klar und noch darzu Eiß kalt ist; beide führen Salpeter und Schwefel mit sich, wie es der Geruch gleich anzeigt. Dieses sind diejenige Berge, die Servien und Bulgarien von einander entscheiden, Gräͤnzen von Servien und von Bulgarien. welches letzte man ehedessen Volgaria nennete, von dem Scythischen Fluß Volgo / wohin sich die Scythen gefluͤchtet hatten, und welchen die Völker daselbst Volgari genennet worden; dahero diejenige Geographischen Scribenten irren, welche Mustapha Bascha noch in Servien setzen. Wir hatten unser Lager nicht weiter als nur einen Canonen Schuß von diesem Ort zwischen der Nissava und Luschnitza / und vor uns disseits das Zerniwirer / jen LuschnitzaFluß.seits aber das Ulanitzer Gebürg. Die Luschnitza entspringt in dem Gebuͤrg, zur rechten der Palanka; und nachdem sie ein Dorf gleiches Namens und die obere Palanka schnell und mit grossem Geräusch vorbey geflossen, ergiesset sie sich in die Nissava. Auf die Orden des H. Basilii. sen Bergen ist ein Closter, worinnen sich Moͤnche von dem Orden des H. Basilii aufhalten, und nach der Regel ihres Stifters als Einsiedler leben. Es ist solches der ansehnlichste Orden in der Grichischen Kirche, dessen Geistliche durch das ganze Reich des Sultans aus 80 Erstes Buch / Sechste Abtheilung / ausgebreitet sind, ihre Clöͤster noch, wie zu Zeiten der Grichischen Mustapha Bascha Palanka. Kaisere, bewohnen, und ein sehr strenges Leben führen. Diese Palanka ist ganz anders als die uͤbrigen angelegt: Jhre BefestigungsWerker sind nur von Bäumen, gespitzten und vorn abgebrannten Pfälen aufgeführt, und mit Queer-Stangen etlichmal versehen: Sie ist mit einer vierfachen Mauer von Quater⸗Stüͤcken umgeben/ die von acht in gleicher Weite entlegenen Thüͤrnen vertheidiget wird. Zu dieser Zeit war keine Besatzung darinnen; wie sie dann auch wegen der nechst anstossenden Bergen und Felsen nicht im Stande wäre, weder eine Armee aufzuhalten, noch sich vor einem Anfall zu wehren, weil sie daraus nur mit kleinem Gewehr ruinirt Haan oder öffentliche Herberge der Türken.werden könnte. Gegen der Palanka über liegt eine offentliche Herberge, so die Türken Haan, die Asiatischen Völker aber Caravansarai nennen, welche in diesen Landen so gemein, daß kaum ein Dörflein oder auch wol nur etliche Haͤuser, vornemlich an der Land⸗Strassen, anzutreffen, dabey nicht dergleichen Wohnung zur Gemächlichkeit und Aufenthalt der Reisenden gebauet ist. Es kehrt daselbst ein, wer nur will, und kamen auch ohne einige Bezahlung darinnen üͤbernachten, dann die Türken halten es für ein Liebesund GOtt⸗gefälliges Werk, dergleichen Häuser, wovon sie keinen Nutzen haben / aufzubauen, weil sie denenjenigen dienen, welche weder ein eigenes Dach, noch Geld haben: So wende sie auch nicht leicht auf etwas so viel, als wie auf dergleichen Gebäͤue, theils weil deren die Nachkommen unfehlbar geniessen, als eine Sache, woran man sich nicht vergreifen darf; da sie im Gegentheil wegen ihrer uͤbrigen Verlassenschaft nicht sicher genug sind / dessen gröͤsten Theil der Sultan zum öftern ohne angezeigte Ursach zu sich nimmt, und seine Schatz⸗Kammer damit bereichert: theils, weiln sie nicht zweifeln, daß man GOtt für diejenige beständig anflehe, durch deren Freygebigkeit dergleichen Herberge aufgeführet sind, als wordurch denen Nothleidenden Hüͤlfe geschiehet, und ihre benöͤthigte Nacht⸗Ruhe befördert wird. Das Gebäu an sich selber ist zimlich groß, und durchgehends von Steinen aufgefuͤhrt, welches die Tüͤrken sonst nicht gewohnt sind, als die mehrentheils alles von Holz bauen; es ist etwas länger als breiter, ins gemein mit Kupfer oder Bley bedeckt: keine Zimmer findet man darinnen, es sey dann, daß bisweilen ein kleines für die Bascha mit angebauet ist, wann sie 81 Reise von Nissa bis nach Sophia. sie darinnen logiren wollen. Im Vorhof ist gemeiniglich ein Brunnen, zum Waschen und andern Nothwendigkeiten; in der Mitte aber ein grosser leerer Platz, die Bagage dahin zu bringen, und die Cameel, Maulthiere, Pferde, Ochsen und anderes Vieh darein zu stellen. Um die vier Seiten des Gebäͤues ist rings herum eine andere Mauer angehenkt so in der Hoͤhe drey, in der Breite aber bisweilen einen einigen Schuh mehr austrägt: diese ist oben ganz gleich, durch die Haupt⸗Mauer des Gebäͤues aber sind unterschiedli che Rauchfänge geführt. Erst bemeldte angehenckte Mauer dienet denen, welche allhier einkehren, zum Schlaff Zimmer / Speiß Saal, Tisch, Bett und allem andern, sind auch nur allein durch die Breite dieser Mauer von ihrem Vieh abgesondert, welches so gar bisweilen an den Fuß dieser Mauer in solcher Positur angebunden ist, daß es mit dem Kopf uͤberhin schauet / und ihren Herrn, welche etwan bey dem Feuer oder Tisch sitzen, eine kleine Visite gibt, wofüͤr sie auch zu Zeiten mit einem Stuck Brod oder Ruͤben regalirt werden. An statt des Betts breiten sich die Reisende einen Teppich auf, den sie zu dem Ende hinten auf dem Sattel gebunden mit fuͤhren, auf diesen legen sie statt des Unter⸗Betts ihren Regen⸗Mantel, der Sattel dient ihnen zum Haupt⸗Kuͤssen / und ihr langer mit Pelz gefütterter Rock, mit dem sie sich bey Tag begleiten, muß ihnen hier bey der Nacht das Deck⸗Bett abgeben; und wann ihnen noch darzu die Ausdampfung ihres Viehes die kalte Nacht⸗Luft erwärmet, so schläͤft mancher dabey ruhiger, als die Koͤnigin Proserpina in ihrem Königlichen Bette.Driesch spielt hier vermutlich auf die Entführung der Persephone/Proserpina durch Hades/Pluto an, die sich in der Ebene von Nysa ereignet haben soll. Über die Identifizierung des Ortes herrschte bereits in der Antike Uneinigkeit. Driesch scheint den Ort mit Nissa gleichzusetzen. Hier kan man nichts heimlich verrichten, und durch nichts als die Nacht den Augen der Anwesenden in etwas entzogen werden. An einige stossen Bäder, Kirchen, Kaufmanns⸗Läden und Werkstätte, so daß die Reisende sich waschen, ihr Gebet verrichten, das Vieh in die Traͤnke fuͤhren, und was ihnen sonst etwan abgehet, fuͤr baares Geld haben koͤnnen. Jn einigen dergleichen Herbergen hat man die Kost umsonst. Asien gibt es welche, die mit so reichen Einkuͤnften versehen, daß Jn man den Reisenden auch die Kost umsonst reicht, welche in ein we nig Kraut, einer Schuͤssel Gersten oder Reiß, der oft mehr ge brannt als gekocht ist, einem darauf gelegten Stuͤcklein Fleisch und rings um die Schuͤssel gelegten Brod, bestehet, worzu bisweilen noch ein wenig Hoͤnig kommt, dabey man auch des Wassers nach Vergnüͤgen umsonst trinken kan. Es wird aber dergleichen Kost nicht etwan L Erstes Buch / Sechste Abtheilung / 82 etwan nur den Armen vorgesetzt, gleich als ob es denen Reichen und Vornehmern nicht gut genug seyn duͤrfte, sondern es wird auch denen Baschen und Sangiaken auf ihrer Reiß gereicht; dann gleichwie diese Herbergen jederman offen stehen, und keinem das Quartier versagt wird, er seye nun gleich ein Christ oder Tuͤrck, ein Armenianer oder Jud, ein Römer oder ein Grich, reich oder arm: also bringt es die Gewonheit mit sich, daß diese Speisen jederman vorgesetzt werden, von welchem er, will er anders nicht für gar zu delicat und unhöͤflich gehalten werden, wenigstens etwas kosten muß. Allhier darf man sich drey Tage aufhalten, ohne daß einer was bezahlt, aber nach deren Verfliessung muß man sich packen, und ein ander Ort suchen. Wir haben uns für diesesmal in der Hinreisse wegen der grossen Anzahl unserer Leute, und der dieser Orten grassirten Pest solcher Gelegenheit nicht bedienen koͤnnen, ist auch zum öftern der Pferde besser als unserer gepflegt worden, welche meistentheils unter den druckenen Daͤchern stunden, wann wir indessen unter den leinern und Baumwollenen Gezeltern unser Nacht⸗Quartier aufschlagen musten. Wir wollen aber nun einmal die Herbergen verlassen, und wieder auf denjenigen Weeg kehren, von dem wir uns eine zeitlang abgewendet haben.

Man kan nicht anderst, als nur durch einen einigen Weeg Unbrauchbarer Weg nach Sophia.über Scharkioi nacher Sophia kommen / welcher aber wegen der hohen Berge, grossen Wälder und vielen Lacken für eine Armee im passabel ist, sonderlich aber zur Früͤhlings⸗ und Herbst⸗Zeit, wann der auf den Bergen liegende Schnee durch dem darzu kom̃enden Regen die Thäler mit Wasser anfüllet: daselbst sind einige Oerter von Natur also beschaffen, daß derjenige, so sie zu erst occupirt, mit weniger Mannschaft eine ganze Armee abhalten kan. Durch diesen Weeg sind wir mit grosser Beschwehrlichkeit marchirt, und nach einer Zeit von fuͤnf Stunden, am 24. Juni, als am Johannes⸗Tag, Die Vestung Scharkioi.zu Scharkioi ankommen. Diese Stadt hat auf einem Berg, an welchem die Nissava vorbey fleußt, und worein sich noch zwey andere Flüsse, die Duschtina und Sredorek ergiesen, ein Schloß gleiches Namens, vor welchen im vorigen Tüͤrken⸗Krieg unsere Soldaten 19. Tag gelegenGemeint ist die im 14. Jahrhundert erbaute Burg Kale, auch genannt Momchilov grad.; allein der gegen überliegende Felsen verhindert, daß man bey einer Belägerung die Stadt nicht mit Stucken beschiessen kan: weil aber der Platz eng / würden die Bomben und Gra 83 Reise von Nissa bis nach Sophia. Granaten ohne Zweifel eine desto gröͤssere Würkung thun. Aus erst bemeldten Felsen quillet an unterschiedlichen Orten das hellste Wasser herfür, welches durch geheime Röͤhren unter der Erden in den Stadt⸗Graben und die Stadt selbst geleitet wird. Dann man Die schönsten Brunnen sind in der Türkey. muß wissen, daß, weil die Tuͤrken, vermoͤg ihres Gesetzes, keinen Wein trinken, sie an keine Sache mehr Geld, als an Erbau ung der Brunnen wenden, weswegen auch in der That in ihrem Lande die allerschoͤnsten anzutreffen sind, und dieses nicht allein in Städten/ sondern auch auf dem Land und andern unbewohnten Oertern, damit sich nemlich die Reisende, und diejenige, so auf dem Feld arbeiten, bey grosser Hitze wieder erfrischen koͤnnen; so geschiehet es auch wol zu Zeiten, daß das Wasser, wann es einen guten Geschmack hat, viele Meilen mit den groͤsten Unkosten durch Röͤhren in die Brunnen geleitet wird. Gemeldte Stadt ist in die Laͤnge gebauet, und allenthalben mit Morast umgeben, weswegen man auch die Land⸗Strassen mit Kieselsteinen pflastern muͤssen, weil ohne dieses die Wägen nicht wol wuͤrden fort zubringen seyn. Der Weeg von Nissa her füͤhrt üͤber zwey Brüͤcken, deren eine uͤber die Duschtina / die andere üͤber die Nissava geschlagen ist. Hundert Mann Janitscharn liegen darinnen in Besatzung; allein, wann auch gleich noch mehr darinnen wären, wuͤrden sie doch den Feind an seinen March nicht hindern, es sey dann, daß er sich selbst dafuͤr mit einer Belägerung aufhalten wolte, weil sich der Weeg nach Sophia und Hadrianopel theilet, also daß sich eine Armee ohne einigen Nachtheil zur Rechten gegen das Gebürg wenden könnte.

Als die Tüͤrken den Herrn Groß⸗Botschafter anrucken saDer Herr Botschafter wird beschossen. hen, haben sie ihre drey Stuͤcke, dann mehr hatten sie nicht, dreymal loß geschossen. Indem wir der Stadt naͤher kamen / beobachtete ich im Vorbey⸗March gegen das Schloß zu eine alte zerfallene Kirche, die sie ehemals den Catholischen entzogen hatten, welche unter ihren Ruin ihre Erretter gleichsam mit folgenden Worten anredete: Ach daß doch die Christlichen Füͤrsten alle Feindseligkeiten unter einander moͤgten beyseits legen/ und in guter Verstäͤndnus mit einander leben/ hingegen die Waffen / mit welchen sie sich selbst aufreiben, gegen den allgemeinen Feind des Christlichen Namens kehrten, und diejenige Oerter/ welche er mit groͤstem Unrecht besitzet/ der L 2 84 Erstes Buch / Sechste Abtheilung / der Kirchen und ihren rechtmaͤßigen Herrn / welchen es mit Gewalt entzogen worden / wieder zubraͤchten! Aber Jhro Röm. kais. Majestät Siege / durch einen andern Krieg verhindert. du wuͤrdest ja wol schon gerochen seyn, und dieses Wunsches nicht mehr nöthig haben, wo nicht der Aller⸗Christlichste und Gottsfürchtigste Kaiser durch eines Gotts⸗ und Ehr⸗vergeßnen Menschen böse Rathschläge, mitten im Frieden, ohne vorher angekündigten Krieg / und noch darzu mit solchen Mitteln, die man unter einem heiligen Vorwand aus den Kirchen⸗Gütern gezogen, in seinen Ländern zu derjenigen Zeit wäre angegriffen worden, da Er in einem andern und heiligen Krieg mit dem Türken war verwickelt gewesen, wobey Er freylich einer längern Ruhe mit andern nöthig gehabt hätte, wo nicht der glückliche Fortgang Seiner siegenden Waffen mitten in ihren Lauf solte gehemmet werden; dann hätte man Jhm nur noch eine kurze Zeit gegöͤnnet, wuͤrde Er Sich durch die Göttliche Hüͤlfe bald in den Stand gesehen haben, den Erb⸗Feind, welchen Er bereits von den Gränzen verjagt, ins kuͤnf Die Einwohner der Stadt und Kaufmannschaft tige allein gewachsen zu seyn, und dessen Macht zu widerstehen Doch wir erwarten nun die Erfüllung des gethanen Wunsches zur andern Zeit, und wenden uns indessen zu den Einwohnern dieser Stadt, welche gegenwaͤrtig, wie auch durchgehends in der Türkey, von Musulmäͤnnern / Raitzen / Grichen und Armeniern bewohnt ist. Diese treiben Kaufmannschaft unter einander, befleissigen sich aber dabey der Redlichkeit vielmehr, als die Christen selbst, wann diese gleich von einerley Religion sind. Jhre Wahren bestehen nur in gemeinen und zur Küͤche und Kleidung gehöͤrigen Sachen: und ihre Häuser sind um etwas weniges gröͤsser, als sonst hier zu Land gewöhnlich ist.

Wir schlugen unser Lager in einer Ebne bey dem Fluß Sredoka auf, und waren noch immer mit Bergen umgeben, davon dieser zur Rechten Baßurat / der zur Linken Widisch genennet wird, welcher noch zwey andere Namen von zweyen Spitzen füh Fruchtbarkeit des Erdreichsret, nemlich Bassari und Deposchi. Seit dem wir über die Ungarischen Gränzen kommen, haben wir noch kein fruchtbarer Erd reich als dieses gefunden, und das also angebauet gewesen ware; sintemaln die Erde vor Fetten ganz schwarz ist, auch Getraid und Wein im grösten Uberfluß daselbst wächset. Hierbey ist wol zu

bemer

85 Reise von Nissa bis nach Sophia. bemerken / daß unter den Grichen oder Raitzen dieses Landes, und Unterschied der Raitzen dieser und anderer Gegenden. denen, welche anderswo wohnen, ein doppelter Unterschied seye: der erstlich, haben sie den Gebrauch, daß, wann sie sich mit dem Heil. Creutz bezeichnen, sie nach unserer Art die Hand von der linken zur rechten Seiten fuͤhren, da hingegen die andern von der rechten zur linken gehen, theils weil sie dafüͤr halten, daß der Heil. Geist vom Vatter allein und nicht vom Sohn ausgehe; theils, weil insgemein, und zwar sehr wahrscheinlich, gelehret wird, daß Christus die Juden verworfen, und an deren statt die Heyden zu Jüngern angenommen habe. Der andere Unterschied bestehet darinnen: daß sie nach dem Exempel der alten Roͤmer, noch in Geschlechter ausgetheilet sind, also zwar, daß, wann ein Sohn zu einem solchen Alter kommt, worinnen er sich verheyrathen kan / er auf vätterlichen Grund für sich und seine Braut ein Hauß aufbaue, wann er nicht sonst schon ein leeres daselbst findet, und dieses geschiehet so vielmal, als das väterliche Erb solches zu ertragen geschickt ist; wann aber selbiges nicht mehr im Stand, was mehrers zu ertragen, muß er von dar weichen, und sich eine andere Wohnung suchen. Bey den andern Raitzen aber ist es grad umgekehrt, angesehen selbige, so bald sie sich verheyrathen, mit einem Stuͤck Geld sich muͤssen wegrichten lassen, und anders wohin ziehen, damit die gemeinschaftliche Besitzung der Güter nicht, wie es mehrentheils geschiehet, Uneinigkeit und unversöhnlichen Haß verursache.

Den 25. hielten wir Rast⸗Tag / weswegen der Herr Bot Hn. Botschafters Einladung von dem Cadi zur Fischerey. schafter samt seinem Adel und unserm Füͤhrer dem Mehemet Aga / von dem Cadi oder Richter dieses Orts in einen vor der Stadt gelegenen Garten zu einer Fischerey eingeladen worden, da sich unterdessen die andern mit der Jagd divertirten. Als ich die grosse Zubereitung zur besagten Fischerey machen sahe, bildete ich mir nicht ohne Ursach ein, es würde da nichts als Salmen, Forellen, Platteise / Hechte und andere delicate Fische zum besten geben; wie man aber darzu sahe, waren es zwey kleine Fischlein, welche diese elende Fischer mit aller ihrer Zuruͤstung erwischt, und wuͤrden sie auch diese nicht einmal davon gebracht haben, wann der Himmel nicht gleichsam selbsten ein Mitleiden mit ihrem ungeschickten Wesen gehabt, und sein helles Wetter, welches sonsten zum Fischfang nicht wol dienlich ist, mit trüben Wolken verwechselt, und also die L 3 86 Erstes Buch / Sechste Abtheilung / diese vortrefliche Fischer im truͤben Fischen lassen, jedoch gleichwol; Ein Venetianischer Soldat nimmt seine Zuflucht zu uns.wegen ihrer Unerfahrenheit, mit schlechtem Vortheil. Unterdessen kam ein Venetianischer Soldat, von Geburt ein Tyroler, zu uns, welcher neulich in Morea gefangen worden, jetzt aber seinem Herrn heimlich darvon gelaufen ware; dieser suchte seine Zu flucht bey der Botschaft, welche er auch gefunden, wiewol er sich schon aus Furcht der Pein und Grösse der Schmerzen zum Abfall bringen und beschneiden lassen, jedoch nichts destoweniger, seiner Meinung nach / im Herzen noch ein guter Catholischer Christ geblieben.

Der Türkischen Soldaten Geilheit und Muthwill. Die darauf folgende Nacht, nemlich zwischen den 25. und 26. Junii, ist kein geringer Lermen in unserm Läger entstanden, daß wir auch anfangs nicht gewust, was wir davon halten solten; endlich aber fand sich, daß die Tüͤrkischen Soldaten bey der Nacht ungefehr zu einigen Bulgarischen Weibern gerathen, und sich ihrer, wie hernach erzehlt worden, durch Versprechen zu bedienen gesucht; weilen aber diese sich beständig geweigert / haben sie Gewalt gebraucht: ob sie sich aber durch ihr Geschrey aus den Häͤnden dieser leichtfertigen Vögel errettet, haben wir so genau nicht erfahren, noch auch ihnen in ihrer Noth wegen des darzwischen liegenden Wassers, beystehen können. Sie haben auch schon dergleichen in dem Lager vor Nissa tendirt, sind aber dabey noch ungluͤcklicher als hier gewesen; sintemaln gleich einige aus dem Adel mit dem Degen in der Hand den Nothleidenden zu Hülf gekommen: wie dann sonderlich die zwey Grafen von Kollovrath und der Graf von Scherfftenberg alsobald bey der Hand gewesen, und weil sie nicht wußten, aus was Ursach der Tumult entstanden, auch wol was gefaͤhrlichers muthmaßten, mit entbloͤsstem Gewehr aus den Zelten gesprungen, ohne daß sie sich Zeit genommen häͤtten, ihre Kleider anzuziehen, zu einem unverwerflichen Zeugnuͤß, wie sie sich jederzeit wuͤrden bereit finden lassen, für die Ehre ihres Kaisers / und Sicherheit ihrer Cameraden das Leben aufzusetzen.

Den 26. dito sind wir durch enge Thaͤler laͤngst der Nissava Gelegenheit des Ortes Saribrod. fort marchirt, bis wir auf Saribrod gekommen, welcher Name nach unserer Sprach so viel heißt, als des Kaisers Bart, und ein an einem nicht gar hohen Berg hangendes Dorf ist. Gegen dem selbi Reise von Nissa bis nach Sophia. 87 selbigen über haben wir unser Läger geschlagen, und zur linken das oben oͤde unten aber und in der Mitte sehr fruchtbare Staraplamina⸗Gebuͤrg im Gesicht gehabt, welches sich bis nach Widin erstrecket: am Fuß des Berges ist ein crystallen heller Brunnen, und zwey uͤber die Nissava geschlagene Brücken, davon die eine von gehauenen Steinen, die andere aber von Eichen⸗Holz verfertiget ist. Diese letztere ist viel breiter die erstere aber desto höher, ohne Zweifel darum, damit im Kriegs⸗Zeiten im Fall der Noth eine Armee in gedoppelter Ordnung, zu Fuß und zu Pferd heruͤber gehen, und dann auch die Reisende sich der steinernen Brüͤcken bedienen konnen, wann etwan / wie es öfters geschiehet, und wir auch noch im Vorbey⸗Zug Merkmal davon gefunden, durch den von Regen und Schnee geschwellten Fluß das Land samt der hoͤlzernen Brüͤcke unter Wasser gesetzt worden. Der Commendant dieses Orts ist unserm Herrn Groß⸗Botschafter mit einigen Reutern entgegen kommen, hat seine Begruͤssung bey Jhm abgelegt, sich so dann neben den Wagen verfuͤgt, und ist bis vor die Palanka darbey her geritten. Diese Commendanten⸗Stelle aber ist ihm mit dieser Bedingung uͤberlassen worden, daß er den Ort bevestigen solte, welches er auch vortreflich præstirt: Er hat nemlich einen aus Leimen und Stroh aufgefüͤhrten Bauern Hof mit Pfäͤhlen umsetzt, selbige mit Binzen zusammen flechten und natuͤrlich einen solchen Zaun darum füͤhren lassen, wie bey uns diejenige aussehen, worinnen man Schaafe und Ziegen auf der Waide gehen laͤsst; wordurch er gleichwol zu wegen gebracht, daß dieses Befestigungs⸗Werk mit dem Namen einer Palanka belegt wird, und sich die Fremden leichtlich einen Concept von einer auserlesenen Vestung im Kopf setzen koͤnten. Die Einwohner dieses Orts und deren Benachbarte sind von Der Einwohner Freyheit. allem Tribut auf ewig befreyet, weilen sie im vorigen Krieg, da Nissa noch in unsern Häͤnden war, unsere Soldaten, so unter Anführung des Grafen Piccolomini bis nacher Sophia und Philippopoli gestreifet, und die herum liegende Landschaft mit Feuer und Schwerdt verheeret, in einer Enge umgeben, und bey dem Dorf Dragoman, als sie sichs am wenigsten versehen / mit Sichel und Hauen angefallen, und nicht wenig davon zu Schanden gemacht; den Wald aber / wo dieses vorgegangen, nennen die Türken Capi Dervent, das enge Thor: den üͤbrigen Tag haben wir hier 88 Reise von Nissa bis nach Sophia. Zwey Ringer præsentiren sich vor dem Hn. Botschafter. hier gerastet. Des Nachmittags, da der Herr Botschafter noch bey der Tafel saß, kamen vor sein Gezelt zwey ganz nackende und mit Oel bestrichene Ringer / welche auf des Mehemets Befehl Jhme ein angenehmes Schau⸗Spiel verursachten. Jch habe aber die Aufführung solcher Leute bey ihrem Kampf ausführlich zu beschreiben verspahren wollen, bis wir auf den Canal des schwarzen Meers in ein Kaiserl. Lust⸗Haus kommen, allwo wir auf Befehl des Groß⸗Sultans in Gegenwart des Groß⸗Viziers Jbrahim Bascha dergleichen Schau⸗Spiel ebenfalls mit angesehen hatten.

Am 27. Juni haben wir uns durch das felsichte Gebuͤrg Jeschewitz an der Nissava und dem zerfallenen Dorf Dragoman vorbey, wo der Weeg nach Widin gehet, nacher Chalkali / oder wie es andere von dem vorbey fliessenden Strom nennen, Slibni Ursprung der Nissava.ka begeben. Durch diesen Felsen fließt die Nissava, welche nicht weit davon aus einem Berg zur rechten Hand gegen Sophia / 4. Stund von dem vorigen Ort, entspringt, so schmal, daß man ganz bequem daruͤber hinspringen kan. Weder in diesem Dorf noch in der ganzen Gegend ist ein fruchtbarer Baum, wegen der Hitz und schlechten Beschaffenheit des Erdreichs, anzutreffen. Als wir von dar wieder aufgebrochen, kamen wir den 28. dito nach einer Reise von sechs Stunden nach Obelia, von dar wir aus unserm Lager Werbniza, so an dem Bach Philippovza liegt, und besser hin Der Türken Hoffarth und Grobheit. Jlianch sehen kunten. Jndem nun von daraus die Grafen Thierheim und Scherfftenberg in die Stadt Sophia giengen, haben sie der Türken Hochmuth und ungeschliefenes Wesen zu erst empfunden. Dann daselbst kamen sie in eines Bascha oder vornehmen Mannes Hauß / der seine Freunde auf eine Abend⸗Malzeit zu sich geladen hatte, von deme sie so gleich zu den Bedienten gewiesen wurden, bey welchen sie sich nach Gefallen lustig machen solten; weil sie sich aber billig vor besser achteten, als dieser ihre Herrn selbst, welche vermuthlich von knechtischen Eltern gebohren, und auf knechtische Weise tractirt worden, bedankten sie sich zum schoͤnsten füͤr so grosse Höͤflichkeit, und nahmen, ohne eine andere Ursach zu melden, ihren Abschied. Die Türken muthmaßten hieraus, wie die Sache an sich selbsten war, daß diese Herren von Adel seyn muͤsten, weil sie nicht mit so Beschreibung der Stadt Sophia. 89 so erbarer Gesellschaft speisen wolten, und sie derowegen wieder zuruck ruffen, invitirten sie zu sich räumten ihnen die Ober⸗Stelle ein, bedienten sie mit Rauchwerk und tractirten sie im uͤbrigen auf das höflichste. Es wurde auch selbigen Tag der Ingenieur-Hauptmann Herr von Oebschelwitz, noch in die Stadt geschickt, die Quartier für uns zu bestellen; worauf wir von Obelia nacher Sophia gangen sind.

Siebende Abtheilung.

DJese Stadt Sophia ist vom Kaiser Justinianus erbauet, Erbauung der Stadt Sophia. nicht aber von einer jüngern Sophia und Prinzeßin von des Kaisers Justini II. Gemahlin Es ist lediglich eine Tochter Justinians II. mit Namen Eudokia nachweisbar, über deren Mutter allerdings nichts bekannt ist; vgl. Head, Justinian II of Byzantium S. 29., welche mit jener gleichen Namen gefuͤhret haben soll, wie doch die Tuͤrken, als welche in der Historie schlecht bewandert, faͤlschlich vorgeben, und noch viel andere fabelhafte Sachen von dieser Jungfrau, welche wol niemal in rerum natura gewesen, erzehlen. Dann da sagen sie, es seye dieselbige lange Zeit sehr krank darnieder gelegen, weswegen sie auf Einrathen der Leib⸗Aerzte sich einen erhabenen Ort ausgesucht, wo sie gesunde Luft und gutes Wasser antreffen wuͤrde, und weil sie gefunden, daß sie in beiden Stücken allhier vergnuͤgt worden, angesehen in der ganzen Tuͤrkey kein besseres Wasser noch gesundere Luft, als hier, zu finden, habe sie zur Dankbarkeit an diesen Ort eine Stadt und nachgehends auch eine Kirche aufbauen und nach ihrem Namen nennen lassen. So wird nicht weniger von ihr erzehlt, daß / als sie vor ihres Bruders Verfolgung sich in die Kirche retirirt, und er sie eben bey dem Eingang derselbigen noch ergrieffen, auch ihr mit einem Messer / welches er bereits schon gezuckt / einen tödtlichen Stoß beybringen wollen, sie in der Kirchen⸗Thuͤr augenblicklich verschwunden seye.Über einen Sohn Justinians II. ist nichts bekannt. Sie wird auch deswegen noch für eine heilige Frau von ihnen gehalten, welche GOTT wegen ihres frommen Lebens nicht umbringen lassen, sondern von der Gefahr erretten und schnur stracks in den Himmel nehmen wollen; worzu sie noch setzen, daß der Bruder nicht weit von hier ein Schloß gehabt, wovon sie einem noch zur linken Hand, wann man von Nissa kommt, am Ende der Stadt die Mauern weisen. Die Bojana / welche andere Jscha nen nen, M Erstes Buch, Siebende Abtheilung / 90 Sophia ist die HauptStadt in der Bulgarey. nen, flieset zum Theil neben der Stadt vorbey, an einigen Orten aber auch mitten hindurch. Die Stadt selbst ist zimlich groß und Volkreich, woselbst die Bulgarischen Könige ihren Sitz gehabt, hernach aber, wo ich nicht irre, die so genannten Despoten des Königreichs Servien, und dieses so lang, als jene Familie gestanden, bis endlich Lazarus durch des Sultans Amurath Waffen erliegen muste. Nunmehr hat der Stadthalter in Thracien seinen Aufenthalt allhier, wann er im Lande ist, und nicht etwan wegen des Kriegs oder anderer des Kaisers und des Landes Affairen sich anders Der Stadthalter in Thracien. wo aufhalten muß. Anjetzo ist dem Türkischen Botschafter, so sich gegenwärtig bey dem Wienerischen Hof aufhält / diese Stadthalterschaft gegeben worden, ehe er seine Reise nach Teutschland angetretten, führt es aber mehr mit dem Namen als mit der That, nur damit dieser Groß⸗Botschafter ein groͤsseres Ansehen uͤberkäme, wann er seine drey Roß⸗Schweife in besagter Kaiserlichen Residenz vor sich hertragen liesse; dahingegen der Seraskier von Nissa den Namen mit der That besitzet.

Die Häͤuser sind allhier weit schöͤner als an andern Orten, worunter auch viele Palläste und Serrallien sind / doch alles nach Gebäu der Türkischen Palläste. Türkischer Art gebauet. Die Zimmer gehen oder henken vielmehr oben in einander, so daß man durchs Gegitter von einem ins andere sehen kan, welches vielleicht wegen der Weiber also eingerichtet ist, damit die eifersuchtigen Mäͤnner auf all ihr Thun und Lassen Achtung geben koͤnnen; sie sind zimlich klein, und in unterschiedliche Verschläge und Kästen eingetheilt. Der gröͤste Theil der Bühne ist ein Werk⸗Schuh hoͤher, als der uͤbrige; weswegen, wann man selbige besteigen will, man vor erst auf der vorhergehenden die Schuhe ausziehet; dann man muß wissen, daß die Tüͤrken den Gebrauch haben, wie ich an einem andern Ort schon gemeldet, wann sie in ein Zimmer gelassen werden, daß sie vorher die unreinen Schuhe entweder bey der Thuͤr oder dieser Staffel abziehen, welches auch Unterschiedliche Gattungen der Schuhe bey den Türken. die vornehmen Personen zu thun gewohnt sind: Zu dem Ende haben sie zweyerley Gattung der Schuhe, davon die innere an die Hosen geheftet, die äussern aber wie Stifeln gemacht sind, deren sie sich zum Ausgehen bedienen; so ist auch noch eine dritte Art bey ihnen gebraͤuchlich, die sie Paposchen nennen, und uͤber die innere anziehen, wann sie die aͤussern abgelegt haben: Jener höͤhere Theil aber ist Beschreibung der Stadt Sophia. 91 ist mit Persianischen, Babylonischen, Prusianischen oder SmyrZierde der Türkischen Zimmer. nensischen Teppich belegt, nachdem es nemlich eines jedweden Gele genheit oder Beutel zu läßt. Die Türkische Polster, so auf wölle nen Matten der Lange nach auf dreyen Seiten herum liegen, formiren ein eben so langes Bett, so sie Sofaus nennen, worauf sie fast Türkische Weise zu sitzen. den ganzen Tag, wann ihnen sonst nichts daran verhinderlich ist, müssig sitzen, ihre Fuͤsse, wie bey uns die Schneider / creutzweiß über einander schlagen, und in solcher Positur geschäftig ihren Toback rauchen: sie empfangen allhier die Gaͤste, ihre Weiber verrichten ihre Hand⸗Arbeit darauf, sie essen, schreiben und schlaffen daselbst. Dann man trifft in den Zimmern der Tuͤrken weder Sessel, noch Türkische Zimmer. Bänke, noch einigen andern Haußrath an, als etwan zu WintersZeit ein niedriges Geruͤst, das einen Tisch gleichet, und mit einem dicken Tuch bis auf die Erde bedecket ist, worunter ein irrden mit Feuer angefülltes Geschirr stehet; auf dem Land aber haben sie zu weilen in ihren Lust⸗Gärten einen aus Marmel gehauenen Brunnen, damit sie Wasser zum Waschen bey der Hand haben: in vielen Zimmern stehet auch in der Mitten ein kleiner Rauchfang, der wie ein Kegel gespitzt hinauf gehet, und etwas vorwäͤrts haͤngt, welcher von Gips gemacht, auch zu Zeiten mit Farben angestrichen und mit Gold ausgeziert ist. Das obere Getäfel nebst den Wäͤnden sind von Schindeln oder vielmehr hoͤlzernen Leisten, mit Perlen⸗Mutter eingelegt und mit Gold und Farben auf das zierlichste gemahlt, daß also manchmal dergleichen Zimmer vor etliche tausend Ducaten zu stehen kommt. Die Fenster⸗Scheiben sind in Gips oder Kalk gleichTürkische Fenster. wie bey uns mit Holz oder Bley, eingefaßt, und sehen den Fenstern in denen alten Kirchen nicht ungleich, machen eine laͤnglichte Figur, und sind oben entweder ganz oder laͤnglicht rund, auch mit Gold oder Farben bemahlt und eingebrannt, durch welche die im Kalk oder Gips formirte Buchstaben gesehen werden, sind auch manchesmal doppelt gegen einander den Wind desto besser abzuhalten. Hierdurch nun fället das Licht in die Zimmer, in den Bädern aber wird solches von oben hinein geleitet; und diese stehen so hoch üͤber den ErdHöhe derselben. Boden, als man mit der Hand reichen kan, damit ihre Weiber nicht überall herum sehen können: wann aber ja zuweilen einige niedriger stehen / sind solche entweder voͤllig mit Holz vermacht, oder doch also mit Gittern verwahret, daß man zwar von innen hinaus aber von M 2 92 Erstes Buch / Siebende Abtheilung / von ausen nicht hinein schauen kan, welches sie abermal um der Weiber wegen thun, weil sie dafür halten, daß dieses Geschlecht nicht genugsam verwahret werden könne; daher es auch kommt, daß sie ihre Zimmer wol mit hundert Schlössern versperren, und die Schlüssel darzu keinem Menschen anvertrauen, sondern selbst in ih Türkischer Weiber Verrichtung.rer Verwahrung behalten. Dann die Türkischen Weiber bekümmern sich nicht um das Haushalten, wie bey andern freyen Europäischen Völkern, sondern verwenden ihre Zeit nur auf ihre Stü ckerey / und lassen sich keine andere Sorge anfechten, als wie sie ihre Schönheit erhalten moͤgen; die üͤbrige Hauß⸗Geschäfte überlassen sie alle der Männern, welche auch aus Liebe zu ihren Weibern so gar die Kuchen versehen. Doch ist dieses nur von denen Vornehmen und Reichen zu verstehen, da es hingegen mit denen Geringen eine ganz andere Beschaffenheit hat; dann diese halten die Jhrigen an einem Ort des Gartens verschlossen, wo ihnen so leicht keiner beykommen kan, bedienen sich indessen ihrer Handreichung so gut als Türkische Weiber bedienen die Beschnittene.wir: Die Vornehmern aber gebrauchen zu dem Dienst ihrer Weiber und Kebs⸗Weiber keine andere als Verschnittene, und zwar die Ungestaltesten, als sie nur finden koͤnnen, zu was End, wird ein jeder gar leicht selbst verstehen; durch diese lassen sie ihnen ihr Essen, aber gleichwol nur durch ein hoͤlzernes Gitter, reichen, gleich als bey unsern Closter⸗Jungfrauen gebräuchlich ist, wann ihnen von ausen etwas zugebracht wird. Dieser Leute darfen sie sich ohne Scheu zu ihren Bothen, zu ihren Dolmetschen, an ihre Freundinnen, zu ihren Zeitungs⸗Trägern und endlich gar zu ihren Hauß⸗Narren gebrauchen, wann sie sich nur dabey in acht nehmen, daß sie sich nicht gemeiner mit ihnen machen, als ihre Männer oder Herrn vertragen köͤnnen.

Jn der Mitte des obern Hauses ohnweit der von diesen jetztbeschriebenen Zimmern gelegenen Stiege ist gemeiniglich ein weiter Gang oder Platz für die Bediente, gleichwie unten her für die Pferd und andere Thiere. Dergleichen Pallast hatte auch der Des Herrn Groß⸗Botschafters Logis zu Sophia Beschaffenheit. Herr Groß⸗Botschafter innen, welcher so groß war / daß zwey Cüraßier⸗Regimenter samt Pferde und Wäͤgen, nebst aller Bagage Platz genug darinn wüͤrden gehabt haben; nichts destoweniger räumten sie uns noch mehr andere Häuser ein, damit wir unsere Bequemlichkeit desto besser haben, und die bevorstehenden Strapaz zen Beschreibung der Stadt Sophia. 93 zen der noch vor uns habenden Reise desto leichter ertragen koͤnnten. Der Groß⸗Sultan hat im letzten Krieg, als Belgrad von den Unsrigen belagert gewesen, mit seiner ganzen Hofstadt hier logirt, um den Verlauf der Belagerung allda abzuwarten Als der EngelDes GroßSultans Pallast zu Sophia wird dem Engelländischen und Holländischen Gesandten abgeschlagen. ländische und Holländische Gesandte von dem zu Passarowitz geschlossenen Frieden wieder zurück gekommen, und nach Adriano pel wolten, haben sie allhier um diesen Pallast für sich und ihre Suite Ansuchung gethan, aber nichts erhalten köͤnnen, weil nicht leicht jemand in eine Kaiserliche Wohnung, wie diese ist, eingelassen wird. Jn demjenigen Zimmer, allwo der Herr Groß⸗Botschafter Audienz zu ertheilen pflegte, sahe man zur rechten an der Mauer ein Weyrauch⸗Vaß, als wann es an der obern Schwelle GesichtWendung der Türken bey ihrem Gebet.einer Thüͤr hienge, fast auf diejenige Art, wie zu Mecha oder Kiblach / nach ihrer Art zu reden, bey dem Grab Mahomets dieses Zeichen vorhanden ist, also daß es zu muthmassen, es seye dieses Zimmer eine Tuͤrkische Capelle gewesen, wo sie taͤglich ihre gewoͤhnliche Gebete verrichtet haben. Durch dieses Zeichen aber werden die fremd ankommende Tuͤrken, welche die Gelegenheit des Orts nicht recht innen haben, angewiesen, gegen welche Seiten sie sich bey Verrichtung ihres Gebetes wenden sollen/ nemlich gegen diejenige / welche, gegen Ciroccum schauet, und zwischen Orient und Mittag lieget. Unter dem Weyrauch⸗Faß kunte man diese in Tüͤrkischer Sprach gesetzte Worte lesen: Bunung deruninde kimesne bulunmaz ki hamdii senai chuda ve Resuli etmeje; welche im Teutschen also lauten: Hier soll sich niemand einfinden / der das Lob GOttes und seines Propheten nicht ausspricht. Unsere Priester haben im nechsten Zimmer Messe gelesen, und sind vielleicht die ersten gewesen, die dergleichen daselbst verrichtet, weil sonst niemaln eines Christlichen Füͤrsten Gesandter allda beherberget worden. Aber was machen wir so lang in den Haͤusern, laßt uns vielmehr wiederum unter freyen Himmel in die Stadt kehren.

Allda florirt die Handlung gar sehr, welche mehrentheils in deKauf⸗Häuser. nen offentlichen Läden oder Kauf⸗Haͤusern, so sie Bezestene nennen, und von puren Stein aufgefuͤhrt, gewoͤlbt und vor dem Feuer wol verwahrt sind, in schoͤnster Ordnung getrieben wird. Eine jegliche Sache hat ihren gewissen Platz; und der meiste Theil der Kauf M 3 Erstes Buch / Siebende Abtheilung / 94 Kaufleute sind so wol hier, als zu Constantinopel und anderwerts Grichen und Armenier, also daß bey nahe alle Sachen der Türken Janitscharn treiben Kaufmannschaftdurch Fremde geschlichtet und gehandelt werden. Dann gibt es auch einige alte Janitscharn durch das ganze Reich, darunter aber viele ihre Fahne niemal zu Gesicht bekommen, welche Vorkäuffer und Krämer abgeben. Diese, nachdem sie von ihren Officiern, denen sie doch niemaln ins Feld gefolgt, vermittelst eines Patrons, eine Urkund erbettelt, oder solche mit einem Stüͤck Geld erkauft, werden von allen Auflagen auf ewig frey gesprochen, hingegen andere dardurch nur desto mehr beschwehret: es nennen die Tüͤrken solche Leute Ostorakes / welches eben so viel als Leute, die den Sold und die Freyheit der Soldaten geniesen, und doch nicht ins Feld ziehen, so aber dem ersten Ursprung gerad entgegen laͤuft; dann dazumal wurden solche Freyheiten denen allein gegeben, welche im Krieg ihre gesunde Glieder verlohren, und nicht mehr dienen kunten: anjetzo aber siehet man eine erstaunliche Menge solcher muͤssigen Soldaten, von guter Gesundheit und Kräften, unter dem Namen der Ostoraken herum schwermen, und den gemeinen Säͤckel erschöͤpfen / anbey des Reichs Einkünften zu was ganz anders, als zu Un Nissa der Stadt Sophia sehr nachtheilig.terdruckung der Feinde anwenden. Diejenige / welche vom Türkischen Policey⸗Wesen gute Erkänntnis haben, wollen schon zum Voraus sehen, daß durch Wegnehmung der Vestung Belgrad der Stadt Sophia völliger Ruin bevor stehe, und mit der Zeit alle Handlung von dar nach Nissa werde gezogen werden; weil es ganz natürlich, daß es einem Land mehr einträͤgt, wann lieber der Gränz⸗Platz, als ein anderer / der tiefer im Land liegt, zur Niederlag der Handelschaft gemacht wird, angesehen von daraus die Wahren gleich genommen und auch mit geringern Unkosten durch einen kuͤrzern Weeg wieder hinein gefuͤhrt werden koͤnnen. Gebäu der Stadt Sophia. Die Gassen dieser Stadt seynd sehr enge, ungleich, unflätig, und nur zu beiden Seiten, wo man gehet, mit Kiesel⸗Steinen ge pflastert; man siehet auch viel Brunnen darinnen, welche aus der gemeinen Cassa erbauet und auch daraus erhalten werden. Ein jegliches Hauß hat fast seinen Garten, in welchem die Bäͤume und Stauden in so grosser Menge stehen, daß man von ferne meinen solte, man sehe in einen Wald, oder in eine mit einem Wald um gebene Beschreibung der Stadt Sophia. 95 gebene Stadt. An denen vielfäͤltigen Thuͤrnen auf den Moscheen Der Türken Moscheen. solte sich einer auch wol einen steinern Wald vorstellen koͤnnen; diese, wie auch die runde an die Kirche oft bey 50. angehenkte kleine Gewölber, sind alle mit Bley bedeckt, die Zinnen darauf verguͤldet, und machen damit der Stadt von weiten ein propres Ansehen; auf welchen gedachten Zinnen ein wachsender Mond stehet, gleichwie wir uns auf unsern Kirchen der Creutze bedienen. Jm uͤbrigen ist die Stadt weder mit Mauern noch Wall umgeben, ob gleich die Gelegenheit des Orts und Gleichheit des Erd⸗Bodens zu einer Vestung sie nicht ungeschickt machte: man kan demnach zu Nachts so wol als bey Tag hinein kommen: wann aber diese Stadt mit Mauern versehen wäre, koͤnnte man wegen der mit Getrayd besäeten und mit Weinreben besetzten weiten Feldern vielleicht von ihr sagen, was jener von einer andern Stadt geurtheilet, daß Ceres und Bacchus ihre Wohnungen in deren Ring⸗Mauern aufgeschlagen hätte. Der Hazeln, Dohlen und Turtel⸗Tauben gibt es hier zu Lande so viel, als bey uns der Fliegen in den warmen Sommer⸗Tägen; und sind sie dabey durch die ganze Tuͤrkey so zahm, als wie bey uns die Huͤner, Pfauen Gänße und anderes zahme Gefluͤg, welches ohne Zweifel, sonderlich in Ansehen der Turtel⸗Tauben, daher kommt, weil die Türken diese vor heilig halten, und es als ein Verbrechen anrechnen wuͤrden, wann man sie beleidigen wolte, weswegen sie sich ohne Hindernis vermehren koͤnnen.

Unser Einzug in diese Stadt war, wie alle folgende, demjeniEinzug in die Stadt Sophia. gen, welchen wir in die Stadt Nissa gehalten, ganz gleich: die Trompeten wurden geblasen, die Paucken liesen sich hören, die Fahnen flogen an ihren Stangen herum, und die nur mit weisen Stecken versehene Janitscharn giengen vorher, das Volk abzuhalten. Wie aber der Kaiserlichen Groß⸗Botschaft zu Ehren der völlige Türkische Adel selbiger Provinz, nemlich die vornehmen KriegsOfficiers, Richter, Geistliche (dann von keinem andern Adel, als der in dergleichen Bedienungen stehet, wissen die Tuͤrken was,) vor Der Herr Groß Botschafter laͤßt sich anmelden. die Stadt heraus ruckte: also schickte der Herr Groß⸗Botschafter hinwieder zwey von seinen Edelleuten, den Herrn von Franken und Managetta / samt einem Dolmetsch zum Landrichter, den sie Molloch nennen, und zum Mußelim/ der des Seraskiers Stelle versiehet, im Namen des Herrn Groß⸗Botschafters sie zu begrüs Erstes Buch / Siebende Abtheilung / 96 begrüͤssen, und Dessen Ankunft zu vermelden; worauf sich selbige bald eingefunden und ihre Ergebenheit und Bereitwilligkeit zu allen Geschenke derer von Sophia an den Hn. Groß⸗Botschafter. Diensten und Gefäͤlligkeiten dem Herrn Groß⸗Botschafter offerirt, und die gewoͤhnliche Geschenke von Blumen und Fruͤchten durch ihre Leute überbringen lassen. Sie liessen es aber dabey nicht bewenden, sondern haben Sr. Excellenz noch besondere Geschenke gemacht mit einem Aschen⸗farben gesprenklichten Pferd von ungemeiner Schoͤnheit und Tugend; dann auch einem eisernen zur Reiß Eiserner Stuhl ein wichtiges Geschenk. nicht unbequemen Lehn⸗Stuhl, worauf ein Blut⸗rothes atlaßes mit gelben Franzen umgebenes und eingefaßtes Küͤssen gelegen, mit wel chen sie nur die Vornehmsten des Reichs, als dem Groß⸗Sultan / Groß⸗Vizir / Beiglerbey / Baschen / Sangiacbey / und üͤbrigen Stadthaltere und Regenten zu beschenken pflegen. Aber Kostbare Geschenke der Edelleute. die zwey abgeschickten Edelleute haͤtten sich wol nicht sollen traͤumen lassen, mit was für einem besondern Praesent sie wuͤrden regalirt werden; es bestunde aber selbiges in ein paar Taback⸗Pfeiffen, deren Röhren mit blauer, Feuer⸗ und Rosen⸗rother, gelber, dunkelbrauner, Aschen⸗ und Viol⸗färbiger duͤnner Seite, wie auch mit getriebenen oder geschlagenen Metall etlichmal umwunden gewesen; und was die Kostbarkeit vermehrt, war dieses, daß diesem Geschenk ein artiges scheckigtes wol gemäͤstes Kaninchen erst das rechte Gewicht und Ansehen geben muste, worein sie sich entweder alle beide theilen oder darum losen mogten, wessen es seyn solte. Allein es ist sich daruͤber nicht zu verwundern, angesehen die meisten Geschenke der Türken von dieser Art sind, da gaben sie einem bald einen halbgebundenen Blumen⸗Strauß; bald ein halb⸗seidenes Schnuptuch, davon das Dutzend, wol gerechnet, um ein paar Thaler zu stehen kommt; einen Sack darein man Taback fassen kan, Käß, Milch, und was dergleichen Schleckereyen noch mehr sind; und bey aller dieser Filzigkeit wollen sie noch darzu für sehr freygebig angesehen seyn, und verlangen, daß man sich verwundern soll, weil sie sich so sehr JanitscharnWacht.verunkostet haben. So oft einer aus dem Hauß gehen wolte, sich etwas einzukaufen, oder sich sonsten umzusehen, nahm er zu seiner Sicherheit einen Janitscharn mit sich, der den ungestuͤmmen Poͤbel abhalten muste. Selbige hatten die Wacht vor des Herrn GroßBotschafters Wohnung / damit niemand anders, als der daselbst was zu verrichten hatte, sich hinein tringen moͤchte; so wurden auch in Beschreibung der Stadt Sophia. 97 in die übrige Häuser Janitscharn verlegt, damit man sie bey der Hand hätte, sich ihrer im Fall der Noth zu bedienen.

Den 30ten hielten wir zu Sophia still, und wurden indessen die Wagen geändert, neue Vorspan ausgetheilt, und ein Both nach Nissa mit Briefen geschickt, davon einer auch an dem Se Des Mollochs Besuch an den Hn Botschafter.raskier gerichtet war. Der Landrichter, oder Molloch/ kam mit seinem fuͤnf oder sechs jäͤhrigen Sohn, dem Herrn GroßBotschafter eine Visite zu geben, welche beide einen Bund, der etwas breiter war, als die Gemeinen zu tragen pflegen, auf den Kopf hatten; und weil auch daran die gruͤne Farb zum Vorschein kam, solte man daraus abnehmen, daß sie von Muhamet abstammeten, weil niemand als dessen Geschlecht solche Farb an ihren Bünden führen darf. Vor Zeiten hielte man sehr viel auf diese Emir / oder Euladi Resuli / wie sie mit einem andern Na Emir / wer sie seyn? men genennt werden, absonderlich da dieses Reich noch in seinem Anfang und an der Abstammung kein Zweifel war; heut zu Tag aber ist es in solches Abnehmen und die Geschlechts⸗Linien in solche Ungewißheit gerathen, daß in Egypten wenig Eseltreiber und Stall⸗Knechte seyn / welche nicht aus selbigem herzustammen praetendiren; und wann die Welt nur noch wenige Secula stehen solte, duͤrfte es wol darzu kommen, daß eben so wol alle Muselmäͤnner Muhamets Enenkel genennt wuͤrden, als man uns ins gesamt AdamsKinder heißt: Und dieses so wol darum / weil dieses Geschlecht durch die Männer und Weiber fortgepflanzt wird, und derjenige, der eine Mutter aus diesem Geschlecht gehabt, so wol füͤr einen Nachkommen Mahomets zu halten ist, als derjenige, dessen Vatter davon herstammet; als auch deswegen, weil sich taͤglich viele von dem Nakib Eschrel / Vorsteher gedachten Ordens, diese Ehren⸗Zeichen mit Geld erkaufen, der ihnen dafuͤr falsche Briefe ertheilet, worinnen er ihr altes Herkommen weitläͤuftig behauptet. Sie werden aber hierzu desto begieriger gemacht, weil dieses Geschlecht unter Freyheit der Emir. ihnen vor heilig gehalten wird, und um eben dieser Ursach willen von der weltlichen Obrigkeit ihnen grosse Freyheit zu erkannt worden, wornach ihnen allen der Mund waͤssert, ob schon die wenigsten davon deutlich darthun köͤnnen, daß sie von Muhamet abstammen. Unter andern Vorzug war dieser nicht der geringste, daß kein anderer Türk um einiger Ursach willen, bey Verlust seiner rech Erstes Buch / Siebende Abtheilung. 98. rechten Hand, einen Emir mit Schlägen tractiren durfte; wann aber dieser einen andern beleidiget hatte, muste man ihn bey ihrem Vorsteher verklagen, welcher seine eigene Stadt⸗ und HenkersKnechte hat, und über ihr Leben und Tod wie ehmal, also auch noch heutiges Tags, richten kan. Aber nunmehro ist diese Furcht, einen Emir zu schlagen, völlig verschwunden: dann nachdem sie vermerket, daß ihre Anzahl so wol als ihre Verwegenheit von Tag zu Tag zu nehme, sintemaln der Nakib ihre Parthey hält, und dabey solche Freyheiten einem jedweden seines Gefallens überläßt / nur damit er seine Botmässigkeit desto weiter ausbreite, auch niemand öffentlich straffet, damit dem Geschlecht nicht ein SchandFleck angehenkt werde, haben sie endlich dieses Joch von sich geworfen und hierinnen ihre Freyheit behauptet; wie dann auch diejenige, welche eine subtilere Nase haben, und hinter die Streiche dieser Emir gekommen, sich kein Bedenken machen, bey sich ereigneten Fall sie mit druckenen Faͤusten oder andere Manier tapfer abzuschmieren; und damit sie gleichwol Respect vor den gruͤnen Bund haben, nehmen sie ihnen denselbigen vorher mit aller Ehrerbietung vom Kopf, und legen ihn mit einem Kuß vor sich hin. Einen andern Vorzug aber behaupten sie noch heutiges Tages, daß, wann der Sultan selbst zu Feld ziehet, oder bey einer öͤffentlichen Verrichtung sich sehen lässet, der andere Vorsteher ihres Geschlechts / Alemdar genannt, Jhme die grüne Fahne des Muhamets vorträgt. Im übrigen köͤnnen sie sich zu allen Aemtern gebrauchen lassen, wie es auch in der That geschiehet; doch haben die wenigsten zur Kaufmannschaft ein Belieben, auser zu derjenigen, welche Esirgi genennet wird, und im Kauf⸗ und Verkaufen der Sclaven bestehet, worzu sie alle von Natur geneigt sind / weilen dabey von der Aufnehmung und Behaltung der Christen in die Dienstbarkeit gehandelt Geilheit der Emir wider die Natur. wird, welches sie für kein geringes verdienstliches Werk halten. Sie sind anbey zu nichts so sehr als zur Sodomitischen Suͤnde geneigt, und der Knaben⸗Liebe überaus ergeben, worinnen sie auch die Tartarn selbst übertreffen.

Gespräch des Hn.Botschafters mit dem Molloch. Doch laßt uns wieder zu dem Herrn Botschafter kehren; diesen treffen wir in einem Gespraͤch mit dem Molloch oder Landrichter von dem Glauben, Gebraͤuchen und Sitten der Juden an, wie sie, nachdem sie unsern Heyland / welchen die Türken selbsten für Beschreibung der Stadt Sophia. 99 für einen grossen Propheten, der nur dem Muhamet allein nach zu setzen sey, danebst für einen heiligen und vollkommenen Mann hal ten, zum Tod verurtheilet, und an den schäͤndlichen Creutz⸗Galgen gehenket, zur Straffe ihres begangenen Buben⸗Stuͤcks nunmehr keinen beständigen Sitz und Aufenthalt unter den Volkern mehr finden, sondern allenthalben ohne eigenen Heerd und Fuͤhrer herum irren / und bey nahe aus allen Ländern verstossen sind: wie diese gottlosen Leute auf nichts anders bedacht, als wie sie jederman mit Betrug hinter gehen, und ihre Güter an sich bringen moͤgen. Diesen Discours aber hat der Herr Botschafter um keiner andern Ursach willen vorgenommen, als den Landrichter allgemach dahin zu disponiren, daß er ihm zur Erledigung einer Christin, welche, wie Er vernommen, von einem Juden in seinem Hause eingeschlossen und gefangen gehalten wuͤrde, desto willfaͤhriger, und mit wenigern Unkosten, verhelfen moͤgte. Dann was für Zeit die Kaiserliche Geschäfte dem Herrn Groß⸗Botschafter noch uͤbrig liesen, verwendete er auf die Ausübung Christlicher Liebes⸗Werke, hielte eine fleissige Nachfrag nach gefangenen Christen, und suchte sie wieder in ihre Freyheit zu stellen. Er unterhielte mit grossen UnLiebe des Hn. GroßBotschafters in Erledigung der Gefangenen. kosten Leute / welche die ganze Stadt durchlaufen und Jhme einenso unschuldigen Raub durch eine noch heiligere Hinterlist verschaffen musten. Und damit die Tuͤrken auf diejenige, welche Jhm dergleichen zu weege brachten, keinen Argwohn haben kunten, als welche sie sonsten mit Schlägen grausam wuͤrden tractirt haben, hat er solche Leute durch eine hintere Thüͤr und heimliche Stiegen zu sich bringen, und durch eben dieselbige wiederum fort gehen lassen. Diese angewendte Müͤhe und Sorgfalt ist auch nicht vergeblich gewesen, sintemaln dardurch füͤnfe ihre Freyheit erlanget, ohne daß jemand von den Angebern wäre ausgekundschaftet worden; unter denen einer ein Oestreicher, von Jps an der Donau gebüͤrtig, gewesen, und vor fuͤnf Jahren von den Tüͤrken mit Gewalt beschnitten worden, aber sich gleichwol zu ihrer Religion weder mit dem Herzen noch mit dem Mund bekennet. Bey dieser Gelegenheit hat der Herr Graf Hn. Grafen von Thierheims Großmuth gegen eine Gefangene. von Thierheim seine Großmüthigkeit und Christliche Liebe gegen die Bedrangten gleichfalls erwiesen, angesehen er eine gefangene Frau, welche zu des Herrn Botschafters Quartier seine Zuflucht genommen, 6. Türken aber selbige wieder zuruck ziehen wolten, mit entbloͤ sten Erstes Buch / Siebende Abtheilung / 100 sten Degen von solcher Gewaltthätigkeit errettet, und zugleich das Völker⸗Recht vertheidiget, welches nicht will, daß eines Botschafters Quartiers⸗Freyheit durch einige Gewaltthätigkeit solle verletzet werden.

Nun wollen wir uns aus der Stadt in die Kirche begeben, Kirche zu Sophia. welche ebenfalls von obgedachter Sophia / wie sie vorgeben / erbauet worden.Driesch meint die Sophienkirche, die in ihrer heutigen Form auf Justinian I. zurückgeht. Jedoch wurde sie nicht einer bestimmten Heiligen, sondern - ähnlich wie die Hagia Sophia in Istanbul - der "göttlichen Weisheit" geweiht. Unterhalb der Kirche befindet sich eine ausgedehnte frühchristliche Nekropole. Darinnen soll ihr Sarg noch bis auf diese Stunde in dem obern Theil mitten in einem Gewoͤlb aufgehalten werden, und daraus ein sehr angenehmer Geruch, nach der Tüͤrken eigenen Geständnis, herfür gehen; doch kan man denselbigen nicht mehr sehen, weil er mit einer Mauern verbauet ist: sie halten dafür, daß etwas Göttliches darinnen müsse verborgen seyn, weswegen sie auch zu Verehrung dieses Coͤrpers bewogen werden. Es zeiget so wol die Art des Gebäues, als dessen Gestalt, Eintheilung Schiff, Sacristey und anderes, daß dieselbige ehmaln denen Christen zu ihrem Gottesdienst gedienet habe; jedoch ist nicht zu läugnen, daß der Thurn und die Decken in der Kirche. daran liegende Gewöͤlbe von den Tüͤrken aufgebauet worden. Die ganze Kirche ist mit dem feinsten Matten oder Decken von Binzen belegt, in derselbigen aber gegen Orient, wo unsere Vorfahren das Allerheiligste aufbehalten hatten, ist das Grab des Erz⸗Betrügers Muhamet zu sehen, und viele von desselben luͤgenhaften Schrifften daselbst zu finden. Auf dem Esterrich liegen hin und wieder Schaafs⸗Häute, deren sich verlebte und vornehme Personen bedienen, damit sie nicht, wann sie mit uͤber einander geschlagenen Füͤssen mit dem ganzen Leib auf der Erden liegen, von dem kalten Boden und dessen heraus steigenden Dämpfen schaden nehmen. An einem hohen Fest wird der ganze Boden mit Persianischen Teppichen belegt. Jch habe auch nachgehends in einer andern vornehmen Moschee dieser Stadt, die von Mahumud Bascha erbauet worden, und von dem sie auch gleichwie die Unsrigen von dem ihnen gewiedmeten Heiligen, den Namen füͤhret, Decken gesehen, welche, da sie auf des Herrn Botschafters bezeigten Verlangen ausgebreitet worden, sechs Eln breit und so lang gewesen, daß sie von einem Ende der Kirchen bis zum andern gereichet hat; und versichert uns derjenige Kirchen⸗Diener, welcher uns solche gezeigt wie er von seinen Vorfahren verstanden, daß diese Decken schon laͤnger als ein ganzes Sæculum von ihnen gebraucht worden, und wann er 101 Beschreibung der Stadt Sophia. er genau rechnen wolte, sie nunmehro schon 176. Jahr dieneten; gleichwol waren sie nicht so abgenutzt, daß sie nicht noch viel laͤnger solten dauern können: es ware das Geweb daran nicht nur sehr dicht, sondern auch sehr schoͤn und fein.

Jn beiden Moscheen stunden zwey Predigt⸗Stuͤhle, von welchen sie die gewoͤhnlichen Reden oder Predigten an das Volk halten: davon der eine etwas niedrig, als dessen sie sich taͤglich bedienen, und mit dem Alcoran, und dessen Auslegern, auch vielen andern Bet⸗Büͤchern angefüllet ist: der andere aber erhabener, und oben mit einer Cron bedeckt, auf welchen man durch viele Staffeln steiget; und wie von jenen ihres luͤgenhaften Propheten Irrthuͤmer und falsche Lehren verlesen werden: also muß dieser zu ihren predigen dienen. Neben diesem Predigt⸗Stul war nur in der ersten Moschee ein mit höͤlzernen Gegitter vermachtes Zimmer, welches um eine Staffel höͤher als der uͤbrige Theil der Kirche, auch mit Tapezereyen behängt und belegt, und zum Dienst des Groß⸗Vizirs, oder andern Baschen, wann sie zugegen, ausersehen ist; in beiden aber ist ein Verschlag für die Weiber gemacht. Jm übrigen wird man weder in dieser noch einiger andern Moschee etwas von Zierrath finden, ausser etwan etliche in Gestalt eines Circuls in den Gewoͤlben herum haͤngende Ampeln, deren oft mehr bey einander sind, und von Gläͤsern, verguldeten Kugeln, Straussen⸗Eyern, Muscatnuͤssen von seltsamer Grösse, unterschieden werden; einen Brunnen zum waschen, kupferne mit Wachs⸗Lichtern versehene Leuchter / des Muhamets auf eine Tafel gemahltes Grab, wie es in der Mecha zu sehen; der Weeg zum Paradeiß und zur Höllen; die Stauden, so der Erz⸗Betrüͤger gepflanzet haben, und nach der mehresten Tüͤrken Meinung noch heut zu Tage grünen solle; und endlich auch des Ebbubecker / Ausleger der Muhameitschen Lehre. Omar / Osman / Hali / als ihrer vier vornehmsten Lehrer Namen, oder einige aus dem Alcoran gezogene und mit Finger⸗ und Ehlen⸗langen Buchstaben geschriebenen Stellen, welche die von mir oben angezogene Stücke noch mehr erläͤutern. Dann nachdem Muhamet einmal bey sich beschlossen, einen neuen Glauben und Gesetz aufzurichten, welches zwar nach vieler Meinung von dem Münch Sergius soll verfaßt worden seyn, hat er dabey überall den HErrn Christum, als einem seinen Vorgeben nach groͤssern Prophe Muhamet des HErrn Affe. ten als Moyses und alle andere, aber doch kleinern als er selbst, Christi zu N 3 102 Erstes Buch / Achte Abtheilung / zu imitiren sich befliessen. Dannenhero wie nach unsers Heylands Tode und Entziehung Seiner sichtbarlichen Gegenwart sich vier Evangelisten gefunden, welche die Worte ihres Meisters, oder den von Jhm gepredigten Glauben, in ein Buch eingetragen, und das neue Gesetz solte genennet werden, davon das alte nur ein Schatten und Vorbild war: also haben auf gleiche Weise die des Muhametanischen Aberglaubens ergebene Leute diese vier Männer aufgebracht, über den von ihm erdichteten Glauben und neue Lehre eine Auslegung zu machen; und ob sie schon in vielen Stucken von einander abgehen, werden doch nichts destoweniger ihre Meinungen für recht und orthox gehalten. Es sind auch in diesen Moscheen weder Bänke zum sitzen, noch Altäre, ausser zu Mecha, wo derselben viere anzutreffen, und GOtt für die Erhaltung dieser vier Lehren und deren Nachfolger unaufhöͤrlich dabey angeruffen wird. Ricot. de Statu Imperii Turcici, L. II cap. 10.So findet man auch keine Bilder daselbst, sintemaln solche von ihnen entweder weggeschaft oder ausgekratzt worden; und schelten die Catholischen Christen deswegen für Götzen⸗Diener, weil sie in ihren Kirchen Statuen oder gemahlte Bilder dulten, welche sie auf keine Weise vertragen koͤnnen. Mich duͤnkt aber, die Tüͤrken haben sich deswegen schlecht vorgesehen, indem sie die Bilder aus ihren Kirchen und von ihren Altären verbannet, und doch gleichwol die Namen davon, welche eben dieselbige Wuͤrkung haben, und demjegen, der an sie gedenket, wiederum in das Gedaͤchtnis bringen, nicht mit weg geschaffet.

Achte Abtheilung.

Christliche Unterthanen zu Grublian. NAchdem wir nun zu Sophia ein paar Tag ausgeruhet, sind wir den 1. Julj nacher Grublian aufgebrochen, welcher Ort zwey Stund von dar, an dem Fluß Jokaro gelegen ist, über dessen zwey höͤlzerne Brüͤcken wir unsern Weeg genommen, und das Läger also aufgeschlagen, daß wir ein Dorf zur rechten, eine anmuthige Wiese zur linken Hand, und gemeldten Fluß, welcher weder breit noch tief, aber von einem sehr schnellen Lauf ist, im Rucken hatten. Ein anderer Fluß, die Mühle im Dorf triebe, war von der grossen Hitze so ausgetrucknet, daß er Reise von Sophia bis nach Philippopel. 103 er kaum die darinn liegende Steine bedeckte: der meiste Theil Unterthanen daselbst sind Raitzen, und auch der Raitzischen oder Grichischen Religion zugethan, welche zu uͤben sie nur in ihren Haͤusern zusammen kommen, nachdem ihre oͤffentliche Capelle von den Tuͤrken schon laͤngst zerstoͤret worden, deren Ruin samt den entbloͤßten Altären und Pfeilern, wie auch die ihrer heiligen Bilder beraubte Stellen nicht ohne Mitleiden angesehen werden koͤnnen, welche letztere/ wann sie reden koͤnnten/ ohne Zweifel ihre alte Oerter und vorige Verehrungen wieder begehren wuͤrden. Die Haͤuser daselbst sind noch kleiner, als man an andern Orten findet, und nur aus Rohr, Halmen, Stroh und Holz zusammen gefüͤgt; doch ist das Wasser daselbst so gesund, als fruchtbar der Erd⸗Boden sich zeiget: durch diese blickte eine Art von Metall herfuͤr, so man Talk nennt, und Kupfer hält, wie Herr Dorschaus, ein in der Chymie wol erfahrner Mann, behaupten wolte. Noch ehe man hieher kommt, siehet man etwas zur rechten Hand den Witoscha⸗Berg, von welchem Des Witoscha⸗Bergs Merkwuͤrdigkeiten. etwas zu gedenken sich der Muͤhe wol verlohnet: Es erstreckt sich seine Höhe bey vier Stunden, und hat gleich unten vier unterschiedliche warme Bäder, so dieser Orten sehr beruͤhmt sind, auch etliche Döͤrfer, Aecker, Wiesen, und Weingärten / und dieselbige nicht allein unten, sondern auch so gar zu oberst auf seinem Gipfel; man kan aber auf solchen einen so grossen Unterschied der Luft antreffen, daß man dabey alle vier Jahrs⸗Zeiten bemerken wird: unten, wo man durch eine Ebene auf den Berg gehet, spuͤhret man die gröste Hitze, so daß das Graß und die Erde von der Sonnen ganz verbrannt oder doch völlig ausgetrocknet ist; auf den obern Theil findet man den annehmlichen Frühling, wo die Narcissen, Violen, und andere Blumen den lieblichsten Geruch von sich geben; in den Wäͤldern trifft man die Fruchtbarkeit des Herbstes an; die rauhe Winters⸗Zeit aber zwischen den Felsen und Stein⸗Klippen, deren eine dermassen an die andere stosset, und auflieget, daß es scheinet / es seye dieses kein Werk der Natur, sondern der Kunst, und die poetische Fabel damit bekräftiget, als ob durch die Riesen der Berg Oßa auf den Berg Pelius getragen worden. Zwischen diesen liegt der tiefste Schnee, welcher durch die Winter⸗Käͤlte also zusammen gefrohren, daß er auch bey der gröͤsten Sommer⸗Hitz und in den Hunds⸗Tägen niemaln ganz zergehet: die davon herab fallen de Erstes Buch/ Achte Abtheilung / 104 de Bäche, so theils aus der Erden herfür dringen, theils von den jähen Klippen mit grossem Getoͤß herunter stuͤrzen, verursachen auf denen obern Wiesen grosse Lachen. Von den benachbarten Ackersleuten werden viele tausend Pferde und Schaafe dahin getrieben, denen es gleichwol an Weide im geringsten nicht fehlet. Es befinden sich auch Erz⸗Gruben auf diesem Berg, aus welchen Eisen in grosser Menge gegraben wird; in der Hoͤhe aber gibt es den schoͤnsten Prospect auf die unten herum liegende Felder.

Den 2. Julj kamen wir nach Jenihaan / oder Novihaan / einem füͤnf Meil von Sophia entlegenen Flecken; von dannen wir den 3ten weiter üͤber Wokerela nach Jchtiman oder Jhliman giengen. Dieses Jchtiman mag seinen Namen vielleicht von einem daselbst geschlossenen Frieden bekommen haben, weil es auf Teutsch eben so viel als ein Friedens⸗Bündnis bedeutet. Der rauhe Weege und die täͤglich anwachsende Sonnen⸗Hitze hat unsere bis Reise bey der Nacht. her bey Tag fortgesetzt⸗ als nachgehends bey der Nacht vorgenommene Reise um ein merkliches verhindert; angesehen wir gemeiniglich zu Mittag, wann die Hitze am stärksten zu seyn pflegt, still gelegen, hingegen um vier, zwey, zwölf und auch zehen Uhr in der Nacht aufgebrochen sind. Die Moscheen, Bäder und Brunnen habe ich an bemeldten beiden Oertern eben also wie anderwäͤrts befunden: die Haanen oder gemeine Herbergen wurden auch mit gemei Gemeine Herberge zu Jenihaan.nen Geld erbauet und unterhalten; und habe ich zu Jenihaan ei d n e dermassen grosse angetroffen, daß 900. bis 1000. Pferde oder Joch⸗Ochsen gemächlich darinnen stehen können. Jndem wir hier zu Jchteman einen Rast⸗Tag hielten, und andere auf die Jagd ausgiengen, habe ich derweilen die maͤnnliche und weibliche Tracht der Bulgarn, deren noch viele hierum unter den Tuͤrken wohnen, Kleider der Bulgarischen Männer. etwas genauer untersucht: Die Mannsbilder tragen / wie die Raitzen in Servien, ein kurzes wüllenes Wammes, mehrentheils von blauen oder weisen groben Tuch, und lange Hosen von eben dergleichen Farb; an diese sind die Strumpfe genähet, über welche sie ein Stück Fell oder Leder ziehen, so sie mit vielen Stricken fest binden, und ihnen an statt der Schuhe, Stieffeln und allem andern dienet; und wann sie durch morastige Felder oder unsaubere Weeg reisen, machen sie solche an der Sonnen oder beym Feuer wieder trocken, und Reise von Sophia bis nach Philippopel. 105 und ziehen sie alsdann von neuem an: an statt der Hauben haben sie ein Stück Schaafs⸗Haut auf dem Kopf; die Haare sind ihnen bis auf einen Zopf abgeschnitten, und in der Hand füͤhren sie einen Stecken, woran ein gespitztes Eisen fest gemacht ist, dessen sie sich bey ihrem Vieh an statt der Geisel bedienen, und sich auch im gehen darauf lehnen. Jhre Weiber gehen nicht, wie die Türkischen, mit Kleider der Bulgarischen Weiber. bedecktem Gesicht, haben auch keine Hosen an: ihr Rock gehet ihnen bis auf die Füsse, und siehet einem Hembd aͤhnlich, ausser welchem sie fast zur Sommers⸗Zeit nichts anders anhaben: dessen Materie von eben nicht zart-gesponnener Wolle ist, als woraus wir in unsern Ländern Säcke zu machen pflegen, aber von vielfältiger Stüͤckerey und Farben ganz bund und scheckicht aussiehet; woruͤber sie einen gleich bunden von Cameel⸗Haaren oder Wolle gar seltsam geflochtenen Gürtel legen. Jhr Schmuck bestehet in schwehren silbernen und verSchmuck derselbigen guldeten Ohren⸗Gehaͤngen, und dergleichen Ringen, in Steinen, Muscheln, gefärbten Glaß / Bildern, Blumen und allerley schlechten Münze; damit nun zieren sie den Kopf, den Hals, die Haare, Finger, Brust, und bilden sich darauf mehr ein, als die Königin aus dem Reiche Arabien, oder die stolze Cleopatra selbsten. So Tracht der Jungfrauen. lang sie noch Jungfrauen sind, gehen sie wenig aus, und lassen sich auch selbst nicht viel sehen, haben ihre Haare gebunden und üͤber den Rüͤcken herab hangend: so bald sie aber heyrathen, binden sie dasselbige hinauf. Jhrer viele tragen einen ungeheuren grossen Hut, Weiber Hüte. dessen Breite über die Schultern herab hanget, die Höhe aber fast eine Ele über den Kopf hinaus gehet, im übrigen auch denen Unsrigen ganz ungleich, sintemaln das oberste Theil / oder dasjenige, was gegen den Himmel schauet, am breitesten ist, als wann er mit Fleiß darzu gemacht wäre, nicht daß er den Regen abhalten, Töchter werden an den Bräͤutigam verkauft. sondern auffangen solte. Wann einer eine Tochter zur Ehe begehrt, kauft er solche von den Eltern, und duͤnget, so genau er kan, welches Geld alsdann die jungen Ehe⸗Weiber statt ihres Heyrath⸗Guts behalten, und im ersten Jahr ihrer Vermaͤhlung an ihrem Leib als einen sonderlichen Schmuck tragen. Die Jungfrauen nehmen hierMünz ein Schmuck der Bulgarischen WeibsBilder. zu was sie gewinnen, oder geschenkt bekommen, womit sie oft so beladen sind, als die Esel, wann sie Säcke in die Muͤhl tragen, wie sie dann auch ihre Schönheit und Stand nach der Menge sol cher Münzen æstimiren. Die Braut wird von ihren Verwandten und O 106 Erstes Buch / Achte Abtheilung / Uberführung der Braut zum Bräutigam.und Bluts⸗Freunden zu dem Bräutigam geführt, davon ein Theil unterwegs weinet, der andere singet, der dritte trägt die HochzeitFackeln vor, der vierte flechtet der Braut die Haare, der fünfte lößt sie wieder auf / und unter diesem Getändel kommen sie zum Bräutigam; allwo sie 14. Tage hindurch verhüͤllet bleibt, und wann in dieser Zeit der Mann die ehliche Pflicht von ihr begehret, welches ihme doch nicht seines Gefallens, sondern nur zur bestimmten Zeit erlaubt ist, legt sie deswegen den Schleyer doch nicht von sich, bis sie endlich nach verflossener Zeit das Gesicht wiederum bloß gibt, und hierauf mit ihrem Mann das Hauß⸗Wesen nach ihren besten Vermögen versiehet. Und weil wir in so weit der Bulgarn KleiderTracht genugsam besehen, so laßt uns wieder ins Lager zuruck kehren.

Daselbst wäre uns noch diesen Tag bald ein grosses Unglück Entsetzliches Ungewitter. durch ein unvermuthet entstandenes Wetter zu Handen gestossen. Dann ob es gleich den ganzen Tag üͤber schoͤn heiter gewesen, hat sich doch auf dem Abend ploͤtzlich ein solch grausam mit Donner, Blitz und Regen vermischtes Ungewitter erhoben, daß man häͤtte meinen sollen, die Welt wuͤrde daruͤber zu Grunde gehen, und der juͤngste Tag kommen: die mehresten Zelten wurden aus der Erden gerissen und durchs Läger in die Luft fort gefüͤhrt; diesem wurde der Hut, einem andern die Parucke, dem dritten die Pantoffeln / und jenem wieder was anders durch den Wind abgenommen: ja, was am meisten zu verwundern, so wurden die schwehr beladene Wägen aus ihrer Stelle bewegt, und in einen Graben getrieben, wo sie endlich nicht weiter fort kommen kunten. Es blitzte so stark, daß man wie beym Licht lesen kunte; und hatte es bey nahe das Ansehen, als ob von dem herabfallenden haͤufigen Regen, welcher auch die Felder überschwemte, eine andere Suͤndfluth oder doch gefäͤhrlicher Wolken⸗Bruch zu besorgen stünde. Die Berge schützten uns vor dem Wind so wenig, daß derselbige, wie gleichsam durch eine Röͤhre, nur desto heftiger auf uns los stürmte. Wie aber selten ein Un FeuersGefahr.glück allein kommt, so geschahe es auch hier, sintemaln, da wir bereits von Luft und Wasser genugsam bestritten waren, das Feuer seine Wut nicht weniger an uns ausüben wolte, worzu unserer Fuhrleute Nachlässigkeit oder vielmehr Unbedachtsamkeit Gelegenheit gegeben; dann diese hatten Feuer unter ihre Toͤpfe geschiert, und sol che Reise von Sophia bis nach Philippopel. 107 che an die Wagen⸗Deichsel gehangen, um sich darinnen was zu essen zu kochen / oder auch wol bey der Nacht des Feuers zu ihrer Erwärmung zu bedienen: nachdem sie aber durch das Wetter von dar weg getrieben worden, hat unterdessen dasselbige die Wäͤgen, worauf die Kaiserliche nach Constantinopel bestimmte Geschenke gepackt waren, ergriffen; und wo des Herrn von Wettsteins sonderbaDurch Hn. von Wettstein abgewendet. re Wachtsamkeit nicht das beste dabey gethan häͤtte, duͤrften wir vermuthlich einen unbeschreiblichen Schaden erlitten haben: dieser aber, als er ein mehr denn gewoͤhnliches Feuer erblickt, und daraus nicht unbillig was schlimmes muthmassete, ist alsobald im blosen Hembd aus seinem Zelt gesprungen, hat sich mit dem Leib voͤllig auf die Erden gelegt, mit Händ und Füssen gedämpft, und dardurch diese grosse Gefahr glücklich abgewendet.

Den 5ten dito sind wir anderthalb Meil von Banga in einer Ebene an der Maritz zu stehen gekommen; woselbst auch noch ein anderer Fluß oder Bach, dessen Namen ich aber nicht erfahren koͤnnen, ohnerachtet ich durch die Dolmetschen die Tuͤrken deswegen fragen lassen, welche solchen keinen andern Namen zu geben gewust, als daß es ein Bächlein seye. Die Stadt Samcova hatten wir vor uns mitten in den Bergen liegend, so wir aber nicht zu Gesicht bekommen; ruckwäͤrts lag ein Dorf / welches man auf ihre Sprach das Vogel⸗Dorf nennet, und dieses, wie ich muthmasse, darum, weil VogelDorf.eine gewisse Art Bäume daselbst zu finden, die unsern Pappel Bäumen fast gleich, deren Blätter sich stäts bewegen, und damit die Vögel abhalten, daß sich keiner darauf setzet noch nistet. Zur Berg Rhodope. rechten sahen wir die Spitze des Bergs Rhodope / so noch mit Schnee bedeckt war, und von den Benachbarten Rulla genennt wird, aus deme die Maritz ihren Ursprung nimmt, wie solches auch Ovidius und Plinius bezeugen. Zur linken zeigten sich diejenige Berge, welche die Bulgarey und Thracien von einander entscheiden, und bis an den Haͤmus zwischen Sophia und Philippopel sich erstrecken. Sie fangen schon in dem Köͤnigreich Servien, ohnweit Raschna oder Sumantzio an, und lauffen immer fort durch unterschiedliche Länder, bis sie aus Thracien an das Thracien oder die Romanie. schwarze Meer kommen. Dieses Thracien wird von den Tüͤrken Rurnili / insgemein aber die Romanie genennt, und solches ohne Zwei O 2 Erstes Buch / Achte Abtheilung / 108 Zweifel darum, weil der Kaiser Constantinus aus dem alten Latio Leute nach Grichenland üͤberfahren lassen, damit Er dem neuem Rom auch ein neues Latium beyfügen, und die Nachwelt üͤberzeigen möͤgte, daß das neue Rom oder Constantinopel dem alten gleich gewesen, wo nicht gar dasselbige uͤbertroffen habe. Ehe wir aber in gedachte Ebene hinab gestiegen haben wir vorhero die so bekannte Pforte des Kaisers Trajani besehen.

Pforte des Kaisers Trajani. Dieselbige liegt zur linken in den Bergen, deren gäͤhe Klippen und sehr tiefe Abgründe kaum einen Zugang verstatten; weswegen wir unsere Wägen und Bagage eine andere Strasse gehen lassen, unsere Curiosité aber zu vergnuͤgen, uns unserer Pferde bedient, damit wir gleichwol dasjenige selbst in Augenschein nehmen koͤnnten, wovon wir bereits in so vielen Buͤchern gelesen haben. Es ist aber dieses Werk weit nicht so wichtig, als der gemeine Ruff es gerne machen will; die ganze Sache bestehet darinnen, daß zwey steinerne Säulen neben einander aufgerichtet, und oben durch ein Gewoͤlb an einander gehenckt sind, welche auf solche Weise eine grosse leere Pforte vorstellen. Diese hat Kaiser Trajanus zum Gedächtnis des von Jhm durch selbige Gegend geführten Kriegs⸗Heers aufgeführet, da Er die Thracier und Teutsche zu bestreiten und seiner Herrschaft zu unterwerfen im Anzug war, weil Er sich hierdurch einen Weeg gebahnet, da vorher keiner gewesen ist. Sie bestehet theils aus Hau⸗Steinen, theils aus Ziegeln, welche letztere aber viel breiter und fester sind, als diejenige, deren wir uns heutiges Tags bedienen: es spaltet sich aber dieselbige schon an vielen Orten, und dürfte die meiste Zeit gedauert haben, absonderlich da sie dem Wind und Regen sehr exponirt ist; wie dann auch der Herr von Dierling / welcher schon einmal mit der vorigen Groß⸗Botschaft unter dem Grafen von Oettingen allda gewesen, und anjetzo bey gegenwärtiger als Secretair stehet, mich versichert, daß sie von selbiger Zeit an merklich zusammen gefallen seye. Es ist aber diese Pforte auch noch einer andern Verhaͤngnis unterworfen, da nemlich die Anbeter des lieben Alterthums mit Gewalt Steine aus derselbigen brechen, um solche mit in ihr Vaterland zu fuͤhren, und in ihrer Studier⸗Stube oder Kunst⸗Kammer als ein geheiligtes Bild der Göttin Pallas, und aus dem Trojanischen Brand gerettete Hauß⸗ Reise von Sophia bis nach Philippopel. 109 Hauß⸗Götter zur sondern Zierde oben anzustellen. Jch habe nicht Excess in der Liebe zur Antiquität. wenig über diejenige unter uns lachen muͤssen/ die doch Wunder meinten, wie sie in der Antiquität beschlagen waͤren, daß sie aus grosser Inclination zu derselbigen gemeldte Steine begierig zusammen gesucht, und ihre Schub⸗Säcke dicht damit angefüllt; warum haben die guten Leute nicht lieber von dem nechst anliegenden Felsen Steine herunter geschlagen und mit sich geschleppt, welcher ohne Zweifel älter als diese Pforte gewesen ist. Ein sehr curiöser Geistlicher / aus einem gewissen Orden, von welchem man nicht anders als mit der groͤsten Behutsamkeit reden muß, wann man sich keine Miß⸗Gunst zu ziehen will, weil er sich den Ruhm der Gelehrsamkeit nach Verdienst erworben hat / bezeigte eine ungemeine Sorgfalt füͤr diese steinerne Denkmale; dann nachdem einer unterwegs dergleichen Steine als eine unnöthige Last von sich geschmissen, hub es jener mit sonderbahrer Veneration und nicht geringem Frohlocken wieder auf, verschlosse es in seine Kuͤsten, und zweifelte nicht, daß die gelehrte Welt eine ganz ausserordentliche Obligation deswegen vor ihn haben müͤste, weil er dergleichen Kostbarkeit von dem augenscheinlichen Untergang gerettet. So hat sich auch einer unter meinen Landsleuten, ein sonst gar verständiger und dienstfertiger Mensch, gefunden, welcher bey seiner Ruckkunft einem seiner vertrautesten Freunde, so um einer mir unbekannten Ursach willen nicht mit reisen können, eine zimliche Quantität von diesem Trajanischen Schatz mitgetheilet, in der sichern Meinung, er koͤnnte sein ergebenstes Gemüth gegen Jhm nicht besser an den Tag legen, als wann er ihn mit demjenigen so reichlich beschenkte, welches er vor das kostbarste unter allen seinen Raritäten hielte. Wann demnach Die allzu grosse Curiosité darf wol hintergangen werden. sich ja einer finden solte, der dergleichen Stein nicht zu sich genommen und deswegen von andern als ein Verachter der Antiquität duͤrfte durchgelassen werden, dem will ich wolmeinend rathen, woferne er anders keine solche Suͤnde zu begehen vermeinet, welche auszusöhnen ganz Latien und Grichenland mit allen ihren Steinen nicht capable wären, daß er so gleich bey seiner Ruckkunft nach Wien auf den Kahlen⸗Berg gehe, und von dar einen so grossen Stein mit sich nach Hauß trage / als er unter seine Freunde auszutheilen genugsam zu seyn glaubt, welche gewiß eben so gute Würkung als jene Trajanische haben werden, womit er gleichwol den Namen ei

nes O 3

Erstes Buch / Achte Abtheilung / 110 nes Liebhabers und Kenners der Antiquität behaupten, dabey aber auch zugleich doppeltes Lob verdienen wird, eines theils, daß er anderer Leute Thorheit so artig zu hintergehen gewust; andern theils aber, daß er der wahrhaftigen Antiquität damit nichts entzogen, welche durch anderer unnuͤtze Curiosité nur mehr und mehr verstuͤmmelt und ihr gaͤnzlicher Ruin nur desto eher befoͤrdert wird: dann so weit diese vorwitzige Hände haben reichen koͤnnen, ist dieses rare Denkmal von ihnen zerstuͤmmelt und bey nahe ganz ausgehoͤlet worden. Das Gewölb ist ohnedem schon ganz zerspalten, und nicht zu verwundern, wann es nechstens uͤber einen Haufen faͤllet. In der linken Säulen, nach demjenigen Weeg gerechnet, welchen wir dahin gekommen, kunte man unten einen grossen Stein von weisen aber nicht nach heutiger Art polirten Marmel eingemauert sehen, auf welchem ein blaufarbigtes Quater⸗Stüͤck lieget, in deme einige lateinische Sprüche eingehauen gewesen, so man aber wegen des daruͤber gestrichenen Kalchs und in die Mauern hinein geschobenen Theils, auch der noch uͤbrigen durch den vielfäͤltigen Regen ausgelöͤschten Buchstaben ohnmöglich mehr lesen kan. Allein es wolten einige aus der in die Höͤhe oder gegen dem Himmel gerichteten Schrifft urtheilen, daß dieser Stein eigentlich nicht zu dem Werk selbsten gehöͤre, sondern von ungefehr in diese Pforten versetzt und vielleicht damit ausgeflickt, von den Reisenden aber zu einem Denkmal ihrer ehmaligen Gegenwart also gezeichnet, hingegen von Regen und Schnee und Laͤnge der Zeit wiederum ausgeloͤscht worden. Wann ich meine Meinung davon sagen darf, so kommt es mir vor, daß unter andern auch um eben dieser Ursach willen, weil die Schrifft gegen dem Himmel schauet, und halben Theil mit Kalch überstrichen ist, es eine alte Schrifft muͤsse gewesen seyn, damit bey einmal erfolgender Niederreissung dieser Pforten die Nachwelt in Erfahrung bringen moͤgte, wer solche aufgeführet, und was ihm darzu Anlaß gegeben; welches die Alten gar sehr in Gebrauch gehabt, wie wir aus ihren ruinirten Gräͤbern, Särgen, Kirchen und andern aufgerichteten Denkmaln versichert sind, daran man vor ihrer Destruction dergleichen nicht merken kunte, was man nachgehends beobachtet, auch noch heut zu Tage an grossen vornehmen Gebaͤuen wahrnehmen kan. Jn diesen Bergen, über welche wir nach bemeldter Pforte gehen müssen, wird viel EisenBergwerke.Eisen gegraben, und zu gerichtet, wie wir dann im Ruckweeg verschiedene damit 111 Reise von Sophia bis nach Philippopel. damit beladene Wägen angetroffen; so ist uns auch eben daselbst Warmer Brunnen. ein warmer Brunnen aufgestossen, dessen Wasser immerzu so stark heraus siedet, als wann es etliche Stunden bey dem Feuer gestanden, so daß man Eyer und andere leichte Speisen gar leicht darinnen kochen koͤnnte. Unten am Berg, nicht weit von unserm Lager Zerstörte Kirche. stunde wiederum eine alte zerstoͤrte Kirche, in welcher jetzt die Raben und Turtel⸗Tauben ihre Wohnung aufgeschlagen: der Regen fiele zu allen Seiten hinein, und war mit keinem Dach mehr bedecket; auf der Mauern wuchs das Gras, die Baͤume und Stauten schaueten zum Fenster heraus, so, daß es recht erbaͤrmlich anzusehen, wie dasjenige durch der Barbarn Verwüͤstung nunmehro zu einem Sitz der Vögel worden, welches ehedessen ein Wohnhauß des Allerhöͤchsten gewesen.

Als wir den 6ten dito über hohe gaͤhe Stein⸗Klippen, zwischen welchen die Maritz mit grossem Geraͤusch durchflieset, unsern Weeg fort gesetzet, sind wir über Jabrowitz und Kiskoi nacher Seranweg / so ebenermassen zwischen den Bergen liegt / noch bey guter Zeit gekommen. Der Name Kiskoi bedeutet so viel als Jungfrauen⸗Dorf, und hat seinen Namen von denen Weibs⸗Bildern, deren wir nirgends mehr als hier angetroffen. Zu Serhan Eine Menge Reiger und Schwalben. weg haben wir eine grosse Menge weiser Reiger und unbeschreibliche Anzahl Schwalben gesehen, welche so gar, wo sie hingeflogen, die Luft verdunkelt, so heiter auch das Wetter dazumal gewesen ist. Auf der Ebene gegen Serhanweg ist ein Bach / welcher ganz mit Krebsen angefüllt, und sich in die Maritz ergieset. Gestern erUnsicherheit dieser Gegend. innerten uns unsere Janitscharn, daß keiner von der gemeinen LandStrassen auch nur im geringsten abgehen solle, noch vielweniger diesen Tag sich allein auf dem Weeg begeben, weil sich dieser Orten sehr viel Strassen⸗Räuber und Möͤrder aufhalten, welche Rottweise die Reisende anfielen, und wo diese sich nicht zusammen hielten, noch unter einem starken Geleit mit gewafneter Hand ihnen widerstünden, wären sie in Gefahr, durch sie auf allerley hinterlistige Weise in Schaden zu kommen; weswegen auch an verschiedenen Orten die Spahi Wacht hielten, damit wir desto sicherer waͤren, und sie uns im Nothfall zu Hülf kommen könnten. An diesen Tag haben wir zu erst Thracien betretten, da wir uns bishero noch immer mit den Bulgarischen Bergen schleppen muͤssen; nachdem wir aber nun 112 Erstes Buch, Achte Abtheilung / nunmehro diese zuruck gelegt, werden wir forthin bis nach Constantinopel einen ebenen Weeg haben. Ehe wir diese Landschaft gar verlassen, wollen wir erst ein wenig untersuchen, womit sich die Unterthanen in der Bulgarey und in dem Koͤnigreich Servien nehren, und mit was für Gaben und Dienste sie der Pforten verbunden sind.

Die mehreste aus ihnen sind so wol als andere in dem ganzen Der Unterthanen Auflagen in der Bulgarey und Servien.Reich schuldig und mit Eid verbunden, sich so oft im Krieg gebrauchen zu lassen, als oft solches die Noth und der gemeine Nutz erfor dert, wovon auch so gar Juͤnglinge und Kinder nicht ausgeschlossen, sondern nur allein die verlebten Personen und welche einen Leibs⸗Schaden oder sonst nicht Kraͤffte genug haben, dieser Pflicht überhoben sind. Doch ist ihnen dabey gleichwol erlaubt, Handelschaft zu treiben, so lang sie daheim in Frieden sitzen / wie sich dann auch die mehresten damit ernehren. Die Bauern und Ackers⸗Leute zahlen der Pforten jährlich zehen Löwen⸗Thaler / dafür stehet ihnen hernach frey zu pflanzen, saen, Ernden, und allerhand ihnen gefällige Handthierung zu treiben. Derjenige, welcher zwey Joch⸗Ochsen oder Pferde hat, muß eines davon sechs Monat zu des Sultans Diensten gebrauchen, welche Zeit sie gemeiniglich von unserer Ostern bis auf Michaelis zu rechnen pflegen, weil in solcher die Türkische Armee gegen dem Feind im Felde stehet, als deren Campirung wegen des weiten Weegs, so ihre aus allerhand Nationen zusammen geraffte Soldaten wieder nach ihrer Heimat in die WinterQuartier ziehen muͤssen, nicht leicht laͤnger dauert. Füͤr diese Zeit nun des halben Jahrs zahlt man ihnen nichts, und sind sie gezwungen, sich und ihr Vieh selbst zu verkosten. Wann es des Sultans Interesse erfordert, muͤssen sie aus einem Land in das andere ziehen, ohne daß deren Stadthaltere sauer darzu sehen noch deswegen in Unfried mit einander leben darfen, wie es leider oftmals zum höͤchsten Nachtheil des obersten Regenten und gemeinen Wesens bey uns geschiehet. Es sind viele von denenjenigen Waͤgen, so uns von Nissa aus Servien bis nach Sophia in die Bulgarey geführet, nicht weit von dem schwarzen Meer aus Thracien herkommen, von wannen sie Proviant, Kriegs⸗ und andern Werk⸗Zeug nach Nissa gebracht haben.

Nach

Reise von Sophia bis nach Philippopel. 113 Nachdem wir den 7ten dito etliche Stunden in einer grossen Die Stadt Basardschik. Ebene längst der Maritz fort gegangen / sind wir nach Basardschik, einer bey denen Tüͤrken beruͤhmten Stadt, gekommen: wobey wir auf dem Weeg dahin etlichmal uͤber die Maritz gehen muͤssen, doch meistens dieselbe zur linken Hand gehabt, welche noch bisher so seicht, daß man dadurch waten kan, ohnerachtet sich schon einige Fluͤsse in dieselbige ergossen haben; jedoch wann sie von Schnee oder Regen aufgeschwellet ist, hat man einer Brüͤcken oder Schiffs vonnoͤthen, wann man hinuͤber kommen will. Erst bemeldte Stadt liegt an gedachtem Fluß, einem lustigen Ort, uͤber welchen eine hoͤlzerne Brücke gebauet, darauf nach Lands⸗Gewohnheit viele Türkische Bünde in Holz geschnitten stehen, womit solche abgetheilet wird. Nebst diesem lauft noch ein anderes Wasser fast um die ganze Stadt, und ergieset sich endlich gleichfalls in die Maritz. Die Die Beschaffenheit der Häuser zu Basardschik. Häuser daselbst sind weit schöͤner, grösser und besser als zu Nissa / Sophia und allen übrigen Orten. Die Vordächer oder Lauben gehen an denselbigen so weit herfür, daß man gar gemächlich darunter wohnen köͤnnte, wann nur Mauern hinauf geführet und man zur Seiten bedeckt wäre. Es gibt viel Bäder allhier, auch weitere und reinere Strassen, als in andern dergleichen Städten. Die Kaufmannschaft wird mit grossem Vortheil der Stadt getrieben, welche auch gar bequem darzu, nemlich mitten im Reich liegt, weswegen eine jedwede Sache leichtlich verschlossen werden kan. Daselbst ist der Haan mit grossen Unkosten, denen Beduͤrftigen damit Haan daselbst. an die Hand zu gehen, von puren Quater⸗Stuͤcken gebauet, in dessen Vorhof ein Brunnen⸗Kasten stehet, der zu mehrern Zierde innen und aussen mit Bley belegt ist, in welchen das Wasser immer zu rinnet, und wieder hinausflieset, und koͤnnen auch daraus 50. Pferde zugleich getränckt werden. Jch habe bey dem Eingang AllmosenStock. der Stadt einen Allmosen⸗Stock beobachtet, welcher zum Behuf der Armen aufgerichtet ist, und davon ich mich nicht erinnere, daß ich an einem Ort in der ganzen Tuͤrckey dergleichen gesehen haͤtte, ohnerachtet die Tüͤrken alle andere Völker an Barmherzigkeit und Liebe gegen den Nechsten übertreffen. Auf ihren Kirchhöfen ist eiKirchhöfe. ne unbeschreibliche Menge von Grab⸗Steinen anzutreffen, sintemaln die Tüͤrken in dem Gebrauch haben, füͤr einen jeden Todten ein besonders Grab zu machen, damit nicht einer den andern in demjenigen Kampf P Erstes Buch / Achte Abtheilung / 114 Kampf, welchen sie, ihrem Glauben nach, mit dem böͤsen Geist nach ihrem Tode haben, verhinderlich seyn möͤgte, wann sich mehr als einer in einem Grab befinden solte: daher kommt es dann, daß diese Kirch⸗Höfe grösser als die Städte selbsten sind, und man gewiß von denen darauf befindlichen Steinen eine groͤssere Stadt, als die dabey liegende hölzerne ist, würde aufrichten können. Diese Grab⸗Steine sind zweyerley Gattung, einige sind rund, andere flach und duͤnne, und ist an diesen letztern dasjenige Theil, so ober der Erden stehet, viel breiter, als das untere, also daß man sich daran eine umgewendte Pyramide vorstellen kan; jene aber mit einem Türkischen Bund gezieret: welche bey dem Kopf stehen, und allezeit zu gegen sind; diese aber bey den Fuͤssen, und sich bey gar vielen nicht finden. Beide sind mehrentheils von Marmel, mit Laub⸗Werk, Gold und unterschiedlichen Farben, auch bisweilen mit Türkischen Buchstaben gezieret. Diejenige, so es im Vermoͤgen haben, lassen sich noch darzu einen länglicht⸗viereckigten Sarg von weisen Marmel, oder auch ein Grabmal verfertigen, welches auf Säulen stehet / und mit einem Dach vor dem Regen und Ungewitter verwahrt ist. Uber dieses sind der Türken Gräber viel weitläuftiger als die Unsrige, und Streit der Türken nach ihrem Tod / mit den bösen Geistern.zwar eben um ob angefüͤhrter Ursach willen, damit sie nemlich, wann sie darinnen, in Gesellschaft des guten Engels Gebrai oder Gabriel / mit den bösen Geistern Aruth und Maruth streiten / desto besser um sich schmeissen koͤnnen; wie sie dann für ihren Gehüͤlfen, den Gabriel / der ihnen bey diesem Kampf mit Rath und That an die Hand gehet / ein kleines Zimmer darinnen zu richten lassen, sie selbst auch in solcher Positur in das Grab gelegt werden, daß sie das Gesicht nach der Mecha / dem Grab ihres Propheten, und fälschlich eingebildeten Wohnsitz der Auserwehlten kehren. Ehe sie noch Begräbnis Ceremonie der Türken. dahin gebracht werden, wäscht man ihnen den Leib vielmaln ab, setzt den Bart in Ordnung, und bestreicht sie mit wol riechenden Sachen / damit sie fein recht gebutzt in dem Himmel erschienen.

Den 8ten dito blieben wir daselbst in der Stadt liegend, um etwas aus zu ruhen, und zur noch uͤbrigen Reise uns desto geschickter zu machen. Indessen brachten die Einwohner des Orts Blumen, Früchte, Fladen, Kuchen, und allerhand Torten herbey, absonderlich aber ein Trink⸗Geschirr / das mit Nägelein und Graß sehr ar tig 115 Reise von Philippopel bis nach Adrianopel. tig auf dem obern Theil bewachsen war, damit der darinnen enthaltene Trank desto kuͤhler verblieb/ mit welchen sie den Herrn GroßBotschafter zum Zeichen der Freundschaft und Hochachtung bebeschenkten. Es hat auch derselbige in solcher Zeit vernommen, wie Erlösete Gefangene zu Basardschik. daß viele gefangene Christen allda aufbehalten würden, weswegen Er sich höchst angelegen seyn lassen, selbige los zu machen; durch welches Beyspiel der erste und zweyte Adel gleichfalls bewogen worden, Geld zusammen zu schiessen, und ein paar gefangene Christen dafür los zu kaufen: auf solche Weise wurden in dieser nicht gar grossen Stadt deren viere aus ihrer Sclaverey erloͤset, darunter einer solche absonderlich fuͤhlen muͤssen, als welcher nicht allem mit acht und zwanzig pfüͤndigen Fesseln sich taͤglich herum schleppen und damit an die Arbeit gehen, sondern auch noch zu Nachts, wann er sich schlaffen gelegt, binden lassen muͤssen. Nachdem wir nun den 9ten in der Nacht unsere Waͤgen und Bagage voraus geschickt, sind wir selber in aller früͤhe aufgebrochen, und noch denselbigen Vormittag zu Philippopel ankommen.

Neunte Abtheilung.

DJese Stadt haben wir nur im Vorbeygehen gesehen, weil Pest zu Philippopel. wir uns wegen der darinn grassirenden Pest, so täglich viele Menschen hinweg gerissen, nicht lang daselbst aufhielten. Als wir bey dem ungemeinen grossen Kirch Hof vorbey fuhren, haben wir neben dem Weeg viele Graͤber beobachtet, so noch mit frischer Erden bedeckt gewesen, woraus man die Gewalt dieser Seuche gar leicht beurtheilen kunte; weswegen scharf verbothen worden, daß niemand nach der Stadt gehen, oder von daraus etwas mit sich nehmen solte, damit dardurch die ganze Botschaft nicht in Gefahr gesetzt würde. Sonst ware wol nicht zu zweifeln, daß wir daselbst nicht solten viel merkwuͤrdiges angetroffen haben, worduch die maͤchtigen Victorien Philippi des Grossen/ Alexandri Magni Vaters, auf die Nachwelt fortgeflanzt worden. Busbeck in seiLage dieser Stadt. nen Türkischen Sendschreiben berichtet von dieser Stadt, daß sie auf einem von dem daselbst befindlichen dreyen Huͤgeln gelegen seye, welches mir Anfangs nicht so vorkommen, indem ich geglaubt, daß sie P 2 116 Erstes Buch / Neunte Abtheilung / sie auf alle drey gebauet wäͤre, habe es aber nachgehends anders befunden / indem ich nur durch einige Gebäͤue, welche üͤber solche hangen, betrogen worden; weswegen ich meine Meinung geändert, als ich durch ein Perspectiv derselben Gelegenheit, Ab⸗ und Eintheilung etwas genauer betrachtet, und dabey angemerket, daß die Stadt zwar auf zwey Spitzen stehet, welche aber nur einen einigen Berg ausmachen, da der andere vor Zeiten wol auch mit dergleichen Ringmauern umgeben gewesen, die aber jetzt mehrentheils zerfallen sind. So habe ich auch vier Hügel gefunden / wo Busbeck nur drey will gesehen haben: und kan ich ihm darinnen nicht beyfallen, Bedeutung der Erd⸗Haufen.wann er meinet, das diejenige Erd⸗Haufen, die in dieser Gegend an zutreffen, Zeichen der in diesen Feldern gehaltenen Schlachten seyn sollen, als worunter die Erschlagene begraben lagen; sintemaln durch alle Landschaften des Sultans, die wir durch gezogen, dergleichen zu sehen sind, worunter auch einige waren, so erst neulicher Zeit aufgeworfen worden, von welchen man mich auf genaue Nachfrage berichtet, daß diese Gewohnheit schon vor alten Zeiten gewesen, und zwar zu dem Ende eingeführet seye, damit die Armeen in KriegsZeiten wissen koͤnnten, welchen Weeg sie halten muͤsten. Auf einer von denenjenigen Spitzen, auf welchen die Stadt stehet, siehet man einen viereckigten Thurn, welcher vor diesem zur Vertheidigung des Orts statt einer Vestung gedienet; und damit solcher vor feindlichen Anfällen desto sicherer seye, hat man keine oder doch wenig Haͤuser dahin gebauet: es gebrauchen die Türken anjetzo denselbigen für einen Wacht⸗Thurn, haben auch eine Uhr darauf gestellet. An dem Fuß des ersten Bergs flieset die Maritz vorbey, und theilet durch ihren Lauf die Stadt selbst von der untern Vorstadt ab, welche beide aber durch eine Bruͤcke, uͤber welche man von einer zur andern gehen kan, wiederum vereiniget werden. Wir sind nur durch den letzten Theil der jenseit liegenden Vorstadt gekommen, und haben über 100. Schritt hinaus unser Lager aufgeschlagen. Auf den zweyen andern Bergen, welche gleichfalls an der Maritz liegen, ist im geringsten nichts von einigem Gebäu zu sehen; wovon uns aber im Rückweeg ein Neapolitaner, so viele Jahre gefangen gewesen, erzehlet, daß zu Zeiten Philippi des Grossen alle 4. Berge mit Ring Mauern umgeben gewesen, wie die Türken von ihren Vorfahren berichtet wären, so ich aber nicht glauben kan, weil das ge ringste Reise von Philippopel bis Adrianopel. 117 ringste Wahrzeichen davon nicht zu finden. Diese Stadt ist so groß als Sophia, ihre Häuser eben, wie daselbst, erbauet, die Gassen sind gleichfalls also eingerichtet, und ist nur ihrem Lager nach von jener unterschieden. Gleich bey dem Eingang faͤllt einem ein von gehauenen Steinen und Ziegeln aufgefuͤhrter Thurn in das Gesicht, wie auch ein Haan oder offentliches Wuͤrthshauß, welches von dem letzten Ungewitter sehr beschäͤdiget worden; angesehen der Wind die Schindel und das Bley von den Daͤchern theils hinweg gefüͤhrt, theils sonst zu schanden gemacht, so daß der Regen nunmehr voͤllig hinein schlagen kunte. Hier hat man die gewöͤhnliche Begrüͤssung mit Stuck⸗Schiessen bey unserer Ankunft unterlassen, weil sie mit dergleichen groben Geschuͤtz nicht versehen waren; doch ist uns gleichwol die Besatzung entgegen gangen, und hat den Herrn Botschafter bis ins Lager begleitet. Jn dieser Gegend waͤchset der Reiß, Reiß / wie er waͤchst. fast auf diejenige Art, wie bey uns der Waitzen, doch muß er ein fettes Erdreich haben, weshalben man die Aecker oͤfters uͤberschwemmet / damit sie fruchtbar werden/ und das Angesäete besser wurzeln kan; in welchem Absehen man das Wasser in Graͤben und Lacken auffängt, damit dasselbige im Fall der Noth von daraus üͤber die Felder kan gefuͤhret werden, deren in dieser Ebene eine solche Menge und von solcher Gröͤsse anzutreffen, daß sie etliche Stunden weit und wie ein Garten in Better ausgetheilet sind, darauf mehr Reiß wächset / als man in der ganzen Tüͤrkey verzehren kan. Von hieraus fängt die Maritz an Schiffreich zu werden, wie wir dann Flöße und andere mit Getraid und Eisen beladene Fahrzeuge das Wasser hinunter nach Adrianopel fahren sehen.

Den 10ten bekamen wir andere Pferde zum Reiten und Vorspann, und nahmen damit erstlich den Weeg an der Maritz vorbey, von dar aber durch eine grosse und morastige mit Rohr und Binsen bewachsene Wiesen, welche wir mit Jagen durch gestrichen, und uns alsdann hinter den Fluß Stannimocka gesetzt, wobey StannmockaFluß. sich ein Flecken gleiches Namens befindet, den wir aber nur durch die Bäume zur rechten Hand liegen sahen. Dieser Fluß / welcher seinen Ursprung in dem Berg Rupora nimmt, wird sehr schnell, und reißt heftig fort, wann es viel regnet, oder der Schnee in den Felsen zergehet, also daß die darüber geschlagene Brücke gar oft repa P 3 Erstes Buch / Neunte Abtheilung / 118 reparirt werden muß; wie wir dann im vorbey reisen denjenigen Schaden, der dardurch verursachet worden, mit Augen haben sehen koͤnnen, indem sich die Aecker davon noch voller Wasser zeigten, und eine nieder geworfene steinerne Bruͤcke in ihrem Ruin praesentirte, deren Bogen / worauf sie gestanden, noch aus dem Wasser Closter der Basilianer⸗Mönche. herfür sahe. Auf dem Gipfel desjenigen Bergs, woraus dieser Fluß entspringt, stehet ein Closter, in welchem eine zimliche Anzahl Grichischer Mönche sich befinden, die nur von Wurzeln und Kräͤutern zu leben gewohnt sind; von welchen ich vernommen, daß ehedessen nicht so viel Wasser allda anzutreffen gewesen, womit sie nur hätten den Durst loͤschen koͤnnen, nachgehends aber häͤtte sich das Miraculöse WasserErfindung Bildnis der allerseeligsten Jungfrauen Maria gefunden, ohne daß jemand gewust, wie es an solches Ort gekommen, und von der Zeit an könne man das beste Wasser in Uberfluß daselbst haben. Die dort herum wohnende Bauers⸗Leute haben die Gewohnheit, das Einfalt der Bauern.sie sich, so oft sie das Heil. Sacrament geniessen wollen, nicht allein mit diesem Wasser waschen, sondern auch vor dessen Gebrauch desselbigen nach Genüͤge trinken, und solte diese liebe Einfalt wunder meinen, was es füͤr eine grosse Suͤnde waͤre, wann sie dieses andaͤchtige oder gar heilige Werk unterliessen; worinnen aber gewißlich die Grichische Pappas oder Mönche weit mehr als diese Bauern zu schelten, als deren Gelehrsamkeit sich entweder nicht so weit erstreckt/ daß sie wissen, was sich bey solcher heiligen Handlung gezieme: oder wann sie es wissen, einem so grossen Mißbrauch gleichwol durch die Finger sehen, und ihrer Schuldigkeit nach eine so thörichte Einfalt nicht nach Verdienst abstraffen. Jch war entschlossen, mit einigen aus dem Adeln und dem Herrn Prælaten der Groß⸗Botschaft dorthin zu gehen, und dasjenige, was wir bisher nur gehöͤret hatten, mit Augen anzusehen, allein die augenscheinliche Gefahr, in welche wir alle insgesamt damit wuͤrden gesetzt haben, hat uns von unserm Vornehmen billig abgehalten. Zu eben dieser Zeit kam aus mehr gemeldter Gegend ein Bauer, den seine Curiosité antrieb, den Herrn Groß⸗Botschafter zu sehen, und Jhm seine Bäuerische Höflichkeit zu bezeugen: als diesen der Herr Botschafter fragte: ob in dem Dorf, wo er herkame, die Pest auch regierte? hat er darauf geantwortet, daß die Türken zwar darmit unvexirt blieben, allein über die armen Bauern gienge es treflich her, und wuͤrden sie häͤufig da 119 Reise von Philippopel bis Adrinopel . davon weg gerissen, doch hätten die wenigsten erwarten wollen, bis die Reihe auch an sie gekommen, sondern sich mit der Flucht davon gemacht. Gewiß, dieses wäre den guten Leuten in Teutschland oder einem andern wol bestelltem Reich nicht so ungerochen hingangen; weil sie daselbst, wann sie bey so grosser Gefahr einer Seuch die Gräͤnzen überschriten, ohne die gewoͤhnliche Contumacie zu halten, ohne Zweiffel an ihren besten Hals wären aufgehangen worden. DazuEin flüchtiger Sclav. mal kam auch ein Sclav, welcher bey einem Juden in Dienstbarkeit gewesen, der ihme die Freyheit öfters versprochen, aber niemaln gehalten, zu uns geflohen, und hat auch willig gefunden, was er so ängstig gesucht: weil er aber in der Eil seines Herrn Eselin mit genommen, aus Furcht, wann er solche von sich liesse, er duͤrfte vor der Zeit verrathen und wieder eingeholet werden, hat man jenem sein lastbares Thier wieder zurüͤck geschickt, diesem aber die Freyheit bestättiget.

Der uͤbrige Weeg bis nach Constantinopel war bey nahe eine continuirliche Jagd gewesen, weil wir von hieraus bestäͤndig ebenen Weeg hatten; wie dann auch unsere Fuͤhrer sich sehr angelegen seyn liesen, dem Herrn Groß⸗Botschafter den Weeg angenehm zu machen / weswegen sie ihn nicht nur in solche Oerter fuͤhrten, wo sie das meiste Wild vermutheten, sondern Jhm uͤber dieses noch die vortreflichsten Hunde zu wegen brachten, welche sie Jhm auch zum Geschwindigkeit der Türkischen Hunde. Theil verehrten, davon ein jeder in einem Lauf drey bis vier Haasen einholte, wie ich dann so gar einen gesehen, welcher den sechsten nicht verfehlet hatte, worüber er sich aber auch so ermiedet, daß man ihn auf einen Wagen bringen und mit fort fuͤhren muͤssen. So weit aber diese Hunde die Unsrigen an Geschwindigkeit uͤbertreffen, so fix sind sie auch im Einholen / wann sie das Wild einmal aufgetrieben haben; weswegen sie sich im Laufen bestäͤndig an der Erden halten, so daß sie schier mit dem Kopf und Bauch solche beruͤhren: an statt daß die Unsrigen ihre Ohren spitzen, lassen diese sie herabhaͤngen; sonst sind sie ihnen an der Gestalt nicht ungleich, haben einen haarichten rauhen Schweif, sind langfüͤssigt, rahnig, und spitzköpfig.

Den 11ten haben wir den vorigen Weeg gehalten, und sind Papasli. längst der Maritz linker Hand fort gegangen, und endlich nach Papasli kommen, allwo die vorige Botschaft uͤbernachtet, wir aber 120 Erstes Buch / Neunte Abtheilung. aber sind weiter bis nach Hali Aga Czeschma geruckt, welches nach unserer Sprach so viel als des Hali Aga Brunnen bedeutet, und eine Wiese ist, welche wegen der vielen Brunnen, so der Hali Aga daselbst graben lassen, seinen Namen uͤberkommen, allwo wir drey viertel Stunden von der Maritz weg uns gegen die rechte Veränderung der Wohnung ganzer Geschlechter.Seite gewendet haben. Auf dem Weeg sind uns viele Tüͤrkische Wägen begegnet, mit welchen sich bisweilen ganze Türkische Fami lien samt Sack und Pack anders wohin fuͤhren lassen, entweder einen bequemern Ort füͤr ihr Hauß⸗Wesen aufzusuchen, oder der stark grassirenden Pest zu entfliehen. Diese Wagen kamen mir nicht anders vor, als wie unserer Teutschen Bauern ihre Hüͤner⸗Wägen, in welchen sie ihr Gefluͤg zu Markte bringen; dann sie haben ein niedriges Dach, liegen völlig auf der Achs auf, und sind / wie jene, mit Gattern versehen / auswendig mit Farben angestrichen, inwendig aber Küssen gelegt, auf welchen sie wie die Hüner über den Eyrn sitzen, dieselbige schleppen ein, zwey oder mehrere Pferde fort, nachdem sie beladen sind; an die andern Fahr⸗Zeuge aber werden Ochsen angespannet. Bey Papasli fliesen zwey Bäche vorbey, deren ein jeder sich in die Maritz ergieset/ und alsdann gleichen Namen führen.

Den 12. Julj sind wir über Cayali und Kuruczeschma nach Semischeze / und zwar noch Vormittag kommen, auf welchen Weeg wir viele Brunnen angetroffen haben, und die Banska daselbst vorbey fliesen sehen; ehe wir aber noch hinzu kommen, hat Des Bascha von Chaskoi Begleitung.sich der Stadthalter oder Bascha von Chaskoi / bey dem Herrn Groß⸗Botschafter eingefunden, Jhn aus Ehrerbietung durch seine Provinz zu begleiten, in welcher Zeit er Jhm beständig an der Seiten geritten. Dieser Bascha ist so viel als General-QuartierMeister, und wann der Sultan zu Feld ziehet, wird er allezeit mit dem ersten Roß⸗Schweif voraus geschickt, um solchen daselbst aufzustecken, wo das Kaiserl. Lager soll geschlagen werden. Er ist dem Herrn Botschafter drey Stund weit entgegen gekommen, und hat Jhn nicht eher verlassen, bis Er in das Zelt hinein getretten. Den Tag darauf hielten wir abermal Rast⸗Tag; und den nechst folgenden hat er aus Befehl des Groß⸗Vizirs den Herrn GroßBotschafter wiederum sechs Stund, nemlich bis auf die Gränzen seiner Landschaft, begleitet; und weil er vernommen, daß er ein Lieb haber Reise von Philippopel bis Adrianopel. 121 haber der Jagd wäre, hat er Jhm durch unseres Führers des Mehemet Aga Sohn ein unvergleichlich Wind⸗Spiel verehret, welVerehret dem Hn.Botschafter einen Hund. ches ganz allein etliche Haasen auf das hurtigste einholen kunte. Diese Tage über wurden unsere Ohren wiederum mit einer Tuͤrkischen Music gequälet wegen Gegenwart des Bascha, als welche dergleichen allenthalben mit sich herum zu fuͤhren pflegen; und bestunde solche aus Seiten⸗Spiel und Pfeiffen, wie auch aus einigen runden hoͤlzernen nicht gar hohen und mit Pergament uͤberzogenen Reifen, zwischen welchen an unterschiedlichen Orten kleine runde Platten hinein gesteckt und in der Mitte nur etwas weniges angeheftet waren, die, wann man sie ruͤhrte/ einen Klang wie die Cymbeln oder Schellen von sich gaben: Hierzu kamen noch fuͤnf grosse und zwey kleine Trommeln, davon die letztern nur bisweilen mit einem Stück Leder, die erstern fuͤnf aber mit einem Stecken, so an einem Ende wie ein kleiner Koch⸗Loͤffel formirt war, immerzu mit einer Hand an den obern Theil geschlagen worden, an dem untern Theil aber wurden sie nur je zuweilen mit einem duͤnnen Ruͤtlein geruͤhret, damit dieser Klang von dem erstern unterschieden wäre.

Den 13. besuchte der Herr Groß⸗Botschafter in Begleitung einiger aus dem Adel und seiner Hauß⸗Bedienten den Bascha, wel cher sich an die Banska gelagert hatte; deme des Bascha Bothen oder Chiausen in weiser Kleidung, nebst dessen Trabanten, Pa gen, Hauß⸗Bedienten, und Knechten entgegen kamen, Jhn einzuho len, so auch nachmals alle in guter Ordnung vorher giengen: auf der andern Seiten des Wassers empfienge denselben der Mehemet Aga unser Füͤhrer, und bey dem Eingang des Zelts, welches mit weiß und roth untermischten Teppichen und gelben Polstern belegt war, der Bascha selbst. Allda sahe man zwischen Jhm und dem Mehemet für dem Herrn Botschafter einen Stul gesetzt, um welchen sie nebst un serm Adel auf denen Sofaus herum lagen; worauf Er mit der gröͤsten Höͤflichkeit tractirt, und alsobald die suͤssen Fruͤchte, Caffé, Rosen⸗Wasser, Rauchwerk angeschafft, und in der Runde herum gelangt wurden: und weiln Se. Excellenz vernommen, daß der Ba scha sich einige Tage üͤbel auf befunden, offerirte Er ihm seinen Leib Arzt, für welches Anerbiethen aber sich der Bascha aufs höflichste be dankte, und zu verstehen gabe, daß er nunmehro desselben nicht mehr nöthig hätte, nachdem er sich wieder besser befände; dafür ersuchte er Q Erstes Buch/ Neunte Abtheilung / 122 er Jhm jedoch zum öftern gar sehr um seinen hohen Vorspruch bey der Pforte für ihn und einen seiner Freunde, so ihm auch geneigt versprochen und nicht weniger auch redlich gehalten worden; wie er dann dessen Nachdruck nicht lang hernach erfahren, da er durch ein Kaiserliches Rescript von dar ab und zu Verwaltung einer gröͤssern Provinz gefordert worden. Endlich invitirte er den Herrn Bot schafter auf den andern Tag zu einer Jagd, da er Jhn an ein be quemes Ort führen wolte, wo sie die Geschwindigkeit ihrer Hunde auf die Prob stellen koͤnnten; hierauf haben Se. Excell. ihm gegenseits seinen Wagen angebotten, um Sie beide dahin zu bringen, und nach bei derseits gegebenen Worten haben Sie sich wiederum zurüͤck nach dem Lager und Zelt begeben. Nachmittag kam seiner Gewohnheit nach der Mehemet Aga zu dem Herrn Botschafter / und weil er ein in seiner Lehr sehr geuͤbter Mann war, hatte er sich oͤfters mit Dem selben in ein Gespraͤch von ihrer Religion eingelassen, welches aber gar heimlich geschehen muste, weil er sonst, wo es auskommen wäͤ re, den Kopf darüͤber hätte verliehren koͤnnen. Man wird aber gar leicht abnehmen / wie tief dieses Volk in dem Aberglauben stecke, wann man betrachtet, daß mit buͤndigen Schluͤssen bey ihnen nicht aufzukommen; und wann man sie gleich noch so sehr in die Enge treibt, so daß sie nichts mehr auf eines seine Vorstellungen zu antworten wissen, sind sie gleichwol nicht dahin zu bringen, daß sie überwunden geben, sondern beruffen sich auf ihre Buͤcher, worinnen diese ihre Meinung enthalten wäͤre, und damit muß ihr ganzer Streit geschlichtet seyn: und ob es zwar an dem, daß auch bey uns der Glaube der Vernunft muß vorgezogen werden, so ist doch unsere Uberzeugung in Glaubens⸗Sachen also beschaffen / daß wir be finden, wie der Glaube zwar über, aber nicht wieder die Ver Mehemets Discurs vom Glau ben. nunft sich erstrecke. Besagter Mehemet bediente sich indessen fol gender Erzehlung: es sey in ihren Buͤchern geschrieben, daß vor dem jüngsten Tag oder Ende der Welt viel Kriege und Uneinigkeiten ent stehen wuͤrden; in denselbigen wuͤrden die Tuͤrken anfangs die Ober Hand haben und ganz Europa / sonderlich aber Jtalien und Rom, als das Haupt der Welt / unter ihre Botmässigkeit bringen: als dann solten die Christen aus allen Orten sich versammlen, die Tüͤr ken wieder vertreiben, und Constantinopel selbst einnehmen; wor auf die Türken nach Damascus fliehen, und, nachdem sie sich re Reise von Philippopel bis Adrianopel 123 recolligirt haben, ihren vorigen Wohnsitz wieder zu erobern trachten wuͤrden: hernach werde der Teufel kommen, und die Men schen mit seiner Lehr und Kuͤnsten verfuͤhren, diesem aber werde sich einer aus ihren Pfarrern, den sie Emaum nennen, ein frommer, heiliger und geistreicher Mann, aus dem Geschlecht des Maho mets entsprossen, und zu eben diesem End erwecket, widersetzen, seine falsche Lehr widerlegen, und eine andere und bessere heraus ge ben; er soll auch von JESU unsern Seeligmacher einen Stecken Des Hn. Botschaf ters Erklä rung dar über. bekommen, mit welchem er den Teufel todschlagen werde. Als der Herr Botschafter ihm dieses zustunde, dabey aber zeigte, daß es nicht bloß nach dem Buchstaben muͤsse verstanden werden, sondern et was anders darunter verborgen seye, nemlich, daß die boͤse und giftige Lehre des Menschen aus ihm einen Teufel, oder noch wol, wo es moͤglich, was aͤrgers mache: durch den heiligen Mann aber wuͤrden die Lehrer und Väter der Kirchen verstanden / welche mit dem verborgenen Stecken der neuen und heiligen Lehre Christi dem bö sen Geist umbringen, das ist, das Gift seiner schädlichen Lehre mit der Warheit vertreiben; hat der Mehemet diese Auslegung zwar für wahrscheinlicher gehalten, aber doch allezeit wiederum darge gen gesetzt, daß es also, wie er es erzehlt häͤtte, in ihren Buͤchern geschrieben stünde. Zu einer andern Zeit, als er in des Herrn Gedicht der Türken vom Dia mant. Botschafters Ring einen Diamant beobachtet, hat ihn die Curiosité angetrieben, nach dessen Namen zu fragen, und da er solches ver nommen, ruͤhmte er zwar dessen Schoͤnheit / wolte aber doch dabey behaupten, daß solcher Stein Gift bey sich füͤhre. Weil aber der Herr Botschafter ihn versicherte, daß er nur in so fern schäͤd lich, wann man denselbigen zu Pulver mache, und einem Menschen beybringe, als in welchem Fall solcher die Gedärme und das Ein geweid dermassen zerreisse, daß auf keine Weise mehr zu helfen stuͤn de: hat dieser dargegen gesetzt, wie er gelesen habe, daß der von sei ner Schöͤnheit aufgeblasene Diamant von GOtt gestrafft, und aus dem schoͤnsten und kostbarsten Edelstein in das schädlichste Gift seye verwandelt dabey auch dem geringsten Metall, dem Bley, die Kraft ertheilt worden, daß es die Härte des Diamants auflösen köͤnne. Als nun hierauf der Herr Botschafter ihme zu verstehen gab / wie dieses auch Gleichnis weise, als wie das vorige mit dem Stecken müsse angenommen werden, da nemlich GOTT der HERR oft schlechte Q 2 Erstes Buch / Neunte Abtheilung / 124 schlechte und verworfene Geschöpfe erwehle, um damit die Stär kern zu Schanden zu machen, indem ja in seinem eigentlichen Wort Verstand dieses nicht könne gesagt seyn / angesehen der Stein weder Rede noch Vernunft habe: gabe der Mehemed zwar gnugsam zu verstehen, wie er an dieser Erklärung nichts auszusetzen finde, brachte aber immerzu seine alte Einwendung dargegen für, daß es Von Pfer den.in ihren Büchern also geschrieben stünde. Er erzehlte auch, daß in Arabien noch Pferde aus demjenigen Geschlechte anzutreffen, auf welchen Mahomet geritten, welche unter den Tüͤrken theuer ver kaufft, und wann sie noch in Mutter⸗Leib, drey, vier bis fuͤnf hun dert Ducaten füͤr eines gezahlt wuͤrde; von diesen Pferden behaupte te er, daß sie des Freytags nichts fressen; deme der Herr Bot schafter beyfüͤgte: er glaube, daß sie es auch des Sambstags nicht thun würden, wann man ihnen nichts gebe. Damit aber dieses Mährlein noch einen mehrern Zusatz bekäme, wolte er auch behaupten / daß diese Pferde so gar beten könnten / und führte zu dessen Beweiß die vielfältigen und selzamen Bewegungen des Haupts von dieser auf jene Seiten an, wordurch sie ihre Andacht zu verstehen geben wolten; ja ich glaube, wann man ihme dieses zugestanden/ er wuͤr de ihnen gar eine vernuͤnftige Seele und andere den Menschen zu kommende Eigenschaften beygelegt haben. Einsmals brachte der Herr Botschafter den Mißbrauch der Beschnittenen auf die Bahn, und zeigte / wie es wieder das alte Gesetz liefe, worauf sie doch gleichwol selbsten viel zu halten pflegten, indem es daselbsten hiese: Seyd fruchtbar und mehret euch; auf dieses muste er bekennen, daß sich solches von ihrer Kaisere und Fürsten argwöͤhnischen Geilheit her schriebe, und sie auch noch heutiges Tags ihrer Macht hierinnen mißbrauchten. Dann die bösen Potentaten, indem sie sich von al len menschlichen Gesetzen befreyet und uͤber dieselbe zu seyn glauben, lassen es dabey nicht bewenden, sondern greifen so gar GOtt dem HERRN selbst nach seiner Gewalt, und bezeigen sich als absolu te Herrn über der Menschen Leben, welches sich doch GOTT al lein vorbehalten. Es wird aber von der Tüͤrken Lehre und Aber glauben schon noch zur andern Zeit zu reden Gelegenheit geben, weswegen wir uns jetzo nur immer wieder auf den Weeg machen wollen.

Wel

Reise von Philippopel bis Adrianopel. 125 Welchen wir auch den 14. dito ferner fortgesetzet, und nachdem die schwehr beladene Wägen in der Nacht voraus gegangen, denselbigen Tag acht Stunde zurüͤck gelegt. Noch vor der Sonnen Aufgang schickte der Herr Botschafter seinen Hof⸗Marschalk Der Bascha fähret mit dem Hn. GroßBotschafter. mit einigen aus dem zweyten Adel und den Hauß⸗Bedienten nach dem Bascha, denselbigen zu invitiren, welcher sich auch bald darauf mit den Seinigen eingestellt, in den Wagen gestiegen, und mit uns fort marchirt ist. Allhier saß der Herr Botschafter abermal zur rechten, zur linken der Bascha und gegen uͤber der Dolmetsch Herr Theyls; unsere Trompeter giengen voran / und des Bascha Musicanten folgten, so ihre Instrumenten ohne Unterlaß hoͤren liessen; die Chiausen machten ihr gewoͤhnliches Geschrey und wiederholten dasselbige zum öftern, absonderlich aber wann sie bey einem Ort vorbey kamen, damit nemlich die Bauern daselbst wissen möͤgten, daß ein Bascha oder andere vornehme Person vorbey ziehe. Unter solcher Kurzweil sind wir zu Usundschova noch gar fruͤhe, zu Harmanli aber um den Mittag ankommen; an welchen beiden Orten ein schöͤner Haan und Kirchen sich befinden, so aus lauter QuaterStücken aufgefüͤhret, die Flügel, Gewölber, Stiegen und Gaͤnge aber alle mit Bley bedeckt sind. Unser Laͤger haben wir in einer nicht gar grossen Ebene eine halbe Stunde von Harmanli aufgeschlagen, und zwar so, daß wir das Dorf Swrica, so mitten zwischen zwey kleinen Bergen gelegen, zur rechten, die Maritz aber zur linken hatten. Dieser Fluß ist von Harmanli etwas entfernt, so daß er nur von dem Berg herab kan gesehen werden; hingegen rinnet die Oludera fast daran vorbey, über welche eine Brüͤcke geschlagen, die mit einer Stiegen versehen, vermittelst deren man aus dem Wasser bis auf die Schwibböͤgen hinauf kommen kan. An diesem Tag war mit der Jagd wenig zu thun, und haben wir uns wegen Ungelegenheit der Oerter nicht damit bemuͤhen moͤgen.

Den 15ten sind wir über die Hepipcze gangen, an welcher ein kleines Dörflein gleiches Namens liegt / aber weder einen Haan, noch Brunnen oder Kirchen hat, und von dar nahmen wir unsern Weeg nach Mustapha Bascha Kiupri, oder wie es an Schöne Brüͤcke zu Mustapha Bascha Kiupri. dere nennen Tzgupri Cuprussi, welches Ort von der von Mustapha Bascha dabey aufgerichteten ungemein schoͤnen Brü cke Q 3 126 Erstes Buch / Neunte Abtheilung / cke, dergleichen man in ganz Europa wenig sehen wird, seinen Namen bekommen. Es bestehet aber diese Brüͤcke aus 20. Jochen, welche alle von den groͤsten Quater-Steinen verfertiget sind, mit welchen auch ein langer Weeg hinaus diß⸗ und jenseits der Brüͤcke belegt ist. Mitten auf derselben ist etwas aufgerichtet, das unsern Altären nicht ungleich siehet, und ein weiser Marmel⸗Stein bedecket, worauf Türkische Buchstaben eingehauen, durch welche der Name desjenigen, der es erbauen lassen, samt der Ursach, warum solches geschehen, angezeiget wird. Es soll sich die Summa der darauf gewandten Unkosten auf 400. Beutel oder 200000. Thaler erstrecken, Merkwürdigkeit davon. und erzehlen die Türken, daß der Sultan / nachdem sie völlig im Stand war, dem Mustapha habe so viel wiederum angebotten, als es ihm gekostet, wann er sie wieder verkauffen wolte, worauf er sich einen Tag Bedenk⸗Zeit ausgebetten, aber noch in selbiger Nacht Gift zu sich genommen, damit er sie dem Kaiser nicht wider seinen Willen verkauffen duͤrfte, dabey aber gehoft, daß er sich durch diese That bey der Nachwelt einen ewigen Namen zu wegen bringen würde.Entgegen der hier präsentierten Legende verstarb Çoban Mustafa Pascha 1529 auf dem Weg zur Belagerung Wiens. Als dieses der Sultan vernommen, hat er denjenigen, welcher zu erst üͤber bemeldte Brüͤcke gehet, mit unzehlichen Fluͤchen belegt, ohne Zweifel darum, damit dieses Denkmal um so viel weniger æstimirt wuͤrde, je wenigern Nutzen es auf solche Weise schaffete, wann sich niemand daruͤber zu gehen getrauen dürfte, und er also deren Ansehen bey der Nachwelt verringern moͤgte. Es hat sich aber mit allen diesen des Bascha Vater nicht abschrecken lassen, daß er nicht solte zu erst daruͤber gegangen seyn.

Am gemeldten Tag nahm der Bascha von Chaskoi seinen Des Bascha von Chaskoi Abschied von dem Hn. GroßBotschafter.Ruckweeg, nachdem er sich von dem Herrn Groß⸗Botschafter beurlaubet, und ihm ein Præsent von einem schoͤnen Pferd und zwey wol abgerichteten Sperbern gemacht hatte; dann es ist nicht zu glauben, wie sehr sich die Tüͤrken mit diesen Raub⸗Voͤgeln ergöͤtzen, indem sie sich derselbigen zum Lerchen⸗ und Wachtel⸗Fang bedienen, womit sie auch den Herrn Botschafter nachgehends zum öͤftern zu delectiren gesucht / und es damit folgender massen angefangen: Türkischer VogelFang mit den Sperbern.Es sitzen einige zu Pferd, halten diese Voͤgel fest in der Hand, und lassen sie nicht frey auf derselben stehen, wie bey uns im Gebrauch ist; wann nun eine Lerche oder Wachtel aufstehet, und so nahe kommt, daß sie vom Sperber kan gesehen werden, werfen sie solchen, so stark Reise von Philippopel bis Adrianopel. 127 stark sie können, nach dem Raub; erhaschet er nun den Vogel nicht gleich im ersten Anfall / ist es darum geschehen, und gehet er diesesmal frey durch: hingegen sind die mehresten so wol geuͤbt, daß ihnen selten ein Vogel echappiren kan. Zur selbigen Zeit schickte der Herr Botschafter den Herrn Daniel Lampert Hulin, einen wolerfahrnen und beruͤhmten Leib⸗Arzt, samt einem Dolmetsch, Namens Gottschalk, in die Stadt Adrianopel, sich der Luft und der daselbst grassirenden Krankheit besser zu erkundigen, damit, wo dieselbige noch stark anhielte, Er die Stadt entweder vorbeygehen, oder doch nur in Eil durchziehen koͤnnte, damit durch einigen Aufenthalt niemand von den Seinigen angesteckt und damit die ganze Gesandtschaft in Gefahr gesetzet wuͤrde. Den 16. war wiederum ein Rast⸗Tag, woran sich einige an statt der Ruhe, die Jagd besser gefallen liessen.

Den 17. sind wir gleich frühe über die obbemeldte beruͤhmte Brücken gegangen, und haben die Maritz zur rechten Seiten gelassen, welche uns bisher bestäͤndig zur lincken Hand geblieben. Auf dem halben Weeg jenseit des Flusses kamen wir von weiten bey dem Dorf Chirmente vorbey, so auf einen Berg gebauet, und gleichsam an dem Felsen hanget. Worauf wir endlich zwey Stunde vor Adrianopel liegend geblieben, von dar der vor zwey Tagen abgeschickte Leib⸗Arzt wieder zu uns gekommen, und erzehlet, daß zwar in der Stadt eine Seuche grassire, und man Geschwulst, rothe Blattern und mehr andere Zeichen an denen Patienten finde, aber die Luft noch nicht inficirt wäre; es erstreckten sich die Zahl der Todten täͤglich nicht hoͤher als auf 3 bis 4. und dieses nur unter den gemeinen Leuten, welche mehr von ihrer unordentlichen Lebens⸗Art, als von einer ansteckenden Krankheit dahin stüͤrben, es käme auch wol darzu, daß an manchem Tag gar keiner begraben wuͤrde; weswegen der Herr Groß⸗Botschafter sich entschlossen, mit seinem ganzen Gefolg die Stadt zu beziehen, in welchem Absehen Er noch selbigen Abend den Quartier⸗Meister Kraft mit einem Dolmetsch hinein geschickt, die Quartier allda einzurichten. Ehe aber solche noch weg waren, kame einer von des Mollach oder Des Mollach zu Adrianopel Abfertigung an die Gesandtschaft. Landrichters nahen Anverwandten, der ihm auch wegen seines hohen Alters in seinem Amt adjungirt war, und brachte mit sich aus der Stadt unterschiedliche Kuchen, Fruͤchte und Blumen füͤr den Herrn Botschafter. Hierauf haben wir uns den 18. dito, auf

erhal

Erstes Buch/ Neunte Abtheilung. 128 erhaltene Nachricht wegen der eingerichteten Quartier, in schöͤnster Einzug in die Stadt Adrianopel. Ordnung nach der Stadt begeben; aus welcher uns die Spahi und Janitscharn, unter welchen viel erst angehende sich befunden, in ihrer gewoͤhnlichen Confusion und Kleidung, mit ihren Stecken in den Händen, wodurch sie eher Vieh⸗Treibern als Soldaten ähnlich sahen, entgegen giengen; die alten Janitscharen hatten ihre OrdensHauben, die jungen Ankömmlinge aber kleine rothe Kaͤpplein, so noch mit keiner Leinwand umwunden waren, auf den Kopf. Zwischen diesen sind wir, nebst den Vornehmsten aus der Stadt, welche mehr denn eine halbe Meil dem Herrn Botschafter entgegen geritten, Der dazumal kranke Bostangi Bascha kommt dem Herrn Botschafter entgegen. mitten hindurch in die Stadt eingezogen. Es hat sich auch so gar der dazumal alte und kranke Bostangi Bascha, oder Ober⸗Aufse her über die Kaiserliche Gebäu und Gaͤrten, in seinen ohnweit der Stadt gelegenen Garten bringen lassen, um den Herrn GroßBotschafter seine Reverenz zu bezeigen, und seine Dienste zu offeriren; deme Se. Excellentz nach Jhrer Ankunft wiederum zwey Edelleute, den Herrn von Weipler und Ausem in gleicher Verrichtung zugeschickt: Er fertigte auch den Herrn Hulin und Dorschaͤus, seine beyde Leib⸗Aerzte, an ihn ab, welche seine Kranckheit untersuchen, und ihme hierwider dienende Mittel verordnen solten.

Es liegt aber diese Stadt Adrianopel in Thracien an der Beschreibung der Stadt Adrianopel.Maritz / in welche vom Aufgang her die Tunsa flieset. Von Lampridio in Elagabalo wird sie Oresta genennt: in folgenden Zeiten aber hat sie nach Ammiani Zeugnuͤß Uscudama geheisen / endlich aber, nachdem sie Kaiser Adrianus erneuert, nach Jhm den Namen Adrianopel angenommen, welches die Tüͤrken Edrene aussprechen; diese Erneuerung aber ist im 885ten Jahr nach Erbauung der Stadt Rom von bemeldtem Kaiser vorgenommen worden. Die Ebene daselbst ist nicht so groß, wie sie Seyfried beschreibt, sondern zum Theil mit Hügeln umgeben, und auch selbst die Stadt auf einige derselben angebauet. Um das Jahr Christi 1363. hat selbige der Sultan Amurath den Christen zu erst hinweggenommen, von welcher Zeit an so wol er, als alle nachfolgende Orientalische Kaisere, sie zu ihrer Residenz erwehlet, bis um das 1455te Jahr die Türken Constantinopel eingenommen haben. Jn ihren Umkreiß macht sie eine runde Figur, ist mit einer Mauer umgeben, zwischen welcher in gleicher Weite von einander stehende Thüͤrne auf gefüh

Prospect des Serallien pag. 129
129 Reise von Philippopel bis Adrianopel. geführet sind, an denen ehedessen viele Griechische Schrifften zu lesen waren, welche aber die alles verzehrende Zeit auch wieder ausgelöschet. Die Zügel selbst wurden zu dieser Schrifft gebraucht, indem sie auf eine solche Manier aus der Mauern herausgerucket worden, daß sie allerhand Buchstaben dardurch vorstelleten, deren zwar noch einige davon zu sehen, doch nicht in solcher Ordnung und Vollkommenheit, daß man einen ganzen Sensum heraus bringen koͤnnte. Das Kaiserliche Serallien liegt ungemein plaisirlich; dann auf der Kaiserliche Serallien. einen Seiten gehet es auf die fruchtbarste und lustigste Felder hinaus auf der andern aber wird es durch den Caradare⸗Fluß, oder der Arda / und nach Seyfrieds Benennung Capriza / von der Stadt abgesondert.Gemeint ist Johann Heinrich Seyfried, Imperii Turcici Imago, Sulzbach 1685. Selbiges ist mit einer hohen Mauer umfangen, aber das mittlere Gebäu mehrentheils von dergleichen Holz worinnen keine Wüͤrmer wachsen. Es ist uͤber dieses mit Bley bedeckt, und gar artig mit gruͤner und rother Farb bestrichen; so geben auch die auf den Dächern verguͤldete Knoͤpfe demselbigen eine nicht geringe Zierde. Seyfried meinet, es falle wegen der weit herfüͤr stehenden Dächer mehr Licht in die Zimmer und das innere Hauß, wovon ich aber gerad das Gegentheil glaube; dann eben darum sind die Daͤcher so weit herausgeruckt, damit sie einen Schatten verursachen, und auf solche Weise die Strahlen der Sonnen destomehr aufhalten sollen. Wir werden auf der Ruck⸗Reise bessere Gelegenheit haben, von diesem Serallien zu handeln, als welches uns auf Kaiserlichen Befehl aufgeschlossen und gezeigt worden. Jn diese Stadt pflegt sich der Sultan entweder zu seiner Recreation zu begeben, oder wann er sich in Constantinopel nich recht sicher weiß. Doch ist er auch hier nicht Des Mustapha Dethronisirung zu Adrianopel.allezeit von der Gefahr befreyet, und hat des jezt regierenden Kaisers Ahmed Bruder, der Mustapha, diese Stadt zimlich fatal für sich befunden; dann weil er den Janitscharen vier Jahr und drey Monat den Sold schuldig blieben, wurde er von ihnen angeklagt, daß er der Jagd allzu sehr ergeben wäre, hingegen die Regierungs⸗Sorge an den Nagel hienge, und derowegen des Reichs allhier entsetzt, an dessen statt sie seinen Bruder auf den Thron erhoben. Er ist aber gleichwol eines natuͤrlichen Todes gestorben, oder, wie einige gar wahrscheinlich dafür halten, durch des Ahmeds Anhänger mit Gift aus dem Weeg geräumt worden,Mustafa II. wurde nach seiner Absetzung inhaftiert und starb aus heute nicht mehr nachvollziehbarer Ursache während der Haft; vgl. Sakaoğlu 2015, S. 294. nachdem er drey Soͤhne, den Mamud / Dessen hinterlassene Söhne. Assan und Osman hinterlassen, die uͤbrigen aber sind noch bey sei nen R 130 Erstes Buch, Neunte Abtheilung. nen Lebs⸗Zeiten entweder gestorben, oder sonst auf die Seiten geschafft worden: diese drey hinterbliebene aber werden von den Janitscharn sehr geliebt, welche ihnen auch zu Vormuͤndern verordnet sind; Des Jüngern Gunst bey den Janitscharn.weswegen man gaͤnzlich dafuͤr haͤlt, daß der Juͤngere aus ihnen noch einmal zum Kaiserthum gelangen doͤrfte, weil er wegen seiner Freygebigkeit von denen Tüͤrken gar sehr æstimirt wird. Dann die Tuͤrcken Die Succession haftet auf dem Ottoman. Hauß.sehen nicht auf das Alter oder die erste Geburth, sondern lassen sichs genug seyn, wann sie in ihrer Wahl nur das Köͤnigliche Ottomannische Hauß nicht vorbey gehen.

Morgens um 2. Uhr kame ein Tuͤrck mit einer Trummel vor Ramazam oder die grosse Fasten.die grosse Moschee, und gieng von daran durch die ganze Stadt, das gewöhnliche Zeichen zur dreyssig⸗tägigen Fasten damit zu geben, welche Fasten sie Ramazam, das darauf folgende Fest aber Bairam nennen, so unsere vierzig tägige Fasten und darauf folgende Ostern einigermaßen vorstellen kan. Diese Zeit hindurch essen und trinken die Tuͤrken niemal bey Tag, schmauchen auch keinen Toback vor der Sonnen Untergang: so bald sie aber die Sterne am Himmel erblicken, stellen sie Gastereyen an, und brechen sich in keinem Ding etwas ab; verrichten also dasjenige bey der Nacht, welches sie sonsten nur bey Tag zu thun gewohnt sind: wie sie dann, weil sie des Tags über nichts essen dörfen, eben darum auch nicht arbeiten; doch muß dieses von denenjenigen nur verstanden werden, welche von guten Vermoͤgen sind, da hingegen diejenige, die nur so viel haben, als sie mit ihrer Hand⸗Arbeit verdienen, mit ihren nuͤchternen Mägen gleichwol die Hände nicht doͤrfen feyren lassen. Diesen Monat hindurch werden ihre Kirchen⸗Thuͤrne, deren allda gar viele und nach ihrer Art sehr wol gebaute anzutreffen, mit vielen Lichtern behenkt, so daß man zu weilen um eine einige Kirche etliche tausend Ampeln brennen siehet: dann weiln ihre Moscheen oft mit vier und noch mehr solchen Thürnlein versehen, und ein jedwedes derselben wiederum in so viele Hoͤhen oder Absätze abgetheilet ist, die alle absonderlich muͤssen beleuchtet werden, kan man sich leicht die Rechnung machen, daß unzaͤhlich viel Lampen darzu erfordert werden, damit solche allenthalben ein beständiges und genugsames Licht haben. Bey allen diesem Licht aber tappen sie gleichwol in der Finsternuͤß herum; und denenjenigen welchen taͤglich ein neues Licht aufgesteckt wird, bleiben nichts destoweniger die Herzen durch ihre falsche Lehre in beharrlicher Dunkelheit. Hier ge niessen Reise von Philippopel bis Adrianopel. 131 niessen die Weiber mehrere Freyheit, als anderer Orthen, und doͤrfen sich öfters unter den Leuten sehen lassen. Die starke Handlung, wor Einwohner / Gassen/ Haͤuser / Kirchen Kaufmanschaft /Fruchtbarkeit der Stadt Adrianopel. zu das vorbey fliesende Schiffreiche Wasser vieles contribuiret, hat unterschiedliche Nationen hieher gezogen: die Häuser sind viel schöner und groͤsser als in allen denen Städten, so wir bishero noch ge sehen haben, die Gassen hingegen sehr eng und ungleich. Sonsten trifft man allhier wenig Sehenswürdiges an, auser einigen vornehmen mit Kupfer bedeckten Moscheen/ denen die angebauten hohe und kunstreiche Thuͤrne, die mit mancherley dicken und kuͤnstlich- ausgehauenen Säulen besezte Gaͤnge, die von Metall gegossene SaͤulenFüsse und Blatten, der kostbare Marmol, die Gleichheit des Bodens, die zierlich geschnitzten Thuͤren, schöͤne Brunnen, prächtige Eingänge, verguldete Knoͤpfe, und mit sonderbahrer Kunst gewirkte Teppiche ein vortrefliches Ansehen machen. Das Erdreich ist sehr fruchtbar, so daß weder an Wein noch andern Fruͤchten der geringste Man Röm. Catholischer GottesDienst daselbst.gel erscheinet, wie dann hiesiges Gewaͤchs vom Wein füͤr das beste in der ganzen Türkey gehalten wird. Unsern Gottes⸗Dienst versehen zwey Priester aus dem Orden des H. Franciscus mit nicht geringer Erbauung bey ihrem sehr kleinen Christen⸗Haͤuflein; sie sind aber in der Tracht von der Tuͤrkischen so wenig, als die Armenianer, Griechen, Araber und Juden unterschieden; als welche aus einem langen mit Pelzwerk gefüͤtterten Rock und weiten bis auf die Schuhe herabhangenden Hosen bestehet, dabey haben sie auch einen langen Bart, und werden durch nichts als den Haupt⸗Schmuck von den Turban daran werden die Türken erkannt. Türken unterschieden: dann diese werden gleich an ihren Turban erkannt, weil solchen niemand / als sie allein, gebrauchen darf, an dessen statt sich andere pelzerner Hauben bedienen, welche sie, absonderlich aber die Juden, mit bunter oder schwarz⸗ und weiser Leinwand, doch weder so dick noch breit, und auf eine ganz andere Manier als die Türken, umwinden. Allhier haben wir auch einen erfahrnen Feldscheerer Christlicher Feldscherer daselbst. angetroffen, der ehedessen unter dem Graf Guido Stahrenbergischen Regiment gedienet hatte, aber zu Anfang des verwichen Kriegs von den Türken gefangen worden, und hernach viele Jahre bey einem Herrn als ein Sclav dienen muͤssen, bey dem er ein so leidliches Tractament gehabt, daß er auch niemal von ihm einigen Schlag empfangen; und weil er seinem Herrn dabey wol und treulich gedient, hat dieser ihn noch vor seinem Absterben die Freyheit geschenkt / und seine Erben im R 2 Erstes Buch / Neunte Abtheilung / 132 im Testament dazu verbunden, daß sie diesem seinen so wol verdienten Knecht ein gewisses Stuck Geld, anbey auch Brod und Fleisch für seine Haußhaltung, so lange er leben wuͤrde, umsonst reichen solten. Dieser Mann lebet noch mit samt seiner Frauen, die gleichfalls eine Billiches SclavenTractament bey den Türken.Christin ist, ob er gleich bereits schon das achtzigste Jahr zuruck gelegt hat / und geniesset das von seinem Herrn ihm vermachte Legat in erwünschter Ruhe; dann dieses muß man den Türken nachsagen, daß sie die Diener und Sclaven, durch deren Fleiß und Bemuͤhung sie sich einen Nutzen schaffen koͤnnen, sehr wol und oft besser, als die Christen die ihrige, halten. Die ersten Jahre sind für solche ungluͤckliche Leute am beschwehrlichsten, absonderlich wenn sie noch jung, weil die Tuͤrken selbige entweder mit Schmeicheln, oder, wann dieses nichts verfangen will, mit der Schäͤrfe zu ihren Glauben zu bringen suchen; wann aber dieser Sturm uͤberwunden, wird man finden, daß die Gefangenschaft nirgend erträglicher als bey den Tüͤrken seye, und wann ein Knecht in einer Kunst erfahren ist, gehet ihm nichts anders als die Freyheit ab, ausser welche er alles andere hat, was ein freyer Mensch sich nur wuͤnschen kan: dabey aber muß man auch dieses wissen / daß sie so hart daran kommen, einen solchen Menschen von sich zu lassen, als guͤtig sie sich in andere Weege gegen ihm bezeigen, und wann sie ja gezwungen werden, ihn füͤr baar Geld zu dimittiren, wissen sie ihn theuer genug anzuschlagen. Ein Exempel ihrer Hartnäckigkeit sehen wir in diesem Punct an einem gewesenen Sclaven, mit Namen Anton Armaroli, einem gebohrnen Venetianer; dieser wurde erstlich an einen Griechen, nachgehends aber an einen Armenier verkaufft, welcher ihm versprochen, nach Verfliessung zweyer Jahre die Freyheit wieder zu geben; nachdem aber dieselbige vorbey waren, hat ihn sein Herr, aus Hofnung / einen noch groͤssern Gewinn von ihm zu ziehen, gleichwol nicht loß gelassen: weil er nun also sein wol bedachtsames Versprechen leichtsinniger Weise wider zuruck gezogen, hat jener gleichfalls dafür gehalten, daß er nun nicht mehr schuldig sey, länger treu zu verbleiben, weswegen er seine Zuflucht zu uns genommen. Als er nun deswegen von seinem Herrn vor Gericht belanget worden, hat er sich nicht nur genugsam verantwortet, sondern auch durch den hohen Vorspruch des Herrn Groß⸗Botschafters seine Freyheit erlanget.

Den

Reise von Philippopel bis Adrianopel. 133 Den 19. und 20ten sind wir allhier still gelegen, in welcher Zeit von Wien aus so wol Couriers ankommen, als auch wieder zuruck spedirt worden; es haben auch durch des Herrn Groß⸗Botschafters Bemuͤhung einige Gefangene unterdessen ihre Freyheit erhalten, Des Herrn Botschafters Verrichtung zu Adrianopel. ein anderer aber, welcher unlängst zwischen Nissa und Sophia zu uns geflohen war, und nun, da er deswegen Geld von den Türken bekommen, wiederum zu ihnen uͤberlaufen wollen, wurde von den Unsrigen aus der Flucht zuruck gezogen. Bey dieser Gelegenheit haben wir auch die Kirchen und Kauf⸗Häuser besehen, da dann nicht mit Stillschweigen zu übergehen, daß, obschon die Türken von dem Vornehmsten bis auf den Geringsten bey den Eingang der Kirchen die Schuhe abzulegen gewohnt sind, der Herr Groß⸗Botschafter seine Stiefeln doch niemal aus⸗ noch andere Schuhe angezogen, worwider gleichwol die Tuͤrken niemaln was eingewendet. Hier sind aufs neue von dem Bostangi Bascha der Herr Hulinus und Dorschaͤus verlangt worden/ damit sie nach genau untersuchter Krankheit / welche doch in nichts anders als einem von hohem Alter herkommenden bloͤden Gesicht und boͤsen Augen bestunde, die mit sich bringende Arzney appliciren oder deren Gebrauch anweisen moͤchten, welche aber nicht eher hinaus kommen wolten, bevor er ihnen nach LandsGewohnheit die benoͤthigten Pferde zugeschickt häͤtte. Diesen haben sich alsdann der Feldscheerer Morelli / und Frankenberg der Apothecker zugesellet, und bey eben dieser Occasion erhielte ich auch Erlaubnüß, das Serallien oder den Kaiserlichen Pallast von aussen, wie ich ihn vor beschrieben habe, und den darzu gehöͤrigen Garten von innen zu besehen. Es zeigte sich allhier gleich, daß ein Zierlicher Garten an dem Serallien. Kaiserlicher Gärtner oder vielmehr Ober⸗Aufseher über die Kaiserliche Gebäue und Lust⸗Häͤuser allda wohnen müsse, indem alles, wo man nur hinsahe, gar unvergleichlich nett abgezeichnet, und in ganz ungemeine Ordnung gebracht war. Gleich vor dem Hauß des Bascha, so gegen dem Serallien uͤber liegt, und nur von einem Fluß davon abgesondert ist, fielen einem neun schändlich zugerichtete irrdene Blumen Stoͤcke mit gemeinen schier halb verwildeten und mit Graß haͤufig bewachsenen Nägelein in die Augen; die Bäume im Garten stunden in schoͤnster Confusion, dabey sich der Gaͤrtner, wie es schiene, ein Gewissen machte, auch nur einen einigen ungleichen Zweig daran zu beschneiden, und lieber der Natur ihren Lauf ließ; die kurzen R 3 Weege 134 Erstes Buch / Zehende Abtheilung / Weege zeigten von seiner Ungedult, welche ihm nicht verstattete, einerley Gang lang fort zu gehen, vielmehr aber sich auf eine oder andere Seiten bald wieder hinum zu schlagen; deren Enge erlaubte nicht, mit jemand in Gesellschaft zu spatzieren, sondern erforderte lauter tiefsinnige Philosophos, welche nur immer mit sich allein zu reden gewohnt sind, es seye dann, daß sie sich resolviren, wie die Schnee⸗Gäͤnse hinter einander fort zu streichen; an dessen Kruͤmme aber solte man sich leichtlich einen Jrr⸗Garten vorstellen koͤnnen, in welchen man die Leute, ehe man sichs versiehet, aus dem Gesicht verliehrt; doch sahe man nichts desto weniger einige breite Strassen darinnen, welche vielleicht nur dem Kaiser und seiner Suite zur Bequemlichkeit in solcher Distanz angegeben worden. Wind⸗Kraut, Schaaf⸗Linsen und andere rare Gewaͤchse liesen sich allhier eben so wol, doch sehr gesparsam, antreffen, an welchen noch darzu das Unkraut seine Tyranney auszuüben suchte, und diesen Kostbarkeiten auf unterschiedliche Weise den Untergang drohete. Doch mag diese nachlässige Sorgfalt vermuthlich daher kommen, weil gegenwaͤrtiger Kaiser seit dem Tod seines Bruders wenig mehr nach Adrianopel kommt, folgends dessen Abwesenheit auch die Kaiserlichen Gebäue entgelten muͤssen; dann ausser diesem muß man bekennen, daß die Tüͤrken auf ihre Gaͤrten was zu wenden pflegen. Es Visite des Bostangi Bascha bey dem Herrn Botschafter.hat sich aber auch der Bostangi Bascha selbst gefallen lassen, seine Visite bey dem Herrn Groß⸗Botschafter abzulegen, welcher ihn von dem Adel bey dem Eingang empfangen, in dem Zimmer selbst aber mit Chocolate und eingemachten Fruͤchten tractiren lassen, dagegen er den Herrn Botschafter mit frischen Obst und Weintrauben in Uberfluß versehen hat.

Zehende Abtheilung.

DEn 21ten sind wir nach einem Aufenhalt von dreyen Tagen wiederum von Adrianopel aufgebrochen, und haben unsere Reise über die fruchtbaren Felder der Landschaft Thracien fort gesetzet. Unterwegs trafen wir zu beiden Seiten Kirchhöfe, Gräber, Brunnen, Städte, Flecken und Dörfer an, und zur Linken sahen wir Burnupampukli / Karabaiera / Oul⸗Bascha und Reise von Adrianopel bis nach Ziorly. 135 und Haskoi, zur Rechten aber zwey kleine Flüsse, Bosnaquoi und Sekenderkoi / über welche zwey steinerne Brücken geschlagen waren; der eine davon welcher auf den Land⸗Charten nicht zu finden, kam uns schon auf halben Weeg nach Hapsa / der andere aber bey jetzt gedachtem Ort selbst zu Gesichte; und weil die Pest noch nicht nachgelassen, haben wir uns in das Ort nicht hinein gewagt, sondern auf dem Feld unter freyen Himmel unser Lager aufgeschlagen, und daselbst der frischen Luft genossen. Zu Hapsa siehet man eiPrächtiger Haan zu Hapsa. nen sehr prächtigen Haan / an welchem zwey Fluͤgel angehengt sind, deren jeder aus sieben grossen Schwibboͤgen bestehet, unter welche die Heerden und das Joch⸗Viehe köͤnnen gestellet werden. Jn der Mitten hat es einen Brunnen, eine sehr grosse zierliche Pforte, der Boden ist mit Quater⸗Steinen gepflastert, gerad gegen über stehet eine Moschee mit drey Gewoͤlbern, welche so wol als der Haan selbst mit Bley bedeckt sind. Hier zu Land drischet man nicht / wie bey Dreschen mit Ochsen. uns, mit Flegeln, sondern mit den Ochsen auf freyen Feld, wes wegen man auch grosse Haufen mit Getraid auf dem Felde liegen siehet; dieses aber geschiehet folgender Gestalt: es wird eine lange runde Walzen, welche zwischen zwey kleine Hoͤlzer eingefaßt ist, von denen in der Runde herum gehenden Ochsen, die von den aͤussersten anfangen, und sich nach und nach immer naͤher zu dem Mittel⸗Punct wenden, herum getrieben, und dieses so lang und viel, bis das Stroh völlig zerstückelt, und die Köͤrner von ihren Aehren los worden; welche alsdann auf der Erden liegend von den Steinlein und Staub gereiniget und ausgewehet werden.

Den 22ten als am Tag Maria Magdalena, wurden vor unsern Aufbruch einige Messen gelesen; nach deren Vollendung giengen wir über Manarelliquoi nacher Babaeskisi / oder Eski Baba / oder auch nur Baba, und liesen den Bach Sugitleka samt dem Dorf Jeneackenscheli rechter Hand, linker Hand aber Qulelli/ Tgollimar und Quantiquoi liegen. An diesem Tag kamen Zween Sclaven kommen zu uns. zween Sclaven zu uns geloffen, davon der eine ein Schwed aus Stockholm / seiner Profession ein Strumpfstricker, der andere aus der Mark⸗Brandenburg / ein Schuster, war. Sie hatten von Adrianopel aus die ganze Nacht ihre Flucht fortgesetzt, bis sie uns erlangt haben. Der Herr Groß⸗Botschafter hatte dieselbige bereits von dem Stadt⸗Richter zurück fordern lassen, weil er durch sei ne 136 Erstes Buch / Zehende Abtheilung / ne Ausspäͤher von ihrem Darseyn schon Nachricht erhalten / gabe auch dabey vor der Schwed seye von Luͤbeck gebuͤrtig, weil er sonsten keine genugsame Ursach wuͤrde gehabt haben, ihn, als der kein Teutscher wäre, abzufordern; allein so lang wir uns in der Stadt aufhielten, hat sich der Herr dieser Sclaven auf sein Land⸗Gut retirirt, und selbige mit sich genommen, auch allda mit den Füͤssen an einen Stock schliessen lassen: es hat aber eine von seinen Weibern, welche aus der Walachey gebuͤrtig war, und barmherziger als die andern seyn mogte, ihnen Gelegenheit und Mittel an die Hand gegeben, wie sie sich los machen koͤnnten, indem sie ihnen einen Sack zu gelangt, worein sie Feilen und andere eiserne zu ihrer Erledigung dienende Instrumenten gesteckt, mit welchen sie ihre Banden aufgelöset; und weil sie uͤber dieses noch zwey Thuͤren offen gelassen, fanden sie bey ihrer Erledigung destoweniger Schwührigkeit: wie uns dieses alles einer von den Beiden umstäͤndlich erzehlet hatte. Es wurde auch schon vorher von einem aus unseren Priester für sie Geld gebotten, allein ihr geitziger Herr wolte keinen nicht anders als für 150. Ducaten uͤberlassen. Sie versicherten uns, daß sich noch mehr dergleichen Sclaven zu Adrianopel befäͤnden, welche aber von ihren Herrn auf gleiche Weise weg geschaffet worden.

Den 23ten brachen wir in der Nacht auf, wie wir schon ehe bey heisen Tagen gewohnt waren, und nachdem wir uͤber zwey Wasser, die Eskibaba / oder, wie es andere nennen/ Mela und Namastir gesetzt, sind wir zu Burgas, einem beruͤhmten Mark⸗Fle Dem Hn.Botschafter stunde ein grosses Unglück bevor. cken / ankommen. Heute hätte dem Herrn Groß⸗Botschafter ein grosses Ungluͤck begegnen koͤnnen, wann es der Hoͤchste, deme dafuͤr herzlich gedanket seye, nicht noch in Gnaden verhütet; dann da setzte sich sein Pferd unvermuthet auf die beiden hindern Füͤsse, und wolte seinen Reuter aus dem Sattel heben, es hat aber Se. Excellenz so viel Zeit gefunden, noch vor dem gaͤnzlichen Fall herab zu springen, so daß Er zwar den rechten Fuß und Schulter ein wenig verrenket, aber dagegen in Gefahr stunde, mit samt dem Pferd um das Leben zu kommen. Des andern Tags blieben wir bey Burgas stehen, und wurde gegen dem Mittag Befehl ertheilet, daß keiner aus dem Lager gehen solte, weil etliche tausend Mann Tartarn allda Reicher Haan zu Burgas.vorbey marchiren wuͤrden. Der hier sich befindende Haan ist gleich dem zu Hapsa auf diejenige Weise eingerichtet, von welcher ich schon 137 Reise von Adrianopel bis nach Ziorly. schon oben an einem Ort gemeldet, daß es dergleichen in Asien gar viele gebe, die nemlich von ihren erstern Stiftern mit so reichen Einkommen versehen sind, daß den Fremden Reiß, Brod und andere Sachen umsonst gereichet werden muͤssen. Der Groß⸗Vizir Jb Jbrahim ein Stifter vieler Haane. rahim hat durch das ganze Reich so viel dergleichen öͤffentliche Würths⸗Häuser oder Haan gestiftet, als Tage in einem monatlichen Jahre zu zehlen, welche er auch alle sehr reichlich begabt hat. Dieser lebte zu Zeiten des Kaiser Solimans, welcher die starke Ungarische Vestung Siget belagert, aber auch davor sein Leben lassen müssen; weil nun Jbrahim des Kaisers Tod auf eine Dessen kluge Verhälung von des Kaisers Tod. verschmitzte Weise ganzer 40. Tage verborgen gehalten / und dem Reich nicht geringen Nutzen dardurch zu gewendet, haben sie ihm grosse Ehre und Freyheiten wider ihre Gewohnheit ertheilet, indem sie sich sonst für die empfangene Gutthaten schlecht erkäͤnntlich bezeigen. Unter andern Vortheilen, welche sie ihm zu erkannt, ist bilDardurch erworbene Freyheiten. lig oben anzusetzen / daß er und alle seine Nachköͤmmlinge dem Namen eines Hans oder Köͤnigs füͤhren durften; diesem wurde noch beygesetzt, daß niemand bey dessen Familie weder mit dem Schwerdt noch durch den Strang oder auf eine andere gewaltthätige Weise darf hingerichtet werden, welches Privilegii die Familie der Kiuperli sich auch zu erfreuen hat. Die gröste Straffe, die man ihnen anzuthun fähig ist / bestehet darinnen, daß man sie ins Elend verschicken kan, welches aber doch auch so weit eingeschrenkt, daß, wider die sonst gewöͤhnlichen Gesetze und Ordnungen dieser Barbarischen Völker, die Güter bey den Erben bleiben muͤssen, nicht Erbe der Exulanten ist der Türkische Kaiser. aber in den gemeinen Seckel oder zu des Sultans Schätze gebracht werden darfen; dann ausser diesem pflegt der Sultan der verbannisirten Güter einzuziehen, und sich für den Erben derselben darzugeben / mit was Recht oder Unrecht solches auch geschiehet darauf wird wenig regardirt. Nunmehr ist aus diesem Geschlecht nur noch ein einiger vorhanden / so 19. Jahr alt ist, und noch keine Kinder hat.

Den 25. als am Jacobi Tag, sind wir auf Carischtran kommen, und hatten zur linken Seiten unsers Lägers ein morastiges Wasser, welches so klein war, daß man daruͤber springen oder doch Kaiserl. Lust⸗Hauß zu Carischtran. dardurch gehen kunte, an dessen Ende drey viereckigte gespitzte und aus Quater⸗Steinen verfertigte Säulen stunden, so in der Mitten S eine Erstes Buch, Zehende Abtheilung / 138 eine Höle hatten, wordurch das Wasser in des Sultans Lust⸗Hauß geleitet wurde, welches wir auf den Nachmittag besehen, aber lang nicht so beschaffen gefunden, daß es eine tuͤchtige Wohnung für einen grossen Prinzen abgeben sollen. Das Gebäͤu war an sich selbst viereckigt, und hatte auf der Erden kleine mit hoͤlzernen Gittern vermachte Zimmer, in denen die Weibsbilder aufbehalten werden: man sahe auch zwey Bäder allda / die an Schönheit mit den Zimmern voͤllig accordirten; und duͤrfte man in Teutschland noch wol Ställe antreffen, so dieser Köͤniglichen Wohnung einen WettStreit ihrer Vortreflichkeit halben anbieten koͤnnten. Der Hüter dieses Serallien empfienge den Herrn Botschafter bey dem Eingang mit dem gewöhnlichen Geschrey, füͤhrte ihn durch das ganze Viele Kinder bey den Türken was rares. Hauß, præsentirte Jhm seine junge Zucht, mit welcher er sich gar viel wuste, weil es bey den Türken gar was seltsames wann einer viel Kinder hat: darunter war auch eines von dreyen Jahren, die eine jede Sache gar eigentlich mit ihren Namen zu nennen wuste: sie war auch nicht haͤßlich von Angesicht, zuͤchtig, die Haa Farbe der Haare und Nägel.re nach Türkischer Mode mit Safran, die Nägel an den Fingern aber mit Berg⸗Zinober oder Purpur gefärbet, welches also zu gehet: Sie haben ein Graß⸗grünes Pulver, dasselbige machen sie naß, bestreichen auf den Abend die Nägel damit, und verbinden sie, alsdann veräͤndert sich die Nacht uͤber diese Farb in roth, welche den Häͤnden also anklebt, daß man sie kaum durch vieles Waschen in 14. Tagen wieder herunter bringen kan. Füͤr die Ursach solcher Gewohnheit geben sie dieses an, daß, weil die Mäͤnner beschnitten wären, die Weiber doch auch was haben muͤsten, welches ihr Geschlecht von andern unterscheidete, wie wir dessen von unsern Führer dem Mehemet berichtet worden. Allein die Verständigern unter ihnen wissen eine andere Ursach vorzubringen, und sagen, es habe diese Mode der Männer Eifersucht und zwar zu dem End erdacht / damit die in Orient zur Geilheit geneigte Weiber sich nicht selbst stilleten, und mit ihrer eigenen Person eine fleischliche Suͤnde begiengen, welches auf solche Weise leichtlich gemerket und nach Verdienst gestraffet werden koͤnnte; welchen Gebrauch doch auch die Armenier, Grichen / Juden und Christen observiren: jedoch verhindert dieses, daß andere Voͤlker in der Tuͤrkey diesen Gebrauch beybehalten, gleichwol nicht, daß man die erst angefüͤhrte Ursach nich Reise von Adrianopel bis nach Ziroly . 139 nicht für sehr wahrscheinlich halten solte, da indessen andere Nationen es nur wegen Landes⸗Gewohnheit mit machen, und in dieser an sich selbst indifferenten Sache sich andern gleich stellen.

Da wir bey dem Serrallien Hüter waren, und unser Adel Caffé trank, liesse sich der Herr Groß⸗Botschafter mit dem Capigi Baschi in ein freundliches Gespraͤch ein, und fragte unter andern, ob auch daselbst ein Haan seye, der so reiche Einkünfte / als wie der zu Hapsa und Burgas / habe / daß man darinnen den Reisenden die Kost umsonst reichen müsse? worauf Er zur Antwort bekam, daß zwar ein Haan sich allda befinde, habe aber damit keine solche Beschaffenheit, wie mit jenen Beiden; diesem setzte er noch hinzu, wie einige von denselben, vornemlich aber in Asien, solche Einkünften hätten, daß man nicht allein den Menschen, sondern auch dem Joch⸗Vieh seine nothwendige Verpflegung reichen muͤste, es wären aber mit der Zeit diese Stiftungen durch Nachläͤssigkeit oMißbrauch der Stiftungen. der Geitz derjenigen, so die Güter in Verwaltung gehabt, ganz und gar abkommen. Fragte dabey uns: ob es nicht auch also bey uns zu gienge, daß viele Sachen, so einen guten Anfang gehabt, mit der Zeit immer abnehmeten, bis endlich ihr völliger Untergang erfolge? Was solten wir nun hierauf diesen Barbarn antworten? Ach daß wir doch mit Grund der Warheit das Gegentheil hätten behaupten köͤnnen, aber werden wir nicht taͤglich, GOTT sey es geklagt, eines andern überführet? Wie viele geistliche und weltliche Stiftungen sind nicht im Teutschland von ihren ersten Stiftern gemeinen Nutzens wegen mit grossem Vortheil aufgerichtet und mit reichlichen Einkommen versehen worden, von welchen man anfaͤnglich den groͤsten Seegen verspuͤhret? Sind aber nicht eben dieselbe von nachlässigen und ungerechten Haußhaltern zum öftern also beschnitten und eingezogen worden, daß man jetzo kaum ein kleines Merkmal ihrer vorigen Gestalt mehr zu sehen bekommt? Es hat aber auch gleichwol nicht mit allen diese Beschaffenheit; die einige MannaMannagettische Stiftung in Wien. gettische Stiftung in Wien, in welcher schon viel brave Mäͤnner zum nicht geringen Nutzen der Oesterreichischen und aller Teutschen Landen erzogen worden, kan uns ein Exempel von getreuen Verwaltern sothaner Stiftungen vorstellen; angesehen solche durch deren Fleiß und Sorgfalt so hoch angewachsen, daß sie nunmehro noch S 2 Erstes Buch / Zehende Abtheilung. 140 noch einmal so grosse Unkosten erträget, als anfangs geschehen können. Durch diese Gelegenheit nun hatten wir erfahren, wie der Haan zu Burgas seinen Anfang genommen.

Mehr bemeldter Jbrahim hatte unter seinen übrigen Kindern auch einen Sohn, welcher Stadthalter oder Bascha in Bosnien gewesen, wider den aber bey dem Sultan täglich von den Unterthanen Klagen einliefen, wie er viele Neuerungen vornähme, mit Steuren, Gaben und ungewöͤhnlichen Kopf⸗Geld sie beschwehrete, und mit denen, so sich dessen zu geben weigerten, sehr scharf verführe / welches der Sultan seinen Vater, der damaln GroßVizir war, zu verstehen gab; worauf dieser den Sultan versicherte, wie er daran seyn wolte, daß dergleichen von ihm ins kuͤnftige nicht mehr solte vorgenommen werden; hierauf schickte er zween Kaiserliche Caͤmmerlinge, welche mit bessern Recht Henkers⸗Knechte heisen können, zu seinem Sohn, die ihm ohne Verzug seinen Kopf bringen musten. Als er nun deswegen von dem Sultan zu Rede gesetzt worden, hat er darauf geantwort, daß er auf solche Weise seinem Versprechen nachgekommen, nach welchem er sich verbunden, daß Se. Majestät von seinem Sohn dergleichen Klagen nicht mehr hoͤren solten; und aus dessen Verlassenschaft ist nun hier der erste Haan zu Burgas erbauet und dabey jaͤhrlich grosse Einkünften zu Unterhaltung und Nutzen der Reisenden angewiesen wor Wo das Wort Haan seinen Ursprung her habe. den, läßt auch sehr wahrscheinlich, daß von diesem Jbrahim die offentliche Würthshäuser den Namen Haan bekommen haben. Nachdem der Capigi Baschi seine Rede hiemit geendiget, erinnerte sich der Herr Botschafter, daß er gestern noch von einem einigen Vettern dieses Jbrahims gedacht hatte, und wolte demnach wissen, wo sich dann derselbige anjetzo aufhielte, ob er vielleicht eine Charge im Feld oder am Hof bekleidete? bekam aber zur Antwort, wie er sich auf dem Lande auf seinen Gütern aufhalte / ein einsames Leben führe, und zu Staats⸗Sachen gar nicht gebraucht wuͤrde, weilen die Pforten vielmehr darauf bedacht ware, daß dieses Geschlecht ganz und gar moͤgte vertilget werden; und als der Herr Botschafter Alcorans Gesetze von Verwaltung der Aemter.ihm dargegen den Einwurf machte / wie dieses dem Alcoran entgegen liefe, weil derselbige haben wolle, daß ein jeder, der bey guter Gesundheit und Verstand sey, entweder in Kriegs⸗ oder Staats⸗Sachen sich solle gebrauchen lassen: läugnete jener zwar nicht, daß die Reise von Adrianopel bis nach Ziroly. 141 dieses im Mahometischen Gesetz enthalten, es wuͤrde aber von den Vornehmen, und denen, so die Regierung verwalten, schlecht beobachtet: man gebrauche nur diejenigen zu öffentlichen Bedienungen, welche dem Hof anständig, andere aber liesse man dessen ungeachtet dannoch sitzen / und bekümmere sich nicht darum, ob beide Theile darzu geschickt sind, oder nicht; es wäre dieses eben die Ursach / daß brave und geschickte Männer vielmaln vorbey gegangen, nichts werthe Leute aber durch Recommendation ganzen Ländern zu Regenten vorgesetzt wuͤrden, und um eben dieser Ursache willen des Reichs gänzlicher Ruin noch endlich zu befuͤrchten stuͤnde: er wolle, so bald er nach Stambul komme, dieses dem Groß⸗Vizir mit mehrern vorstellen.

Ach, wie wäre es doch zu wuͤnschen, daß auch viele Christliche Mißbrauch in Vergebung der Aemter. Fürsten hierüber keine Ursach zu klagen hätten; was für vortrefliche Leute finden sich nicht oͤfters an Euren Hoͤfen, die Jhr Euch im Rathen und Thaten aufs beste koͤnntet zu nutz machen, welche aber, weil sie die Gunst Eurer Ministers nicht besitzen, ja vielmehr von ihnen, als Leuten, welche sich gar vielfäͤltig von ihren Affecten regiren lassen, angefeindet werden, nicht in die Hoͤhe noch zu Eurer Bekanntschaft gelangen können, sondern wol die Zeit ihres Lebens in dem Winkel der Vergessenheit still sitzen, und als ein verachtetes Lichtlein sich selbst verzehren muͤssen, da sie doch / wann man sie herfür gezogen, und so zu reden öfentlich auf den Leuchter gestellet hätte, nicht nur in Eurem Füͤrstlichen Hauß leuchten, sondern wol gar das ganze Land mit ihrem Glanz erfüllen koͤnnen. Wiewol die Staats⸗Bedienten nicht jederzeit in diesem Stuck die Schuld allein, ja vielleicht wol die wenigste daran haben. Es gibt noch viel beherzte und gewissenhafte Leute darunter, so sich den Nutzen eines Landes oder Reichs lieber, als ihr Privat-Interesse seyn lassen; weswegen kluge Regenten sich in Wehlung ihrer Ministers nicht selbst in Licht stehen, sondern sich bemuͤhen sollen, diejenige auszusuchen, welche dem gemeinen Wesen gute Dienste zu leisten vermoͤgen: auf solche Weise werden die bereits angenommene in ihrer Pflicht desto sicherer erhalten, wann sie durch so kluge Wahl den hohen Verstand ihres Principals erkennen; andere geschickte Leute aber aus allen Ländern und Nationen herbey gezogen, weil sie einen solchen Hof für S 3 142 Erstes Buch / Zehende Abtheilung / für denjenigen heut zu Tag gar seltsamen Ort ansehen / wo die Tugend und Verdienste belohnet werden.

Jedoch damit wir mit unsern moralisiren grossen Herren nicht beschwehrlich seyn/ wollen wir davon abbrechen, und wiederum in den Nach dem Alcoran soll man auch den Feinden Glauben halten.Alcoran hinein gucken, in welchen sich der Herr Botschafter mit dem Mehemet / als einem in seinen Gesätzen gar wol erfahrnen Mann, zimlich vertieft hatte, wie Er dann unter andern daran lobte, daß derselbige haben wolle, man solle auch die Feinde, mit welchen man in Frieden lebe, gegen andere, die sie anfallen, vertheidigen, und daß sie so bald von GOtt wuͤrden verlassen werden, so bald sie ihren Freunden oder Feinden nicht Glauben halten und von dem mit ihnen gemachten Vertrag abweichen würden. Hier fande sich nun der Türk betroffen, indem er gänzlich dafür hielte, es ziele dieses auf den von den Musulmaͤnnern ohnlängst gebrochenen Stillstand, und wolle Er ihnen hiemit ihre Treulosigkeit vorruͤcken, weshalben er sich auf das äusserste bemühete, diesen Schandflecken von seiner Nation abzulehnen, und vielmehr darzuthun, daß das Kriegs⸗Feuer nicht von ihnen, sondern uns wäre angezündet worden, ja daß sie hierbey nicht mehr gethan, als was ihnen das natuͤrliche Recht erlaubet/ indem sie nur Gewalt mit Gewalt abgehalten hätten. Diese eifrige Vertheidigung seines Volks hörte der Herr Botschafter mit guter Gelassenheit an, und gab ihm hierauf mit lachendem Mund zu verstehen, daß Er mit leichter Mühe wuͤrde darthun koͤnnen, wer Urheber von dem verwichenen Krieg gewesen; Er hielt aber für rathsamer, die fast geheilte Wunde unberuͤhrt und verdeckt zu lassen, als sich der alten Feindseeligkeit ohne einigen Vortheil zu erinnern: wiewol es mir auch vorgekommen, als ob Se. Excellentz, als ein weit aussehender Herr, dieses nur zu dem Ende vorgebracht, damit, wo sich etwan ein neuer Feind wieder uns herfür thun solte, sie dardurch moͤgten angefrischt werden, gesamter Hand die Waffen zu ergreiffen und sich demselbi Andere Politische Gespräche des Herrn Botschaftersgen einmüthig zu widersetzen. Es hat auch der Herr Botschafter seine politische Klugheit auf eine andere Weise bey eben dieser Gelegenheit an den Tag gelegt, wann Er unter dem Schein einer sonschafters derbahren Vertraulichkeit gegen diesem Mann ihn versicherte, daß er ihme anjetzo etwas zu offenbahren gedaͤchte, welches Er vielleicht mit besserem Nutzen verschweigen wuͤrde; er habe nemlich angemerket, daß diesem anjetzo in schöͤnstem Flor stehendem Reiche nun nichts weiter Reise von Adrianopel bis nach Ziorly . 143 weiter abgehe / als eine ordentlich⸗eingerichtete Handelschaft, vermoͤg welcher allen und jeden frey stehen moͤgte, die Handlung in fremde Länder zu treiben, und sie auf so sichern Fuß zu stellen, daß die Kaufmanschaft keine Gefahr dabey zu befuͤrchten, denen Unterthanen aber desto gröͤsserer Nutzen davon zu hoffen stuͤnde; welches Er jedoch nur einig und allein in diesem Absehen vorgebracht, damit der Orientalischen Compagnie die freye Aus⸗ und Einfuhr in diese Länder moͤgte leicht gemacht werden.

Man bliebe aber bey dieser Unterredung nicht in den SchranTheologische Gespraͤch. ken der Welt⸗Weißheit, oder der philosophischen Sitten Lehre, es vertieften sich diese vornehme Disputanten so gar in Goͤttlichen Betrachtungen. Es wurde weiß nicht von wem die Materie von dem Schmerzen des Zipperleins auf die Bahn gebracht, und dabey erinnert, daß derjenige, der damit behaftet, grosse Gedult darzu vonnoͤthen hätte; welche Gelegenheit der Mehemed Aga in acht nahme, und diese Tugend ungemein erhebte, indem er sie einen Schluͤssel zum Lob der Gedult / und anderer Tugenden. Himmel nennte, welche wir sonderlich noͤthig hatten, wann wir uns den Eingang zu der ewigen Freude eröfnen wolten. Deme der Herr Botschafter beyfügte, daß nicht allein die Gedult, sondern auch alle andere Tugenden solche Schluͤssel waͤren, gleich wie im Gegentheil die entgegen gesetzten Laster für so viel Schlösser passirten, die uns denselbigen verschlossen hielten, welche aber durch eine reumüthige und aus einem zerknirschten und gläubigen Herzen entspringende Abbitte unserer begangenen Suͤnde und Laster wiederum koͤnten aufgeschlossen oder zerbrochen und uns damit ein freyer Zutritt zu GOtt unsern himmlischen Vatter verstattet werden; daß aber solche Abbitte von uns täglich zu widerholen, daran wuͤrde kein Verständiger zweifeln: wann aber, so oft wir uns selbsten durch vielfaͤltige Ubertrettung der Göͤttlichen Gebote diese Thuͤr verschliessen, der barmherzige GOtt durch unsere Reue nicht bewegt wuͤrde, dieselbige wiederum zu eröͤfnen / müsten unfehlbar alle Menschen an ihrer Seeligkeit verzweifeln. Hierbey nahme der Herr Botschafter Anlaß, diese Frage aufzuwerfen: Warum solche Gnade nur den Menschen und nicht auch den gefallenen Engeln gegeben seye; und da jene nach so vielfältig und oft wiederholten Suͤnden wieder aufstehen koͤnnten: diese ehmaln reineste und himmlische Geister dargegen ihre kaum begangene Suͤnde mit der ewigen Straffe büssen muͤßten? Worauf der Türk 144 Erstes Buch / Zehende Abtheilung / Warum die Menschen und nicht die Engel nach dem Fall wieder zu Gnaden aufgenommen worden. Türk zur Antwort gab / daß die sonderbahre Liebe GOttes gegen den Menschen, als einer der edelsten Creaturen, dessen eine Ursache seye. Diesem aber setzte der Herr Botschafter entgegen, wie aber ja kein Zweifel, daß die Engel weit vortreflicher als die Menschen wären, und folglich um eben dieser Ursach willen der grosse GOtt zu jenen eine grössere Liebe, als zu diesen tragen muͤste / als die mit jener Englischen Vortreflichkeit in keinen Vergleich koͤnnten gezogen werden: Hier wolte es nun bey dem Tuͤrken nicht recht mehr fort, und war durch solchen Einwurf ganz zweifelhaftig worden, doch besane er sich indessen auf keine unebene Antwort / wann er sagte: es wäre den Engeln ein grösser Licht, als denen Menschen gegeben worden / vermittelst dessen sie das Gute von dem Bösen besser unterscheiden, die Schwehre der Sünde, und den darüber entbrannten Zorn GOttes genauer erwegen und deutlicher einsehen köͤnnen, weswegen sie dann auch schärfere Straffe verdienet; deme er noch beysetzte, daß er nicht so gelehrt, und erfahren, auf alle solche Theologische Spitzfindigkeiten so gleich zu antworten; er bäte inständigst, es ihme zu gut zu halten, wann er etwas nicht gruͤndlich beantwortet hatte; zu Constantinopel wolle er dem Herrn Botschafter wem stellen / der Jhme in allen dergleichen Materien Satisfaction leisten solte. Hierauf rühmten Se. Excellentz des Mehemets guten Verstand und Geschicklichkeit, setzten aber hinzu, daß der Glaube eine Gabe GOttes wäre, und zur Erlangung der ewigen Seeligkeit höchst nothwendig; wir indessen wären hievon folgendes überzeigt, daß GOTT, als Er eine andere und zwar die Menschliche Natur annehmen und also GOtt und Mensch zugleich seyn wollen, welches ein unverwerfliches Zeichen einer ganz auserordentlichen Liebe gewesen, doch darinnen eine noch weit groͤssere und unbegreiflichere erwiesen, daß Er dem Menschen nach dem Fall Mittel an die Hand gegeben, durch welche er wiederum aufstehen und sich mit Jhm versöhnen koͤnnte; sintemalen Er den vornehmsten Zweck seiner angenommenen Menschheit nicht wuͤrde erhalten haben, wann niemand sich gefunden, den er hätte retten koͤnnen; daß aber denen Engeln kein Mittel zu ihrer Erlösung übrig geblieben, erhelle daraus, weil sie gleich nach ihrem Fall auser Stand gesetzt worden, etwas wiederum zu verdienen/ oder, weil ihre Werke wegen der einmal verlohrnen und nicht wieder 145 Reise von Ziorly bis vor Constantinopel. wieder erhaltenen Gnade, in den Augen GOttes nicht angenehm seyn kunten, sondern füͤr unguͤltig und todt angesehen wurden.

Eilfte Abtheilung.

NAch diesem geendigten Gespraͤch und genommener NachtErste Ansicht des Meers. Ruhe sind wir den 26. dito weiter fort nach Ziorli gangen, und haben denselbigen Tag das erstemal zur rechten Seiten das Meer zwischen dem Hellespont liegen sehen, von welchem wir noch 4. Stunde entfernet waren: man kunte viele Schiffe auf demselbigen beobachten, die mit ihren Seegeln herum fuhren. Allhier halte ich für unnoͤthig, von den Haan oder Moscheen etwas mehr zugedencken, weil sie durch die ganze Tuͤrkey anzutreffen und bey nahe in allem einander gleich kommen. Den 27ten haben wir unsern March bis auf Kunickli unter beständigen Jagen fortgesetzt, und trafen allda eine solche Menge Haasen an, daß man hätte Menge der Haasen. glauben sollen / sie wären aus der Luft herunter gefallen; einer von unsern Janitscharen kunte sie alle auf der Erden liegen sehen, welche er uns auch gar fleisig zeigte: ein anderer war so fix und accurat im Werfen, daß er mehr als einen mit seinem Stecken getoͤdtet. Dieses Dorf ist nicht sehr groß, und hanget an einem Huͤgel, an welchem der Glicyner⸗Fluß vorbey streicht, den einige in den Land⸗Charten besser gegen Ziorly zu setzen; solcher ist, wie die mehresten andern, mit einer steinernen Brüͤcke versehen. Mitten auf dem Weeg wurde uns ein Dorf mit Namen Segbanloi gezeigt, das so viel als einen Segbanloi/oder HundsHüter. Hunds⸗Hüter bedeutet; dann so lang wir Christen Constantinopel noch innen hatten, nachdem die Türken Adrianopel schon eingenommen, gebrauchten diese bemeldten Ort an statt eines WachtHauses, um auf diejenige Christen, welche auf dem Land wohnten, Achtung zu geben, damit sie nicht zu den Jhrigen in die Stadt uͤbergehen moͤgten, und hiervon wird auch wol der Ort seinen Namen bekommen haben; sintemalen die Christen vor Zeiten von denen Tüͤrken, da diese noch die Oberhand hatten, nur füͤr Hunde gehalten und auch also genennet worden, und folglich dieser Ort den Namen bekommen, daß man ihn einen Hüter der Hunde hiese, weil man von daraus auf die Christen Achtung gegeben. Nachdem aber die Tüͤrken etlich T Erstes Buch / Eilfte Abtheilung / 146 Die Türken werden höflicher. etlichmal geklopft worden, haben sie nun beynahe mehr Leutseeligkeit an sich genommen, als sie vorhero Grausamkeit spuͤhren lassen, wie dann auch ihre politische Regierung noch taͤglich zunimmt.

Den 28ten dito liesen wir zwey Doͤrfer, als Herackle zur rechten und Tezantiquoi zur linken, liegen, und marchirten eine gute Zeit neben dem Ufer des Meers fort. Einige unter uns hatten das Meer noch niemal gesehen; andere bezeigten eine Verwunderung über die vielfäͤltigen und unterschiedliche Arten der Muscheln, und hebten derselben einige auf; wieder andere suchten Schwammen, so zum theil noch halb leicht und weich, theils aber durch das Salz⸗Wasser die Natur der Binsen⸗Steine an sich genommen. Einige von unsern Leuten, welche ihr beherztes Gemüth zeigen wolten, sind zu Schiffe gegangen, haben die Segel aufgezogen, und sich eine Strecke ins Meer gewagt. Jndem kamen wir noch selbigen Tag auf Selymbria, einen Hafen, so an dem Meer zwischen dem Hellespont Lange Mauern vor Constantinopel.sehr nahmhaft und bekannt ist. Man gibt vor, daß die lange Mauren von dem Schwarzen Meer bis hieher sich erstrecket habe, womit ehedessen die nahe um Constantinopel gelegene Güter und LustHäuser eingefangen waren, und soll dieselbige vierzig tausend Schritt, oder nach anderer Scribenten Meinung 280. Wetläͤufe, welche fuͤnf und dreissig tausend Schritt ausmachen / von der Stadt entfernet gewesen seyn; ihre Breite bey 20. Römer⸗Schuhe ausgemacht, ihre Länge aber sich auf 420. Wettläͤufe oder ein und füͤnfzig tausend und füͤnf hundert Schritte erstrecket haben; und damit solche von der Besatzung desto bequemer moͤgte defendirt werden, waren die Durchgaͤnge der Thuͤrne noch mit andern Thuͤrnen verwahret, auf welche man von unten auf nur durch einen einigen Weeg steigen kunte, so daß eines jedweden Thurns Besatzung die Feinde, wann sie auch schon bis zwischen die Mauern avancirt wären, noch lange hätte aufhalten koͤnnen. Diese Mauern war von dem Anfangs rechtgläubigen nachgehends aber zu der Eutychianischen Ketzerey üͤbergetrettenen Kaiser Anastasius, der nachgehends von dem Donner erschlagen worden / zu erst wider der Scythen und Bulgarn Einfall erbauet worden, wie der Kirchen⸗Scribent Evagrius erzehlt. Es ist aber dieselbige von den Barbarn, die von dem Schwartzen und Meoti Reise von Ziorly bis vor Constantinopel. 147 Meotischen Meer, von der Jnsul Colchis und dem Berg Caucasus her in Europa eingefallen, öfters eingenommen, und uͤber einen Haufen geworfen worden, welche aber Justinianus / der andere Kaiser nach dem Anastasius / wiederum repariren und die bemeldten Thürne darzu bauen lassen, damit die von dem schwarzen Meer nach dem Hellespont Reisende einen sichern Weeg hätten, wofür auch schon vorher Anastasius gesorget, da er eine MeerEnge allda zu weegen gebracht, und Constantinopel / welche damals nur eine Halb⸗Jnsul war / zur einer völligen kleinen Jnsul gemacht. Ehe man gar hinzu kommt, trifft man einen mittelmaͤssigen Bach süsses Wassers an, und bey demselbigen einen grossen Morast, worüber eine ungemeine lange Brüͤcke, von mehr als dreisig Jochen ist, welche aber dazumal ganz trucken stunde; und dieses mag zu dem Ende geschehen seyn, damit wann die heftigen MeerWellen den Strom zuruͤck treiben, und mit Meer⸗Wasser anfüͤllen, die Reisenden doch nichts destoweniger fort kommen koͤnnten / weil das ergossene Wasser hier einen Ort hat, wo es zusammen lauffen kan. Das Schloß zu Selymbria liegt auf einer Anhöhe, welches Selymbria. so wol gegen das Meer als das trockene Land siehet, und zeigen die daselbst noch vorhandene alte eingefallene Mauren und Thürne, daß dasselbige ehedessen muͤsse befestiget gewesen seyn. Man gehet zu solchem durch drey Pforten hinein, woran sich mancherley in Onikel gehauene Grichische Schrifft vor dem muß præsentirt haben, welches an einigen aber noch sehr wenigen käͤnntlichen Buchstaben abzunehmen, als die man mit genauer Noth für Grichische halten kan; die mehresten hat die Gewalt des Winds und das Alterthum zu nichte gemacht. Jn der Vorstadt ist ein Kaiserliches ProviantHauß / in welches das Getraid von dasiger Landschaft gebracht wird. Jn der obern Stadt oder Schloß haben die Grichische Möͤnche eine zwar kleine aber schöne und zierliche Capelle, um welche keine Fenster sind, das Licht aber durch das Dach hineinfäͤllt: zur Seiten derselbigen haͤngen grosse dicke Wachs⸗Kerzen, so die Liebhaber der seeligsten Jungfrau ihr zu Ehren aufgeopfert haben / deren Wunderthätige Bildnis der Jungfrau Maria. wunderthätige Bildnis allhier aufbehalten wird. Die Gestalt dieser Bildnis ist flach, aus einer silbernen Blatte geschlagen, und in einen Kasten eingeschlossen, allwo sie durch ein Glaß kan gesehen werden. Jn dieser Kirche sollen sich auch noch Gebeine von einer andern Hei

ligen T 2

Erstes Buch / Eilfte Abtheilung / 148 Gebeine der Heil. Zena. ligen befinden welche nach Bericht des Vorsteher dieses Orts, der ein ansehnlicher alter Mann war, Zena Die Identifizierung dieser Heiligen ist unklar, da es mehrere Heilige gibt, die in Frage kommen. Das genannte Gebäude ist nicht mehr erhalten. soll geheissen haben. Es wolte diese Gebeine der Kaiser Constantin von Rom nach seiner Stadt führen, nachdem aber das Schiff an das Selymbrische Ufer gekommen, kunte es weder durch den Wind, noch durch SchiffStangen abgetrieben werden, so lang es diesen Heil. Cörper aufhatte, weswegen man sie in solche Kirche gebracht, um an demjenigen Ort zu ruhen, den die Heilige ihr selbst darzu bestimmt hatte; worauf das Schiff seinen Lauf wieder ungehindert fort setzen können. Von dieser Kirche wolte der Vorsteher behaupten, daß sie eine von denen sieben seye, deren in der Offenbahrung Johannis gedacht wird; allein daß der gute Alte seine schlechte Wissenschaft in der Kirchen Historie damit verrathen, erhellet daraus, weil daselbst ausdrüͤcklich gemeldet ist, daß dieselbige Kirchen in Asien gelegen, da doch Selymbria noch zu Europa gehöͤret: zudem werden bemeldte Kirchen ordentlich mit Namen genennt, und kan also auch um dieser Ursach willen für keine aus derselbigen gehalten werden; aber so weit war dazumal dieser liebe Mann in den Grichischen Geschichten noch nicht gekommen.

Den 29. Juni Julj blieben wir zu Selymbria / in welcher Zeit Nachricht von Sclaven. der Herr Botschafter durch seine Ausspäher Sclaven aufsuchen lassen, davon er so viel Nachricht bekommen, daß zwey von einem Juden nach Constantinopel geführt worden, eine in dem vorigen Krieg bey Belgrad gefangene Sclavin aber in dem Kaiserl. Proviant-Hauß aufbehalten und zu einer Wäscherin gebraucht würde, welcher aber, weil sie eine Dienst⸗Magd des Sultans ist, und von niemand als Jhm selbst kan los gegeben werden, der Herr Botschafter nicht eher als zu Constantinopel dem Passarowitzischen Friedens⸗Vertrag gemäß abfordern kunte. Daselbst ist auch ein Venetianischer Hauptmann mit seiner Gemahlin zu uns gekommen, der zwar vorher schon die Freyheit erhalten, aber wegen gemachter Schulden sich nicht von dannen machen durfte, ist aber gleichwol auf Sr. Excellenz Vorspruch entlassen worden, und bis für die Mauren der Stadt mit uns gezogen. Hierauf kamen wir bis Tschemetschen / oder bis an die grosse Brücke, nachdem wir um 11 Uhr Vormittag bey einem andern kleinen Städtlein, so mir niemand zu nennen wuste, vorbey gegangen waren. Auf dem Weeg hat ten 149 Reise von Ziorly bis vor Constantinopel. ten wir das Meer beständig zur rechten, und sahen wir viel kleine Nachen und Last⸗Schiffe, so die Waaren, als Melonen, Kukumern rc. der Tüͤrken gröͤste Delicatessen, von den Insuln des Hellesponts anders wohin führten. Besagte grosse Brüͤcke bestehet aus vier kleinern, da immer eine ein kleines Stuͤck Erde von der andern unterscheidet, davon die erste 9. die zweyte 5. die dritte und vierte aber 7. Schwibbögen von ungleicher Grösse und Breite hat. Unser mit Ried und Binsen allenthalben bewachsenes Lager stunde also, daß wir zur Rechten vor uns das Meer, zur Linken die Brüͤcke und den Morast, hinter uns das feste Land hatten, worauf ein Dorf, und jenseit der Brücke noch ein anderes Dorf gelegen war. Diesen Tag kam endlich der Herr von Dierling / Secretair bey der BotZuruckkunft des Hn. von Dierling /und Zeitung wegen der Pest. schaft, mit dem Dolmetsch, welche voraus geschickt gewesen, Kundschaft wegen der Krankheit einzuholen, wieder zu uns, und zwar mit der Nachricht, daß allda die Pest sehr überhand nehme, sodaß der Sultan sich bemuͤssiget gesehen, seine Wohnung zu ändern, und mit seinem Hof nach dem schwarzen Canal zu gehen, weswegen wir uns eine zeitlang auf dem Feld aufhalten müsten, um daselbst, bis sich das Ubel gelegt, der freyen Luft zu geniessen; doch wuͤrde das Lager nicht weit von der Stadt entfernet seyn, so wol die benöthigten Lebens⸗Mittel desto bequemer daraus anzuschaffen, als auch die Geschäͤften mit weniger Hinternisse zu tractiren: wir vernahmen auch zugleich, daß daselbst ein Tefterdar / oder Vorsteher von der Tefterdar wer sie sind. Cammer, deren bey den Tüͤrken drey sind, seines Amts entsetzt worden / weil er der Militz ihren Sold nicht auszahlen lassen, als um welcher Ursach willen der Aufruhr zu Nissa seinen Anfang genommen.

So bald wir den 31 über die grosse Brücke gegangen, und die Höhe des Bergs erreicht hatten, sahen wir auf einmal die Stadt Constantinopel vor unsern Augen liegen, nach welcher wir auf unsern so kleinen Tag⸗Reisen längstens verlangt, ja recht sehnlich geseufzet haben, weswegen wir auch Kutschuk Tschemetschen / oder der kleinen Brücke desto geschwinder zu eilten; und wird diese letztere darum so genennt, weil sie das feste Land, welches durch das Meer abgerissen, wiederum an einander haͤnget. Von dar kamen wir nach Haznadar Tschiflick / einem nicht gar eine Meile von Constantinopel entlegenen Lust⸗Hauß, woselbst wir Taut Bascha, wo T 3 Erstes Buch / Eilfte Abtheilung. 150 wo sich die Türkische Armee zu versammlen pflegt, zur Linken, zur Rechten aber das Meer zwischen dem Hellespont, und vor uns den Canal des schwartzen Meers hatten, von welchen wir nun weiter nicht dann anderthalb Stund entfernet waren. Wann wir nur den Berg hinan giengen, kunten wir Bisantz oder Stambul völlig vor uns liegen sehen, davon wir aber um der Pest willen, woran täglich noch viel Leute dahin sturben, entfernet bleiben musten, um dessen Wegnehmung wir den Himmel beständig angeflehet, damit wir nicht an Erreichung unsers Zweck, die Alterthümer darinnen zu besehen, gehindert wuͤrden, wann dieses Ubel so lang als die Gesandtschaft hätte dauern sollen.

Abgeordnete von der Republic Ragusa.Als wir noch dahin unterwegs waren, kamen die Abgeordnete von der Republic Ragusa, welche ehedessen dem Köͤnigreich Un garn einverleibt gewesen, nun aber unter Tüͤrkischer Bothmäßigkeit stehet, zu dem Herrn Botschafter / ihr Bewillkommungs⸗Compliment bey Jhm abzulegen. Jhr Anbringen bestunde darinnen, daß sie Befehl hätten, dem Herrn Groß⸗Botschafter / dessen Ruhm sich schon längst allenthalben ausgebreitet hätte, im Namen der Republic ihre schuldigste Ehrerbietung zu bezeugen: es erfreue sich dieselbige sehr, daß Se. Excellenz in allem hohen Wolseyn in diesen Orientalischen Ländern angelangt wäre, Sie aber, als Dero Gesandte / hätten sich sonderlich auch zu dem Ende allhier eingefunden, ihre Freude daruͤber, und die Ergebenheit, mit welchem sie in ihren Herzen dem Erz⸗Herzoglichen Hauß noch beständig zugethan verblieben, an den Tag zu legen; sie haͤtten sich zwar vorgenommen, Sr. Excellenz gar bis an die kleine Brücke entgegen zu kommen, wären aber durch unsern starken March, dessen sie sich nicht versehen hätten, daran gehindert worden. Dieses beantwortete der Herr Botschafter mit wenig Worten, nennte sie dabey nur Abgeordnete der Republic/ ob sie sich gleich vorher selbsten den Namen der Gesandten beygelegt, und dankte ihnen, füͤr die Jhm hierinnen erwiesene Ehre; deme Er noch beyfuͤgte, wie es billig und lobwürdig seye, daß sie in der Liebe und Treue gegen das ErzHerzogliche Hauß / unter dessen Bothmässigkeit sie ehmaln gestanden, und von dem sie ihren Ursprung hatten, noch beständig verharreten. Nachgehends begab sich der Herr Groß⸗Botschafter mit etlichen wenigen aus dem ersten Adel, und einigen Hauß Bedien Reise von Ziorly bis vor Constantinopel. 151 Bedienten nach dem Lust⸗Gebäu, da indessen wir uͤbrigen uns unter den Zelten einquartirten.

Dieses Lust⸗Hauß ist von einem Vorsteher der Kammer oder Lust⸗Haußvor Constantinopel. Zahl⸗Meister, welchen die Türken auf ihre Sprach Haznadar nennen, erbauet worden, das aber nach geschlossenen Frieden zu Passarowitz der Sultan dem Jbrahim Bascha / der gegenwärtig die von der Pforten abgeschickte Groß⸗Botschaft zu Wien versiehet, und erster Bevollmächtigter bey gedachtem Friedens⸗Schluß gewesen, geschenket, jedoch den Namen von seinem ersten Erbauer noch beständig behalten. Vor dem obern Theil des Hauses stehet ein Brunnen⸗Kasten, welcher das aus einem Marmel oder Alabaster verfertigten Brunnen haͤufig hervor stossende Wasser auffängt; gedachter Brunnen aber hat seinen Ursprung in des Türkischen Hn. Groß⸗Botschafters Zimmer, von dar dessen Wasser durch Röhren in das untere Hauß und den Kraut⸗Garten geleitet wird. Ein anderer Blumen⸗ und Lust⸗Garten stehet uͤber des Botschafters Wohnung, so zwar nicht sehr groß, aber mit auf Pyramiden Art geschohrnen Lorbeer⸗ und Cypressen⸗ wie auch andern Frucht⸗Bäumen aufs zierlichste besetzt und eingetheilet ist; dergleichen Gäͤrten nebst ihren Gebäͤuen man an dem Gestad des Meers und anderwäͤrts in grosser Menge antrifft.

Nachdem nun der Herr Groß⸗Botschafter mit denen SeiDes Mehemetes Compliment wegen des Hn. GroßBotschafters glücklicher Ankunft. nigen an diesem letzten Ort gluͤcklich angekommen, hat Ihn unser Führer Mehemed Aga, Kaiserlicher Kämmerling, folgender Gestalt complimentirt: Jch empfinde keine geringe Freude / daß Eu. Excellenz, Groß⸗Botschafter bey dem GroßSultan / bis vor die Mauern der Stadt Constantinopel gluͤcklich gebracht habe; weswegen ich mich alsobald in die Stadt verfüͤgen/ und GOTT dem HERRN den Jhm dafüͤr gebuͤhrenden Dank nach unserer Weise abstatten werde / weil es Jhm gefallen/ Eu. Excellenz unter meinem Geleit bisher in allem hohen Wolseyn zu erhalten. Meines Theils wuͤrde es mir höchst⸗erfreulich gewesen seyn/ wann nach Dero unver 152 Erstes Buch / Eilfte Abtheilung / rc. unvergleichlichen Meriten Dieselbe allenthalben hätte bewuͤrthen koͤnnen; es werden aber Eu. Excellenz gnädig geruhen/ die Zeit und dem auf dem Land in höchster Duͤrftigkeit lebenden armen Bauers⸗Volk etwas nachzusehen; meine vornehmste Bemuͤhungen soll nur dahin gerichtet seyn/ wie forthin nunmehro aus der Stadt alles im Uberfluß angeschaffet werde / und in keinem Stuck der geringste Mangel erscheine. Anjetzo aber will mich ungesäumt zu dem Groß⸗Vizir begeben / um demselben Eu. Excellenz gluͤckliche Ankunft zu hinterbringen / welche Botschaft Jhm auch nicht anders als sehr angenehm wird zu vernehmen seyn. Als auf das letztere der Herr Botschafter sich vernehmen ließ, wie er solches durch die Seinige zu verrichten gedenke, versetzte jener, daß solches zwar in dessen Belieben stuͤnde: jedoch erfordere es seine eigene Pflicht und Schuldigkeit, dieses auch selbsten über sich zu nehmen: deme er noch mehr in einer geschickten, leichten und wol gesetzten Reden beygefügt, so daß weder an deren Erfindung noch Kunst und Zierlichkeit im geringsten was zu desideriren gewesen. Ende des Ersten Buchs.

Der
Türckischer Botschafter am Röm. Kaiserl. Hof.
Der Historischen Nachricht Von der Rom. Kaiserlichen Groß⸗Botschaft nach der Ottomannischen Pforten Zweytes Buch. Erzehlung dererjenigen Begebenheiten / die sich zugetragen / seit dem sich die Botschaft vor Constantinopel im Läger unter den Zelten aufgehalten.
Erste Abtheilung.

NAchdem sich nun Mehemed in die Stadt beNachricht an dem Groß Vezier von unserer Ankunft. geben, ertheilte der Herr Groß⸗Botschafter alsobald Befehl, daß man dem GroßVezier Jbrahim die Nachricht von seiner Ankunft in das hiesige Läger hinterbringen solte; zu welchem Ende Herr Baron Seebach, Hof⸗Marschalk, und Obrist⸗Wachtmeister unter dem Virmondischen Regiment, in Begleitung der Dolmetschen Herrn Theyls / zwey von seinen Laqueyen, und drey Granadirern, dahin abgefertiget wurde. Als er nun ohne Auf U schub Zweytes Buch / Erste Abtheilung / 154 schub Audienz erhalten, ist er noch selbigen Abend mit dieser Antwort Antwort desselbigen.an den Herrn Groß⸗Botschafter zurück gekommen, wie dem Groß⸗Vezier durch so unverwerfliche Zeugen hoͤchst angenehm zu vernehmen gewesen, daß Se. Excellentz der Herr Groß⸗Botschafter / nach so viel überstandenen Beschwehrlichkeiten nunmehro bey der Kaiserlichen Residenz glücklich angelanget, er wolle sich indessen äusserst dahin bemuͤhen, und ernstlich anbefehlen, damit alles, was man nur verlangen und zu dieser Jahrs⸗Zeit zu bekommen seyn mögte, auf ersten Wink angeschafft wuͤrde. Dazumal kamen drey Söhne unsers Füͤhrers des Mehemeds in unser Lager, bey Drey Söhne des Mehemeds machen bey dem Herrn Botschafter ihre Aufwartung.dem Herrn Groß⸗Botschafter ihre Aufwartung zu machen, worunter zwey noch unmuͤndig, der dritte aber, ob er schon das siebenzehende Jahr noch nicht zuruck gelegt / schon verheyrathet / und der vierte beständig mit uns auf der Reise gewesen. Diese wurden von Sr. Excellentz mit Caffé tractirt, sie aber verehrten Jhm zur Bezeugung ihres Respects ein aus weisen Adlers⸗Federn verfertigten Sonnen⸗Wädel, welche nur oben an der aͤusersten Spitzen in schwarze Farb gedaucht / unten aber, wo die Handhebe hinein gestossen wird, von rothen mit Gold auf das zierlichste gestüͤckten Sammet, gefasset waren, deren sich allein die Vornehmsten, einen Luft damit zu machen, bedienen.

Benachrichtigung an drey Gesandte von des Hrn GroßBotschafters Gegenwart.Den 1. Augusti schickte der Herr Groß⸗Botschafter auf einmal drey aus dem zweyten Adel, nemlich die Herren Baronen von Studenitz, und Locher, und den Herrn von Wetstein/ einen Edel mann aus der Schweitz, ab seine Ankunft zu Haznadar Schiftlick dem Französischen, Englischen und Holländischen Gesandten zu vermelden, welches auch der erste bey dem Marquis de Bonac, der zweyte bey dem Graf Stanian / und der dritte bey dem Graf Warum solche allen dreyen zu einer Zeit geschehen.Colyers verrichtet. Es haben aber Se. Excellentz diese drey Herren darum zu einer Zeit abgeordnet, weil, wie bekannt, Frankreich und Engelland noch immer bey der Pforten um den Rang streiten, ob gleich diese Controvers im Roͤmischen Reich schon laͤngst beygelegt ist, so daß keiner dem andern im geringsten daselbst weichen will; welches auch die Ursach gewesen, warum bey der vorigen Groß⸗Botschaft, die doch sonsten der Graf von Oettingen ruhmwürdigst versehen, der Französische Gesandte Herr von Ferriol, und eben dieser Kaiserliche Groß⸗Botschafter niemaln zusammen ge kom Von des Hn. Botsch. Ankunft und Einzug in Constant. 155 kommen, weiln er den Englischen Gesandten Es ist unklar, wer gemeint ist. Zwar wurde Robert Sutton im Jahr 1700 zum Botschafter in Konstantinopel ernannt, doch traf er erst 1702 dort ein; vgl. Spuler, Europäische Diplomatie 4 254. eher als ihn vorgelassen, da doch jener eher als dieser zu Jhm gekommen, oder vielmehr schon in seinem Hause zugegen gewesen, und die Visite abgestattet, welches Er ihm ja Ehrentwegen nicht versagen koͤnnen, und zwar um so viel weniger, da der Französische Gesandte diese Höflichkeit verabsäumet hatte. Jedoch wer den Herrn von Ferriol kennet, und wie er öfters solche Dinge bey der Pforten und anderswo tentiret, womit er nirgend auslangen können, wird sich über diese seine Auffuͤhrung destoweniger verwundern. Damit aber gleichwol bey so guter Veständnuͤß der beyden Cronen solcher Verdruß vermieden wuͤrde, hat man die Ankunft allen dreyen zu gleicher Zeit intimirt, welches auch gar wol aufgenommen worden: und da der Franzöͤsische Gesandte in dem Königlichen Pallast zu Pera / als seiner gewöhnlichen Wohnung, der Engelländische aber auf seinem Lust⸗Hauß zu Belgrad, ohnweit des Schwarzen Meers sich aufhielte, kunte es ohne dem nicht anders seyn, als daß dieser wegen Entlegenheit des Orts einige Stunden später als jener die Nachricht erhalten; welches sich dann der Herr Groß⸗Botschafter kluͤglich bedienet, keinen auf solche Weise beleidiget, noch einem vor dem andern den Vorzug zu gestanden, und sich also auf keiner Seiten einigen Verdruß zugezogen. Diese drey Abgeordnete haben die Herrn Gesandten zu Mittag bey sich zur Tafel behalten, und endlich mit gebuͤhrender Danksagung wegen dieser Höflichkeit und ergebenster Gratulation zu glüͤcklicher Ankunft an den Herrn Groß⸗Botschafter wiederum dimittirt. Der erstere kame schon Nachmittags um fuͤnf Uhr im Lager an; die zwey andern aber kunten kaum bey spater Nacht zu uns gelangen, Des Französischen Gesandten Abfertigung an den Herrn Groß⸗Botschafter. weil sie sich wegen der vielerley Weege im Wald veriret hatten.

Ehe aber der Herr von Studenitz sich wieder einstellete, fanden sich schon der Canzler von der Franzoͤsischen Nation, zween Secretarien von dem Gesandten, nebst unterschiedlichen Kaufleuten und Bedienten bey uns ein, unsern Herrn Groß⸗Botschafter im Namen ihres Gesandten und der ganzen Nation zu felicitiren. Diesen aber ist Des Tüͤrkischen Dolmetschen Absendung an den Hrn. GroßBotschafter. der erste Dolmetsch bey der Pforten, Maurus Cordatus / des berühmten Mauri Cordati Enenkel von der Mutter her, und der diesen Namen um seines Mütterlichen Groß⸗Vatters hohen Verdiensten wegen angenommen, noch zuvor gekommen, als der von dem Groß⸗Vizier zu dem Ende abgeschicket war, den Herrn Groß Botschaf U 2 156 Zweytes Buch / Erstte Abtheilung / Hochachtung der Dolmetschen sonderlich des Mauri Cordati.Botschafter zu complementiren. Es ist dieses ein sehr reicher Mann, und wegen seiner Treue bey dem Sultan und Groß⸗Vezier in sonderbahren Gnaden, ohnerachtet er ein Christ und der Catholischen Religion zu gethan ist; wie dann auch überhaupt die Dolmetschen bey den Türken in grossem Ansehen sind / und denen Richtern und Referendarien der Rechts⸗Sachen gleich geachtet werden. Dieser fragte den Herrn Botschafter, wie Jhm die hiesige Luft anstünde; es hätte der Sultan dem Groß⸗Vizier durch ein Hand⸗Schreiben, wie auch einigen andern, Befehl ertheilet, einen gesunden und unverdächtigen Ort vor die ankommende Gaͤste auszu Dessen Abforderung der Anrede an den Sultan. suchen. Bey eben dieser Gelegenheit wurde der Herr Groß⸗Botschafter von ihm um Communicirung derjenigen Anrede ersucht, deren Er sich bey der Audienz gegen dem Sultan gebrauchen würde; denn die Pforte hat die Gewohnheit, daß man alle seine Reden dem Kaiser zugleich geschrieben übergibt, damit man sich auf eine Antwort könne gefast machen: er setzte darzu, wie er zum öftern dergleichen Anrede ein ganzes Monat bey sich im Hause hätte, auf welche im Namen des Kaisers solte geantwortet werden, und wäre zu dieser eine noch gar kurze Zeit uͤbrig, in welcher er sich zu einer Antwort fertig halten muͤßte. Der Herr Botschafter verwunderte sich über dieses unerwartete Zumuthen, und gab ihm mit freundlichen Gesicht und laͤchlenden Minen zu verstehen, wie Er eben noch nicht darauf gedacht, mit was für Worten seines Kaisers Befehl Er vortragen wolte; dann nachdem ihm der Innhalt bekannt wäre, würde es an Worten nicht fehlen, absonderlich wo die Sache und Wahrheit selbst reden muͤsten, sintemaln man nur in Ermanglung dieser an jene zu denken hätte: Er seines theils pflege / von der Wahrheit secundirt / an die Worte nicht eher zu gedenken, als wann sie bey verstatteter Audienz in Gegenwart grosser Fürsten und Potentaten vorgebracht werden sollen; Er wolle sich aber gleichwol nach der Gewohnheit accomodiren, und mit nechsten seine Rede aufsetzen, und ihme uͤberschicken. Etliche Stunden hernach hat noch ein Geschenke und Brief des GroßViziers. anderer von des Groß⸗Viziers Hauß⸗Officiern, den die Türken Aga nennen, seine Aufwartung gemacht, und den Herrn Botschafter mit Blumen, Früchten und mit von zweyen Pferden getragenen feinen Zucker und Caffe-Bohnen regalirt: 33. Träger wurden ge braucht, Von des Hrn. Botsch. Ankunft und Einzug in Constant. 157 braucht, welche die in Gläsern und erhabenen Köͤrblein auf runde hölzerne Tafeln gestellte Sache auf ihren Köͤpfen herbey brachten. Diesen hat der Groß⸗Vizier noch einen Brief beygelegt, von welchem die Dolmetschen versichern wolten / daß er mit so grosser Zäͤrtlichkeit geschrieben seye, daß auch ein Verliebter seiner Geliebten nichts anmuthigers vorschwatzen könne. Es schützte der Groß⸗Vizier darinnen eine ganz auserordentliche Neigung und Sympathie vor, mit welcher er dem Herrn Groß⸗Botschafter zugethan wäre; Er solte doch, so viel Jhme nur immer moͤglich, eilen, damit sie bald zusammen kämen; es schiene ihm ein jeder Augenblick zu lang und beschwehrlich, in welchem er von Jhme entfernet leben muͤste: wobey er dem Herrn Botschafter frey stelleDessen Anerbieten mit klingenden Spiel in die Stadt zu ziehen. te, mit fliegenden Fahnen und klingenden Spiel in die Stadt einzuziehen. Welches leztere aber Se. Excellentz nicht ohne Verdruß vorlesen hoͤrten, und Sich deswegen vernehmen liessen, wie davon noch nicht die Rede gewesen, und damit zu verstehen geben wolte, daß Er dißfalls schon selbst wuste, was zu thun wäre; es bemuͤhete sich aber der Dolmetsch, Herr Theyls / seiner Gewohnheit nach, dieses zum besten auszulegen / indem er dem Herrn Botschafter vorstellete, wie die Pforte hierdurch nur den Æstim gegen Jhm und in seiner Person zugleich gegen Jhro Römischen Käiserlichen Majestät bezeigen wolle, als Die Jhme unangefragt dieses zustuͤnde / welches Sie keinem andern Koͤniglichen oder Füͤrstlichen Gesandten einräumen wüͤrde. Es hätten der Englische und Holländische Gesandte dergleichen Ansuchung gethan; und zwar bemühete sich dieser durch vieles Bitten nur so viel zu erhalten, daß er bey seiner Zuruckkunft von dem Paßarowitzer Friedens⸗Schluß etliche für sein eigen Geld erkaufte grosse Flauten oder Hautbois für sich duͤrfte hergehen lassen: jener aber verlangte nichts mehr, als ihm nur eine einige Fahne zu verstatten, wurde aber gleichwol beiden als eine solche Sache abgeschlagen, welche niemand als dem Kaiserlichen Botschafter könte verstattet werden; vielleicht habe der Groß⸗Vizier vermeinet, es wäre Sr. Excellentz diese Affaire bekannt, und dahero etwan im Zweifel, ob dieses Verboth Jhme auch angehen folte. Es wolte sich aber der Herr Botschafter mit allem diesem nicht befriedigen lassen, welcher darauf beharrete, daß deswegen noch kei U 3 ne Zweytes Buch, Erste Abtheilung. 158 ne Anfrag geschehen, und diese Sache im Ceremoniel schon genugsam debattirt und keinem fernern Zweifel unterworfen wäre. Hierauf liessen Se. Excellentz unter die Träger ein Trank⸗Geld austheilen / und sie ihrer Weege wiederum fortgehen.

Portiuncula Fest gefeyert.Den 2. Augusti / am Tag Portiuncula, an welchem der HErr Christus dem H. Francisco die Wundenmahl auf dem Berg Alvernia in Jtalien eingedruckt hat, wurde in dem grossen Zelt ein schoͤner Altar aufgerichtet, mit den gestern vom Groß⸗Vizier zu einem ganz andern Absehen geschickten Blumen gezieret, und zu beiden Seiten die reich mit Gold gestickte Standarten ausgebreitet; unterschiedliche Priester, unter andern aber der Abt zu Domben Graf von Schrottembach / lasen Messe, und breiteten das Lob GOttes aus; der Schall der Trompeten und Paucken samt den übrigen musicalischen Instrumenten und lieblichsten Stimmen feuerte die von Goͤttlicher Liebe ohne dem schon brennende Gemuͤther noch mehr an / und der meinste Theil vom Adel und Hauß⸗Bedienten wolten durch eine reumüthige Beicht und Geniessung des allerheiligsten Sacraments ihren Schutz⸗Heiligen den Grossen Franciscum ver Des Englischen und Holländischen Gesandten und des Mehemeds Aga Abfertigung an den Hrn. Botschafter. ehren. Unterdessen haben der Englische und Holländische Gesandte ihre Legations-Secretarien ins Lager geschickt, bey dem Herrn Groß⸗Botschafter das Bewillkommungs⸗Compliment abzulegen; welche Höflichkeit auch der Mehemed Aga, zweyter Bevoll mächtigter bey dem Friedens⸗Schluß zu Paßarowitz, nicht unterlassen wollen, sondern hat durch seinen Kiaha oder Hofmeister bey Sr. Excellentz die Begrüͤssung ablegen, und Jhnen zum Zeichen der Freundschaft unterschiedliche Geschenke aus seinem Garten und Teichen von Melonen, Weintrauben, Birn, Krebsen und Fischen offeriren lassen: er gab anbey zu verstehen, daß sein Herr des andern Tages sich selbst einfinden wuͤrde, wann es Sr. Excellentz nicht beschwehrlich, oder wegen des an selbigem Tag bevorstehenden Einzugs Des Herrn Botschafters Antwort auf des Mehemed Aga Compliment. die Zeit nicht schon zu weit verlaufen wäͤre. Worauf der Herr Botschafter geantwortet, wie Jhme die Gegenwart seines Freundes jederzeit nicht anders als lieb und angenehm seyn könnte; deme Er noch seinen Glüͤckwunsch wegen des neu erhaltenen Schatz⸗Meister Amts beyfügte, mit dem Zusatz, daß ihme daraus noch mehr Ehren und Dignitæten zu wachsen moͤgten: dem Kiaha aber wuͤnschte Er / daß ihme die von seinem Herrn bisher bekleidete Charge solte zu theil wer

Plan von Constantinopel
Einzug des Röm. Kayserlichen Groß⸗Botschaffters in Constantinopel.
Von des Hn. Botsch. Ankunft und Einzug in Constant. 159 werden. Es liesse ihm auch der Herr Botschafter weil Er wuste, daß der Mehemed Aga ein dicker und fetter Mann war, und für seinen Wanst gar sehr sorgte, im Schertz zu entbieten: wann ihme damit gedienet wäre / wolle Er ihn nach zuruckgelegter dreisigtägigen Fasten öfters mit Chocalate bedienen, weil er, als ein grosser Liebhaber von einen strengen und maͤßigen Leben, nach so langem Fasten dessen gar sehr benöͤthigt seyn duͤrfte.

Heute ist einer von unsern Fuhr Leuten, so schon lang Kraftloß geVermeinte eingerissene Pest. wesen, unversehens umgefallen, wordurch gleich der Ruff entstanden, er seye von der Pest angesteckt gewesen, welches auch keine geringe Furcht und Schrecken in unserm Lager verursachet; man hat aber bey genauer Untersuchung ganz ein anders befunden, und haben uns die Leib⸗Aerzte und Feldscheerer versichert, daß wir deswegen nichts zu Offerirung eines Sclaven an den Marquis de Bonac. befürchten hätten. Hierauf wurde abermal der Herr von Wetstein zum Französischen Gesandten Marquis de Bonac geschicket / um ihm einen Gefangenen aus Languedoc, den die Edelleute erst neulich loß gekaufft, zu præsentiren. Dazumal ist auch Herr Kramer / Cassirer und Verwaldter der Kaiserlichen Geschencke, und mit gefüͤhrAuspack⸗ und Eintheilung der Kaiserlichen Præsenten. ten Gelder, nebst dem Uhrmacher Holzmann / mit bemeldten Præsenten in die Stadt geschickt worden, damit solche ausgepackt und nach der ihnen vom Hof mitgegebenen Vorschrifft eingetheilt werden könnten. Weil aber die meisten Vizire sich dazumal in ihren Provinzen aufhielten, muste man auf Befehl des Herrn Groß⸗Botschafters von solcher Richt⸗Schnur etwas abweichen, und die ihnen zu gedachte Verehrungen an andere austheilen; wobey aber gleichwol des Hofs Intention nach Möglichkeit beobachtet worden.

Einzug in Constantinopel.Nunmehro haben wir den 3ten besagten Monats unsern Einzug in die Stadt Constantinopel fast auf gleiche Weise, wie zu Wien / gehalten: Gleich bey anbrechenden Tag wurden die muthigsten mit dem kostbarsten Zeug geschmüͤckte Pferde aus dem Kaiserlichen Stall gezogen, deren Zäume und üͤbrige Ruͤstung aus fein geschlagenen und mit vielerley Steinen besetzten Silber verfertigt waren. Kurz vor sieben Uhr sind wir mit fliegenden Fahnen unter Trompeten⸗ und Paucken⸗Schall und anderer Music aus dem Lager gegen die Stadt marchirt, welche wir so gleich im Gesicht hatten. Der Herr Groß⸗Botschafter, der sich des vom Sultan Jhm zuge Zweytes Buch / Erste Abtheilung / 160 zugeschickten und mit einer von Gold gestickten Decke aufgebutzten Pferds bedienet, liesse ein anderes von seinen eigenen mit kostbaren Zeug auf Teutsche Art geziertes nachführen / deme einige mit sechs und zwey Pferden bespannte Wägen folgten, unter welchen sich auch drey von dem Sultan / der solche aus sonderbarer Neigung gegen diese Groß⸗Botschaft abgeschickt, befunden haben, wobey absonderlich ein Zug grauer Schimmel mit rothen Schweifen sehenswürdig gewesen. Auf dem halben Weeg kam der Dolmetsch von der Pforten, den Herrn Groß⸗Botschafter zu complimentiren, so von dem Obristen der Bothen oder Chiaoux Baschi und zween Spahiler Agasi samt noch einigen andern begleitet war. Auf unsern Zug musten wir bey einem Lust⸗Garten vor Frühstuck unter Weeges. bey, welchen eine Sultanin auf ihre Kosten anlegen lassen, daselbst sind wir abgetretten, um das darinnen füͤr uns zubereitete Früͤh⸗Stuck einzunehmen; dann weil wir noch weit zu marchiren hatten, wurde für uns gesorget, damit nicht einige von den unsrigen auf dem Weege verschmachten moͤgten. Allhier ist der Herr Groß⸗Botschafter von denenjenigen, welche man Jhm entgegen geschickt, nochmaͤlen empfangen, in das für Jhn zu bereitete Zimmer geführt / auf den für Jhn gestellten Sessel angewiesen, (an dessen statt sich die Tüͤrken ihrer gewöhnlichen Sofaus bedient) und mit Caffé und unterschiedlichen nach Lands⸗Art, doch nicht übel zugerichteten Speisen tractirt worden; der Scherbeth muste an statt des Trunks dienen, und was bey Des Sultans EdelKnaben bedienen den Herrn Botschafter. nahe noch nicht erhöͤrt worden, des Sultans Hasodaͤ oder EdelKnaben dabey aufwarten. In der Mitte des mit Gold Silber und allerhand raren Gemählden auf das kostbarste ausgezierten Speiß⸗Saals stunde ein gedeckter Tisch / woran 40. Personen ganz gemächlich sitzen kunten, wobey wider die Türkische Gewohnheit einige zu diesem Ende verfertigte Bänke gestellt waren: hieran nun wurde der erste und zweyte Adel logirt, da indessen die andern auf den mit Persianischen Teppichen belegten Boden herum lagen / und ihr Früh⸗Stuck, so gut sie kunten, verzehrten, bey welchem, wann nicht einer ungefehr ein Schälgen Scherbeth bey dem Kopf kriegte, sie ih Türken bedienen sich keiner güldenen und silbernen Geschirre.ren Durst mit Wasser löschen musten. Die Speisen wurden alle in Porcellanenen, steinern und iradischen Geschirren aufgetragen, dergleichen man sich auch zum Trank bedienet; sintemalen ihnen der Ge brauch Von des Hn. Botsch. Ankunft und Einzug in Constant. 161 Gebrauch guldener und silberner Geschirre bey Tisch durch ein den gemeinen Wesen sehr zuträgliches Gesetz verbotten ist; wie ich mich dann auch nicht entsinnen kan, daß ich jemaln bey einem vornehmen Türken etwas von Gold oder Silber auf dem Tisch gesehen, es muͤste dann etwan die an statt des Tisches daselbst gestellte runde Platte nebst einem Hand⸗Becken zum waschen, und einem Rauch⸗Vaß, das Gesicht, die Hände und dem Bart damit zu beraͤuchern, gewesen seyn; wie sie dann die dem Herrn Botschafter vorgelegte Messer auch anderweit entlehnt hatten. Hingegen ist an Speisen, wie uns nachgehends die Soldaten und Bedienten erzehlt, ein solcher Uberfluß gewesen, daß über die hundert Schuͤsseln von ihnen wieder zurück gekommen, von den Tuͤrken aber mit samt den Loͤfeln, deren wir uns bey dem Essen bedient, unter die Grichischen Knaben ausge⸗ theilet worden; angesehen sie es für grosse Sünde wuͤrden gehalten haben, wann sie etwas von demjenigen zu sich nehmen sollen, welches die Unglaubigen oder Jaouer berührt und verunreinigt hätten. Es hat auch darum keiner von ihnen etwas gekostet, weil niemand vor Aufgang des Abend⸗Sterns oder der Sonnen⸗Untergang wegen ihrer grossen Festen was geniessen durfte/ wie schon im vorigen angezeigt worden, da die meisten aus ihnen gewohnt, selbige Zeit uͤber den Tag mit schlaffen / und die Nacht imit andern Verrichtungen zuzubringen.

Hier hat sich ein gebohrner Sachs / Namens Schmied, ein Ein abgefallener Sachs kommt zu der Botschaft. nichtswuͤrdiger Mensch, bey uns eingefunden, der sich bey der vorigen Botschaft unter den Grafen von Oettingen vor einen Edelmann ausgegeben, nachgehends aber aus einer mir unbekannten Ursach freywillig den Türkischen Glauben angenommen; dieser Gottsvergeßne Mensch hat sich gleichwol kein Bedenken gemacht, vor dem Herrn Botschafter zu erscheinen, und Jhm zu ersuchen, daß Er die Gnade für ihn haben, und dem Groß⸗Vizir bey Gelegenheit sein weiteres Glüͤck und Fortkommen recommendiren wolle. Dieser hat auch nachgehends auf dem Weeg und bey der Ruckkehr mit dem Herrn von Klimberg viel von seiner Frauen, welche er zu Hauß bey den Seinigen gelassen, von seinen mit ihr gezeugten Kindern, alten Bekannten und Freunden geschwatzt: und als gedachter Hr. von Klimberg ihn unter andern fragte, ob er nicht bisweilen aus Reu angetrieben nach Teutschland zuruck, oder an GOTT und die künf X Zweytes Buch / Erste Abtheilung / 162 künftige Ewigkeit gedächte, nahm er solches nur für Scherz auf und machte ein Gespott und Gelächter daraus. Aber du leichtfertiger Boͤßwicht! ist ein GOTT im Himmel, der sich um der Menschen Thun und Lassen bekuͤmmert, so wird er dich um deiner Frechheit und Treulosigkeit willen schon zu finden wissen; und wer weiß, ob wir nicht nechstens von Seiner an dir vollzogenen gerechten Rache Nachricht empfangen. Jedoch, was halte ich mich läͤnger bey diesem Treulosen auf, ich will mich lieber wiederum auf den Weeg zu meiner Gesellschaft wenden.

Eine grosse Menge Zu schauer vor Constanti nopel. Nachdem wir nun, wie gesagt, in bemeldten Garten so herrlich tractirt worden, sind wir nach empfangenen wol riechenden Was sern und Rauchwerk von dar wiederum aufgebrochen, und naͤher ge gen die Stadt geruckt vor welcher sich eine unglaubliche Menge Leute von allerhand Alter Geschlecht und Condition eingefunden, unsern Einzug mit anzusehen: die Königliche und andere Gesand ten, welche sich dazumal auf ihren Lust⸗Häusern zu Belgrad auf hielten, haben sich etliche Stunden weit hieher verfuͤgt, den propren Einzug der Römisch⸗Kaiserlichen Groß⸗Botschaft mit anzusehen; da ihre Bedienten sich indessen an die Strassen gelagert; und damit sie solchen desto öfter betrachten kunten, sind sie mit ihren Pferden immer einen naͤhern Weeg voraus gesprengt, und haben sich wiederum an einen solchen Ort gesetzt, wo wir noch einmal vorbey ziehen musten. Ja so gar der Sultan und Groß⸗Vizir selb sten sollen bey dem Canal des schwarzen Meers in einem Winkel verborgen gewesen seyn, und uns in geheim aus einem Fenster ob Beschrei bung des Zugs in der Stadt. servirt haben. Die Türken giengen mit ihren grossen mit Kaisers Leinwand umwundenen Buͤnden, welche sie Kalibi nennen, und dreymal grösser, als die sonst gewöhnlichen seyn, die sie auch nur bey den grösten Solennitäten aufsetzen / ganz hochmüthig voran; worauf wir in eben dieser Ordnung die neulich bey dem Abzug aus der Kaiserlichen Residenz Stadt Wien gehalten worden, durch die Stadt Constantinopel gezogen. Die Janitscharn stunden in ihrer Ordens⸗Tracht, nemlich mit uͤber den Rücken haͤngenden Hau ben und langen an den vordersten Enden aufgeschüͤrzten Roͤcken, nicht allein an den Pforten, sondern auch an vielen Orten der Stadt in zwey Von des Hn. Botsch. Ankunft und Einzug in Constant. 163 zweyfacher Linie, damit sie das Volk abhielten, und uns durch Ejup / eine von dem H. Job so genannte Vorstadt, begleiteten.

Es ist aber diese Stadt Constantinopel erstlich von PauBeschreibung der Stadt Constantinopel. sanias erbauet worden, wie solches in dem ersten Buch der Supplementorum des Q. Curtii zu lesenGemeint ist die von Johannes Fresenheim bearbeitete Neuausgabe der Historia Alexandri Magni des Q. Curtius Rufus.. Vor Zeiten wurde sie Bysanz genennt von Bysante, oder Byzeno, des Neptuni und Croëssæ, einer Tochter der Jo, Sohn, wie Stephanus dißfalls vorgibt, oder, nach der Meynung Eustachii, von einem Füͤhrer der dem Thracischen König Byza zugehörigen Flotte; oder auch wol von Byza dem Admiral der Flotte, welche der Grichischen Stadt Megara zustäͤndig war; woraus dann folgen muͤste, daß Bysanz eine Pflanz⸗Stadt der Megarenser gewesen, wie Porphyrogeneta von Them. im 2. Buch 1. Cap erzehlet. Sie kan ihren Ursprung schon sieben hundert Jahr vor Christi Geburt, oder nach Erschaffung der Welt ohngefehr 3500. von denen Zeiten herholen, da das Jsraelitische Reich untergieng, und Hiskias in Judäa, Hosea in Jsrael und Salmanasser in Assyrien regieret hatten. Diesen ihren ersten Namen hat sie wol tausend Jahr, bis auf die Zeiten Constantini des Grossen / ersten Christlichen Kaisers, behalten, welcher, nachdem er sie auf das neue von Grund auf erbauet, sie kuͤnftig hin nach seinem Namen nennen lassen; und bey dieser Gelegenheit ist der erste Grund zum Christlichen Glauben in Orient wieder gelegt worden. Nachdem sie nun 1047. Jahr eine Residenz des Orientalischen Christlichen Reichs beständig gewesen, und eben dasselbige unter einem andern Constantino, einem Sohn Manuelis Paläologi / und Bruder Joannis / wiederum verloschen, ist sie unter erst bemeldten Kaisers Regierung um das Jahr Christi 1453, von Mahomet dem Zweyten mit 400000. Mann belagert, und nach einer Zeit von 54. Tagen mit stuͤrmender Hand eingenommen worden, von dar an sie mit dem jetzt regierenden Ahmed dem Dritten 17. Türkische Kaisere auf dem Thron gesehen, weil sie alle ihre Residenz allhier aufgeschlagen, welche sie vorher zu Prusa in Asien gehabt hatten. Selbiges ist, gleichwie das alte Rom, auf sieben Hügeln gelegen, weswegen man es auch das neue Rom genennt; wiewol anjetzo fast gar kein Merkzeichen mehr davon vorhanden, und wuͤrde Constantinus / wann Er wiederum zuruck in X 2 164 Zweytes Buch / Erste Abtheilung / in diese Welt kehren solte, Mühe genug haben, wofern Er sein voriges Constantinopel mitten in dieser Stadt finden wolte, so gar unähnlich ist sie ihr selbst worden. Dieses aber muß man ihr lassen, daß keine so vortrefliche Gegend in der Welt, als diese / anzutreffen: sie ist von dem Luxinischen und Hellespontischen Meer umgeben, und daher zur Kaufmannschaft überaus bequem; liegt in Form eines Driangels, so daß zwey Spitzen davon gegen das Meer, die dritte aber gegen das feste Land siehet. Gegen Mittag hat sie den Hellespont / gegen Aufgang den Auslauf des schwarzen Meers / der ungemein grosse und Schiffreiche Hafen liegt ihr gegen Mitternacht, und Landwerts gehet ihr die Sonne unter, wohin man uͤber das schwarze Meer / so die Türken Caradenis nennen, kommen kan: wann nun mit dieser vortheilhaftigen Situation die heutige Manier zu fortificiren verknuͤpft wäre, wuͤrde kaum in der Welt ein festerer Ort zu finden seyn. Auf der Land⸗Seite hat sie zu unterschiedlichenmal einen dreyfachen aber mehrentheils mit Erden, Steinen und Schollen angefüͤllten Graben; ist auch daselbst mit einer doppelten Mauer, und gegen dem Meer zu nur mit einer einfachen versehen: an derselbigen stehen unterschiedliche vier⸗ und achteckigte Thuͤrne, welche die Roͤmer noch erbauet, davon die obern die untere an Grösse übertreffen; und ob sie schon ehmaln wären capable gewesen, eine ganze Armee aufzuhalten, so sind sie doch nicht mehr im Stand, sich nur vor einen kleinen Anlauf zu schüͤtzen; wie dann so wol die Mauern als Thürne so schlecht beschaffen, daß sie an vielen Orten grosse Risse haben, und zu verwundern, wo sie nicht Türken pflegen nichts auszubessern. noch gar über einen Haufen fallen: dann die Tüͤrken pflegen selten was auszubessern, weil sie sagen, daß sie zum Verstoͤren und Niederreissen, nicht aber zum aufbauen kommen seyn. Diese Stadt hat zwey und zwanzig Pforten, davon sechs Landwerts stehen, als eine unter dem Pallast Constantini unweit des grossen Markts, den die Türken heutiges Tags Fener nennen, welchen Platz sich Constantinus um dieser Ursach willen zu seiner Wohnung soll erwehlet haben, weil Er solchen am gesuͤndesten befunden, so er mit dreyen an unterschiedliche Oerter ausgesetzten Fischen probirt; die andere Pforte siehet gegen Adrianopel / die dritte stehet auf der Höͤhe des siebenden Bergs; die vierte ist die guͤldene Pforte; die fuͤnfte gehet gegen Von des Hn. Botsch. Ankunft und Einzug in Constant. 165 gegen Selymbria; die sechste findet man bey den sieben Thuͤrnen; die uͤbrigen sechszehen sind gegen das Meer zu gerichtet, und zwar laufen eilf davon gegen den Canal, und fuͤnfe gegen das Meer zwischen dem Hellespont, darunter die Pforten des Seralliens nicht mit begriffen sind: unter diesen fuͤhrten die erstern bey den Alten den Namen Blachernea, heut zu Tag die Burg⸗Pforte; Cynigos, anjetzo Xilo-Pforten; Phanaria, Agia, Jubalica, die MehlHolz⸗Saamen⸗Fisch⸗ die Neorii und Demetrii, und die letztere die Mist⸗Pforten; dann sind auch noch die Loͤwen⸗Condescala⸗ und noch zwey andere Pforten, welche die Geschicht⸗Schreiber zu nennen vergessen haben. Gedachte Mauern und Pforten sind mit vieler Grichischen und Lateinischen Schrifft geziert / dafür man an der Vornehmen Häuser Türkische lesen kan. Die Gassen sind sehr enge, schlüpfrig, abhängig, die Häͤuser gröͤsten Theils von Leim und Holz erbauet, also daß man die Stadt weder von innen schoͤn, noch von aussen stark oder fortificirt nennen kan; die Wohnungen hingegen mit Leuten dermassen angefuͤllt, daß oft unter einem Dach, oder auch wol in einem Zimmer etliche Haußhalten anzutreffen: wann man nun den unbeschreiblichen Gestank, die rohe unverdauliche Ursach der öftern Contagion in Constantinopel. Speisen, als Pfeben, Gurken, und dergleichen, mit welchem sich der Pöbel fast nur allein naͤhrt, und das liebe Wasser darzu trinket, in Erwegung ziehet, wird sich niemand wundern, wann bey entstehender grossen Sommer⸗Hitze viel dahin sterben; vielmehr wäͤre es für was seltsames zu halten, wann sich bey einer so grossen Menge Volks und unordentlichen Lebens⸗Art das Gegentheil finden solte. Jn den meisten Gassen, durch welche wir diesen Tag gefüͤhrt worden, sahen wir Häuser, die man eher für Spelunken der wilden Thiere, als Wohnungen der Menschen hätte halten sollen, und mit dergleichen raren Gebäuen sind noch darzu die vornehmsten Haupt⸗Strassen am meisten angefuͤllt; dann die anderen, so mit mehrerer Zierlichkeit aufgebauet, finden sich nur an denen Plätzen, welche dem Anlauf des Volks nicht so sehr unterworfen, und wo auch die Stadt am wenigsten bewohnt ist. Wir haben wol üͤber drey Stunden mit unsern Zug in der Stadt zugebracht, und gleichwol kaum den sechsten Theil davon betretten. Diejenigen Gebäu, so an dem HafenDie schönsten Gebäu außer der Stadt. liegen, übertreffen diese in der Stadt an Pracht und Ansehen; und längst dem Canal bis an das schwarze Meer præsentiren sich viele Lust X 3 266 166 166 Zweytes Buch / Erste Abtheilung / Lust⸗Häuser vornehmer Personen, Gärten, Weinberge, Wiesen, Sultans verschlossener Pallast. Wälder, Städte und Flecken. Es hat auch der Sultan daselbst einen verschlossenen Pallast für das Frauen⸗Zimmer, welcher Besicktas genennet wird, worinnen Er den ganzen Sommer uͤber zu residiren pflegt, wiewol auch der in der Stadt befindliche ein recht Königliches Ansehen hat, von welchem man auf zwey Meere hinaus sehen kan, worein aber niemand, er sey dann ein Tuͤrk oder Beschnit Bezahlte Curiosité eines Frauenzimmers. tener, gelassen wird. Kurzweilig ist zu hören, was man von eines ausländischen Gesandten Gemahlin erzehlet: diese hatte grosses Verlangen, das Königliche Gebäu oder Serallien in der Stadt von innen zu sehen, weswegen sie dem Kuslir Aga / oder Obersten der verschnittenen Mohren, mit welchen sie durch ihr langes Daseyn in gute Bekanntschaft gekommen / mit grossen Verheissungen dahin zu vermögen gesucht, daß er ihr darzu behüͤlflich seyn moͤgte. Der Mohr, welcher die Gefahr, in welche er sich setzen wuͤrde, schon voraus sahe, wo er solches ohne des Sultans Consens vornehmen wuͤrde, und doch gleichwol den Vortheil, welchen er daraus ziehen kunte, nicht verabsäumen wolte, entschloß sich, dem Sultan davon Nachricht zu geben, welcher es endlich mit diesem Beding erlaubte, daß sie in keiner andern als Tuͤrkischen Kleidung darinnen erscheinen, der Mohr aber Jhn sichere Nachricht geben solte / an welchem Ort und in welcher Ordnung er sie stellen wolle, damit er im Vorbeygehen und Ausmusterung eines Schlaff⸗Gesellens unter seinen Cuncubinen ihr, als ware es eine aus diesen, das Schnuptuch zu werfen und damit in sein inneres Gemach noͤthigen koͤnnte, daselbst seine Kurzweil mit ihr vorzunehmen. Dieses wird abgeredter massen ins Werk gerichtet, die Dame auf bestimmten Tag in Tüͤrkischer Tracht zu erscheinen invitirt, welche sich auch um angesetzte Stunde eingestellt: hierauf führt sie der Mohr in ihrer Unschuld hinein, erzehlt ihr aber anbey, wie es bey ihnen der Gebrauch, daß diejenige, welche der Sultan auf erst beschriebene Weise zu sich beruffe, Jhm auf dem Fuß folgen muͤsse, und wann ihr dergleichen begegnen und sie solches abschlagen wuͤrde, stuͤnde ihnen beiden ein grosses Unglück bevor, und koͤnnten sie in Gefahr laufen den Kopf zu verliehren; sie zwar, weil sie sich an einem solchen Ort eingefunden: er aber, daß er sie hinein gefuͤhrt; nunmehro seye es an dem, daß sie sich Von des Hn. Botsch. Ankunft und Einzug in Constant. 167 sich zu einem oder dem andern resolviren muͤsse. Indem nun der schlaue Kopf ihr dieses alles mit solchen Umständen vorgestellet, entstehet augenblicklich ein Tumult vor der Thuͤr, der Sultan tritt hinein, der Verschnittenene eilet dem Kaiser entgegen, und läßt diese ganz bestuͤrzt unter den andern stehen. Da sie sich nun in solcher Angst befindet, stehet der Sultan schon neben ihr, gibt ihr das gewöhnliche Zeichen, und zwingt sie damit, in sein Schlaff⸗Zimmer zu folgen, wo die Comœdie des Amphitruo noch einmal aufgeführet worden; der Gesandte indessen liesse sich von seiner Alcmena nichts böses träumen, welche gleichwol in diesem Tuͤrkischen Frauen⸗Zimmer mehr erfahren, als sie vielleicht zu wissen begehrt hat, bis sie erst den andern Tag wiederum zuruck geschickt und darmit des neuen Mercurii und seines Knechts Sosiä listiger Betrug entdeckt worden.

Dieser in der Stadt liegende Kaiserliche Pallast samt dem darzu gehörigen Garten begreifft in seinem Umkreiß bey die anderthalb Meilen / welchem aber der in der Vorstadt weder an Gröͤsse noch Weitläuftigkeit beykommt. Jedoch stoßt an diesem letztern des ViVornehme Palläste an dem Serallien. zirs / an des Vizirs seinen Pallast aber derjenige, so dem Nischanschi Bascha zu stehet, dergleichen auch noch mehr in der Ordnung folgen; dann es pflegen sich die Vornehmsten des Hofes zu Sommer⸗Zeit, wie auch im Früͤhling und Anfang des Herbsts mehr an dem Canal, als in der Stadt aufzuhalten, so wol in ihren Gärten und Lust⸗Häusern der frischen Luft zu geniessen, indessen da in der Stadt zur selbigen Zeit die Pest, wie jährlich zu geschehen pflegt, herum wütet: als auch, damit sie in allen Begebenheiten dem Kaiser desto näher seyn. Gegen dem Constantinopolitanischen WachtThurn bey Constantinopel für des Leanders Thurn gehalten. Pallast und der an einem Berg gegen über liegenden Asiatischen Stadt Scudari præsentirt sich mitten im Meer, wo das Euxinische oder schwarze und das zwischen den Hellespont zusammenfließt, ein Thurn, welchen viele für denjenigen gehalten, nach welchem der bey den Poeten und sonst allenthalben so bekannte Juͤngling Leander zur Nachts⸗Zeit durch Sturm und Wellen nach seiner geliebten Hero zu schwimmen pflegen, welches er auch so lang angetrieben, bis er einsmals bey ungestuͤmmen Wetter, als ihr der Wind das zum Weegweiser verordnete Licht in der Latern ausge löscht, 168 Zweytes Buch / Erste Abtheilung / löscht, des Weegs verfehlt und durch den Wirbel fort gerissen im Angesicht ihrer untergehen und ein Opfer ihrer thörichten Liebe werden muͤssen; wobey er dann folgenden Vers in seiner Angst zum oͤftern soll wiederholt haben:

Parcite, dum propero; mergite, dum redeo. Schont wilde Fluthen nur noch jetzt, laßt mich das Ufer fassen, im Ruckweg will ich eurer Wuth mich gerne üͤberlassen.

Allein es verrathen diejenige, die solches auch nur muthmassen duͤrfte, ihre grosse Unwissenheit in der Historie mehr als zu viel; dann daß ich alle andere, welche von dieser Geschicht ausführlich gehandelt, mit Stillschweigen uͤbergehe, so ist aus dem einigen Ovidio klärlich zu erweisen, daß diese Meer⸗Enge des Hellesponts zwischen Sestus / auf der Seiten von Europa / und Abydus / auf dem Asiatischen Boden, zu suchen seye, über welche der thörichte und unvorsichtige Jüngling zu schwimmen in Gewohnheit hatte, wann er seinen närrschen Begierden genug thun wolte: und daß eben daselbst die nicht gluͤckseeligere Hero, und eines solchen Zufalls wol wuͤrdige Priesterin, weil sie ihren unsinnigen und nun mit Meeres⸗Wellen streiteten Liebhaber nicht zu Hüͤlfe kommen kunte, aus lauter Jammer sich von einem hohen Thurn herab gestüͤrzt, damit sie doch mit demjenigen im Tod moͤgte vereiniget seyn, welchen sie im Leben nicht mehr umarmen köͤnnen.

Um diese Gegend haben die Tüͤrken 2. Schloͤsser, so heutiges Tags die Dardanellen genennt werden, und mit Stuͤcken wol besetzt sind, Dardanellen.woselbst alle aus dem hohen und Egaͤischen Meer ankommende Schiffe visitirt und die ein⸗ und ausfahrende Waaren untersucht werden, so daß keiner hier vorbey schiffen, noch die Seegel aufziehen darf, bevor er ans Land gestiegen, und nach genauer Besichtigung und Schätzung seiner aufhabenden Güter dem Zoll⸗Schreiber die Gebüͤhr dafür erstattet hat. Mehr benannter Thurn aber dienet den Schiffenden zu einem Weegweiser, nach welchem sie sich bey der Nacht richten den Constantinopolitanern aber zum Wacht⸗Thurn, von welchem sie die aus dem Meer heran kommende Schiffe observiren koͤnnen. Es stehet derselbige mitten im Meer / und kan von Winden und Von des Hn. Botsch. Ankunft und Einzug in Constant. 169 und Wellen auf beiden Seiten bestüͤrmet werden, wovon er aber gleichwol, weil er auf einen unbeweglichen Felsen ruhet, keinen Schaden zu fürchten hat. Das ganze Gebäu formirt ein zweyfacher von ungleicher Grösse zusammen gesetzter viereckigter Thurn, worauf die Türken einiges leichtes Geschütz gepflantzt haben / so von den Janitscharn beständig bewachet wird; und gibt dessen weise Farbe bey heitern Wettern einen solchen durchtringenden Glanz von sich, daß man ihn ohne Verletzung des Gesichts nicht wol anschauen kan. Am meisten ist daran zu verwundern, daß, ob er BrunnenWasser mitten im Meer. gleich zwischen zweyen gesalzenen Meer⸗Wassern liegt, es ihm doch an süssen Wasser niemaln fehlet; und reicht der in der Mitte des Felsen eingehauene Brunnen⸗Kasten so viel Wasser, als man dessen benöthiget ist, welches beständig aus dem Felsen herfür quillet, und nicht, wie man etwan meinen moͤgte, von dem Regen⸗Wasser aufgesammlet wird.

Als wir durch eine andere Pforten wiederum aus der Stadt Kirchhof der Türken. gekommen, befanden wir uns wiederum, so zu reden / in einem steinern Wald / dessen wir kein Ende sehen kunten. Dann, wie schon im vorigen Buch erinnert worden, pflegen die Tuͤrken einem jeden Toden ein neues Grab zu machen, welches sie mit Marmel oder andern Steinen und Saͤulen auszieren, daher ihre Kirchhöͤfe in eine also unermeßliche Weite anwachsen, daß man nur von denen darauf befindlichen Steinen gar wol ein steinernes Constantinopel an statt des gegenwaͤrtigen hoͤlzernen aufbauen koͤnnte. So bald wir uns wieder ausserhalb der Stadt befanden / begab sich der Herr Groß⸗Botschafter von seinem Pferd in den Wagen, dessen Exempel einige andere folgten, um sich vor der Sonnen⸗Hitz darinnen zu verbergen; die andern aber behielten ihre Pferde zwischen den Füssen, und rieten damit nach dem vorigen Lager: Zu welcher Zeit Seiner Excellenz von dem Französischen Gesandten ein Teutscher von ihm los gekaufter Sclav an statt des ihm üͤberschickten Lanquedoker verehrt wurde.

Den 4ten Augusti fertigten Se. Excellenz aus dem ersten Des Freyherrn von Zweifel Abfertigung an den Groß⸗Vizir. Adel den Freyherrn von Zweiffel / samt dem Dolmetsch Herrn Vorner, den Sprach⸗Knaben Carl Ludwig Momartz Gemeint ist Caspar Ludwig Momartz. und einige andern seiner Bedienten zum Groß⸗Vizir ab / so wol in sei Y Zweytes Buch / Erste Abtheilung / 170 seinem Namen für die gestrig überlassene Pferde zu danken, als auch zugleich zu vernehmen, um welche Stunde es Jhm am gelegensten wäre, des Herrn Botschafters Visite anzunehmen. Es legte aber eben an diesem Tag der Mehemet Aga seine Besuchung ab, und brachte die Nachricht, wie er eben dergleichen Commission an Des Mehemets Aga Zuspruch.Se. Excellenz von dem Groß⸗Vizir hätte. Hierauf dankten Dieselbige für die von Jhm durch die abgestattete Visite erwiesene Höflichkeit und freundliches Andenken, ersuchten ihn aber zugleich, dem Commission an dem GroßVizir. Groß⸗Vizir in seinem Namen für die Jhnen angebottene Ehre hinwiederum gebuͤhrenden Dank abzustatten, und zu melden, wie Sie nichts mehr wuͤnschten, als bestäͤndig oder wenigstens sehr oft um Jhn zu seyn, weil Sie Sachen von grosser Wichtigkeit mit Jhm abzuhandeln hätten; es würde Jhnen sehr schwehr fallen, wann Sie durch die leidige Seuch noch länger von der Stadt solten abgehalten und an ihren Handlungen gehindert werden, weil dadurch auch zugleich das gemeine Wesen würde leiden müssen. Es hielte aber der Herr Botschafter höchst vernüͤnftig dafuͤr, daß es nun Gelegenheit gebe, zu dem Ende an einem dritten Ort auser der Stadt zusammen zu kommen, welches vor Jhm noch keinem zugestanden worden; wiewol es auch der Mehemet dem Herrn Botschafter von dem Groß⸗Vizir ungebetten versprochen, auch sich anerbotten, Jhn dahin zu begleiten, worauf Se. Excellenz zu verstehen gaben, daß es Jhnen sehr angenehm seyn würde, und zwar um so viel mehr, damit er dasjenige bekräftigen könnte, was bey dem Passarowitzischen Friedens⸗Tractaten abgehandelt worden; und hierauf haben sie den noch übrigen Theil des Vormittags in allen Vergnuͤgen zugebracht. Dieser Mehemet war ein ansehnlicher, bescheidener, freundlicher, holdseeliger und schöͤner Mann, auch bey den Seinigen wegen der Erfahrenheit im Gesetz und andern Sachen in grossen Estime; seine annehmlichen Gebehrden und angebohrne Sanftmuth verursachten, daß er gleichsam immerzu laͤchelte. Unterdessen hat sich auch ein Dolmetsch von den Venetianern eingefunden, um zu vernehmen, wie viel der Herr Botschafter erlösete Sclaven aus ihrem Lager mit sich führete, damit zu deren Heimreise könnte Anstalt gemacht werden.

Zweyte
Des Hn. Groß⸗Botsch. Audienz bey dem Groß⸗Vizir. 171 Zweyte Abtheilung.

DEn 5. dito hat der Herr Groß⸗Botschafter in Besuchung des GroßVizirs. Begleitung seiner ganzen Suite die Visite bey dem GroßVizier, oder Obrist⸗Feld⸗Herrn und Stadthalter des Türkischen Reichs abgelegt, und zwar in eben dieser Ordnung und mit demjenigen Pracht, als bey dem Einzug in die Stadt beobachtet worden, auser daß man die Fahnen und Paucken zuruckgelassen, und die Trompeten nicht geblasen, dergleichen auch geschehen, da Se. Excellentz den 8ten darauf bey dem Sultan die Audienz gehabt; unsere Soldaten aber haben das Lager verwahrt, damit nicht, wie bey dergleichen Gelegenheit gar gerne zu geschehen pflegt, unter solcher Zeit uns etwas daraus entwendet wuͤrde. Hierzu wurden jedesmal so wol für den Herrn Groß⸗Botschafter, als auch für die andern alle die Pferde aus des Sultans oder des Groß⸗Viziers Stall hergegeben: die Janitscharen waren wiederum an vielen Orten der Stadt ausgetheilet, und viele vornehme Kriegs⸗Bedienten, Räthe, Cammerherrn und Richtere hatten uns mit ihren hohen Buͤnden begleitet. Der Chiaoux Baschi, oder Fehlgeschlagene List des Chiaoux Baschi Oberster der Bothen, welches eine ansehnliche Bedienung bey den Türken bedeutet, war zu Einholung des Herrn Groß⸗Botschafters abgeschickt, wobey er sich allerhand Finessen bediente, um Demselben zur linken Hand zu reiten, weswegen er Jhm bald dieses bald jenes zeigte und erklärte, nur damit er Ursach mit Jhm zu reden und nahe an seiner Seiten zu seyn haben moͤgte; allein es wusten Se. Excellentz durch allerhand Wendung seines Pferds dieses gar artig zu vermeiden; weil sich aber der Türk durch eine so höfliche Reprimande nicht wolte abweisen lassen / liessen Sie ihm öͤffentlich sagen, daß er voraus reiten solte, weil es sich nicht schicken noch sein Character zulassen wolle, jemand an der Seiten zu leiden, welchem Befehl auch der Türk gehorsamlich nachlebte, und sich den daruͤber gefaßten Verdruß im geringsten nicht merken ließ. Hieraus wuͤrde wol der Herr von Ferriol / gewesener Französischer Gesandter nichts gemacht haben, wann jener unter dem Reden nichts anders als die linke Seiten gesucht häͤtte, ob er schon sonst ein Mann von sehr ho her Y 2 Zweytes Buch / Zweyte Abtheilung. 172 Des Herrn von Ferriols Affaire mit dem Türkischen Hof.her Stirn war: ja dieser Herr von Ferriol, sage ich, welcher wegen seiner Händel in der ganzen Türkey und Frankreich bekannt ist, absonderlich wegen der bewusten Affaire, die er mit dem Türkischen Hof gehabt, worinnen er doch nicht reussiren koͤnnen; dann als er gesucht, bey dem Türkischen Kaiser mit dem Degen an der Seiten zur Audienz gelassen zu werden, hatte er zu dem Ende ein weit kleiners Seiten⸗Gewehr, als sonst gewöͤhnlich, verfertigen lassen, damit er solches desto eher unter seinen Kleidern verbergen koͤnnte. Allein dieser Anschlag ist noch zeitlich entdeckt worden, und weil er sich nicht nach der Lands Gewohnheit accommodiren wollen, sondern vielmehr protestirt, daß ihm solches zukäme, muste er, da er bereits schon vor dem Zimmer stunde, doch, ohne den Kaiser zu sehen, wieder abziehen, kunte auch mit aller seiner Bemuͤhung nicht mehr zu wege bringen, daß man ihn nochmaln vorgelassen hätte.

Bey diesem Zug sind wir durch eben die Pforten gefüͤhrt worGrosser Brand zu Constantinopel.den, durch welche wir vor etlichen Täͤgen unsern Einzug genommen, dabey wir aber einen ganz andern Weeg gehalten, doch endlich zu derjenigen Gegend gekommen, wo im 1718ten Jahr den 17. Juli der grosse Brand in der Stadt ohnweit dem Meer entstanden; dann weil der Nord⸗Wind das Feuer sehr heftig angeblasen, sind dardurch 51000. Häuser, 2283. Kramladen, 171. Kirchen, 152. Palläste, 130. Oefen / 80. Roß⸗Mühlen, 98. Stadt⸗Bäder, 1601 ofentliche Schulen in die Asche gelegt, und bey 14 bis 15000. Menschen auf einmal verbrandt worden. Dabey haben der Kaiser und Moufti, ihr oberster Priester, sehr viel gelitten, als denen ihre meisten Palläste dardurch im Rauch aufgangen. Um zwey Uhr in der Nacht ist die Brunst entstanden, und hat sich nicht eher als des andern Tags um 4. Uhr wieder gelegt, also daß die Stadt von diesem schädlichen Feuer bey 30. Stunden illuminirt gewesen. Aber man hat sich darüber nicht so gar sehr zu verwundern; dann weil die Häͤuser denen Hüner⸗Ställen sehr gleich kommen, gar nahe an einander stehen, aus Holz und Leimen zusammen geklebt sind, welcher leztere vom Feuer ohnedem bald erhitzt wird, anbey die Gassen so eng, daß die Dächer beynahe an einander stossen / kan es nicht anderst seyn, als daß bey einmal ausgebrochenen Feuer ganze Gassen darauf gehen müͤssen / und kan auch die Flamme nicht eher gestillt werden, bis es keine zum Brennen taugliche Materie mehr findet; weswegen man die Des Hn. Groß⸗Botsch. Audienz bey dem Groß⸗Vizir. 173 die Hauser entweder niederreissen und solcher gestalt dem Feuer die Nahrung entziehen, oder der Flamme ihre Wut so lange lassen muß, bis sie von selbst wieder nachlaͤßt; so beschwehrlich aber das eine, absonderlich bey Nacht und entstehenden Nord⸗Wind ist, so gefährlich und betruͤbt duͤrfte manchem das andere Mittel vorkommen. Doch darüber haben viele ihre besondere Gedanken gehabt, daß / wie kurz vor des Graf von Oettingen Ankunft in die Stadt Constantinopel 72000. Häuser abgebrannt sind: also auch jetzo nur den Tag Merkwürdige Feuers⸗Brunst bey der vorigen Gesandtschaft. vor den geschlossenen Frieden zu Passarowitz diese grosse FeuersBrunst entstanden. Im Vorbeyziehen kunten wir noch die traurige Merkmale davon sehen, nemlich, die verbrannten Kirchen⸗Daͤcher, das zerschmolzene Bley, die zersprungene Glaß⸗Scheiben / zerstörte und verbrochene Brunnen, und dann auch des Kaisers Arcadii Säulen / welcher das Erdbeben ohne dem schon stark zugesetzt hat, daß man wegen ihrer vielen Risse sie aller Orten mit eisernen Reifen belegen müssen, anjetzo aber durch das Feuer und dem Rauch ganz schwarz worden; wie sie dann auch heutiges Tags die Verbrannte genennt wird, und unter diesem Namen allenthalben bekannt ist.

Endlich sind wir in des Groß⸗Vizirs Pallast, und zwar in Groß⸗Vizirs Pallast. demjenigen angelangt, welche dieselbige insgemein, wann sie gleich ihre eigene Häͤuser haben, zu derjenigen Zeit bewohnen, in welcher sich der Sultan in der Stadt aufhält, weil solcher nicht weit von der Kaiserlichen Burg, und sie also gleich, wann man ihrer vonnoͤthen hat, bey der Hand seyn können. Dieser hatte drey Höfe, woselbst die Janitscharen in Ordnung stunden, auf dessen ersten die Bedienten, auf dem andern der Adel, und auf dem dritten nahe bey der Stiegen der Herr Groß⸗Botschafter selbsten von dem Pferde stieg. Es hat dieser Pallast zwar einen sehr weiten Umkreiß, aber die Bau Kunst ist gar schlecht daran observirt, und durch die unzehlichen Winckel ganz verstellt. Hier giengen die Chiausen mit ihren Strauß⸗Federn auf dem Haupt und silbernen oder mit Silber beschlagenen Stäblein in den Händen voran, wie von deren Beschaffenheit schon in dem ersten Buch Meldung geschehen; dann diese Chiausen sind nichts anders als Bothen, welche man darzu gebraucht, daß sie fremde Gaͤste empfangen, oder sie, ihnen den Weeg zu zeigen, voraus schicket: wir selbsten befanden uns in der Mitte / und einige andere aus den Tüͤrken folgten.

Im Y 3 174 Zweytes Buch / Zweyte Abtheilung /

Jm Hinaufgehen trafen wir zur rechten Hand den Harem, Der Harem oder das Sarallien der Kaiserlichen Prinzeßin.oder das Serallien der Kaiserlichen Prinzeßin an, in welchem sie viele hundert Sclaven ihres Geschlechts um sich hat, wie mich diejenige, welche es gesehen, berichtet haben, über die sie zu gebieten, sich ihrer Dienste nach Gefallen gebraucht, sie beschenkt, straffet, fortschaft, befördert, wie es ihr im Kopf kommt; es wird aber auser denen Verschnittenen kein ander Mannsbild hineingelassen, wie dann um dieser Ursach willen acht abscheuliche Mohren bestäͤndig vor der Thuͤr Wer des jetzigen Groß⸗Vizirs Gemahlin. die Wacht halten, welche diejenige, so sich etwas zu nahe hinzumachen wollen / abhalten. Aber was wüͤrden so viele Wachter nutzen, wann die keusche Schamhaftigkeit oder eheliche Treue manquirte? Vor diesem Zimmer haͤnget ein mit Gold schoͤn gestickter Vorhang, und die darinn wohnende ist des Groß⸗Viziris Gemahlin, des regierenden Kaisers Ahmed Prinzeßin, welche dazumal das 15te Jahr noch nicht erreicht hatte. Vorher war ihr schon der Ahli Bascha, der die Grichische Landschaft Morea den Venetianern abgenommen und unter das Türkische Joch gebracht, zu ihrem Gemahl gegeben, da sie noch ein Kind von acht Jahren gewesen; doch hat er diese seine Gemahlin, oder vielmehr Gespons, niemaln mit einem Aug gesehen, noch viel weniger beruͤhrt, ob er sie schon zum Lohn seiner Tapferkeit damaln zur Ehe bekommen, als er nach uͤberwundenen Feind siegreich wiederum zu Hauß angelanget. Es ist aber dieses eine bey den Türkischen Kaisern schon lange hergebrachte Gewohnheit, daß sie denen Stadthaltern oder Baschen, die sie uͤberreden wollen, daß sie ihnen mit sonderbahrer Gnade zugethan wären, zum Zeichen ihres beständigen Wolwollens, ihre Prinzeßinnen, so bald sie nur gebohren sind, zur Ehe versprechen, daher es dann leichtlich kommen kan, wie es auch oft geschiehet, daß sie unterschiedlichen gegeben Politique der Türkischen Kaiser in Ausstattung ihrer Prinzessinnen. werden, ohne daß sie ihre zugedachten Maͤnner, oder diese sie, jemaln zu sehen bekommen. Hierunter aber ist eine grosse Politique dieser Kaisere verborgen; dann erstlich versorgen sie auf solche Weise ihre Prinzessinnen auf das reichlichste, ohne daß es ihnen im geringsten was kostet, indem sie sich einen solchen Tochter⸗Mann erwählen, der das Kind, wann es noch in der Wiege liegt, mit einer kostbaren Morgen⸗Gab versehen, dabey auch Königlich und auf das properste erziehen lassen muß, ob sie schon noch in ihres Kaiserlichen Herrn Vaters Händen ist: Hernach dienets ihnen auch darzu, daß sie auf eine Des Hn. Groß⸗Botsch. Audienz bey dem Groß⸗Vizir. 175 eine ganze unverdächtige Manier derjenigen Schätze an sich ziehen können, welche ihnen um ihrer Macht willen verdächtig scheinen, und vor welchen sie in Gefahr stehen, Reich und Leben zu verliehren; dann weil es für keine geringe Ehre geachtet wird, des Kaisers Eidam zu seyn / welches gleichwol andere mit neidischen Augen ansehen, greifen sich in diesem Stuck auch die Allergeitzigsten über die maßen an, und wollen in Unterhaltung ihrer zugedachten Gemahlin für verschwenderisch gehalten werden. Hierbey ist auch noch Neben des Kaisers Prinzessin darf keiner eine Frau oder Concubin haben. was besonders anzumerken, daß, ob schon das Mahometische Gesetz jedermann frey lässet, vier rechte Ehe⸗ Weiber und darneben so viel Concubinen zu haben, als man ernehren kan, es jedoch durch die Gewohnheit eingeführt ist, daß niemand, der eine Kaiserliche Prinzeßin zur Ehe hat / weder andere rechtmäßige noch auch KebsWeiber darneben haben darf, sondern alle zum Zeichen der schuldigen Hochachtung gegen das Kaiserliche Geblüth, von sich schaffen muß: wordurch diese schlaue Regenten ohne Zweifel intendirt, damit ihre Prinzessinnen allein Erben seyn, wann ihr Gemahl ohne Kinder absterben solte / welches sich gar bald ereignen kan, und solte es auch durch ihre eigene Beyhuͤlfe geschehen; oder damit sie doch mit andern in die Erbschaft eintretten koͤnnen, wann etwan aus einer andern Ehe ein maͤnnlicher Erb uͤbrig wäre: und durch diese Maxime ergiessen sich alle Ströme des Reichthums in das Kaiserliche Meer, von dar sie aber nicht leicht wiederum heraus fliessen.

Wie aber diese vorgedachte Prinzeßin in ihrer noch ersten UnDer Groß Vizir Jbra him des Kaisers Tochter Mann. schuld so geschwind zu zweyen Männern gekommen, solches hat sich folgender gestalt zu getragen: Nachdem Ahli in dem für die Tür ken unglüͤcklichen Treffen bey Peterwardein geblieben / ist Jbra him von Grichisch⸗ Weisenburg zuruck gesandt worden, den Verlauf dieser Schlacht und Ubergab der Vestung dem Hof aus führlich zu berichten, da er dann zum Caimacan oder Stadthal ter erklärt, und ihm zugleich diese jungfräͤuliche Wittib zur Gemah lin gegeben worden / ohnerachtet er schon selbst aus andern Toͤchter erzeuget, welche schon verheyrathet und älter als diese ihre neue Mutter waren. Er hat aber seine neue Braut oder vielmehr Ge mahlin im ersten Jahr eben so wenig als der Ahli gesehen, weil sie noch nicht mannbar wahr, und deswegen in ihres Kais. Herrn Vat ters Residenz so lang verblieben, bis sie das Jahr darauf an Kräf ten 176 Zweytes Buch, Zweyte Abtheilung / ten so weit zugenommen, daß sie ihm in seinen eigenen Pallast zu Vermehrung seines Geschlechts überlassen werden kunte; bey wel chem sie sich nunmehro aufhäͤlt, sein Vergnüͤgen vermehren hilft, und ihn im uͤbrigen füͤr sie sorgen laͤßt, die andern Weiber und Scla vinnen aber hat er nach Landes⸗Gebrauch von dieser Zeit alle von Dessen liebste Sclavin. sich weg schaffen muͤssen. Unter diesen letztern war eine Venetia nerin, die er über die massen liebte, und von den Janitscharen um 800. Ducaten gekauft hatte, welche er seinen Zugzieher, den die Türken Mardar nennen, zur Ehe gegeben: als sie nun einmal krank darnieder lag, liesse sie den Jußoff oder Joseph / einen Ju den, der des Kaiserlichen Leib⸗Arztes, auch eines Juden, Tochter Mann war, zu sich beruffen, um ihre Krankheit zu untersuchen: wie er nun befunden, daß solche von der üͤberfluͤßigen Gall herkä me, und dabey wuste, daß sie ihre Sclavinnen mit Schlä gen und allerhand seltsamen Plagen grausam tractirte, hat er sie, ob er gleich ein Jud war, zu mehrerer Sanftmuth und einem Christen anständigern Wandel ermahnet; sie solte gedencken, wie sie von Ca tholischen Eltern gebohren, die nicht gewohnt wären, die Armen und Gefangenen so unbarmherzig zu tractiren: Worauf sie aber ge antwortet, wie die in der Dienstbarkeit gezeugt⸗ und gebohrne Mäg de keines bessern Tractaments wuͤrdig waͤren; sie muͤsten sich nur an dasjenige gewohnen, was sie die Tage ihres Lebens wuͤrden zu lei den haben. Und es ist auch gewiß, daß kein erbarmenswüͤrdigerer Stand auf der Welt zu finden, als derjenigen Sclavinnen, welche bey denen abtruͤnnigen Christinnen dienen muͤssen, indem diese ge meiniglich viel schlimmer als die gebohrnen Tuͤrkinnen selbst sind: sie affectiren eine strenge Ernsthaftigkeit, und damit machen sie ihrer Sclavinnen Dienste nicht nur haͤrter, sondern auch fast unerträg lich. Doch was halten wir uns laͤnger bey denen Sultaninnen und Türkischen Weibern auf; laßt uns viel lieber wieder zu den Mäͤnnern kehren, mit welchen wir jederzeit ungehindert umgehen koͤnnen: dann ich glaube nicht / daß jemand von unsern Leuten mit Wahrheit sagen wird, er habe eine solche Gemeinschaft mit den Tüͤrkischen Wei bern gehabt, wordurch er etwas von ihren Heimlichkeiten erfahren hätte. Nachdem wir nun noch etliche andere Zimmer zwischen denen auf beeden Seiten rangirten Türken vorbey gegangen, wurden wir in dasjenige geführt, wo der Groß⸗Vizir den Herrn Groß Bot Des Hn. Groß⸗Botsch. Audienz bey dem Groß⸗Vizir. 177 Botschafter empfangen hat. Es ist aber allhier zu wissen, daß Gebrauch bey Abstat tung der Visiten. bey den vornehmsten Tuͤrken der Gebrauch / daß, wann man bey ei nem die Visite ablegen will, man eher in dem Zimmer, als der Herr desselbigen, seyn müsse; alsdann kommt erst nach einer kleinen Ver weilung der Patron des Hauses, welcher von zweyen, so ihn unter den Achseln gefasst / geführet wird; hinter ihm aber folgen seine Pa ge und Bedienten, die mit ihrem gewöͤhnlichen Geschrey ihres Herrn Ankunft zu erkennen geben. Jene Mode schreibt sich von dieses Vol kes Hochmuth her / welche sich besser als andere achten; wie ich dann eben diese Gewohnheit auch zur andern Zeit beobachtet, nicht weniger aber auch wahrgenomen, daß, wie sie nicht aufstehen, wann sie jemand bey dem Eintritt sitzend antrifft, also auch niemand im Weggehen beglei ten, sondern es durch ihre Bediente verrichten lassen. Der einige Mouff ti / ihr oberster Priester, hat die Ehre, daß ihn der Groß⸗Vizir Jm Anse hen des Moufti. bey seiner Ankunft entgegen kommen, und bey dem Weggehen wie derum bis an die Thuͤr des Zimmers begleiten muß, von dar er gleich falls andern zur Begleitung uͤberlassen wird. Der Sultan selbst stehet von seinem Thron auf, wann Jhn der Moufti zu besuchen kommt, da doch der Groß⸗Vizir sich vor seinem Kaiser mit dem Angesicht auf die Erde wirft, um damit zu verstehen zu geben, daß er, welcher doch in dem ganzen Reich der Vornehmste, in Gegen wart des Sultans der Geringste / ja noch weniger als der Geringste ist. Das Zimmer des Groß⸗Vizirs, welches an dem bey den Sofaus erhabenen Ort mit weis Sammeten von Gold gestickten Teppichen belegt war, ist nicht sonderlich groß, aber von Tüͤrken also angefüͤllt gewesen / daß sie uns bey nahe solten zerquetscht haben, und gieng das Geträng erst recht an, als die Kaiserliche Geschen ke durch die Heiducken hinein gebracht worden: so war auch der gan ze Pallast von den vornehmsten Feld⸗Herren und Staats⸗Bedienten besetzt, welche ihn gleich als einen von Himmel herab gestiegenen Gö tzen verehrt, und die gröͤsten Männer unter ihnen so gar seine Fuͤs se geküßt haben.

Hierauf wurden dem ersten Adel in demjenigen Zimmer, wo der Herr Groß⸗Botschafter mit dem Groß⸗Vizir neben einander auf der Sofaus sassen, die Caftans ausgetheilt, gleich wie denen andern in dem nechst daran stehenden, welche letztere sich auf hundert Stuck beliefen; über besagtem Zimmer waren noch vier andere, Z Zweytes Buch/ Zweyte Abtheilung. 178 andere, von zimlicher Groͤße, die zu des Groß⸗Vizirs oder der Türkische Canzley. Türkischen Reichs⸗Canzley dieneten; woselbst die Herrn Canzelisten wie s. v. die Schweine auf dem Boden herum gelegen, und weder mit Polster noch was anders versehen gewesen, ausser daß vor oder viel SchreibZeug. mehr neben ihnen auf der Seiten ihre Schreib⸗Truͤhlein stunden, worinnen sie ihre Feder, Dinten / Messerlein, Papier und andern Werkzeug verwahret hatten; dabey ich bemerkt, daß sie sich weder der Gäͤnse⸗noch Schwanen⸗Kiel zum Schreiben bedienen, sondern ihre Schreib⸗Federn aus Rohr machen, wie dann auch ihre Dinte und Papier viel dicker und groͤber als das unsrige ist: wann sie schreiben, legen sie die Hand unter das Papier, welche ihnen an statt des Tisches, Pult⸗Brets und alles andern dienen muß, so daß sie ihre ganze Schrifft gleichsam in der Luft verfertigen. Doch wir begeben uns wieder in das Audienz-Zimmer, allwo nach beiderseits gewechselten Bewillkommungs⸗Complimenten der Herr GroßBotschafter folgende Rede in Lateinischer Sprache gehalten:

Seine geheiligte Römische Kaiserliche auch in Germa Rede des Groß Botschafters an den Groß⸗Vizir. nien / Spanien / Hungarn / und Böheim Königliche Maje stät rc. rc. Carl der VI. wuͤnschen allen denen, so hieran gelegen ist / zu dem vor einem Jahr geschlossenen Frieden vielfältiges Glück / und haben mich als Jhren geringsten Diener mit einigen Vornehmen von Adel Seines Hofes zu Eur. Excellentz abgefertiget / in Dero Person nicht allein Sie selbst, sondern zugleich den ruhmwuͤrdigsten Kaiser der Ottomannischen Pforten zu begrüssen; und hierinnen bestehet der Befehl meines allergnädigsten Kaisers: was aber mich anbelangt/ erfreue ich mich sehr/ daß aus Dessen sonderbahrer Gnade Gelegenheit habe / Eur. Excellentz mündlich zu sprechen / und Jhnen meine Dienstgeflissenheit zu bezeugen. Jch wuͤnsche / daß Euer Excellentz in derjenigen hohen Wuͤrde / in welcher Sie bereits stehen / ein hohes Alter erreichen / und derselbigen noch mehr andere groͤssere Belohnungen nach Dero hohen Verdiensten beygelegt werden moͤgen. Mir aber bitte ich hierbey aus / daß dieselbige mich mit ihrer unverfälsch ten Des Hn. Groß⸗Botsch. Audienz bey dem Groß⸗Vizir. 179 ten und unverbruͤchlichen Freundschaft beständig beehren wollen. Mein allergnädigster Kaiser / wie auch Jhro Hochfürstl. Durchlaucht der Prinz Eugenius von Savoyen haben anbey zur Bestaͤttigung ihrer durch mich versicherten Gewogenheit und Freundschaft verlangt / daß ich Eu. Excellentz gegenwaͤrtige Schreiben einhäͤndigen solle.

Nachdem der Herr Groß⸗Botschafter seine Rede geendiUberlieferung des Kaisers und Prinzen Eugenii Schreiben. get, wurde Sr. Römisch⸗Kaiserlichen Majestät Schreiben dem Groß⸗Vizir durch den Herrn Carl Grafen von Bathyani / unter dem Kaiserlichen Caraffischen Curassier-Regiment Obrist⸗Lieutenant; derjenige aber, welchen auf Befehl des Prinzen Eugenii der Hof⸗Kriegs⸗Rath an Jhn abgehen lassen, durch Herrn Otto Friederich von Oebschelwitz / Ingenieur-Hauptman, überreichet. Als nun hier ein beystehender Bascha dem Herrn Grafen den Seinigen abnehmen wolte, entschuldigte sich dieser mit einer wolanstäͤndigen Manier, wolte die angebottene Höfligkeit nicht annehmen, sondern uͤberlieferte solchen in des Groß⸗Vizirs eigene Hände, welcher hierauf mit den Gebaͤrden und mit dem Mund bezeigte, daß ihme solche so wol als ihre grossen Uhrheber höchst angenehm wären; wie er es dann auch dem Herrn Botschafter durch den Dolmetsch der Pforten dem Mauro Cordato versichern lassen. Damit ich aber bey dieser Gelegenheit etwas von des Groß⸗Vizirs Alter, Natur, Gemüths⸗Neigung und übrigen Sit Groß Vizirs Beschaffenheit. ten gedenke / so ist derselbige allem Ansehen nach nicht weit uͤber das fünfzigste Jahr hinaus, und wird von jederman für einen braven / bescheidenen, liebreichen, klugen und vorsichtigen Mann gehalten, der die Gesetze genau beobachtet, ein Liebhaber des Friedens ist, und die Tugend auch an seinen Feinden lobet und bewundert; die Militz erhält er durch seine Freygebigkeit bey ihren Pflichten, welche sonst des Kaisers Geitz leichtlich zur Aufruhr bewegen könnte: seine Kleidung ließ sehr modest, und bestunde in einem langen weis Atlasen und mit Belz gefütterten Rock, kunte aber nicht besser als durch den Haupt⸗Bund von denen andern unterschieden werden, als der zimlich hoch und viereckigt unten etwas weiter als oben, und gleichsam Schlangen⸗weis in die Hoͤhe hinauf gieng, hatte einen ganz weissen Umschlag, ausser daß eine guldene Schnur einmal über zwerch

durch Z 2

180 Zweytes Buch / Zweyte Abtheilung / durchhinginge, und dessen Ende gleichfalls mit guldenen Fäͤden durchzogen war, welche auch Büschel⸗ weis durchschimmerten. An dem Finger hatte er einen uͤberaus grossen und feurigen Diamant steckend; seine Messer⸗Scheide, wie auch das Heft an dem Messer waren mit Sapphir, Chrysolith, Carfunckel, Schmaragd, Türkis und andern kostbaren Steinen reichlich besetzt.

Höret den Herrn Botschafter stehend an. So bald der Herr Botschafter seine Rede geendiget, welche, weil es die erste gewesen, der Groß-Vizir wider die LandsGewohnheit stehend angehöret, liessen sich beide auf den sehr schöͤnen und mit Gold reich gestickten Sofaus nieder. Der GroßVizir nahm seinen Platz in den Winkel, gabe Seiner Excellentz die Stelle zur rechten Hand, und kehrten beide ihr Gesicht gegen die Thüͤr zu, von welcher aber der Groß⸗Vizir mehrers entfernet war: ich verstehe aber hier die Haupt Thuͤr, als nach welcher man bey dergleichen Gepraͤng zu urtheilen pflegt; dann sonsten waͤre der Groß⸗Vizir einer andern kleinen Thür naͤher gewesen, durch welche er nach seinen geheimen Zimmer gehen kunte. Als sie nun daselbst sich mit einander freundlich unterredet, hat der Herr GroßBotschafter der Kriegs⸗Gefangenen gedacht, welche Vermög der Paßarowizer Friedens⸗Tractaten beiderseits müsten ausgewechselt werden; wobey er auch Mittel vorschlug, wie diejenige, deren Namen Er aufgezeichnet, zu erfragen wären, und auf was Weise der Groß⸗Vizir dieses löblich⸗ und GOtt⸗gefällige Werk am füglichsten befoͤrdern koͤnnte. Unterdessen wurde Caffé, suͤsse Fruͤchte, Rosen⸗Wasser, Biesam und andere wolriechende Sachen ausgetheilt, davon ein jeder nach Belieben zu sich nehmen kunte: der Groß⸗Vizir aber nebst andern Vornehmen des Hofes nahme wegen der noch wehrenden Fasten im geringsten nichts zu sich, damit sie andern kein böͤses Exempel geben moͤgten. Wolte GOtt! daß dieses alle Obrigkeitliche Personen beobachteten, und nicht in der vorgefaßten Meinung stünden, als ob sie an gar kein Gesetz gebunden wären, so dörfte sich vielleicht das gemeine Volk auch nicht so viel heraus nehmen, wann sie von ihren Obern nicht geaͤrgert wuͤr Præsent des GroßVizirs an den Herrn Botschafter.den. Bey dem Abschied wurde der Herr Groß⸗Botschafter von dem Groß⸗Vizir mit einem aus Gold gewüͤrkten und mit Zobel gefütterten Caftan, samt einem schöͤnen Rappen mit Sattel und Zeug nebst einem kostbaren Säbel beschenket, davon Er das Kleid, ehe Er noch Des Hn. Groß⸗Botsch. Audienz bey dem Groß⸗Vizir. 181 noch aus dem Hof geritten, wieder von sich gelegt, des Pferds aber sich auf dem ganzen Heimweeg bedienet hatte. Hier wurden wir auch erinnert, daß wir den vorigen Weeg nicht wieder nehmen solten, weil der Sultan hierum in der Naͤhe unserer wartete, und uns zu sehen verlangte; weswegen wir uns, ob wol nicht ohne Beschwehrnis wegen der engen Gassen, in Ordnung stellten, und einen andern Weeg aus der Stadt führen liessen, als wir hinein gekommen sind. Es waren die Höfe im Hauß so dicht mit Leuten angefüͤllt, daß wir kaum durch kommen kunten, welches auch die Ursach war, daß viele ihre vorigen Pferde unter dem Volk nicht finden koͤnnen, und ohne

Zweifel zu Fuß hätten heimgehen muͤssen, wann ihnen dißfalls der Türken Höflichkeit nicht wäre zu statten kommen, als welche freywillig wieder andere an deren statt zugefuͤhret hatten.

Den 6ten ist ein von den Franciscanern zu Adrianopel ausgeloͤßter Sclav von Neapolis gebürtig / nach einer zweytägigen Krankheit in der Nacht ploͤtzlich gestorben, und auch alsobald begraben worden, weil zu besorgen stunde/ es duͤrfte der Coͤrper wegen der grossen Hitze einen uͤblen Geruch machen, und zu böͤsen Krankheiten Gelegenheit geben. Diesen Morgen wurden unterschiedliche entweder Amts oder anderer Geschäͤfte halber in die Stadt geschickt; Graf Kinigl mit dem Dolmetsch Herrn Theyls an den GroßVizir abgefertigt; der Herr von Dierling aber, als BotschaftsSecretair, samt dem ersten Kaiserlichen Dolmetsch bey der Pforten, Herrn Vorner / nach dem Reis⸗Effendi / oder Reichs⸗Canzler abgesandt; und als diese letztern auf den Mittag wieder zurüͤck kommen, sind sie alsobald wieder dahin versendet worden, wie sie dann auch die darauf folgende ganze Nacht in ihres Kaisers Verrichtungen zu gebracht. Fast eben um diese Zeit kam der Französische Gesandte in Französischen Gesandten Visite bey dem Herrn Groß⸗Botschafter. Begleitung vier und zwanzig Person, so theils Edelleute, theils Hauß⸗Bediente oder Kaufleute von Galata und Pera waren, aus der Stadt ins Lager zu uns geritten, dem Herrn Groß⸗Botschafter die Visite zu geben. Selbiger wurde bey dem Eingang von dem Hof⸗Marschalk Freyherrn von Seebach, deme noch zwey aus dem andern Adel zu gegeben wurden, begleitet, und von dar durch die Hauß⸗Bedienten, ersten und zweyten Adel, so zu beiden Seiten ausgetheilt stunden, biß zum Herrn Botschafter geführt, wo Z 3 Zweytes Buch / Zweyte Abtheilung / 182 Leibwacht ist nur dem Kaiserl. Botschafter erlaubt. wobey die Leib⸗Wacht, so allhier keinem als dem Kaiserlichen Botschafter erlaubt ist, im Gewehr stunde. Jn dem Vor Zimmer, oder vielmehr in dem bedeckten Gang, welcher denen, so die Türkische Bau⸗Art mit Augen angesehen, oder aus einem Riß oder Büchern erlernt haben, wol bekannt ist, hat der Herr Groß-Botschafter seiner erwartet, und nach geschehener Umhalsung und abgelegten Bewillkommungs⸗Compliment, in sein inneres Zimmer geführt. Uber der Thüͤr gegen Norden war an der Bühne ein von rother dicker Seiden mit Gold reichlich besetzter Himmel aufgehänget, unter welchem sich Seiner Römisch⸗Kaiserlichen Majestät / Carl des Sechsten Bildnis, ganz geharnischt in Manns⸗Grösse auf einem mit rothen und mit Gold reich verbrämten Damast⸗überzogenen Tisch (dergleichen auch die Stühle und übriger Ausbutz war) præsentirt; über dieser sassen etwas zur rechten / weilen es in der Mitten wegen eines daselbst stehenden aus weisen Marmor gehauenen Brunnen nicht seyn koͤnnen, beyde Herrn Botschafter auf zween Lehen⸗Sesseln gegen einander von der Thuͤr in gleicher Weite entfernet, wie es dann auch die Abtheilung des Zimmers nicht anders zu lassen wolte. Es uͤberliessen Se. Excellenz dem Französischen Gesandten Ehrenthalben in seinem Logis das Fenster und kehrten sich hingegen mit dem Rücken gegen die Mauer, woruͤber sich jener auch sehr vergnuͤgt bezeugte. Hier unterhielten sie einander mit vertrautem Gespraͤch, und erinnerten sich an diejenigen ehmaln aufgehabte Commissionen, welche zu cachiren anjetzo nicht mehr noͤthig war. Endlich verlangte der Französische Gesandte den Teutschen Adel zu sehen, worinnen Jhm auch gleich willfahret worden, und ist kaum zu sagen, welcher Theil es dem andern an Höflichkeit zuvor gethan / ob nemlich die Unsrige mit Offerirung ihrer Dienste, oder jener mit Bezeugung seiner Dankbarkeit sich am meisten signalisirt. Unterdessen wurden allerhand Teutsche, Ungarische, Welsche und Frantzösische Weine, nebst Caffé, Citronenund Kirschen⸗Wasser, Mandel⸗Milch, Zucker⸗Brod, und andere dergleichen Delicatessen von den Edel⸗Knaben und Dienern des Herrn Groß⸗Botschafters herum gelangt, davon ein jeder nach Gefallen nehmen kunte, wie dan auch die Bedienten und Hauß⸗Genossen ihren Antheil bekommen; dabey sich dann die nun aufs neu mit uns

Audienz des Röm.-Kaiserlichen Groß-Botschaffters bey dem Sultan.
Des Hn. Groß⸗Botschafters Audienz bey dem Sultan. 183 uns verbundene Franzosen so wol in die Teutsche Manier zu schicken gewust / daß einigen bey dem Aufbruch ihres Herrn wegen des vielen Aufgiesens ihre Füsse nicht mehr pariren wollen, sondern mit sehr ungewissen Schritten folgten. Von dieser Zeit an hat sich der Herr Groß⸗Botschafter bestäͤndig mit einer Music uͤber der Tafel bedienen lassen.

Dritte Abtheilung.

DEn 7ten dito wurden zu der am folgenden Tag bestimmten Des Hn. Botschafters Audienz bey dem Sultan. Audienz bey dem Groß⸗Sultan alle Anstalten vorgekehrt / und in der Nacht gegen 12. Uhr mehr dann 300. prächtig aufgebutzte Pferde aus des Sultans Marschstall herbey geführt / worbey sich auch viele Kaiserliche Bedienten eingestellet, um uns mit ihren Fackeln vorzuleuchten. Wir zogen eben diejenige Strassen, welche wir schon vormals gehalten, Ordnung und Kleidung kam auch uͤber ein, auser daß der Herr Groß⸗Botschafter nun in einem Spanischen Mantel⸗Kleid erschiene, da er sich vorhero Kleidung. nur seines Teutschen Habits bedient hatte. Es geschahe aber der Aufbruch um dieser Ursach willen bey der Nacht, weil dem Tag darauf den Herrn Groß⸗Botschafter zu Ehren Divan oder grosses Gericht solte gehalten werden, in welchem alle Beysitzer noch vor Tags erscheinen müssen. Derselbige wurde bey dem Stadt⸗Thor von dem Chiaoux Baschi / oder Vorsteher der Bothen, empfangen, woselbst Se. Excellenz sich aus dem Wagen, dessen Sie sich bey der Nacht bedient/ zu Pferd begeben, und so gleich samt uns in die Stadt geritten. Als wir in solcher auf dem Almeide⸗ oder der Verweilung auf dem Almeide⸗Platz. alten Grichen Renn⸗Platz kamen, musten wir uͤber eine halbe Stunde auf den Pferden halten, weil der Groß⸗Vizir und andere Vornehme noch nicht vorbey waren, als welche vor uns da seyn und auf dem Rath⸗Hauß in ihrer gehörigen Stelle unserer erwarten solten, damit gleich bey Ankunft des Herrn Groß⸗Botschafters das Gericht seinen Anfang nehmen koͤnnte. Nachdem nun die Gerichts⸗Personen des Divans vorbey waren, ist die Botschaft weiter fort geruckt; und als wir in dem aͤussern Vorhof gegen der SoAnkunft bey dem RathHauß. phia⸗Kirche / welche von der Göttlichen Weisheit ihren Namen führt, 184 Zweytes Buch / Dritte Abtheilung / führt, angelangt, begegnete uns der Kiaha / des Sultans ObristHof⸗Meister, in einem prächtigen Aufzug und mit grossem Gefolg / so daß es schiene, als ob er den Herrn Groß⸗Botschafter einführen wolte / welcher aber seinen Weeg weiter genommen, und nur im Vorbeygehen Se. Excellenz begrüͤsset hatte. Jn diesem sehr grossen Hof stunden zu beiden Seiten die Capigi (Kaiserliche Cämmerlinge und Wächter), Boltagi (Holzhacker), Bostangi (Gärtner), Chiausi (Bothen), Wekilhargi (Schafner), Astchi und Karakullukagi (Ober⸗ und Unter⸗Köche), Halvadgi (Zucker⸗Becker), Saka (Wasser⸗Träger), Agiamoglani, Jchoglani / Peikii (die Knechte und Edel Knaben) mit ihren Füͤhrern, die Janitscharn und Soulaks (des Sultans Leib⸗Wacht), Soulack⸗Baschi / Thor Baschi / Oda Baschi / Bairactares (ihre Feld⸗Herrn, Hauptleute, Lieutenants, Fändrich), die Gebegi (Schwerdtfeger), Topchi (Feuer⸗Werker), und zwar alle in ihrer Ordnungs⸗Tracht / durch welche, als die zu diesem Ende darzu bestellt waren, wir hingezogen, und ihren zuruffenden Glüͤck⸗Wunsch: Osckeldi, Sabalhei / Sabansheirula / wir wünschen euch alles Guts, oder/ guten Morgen, anhöͤren koͤnnen: davon einige eben dieses uns auf Teutsch nachgeruffen, als welches sie durch unsern bisherigen Umgang, und da sie uns zur Leib⸗Wacht zu gegeben waren, von uns gelernet hatten. Andere, aber sehr Wenige, so kein Bedenken trugen, sich öͤffentlich für Freunde der Teutschen aufzuwerfen, wuͤnschten, daß GOTT mit uns seyn wolle, welches sie in ihrer Sprach also vorbrachten: Salameleck! riefen wir ihnen aber dieses auf ihre Sprach zu erst zu, und kamen ihnen mit Höflichkeit zuvor, pflegten sie es mit ihrem Aleckemi Salam / GOTT sey euch gnaͤdig, oder, GOTT segne euch, zu beantworten, welches die Tuͤrken nicht leichtlich einem ausser ihrer Religion zu wuͤnschen pflegen, weil sie selbige vor Jaouren oder Unglaubige halten, die des Goͤttlichen Beystands nicht werth seyen; jedoch gibt es auch höfliche Leute unter ihnen, so ihr wildes Wesen abgelegt, und besser zu leben wissen. Vor dem zweyten grossen Burg⸗Thor stieg der Herr Groß⸗Botschafter an derjenigen Stiegen, wo der GroßVizir und andere Vornehme abzusteigen pflegen, gleichfalls von seinem Pferd, nachdem die uͤbrigen von dem Comitat schon mitten im Hof die Pferde verlassen und dem Herrn Botschafter zu Fuß nach

Der Groß-Sultan
Des Hn. Groß-Botsch. Audienz bey dem Sultan. 185 nachgefolget sind, auch vorhero das Gewehr, ausser dem Herrn Botschafter, welcher keines mit sich geführt, abgelegt hatten. Diese grossen Thore haben doppelte ungefehr 20. Schritt von einander entlegene Pforten, und jede derselben auch gedoppelte eiserne Flügel, zwischen welchen beiderseits die Janitscharn Wacht halten, bey deren man aber, wie bey andern Hoͤfen gebraͤuchlich, von aufgehenktem Gewehr nichts zu sehen bekommt. Die Thüͤr⸗Schwellen, Portal, und uͤbrige Zierath waren von Marmel; und oben auf dem Gewölb der Pforten stehet ein kleines viereckigtes Zimmer, so, wie alle andere Gebäue dieses Pallasts, mit Bley bedecket ist. Nicht lang nach unserer Ankunft kam der Chiaoux Baschi oder Obriste der Einholung von dem Chiaoux Baschi. Bothen mit noch einem andern Vorsteher, welcher den zwischen gedachten doppelten Pforten warteten und auf einer Bank unter den Türken sitzenden Herrn Groß⸗Botschafter über den zweyten Vorhof in den Divan führte. Sie hatten silberne Stäbe in den Händen, die oben mit einem dicken Knopf versehen waren, welchen sie so oft wieder die Erde stoßten, als oft sie sich bewegten, oder zu befürchten war, daß der Herr Botschafter mit dem Fuß an einem Stein stossen moͤgte; wie ich dann solches auch dazumal bemerket, als nachgehends der Groß⸗Vizir aus dem Divan zu dem Sultan geführt worden. Hier hätte man nach derjenigen Menge, welche hin und wieder gelaufen, schliessen sollen, als ob alle Vornehmen im ganzen Türkischen Reich zusammen beruffen wären; dann es ist dieses einer von denjenigen groͤsten Gerichts⸗Tägen gewesen, so nur alle drey Monat pflegt gehalten zu werden, und bey welchem denen Soldaten, damit der Sultan seinen Reichthum zu zeigen Gelegenheit hätte, ein sechs Monat⸗Sold ausgezahlt werden solte. Jch habe bey dieser Gelegenheit von den Französischen Kaufleuten vernommen, daß der Sultan ihnen schon von neun Monaten her den Sold hinterhalten, um sie damit für ihre Zaghaftigkeit in etwas zu bestraffen, um deren willen man dem Feind so viele Städte und Läͤnder hätte abtretten muͤssen, welches etwan bey tapferer und langer angehaltener Gegenwehr vermieden werden koͤnnen: wurde Er in dieser Zeit um den Sold von ihnen angesprochen, verwiese Er sie nach Temeswar und Belgrad / von daraus sie solchen holen Divans Beschreibung. solten. Dieser Divan, in welchen alle Streitigkeiten unter denen Türken abgehandelt werden, stosset an das Serrallien, oder an den Kai Aa 186 Zweytes Buch, Dritte Abtheilung. Kaiserlichen Pallast gegen Norden, dessen rechter Flügel ein kleines Viereck formirt, das gewoͤlbt, aber nicht gar groß, mit Gold und Farben sehr zierlich gemahlt, und der Boden mit Marmel belegt ist: Rings herum gehet ein weiter bedeckter auf Marmelsteinern Säulen ruhender Gang, um welchen viele Ahorn⸗ und Cypressen⸗Bäͤume gepflanzt sind, damit man vor der Sonnen⸗Hitze gesichert, in den heisen Sommer⸗Tägen im kühlen daselbst spatzieren könne; auf der Seiten der Thür, durch welche man in Hof gehet, stehet ein Brunnen, und gleich gegen üͤber auf der Mittag⸗Seite liegt ein Bad und die Kuche, worinnen üͤber hundert Koͤche in beständiger Arbeit Der Janitscharn Kuchen.begriffen: diese Kuche aber ist in viele unterschiedliche Theile abge theilt, damit sie durch ihr Hin⸗ und Wiederlauffen einander nicht hindern, noch ihre Menge eine Confusion verursache; und zwar bestehet solche in acht halb⸗gewoͤlbten Boͤgen, deren ein jeder ein kleines Häußlein ausmachet, und in der That nichts anders, als ein hellleuchtender Camin, so in der Höhe wie eine Latern zugespitzt ist. Hier wird an einem Ort gekocht/ am andern gebraten, anderswo wiederum etwas anders zu bereitet, und hat eine jede Sache ihren eigenen Platz, der von den andern mit Mauern unterschieden ist. Sold der Janitscharn wie er gereicht wird. Aus dieser Kuche wird den Janitscharn, wann man ihnen den Sold zahlet, welches alle viertel Jahre, wann nicht was anders darzwischen kommt / geschiehet, der Reiß ausgetheilet. Der Platz zwischen dem Divan und der Kuͤche ist auf allen Seiten mit Schranken umgeben, hinter welchen die Janitscharn zu dieser Zeit stehen und passen, bis ihnen ihr Sold für die Thuͤr ihrer Oden, oder Zimmer, worein sie ausgetheilet sind, geworfen wird, da sie dann alsobald herfüͤr springen, und wie unsinnig nach den Saͤcken laufen, und wo es einer dem andern vor dem Maul wegnehmen will, kriegen sie sich bey den Koͤpfen / und schlagen sich pro patria herum, oder stossen einander über den Haufen, wofüͤr sie zur Belohnung dieser ihrer nichts wuͤrdigen Tapferkeit nichts anders als die Ehre haben, daß sie den eroberten Sack ihren Füͤhrer oder Oda Baschi nach Hauß tragen darfen, der alsdann erst einem jeden seinen Antheil zuzehlet. Es halten aber die Türken bey Auszahlung ihrer Militz eine ganz andere Ordnung, als wir bey der Unsrigen zu beobachten pflegen: dann wie diejenigen/ so bey uns unter einer Hauptmannschaft stehen, auch gleiche Besoldung geniessen, so verhält es sich doch bey Des Hn. Groß⸗Botsch. Audienz bey dem Sultan. 187 bey ihnen ganz anders, und hat mancher sieben, ein anderer acht, der dritte hingegen neun und mehr Asperl, ohnerachtet sie alle unter einem Hauptmann stehen.

Als der Herr Groß⸗Botschafter in den Divan hinein gegangen, hatte schon ein jedweder seinen Platz eingenommen, und wurde angemerkt/ daß im Hineintretten der Groß⸗Vizir sich etwas von seinem Ort bewegt, gleich als ob er ein wenig aufstehen wolte. Nachdem man nun einige Streitigkeiten, welche der Sultan / der hinter einem in der obern Mauer gemachten Gitter verborgen war, selbst mit angehöͤret, debattirt hatte, sind eine Menge gelb lederner Saͤcke, so vor der Thuͤr auf einen Haufen lagen, von Geld⸗Säcke für die Soldaten. gewissen darzu bestellten, und bey der Cammer in Diensten stehenden Leuten, die alle grosse Bünde auf dem Haupt hatten, hinein gebracht, und vor dem Groß⸗Vizir in 136. kleine Haufen, deren jeder aus zehen Säcken bestunde in eben so viel Linien auf den Boden des Divans hingelegt worden. Sechs aus diesen Linien hatten vier und zwanzig, die übrigen aber nur drey und zwanzig Haufen. Zu beiden Seiten formirten diese Haufen fuͤnf Linien in die Laͤnge, zwischen welchen ein leerer Platz gelassen wurde / daß man durch hin gehen kunte: eine jegliche dieser Linien aber hielte eine von den andern unterschiedene Münze in sich, also daß z. E. eine aus Asperl / die andere aus Para/ die dritte aus Solata oder Jßolat / die vierte aus Grosch / oder welches eben so viel, Reichsthalern, die füͤnfte, sechste und so ferner entweder aus gleicher Muͤnze oder doch halben Reichsthalern oder Gulden bestunde; dann ausser diesen bey den Türken fast keine andere Silber⸗Münz bekannt ist; ihre letzt geprägte Ducaten aber sind unsern Ungarischen am Werth gleich, doch werden sie in ihren Läͤndern hoͤher angenommen, von welchen auch einige kleinere Saͤcke angefuͤllt gewesen, deren Gepraͤg, wie auch aller ihrer übrigen Münze auf der einen Seite aus etlichen Tüͤrkischen Buchstaben, auf der andern aber aus des Kaisers verzogenen Namen bestehet. Als nun alle Säcke in den Divan gebracht waren, liesse sich der Groß⸗Vizir bald aus diesem, bald aus jenem Haufen einen Sack reichen / das Band abschneiden, und das geschlagene Geld in ein eisern Maaß schuͤtten, und sich zeigen, damit er dessen Güte oder Falschheit untersuchen köͤnnte, alsdann wurde es nach solcher Untersuchung mit eben demselbigen Maaß wiederum in den Sack gethan.

Nach Aa 2

Zweytes Buch / Dritte Abtheilung / 188 Ehrerbietung für des Sultans Schreiben. Nachgehends brachte man ein Schreiben von dem Sultan herbey, Krafft dessen Er nicht allein befohlen, die Janitscharn zu zahlen, sondern auch die Ordnung vorgeschrieben, welche Er damit wolte beobachtet wissen. Hier ist nicht auszusprechen, mit was für Ehrerbietung, Demuth und Hochschätzung dieser erste Fürst des Türkischen Reichs die Befehl seines Kaisers empfangen habe; derjenige, vor welchem kurz vorher der Janitscharn Aga, Obrist der Kaiserl. Leib⸗Wacht zu Fuß, welche Feld⸗Herrn Stelle ohnstreitig den zweyten Rang im ganzen Reich, wann er absonderlich zugleich Bascha von dreyen Roß⸗Schweifen ist, nebst andern Vornehmen und bey den Jhrigen in grossem Ansehen stehenden Türken bey dem Eintritt im Divan auf die Knie gefallen und seine Füsse geküsset, ist anjetzo den Uberbringer desselbigen entgegen gegangen, hat das Kaiserliche Schreiben nicht nur so bald er es erhalten, mit einem Kuß verehret und an die Stirn gedruckt, sondern auch solches Kuͤssen bey dessen Eröfnung und geendigten Durchlesen zum drittenmal wiederholet: wobey nicht zu vergessen / daß derjenige, welcher solches Schreiben überbringt, bey den Tuͤrken Telkidgi genennet wird, und im Vorbeytragen durch den Vorhof dasselbige mit der rechten Hand in die Höhe hält, damit er jederman sehen kan, in der Linken aber einen Stab hat, mit welchem er bey einem jeden Schritt auf die Er Auszahlung der Janitscharn. de stößt. Nach Durchlesung des Briefs, und Anschaffung der be nöthigten Säcke vor den Divan, die alle nach der Reihe auf die Erden gestellt werden, wurden die Janitscharn Haufen weiß nach Benennung der Zahl I. II. III. &c. herbey geruffen, das sie ohne Zweifel noch von den Römern gelernet; wobey dann der Janitscharn Aga mit einem schoͤnen und mit kostbarn Steinen besetzt⸗ und angeheften Reiger⸗Busch, so lang die Zahlung dauerte, beständig an der Seiten stunde. Der geruffene Janitscharn⸗Haufen liefe mit aller Macht den Säcken zu, und truge solche mit sich davon, welche Kurzweil etliche Stunden angehalten hat. Wann sie diese Arbeit fein lustig und munter verrichten, ist es ein Anzeichen, daß sie mit ihrem Regenten wol zu frieden sind; wann sie aber auf die Geld⸗Säͤcke nicht hurtig zu greifen, oder den Reiß, davon sie heute wegen der noch wehrenden Fasten nichts bekommen, verschütten und mit Fuͤssen tretten, hat sich der Kaiser einer Aufruhr zu besorgen. Wir haben solcher ausgetheilten Saͤcke 2360. gezehlt, ohne diejenige, in wel Des Hn. Groß Botsch. Audienz bey dem Sultan. 189 welchen das Gold aufbehalten wurde / welche zwar kleiner aber an der Zahl nicht geringer / und in einen jeden solchen Sack 500. Reichsthaler oder 1661. Ducaten und 20. Pera waren, so sich in allen auf eine Summa von 2360000. Reichsthaler oder 786566. Ducaten und zwey Reichsthaler belauft / wann man nemlich einen Ducaten auf drey Reichsthaler rechnet, wie sie dazumal gegolten haben. Jndem man nun in dem Divan hiemit beschaͤftiget war, wurde der Die Botschaft wird in Serrallien gespeiset. Adel und üͤbrige Gefolg des Herrn Botschafters ins nechste Seiten⸗Zimmer, so gegen der Sonnen Aufgang stehet / zur Tafel beruffen, wohin zwar Se. Excellenz auch geladen waren, die sich aber entschuldigten, und bey dem Groß⸗Vizier im Divan blieben, mit welchem Er ohne Zweifel würde gespeist haben, wann nicht die jährliche Fasten vor dem Bairam solches verhindert haͤtte. Jn diesem Personen/ aus welche der Divan besteht. Gericht ist zu gegen der Groß⸗Vizir, der Capudan Bascha oder obrist Vorsteher über die See⸗Flotte, der Nischanschi Bascha (Kaiserlicher Zug⸗Zieher der offentlichen Briefschaften und Befehl, so die Türken Nischani nennen), welche beide zwar nicht um dieser Aemter willen, sondern weil sie auch Vizir von drey RoßSchweifen waren, einen Platz hier begleideten, den der vorige Capudan Bascha nicht gehabt hat; ferner die zwey Cadilescher (Richter) aus Europa und Asien, drey Tefterdar (SchatzMeister oder Cammer⸗Vorstehere), der Reis⸗Efendi oder ReisKital (Reichs⸗Canzler), dessen Bedienung so viel als ein Königl. oder Fürstlicher Geheimer⸗oder Staats⸗Rath bedeutet. Der Præses in diesem Gericht ist jederzeit der Groß-Vizir, ausgenommen in solchen Streit⸗Sachen, üͤber welche der Kaiser selbst ein Urtheil zu fällen beliebt; und wann sich dergleichen bisweilen zutragt, gibt Er solches mit Zusammen⸗Schlagung seiner Hände zu verstehen, worauf so gleich der Chiaoux Baschi oder Vorsteher der Bothen, welches Amt so viel als bey uns ein Marschalk oder bey den Franzosen ein Introducteur oder Einfuͤhrer der Gesandten zur Audienz heissen soll, zum Kaiser hinauf gehet, den Befehl vernimmt, und solchen den Groß⸗Vizir hinterbringt. Herr Vorner/ erster KaiErlangte Justiz eines Franzosen. serlicher Dolmetsch, erzehlte mir, wie sich einesmals in seiner Jugend, da er noch zu Constantinopel Sprach Knab gewesen, zu getragen, daß ein Französischer Kaufmann einen Türken oft für Gericht gefordert, aber kein Recht erhalten koͤnnen, weil entweder der Richter die Aa 3 190 Zweytes Buch / Dritte Abtheilung / die Sache nicht recht verstanden, oder nicht allerdings approbirt; weswegen der Franzos die Hände über den Kopf zusammen geschlagen, und im Divan in Türkischer Sprach überlaut ausgeruffen: Gerechter GOTT! ist dann keine Gerechtigkeit mehr in der Welt? Du bist mein Zeug/ daß mir hiemit das gröste Unrecht wiederfäͤhrt. Als dieses der Sultan gehört / gibt er das gewöhnliche Zeichen, läßt den Chiaoux Baschi vor sich kommen, und befiehlt, daß man die Sache noch einmal untersuchen und demjenigen, der recht hat, Gerechtigkeit wiederfahren lassen solte.

Ordnung und Pro cess im Ge richt.Die Ordnung und Process in diesem Gericht war dazumal fol gende: Der Groß⸗Vizir saß mitten auf einer mit gruͤnen Tuch überzogenen Banck / gerad unter demjenigen Fenster, aus welchem der Kaiser, wann Er zu gegen ist, die Streit⸗Händel der Par theyen, und der Richter darüber gefälltes Urtheil anhörte: unter seinen Füssen hatte er ein Staffel⸗hohes Bänklein, seine Kleidung war weiß, und stellte gleichsam damit die rechte Beschaffenheit eines Richters vor, welcher untadelhaft, rein und gerecht seyn solle; sein Bund eben also beschaffen, wie ich solchen neulich bey der Heimsu chung des Herrn Groß⸗Botschafters beschrieben, als mit dergleichen er jederzeit in den Divan zu gehen pflegt. Zu seiner rechten Hand saß oben auf der Bank der Capudan Bascha, Obri ster über das See⸗Wesen, in einem gruͤnen Kleid, um gleichsam durch diese Wasser Farb zugleich seine Bedienung anzuzeigen, dessen Haupt mit einem Vizir⸗Bund gezieret gewesen: Zur Linken die zwey Richter von Europa und Asien in roth⸗gewäͤsserten Kleidern / mit ihren mehr breit als langen Staats⸗Büͤnden auf dem Kopf. Diese Leute sind nach ihrer Art, da man ohnedem bey ihnen nicht viel auf die Studien häͤlt, ein klein Bißgen klüger als die andern, welchen auch die Geheimnisse ihres Glaubens anvertrauet, und eben in solcher Authorität stehen, als in unserer Kirchen die Cardinäle, aus denen auch gemeiniglich der Mufti, ihr oberster Priester, erwehlet wird. Sie urtheilen nach ihrem eigenen Recht, von welchem man nur un mittelbar an den Sultan appelliren kan; muͤssen uͤberall dem Kai serlichen Hof nachfolgen / und sitzen dem Groß⸗Vizir allezeit zur lincken Hand, jedoch mit diesem Unterscheid, daß der Richter in Eu ropa die obere Stelle behauptet, weiln des Sultans Hof anjetzo in die Des Hrn. Groß⸗Botschafters Audienz bey dem Sultan. 191 diesem Theil der Welt ist, ob schon seine meisten Laͤnder in Asien liegen; wann aber der Sultan wiederum nach Asien uͤbergienge, dabey aber gleichwol seine Landschaften in Europa behauptete, wuͤrde ohne Zwei fel der Cadilescher in Asien den Vorzug haben. Der Nischanschi Bascha, der fast so viel als etwan der Siegelverwahrer in Frank reich oder Engeland bedeuten soll, ob schon seine Bedienung, wie aus dem obbemeldten erhellet, ganz anders beschaffen ist, sintemaln das Kaiserliche Siegel der Groß⸗Vizir beständig in Verwahrung hat / sasse zur rechten Seiten auf einer besondern mit rothen Tuch überzogenen Bank, dessen Kleid blau gewäͤssert, der Bund, wie der übrigen Vizir, beschaffen, die linke Hand aber mit einen uͤberaus kost baren Ring gezieret war. Neben Jhm war dem Herrn Groß Disput über die dem Herrn Botschaf ter einge raumte Stelle im Divan. Botschafter ein kleiner Stul gesetzt, auf welchem Er sich auch Anfangs nieder gelassen: nachdem Er aber eine kurtze Zeit darauf gesessen, schickte Er den Dolmetsch, der Jhm, so lang der Rath ge dauret, beständig an der Seiten gestanden, zu dem Groß⸗Vizir/ und ließ anfragen, was dieses zu bedeuten, daß man Jhn hieher lo gire da Jhm doch als einem Kaiserlichen Botschafter die Bank der Vizir von dreyen Tug oder Roß⸗Schweifen gebuͤhre, welches eigentlich die rechtmaͤßige Stelle derer Ministers vom ersten Rang sey, und die Jhme vor denen andern Gesandten, billich zukomme; war um man Jhn dann nicht dahin angewiesen? Worauf Jhm der Groß Vizir wissen lassen / daß man damit nicht gesonnen, den Rang der Kaiserlichen Botschafter im Zweifel zu ziehen, sondern es wäEntschul digung. re nur um besserer Bequemlichkeit willen geschehen, damit Er alles Vorlauffende desto genauer beobachten koͤnnte, wann solches zu En de, moͤgte Er sich nach Gefallen einen Platz erwehlen; worauf aber Se. Excellentz zu verstehen gaben, wie Sie sich bereits an dem Zeug sat gesehen: womit Sie auch zugleich von dem Stul aufgestanden, und Jhre Stelle auf der Vizir⸗Bank eingenommen / von der Sie was noch ruckstäͤndig, folgends mit angesehen haben. Gegen dem Nischanschi Bascha zur Linken hatten die drey Tefterdar ihre Stelle auf einer absonderlichen Bank eingenommen, welche aber nicht wie die vorigen uͤberzogen war; dieselbigen werden nach ihrer gemachten Eintheilung Vorstehere der ersten zweyten und dritten Schatz⸗Cammer genennt, unter welchen auch Mehemet Efendi/ der Zweytes Buch / Dritte Abtheilung / 192 der andere Gevollmaͤchtigte bey dem Paßarowitzischen Frieden, sich befunden. Firdefs Efendi, der Türkischen Botschaft Secretaire bey ermeldter Friedens⸗Handlung, wie auch andere Canzelisten, Schreiber und dergleichen Leute von der Feder, spatzirten entweder in dem Neben Zimmer auf und ab, oder stunden um die Banke her um. Diese Bursche, wann sie nur ein wenig Schreiben gelernet, ob es schon oft aussiehet, als ob es die Hüner zusammen gekratzt hät ten, und man es kaum lesen kan, weil weder Anfang noch Ende dar Efendi wer sie sind.an zu sehen, werden gleichwol Efendi oder Rechts⸗Hoch⸗ und Wohlgelehrte Herren genennt. Besagtes Neben⸗Zimmer wird von einer vier Schuh hohen Mauern, deren hineingestossene Höͤlzerne Sparrn ein Gitter formiren, von dem andern unterschieden; und ob es zwar von unten das Ansehen hat, als wären es zwey ganz von einander abgesonderte Zimmer, so siehet man doch oben, daß sie beide nur ein einig Gewölb haben. Jn erst gedachter Mauer ist eine Thür, durch welche der Reiß⸗Efendi in den Rath gehet; dieser pflegt auch Rechts⸗Händel vorzutragen, wie er dann heut gleich Anfangs eine Schiffs⸗Affaire proponirt hatte. Der Groß⸗Vi zir machte diesesmal unter andern einen Streit⸗Handel mit Zerreis sung des andern Supplication ein Ende. Darauf kamen andere zum Vorschein, welche über von andern erlittenen Schaden, Unrecht, Be trug rc. klagten, die aber alle mit gleicher Geschwindigkeit abgefertigt wurden.

Die Partheyen werden füͤr dieses Gericht nicht so wol hinein Procedirung in Beylegung der Händel. geführet, als vielmehr mit Gewalt hinein geschleppet, und von zweyen unter den Achseln unterstützt / oder besser zu sagen, mit den Armen dermassen in einander verwickelt / daß sie sich von selbsten nicht leicht mehr loß machen koͤnnen, so dann werden sie auf gleiche Weise auch wiederum hinaus gezogen. Dieses hat mir absonderlich wol gefallen, daß Sachen von nicht geringer Wichtigkeit, bloß durch Abhörung der Zeugen, und Untersuchung des aufgebrachten Beweisses, ganz schleunig debattirt worden. Jst es ein Handel, worinnen einer dem andern augenscheinlich zu betriegen gesucht, verliehrt er nicht nur seine Sache, sondern wird noch zu einer GeldStraffe / oder auch zu einer gewissen Anzahl Prügeln / wann die Falsche Zeugen bey den Türken gemein.Affaire darnach beschaffen ist, condemnirt. So geschwind aber die Gerichts⸗Händel bey den Türken abgethan, und so unverzüglich

Des Herrn Botschafters Audienz bey dem Sultan. 193 lich die Gerechtigkeit administrirt wird, wann der Richter die Sache recht eingenommen hat: so grosses Mißtrauen hat man in die Zeugen zu setzen; sintemalen man alle Tage dererjenigen, so viel man will, mit Geld erkaufen kan, welche alles bejahen, was man ihnen zumuthet, wann sie gleich niemaln etwas davon gesehen oder gehöͤret / und wann man es haben will, scheuen sie sich nicht, ihre Aussage gar mit einem Jurament zu bekraͤftigen; dann solche Leute füͤrchten sich vor dem Meineid so wenig, als der Fuchs vor den zeitigen Birn oder jungen Gaͤnsen. Es werden aber keine andere Zeugen angenommen, als welche der Tüͤrkischen Religion zugethan sind; dahero es dann kommt / daß das groͤßte Recht oft zu dem gröͤsten Un Betrogene List eines mit falschen Zeugen unterstützten Klägers. recht gemacht wird: und hat mir der fromme Vatter Jacob Cachot / ein wegen seines Seelen⸗Eifers und Liebe des Nächsten auch grossen Erfahrnus in Türkischen Sachen zu Constantinopel gar sehr bekannter Priester aus der Gesellschaft Jesu / einsmals erzehlt, daß Herr Fournette, erster Französischer Dolmetsch / von einem Türken vor Gericht gezogen und auf drey tausend Piaster oder tausend Ducaten / welche er ihm doch niemal schuldig gewesen, angeklagt worden. Nun wuste er, daß schon Zeugen bestellt waren, die vor Gericht mit einem Eid bekräftigen solten, daß er diese Summa von dem andern empfangen habe, weswegen er fast keinen Rath finden kunte, sich aus dieser verwirrten Sache zu wickeln; dann hätte er die Schuld bekennet, so war die Bezahlung das nechste: wuͤrde er es aber, wie billich, laͤugnen/ und dessen gleichwol von den falschen Zeugen überwiesen, muͤste er nicht nur das Geld, sondern noch eine gewisse Straffe darzu erlegen. Was nun zu thun? Er bekennt die Schuld, gesteht aber auch, daß er dem andern einen Diamant von 600. einen Carfunkel von dreyhundert, und einen Schmaragd von 400. Ducaten auf Abrechnung gegeben, welches alles dann seine mit gebrachte Zeugen bestäͤttigen musten; und also hatte er List mit List bezahlt, und noch einen guten Profit darzu gezogen, von welchen er seine gedingte Zeugen aufs beste befriedigen köͤnnen; woruͤber der Türk selbst lachen und ihn für kluͤger als sich halten müssen. Es ist Falsche Zeugen zeugen wider ihre eigene Parthey. auch ein Gesetz bey den Tüͤrken, Vermoͤg dessen zweyer Brüͤder Kinder, davon die einen maͤnnliches / die andern weibliches Geschlechts sind, mit einander in die Erbschaft tretten und nach den Koͤpfen erben; hingegen wann beyde Brüder Sohne haben, so bleibt das vä terli Bb 194 Zweytes Buch / Dritte Abtheilung / terliche Erb bey eines jeden seinen Kindern / und hat der andere Theil nichts dabey zu suchen. Nun trug sich einsmals zu, daß ein Bruder ohne mäͤnnliche Erben abgieng / der andere aber einen Sohn im Leben hatte: beyde Brüder waren Christen, nemlich Armenier oder Grichen, die unter Türkischer Botmäßigkeit stunden, welches ich darum melde, weil sonst alle andere Völker ihr eigenes Recht haben, es sey dann, daß sie mit einem Tüͤrken zuthun bekommen; damit nun dieser mit seinem Sohn, als welcher Vermoͤg des Gesetzes nur einen Theil haben solte, die Erbschaft ganz behaupten moͤchte, gab er vor, wie er noch bey seines Bruders Leb⸗Zeiten dessen Hauß gekauft und auch baar ausgezahlet hätte; bringt auch zu dem Ende Zeugen auf, die solches bekräftigen sollen: wie die Erben dieses erfahren / stecken sie sich hinter die Zeugen, bestechen sie mit Geld, und bringen sie dardurch auf ihre Seiten. Den streittenden Theil wird indessen der Tag bestimmt, wann sie vor Gereicht erscheinen sollen, die Zeugen werden producirt, und erkläͤren sich mit des erstern nicht geringer Bestürtzung für die letztere; weil nun jener nicht ohne seinem Nachtheil erfahren, daß diejenige, welche er mit Geld erkauft, wider ihn selbst zeugen, hat er den Handel nicht nur verlohren, sondern ist um seines Betrugs willen / noch darzu ins Gefängnüs gewiesen worden, so dann auch der wolverdiente Lohn füͤr seine Spitzbüberey gewesen, womit er andere zu hintergehen gedacht. Kluge Beurtheilung eines verwirrten Handels.Es wissen aber auch die Türken gar wol und nach der Billichkeit zu urtheilen, wann der Betrug am Tag liegt; davon folgendes zum Exempel dienen kan: Ein Jud hatte von ungefehr aus seinem Beutel, welchen er, nach Lands⸗Gewohnheit, vorn auf der Brust getragen, neun kostbare Steine verlohren, und ist wahrscheinlich, daß er solche neben hin gesteckt; weswegen er demjenigen, so selbige finden wurde, 200. Ducaten zum Recompens versprochen. Dieser Fund nun ist einem guten ehrlichen Türken, so sich mit fremden Gut nicht zu bereichern verlangte, zu Theil worden, der ihn auch alsobald seinen ihm bekannten rechtmaͤßigen Herrn wieder zugestellet. Der Jud, welcher, nach ihrer Schelmischen Gewohnheit, auf das Betrüͤgen sich hauptsächlich verstanden, practicirte den kostbarsten unter diesen Steinen heimlich auf die Seite, damit er die versprochene zwey hundert Ducaten nicht bezahlen duͤrfe, und liesse sich vernehmen, wie er das versprochene Recompens nicht eher auszahlen kön Des Herrn Botschafters Audienz bey dem Sultan. 195 koͤnnte, bis er den neunten auch wuͤrde herbeygeschafft haben, welchen, wie ihn der gottlose Mann beschuldigte, der Tüͤrk zurüͤck behalten, wofür er auch bey nahe uͤbel bezahlt worden waͤre. Die Sach kommt an das Gericht vor den Groß⸗Vizir/ so nach seiner beywohnenden Klugheit alsobald den darhinter verborgenen Betrug merkte / und deshalben den betrügerischen Geitzhals, zum Abscheu anderer dergleichen gewissenlosen Leute, häßlich bezahlte: Erstlich gebietet er allen und jeden / still zu seyn; hernach fragte er den Türken, ob und wo er diese Steine gefunden? als dieser umstaͤndlich hierauf geantwortet, fragte Er den Juden, ob dieses sein Beutel wäre? wie nun der Jud dieses bejahet; fragte Er ferner: wieviel Steine er darinnen gehabt? als dieser mit grosser Betheurung versichert, daß deren neue gewesen; sagte der Richter mit einem ernsthaften und sauren Gesicht: Wolan! die Sache braucht nunmehr keines weitern Untersuchens, du hast durch deine eigene Aussage alles klar gemacht; dann daraus erhellet, daß dieses nicht dein rechter Beutel ist, sondern dem deinigen nur gleich siehet, weil ich in diesem nicht mehr als acht Steine finde, in dem deinigen aber deren neune gewesen sind; hat dannenhero solchen demjenigen zugesprochen, der ihn gefunden, den uͤbel bezahlten Juden aber leer nach Hauß geschickt, und ihn auf einen andern warten heisen; welcher klugen Erfindung der ganze Rath frolockend beygepflichtet / und ist bey allen Anwesenden ein heftiges Gelächter daruͤber entstanden.

Nun, meine ich, haben wir uns lange genug im Divan aufgehalten, anjetzo ist die Zeit herbey kommen, zur Kaiserlichen Audienz zu gehen; weswegen wir uns von dar weg und unter jenen bedeckten Austheilung der Caftans. Gang begeben wollen, wo die Ehren⸗Kleider oder Caftans, wie neulich bey dem Groß⸗Vizir, ausgetheilt worden, so auch alle von dem Grösten bis zu dem Kleinsten bekommen haben, nur diejenige ausgenommen, so die Livrée getragen. Nachdem wir nun eine zeitlang vor dem Divan in bester Ordnung gewartet, kam der GroßVizir Jbrahim / in Begleitung des Nischanschi Bascha / Kaiserlichen Zugzieher, und Capudan Bascha heraus, vor welchem ihrer zwey mit silbernen Stäben hergiengen, mit denen sie immer auf die Erden gestossen, und Jhm ein Zeichen gegeben, wo die geringste Gefahr zu besorgen, daß Er einen falschen Tritt thun mögte: dieser wurde Bb 2 196 Zweytes Buch/ Dritte Abtheilung / Des Herrn Groß⸗Botschafters Audienz bey dem Sultan. wurde so fort vor den Sultan gelassen, und nach Verfliessung ei ner halben Stunde der Herr Groß⸗Botschafter mit 14. aus dem ersten Adel, oder die sonst darbey zu thun hatten, gleichfalls dahin zur Audienz geführt. Gleich nach Sr. Excellentz gieng Herr Dierling mit dem oͤfentlich in der Hand haltenden Kaiserlichen Credenz-Schreiben, deme unmittelbahr die beide Kaiserliche Dolmetschen, Herr Vorner und Herr Theyls folgten; drey aber, welche so gar aus dem ersten Adel waren, musten zuruck bleiben, weil für mehrere Personen nicht Füͤhrer genug da waren: es scheinet aber vielmehr die wahrhafte Ursach zu seyn, theils, weil der Platz an sich selbst für viel Leute allzu eng ist / theils, damit die Caftans mogten ersparet werden, davon ein jeder Füͤhrer einen eigenen haben muß. So viel deren mit vorgekommen sind, wurden von zweyen Capigi Baschi gehalten, welche unserer auf einer mit rothen Tuch uberzogenen Bank in einer Kleidung von gleicher Couleur gewartet. Der Herr Groß⸗Botschafter selbst wurde von dem Chiaoux Baschi und Capigilerchijajasi, Vorsteher der Kaiserlichen Kämmerlinge, geführet, damit Er dem Sultan nicht naͤher kommen moͤgte, als gewoͤhnlicher massen erlaubt ist; wie dann auch diejenige, so Jhm am nechsten stunden, gleichwol mehr den acht Schritt von Jhm entfernet waren: und ist diese Gewohnheit von der Zeit eingeführet, Warum man den Türkischen Kaiser nicht zu nahe kommen darf.seit Amurathes / nachdem er Lazarum / den letzten Regen ten in Servien, den die Grichen ÆεσπόTνe nennen, üͤberwunden und hingerichtet, von Vilvo, einem gebohrnen Servier, um seinen Herrn zu rächen / umgebracht worden, da er sich auf seine Kuͤhnheit und Macht am meisten verlassen; dann als gedachter Vilvo den Huldigungs⸗Eyd ablegen solte, hielte er unter seinen Kleidern einen Dolch verborgen: und indem er nahe genug bey dem Kaiser war, und sich stellte, als ob er Jhm die Hand kuͤssen wolte, hat er Ihn dafüͤr den Dolch ins Herz gestossen. Busbec will, daß derjenige, dessen Tod auf solche Weise gerochen worden, Mirous geheisen, wie Ricaut in seinem 1. Buch, im 19. Capitel aus ihm erzehlet, wiederlegt aber eben dieses Vorgeben im 2. Buch, und dessen 19. Capitel, wo er von den Orden der Bectassen redet. Es gedenken aber die Türkischen Jahr⸗Bücher noch eines andern Todschlägers des Amuraths / nemlich eines Soldaten, mit Namen Corbeles, welcher nach des Lazari Hinrichtung, da er schon eine zeitlang unter den Todten ge legen, Des Herrn Botschafters Audienz bey dem Sultan. 197 legen, sich wiederum auf die Beine gemacht, und seines Herrn Tod gerochen hat: daher es dann kommen mag, daß keiner, auch so gar der Groß⸗Vizir selbst nicht, noch vielweniger ein ausländischer Gesandter, nicht einmal in den Vorhof des Kaiserlichen Pallasts mit einigem Gewehr gelassen wird.

Vor der Thuͤr desjenigen Zimmers, in welchem der Sultan Beschaffenheit des Audienz-Zimmers. dem Herrn Groß⸗Botschafter Audienz ertheilt, hienge an einer guldenen Ketten ein grosser Smaragd, oder was es sonst für ein grüͤner Stein mag gewesen seyn, mit Diamanten, Carfunckeln und Perlen häufig besetzt; das Zimmer selbst war nicht gar groß, mehr hoch als breit, und die Wäͤnde und Boden mit rothen von Gold gestickten Atlaß behaͤngt und belegt: der Thron des Sultans sahe beyThron des Sultans. nahe einer Bett⸗Laden gleich, die auf zweyen Seiten in die Mauer gehet; der Polster worauf Er gesessen oder vielmehr gelegen, zierten die groͤsten und kostbarsten Perlen; der Himmel von dem Thron war zwar von Holz / aber zugleich mit Laub⸗ und Blum⸗Werk durch rare Bildhauer⸗Arbeit schoͤn, reich und kuͤnstlich ausgemacht, welcher auf einer Marmorsteinern mit kostbaren Edelsteinen an der Spitze, dem Fuß, und im Durchzug besetzten Saͤulen ruhete, dessen uͤbrigen Theile aber an der Mauer fest gemacht gewesen. Sechs guͤldene oder vielleicht auch nur verguͤldete Kugeln von ungeheurer Groͤsse hiengen an demselbigen, und zwischen solchen eben so viel mit guͤldenen Faden oder Borden zusammen gebundene Buͤschelein, so wie Tug oder RoßSchweife aussahen, und, wie es mir vorgekommen / vom geschlagenen Gold verfertigt seyn. Der Sultan hatte ein rothes Kleid an, welches oben mit drey Diamantinen-Schlingen zusammen geheftet und sonst sehr propre ausgemacht war: auf dem Haupt prangte ein mit Reiger⸗Buschen aufgeschmuckter und mit vielen kostbaren Steinen gezierter Bund; zu seiner Rechten lage auf einem Polster der Saͤbel, zu der Lincken aber stunde sein Silbernes Schreib⸗Zeug, auf welcher Seite sich auch sein eilf jähriger PrinzUnklar. Am ehesten in Frage käme der 1710 geborene Şehzade Süleyman, alle älteren Söhne Ahmeds III. waren bereits verstorben. befand, nebst deme Er auch noch drey andere gezeugt hatte, so aber alle noch jünger sind. Dieser Kaiser führt den Namen Ahmed der Dritte / ist ein EnNamen und Antrettung der Regierung. kel Jbrahims / so der zweyte Sohn desjenigen Mehemets gewesen, welcher im Jahr 1683. die Belägerung vor Wien zu der Türken gröͤsten Schaden und Aufnahm der Christenheit vorgenommen; kam Bb 3 198 Zweytes Buch / Dritte Abtheilung / kam 1703. den 22. Augusti auf den Thron, nachdem sein älterer Mustapha Absetzung.Bruder Mustapha zu Adrianopel durch die Aufrührer abgesetzt worden. Es hat aber mit dieser Dethronisation folgende Bewandtnuͤß: die Unterthanen, wie in grossen Reichen, wo sie entweder zu wol oder zu hart gehalten werden, gar oft zu geschehen pflegt, hatten des Friedens und der Ruhe, deren sie einige wenige Jahre genossen, bereits satt, beschwehrten sich derohalben uber den Mustapha / daß Er zu Friedens⸗Zeit sich fast nimmer in seiner Residenz finden lasse, sondern die meiste Zeit zu Adrianopel aufhalte, der Jagd allzu sehr ergeben wäre, die Regierungs⸗Geschäfte darüber an den Nagel hienge, und einen Fremden indessen Herr seyn liesse; Fezoula Efendi / ein gebohrner Persianer, gewesener Informator des Sultans, und damals Moufti / verkaufe die Gerechtigkeit, Dignitæten und Aemter wäͤren ihme gleichfalls ums Geld feil, man sehe nicht mehr auf Verdienste, und wuͤrde daruͤber das ganze Reich verrathen. Hier nun wurfen sich gleich zwey Gebegis (Schwerdtfeger), oder vielmehr ihre Füͤhrer Gebegi Baschi, oder Oda Baschi / (Vorstehere der Zimmer in ihrer Gemeind und Hauptmannschaften, zu Anführern auf; denen sich diejenige, welche die Aufsicht über das Proviant- und Zeughauß hatten, zugesellt, worzu noch die Topchi (Feuerwerker,) Janitscharn, als die Kaiserliche Leibwacht zu Fuß, und Bostangi / (so die Sorge über die Gärten und Gebäu haben,) gekommen sind; die Städte aus Natolien oder Asien schickten ihre Hülfs Völker, die den unbillich Bedraͤngten aufhelfen solten, und auf solche Weise hat sich die Aufruhr und die Anzahl der Rebellen von Tag zu Tag vermehret. Bey so gestalten Sachen ist Abdola Bascha / aus dem Geschlecht der Kiuperli / so Caimacan oder Stadthalter war, welche man in Abwesenheit des Kaisers und Groß⸗Vizirs zu ernennen pflegt, für grosser und nicht ungegruͤndeter Furcht aus der Stadt geflohen. Dazumal wurde auch verbotten / daß man das an Feyertägen gewöhnliche Gebeth vor den Kaiser nicht sprechen solte: die Rechts⸗Gelehrten, welchen der Fezoula wegen seiner Grausamkeit sehr verhaßt war, thaten den Aufrührern heimlicher Weise allen Vorschub, und jederman meinte, er muͤste bey der Aufruhr nicht der letzte seyn. Einige suchten den Ahmed Bascha, Vizir von drey Roß⸗Schweifen, in seinem Hauß an dem Canal auf, allwo er schon lange Zeit in stiller Ein Des Herrn Botschafters Audienz bey dem Sultan. 199 Einsamkeit zugebracht, aus welcher sie ihn nun herfür gezogen, und an des entwichenen Abdola Stelle zum Stadthalter gemacht: Assan Firaly / gleichfalls ein Vizir von drey Roß⸗Schweifen, welcher auch lange Zeit in Constantinopel verborgen gelebt, und zweymal verwiesen worden, hat nun auf einmal die Masque abgezogen, sich wiederum in der Stadt sehen lassen, den laͤngst gefaßten Unwillen öͤfentlich gezeigt, und zur innerlichen Unruhe das Seinige tapfer beygetragen; wie dann der Poͤbel, bey dem er ohne dem wegen seines Muths, Verstands, und ungemeiner Fertigkeit in allen seinen Vornehmen, im guten Credit stunde, sich auf seine Macht verließ, und seiner Anweisung folgte, wordurch es geschehen, daß die Aufruͤhrer in kurzen bis 60000. Mann angewachsen. Weil nun diese Menge eines geschickten Anfüͤhrers hoͤchst noͤthig hatte, Rami Mehemed Bascha aber, als bereits ernannter Groß Vizir, dem Kaiser zugethan war, und sich bey Jhm zu Adrianopel aufhielte / machten sie den von ihnen neulich erwehlten Stadthalter zu Constantinopel / Ahmed Bascha zu ihrem Groß⸗Vizir / und setzten an dessen Stelle den vorgedachten Assan Firaly. Es hat aber Ahmed diese Ehre bestäͤndig ausgeschlagen, jedoch weil er befürchten muste, es moͤchte durch seine Halsstarrigkeit denen Soldaten die Gedult zerrinnen, ihre ohne dem erhitzten Gemuͤther hingegen noch mehr angeflammt werden, welches Feuer alsdann mit nichts als seinem eigenen Blut wuͤrde zu loͤschen seyn, hat er endlich den Titul eines Groß⸗Vizirs angenommen, aber nichts wenigers als dessen Amt verwaltet, sintemaln sich drey oder vier unter denen Rebellen gefunden, welche alles noch ihrem Kopf eingerichtet; weil sie aber bey aller ihrer Gewalt nicht genug Ansehen zu haben vermeinten, wolten sie eben zu dem Ende sich einen erwehlen, unter dessen Authoritæt sie uͤber das ganze Reich, und eines jeden Haab und Gut, nach Belieben disponiren koͤnten, ohne daß sie ihn deswegen zu Rath gezogen haͤtten; also daß jener sich mit dem blossen Namen behelfen muste, da diese die Sache selbst in den Häͤnden hatten, dabey ihnen auch der Vortheil zu gewachsen, wie die schlauen Köpfe schon voraus sahen, daß, wann ihnen nicht alles nach Wunsch ausschluͤge, sie doch allein den Nutzen daraus ziehen, hingegen aller Haß auf ihren neugebackenen Groß⸗Vizir fallen wuͤrde. Unter diesem nichts bedeuteten Anfuͤhrer nun sind sie mit 60000. Mann gegen Adria nopel 200 Zweytes Buch / Dritte Abtheilung / nopel geruckt, den Sultan daselbst aufzusuchen, indessen sie den Assan Firaly Bascha mit einer gleichen Anzahl zu Constantinopel gelassen. Nicht genug aber ist sich zu verwundern, daß diese ganze Zeit über bey so grosser Verwirrung der Sachen und Gemuͤther die schwüͤhrigen Partheyen gleichwol zu keinen groͤssern Muthwillen und Leichtfertigkeit der Soldaten in der ganzen Stadt und deren Vorstädte, noch auch uͤbrigen Oerter am Canal, die doch in einer Strecke bis ans Schwarze Meer reichen / Anlaß gegeben. Hierbey aber legte der Kaiser die Hände keineswegs im Schooß / sondern brachte eine zahlreiche Armee zusammen, welche aus lauter tapfern und wol exercirten Leuten bestunde, und die besten Feldherrn zu Anfuͤhrern hatte; also daß der Aufrüͤhrer zusammen geraftes Asiatisches Volk mit diesen auserlesenen Europäischen Soldaten, jene so schlecht bewafnete mit diesen aufs best versehenen/ jenes unordentliche Gesind mit diesen der Ordnung und Kriegs⸗Disciplin gewohnten Vöͤlkern in ganz keine Vergleichung zu ziehen waren. Man liesse auch hierzu dem Sultan überfluͤßige Zeit, sintemaln zwey ganzer Monat vom Anfang der aller Welt bekannten Rebellion bis zu dieser meineidigen Unterthanen Auszug aus Constantinopel wieder ihren Kaiser verstrichen sind: so wurde auch indessen auf keiner Seiten was verabsäumet / das zu einigen Vortheil gereichen kunte, und suchte ein jeder durch vielfäͤltiges Hin⸗ und wieder⸗schicken und simulirte Friedens⸗Handlung mehr Zeit zu gewinnen, sich in bessern DefensionsStand zu setzen. Endlich ist man so wol von Adrianopel als Constantinopel aus ins freye Feld geruckt, wiewol die von Edrene nicht weit marchirten; dann als sie zu Hapsa (Hafsa, Hassa) sechs Stund von Adrianopel oder Edrene, einen zu Ausstechung eines Lagers bequemen Platz angetroffen, und solchen zur Stellung einer Armee in Schlacht⸗Ordnung bequem gefunden, haben sie sich daselbst aufs beste verschanzet. Hier kamen nun beide Armeen zusammen, ohne aber daß sie etwas feindliches wieder einander vorgenommen, noch einigen Schuß aus kleinen oder grossen Gewehr auf einander gethan hatten: vielmehr wurden sie allda gute Freunde, und gaben einander zu bedenken, wie es sich gar nicht schicken wolle, daß Lands⸗Leute, Glaubens⸗Genossen und Brüder einander durch die Waffen aufreiben; erkläͤrten sich demnoch einmuͤthig wieder den Mustapha / tretten von Jhm ab, und setzen Jhn den darauf folgen den Des Herrn Botschafters Audienz bey dem Sultan. 201 den Tag vom Thron / seinen Bruder Ahmed aber hinauf, als den sie für ihren Kaiser öfentlich ausrufften. Fezoula, welcher dem Mustapha mit seinen Rathschlägen in allen an die Hand gegangen, hat sich auf die Flucht nach Persien begeben, wohin er noch bey gutem Stande eine unglaubliche Geld⸗Summa uͤbermacht hatte, ist aber ergriffen, an einem gemeinen Ort auf ein schaͤbigtes Pferd gesetzt, durch alle Gassen der Stadt gefuͤhret und ihm endlich der Kopf abgeschlagen, seine beiden Soͤhne durch den Strang hingerichtet, die Guͤter in die Kaiserliche Cammer geliefert, sein Leichnam den Hunden vorgeworfen, auf eine elende und nach ihrem eigenen Gesetz höͤchst unbilliche Art von dem muthwilligen Volk beschimpft und in tausend Stücke zerfetzt und zerrissen worden; ja es erstreckte sich ihre Raserey gar so weit, daß sie ihm die Hoten ausgeschnitten und solche öͤffentlich auf einer Stange herum getragen. Daß aber solches grausame Verfahren wieder ihr eigenes Gesetz lauft, ist daraus klar, weil Kein Türkischer Pfaff kan mit dem Tod gestrafft werden. dasselbige will, daß keiner von ihren Pfaffen, so lang er diese Wüͤrde tragt, kan getoͤdet werden, sondern wann es hoch kommt, kan man ihn ins Elend verschicken, worinnen sie aber oft in solche Armuth gerathen, daß sie sich mit Pfeffer und Toback⸗Verkauffen nehren müssen, da sie vorhero im groͤsten Ansehen gestanden, und im Geld bis über die Ohren gesteckt. Aber wann dergleichen Relegation auf dem Tapet ist, hat man sich in Acht zu nehmen, daß solches der Den Moufti hat man zu fürchten. Moufti nicht innen werde, widrigenfalls zu besorgen stehet, daß er vor seiner Degradation eine Aufruhr anstifte; sintemal der Sultan und Groß⸗Vizir selbst diesen Mann zu fuͤrchten häͤtten, wann er, ehe er von dem Amt gesetzt wäͤre, und sonsten noch in gutem Ruf stünde, dem Volk weiß machen wuͤrde, als wolte man durch solches Verfahren an Jhm das Gesetz brechen; wie dann aus denen Geschichten nicht unbekannt ist, daß diese Leute den Groß⸗Vizir vom Amt und dem Saltan selbst vom Thron gebracht, ja auch oft das Leben samt dem Reich genommen haben. So ist auch von dem Geringsten bis zu dem Grösten in dem ganzen Reich keiner, ja selbst der Kaiser nicht, seines Lebens oder Wüͤrde auf einem Augenblick versichert, ausser denenjenigen, die aus dem Geschlecht der Kiuperli Der Kiuperli Geschlecht Privilegium. herstammen / als welche weder durch den Kaiser noch Groß-Vizir mit einem gewaltsamen Tod koͤnnen gestrafft werden; und haben sie dieses Privilegium von ihren Vor⸗Eltern überkommen, die denen Vene Cc Zweytes Buch / Dritte Abtheilung / 202 Venetianern die Jnsul Candien weggenommen, auch sonsten dem Orientalischen Reich grosse Dienste erwiesen: sie können aber gleichwol wie andere ihrer Aemter entsetzt, oder ins Elend verschickt werden, wann sie was verbrochen oder sich durch ihre Macht verdaͤchtig gemacht haben / worinnen man sie dann oft heimlich mit Gift gar in die andere Welt schicket.

Jhre an Fezoula ausgeübte Grausamkeit beschönten sie damit, weil er sich der Gnade des Kaisers / dessen Informator er ehmals gewesen, allzu sehr mißbraucht, und nicht allein die Gerechtigkeit zerstört, die Aemter um Geld verkauft, sondern noch darzu das Ottomanische Geschlecht zu vertilgen und das Reich auf seine Lands⸗Leute die Persianer zu bringen getrachtet; weswegen ihm auch die Tuͤrken verflucht, und nicht füͤr ihren GlaubensGenossen erkannt, auch um dieser Ursach willen nicht zur Erden bestatten wollen, sondern solches denen Armeniern oder Grichen aufgetragen: welche ihn aber auch nicht füͤr den ihrigen erkennen wollen, doch aber einen Pfaffen geschickt, der den Weyrauch angezündet, wobey er unter dem Raͤuchern diese Woͤrter solle gesagt haben: Nescis dender / nebis dender / er gehöret weder uns Fruchtbarkeit des Fezoula. noch euch zu; alsdann haben sie ihn so uͤbel zugerichtet, auf einen Schlitten gelegt, und damit aus der Stadt geschleppet und begraben. Diesem Mann wurden bey seinem Lebs⸗Zeiten einsmals in einem Jahr drey und achzig Kinder gebohren; weme er guͤnstig war, brachte er hoch an, andere hingegen wurden aufs aͤusserste von ihm verfolgt; dem Kaiser aber hatte er dermassen eingenommen, daß es schiene / als ob Er von ihm wäre bezaubert gewesen; weswegen ihm auch ein solcher Tod zu theil worden, wie er durch sein Leben verdienet hatte. Niemand war ein so heftiger Verfolger der Christen, als eben dieser Fezoula / und sagte der Maurus Cordatus Scarlati / erster Dolmetsch / und Staats⸗Bedienter bey der Pforten, zu dem Pater Cachot, Priester aus der Societæt Jesu, von welchem ich es nachgehends gehöͤret habe, daß er nun seinen Fall gedultig ertragen wolle, nach dem er diesen zu erst fallen sehen, und waͤre nicht zu glauben, was für betrübte und entsetzliche Anschläge dieser Mann wider die Christen gefaßt habe. Rami Mehemed Bascha hat sich inzwischen verborgen gehalten, und kam erst nach dreyen Monaten zum Vorschein, sintemaln ihn der neu⸗erwehlte Kaiser zum Stadthalter in Cypern / und nachgehends von Groß⸗Cair gemacht, welcher end lich Des Hern Botschafters Audienz bey dem Sultan. 203 lich im Jahr 1709. in der Jnsul Rhodis gestorben ist / nachdem ihn der Groß⸗Vizir Hali, es sey nun aus Haß, oder weil ihn seine gesammleten Schätze in die Augen gestochen, eine lange Zeit allen Verdruß angethan. Ahmed Bascha wurde Anfangs in seiner GroßVizirs⸗Würde bestättiget / nach drey Monaten aber nach Levante in Grichen⸗Land verschickt, woselbst er eines natürlichen Tods gestorben. Assan Firaly ist, da er schon Tefterdar und Bascha von Thracien gewesen, im Jahr 1708. nach Constantinopel, in Hofnung die Groß⸗Vizirs⸗Stelle zu erhalten, beruffen, dafür aber zehen Tag nach seiner Ankunft zu Chalcedonien mit dem Strick erwuͤrgt worden. Es hat ihm zwar sein böͤses Gewissen / wegen seiner begangenen Untreu, dergleichen Tractament schon vorher propheceyt, weswegen er durchaus nicht nach Constantinopel kommen wollen, ehe und zuvor er ein Ferman oder vielmehr Catat Cherif / einen vom Sultan selbst unterschriebenen Brief, erhalten, welcher ihm alle Sicherheit verheissen, zu dem auch von des Kaisers Mutter, Validia, selbst dahin invitirt worden / welches ihm dann alle Furcht benommen, so, daß er sich endlich eingestellt hatte. Als er allda ankommen, haben die Franken oder Christen eine besondere Freude daruͤber bezeugt / weil sie ihn jederzeit als einen Christen⸗Freund erfunden haben, die fremde Bothschaften ihre Gratulation wegen glüͤcklicher Ankunft bey ihm ablegen lassen, und die Pforte selbst hat ihm acht Tage lang alle Ehre erwiesen; nach deren Verfliessung aber ist er vom Kaiser beruffen, und an statt des verhoften mit Zobel gefütterten Caftans auf ein Schiff gefuͤhret und erdrosselt worden, woruͤber er Beide wegen bey Kaiserlichen Worten versprochenen und nicht gehaltenen Sicherheit mit schwehren Flüchen belegt.

Der neue Kaiser Ahmed ist den 24. Septembr. 1703. in die Bezeugung des Türkischen Kaisers wider die Aufrührer. Stadt gekommen, und im November in der am Hafen liegenden Kirche des H. Jobs / den sie nach ihrer Sprach Ejup nennen, gecroͤntworden. Von dieser Zeit an hat er die Aufrüͤhrer, ob er ihnen gleich Cron und Scepter schuldig war, auf das heftigste verfolgt, und einen guten Theil derselbigen uͤber die Klinge springen lassen, damit aber zugleich die Wahrheit des bekannten Sprüchworts der Welt wiederum vor die Augen gelegt, daß man zwar die Verräthe rey, Cc 2 Zweytes Buch / Dritte Abtheilung. 204 aber nicht die Verräther liebe; wie man dann auch noch von ihm zu sagen pflegt, daß er allein mehr Vornehme durch einen gewaltsamen Tod hingerichtet, als zehen, ja alle andere Kaiser vor ihm gethan haben, angesehen bey genauer Rechnung sich findet, daß er mehr als fünfzig tausend Vornehmen auf solche Weise vom Brod geholfen / und alle alte Geschlechter der Kriegs⸗Bedienten aus dem Grund ausrotten lassen, so daß anjetzo lauter neu⸗angehende den Regimentern und der Armee vorgesetzt sind. Hierzu hat Jhn seine Mutter, welche die Türken Validia nennen, angereitzt, indem sie Jhm seines abgesetzten ältern Bruders Mustapha Exempel vorgestellet, dergleichen, oder wol noch was Schlimmers, er gleichfalls wuͤrde zu gewarten haben, wann er auf solche Weise der Gefahr nicht Herkommen der Kaiserl. Mutter. vorkäme. Man sagt, sie solle eines Ungarischen Predicanten Tochter und von ungemeiner Schoͤnheit gewesen seyn; sie sey aber im Krieg gefangen, und nach dem sie sich zu dem Mahometischen Aberglauben bekennet, in das Kaiserliche Frauenzimmer aufgenommen, und endlich gar gecroͤnte Kaiserin worden: Diesen Rath hätte sie den jetzigen Keiser Ahmed darum ertheilt, damit sie sich wegen der Treulosigkeit dieses Volks und ihrem ältern Sohn angethanene Schmach rächen möͤgte: in ihrem Alter hat man sie füͤr die groͤste Hexenmeisterin ihrer Zeit gehalten.

Der jezt regierende Kaiser Ahmed ist gegenwaͤrtig, da ich dieses Beschreibung des Kaisers Person. schreibe, 51. Jahr alt, von mittelmäͤssiger Groͤsse, hat ein bräͤun lichtes und für einen Mann nicht haͤßliches Angesicht, bleiche Wangen, einen schwarzen nicht gar langen Bart, schwarze wäͤßrigte, zuͤchtige und mehrentheils zur Erden niedergeschlagene Augen, aus welchen, wie hieraus leichtlich zu muthmassen, wenig Majestät blicket: Des ältern Prinzen. Der Prinz aber siehet weit lebhafter aus, und kan für ein Muster der Schönheit passiren. Am Fuß des Throns ware ein von Alabaster gehauener Brunn, neben welchem innerhalb der Fenster noch zwey Kaiserliche mit kostbaren Steinen reichlich besetzte Bünde auf einem Polster lagen. Die Positur des Sultans war also gestellet, daß Er das Gesicht dem Groß⸗Vizir, Capudan⸗ und Nischanschi Bascha zu wendete, welche gegen Jhm in einer Linie bey dem Camin, diejenige aber, die der Herr Groß⸗Botschafter bey sich hatte, auf der Seite stunden, so daß er sie nicht anders als uͤber zwerch oder über die Schultern ansehen kunte. Es war so wol dieses Zim mer Des Hn. Botschafters Audienz bey dem Sultan. 205 mer, als der Weeg, uͤber welchen wir dahin gehen musten, mit schoͤnen Persianischen Teppichen belegt. Des Herrn Botschafters Rede war in Lateinischer Sprach gestellet, als welche sich nur unsere Kaisere bedienen, wann sie an ausländische Könige, Füͤrsten und Völker schreiben, oder mit ihnen reden, und folgenden Innhalts:

Es hat der Allerdurchlauchtigste (Augustissimus) Großmächtigste und Unuͤberwindlichste Römische Kaiser Carl der Sechste / mein allergnädigster Herr / zu Eur. Majestät mich als seinen Botschafter hieher nach Orient abgefertiget, daß von Seiner Römisch⸗Kaiserlichen Majestät guter Affection und deren treuen und aufrichtigen Gemüth Dieselbige versichern solle; wie Sie mir dann auch zum Zeugnuͤß dessen an Eure Majestät einige Præsente anvertrauet haben. Seine Römisch⸗Kaiserliche und Catholische Majestät tragen den geringsten Zweifel nicht, Eure Majestät werden dasjenige, was so wol im Paßarowitzer Frieden / als den nachmals aufgerichteten Commercien-Tractat enthalten, heilig und unverbruͤchlich halten, und solches auf das schleunigste zur Execution bringen; wie dann mein Allerdurchlauchtigster (Augustissimus) Kaiser dieses zu dem Ende wuͤnschet, damit die aufs neue aufgerichtete Freundschaft durch wechselsweise Ehren⸗Bezeugung moͤge unterhalten werden: ich aber hoffe und wuͤnsche nichts mehr, als daß Eure Majestät mit Dero Kaiserlichen Huld, mir, als der solche Commission abzulegen die Ehre hat, bestäͤndig zugethan verbleiben wollen.

Wann der Herr Groß⸗Botschafter den Sultan ehrentGewaltsames Compliment derer von Adel. halber nennte, und deswegen sich vor Seiner Majestät neigte, einige aus dem Adel aber indessen ihre Gedanken anderweit herum spatziren liessen, und es nicht beobachtet, waren alsobald ihre Capigi, ein scil. uͤberaus höͤfliches Volklein, bey der Hand, welche sie so sanft niedertruckten, daß ihnen der Kopf bey nahe auf der Erden auf Ubergebung des Kaiserl. Schreibens. prellte. Nach geendigter Rede wurde Jhro Römisch⸗Kaiserlichen Majestät Schreiben, dem Herrn Groß⸗Botschafter von dem Hn. von Dierling, Secretaire bey der Groß⸗Botschaft, überreicht, Der Cc 3 206 Zweytes Buch, Dritte Abtheilung / Der es dem Nischanschi Bascha, dieser dem Capudan Bascha / der Capudan Bascha aber dem Groß⸗Vizir übergab, von welchem es letzlich dem Sultan selbst eingehäͤndigt worden; welche Ceremonie sonder Zeifel um ob-angefuͤhrter Ursach willen mag geschehen seyn, weil kein Fremder dem Sultan zu nahe kommen darf. Dieser legte den Brief, so in lateinischer Sprache verfasst, aber auch eine Türkische Auslegung von einem Kaiserlichen Dolmetsch beygefuͤgt war, damit kein Betrug durch einige falsche Interpretation gemacht werden kunte / neben sich zur Rechten auf den Thron. Hierauf nun hat der Groß⸗Vizir im Namen des Sultans ganz kurz geantwortet wie es nemlich des Groß⸗Herrns ernstliche Meinung seye, die neulich verfaßte Friedens⸗Articuln unverbruͤchlich zu halten, und Er nun nichts anders verlange, als daß solche unserer Seits gleichmaͤßig beobachtet werden moͤgten. Er redete solches in Türckischer Sprach / welches der Dolmetsch Maurus Cordatus in Jtaliänischer auslegte, weil er in der Lateinischen nicht so viel zu wegen bringen koͤnnen, ohnerachtet er acht ganzer Tag die Abschrift davon im Sack herum getragen. Als nun der Herr Groß⸗Botschafter diese Antwort von dem Dolmetsch erhalten, ist Er in eben dieser Ordnung, welche Er bey seinem Eintritt beobachtet, wiederum abgetretten, jedoch nicht Sultans Hochmutheher von den Capigis loß gelassen worden, bevor Er die Thüͤr des Zimmers erreichet hatte. Anbey hat ein jeder von unsern Leuten beobachtet, daß der Sultan, so lang die Anrede gedauret, die Augen beständig zur Erden geschlagen, und den Herrn Groß⸗Botschafter nicht öͤfter als ein einigmal, und dieses gleichsam nur von ungefehr, und in gröͤster Geschwindigkeit, angesehen; es mag nun seyn, daß seine Gewohnheit nicht ist, jemand recht anzuschauen: oder weil Er vermeint, es wurde seiner Barbarischen Majestät was darunter abgehen, wann Er des grösten Kaisers Botschafter etwas aufmerksamer betrachtete. Als Se. Excellentz bereits fort gewesen, hat man die dem ganzen Vormittag, und so lang das Gericht gedauert, in dem Vorhof ausgesetzte Geschenke hineingebracht. Nichts hat mir so wol oder vielmehr mißfallen, als die ungemeine Geld⸗Liebe, Kaiserliche Geschenke werden verkauft. welche diese Leute bey solcher Gelegenheit gezeigt, sintemaln wir noch nicht einmal von Pera wieder weg waren, hat man schon gedachte Geschenke geschätzt und öffentlich feil gebotten, wie dann der Franzö Des Hn. Botschafters Audienz bey dem Sultan. 207 Französische Gesandte unterschiedliches davon an sich gehandelt; also daß man nicht leicht ein geitzigers und auf Gold und Silber erpichters Volk unter der Sonnen antreffen wird: es steht ihnen Leib und Seel ums Geld feil, wann sie nur einen Käͤufer darzu antreffen. Jm Hinausgehen aus dem Serallien liesse sich der Dolmetsch gegen Der Tüͤrken Verwunderung über des Herrn Groß⸗Botschafters Herzhaftigkeit vor dem Sultan. dem Herrn Groß⸗Botschafter so laut, daß es die vor der Thüͤr stehende alle hören kunten, vernehmen, wie die anwesende vornehmen Tüͤrkischen Ministri sich zum höͤchsten verwundert, daß der Herr Groß⸗Botschafter wider ihre Gewohnheit, die bey dergleichen Affaire lauter knechtische Furcht zeigen, dem Sultan so keck und unerschrocken angeredet; worauf Se. Excellentz nur dieses zur Antwort gegeben: Wann man im Namen eines Römischen Kaisers redet / darf man wol kühn seyn.

Abzug der Groß⸗Botschaft. Als wir vor der ersten Pforten unsere Degen wieder uͤberkommen, haben wir vor dem grossen Burg⸗Thor so lang zu Pferd gewartet, bis der Groß⸗Vizir und üͤbrige vornehme Ministri vorbey und nacher Hauß geritten waren; und ist dieser Abzug so praͤchtig gewesen, als immermehr einer seyn köͤnnen. Vorher ritte ein Officier von den Janitscharn in einem roth Sammeten mit Zobel gefütterten Kleid, auf dessen Kopf ein Feder⸗Busch in Form eines halben Monds stutzte; diesem folgten paar⸗weiß etliche tausend Janitscharn mit ihren auf die Schultern gelegten Geld⸗Säcken, die sie ihren Haupt⸗Leuten nach Hauß brachten, ohne daß diese ihre lastbare Träger mit dem geringsten Argwohn einiger Unrichtigkeit häͤtten belegen sollen; wie sie dann ein viel groͤsseres Vertrauen zu ihren Leuten, als diese zu jenen haben, vielleicht, weil sie schon öfters von ihren Füͤhrern hintergangen worden, oder doch Ursach zu Der Janitscharen Vorstehere in ihren Oda. haben vermeinen, wol darauf zu sehen / daß sie von ihnen nicht moͤgten hintergangen werden. Mitten unter ihnen giengen die Soulack Baschi mit ihren Soulack / oder denenjenigen Janitscharn, die Pfeil und Bogen füͤhren; denen die Vorstehere ihrer Oda oder gemeinen Zimmer, und deren Diener folgeten, davon jene unter den Namen Oda Baschi (Haupleute), Wekilhargi (Schafner) / Bairactar Fähndriche), Astchi (Ober⸗Köche), Karakullukagi (Köche), Sacka (Wasser⸗Träger) bekannt und lauter Bedienungen ihrer Officiers oder Vorstehere sind, welche alle ihren Antheil an besagtem Geld Zweytes Buch / Dritte Abtheilung / 208 Geld haben; da hingegen die Regiments⸗Officier, als Obriste und dergleichen, ihre Besoldung anderswoher bekommen. Nechst an ihnen giengen die Büͤchsen Meister und Stuck⸗Giesser (Gebechi und Topchi) ebenfalls mit ihren Beuteln auf den Schultern, und hierauf die übrige Officiers der Janitscharen zu Pferd samt noch etlichen hundert Soulacken zu Fuß, deren weisse mit Gold gestickte Hauben mit auf vorige Weise gespitzten aber gegen das in Form eines Horns gekruͤmmten Federn prangten. Hierauf kam der Janitscharn Aga / oder oberster Vorsteher zwischen 10. Thorbagi oder Hauptleuten, auf diesen die neu⸗angehende Soldaten mit rothen aber keiner Leinwand umwundenen Häublein, so auch keine Beutel getragen. Diese fiengen bisweilen schnell an zu laufen, welches auch die vorausgegangene ältere zu thun pflegten; es kan nun seyn, daß sie damit ihre Freude über ihre erhaltene Bezahlung an Tag legen, oder eine alte Gewohnheit dardurch beobachten, oder auch, daß sie fein geschwind zur Auszahlung kommen wolten, oder was es sonst für eine mir unbekannte Ursach seyn mogte. Endlich sahe man die Chiausen / nach ihnen ihren Vorsteher den Chiaoux Baschi, die Capigi Baschi oder Kaiserliche Cämmerlinge mit ihrem Vorsteher den Lerchijajasi / den Kiaha oder Obrist⸗Hofmeister, die andern vornehme Bediente des Hofs, die zwey Richter, den Nischanschi Bascha / Capudan Bascha / und letzlich den Groß⸗Vizir selbst, alle auf prächtigen Pferden, und von vielen Füͤhrern und ihren in weiß gekleideten Hauß⸗Officiern umgeben; eines jeden Pferd wurde von zweyen gehalten / damit sie im Zelt, und nicht geschwinder als ihnen beliebte, fort giengen: die ganze Suite aber von des GroßVizirs Leuten geschlossen, welche ihren Feld⸗Herrn auf solche Weise nach Hauß, wir aber unsern Herrn Groß⸗Botschafter in voriger Ordnung und eben denselbigen Weeg wiederum ins Lager begleitet; worauf auch der Kaiser der Sich, wie schon gemeldet, dem Sommer uͤber in seinem Garten an dem Canal aufhäͤlt, Sich gleichfalls nach geendigten Divan wieder in seinen Pallast erhoben. Weil man auch die vorige Tage bemerket, daß bey dergleichen Gelegenheiten unsere Leute allerhand Früchte in ziemlicher Quantität aus der Stadt mit ins Lager gebracht haben, hat der Herr Groß⸗Botschafter, aus Beysorge, es dörfte das Pestilenzialische Gift zugleich mit da hin 209 Angenommene und abgestattete Visiten. hin transferirt und das ganze Lager angesteckt werden, einen scharfen Befehl ergehen lassen, sich von dergleichen hinfuͤhro zu enthalten.

Vierte Abtheilung.

DEn 9ten Augusti wurde ich mit dem Dolmetsch Goͤtz/ einem Nachricht an den Moscowitischen Gesandten von des Herrn Botschafters Ankunft. Chiausen / und etlichen Bedienten zum Moscowitischen Gesandten geschickt / des Herrn Groß⸗Botschafters Ankunft demselbigen zu vermelden, welcher an dem Canal des schwarzen Meers so Asien von Europa scheidet / dazumal wohnete. Wir hatten mehr als 4. Stunde dahin, und musten uns noch darzu üͤber den Canal setzen lassen, weswegen wir uns gleich Frühe zu Pferd nach Constantinopel begaben, die aber bis zu unserer Ruckkunft an dem Wasser stehend blieben, dann daselbst setzten wir uns zu Schiffe, und fuhren nacher Kurutschesmen / allwo sich der Herr Gesandte aufgehalten hatte, meinten auch nicht anders, als wir wuͤrden ihn allda antreffen, erfuhren aber bey unserer Ankunft, daß er wegen der Pest die Luft verwechselt, und nach Sariar Althi oder Mauromolan, nicht gar zwey Stund von dem Schwarzen Meer, sich begeben; nahmen derowegen zu Kurutschesme andere Schiffe / und verfuͤgten uns dahin, nach dem wir Jeinickoya auf der Seite von Europa vorbey gefahren, allwo der beruffene Ragotzi Ragotzi wo er sich aufhält. sich aufhält, den der Pöbel für einen Gesandten des Köͤnigreichs æstimirt, und ihn auch bey uns dafür ausgegeben. Jch beobachtete ihn im Vorbey⸗fahren am Fenster; und hatte sich in dessen Hauß die Pest auch bereits eingeschlichen, weshalben er seine meiste Familie über diese Meer⸗Enge, welche man heut zu Tag den Canal nennet, nacher Asien gefluͤchtet, woselbst wir auch an dem Ufer die Zelter füͤr sie aufgeschlagen gesehen. Ungefehr um 11. Uhr VorMittag kamen wir zu Sariar Althi an, und als wir daselbst aussteigen wolten, gieng ein Dolmetsch mit etlichen Janitscharen auf uns zu, die uns fragten, wer wir wären, woher wir kämen, und wohin wir gedachten? als er es vernommen, hat er uns bey dem Gesandten angemeldet, und gleich darauf uͤber die Stiegen zu ihm begleitet. Hier ließ sich der Herr Groß⸗Botschafter entschuldigen, daß Er von seiner Ankunft nicht eher Nachricht gegeben, weil Er erst vor Dd Zweytes Buch / Vierte Abtheilung / 210 vor drey Tagen von dessen noch wehrenden Hierseyn Versicherung erhalten; indessen wäre die gestrige Audienz darzwischen gekommen, womit auch der ganze Tag zugebracht worden. Worauf sich der Herr Gesandte folgender massen vernehmen liesse: Er sage dem Herrn Botschafter Dank für die ihme hierdurch erwiesene Höflichkeit, und erfreue sich, daß derselbige auch einmal an ihn denken wollen, gratulire sich anbey uͤber diese mehr gewuͤnschte als verhoffte Gelegenheit, welche ihm zu Sr. Excellenz naͤhern Bekantschaft verhelfen werde. Nach diesem fragte er mich unterschiedliches, und unter andern auch, wie lang der Herr Botschafter bey der Pforten bleiben, und wo er sich von dar hinbegeben wuͤrde, wovon ich ihm aber so wenig Nachricht geben kunte, als sehr er solches zu wissen verlangte. Als ich nun wiederum im Fortgehen war, sagte er: ich wuͤnsche / daß der Groß⸗Botschafter unser grosser Freund seye/ und auch lang verbleiben moͤge/ welches ich ihm in meinem Namen zu vermelden bitte; es werden aber diese Worte, wie ich gaͤnzlich dafuͤr halte / keiner weitläuftigen Auslegung vonnoͤthen haben.

Jn der Rück⸗Reise habe ich an dem Ufer des Canals / so wol auf der Seite von Europa als Asia, viele Stuͤcke gepflanzt gesehen / welche vielleicht mit denen Dardanellen einerley Absehen Janitscharn Kerker.haben. Um diejenige, so in Europa stunden, zeigten sich viele runde/ auch vier⸗ und acht⸗eckigte Thüͤrne, so mit einer Mauer umgeben oder vielmehr an einander gehenkt waren, in welchen die Janitscharn abgestrafft werden. Bis hieher hat uns der Wind favorisirt, und haben wir keiner Ruder noͤthig gehabt / anjetzo aber musten wir neben dem Ufer wegfahren, weil das Meer von einem Nord⸗Wind heftig bewegt wurde; man spuͤhrt aber daselbst, wo das Meer zwischen dem Hellespont mit dem Canal des schwarzen Meers zusammen trifft, auch bey stillem Wetter und heiterer Luft, gleichwol beständig Wind: doch sind wir endlich, nicht ohne Gefahr eines besorgenden Schiff⸗Bruchs durch Fleiß und Emsigkeit unserer Tophana die Vorstadt.Schiffleute zu Tophana ans Land gestiegen; welches Ort von dem Türkischen Wort Top / so in unserer Sprach ein Stuck heisset, den Namen füͤhret, weil daselbst ein Gieß⸗Haus ist, worinnen die Stuͤcke gegossen werden. Wir hatten diesen Tag noch wenig ge gessen, 211 Angenommene und abgestattete Visiten. gessen, angesehen wir solchen fast immer auf dem Wasser zugebracht, weswegen wir nach Galata gangen und uns daselbst bey einem Armenier ein Mittagmal zu bereiten lassen. Allhier erkundigNachricht von der Pest. ten wir uns wegen der Pest, bekamen aber zur Antwort, daß noch täglich viele Türken daran stürben / und keiner aufkomme, der einmal damit behaftet seye; es wäͤren den vorigen Tag in einem kleinen Bezirk siebenzig Personen gestorben; man hätte sich aber daruͤber so groß nicht zu verwundern, und kehrten sich die Tuͤrken wenig daran / wann nicht in einem Tag zu einer Pforte bey tausend Leichen hinaus getragen wuͤrden. Als wir hernach von dar nach Constantinopel uͤbersetzten / hat man uns, indem wir durch die Stadt geritten, in einer Gasse eilf Todte entgegen getragen, so alle an der Pest gestorben, und nun begraben werden solten; und nachdem wir auch nachgehends vor der Stadt auf den Kirchhöͤfen, deren es eine unbeschreibliche Menge gibt, viele Graͤber mit frischer Erde zugedeckt sahen, kunten wir uns leichtlich die Rechnung machen, daß diesen Tag sehr viele darunter muͤsten versenckt worden seyn. Gleich vor unserm Lager trafen wir den Grafen Sebastida mit dem Dolmetsch Herrn Theyls und einem Sprach⸗Knaben, dem jüngern Einige Gefangene werden begehrt. Momarts / samt zweyen Dienern an, welche zu dem Groß⸗Vizir abgeschickt waren, einige Spanische Gefangene zu begehren, die der Herr Botschafter entdeckt hatte, und in dem Baino oder demjenigen Ort bey dem Capudan Bascha aufbehalten wurden / wo die zu den Ruder⸗Bänken und anderer Schiffs⸗Arbeit verurtheilte Gefangene verwahret, und mit so grossen Ketten an einander geschlossen werden, daß sie wegen ihres Gewichts solche kaum nachschleppen köͤnnen: sie sind aber am Abend ganz unverrichter Sachen wieder zuruck gekommen, weil sie den Groß⸗Vizir nicht angetroffen, als welcher zu dem Sultan in das Serrallien an den Canal, ohne Zweifel Reichs⸗Geschäften halber, geruffen worden. Die nechstfolgenden fuͤnf Täͤge ist nichts wichtiges vorgefallen, auser daß die Englische und Holläͤndische Gesandten nebst dem neulich in Morea gefangenen Venetianischen Feld⸗Herrn, den sie Provedita nennen, den Herrn Botschafter besucht / und bey ihm zu Mittag gespeiset haben; so sind auch einige aus dem Adel, als der Graf von Thierheim und Bielinski zu dem Französischen Botschafter, sich zu recreiren, andere aber Curiosité halber nach Asien über gan Dd 2 212 Zweytes Buch / Vierte Abtheilung / gangen, worunter der Graf Thierheim zum andernmal und der Graf Sebastida waren, welche beide auch die erste gewesen, so von den Unsrigen Asien betretten; endlich sind welche, namentlich der Graf Bathyani und Freyherr von Zweiffel mit dem Dolmetsch Herrn Theyls Ehrenthalber zu dem Groß⸗Vizir geschickt worden, Jhme so wol wegen bald zurück gelegter Fasten, als erlangter Restitution von seiner Krankheit, welche in einem viertägigen Lager an der Darm⸗Gicht bestanden, zu gratuliren: wiewol Se Excellenz auch schon vorher etlichmal Jhren Leib⸗Arzt, Herrn Andreas Dorschäus, mit einem von dem Herrn von Dierling aufgesetzten Brief zu gesandt, damit er mit seinem geheimen Mitteln, welches er wider diese Krankheit zu haben vermeinte, seine Schmerzen lindern oder ihn vollig restituiren moͤgte. Es ist ihm auch seine Mühe wol bezahlt worden, sintemaln er gleich anfangs eine Hand voll Ducaten davon getragen. Von demselbigen haben wir auch vernommen, daß der Sultan selbst den Groß-Vizir unter einer grossen Begleitung öffentlich besucht und demjenigen einen kostbarn mit raren Zobeln gefütterten Belz geschenkt, der ihm zum ersten die Nachricht von seiner wieder erlangten Gesundheit ge Kostbare Visite der Türkischen Kaisere bey ihren GroßVizirn. bracht. Es haben aber die Türkische Kaisere von alten Zeiten her im Gebrauch, daß sie ihre Groß⸗Vizir nicht nur wann sie krank, sondern auch wann sie bey guter Gesundheit seyn, heimsuchen; invitiren sich auch selbst bey ihnen zum Mittag⸗ oder AbendEssen und bringen noch eine ganze Menge ungeladener Gäͤste an ihren Dienern und Edel⸗Knaben mit, welche alle absonderlich muͤssen beschenkt werden: und dieser Politique bedienen sie sich, ihre Beutel zu fegen oder zu verringern / wann sie ihnen wegen ihres Reichthums und Gewalt verdächtig vorkommen: sintemaln der Kaiser für solche Ehrbezeugung entweder einen kostbarn Stein / oder einen mit Perlen besetzten Rock, oder auch einen mit raren Diamanten gefaßten Säbel, wie nicht weniger eine grosse GeldSumma zu begehren pflegt. Es schicket auch derselbige wol gar, nach seinem Gefallen, um einen Schmuck füͤr die Hasaki Sultana oder gecrönte Kaiserin, wann eine nach der Geburt eines Prinzens so glüͤcklich ist, daß sie zu dieser kostbarn Ehre gelanget, als welche wegen der jährlich auf sie zu verwendeten Unkosten gar wenigen zu theil wird; oder für die Bask Hasaki oder Jnkingi Hasa/ 213 Angenommene und abgestattete Visiten. Hasaki / als für die erste, zweyte und dritte Concubin des Kaisers, dergleichen Schmuck aber sich oft auf hundert⸗ und mehr tausend Ducaten belauft; dessen sich dann der Groß⸗Vizir nicht allein nicht weigert, sondern die Summa freywillig noch hoͤher steigen laͤßt, um damit sein Vergnuͤgen uͤber dergleichen Zumuthen zu bezeugen / und wie er gerne alles, was in seinem Vermoͤgen stehe, zum Dienst Der Jud Joseph / des Kaisers LeibArzt. seines Kaisers anwende. Zu dieser Zeit fand sich auch der Jud Joseph, des Sultans Leib⸗Arzt bey uns ein, dergleichen Leute sich die Türkischen Kaisere in ihren Krankheiten gar sehr bedienen, ob schon die meinsten unter ihnen von der Medicin nicht viel vergessen, und kaum etwas mehr als unsere Apothecker und Wund⸗Aerzte verstehen; doch war dieses ein annehmlicher alter Mann, bey Hof und im ganzen Land sehr bekannt, und bey dem Sultan wegen seiner guten Wissenschaft, womit er vielen taͤglich gar gute Dienste thut, in nicht geringem Estim. Einsmals both der Kaiser ihm vier tausend Ducaten samt einem schoͤnen Land⸗Gut an, wann er seinen juͤdischen Aberglauben, wie Er ihn nennte, fahren lassen, hingegen die (noch schlimmere) Mahometanische Religion annehmen wolte. Du weist nicht, mein Joseph / ließ sich der Sultan einsmals gegen ihm vernehmen, was ich aus dir machen wolte, wann ich nach meinem Belieben hierinnen verfahren duͤrfte; es kommt aber gleichwol alles nur einig und allein auf dich an. Dieser Joseph brachte eine Art Arabischer Bohnen mit sich, die er Hunds⸗Hoden nannte, HundsHoden / eine Art Arabischer Bohnen. und denen er die Kraft zu schriebe, daß, wann man nur einer HaselNuß groß, oder eines Glieds lang nehme, dasselbige zu Pulver stosse; mit Honig und Wasser vermische, und davon trinke, man den ganzen Tag in der schwehrsten Arbeit ausdauern köͤnne, ohne etwas anders dabey zu geniessen: solche aber wenden die Tuͤrken zu was ganz anders an, und suchen sich damit Kräften zu verschaffen, damit sie sich bey ihren Weibern oder Beyschläferinnen in einer Nacht, so oft es ihnen beliebt, als Maͤnner erzeigen koͤnnen; wie sich auch die Sultanninen um einer dergleichen Ursach willen solcher bedienen: man kan sie aber nicht zu kaufen bekommen, und trifft sie selten anderswo als bey denen Vornehmen an, so sie auf eigenen Kosten aus Arabien bringen lassen; er verehrte bey seinem Abschied dem Herrn Hulin, Leib⸗Arzten, etliche zwanzig Stücke davon zur Curiosité. Dieser Tagen wurden Sr. Excellenz von dem Englischen Ge sand Dd 3 214 Zweytes Buch, Vierte Abtheilung / rc. sandten Herrn Stanian drey Sclaven zugeschickt, darunter sich ein Teutscher befunden, so 18. Jahr an der Ruder⸗Bank angeschlossen gewesen. Nebst diesem war auch eine Frau, von Luxemburg gebürtig, die im vorigen Krieg bey Zwornick gefangen, und unterdessen schon dreymal verkauft worden, so ein Kind von acht Monaten bey sich hatte; diese fand einen Geistlichen unter unsern LeuTürken Geilheit. ten, der ihr naher Bluts⸗Freund war. Sie kunte von der Türken Geilheit und viehischen Wesen nicht genug erzehlen / und wie sie ihre gröͤste Lust an der unnatuͤrlichen Vermischung beides mit Menschen und Vieh suchten, und in diesem Stuck ihrer Sclaven, Diener, ja so gar ihrer Brüder und Soͤhne nicht muͤssig giengen. Der dritte war ein Meyländer, und seinem Herrn heimlich davon gelaufen, weil er ihm oͤfters die Freyheit versprochen, und doch nicht ertheilet; es war aber sein Herr der Bostangi Bascha / Aufseher über die Kaiserliche Gebäue, oder oberster Gäͤrtner, der auch sonsten dem Sultan, wann er zu Land reiset, den Steig⸗Bügel häͤlt, zu Wasser aber das Steuer⸗Ruder fuͤhret, bey welchem dieser Sclav / wie er selbst bekannt, in gar erleidlicher Dienstbarkeit gestanden, an den er von dessen Bruder, der ein Bedienter in dem Serrallien war / zu einem Geschenk uͤberlassen, auch hierauf nach genommener Flucht durch Vorspruch des Herrn Groß-Botschafters in seiner Frey Türk wird wegen des WeinTrinken gestraft. heit bestättiget worden. Fast um eben diese Zeit hat sich einer von unsern Füͤhrern durch seine Unmaͤssigkeit ein grosses Ungluͤck uͤber den Hals gezogen; dann weil er auf frischer That betretten worden, daß er wider das Gesetz Wein getrunken / und dessen mehr, als er vertragen koͤnnen, zu sich genommen, wurden ihme erstlich 500. Streich auf die Fuß⸗Sohlen gegeben, hierauf Hände und Füͤsse gebunden, quer uͤber ein Pferd gelegt, und also auf beiden Seiten herab hangend in die Stadt gefüͤhrt, woselbst er wol noch vor Ende des Bairams sein Leben zu einem Schuld⸗Opfer wird dargeben müssen.

Des Hn. Botschafters Visite bey dem Französischen Gesandten. Den 15. Augusti ist der Herr Groß⸗Botschafter nach eingenommenen Mittagmal mit dreyen mit sechs Pferden bespannten Wagen nach dem Französischen Gesandten gefahren, so sich damals in dem Königlichen Pallast zu Pera aufhielte / um seine Gegen⸗Visite bey ihm abzulegen, und hat zu seiner Begleitung sechse aus dem ersten Adel, als den Marggrafen Besora / Grafen Nesselrode / Scherf 215 Beschreibung des Bairams rc. Scherftenberg / den beiden Colvrat und Freyherrn von Hoͤrde / drey aus dem zweyten, nemlich den Freyherrn von Locher/ Jmhof und Ostmann / dann auch 4. Hauß⸗Bediente, 6. Edel⸗Knaben zu Pferd, 8. Heyducken und 14. Laquayen mit genommen. Sie sind daselbst mit grosser Ehrbezeugung aufgenommen, und nach Stands⸗Bebühr tractirt worden. Es fehlte weder an Französischen, Welschen, und auf den Jnsuln gewachsenen, Champagner, Burgunder, Fränkischen und dergleichen Wein, noch auch an Rebhuͤnern, Fasanen, eingemachten Fruͤchten und allerhand andern Speisen, als woran vielmehr ein grosser Uberfluß sich gezeiget, und sind sie erst auf dem Abend wieder zuruck kommen, weil man eine gute Strecke um den Canal reiten muß, wann man zu Land nacher Pera will. Des andern Tags hat sich der Herr Hulin / des Herrn Botschaf Hn. Hulins Sorgfalt wegen der Pest. ters Leib⸗Arzt, von freyem Stucken von der uͤbrigen Suite abgesondert, und sein Zelt etliche hundert Schritt von dem Lager entfernet aufschlagen lassen, aber dabey gebetten, daß man ihm die Speisen und andere Nothwendigkeiten dahin verschaffen moͤgte; und darzu hat ihm der Dolmetsch Goͤtz veranlasset, dessen Krankheit wol noch nicht allerdings entdeckt war, aber gleichwol sehr verdächtig schiene.

Fünfte Abtheilung.

HEute begaben wir uns in die Stadt, damit wir die den anRamazan der Türken. dern Tag angestellte Solennität mit ansehen moͤgten. Der Herr Groß⸗Botschafter fuhre mit dem Marggrafen Besora / Grafen Bathyani und Nesselrode in einer Kutsche mit sechs Pferden; der Adel und einige andere, so Se. Excellenz mit zu gehen benennet, bedienten sich der von der Pforten uͤberschickten dreysig Pferden, die uͤbrigen aber mietheten, um ihren Vorwitz ein Genügen zu leisten, solche von den Spahis für Geld. Es ist aber dieses das groͤste Fest unter allen denen/ so die Tüͤrken zu feyren pflegen / und wird von ihnen Bairam / gleichwie die vorhergehende Monat⸗lange Fasten Ramazan / genennet, und kommt in vielen mit unserer Ostern uͤberein. Es ist beweglich, und kan in alle Zeiten des Jahrs einfallen; dann weil das Mond⸗Jahr, wor nach 216 Zweytes Buch/ Füͤnfte Abtheilung / nach die Türken ihre Zeit⸗Rechnung anstellen / um 10. Tag und 16. Stunden kürzer als unser Sonnen⸗Jahr ist, so folgt, daß ihr Bairam alle Jahr um so viel Tage fort ruckt, also daß solches Fest, das dieses Jahr auf den 17. August⸗Monats eingefallen ist / in den folgenden auf den 26ten besagten Monats gefeyret wird, das dritte darauf auf den 8ten Weinmonats/ und so fort, also daß nach 33. Jahren, wann aus diesen 10. Tagen und 16. Stunden ein ganzes Jahr heraus kommt, die vorige Ordnung wieder eintrifft. Driesch hat Recht, dass das islamische Mondjahr um 10 Tage kürzer ist als das Sonnenjahr; allerdings fiel der Bairam im Jahr 1720 auf den 7. August und nicht, wie hier angegeben, auf den 26. August. Die vorher gehende Fasten wird auf das strengste gehalten, so wol weil sie von Mahomet selbst im zweyten Jahr seiner Weissagung eingesetzt worden, als auch, weil sie dafür halten, daß zur selbigen Zeit das Paradieß offen stehe, die Höͤlle hingegen verschlossen seye. Einige meinen auch, daß sie sich in dieser Zeit ihrer Weiber enthalten, worinnen ich ihnen aber nicht beyfallen kan, weil ich von unserm Führer ein anders verstanden; wiewol sie mich eben nicht darzu Bairam. genommen, wann sie zu ihnen haben gehen wollen. Zu derjenigen Zeit, wann der Mond sein Licht ausbreitet, fangen sie den Monat an, und rechnen dieselbige Nacht zu dem folgenden Tag. Den neunten Monat eines solchen Mond⸗Jahrs, wann die Fasten einen ganzen Monat vorher gedauert / und der Mond am Himmel sich gezeigt hatte / nimmt dieses Fest seinen Anfang; bisweilen auch erst den zweyten Tag nach der Fasten, wann nemlich der Mond von den Wolken bedeckt ist; wann er noch laͤnger unsichtbar bleibt, rechnet man nach seinem ordentlichen Lauf, als ob er neu wäre / und wird das Fest des Bairams durch das an dem Canal und Ufer des Meers vor dem Hellespont an der Spitze des Serrallien gepflanzte grobe Geschütz kund gemacht; hierauf werden alle an den Thürnen zuvor gebrannte Ampeln ausgelöscht, und nicht wieder angezundet: Bey einer Trommel wird das Losungs⸗Lied angestimmet; die Trompeten oder vielmehr Pfeiffen werden durch alle Gassen der Stadt und sonderlich in der Vornehmen Häͤusern gehört, und ist man auf nichts als Ergötzung, Freude und Vergnügen bedacht, welches drey Tage hindurch dauert, so lang nemlich dieses Fest wehret, daß unterdessen die Tüͤrken lauter Gastmale, Spiele und Gesaͤnge an Türkische Weiber lassen sich zu dieser Zeit sehen.stellen. Die vornehmen Weiber, und andere, welche sich sonst kaum ohne ihre alte Begleiterin, so sie Kadune nennen, sehen lassen darfen, gehen nun jetzo frey zu ihren Eltern und Freundinnen, ohne 217 Beschreibung des Bairams rc. ohne daß sie nöthig haben, den Männern etwas davon zu sagen: ja so gar die Sultaninnen, deren jede ihren besondern Hof und in dem grossen Serrallien noch ihr besonderes Frauen⸗Zimmer hat, aus welchen sie sonst keinen Schritt gehen noch andere ohne speciale Erlaubnis zu sich beruffen darfen, gehen zu dieser Zeit zur Kaiserlichen Mutter, Validia / und Groß⸗Mutter, Kiosen / wann sie noch im Leben, oder geben einander selbst die Visite, ohne daß sie den Sultan darüͤber befragen: die Eltern theilen ihren Kindern, gleichwie wir an Nicolai, Christ Fest, Neu⸗Jahr, Martini und Allerheiligen, Geschenke aus. Da sahe man Mütter, welche Kinder auf ihren Armen, denenselbigen aber an einen Stecken Cronen vom geschlagenen Gold vortrugen, oder ihnen, wann sie schon stark genug waren, solchen selbst in die Häͤnde gaben: diese Stecken waren mit Gold und Blumen umwunden, von dessen Spitze ein geschlagenes und zu Faden gezogenes Gold herunter hienge. An dem vorhergehenden Abend, als den 16. Augusti / hatten sie alle Kram⸗Laden und Gassen illumiirt, doch nicht eher, als bis die Liechter an den Thürnen ausgelöscht worden, weil dieses der Fasten ein Ende machen muste; so war auch von Ambra und wolriechenden Dingen die ganze Stadt angefüͤllet, und die Gassen ja auch alle Winkel derselben auf das schoͤnste gereiniget. Dem Herrn Botschafter, so dieDes Hn. Botschafters Pernoctirung bey dem Mehemet Bascha / und Beschenkungen vom Hof aus. se Nacht bey dem Mehemet Capigi Baschi / unserm auf der Reiß gewesenen Führer, ohnweit des Kaiserlichen verschlossenen Pallasts sich aufhielte / sind unterschiedliche Früchte und Blumen vom Hof zugeschickt worden, so alle aus des Sultans Garten genommen, und noch fuͤnf mit Gold und Seiden gestickte Tuͤchlein beygelegt waren: Von Caffé, Tabac, Scherbeth, Ambra und anderer Rauchwerk stunde einem jeden so viel zu Diensten, als er nur verlangte. Hier fanden sich unterschiedliche Feld⸗Herrn und andere vornehme Männer ein / welche dem Herrn Botschafter die Zeit zu vertreiben suchten; darunter war auch einer, so Teutsch verstunde, und im vorigen Tüͤrken⸗Krieg von den Unsrigen gefangen worden, wordurch er vermeinte, daß er in unserm Kriegs⸗Wesen eine vollkommene Wissenschaft erhalten. Dieser erzehlte uns auch, daß wegen des langen Ausbleibens des Tributs aus Egypten bey nahe eine Aufruhr unter den Soldaten entstanden wäre, wo nicht die kluge Vorsichtigkeit der Officiers, welche dieses wol gemerket, noch in Ee Zweytes Buch/ Fünfte Abtheilung. 218 in Zeiten vorgebauet hätte. Er wolte behaupten, daß in der ein Anzahl der der Janitscharn. zigen Stadt Constantinopel bey 40000. Janitscharn sich aufhielten / in dem ganzen Reich aber bey 400000. könnten gezehlet werden: es begäbe sich der Sultan niemaln von hier weg, auch nicht einmal nur bis nach Adrianopel/ wann er nicht 150000. Mann zur Begleitung bey sich häͤtte; und koͤnnten alle diese Vöͤlker, wann Gefahr vor handen, in einer Zeit von 24. Stunden unter ihre Fahnen gebracht werden: ich glaube aber / daß solche Anzahl zwar in dem Läger zu finden, jedoch die wenigsten darunter Dienste zu thun Beschaffenheit der Türkischen Armee.capable sind. Dannzu geschweigen, daß viele tausend von den Kaufleuten, Künstlern, Hauß⸗Bedienten, Pagen und Dienern dem Sultan überall nachfolgen, und der Groß⸗Vizir nebst denen Stadthaltern der Provinzen ihre Beiglerbey und Bey/ und zwar alle insgesamt ohne Waffen, bey sich haben, auch die Troß⸗Buben und Stall⸗Knechte mit gezehlt werden: so ist kein Spahi, der nicht zwey oder drey Personen zu seiner und seines Pferds Bedienung bey sich hat, die zu nichts anders, als rauben / stehlen und fliehen können. Mit diesen und dergleichen Gespraͤchen haben sie sich die lange Weile der Nacht vertrieben, bis endlich der Herr Botschafter gegen Mitternacht von seiner Sofaus aufgestanden, und sich in ein anders Zimmer verfuͤgt, um daselbst auf seinem dahin gebrach Betten bey dem Mehemet.ten Bette auszuruhen; der erste Adel aber im Zimmer auf den Sofaus / wir andern aber über den Gang, so gleichsam ein Vor⸗Zimmer bedeuten solte, und auf der Stiegen / die Nacht⸗Ruhe eingenommen, wobey uns die Sättel zum Haupt⸗Kuͤssen und unsere Röcke zum Deck⸗Bett dienen musten, auf welchen wir auch ungewiegt eingeschlaffen, ob wir uns gleich nach dem Ungarischen und Polnischen Sprichwort kein Bett getrunken, weil die aberglaͤubischen Türken sich nicht nur des Weins, den sie Scarab nennen, selbst enthalten, sondern auch andern in ihren Häusern nicht zu trinken vergoͤnnen, wo sie solche nicht vorher schon genugsam gekannt und probirt haben; und also ist es auch mit aller ihrer Tugend beschaffen, als die nur in einer Gleißnerey und betruͤglichen Schein⸗Wesen bestehet, aber zu dem Herzen niemaln gelanget. Dann da wir nachgehends durch laͤngern Umgang mit einander bekannter worden, hat sich gezeugt, daß dieser Capigi Baschi nicht nur erlaubt, so viel Wein als wir wolten, in sein Haus zu bringen, sondern, wann er

Der Groß-Vezier
Vorstellung des Türkischen Bairams oder grossen Umgang
Beschreibung des Bairams. 219 er allein bey uns war, selbst die groͤsten Becher ausgeleert und sich dick voll gesoffen. Er war anbey ein so grosser Liebhaber von Brandwein, den sie Racky / wir aber Rossoli nennen, daß man ihm desselbigen nicht genug geben kunte; vier voll gefüͤllte Fläschlein / so doch mehr als die ordinaire Grösse hatten waren ihm nur ein Schluck, die er wie Wasser in sich hinein geschuͤttet.

Des andern Morgens, noch vor der Sonnen Aufgang, wurde Türkische Music zur Zeit des Bairams. eine Türkische Music angestimmet, um den zu dieser Zeit in den vornehmen Häusern eingefüͤhrten Gebrauch zu beobachten; selbige bestunde aus drey Schalmeyen und eben so viel Geigen, davon die dritte, welche nur eine Seite, und nicht fuͤnfe, wie die andern, hatte, des Mehemets Sohn gestrichen, woraus die Tüͤrken kein geringes Wesen machten, als die es bey solchem Alter füͤr eine Sache ohne Exempel hielten. Dieser hatte auch zugleich, doch nur bisweilen, darein gesungen; der andere aber, welcher seine Stimme beständig höͤren ließ, sahe der Kleidung nach / und weil er keinen Bund, wie die andern, auf hatte, einen Juden gleich. Nachdem nun diese Music zu Ende war / wurde uns, statt des Früͤh⸗Stucks, wiederum Caffé vorgesetzt, worauf der Herr Botschafter sich mit den Seinigen noch vor Tags bey vorgetragener Laterne nach demjenigen Hauß begeben, welches der Groß⸗Vizir für uns bestellet hatte, damit wir von daraus die ungemein propre Solennität dieses Fests mit ansehen solten. Hierzu haben Se. Excellenz, um alles desto eigentlicher zu bemerken, zwey beruͤhmte Mahler mit sich genommen, Herrn Johann Semler einen Schweitzer, und Herrn Joseph Ernst Schmid / einen Oesterreicher, welcher letztere sonderlich so wol in als ausser der Kaiserlichen Residenz sehr bekannt ist, und in grosser Hochachtung stehet; diese solten die Gegend, Ordnung, Unterschied der Trachten, und andere Ceremonien erstlich mit Reiß⸗Bley oder Rötel auf Papier zeichnen, und es nachgehends zu Hauß auf eine grosse Tafel mit guter Gelegenheit entwerfen und mit gehöͤrigen Farben auszieren. Es wird solche Tafel noch gegenwärtig in Wien in des Herrn Grafen von Virmonds Excellenz Wohnung zur ewigen Gedaͤchtnis aufbehalten, dergleichen vielleicht nie in ganz Teutschland und denen Abendläͤndischen Provinzen gesehen worden, und wegen ihrer Kunst Schoͤnheit und Rarität wol werth wäre, daß sie in eines grossen Füͤrsten Kunst⸗Kammer aufbehalten wüͤrde. Aus Ee 2 220 Zweytes Buch / Fünfte Abtheilung / Aus diesem vorgedachtem Hauß, wohin uns der Groß⸗Vizir füͤhren lassen, kunte man auf den grossen Renn⸗Platz sehen, den die Der Grichen Hippodromus. Grichen vor Zeiten Hippodromus genannt / und von deme die Moschee des Sultan Ahmeds / welcher sie erbauen lassen, nicht weit entfernet war, wohin auch dieser allgemeine Umgang angestellt, die Ruckkehr aber von dar nach Hof genommen wurde. Allhier musten wir wol noch anderthalb Stund warten, ehe diese Solennität ihren Anfang genommen, endlich aber kunten wir sie zweymal, nemlich in dem Hin⸗ und Herzug betrachten. Man muß nicht vermeinen, als wann dieser Umgang jederzeit zu einerley Moschee angestellt werde, sintemaln ein jeder Kaiser sich eine nach Belieben erwehlet, diese aber darum den Vorzug vor den andern erhalten, weil sie der jetzige Kaiser selbst erbauen und nach seinem Namen nennen lassenDriesch irrt hier höchstwahrscheinlich. Es scheint sich um die von Ahmed I. erbaute sogenannte Blaue Moschee zu handeln.; dann grosse Herrn sehen nicht ungerne, wann man gegen diejenige Gebaͤu, welche sie mit eigenen Kosten aufgerichtet, eine Hochachtung trägt, und glauben, daß auch ihr Ruhm einiger massen dardurch vermehrt werde. Es ist aber gleichwol keinem Kaiser oder Kaiserin erlaubt, eine Moschee zu erbauen, und sie mit seinem Namen zu belegen, wann Er nicht vorher so viel Provinzen zu dem Reich gebracht, oder sich an seinem Unterhalt so viel abgebrochen / daß daraus nach seinem Tod 100000. Ducaten Der Umgang selbst. können gezogen werden. Der Umgang selbst war folgender massen beschaffen: Die Janitscharn, deren Kleidung in der Kaiserl. Kammer aufbehalten, und bey solchem Gepraͤng nur unter die besten und versuchtesten Leute ausgetheilet wird stunden von der Thuͤr des verschlossenen Pallasts oder Serrallien an bis an die Moschee Ahmeds zu beiden Seiten in ihrer Ordnungs⸗Tracht, nemlich, in einem langen vorn aufgeschuͤrzten Talar, mit ihren uͤber den Rüͤcken herab hangenden Hauben. So bald es nur anfieng Tag zu werden, kam ein mir Unbekannter auf einem praͤchtigen Pferd mit einem sehr hohen Bund auf dem Haupt; diesem folgten die Vorstehere ihrer Geistlichkeit / und dann ihre Mollach und Cadis (die Richter gewisser Provinzen und Oerter)/ die Thorbati (der Janitscharn Hauptleute), die Mutevelli (Kirchen⸗Regenten), die Chiausi (Bothen), Capigi Baschi (Kaiserliche Cämmerlinge), und andere Officier und Hof⸗Bedienten, Chiohadar Aga des Mantels, Ebrictar Aga des Wassers, Tulbentar Aga des Bunds, Kem Husar Beschreibung des Bairams rc. 221 Husar Aga der Kleider, Chesnegir Baschi des Hofs, Dogan Baschi der Falken, Zagergi Baschi der Hunden / Turnackgi Baschi der Nägel, Beber Baschi des Barts, Muhasabegi Baschi der Speiß und des Trancks, Teoheregi Baschi der Geheimnuͤsse Verwahrer und Vorsteher, alle durch einander ohne Ordnung; so daß bald zween / drey, viere von einerley Rang und Bedienung, bald eben so viel oder auch weniger von einer andern bisweilen wol gar nur einer alleine kame; zum theil waren sie mit Caftans oder Ehren⸗Kleidern versehen, so sie vom Kaiser zum Geschenk erhalten; theils aber erschienen ohne dieselbige: viele hatten hohe Buͤnde auf dem Haupt, aber auch viele darunter nicht. Diese waren alle zu Pferd, und von ihren Dienern, deren einer mehr, der andere weniger hatte, zu Fuß begleitet. Vier oder fünf Quartier⸗Meister ritten zur Seiten / die bald dieses, bald jenes zu schaffen hatten; bald liessen sie anhalten, bald etwas geschwinder marchiren. Hierauf præsentirten sich die beiden hoͤchsten Richter von Asia und Europa / gleichfalls zu Pferd, der Janitscharn Aga, der von den Seinigen ganz umringt war, der Nischanschi Bascha (Kaiserliche Zugzieher,) Capudan Bascha (Obrist über das SeeWesen,) wie auch die damaln in der Stadt sich aufhaltende Beiglerbey und Bey, so sich durch ihre grosse Buͤnde distinguirten, daran nur dieser Unterschied war, daß die erstern hohe Vizir⸗Buͤnde, wie ich sie oben beschrieben, die andern aber sehr dicke und breite aufhatten, die schier wie ein Vaß aussahen. Denen folgten zu Fuß die Soulacks Baschi / Officiers der Janitscharn die Pfeil und Köͤcher führen, an der Zahl fünf und zwanzig, mit roth Sammeten Kleidern, und weissen in Gestalt des Monds formirten Federn auf dem Haupt. Mitten unter ihnen sahe man den Groß-Vizir auf einem Barbar sitzen, mit einem weiß⸗atlassen und mit Zobel gefütterten Kleid angethan, dessen Bund aber, wie aller andern Vizir, beschaffen gewesen; welcher denen mit halbgebogenen Leib sich vor ihm neigenden Janitscharn mit auf die Brust gelegter Hand dankte, und mit dem Kopf dabey bald auf diese bald auf jene Seite nickte; und dieses hat er im Gebrauch, so oft er zwischen den Janitscharn durchreitet, um dardurch seine Gewogenheit gegen sie zu bezeugen, und sich ihre Gemüther desto verbindlicher zu machen. Er begrüßte auch im Vorbey⸗Zug den Herrn Botschafter, doch zim Ee 3 Zweytes Buch / Fünfte Abtheilung / 222 mich verzwickt, damit es die Seinigen nicht merken solten, weil er sich durch solche Verträulichkeit gegen einem Fremden und Unglaubigen bey ihnen nicht verdächtig machen wolte. Nechst nach Jhm HandPferde des Sultans.wurden des Kaisers Hand⸗Pferde geführt, so mit denen schon vorausgegangenen drey und dreyssig an der Zahl ausmachten, und dieses geschahe nicht in einer gleich durchgehenden Ordnung, sondern es kamen bald deren 8. bald 10. bald wiederum 8. und so fort; und ritten zwischen solchen unterschiedliche Tchorbagi, Capigi Baschi und andere Officiers, und unter denselben auch zwey, so des Kaisers mit Steinen und Perlen gezierte Turbanen auf ihren Pferden trugen: endlich kamen auch eine grosse Menge dererjenigen zu Fuß, welche Soulacks genennt werden, und die Pfeil⸗Schüͤtzen unter den Janitscharen sind, so alle hohe weisse Federn auf ihren Hauben hatten. Unter denen vorgemeldten Hand⸗Pferden, hatten einige auf der Seiten einen silbernen Schild, alle aber einen Caddare, oder Saͤbel, angeheftet; andere waren mit den kostbarsten Leopard⸗ Tieger⸗ und Löwen⸗Häuten bedeckt, wiederum anderen hiengen an dem Hals eine silberne uͤberguldete Kugel und an diesen weiß⸗ rothgelb⸗ grün⸗ und blau⸗gefäͤrbte Jndianische Küͤh⸗Schweife, auf den Köpfen flogen / bey der geringsten Bewegung der Luft / die Reiger⸗ und Straussen⸗Federn durcheinander, und an denen von Gold gestickten Decken, Zaum, Steig⸗Bügel / Sattel und übrigen von Silber geschlagenen und mit kostbaren Steinen und Perlen besetzten Zeug hatten sie bey nahe so schwehr als an einem Reuter zu tragen. Hiernechst kamen die Trabanten oder Peicks/ so bey offentlichen Gepräng insgemein pflegen voran geschickt zu werden, deren Ricaut sechzig zehlet, wir aber hierbey nicht mehr als sechzehen beobachtet; diese hatten auf dem Kopf gelbe mit Federn besteckte Hauben, und in der Hand trugen sie gleichfäͤrbige und in Gestalt des Monds formirte Helleparten, welche erst angezogener Auctor für pures Gold häͤlt, ich aber glaube, daß es nichts anders als ein mit Gold überzogenes Eisen seye: auf der Seite hinge ihnen an einem Gürtel ein Messer, dessen Scheide mit kostbaren Steinen besetzt ware. Nechst vorher ritte derjenige, so des Kaisers mit rothen Tuch Des Kaisers Aufzug.überzogenes Fuß⸗Bänklein auf dem Pferd führte. Hierauf kam der Kaiser selbst, welcher sich ansehen liesse, als wann Er in Federn geschwum Beschreibung des Bairams rc. 223 geschwummen wäre, so viel Su⸗Baschi und Assas⸗Baschi (Hauptleute der Leib⸗ Wacht) giengen um Jhn, der Rechinbtar Aga aber, oder derjenige / so Jhm auf und von dem Pferd hilft neben Jhm her. Er ritte ein Aschen⸗farb⸗gesprengeltes Pferd, welches allen andern an Schöͤnheit und Aufbutz weit vorgieng: sein Kleid ware von Gold gewässerten Zeug, so von Smaragd, Carfunkel und andern kostbaren Steinen funkelte / und mitten zwischen denen auf den Bund gehefteten Reiger⸗Federn spielte ein dermassen reicher Diamant, daß man solchen vor üͤbermaͤßigen Glanz kaum anschauen kunte. Auf dessen Bund sahe man auch drey silberne wie Strahlen oder Federn gestaltete und mit Steinen völlig besetzte Platten, davon zwey in die Höhe hinauf giengen, die dritte aber mit der Spitze sich gegen die Erde neigte: womit gleichsam in einem Sinnbild, und zwar durch die ersten zwey, das schon unter das Joch gebrachte Constantinopolitanische und Babylonische, durch das dritte aber das noch nie uͤberwundene Occidentalische Reich vorgestellet wurde. Sie vermeinen jedoch dis letztere alsdann aufzurichten, wann uns GOtt wegen unserer Suͤnde so hart heimsuchen wird, daß wir Wien verlassen und aus Teutschland werden weichen muͤssen. Wir haben demnach GOTT herzlich zu bitten, daß Er uns nicht in so verkehrten Sinn dahin geben wolle, daß uns dergleichen durch unser Verschulden moͤgte zu Handen kommen: vielmehr sollen alle Christ⸗glaubige, besonders aber alle Christliche Fürsten, daran seyn, daß der allgemeine Christen⸗Feind über das Meer, von dannen er hergekommen, verjagt und Constantinopel nebst dem Babylonischen Reich der Kirche wiederum einverleibt werde. Jedoch laßt uns dasjenige auf die Seite setzen, was wir einig und allein der Goͤttlichen Vorsehung heim zustellen und anzubefehlen haben, dafür aber anjetzo den Ausgang des Umgangs betrachten.

Gleich hinter dem Sultan ritte dessen Prinz, der an Ge Kaiserlicher Prinz. stalt, Kleidung, Pracht und Herrlichkeit dem Vatter vollkommen gleich, aber an Höflichkeit und holdseeligen Geberden Jhme weit überlegen war. Bey Betrachtung dessen war wol keiner unter uns, so nicht inbruͤnstig um dergleichen Prinzen für Jhro Majestät dem Römischen Kaiser zu GOtt seufzete, und daß wir sol chen, 224 Zweytes Buch / Fünfte Abtheilung / chen, ehe wir noch nach Wien wieder zuruck kaͤmen, antreffen möͤgten. Doch getrost, der alte GOtt lebet noch, der kan noch wol verschaffen, daß unsere Wünsche nicht vergeblich seyn. Nun folgte der Selictar Aga / der erste aus dem Kaiserlichen Knaben, so des Kaisers ungemeinen kostbaren Säbel nachtrug, zu Geld wird ausgeworfen.dessen Linken der Haznadar Baschi oder Zahlmeister des Serrallien gieng, und mit Geld auswerfen unter die Arme und Umstehende beschäftiget war. Dieses bestunde in lauter Para, deren 120. damals auf einen Ducaten, und 30. auf einen Gulden giengen, weil diese Münze wegen unserer Gegenwart auf drey Para erhöͤhet worden. Es bezeigte sich der Zahl⸗Meister sehr emsig, als er den Herrn Groß⸗Botschafter am Fenster vermerkte, so das viele Para auf die Dächer gesprungen, welche einige von uns um ein mehrers als sie werth waren, von den Tuͤrken eingewechselt, und noch bis diese Stunde aus Curiosité aufheben. Auf dem Selictar Aga kame der Kuzlir Agasi der schwarzen, und der Capa Agasi der weisVerschnittenen, samt der Edel⸗Knaben Obrist⸗Vorsteher, deren jeder seine Leute, nemlich die schwarz⸗ und weiß⸗Verschnittene und Jchoglans oder Edel⸗Knaben bey sich hatte. Den ganzen Aufzug schlossen die Wekilhargi (Ausspendere), Bostangi (Gärtner), Baltagi (Holz⸗Hacker), Agiam Oglani (die angehende Janitscharn), und Karakullukagi (Köche) / davon einige weisse, andere rothe Hauben auf hatten; denen sich in der Ruck⸗kehr von der Moschee nach Hof die Astchi (Ober⸗Köche der Janitscharn) und Sakä (Wasser⸗Träger), deren mehr als hundert gewesen, zugesellt haben, und zu vier und sechs in einer Linie mit in einander geflochtenen Händen gegangen sind: ihre Hauben waren eben wie der Janitscharen ihre beschaffen, ausser daß diese herab hangen, jene aber oben zusammen gebunden seyn; hatten lange Kästen farbe Mäͤntel um, an welchen zu beiden Seiten statt der Umschläge Handbreites Leder angeheftet und voͤllig mit guͤldener Tuͤrkischer Schrift bezeichnet war. Die Astchi wurden an ihren an der Seite hangenden schönen Messern erkannt: die andern aber an ihren ledernen zum Wasser fassen bequemen Säcken, welche sie statt des Fürtuchs um den Leib gebunden haben. Alle Strassen, die man bey diesem Umgang durchzogen, waren entweder mit Teppichen belegt, oder mit frischen 225 Beschreibung des Bairams. frischen Sond bestranet, damit man mit desto sicherern Schritten über die grossen Kißel Steine, mit welchen die Gassen zu Constantinopel gepflastert sind / fort marchiren kunte. Als nun der Sultan herbey kam, neigten sich die zu beiden Seiten ohne Wehr und Janitscharn EhrBezeugung gegen dem Sultan. Stecken stehende Janitscharn bis auf die Erden, worbey sie zugleich ihre rechte Hand auf die Erden und Stirne gedruckt und alsdann geküßt hatten. Jn dieser Ordnung haben sie sich zu der Moschee Sultan Ahmeds begeben; wobey aus allen in der Stadt anwesenden vornehmen Personen keiner als der Moufti gemangelt hat, als welcher wegen des Præcedenz-Streits mit dem Groß⸗Vizir/ deme er doch endlich weichen muß, sich nicht leicht bey einer oͤffentlichen Procession finden laͤßt, es seye dann, daß die allgemeine Noth seine Gegenwarth erfordere: er pflegt aber nichts destoweniger an eben diesem Tage und zu gleicher Zeit in eine andere Kirche mit den Seinigen zu gehen, und seinen GOttes⸗Dienst daselbst abzuwarten. Nach dem nun alle in besagter Moschee versammlet waren, fienge Amt eines Jmam. ein Jmam, oder wie ihn andere nennen, Talisman / ein Priester des Sultans, das Gebet an. Es bestehet aber dieser Leute Verrichrung darinnen, daß sie das Volk zu gewissen Stunden des Tages von den Kirch⸗Thüͤrnen zum Beten beruffen, und dieses durch oͤftere Wiederholung folgender Worte, so sie ganz klar und deutlich ausschreihen: Allah Eckber / Allah Eckber / Escheduen la Jlahe/ Jlalah we eschedu enne Muhammel ewesul cuah Fleie ala selah heie. Ala Felah / Allah Eckber / Allah Eckber la illahe illah; Welches auf Teutsch so viel heisset: GOtt ist groß/ GOtt ist groß/ neben GOtt erkenne ich keine andere Gottheit/ und gestehe / daß Mahomet ein Weissager GOttes und Prophet seye. Wann nun das Volk in der Kirche beysammen ist / so müssen sie demselbigen vorbeten, alle Freytag aber gewisse Sprüche aus dem Alcoran öffentlich vorlesen. Findet sich einer, der so viel Geschicklichkeit und Courage hat, daß er öffentlich auftretten und eine Predigt halten kan, wird er für einen Ausbund und Quint-Essenz aller andern gehalten. Jm übrigen aber erkennen die Tüͤrken selbsten nichts Geistliches an ihnen, also daß sie auch nicht einmal durch die Tracht von an Ff 226 Zweytes Buch / Fünfte Abtheilung / andern unterschieden sind, ausser daß sie einen etwas breitern Bund, wie ihre Rechts⸗Gelehrte und Gesetz Verstäͤndige, tragen, welcher aber doch nicht, wie dieser ihrer umwunden ist; wann sie demnach ihr Amt versehen und wiederum abgelegt haben, sind sie so gut als ein anderer ehrlicher Leyh oder Bürger. Es braucht aber auch wegen ihrer Ordination ihrer Geistlichen.Vocation und Ordination keiner grossen Umstäͤnde, sondern wann eine Stelle leer ist, kommen die Pfarr⸗Kinder zu dem Groß⸗Vizir, stellen Jhm denjenigen, den sie haben wollen, vor / legen ihm ein gutes Zeugnuß seines gefüͤhrten Lebens bey; an statt des Examens aber lieset er etliche Sprüͤche aus dem Alcoran / so er oft nur auswendig kan; worauf ihm der Groß⸗Vizir solches Amt ohne daß Türken verkaufen ihre Pfarrn nicht. der Candidat Jhm etwas dafüͤr bezahlen darf, durch Uberreichung oder Anschaffung eines Decrets, so sie Tescher nennen, uͤbergibt, wormit er in die erledigte Stelle eingesetzt ist. Von dieser Zeit an ist er ein nach allen Quælitaten installirter Jmam/ und hat zu solchem Amt Recht und Fug, bis er entweder selbst wieder abdankt, oder wieder seinen Willen abgesetzet wird.

Nach einer kleinen Verweilung / da man hätte gedenken sol Kurze Verweilung des Sultans in der Kirche. len, es wäre der Sultan kaum in die Kirche eingetretten, kam er schon wieder zuruck. Aber dieses ist der meinsten Fuͤrsten und Herren lang behauptete Gewohnheit, daß sie mehr zum Schein, dem Volk einen blauen Dunst vor die Augen zu machen, als aus Andacht in die Kirche kommen. Die mehresten stellen sich aͤusserlich tugendhaft, und messen ihre GOttesfurcht nach der Beobachtung ihrer eingeführten Gebräͤuche ab. Doch sey ferne, daß ich dieses von allen wolte gesagt haben, gleich als wann niemand unter ihnen zu finden wäre / der GOtt mit aufrichtigen Herzen verehrete. Man trift gleichwol noch ihrer viele an, bey welchen GOTT und das wahre Christenthum in grosser Hochachtung stehet: und daß ich anjetzo anderer noch lebenden Koͤnige und Füͤrsten nicht gedenke, so ist ja aus denen Schrifften bekannt genug, was von dem Allerdurch Gottesfurcht des Ertz⸗Herzoglichen Hauses Oesterreich. lauchtigsten Erz⸗Herzoglichen Hauß Oesterreich schon so viele Scribenten vor mir aufgezeichnet haben. So viel derselbigen dieses Erz⸗Herzoglichen Haußes auch nur zufälliger Weise gedenken, bejahen einhellig, daß Solches durch die Gottesfurcht, abson Beschreibung des Bairams. 227 absonderlich aber durch den Eifer und Andacht gegen das allerheiligste Sacrament des Altars, so hoch gestiegen; ich aber sage, daß es eben durch Dieselbige annoch erhalten werde. Habt ihr Wiener hiervon nicht taͤglich ganz oͤffentliche und ungemeine Exempel? habe ich doch selbsten nicht nur einmal gesehen, bin auch nicht wenig da Des Kaisers und der Kaiserl. Frau Mutter Hochachtung gegen das H.Sacrament des Altars. durch erbauet worden / daß unser frommer Kaiser / wann Er auf der Jagd unterwegs war, oder die Kaiserliche Jhres heilig geführten Lebens⸗Wandel allenthalben bekannte Frau Mutter ausser der Stadt nach einem Closter oder Kirche zur Andacht, oder sonst frische Luft zu schoͤpfen aus⸗fahren wolte, auf dem Weeg aber ungefehr einen Priester angetroffen, so die lezte Zehrung einen Kranken zu bringen im Begrif gewesen, unerachtet alles Regen⸗Wetters aus dem Wagen gestiegen, dem Priester mit Jhrer ganzen Suite durch die unsaubersten Strassen nachgefolget, und ihn nicht eher verlassen haben, als biß Sie den unter den Gestalten des Brods verdeckten grossen GOtt entweder zum Kranken, der oft an einem Eck der Stadt in einem schlechten Bauren⸗Hüͤttlein wohnte / oder wieder zuruck nach der Kirche begleitet hatten; woraus Sie alsdann erst Jhren vorgesetzten Weeg weiter genommen. Jedoch ich will hier keinen Panegyricum sondern eine Historie schreiben; weswegen ich jenes andern uͤberlasse, und wieder zu meinem Vorhaben kehre. Nachdem nun der Sultan aus der Kirche wieder zuruck gekommen, sind die nicht nur an dem Ufer des Meers um das Serallien gepflanzte, sondern auch die auf den Schiffen befindliche Stüͤcke zum zweytenmal und hernach den Tag uͤber öͤfters loß gebrannt worden. Die drey folgende Täͤge versammlen sich die Tuͤrken haufen weiß, und machen sich bey ihren Trommeln und Pfeiffen lustig. Ich habe auch gesehen / daß einige eine lange Stange herum getragen und dabey gesungen, ein anderer aber mit einer Trommel vorhergegangen ist; an diese Stange nun haben die Türckische Weiber aus ihren Fenstern allerhand gefärbte Tüchlein gebunden, deren bisweilen mehr als zehen an einer Stange zu sehen waren, welcher so dann eine grosse Menge Jungen mit lautem Geschrey nachliefen, gleich als bey uns zu geschehen pflegt, wann die drey Weisen aus Morgenland mit ihrem Papiernen Stern bey der Nacht herum wandern: alle Kram⸗Läden stunden offen, vor den Kirch⸗Thüren wurden auch welche Ff 2 Zweytes Buch / Fünfte Abtheilung / 228 welche aufgeschlagen, und waren der Kaͤufer und Verkaufer allent Ein Sclav wird von den Türken wieder weggenommen.halben genug vorhanden. Jn dieser Zeit, da wir uns in der Stadt aufhielten, ist ein Sclav, welcher aus einem Christen ein Türk worden, oder wenigstens aus Furcht und durch die grosse Marter sich also gestellt hat, als wann er ihres Glaubens wäre, von den Tuͤrken wieder aufgefangen und mit Gewalt fortgeschleppet worden, weil er sich gar zu viel getrauet, und allzuweit von des Herrn Groß⸗Botschafters Hauß weggemacht hat. Der Dolmetsch, Herr Goͤtz/ von Der Dolmetsch Götz stirbt an der Pest.welchem ich schon gemeldet, daß er mit der Pest inficirt gewesen, ist den 17. Augusti daran gestorben, und der erste gewesen, den wir aus unserer so grossen Anzahl in der Tüͤrkey verlohren, nachdem wir zwar vorher schon auf der Reise einen Knaben zu Peterwardein gelassen, deme man das Leben schon in Wien abgesprochen. Besagter Dolmetsch ist den 18ten durch Roͤmisch⸗Catholische Priester auf der Armenier Kirchhof zu Erden bestattet worden, welchen aber wegen der gefährlichen Krankheit wenige von den Unsrigen dahin begleitet Zeitungen von den Gränzen. haben. Dazumal ist auch ein Janitschar, so mit Briefen an die Gränzen geschickt worden, mit der Zeitung wieder zuruck kommen, daß selbige unserer Seits mit Soldaten besetzt seye und niemand hinüber gelassen werde, der nicht vorher die vierzig⸗taͤgige Garantaine zu Parakin gehalten habe, zu welchem Ende man viele Wohnungen unter der Erden verfertigte / die auch zum Theil schon im Stande wären; alle Brieffe, so von verdächtigen Orten herkamen, wuͤrden durch Eßig gezogen und geräuchert: wie dann auch deswegen ein scharfer Befehl von dem Hof⸗Krieges⸗Rath an den Gränz⸗Commendanten Grafen Oduyer ergangen wäre. Dieser Bothe brachte nicht mehr als einen einigen Brief an den Herrn Groß⸗Botschafter / so von einem Officier auf der Gränz geschrieben war, und erst Besagtes confirmirte. Heute wurde das Schiessen aus dem groben Geschütz zum letztenmal gehöret. ) ∘ (

Sechste
Verschiedene Begebenheiten bey der Botschaft. 229 Sechste Abtheilung.

DEn 19. dito giengen Se. Excellentz in Begleitung der GraDes Herrn Botschafters Visite an den Engeländisch⸗ und Holländischen Gesandten. fen Bathyani / Emanuel Kollovrath und Althan / und der Freyherren von Zweiffel / Hörde / und Locher nacher Belgrad / einen von Constantinopel 5. Stunden weit entlegenen Ort, bey dem Englischen Gesandten die Gegen⸗Visite abzulegen; wohin Sie noch zu Jhrer Bedienung Jhren Stallmeister Herrn Brinckmann / zwey Edel⸗Knaben, zwey Heyducken und vier Diener in der Livrée mit sich genommen. Den Tag darauf verfüͤgten Sie sich im gleichen Absehen nach dem Holländischen Gesandten / welcher sich auch daselbst aufhielte; und den dritten Tag begaben Sie sich hier wiederum weg, und nach der Stadt zu dem Moufti, wohin Sie von dem Herrn Abt Grafen von Schrattenbach und dem Marggrafen Besora / so erst von Haznadar⸗ Schiftlick aus dem Lager ankommen waren, in Jhren Wagen begleitet wurden; die uͤbrigen aber, so auf der Reise nach Belgrad bey dem Herrn Botschafter gewesen, sind Jhm theils zu Pferd Des Moufti Tochter zeiget sich dem Herrn Botschafter.gefolget, theils aber wieder nach Hauß gekehrt. Es hat der Moufti / dem Herrn Groß⸗Botschafter zu sonderbahren Ehren, seine jüngere Tochter herbey kommen lassen, und Jhme solche gezeigt, welches bey den Türken was ganz unerhörtes ist: sie verdiente aber auch wol, daß man sie betrachtete, indem es ein uͤber die massen schöͤnes Kind war, und damit man sie desto unverhinderter sehen koͤnnte, mußte sie den gewoͤhnlichen Schleyer voͤllig ablegen, und das Gesicht blos geben. Um selbige Zeit hat des Holländischen Gesandten Gemahlin mit Vergünstigung des Herrn Groß⸗Botschafters Herr Dorschäus wird zu des Holländischen Gesandten Gemahlin beruffen. dessen Leib⸗Arzt den Herrn Dorschaͤus zu sich kommen lassen, Jhr mit seiner geheimen Arzney für das Fieber von diesem beschwehrlichen Gast loß zuhelfen. Unterdessen giengen die Grafen Nesselrode / Thürheim / Künigl / und Bielinski / in Abwesenheit der übrigen Gesellschaft nach St. Stephan zu dem Französischen Botschafter auf die Jagd, woselbst er ein von uns nicht weit entlegenes Lust⸗Hauß hatte. Den 20ten auf den Nachmittag kam der Herr von Dier Herr von Dierling kommt von seiner Commission wieder zuruck. ling / F f 3 230 Zweytes Buch / Sechste Abtheilung. ling/ Secretair bey der Groß⸗Botschaft, aus der Stadt zurück, wohin er Verrichtungen wegen mit dem Sprach⸗Knaben Petrowitz geschickt worden. An diesem Tag war ein heftiges Wetter mit Blitz und Donner auf dem Meer entstanden, welches sich gegen unser Lager ziehen wolte, so aber ein Nord⸗Wind wieder zertheilet hatte. Den 21ten um zwey Uhr Nachmittag kamen Se. Excellentz von dem Moufti / die Herrn Grafen aber von dem Patriarch zu Constantinopel kommt ins Lager. Französischen Gesandten erst auf dem Abend wieder zuruck. Den 22. dito fande sich bey dem Herrn Botschafter der Erz⸗Bischof von Ancyra ein / mit Namen Raymundus, welcher auch zu Con stantinopel in der Lateinischen und auch in der mit uns vereinigten Grichischen Kirche die Stelle eines Patriarchen versiehet. Es war ehedessen ein Dominicaner⸗Mönch, dessen Ordens⸗Kleid er auch noch beständig träget; Jhm bekleideten noch zwey andere Priester, und zwey geistliche Knaben, die zu seiner Aufwartung bestellt waren. Er hat etwas weniges von dem Pabst zu Rom zu heben, womit er aber schlechte Sprünge thun würde / wann nicht die Freygebigkeit der Herr von Dierlings Besichtigung der angetragenen Wohnung.Gesandten und Kaufleute das beste darbey thäte. Kaum war der Herrn von Dierling wieder gekommen / als er gleich mit dem Hof⸗Marschalk, einem Dolmetsch und Priester, mit Namen Lovina, nochmaln abgefertiget worden, die von dem Groß-Vizir dem Herr Botschafter offerirte Wohnung an dem Canal in Augen Nachricht von der Victorie in Sicilien. schein zu nehmen. Eben an diesem Tag erhielten wir auch die höchst erfreuliche Nachricht aus Teutschland, daß den 2ten vorigen Monats der Feind in Sicilien auf das Haupt geschlagen, Palermo erobert, und grosse Hofnung sey, daß die Stadt Messina und die ganze Jnsul mit dem Vorgebürg auch bald fallen werde, weilen der Feind nunmehro das Feld räumen und sich in die Schloͤsser, als sei Verdopplung der Wacht. ne letzte Retirade, verkriechen müssen. Die uns zur Wacht zu geordnete Janitscharn wurden mehrerer Sicherheit halben verdoppelt, damit wir in unserm Lager vor einiger Feyrung des Geburts-fests des Herrn Botschafters.Gewaltthätigkeit des Pövels desto besser versichert wären. Von dem 23. bis 27. dito ist nichts besonders vor gefallen, ausser daß am Bartholomäi Tag des Herrn Groß⸗Botschafters Geburts⸗Fest mit grossen Pracht und Freuden gefeyret worden; welche Festivität zu vermehren der Französische Gesandte in das Lager gekommen, und zu Mittag bey Sr. Excellenz zur Tafel geblieben; wobey un ter Verschiedene Begebenheiten der Botschaft. 231 ter Paucken⸗ und Trompeten⸗Schall die Gesundheiten lustig herum getrunken worden. Auf den Nachmittag kehrte der Herr Gesandte wieder zuruck, deme einige aus dem Adel begleitet, andere aber fanden sich den andern Tag bey Jhm ein, weil er sie auf eine Jagd und das Fest des König Ludwigs zu begehen eingeladen hatte. Der Venetianische Gesandte, Graf Rußini / welcher wegen widrigen Ankunft des Venetianischen Gesandten in den Hafen. Winds lange bey den Dardanellen halten muste, kam heute mit vollen Segeln in den Hafen gelauffen, und ließ vor des Sultans Serrallien, nach See⸗Manier, viel Stuͤcke loͤsen, die in dem Hafen liegende Schiffe zu begrüͤssen, worauf ihn auch seine Landsleute auf eben diese Art gedanket, welches alles wir bey der Zuruck⸗Kunft Herrn Dierling und Theyls vernommen, zuvor aber das Prasseln des Geschützes selbst gehöret haben. Ein zu Sophia erlöseter Ein Sclav entwendet eine mit geheiligten Hostien angefüllte silberne Büͤchse. Sclav gieng zu seinem vermuthlich groͤstem Verderben wiederum zu den Türken über, und trug diebischer Weise eine silberne Buͤchse, worinnen der Allerheiligste Leib unsers Heylandes und Seeligmachers Christi in unterschiedlichen Hostien aufbehalten war, mit davon, von welchem gottlosen Kirchen⸗Dieb und Erz⸗Böͤßwicht man nachgehends nicht das geringste mehr erfahren können. Es starb auch zu dieser Zeit ein von St. Florian gebürtiger OesterreiEin alter 70. jähriger Mann stirbt. cher, Namens Johann Schel / der schon über siebenzig Jahr alt, und aus bloser Begierde, Constantinopel zu sehen, mit hieher gereißt, nachdem er uͤber dreysig Jahr mit seiner Frauen in vergnuͤgter Ehe, ohne einigen Zank und Streit gelebt, auch kurz vor seinem Ende dieses sein Eh⸗Weib, welches auf eben diesem Bett mit ihm krank gelegen, um Verzeihung gebetten, wofern er sie etwan unwissend in solcher Zeit solte beleidiget oder etwas wider die eheliche Liebe vorgenommen haben. Nunmehro riessen auch allerhand KrankheiKrankheiten regieren in unserm Laͤger. ten und giftige Fieber in unserm Lager ein; so in diesem Land nicht seltsam aber unsern Medicis anfangs nicht recht bekannt gewesen, wie wir dann in einer kurzen Zeit über dreysig Kranke zehlten. Hierbey aber hat sich Herr Johann Daniel Lambert Hulin / des Herrn Botschafers Leib⸗Arzt, nicht geringe Mühe gegeben, und solche zu præcaviren und abzuwenden recht sehr angelegen seyn lassen; sintemaln er nicht allein Tag und Nacht in dem Lager herum gegangen, denen Kranken mit eigenen Häͤnden die Speise selbst bereitet und zugebracht / sondern auch ihnen die Betten und Streue gemacht, ja 232 Zweytes Buch / Sechste Abtheilung / ja so gar seine Kleider unter sie ausgetheilet, womit er sich gewiß un die ganze Botschaft recht sehr verdient gemacht, und das groͤste Lob und Dank erworben hat.

Briefe aus Teutschland werden ausgetheilt. Den 27ten hat man die des vorigen Tags angekommene Brief fe ausgetheilet, welches, daß es nicht eher geschehen / die Ursach gewesen, weil sie erst in der Nacht angekommen, und von dem Seraskier / Commendanten der Türkischen Gränz, an den Mehemet Capigi Baschi / der damals nicht zu gegen, addressiret waren. Aus solchen Brieffen ersahen wir die Particularia des in Sicilien mit den Spaniern vorgelaufenen Treffens, und erfuhren zugleich den Tod des Grafen Gallas / Vice-Re in Neapolis. Dazu Der Venetianische Gesandte läßt seine Ankunft vermeldten. mal ließ auch der Venetianische Gesandte durch den Secretaire seiner Gesandtschaft und einigen Edelleuten dem Herrn Groß⸗Botschafter seine Ankunft zu Pera bedeuten. Den 28ten schickte der Französische Gesandte dem Unsrigen die Jhm durch ein Schiff von Smyrna überbrachte Zeitung aus Sicilien / deme Se Excellenz dafür die von Wien hiervon erhaltene und weit ausfüͤhrlichere Nach Krankheiten.richt wieder zuruck gesendet hatte. Als der Sprach⸗Knab Penkler aus den gestern angekommenen Brieffen den Tod seines Vaters vernommen/ hat er sich dermassen daruͤber entsetzt, daß er in eine Ohnmacht zu Erden gesunken, und man ihm deswegen eine Ader öͤfnen müssen, von welcher er kaum durch des Herrn Leibs⸗Arzts grosse Sorgfalt befreyet worden. An eben diesen Tag hat man Herrn Wilhelm Grafen von Thierheim aus dem ersten Adel, aus dem zweyten aber Herrn Heinrich Ferdinand von Schopen / wegen immer zu nehmender Krankheit mit allem heiligen Sacramenten versehen, und zu einem seligen Ende bereitet; es sind aber gleichwol durch GOttes Hülfe und kluge Vorsorge und Geschicklichkeit unserer Aerzte diese zween junge Herrn uns und dem Publico zum besten noch erhalten worden, welche auch / wofern sie ins künftige die grosse von ihnen geschoͤpfte Hofnung erfüͤllen werden, woran wegen ihrer sehr guten Gemüths⸗Beschaffenheit keineswegs zu zweifeln, der Nachwelt zu einem Muster dienen können, das billig eines grossen Lobes und Nachfolge würdig ist, wo sie es nur auch in der Tugend so weit als dieses ihr vorgestelltes Original, bringen wird.

Den

Verschiedene Begebenheiten bey der Botschaft. 233 Den 28ten hat sich auch der Wol⸗Ehrwüͤrdige Priester Robert Reise eines Priesters nach dem gelobten Land. Leeb / aus den Orden des Heil. Bernhard zum Heiligen Creutz im Wiener Wald, nach vorher von allen genommenen Abschied auf ein Französisches Schiff begeben / und ist endlich den 29ten darauf mit vollen Segeln nacher Joppe abgefahren, von dar willens, nach Jerusalem und andere heilige Oerter zu reissen, welche zu besehen er schon lang ein grosses Verlangen bezeiget / ob er schon mit geringen Leibs⸗Kräften begabt war; indessen hat er sein OrdensKleid mit dem Habit des Heil. Francisci verändert, weil niemand ohne dasselbige ein Zutritt dahin verstattet wird: er war auch gesonnen, wann er anders wird durchkommen koͤnnen, bis nach dem Berg Sinai zu reisen, um die Merkmale dererjenigen Wunder⸗Werke, so sich daselbst zu getragen, und deren nicht wenige noch anzutreffen sind, in Augenschein zu nehmen. Mit eben diesem Schiff ist auch der Französische Consul samt einem verordneten Priester aus des Heil. Francisci Orden abgefahren, dabey ihnen der Wind so guͤnstig gewesen, daß, wann solcher lang angehalten / sie in besagten Hafen bald werden eingelaufen seyn. Eben denselbigen Tag wurde auch der Herr von Dierling mit dem Herrn Steger aus dem zweyten Adel, dem Canzelisten Eurich / und Momarts dem Sprach⸗Knaben Unklar, welcher der beiden Brüder Momartz gemeint ist., samt einigen Chiausen und Janitscharn in die Stadt geschickt, dem Venetianischen Gesandten wegen seiner gluͤcklichen Ankunft in Constantinopel zu complimentiren: so gienge auch der Herr BotBesichtigung der angewiesenen Bewohnungen. schafter selbst mit denen Grafen Besora / Sebastida und Althan nacher Pera / um die Jhme zur Wohnung angewiesene Häͤuser zu besehen, und die Einrichtung derselbigen zu beschleunigen, damit die Krankheiten, so ohne dem täglich anwuchsen, nicht völlig überhand nehmen moͤgten, wann wir uns noch ferner in dem Lager auf freyem Feld aufhalten wuͤrden, angesehen die kalten Nacht⸗Reife denen Kranken uͤberaus nachtheilig fielen; es sind aber Se. Hochgraͤfliche Excellenz noch selbigen Abend wieder zuruͤck gekommen, nachdem Sie bey dem Französischen Gesandten nebst denenjenigen, so mit demselbigen schon vorher abgegangen, und zum Theil erst nachgehends sich daselbst eingefunden, zu Mittag gespeiset. Jm übrigen hat sich in den nechsten fuͤnf Tägen wenig Merkwüͤrdiges zu getragen, ausser daß den ersten und zweyten October ein so entsetzlicher Regen gefallen, daß es schiene, als wolte eine neue Suͤnd⸗Flut kom Gg 234 Zweytes Buch, Siebende Abtheilung / kommen; und war dieses der erste, der und wochin diesem Lager betroffen hatte, aber dabey so nachdruͤcklich, daß er die vorige Tröͤckne Gastirung des Mehemets. in diesem Monat reichlich compensirte. Es hat auch der Hr. GroßBotschafter einsmals den Mehemet / unsern Führer, samt noch einen Türken zur Tafel geladen, und dabey nicht nur Türkische Speisen vorsetzen, sondern auch die Music nach ihrer Art einrichten lassen; da sich dann diese Gaͤste nicht enthalten koͤnnen/ die erstern überaus zu loben, und sonderlich uͤber das Letzte sich ungemein zu verwundern, weil sie nicht gedacht, daß die Teutschen so geschickt seyn wuͤrden, ihre Tuͤrkische Music nach zumachen: damit aber solche recht vollkommen seyn moͤgte, haben sie einige Tüͤrkische Knaben herbey geruffen, welche darein singen musten, so daß diese Music anderer Herrn Gesandten und ihrer Befreunde Beyfall mehrmaln verdient Present an den Herrn Groß⸗Vizir von drey JagdVögeln. hatte. Dazumal wurde auch der Herr von Franken aus dem zweyten Adel mit dem Falken⸗Meister an den Groß⸗Vizir abgeschickt, Jhme drey zu aller Jagd wol abgerichtete Vogel im Namen des Herrn Botschafters zu præsentiren, wofür der Herr von Franken einige schöne Tüchlein / der Falken⸗Meister aber 24. Ducaten bekommen.

Siebende Abtheilung.

Visite des Groß⸗Vizirs bey dem Herrn Groß⸗Botschafter. DEn 4ten October ist dem Herrn Groß⸗Botschafter von der Pforte eine ganz ausserordentliche Ehre wiederfahren: dann da dieses sehr Ehrgeitzige Volk sich niemaln entschliessen kunte, daß ihr Groß⸗Vizir bey einem ausläͤndischen Gesandten die Visite abstatten durfte, hat Jbrahim gleichwol hiemit seine Hochachtung gegen den Römisch⸗Kaiserlichen Groß⸗Botschafter an den Tag gelegt; damit Er aber bey seiner Nation nicht in Verdacht kommen moͤgte, als ob er mit den Jaourn allzu grosse Gemeinschaft pflegte, hat er die Sache folgender massen angestellt: Er ist bis zwey Stund von der Stadt heraus gekommen, da dann der Herr Botschafter nicht nöthig hatte, ihme über tausend Schritt entgegen zu gehen; wordurch diejenige, so um die Sache nichts gewust, nicht anders vermeint, als ob Se. Excellenz zu dem Groß⸗Vizir giengen, da doch in der That dieser Jenen be sucht Visite des Groß⸗Vizirs bey dem Herrn Botschafter. 235 sucht hatte. Kurz nach der Sonnen Aufgang ist Er bey des Herrn Botschafters Hauß unter einer Begleitung von mehr als drey tausend zu Pferd und Fuß vorbey marchirt; und als Er nicht weit von unserm Läger auf einem Hügel, woselbst der Sultan ein LustHauß stehend hatte, schon vorher ein präͤchtiges Zelt aufschlagen, und die Köche und Kuchen⸗Sachen gleich frühe dahin bringen lassen, ist Er selbst unter Begleitung vieler vornehmen Officiers und Staats⸗Mäͤnner, welche vor Jhm her geritten / worunter sich der Chiaoux- und Nischanschi Bascha befunden, gefolget. Unmittelbar vor Jhm wurden zwanzig der auserlesensten und auf das prächtigst gezierten Hand⸗Pferde von allerhand Farben, als Fuchsen / Falben, Aschenfarb⸗gesprenckelten, Feuer⸗rothen / dunkelbraunen rc. gefüͤhret, welche alle nach der Ordnung zu erzehlen zu weitläuftig fallen würde. Hierauf nun riete in der Mitte der Groß⸗Vizir selbst auf einem Käͤsten⸗braunen Pferd, dessen Decke kuͤnstlich und reich von Gold und Silber gestickt war, auch dermassen gläͤnzte, daß man sie kaum ohne Verletzung der Augen anschauen kunte: dessen langer rother mit weiten Ermeln gemachter Rock war mit Hermelin gefuͤttert/ und sein Haupt⸗Bund von ordentlicher Groͤsse und um der Bequemlichkeit willen nur ganz duͤnn umwunden; bey dessen Pferd giengen 24. Chatir oder Hauß⸗Bediente, so nach ihrer Art alle weiß gekleidet gewesen; hinter Jhm folgte sein Leib⸗Wagen, der von sechs Aschenfarben Schimmeln gezogen wurde, und nur aus lauter Holz und Gegitter zusammen gemacht war, so daß er einem auf Rädern stehenden Käfig gleich sahe, deme aber das inn⸗ und auswendige Gemaͤhlde und die darinn liegende roth⸗sammete und mit guldenen Borten eingefaßte Polster ein Ansehen geben musten. Nebst solchem kamen die Musicanten gleichfalls zu Pferd, welche sich mit ihrer Music ohne Unterlaß hören, und wann der Groß⸗Vizir zuweilen still stunde, ihren freudigen von den alten Roͤmern entlehnten Zuruff; gluͤcklich/ oder zur guten Stund erschallen liessen; worauf diesen Aufzug eine Hauptmannschaft Janitscharn, und hinter denselbigen eine Anzahl Troß⸗Buben und Dienst Knechte beschlossen hatten.

Nachdem der Herr Groß⸗Botschafter diesen Aufzug des Der Herr Botschaf ter schickt dem Groß Vizir seine Leute nach Groß⸗Vizirs gesehen, hat er denen, so mit Pferden nicht ver sehen waren, befohlen, daß sie zu Fuß dahin gehen solten, weil ohne dem Gg 2 Zweytes Buch / Siebende Abtheilung / 236 dem schoͤn Wetter und bemeldter Berg nur etliche hundert Schritte Der Herr Groß⸗Bot chafter wird nach es Groß Vizirs Zeit abgeholet. von unserm Läger entfernet war. Se. Excellenz selbst kamen zwi schen neun und zehen Uhr dahin, Denen der Groß⸗Vizir den Me hemet / Kaiserlichen Cämmerling, und noch einige andere Vorneh me entgegen schickte, bey Jhnen noch im Quartier in seinem Namen das Compliment abzulegen / und mit sich in dieses neue Läger zu führen. Daselbst nun waren viele Zelten aufgeschlagen, um welche ein auf der einen Seiten gruͤn und auf der andern roth gefaͤrbtes Tuch in Gestalt einer Mauern gezogen / und an die Pflöͤcke fest gemacht war; dasjenige aber, worein der Herr Botschafter gefuͤhrt wur de, ist auswendig grünlicht, gleich dem Laub, inwendig aber auf Türkische Art von vielen tausend Stuͤcklein zusammen gesetzt gewesen, so alle unterschiedliche acht⸗ und viereckichte, runde und gespitzte Fi gurn, Bildnisse, Blumen, Brunnen / Säulen, Früchten und Laub Werk vorstellten. Der ganze Boden war mit Teppichen belegt, der Ort aber, wo die Sofaus oder Polster lagen, mit einem hoͤlzernen Gitter umgeben, und mit Pfaͤhlen unterstuͤtzt/ dessen Teppiche auch die andere an Kostbarkeit übertroffen; die Polster selbst von weiser Seiten auf Persianische Art mit Gold reichlich gesticket, die Stan gen, worauf das Zelt ruhete, mit unterschiedlichen Farben bemahlt, und mit vielen kupfern- und verguͤldeten Reifen ausgeziert. Bey dem Eingang lag auf gleichfalls schon bemahlten Stangen ein vielfärbi ges Tuch, womit gleichsam der Vorhof formirt und die Sonne dardurch abgehalten wurde. Nachdem sich nun der Herr Bot schafter mit dem Groß⸗Vizir hierinnen eine zeitlang von Staats Sachen unterredet, ist Er von diesem in ein anderes gefüͤhrt worden, welches zwar kleiner anzusehen, aber so praͤchtig und kostbar / als das vorige nimmermehr / und innwendig auf allen Seiten mit Atlaß ü berzogen gewesen, ausgenommen das vordere Theil, allwo ein schöͤ ner Himmel auf vier Stangen gelegen, worunter die daselbst sitzen de vor der Sonne⸗Hitze sicher seyn kunten. Dieses stunde gegen der Sonnen Aufgang, an einer Anhoͤhe; und nachdem sich beide hohe Personen darinnen auf die Sofaus niedergelassen, wurden dem Hern Groß⸗Botschafter zu Ehren allerhand Schau⸗Spiele ge halten, und darzu die Bizehami oder Stumme, die Deli (Hof Narrn), Chiausen (Boten) / Muhlatzi und Besli (die Diener der Beiglerbey oder Stadthaltern der Provinzen) gebraucht; ehe aber Visite des Groß⸗Vizirs bey dem Herrn Botschafter. 237 aber solche ihren Anfang nahmen, hatte man das um die Zelten statt einer Mauer gezogene Tuch hinweg gethan, damit man hinaus auf das freye Feld sehen können. Den Anfang hierzu machten die Schau Spiel mit Wurf Pfeilen. Muhlagi / welche Leute sind, die wol zu Pferd sitzen; gleichwie hingegen die Besli wol zu Fuß und von sonderbahrer Stärke sind, aus welchen um dieser Ursach willen zum oͤftern einige zu Janitscharn und Ringern genommen werden: Jene aber sind in dem Pfeil⸗werfen sehr geübt, davon sie einige Gilid nennen, und nicht mit Eisen be schlagen sind; andere aber werden von ihnen Gerit geheissen, so ei serne Spitzen und mit den Pfeilen der Roͤmer eine grosse Gleichheit haben. Diese Ubung ist bey den Tuͤrken sehr gemein, wird auch an denenjenigen belohnt, welche eine sonderbahre Behendigkeit darinnen zeigen; wie sie sich dann hierinnen am meisten zu üben pflegen: und solte es auch geschehen, wie es dann bey so ungestümmer Wendung und hitzigen Umlaufen nicht wol anders seyn kan, daß einige Pferde hierdurch gelähmet oder sonst unbrauchbar worden/ oder auch wol gar ihren Reutern unter dem Leib umfallen, so werden ihnen von ih ren Herrn andere an deren Stelle verehret. Jch habe selbst gesehen, daß einige den Zaum so ungestümm angezogen, oder die Steig⸗Bü gel, deren sie sich einig und allein an statt der Sporn bedienen, ih ren Pferden so unbarmherzig in die Rippen gestossen, daß ihnen das Blut häufig herfür geflossen, und sie aus Schwachheit gar dahin ge fallen. Es haben jedoch nichts destoweniger von undenklichen Zei ten her die Tuͤrkische Kaisere ein sonderbahres Belieben an diesen Schau⸗Spielen gehabt, und einige darunter, wann ihre Baschen dergleichen angestellt, sich zum öͤftern dabey finden lassen; und weil diese Kämpfer gemeiniglich von verschiedenen Nationen, gehen sie mit der grösten Furie auf einander loß, um die Ehre ihrer Lands⸗Leute zu retten, thun es aber damit öͤfters den alten Roͤmischen Fechtern an Grausamkeit noch zuvor. Ricaut im IIIten Buch, im 10. Capitel seiner Historie berichtet / daß diejenige, welche sich vor andern wol halten / und das Feld behaupten, zur Belohnung ihrer Tapferkeit ein Zaim oder Timarioth / welches gewisse Ländereyen sind, be kommen, wovon sie eine bestimmte Anzahl Soldaten und dann auch sich selbst unterhalten muͤssen; in welchem Stuͤck sie alsdann einige Aehnlichkeit mit unsern Frey⸗ oder den Römischen Zehend⸗Herrn ha ben. Anfangs stellten sich unsere Wurf⸗Schüͤtzen zwey und zwey Ordnung der Wurf Schützen. zu Gg 3 238 Zweytes Buch / Siebende Abtheilung / zu Pferd, und dann endlich auch Haufen⸗weiß gegen einander; und so bald sie das Zeichen zur Schlacht von den Chiausen bekommen, haben sie ihre Pferde auf eine ganz besondere Manier gewendet, auf ihren Gegen⸗Part zu geworfen, und auch denen jenseits hergefloge Künstliche Wendung des Leibs. nen so künstlich durch gewisse Bewegungen, Beugung und Krüm mung des Leibs, nach erheischenden Nothfall zu pariren, dieselbi ge mit den Händen in der Lufft aufzufangen / mit zweyfach geschnä belten Häcklein von der Erden aufzuheben und hinwiederum mit sol cher Kunst und Behändigkeit gegen ihren Feind zu werfen gewust, daß es diejenige, so dergleichen niemal gesehen, ohnmoͤglich glauben können. Andere hingegen, wann sie merkten, daß sie duͤrften ge troffen werden, kunten sich so fix und artig um ihr Pferd herum schwingen, daß man oft nichts als einen Fuß auf dem Sattel sahe, der übrige Leib aber mit des Pferds Hals und Seiten bedeckt war, welches sie auch præstirten, wann gleich das Pferd in vollem Lauf gewesen, wobey sie es nichts destoweniger dermassen regiren und in Zaum zu halten gelernet hatten, daß ohnerachtet solches Herunterhäͤn gens es gleichwol nach ihrem Gefallen stehen muste, und waren an bey so behend, im vollen Lauf wieder darauf zu springen, daß einem bey nahe das Gesicht daruͤber hätte vergehen sollen. Wann nun ei ner seinen Feind an das rechte Ort mit dem Pfeil getroffen, oder den Pfeil mit der Hand gefangen und auf ihn glüͤcklich wieder zu ruck geworfen, machten solches die Umstehende und Chiausen also bald durch ihr Geschrey kund; worauf der Uberwinder so gleich von Belohnung der Über winder. dem Pferd sprang, von einem Stummen oder Chiausen vor des Groß-Vizirs Zelt geführet wurde, und daselbst auf den Knien den Lohn seiner Geschicklichkeit empfienge: nach Erhaltung dessen neigte er sich mit dem Kopf fast bis zur Erden, druckte seine rechte Hand mit grosser Geschwindigkeit an die Stirn, und gieng damit, frölicher und reicher als zuvor, wieder auf den Kampf⸗Platz zuruck, suchte seinen Feind von neuem auf, nachdem ihm auch der Muth durch das empfangene Geld vermehrt worden, welches sie hoͤher als die Ehre des erhaltenen Siegs selbst schätzen; so geschahe es auch wol, daß mancher mehr als einem Ducaten, ja wol so viel bekam, als er nur Pfeile von seiner Hand nach dem Feind geworfen.

Nach

Visite des Groß⸗Vizirs bey dem Herrn Botschafter. 239 Nach Endigung dieser Rittermaͤssigen Ubung haben die StumDer Stummen Kurzweil. men ihre Kuͤnste und Kurtzweil angefangen, welche aber so abgeschmack und zottenmäͤssig, ja recht leichtfertig und geil heraus kam daß solche niemand als Barbarischen Gemüthern gefallen kunte; und wolte ich mich meines theils, ob ich schon der Ernsthaftesten keiner bin, obligiren, ihnen ein ganzes Jahr zuzusehen, ohne die geringste Neigung zum Lachen dardurch zu bekommen. Es waren im Sprach der Stummen. übrigen diese Leute mit einer besondern Gabe von der guͤtigen Natur versehen, vermittelst welcher sie den Mangel der Sprach ihnen einiger massen wiederum ersetzet; dann sie wissen nicht allein ihre Gedanken durch gewisse Zeichen, Aufreckung der Finger und andere Bewegung des Leibs dermassen zu erklären, daß man sie gar wol verstehen kan, und sie hinwiederum auch andere verstehen, sondern wann nur einer den Mund zum Reden aufthun, oder mit dem Finger ein Zeichen geben wolte, kunten sie schon seine Meinung errathen. So ist auch sonst unter den Tuͤrken diese stumme RedensArt gar sehr eingefüͤhrt, und auch denen Vornehmsten gar wol bekannt, als welche von Jugend auf darzu angewiesen werden. Der Nischanschi Bascha / einer der vornehmsten Officier bey den Tüͤrken, und Tochtermann des Groß⸗Vizirs, der mit seinem Zug die Kaiserl. Befehl unterzeichnet, liesse sich in eine weitlaͤuftige Rede durch dergleichen Zeichen mit ihnen ein; ja der Groß-Vizir erwiese hierinnen seine Geschicklichkeit, und redete unterschiedliches auf diese Weise/ hatte auch die Antwort auf eben die Art von andern wieder angenommen. Es bedienet sich aber der Kaiser dieser stummen Kundschafter, seines Groß⸗Vizirs und anderer täͤgliche Verrichtung durch sie zu erfahren, welche Jhm bey dem Abend⸗Essen, alles was sie hievon wissen / in dieser Sprach erzehlen. Als der Herr GroßBotschafter des Nachmittags um fuͤnf Uhr wieder aufbrechen wolte, und zu dem Ende seine Sack Uhr heraus zoge, und noch dem Zeiger schauete, war ihm einer aus den Stummen hierinnen vorgekommen, welcher seine zwey Finger an der linken Hand in die Hoͤhe reckte, mit der rechten gegen die Sonne zeigte, und durch gewisse und zu diesem Absehen nicht ungeschickte Bewegung des Leibs zu verstehen gab, daß innerhalb zwey Stunden die Sonne von unserm Horizont werde Abschied nehmen, welches bey jederman ein heftiges Lachen und nicht geringes Wolgefallen erwecket.

Hier

Zweytes Buch / siebende Abtheilung / 240 Hierauf kam einer von den Deli aufgezogen, der es den Stum Der Deli seltsame Possen. men mit abgeschmackten Possen gleich thun wolte; in diesem Absehen lief er am Ende des Lagers hin und her, und stellte sich an, als ob er Früchte zu verkaufen hätte, trug auch auf dem Kopf eine runde Platte, mit Aepfeln, Birn, Nüssen / Pfersingen, Weintrauben und andern Früchten häͤufig belegt, und rufte aus vollem Hals, daß man ihm abkaufen solte; weswegen ihm die Beßli nachliefen, seiner Sachen beraubten, und vor die Chiausen brachten, so vor des GroßVizirs Zelt stunden; diese hatten mit dem guten Alten ihre Kurzweil / nahmen ihm sein Geld und andere Sachen, rissen ihm die Kleider vom Leib, warfen ihn zur Erden, banden ihn und zogen ihm die Hosen ab, begossen ihn mit Wasser, und hatten auf allerhand Weise ihr Gespott mit ihm, tractirten ihn auch haͤßlich mit Schlägen und machten damit diesen Possen ein den Schau⸗Spielen gewöhnliches Ende, Das letzte aber war auch hier bey ihm das Beste; dann der Groß⸗Vizir schenckte ihm einige Ducaten, welches er sich weit besser als das vorige Tractament gefallen liesse: und weil er auf jenes Früh⸗stuck ein gleiches Mittagmahl befürchtete, machte er sich stillschweigend ohne Dank und Abschied davon.

Vorführung einiger kostbarer Pferde und Present an den Herrn Botschafter. Endlich wurden neben dem Zelt dem Herrn Groß⸗Botschafter auf Befehl des Groß⸗Vizirs neunzehen der kostbarsten HandPferde vor geführt / so alle Königlich aufgebutzt, und an etlichen die Zäume, Sattel, Steig⸗Bügel und übrige Rüstung von vergülde ten Silber und darbey so schwehr waren, daß die Pferde genug daran zu tragen hatten; Hiervon wurden Sr. Excellentz von dem Groß⸗Vizir ein falbes Pferd verehrt / weil Er vermeinte / daß diese Farbe in Teutschland am seltsamsten wäre, nebst dem an dem Sattel hangenden Caddare oder Säbel, und einer von einem raren Meister verfertigten Flinte, welchem noch beym Abschied ein mit Hermelin gefüttertes Kleid folgte, dergleichen, wie schon ge Bewirthungen in dem Gezelt. meldet, der Groß⸗Vizir diesesmal selbst an hatte. Von hier gieng ermeldter Groß⸗Vizir mit dem Herrn Groß⸗Botschafter und dem Nischanschi Bascha, seinem Tochtermann, zur Tafel, die uͤbrigen aber wurden nach ihrem Stand in unterschiedlichen Zelten angewiesen; wie dann so gar auch des Herrn Groß⸗Botschafters und des Adels Bediente auf Türkische Art tractirt wurden. Hierbey war das Getränk immer einerley, und bestunde in unter schie Visite des Groß⸗Vizirs bey dem Hrn Botschafter. 241 schiedlichen suͤssen Wassern, an statt dessen uns mit Wein besser wäͤre gedienet gewesen. Alle Gerichte hat man in Porcellanen und Schlangen⸗steinernen Geschirren, so die Tuͤrken Farfouri nennen, aufgetragen, als welcher sich die vornehmen Personen in der Tuͤrkey aus zweyerley Ursachen bedienen, eines theils, damit sie das Silber und Gold erspahren, dessen hierdurch bey andern Voͤlkern viel unnuͤtzlich verthan wird; andern theils aber, weil sie in der Meinung stehen / als ob dergleichen Geschirr keinen Gift hielten. Unter wehrender Tafel / da allerhand Discours auf die Bahn gebracht wurden, Des Herrn Botschafters moralischer Discours. hatte sich der Herr Botschafter jederzeit bemuͤhet, etwas moralisches mit anzubringen; und zwar hier beliebte Jhm auf des GroßVizirs Vortrag, daß ein Gesandter sehr wol auf seiner Hut seyn und auf alles genaue Achtung geben muͤsse/ zu antworten, wie GOtt der HErr einem jeden Thiere was sonderliches verliehen, als dem Loͤwen und Bären die Stäͤrke, dem Haasen die Geschwindigkeit, dem Fuchsen die Arglistigkeit, und andern wiederum was anders, wordurch sie genugsam im Stand gesetzt worden, ihr Leben wieder ihre Feinde zu beschüͤtzen, und bey aller Geleheit zu erhalten: und also habe Er auch seine Gaben unter die Menschen ausgetheilt, vermittelst deren ein jeder/ wann er sie recht zu gebrauchen wuͤste, und auch gehöͤriger massen anwenden wolte, sich gluͤcklich machen koͤnnte; dann weil von einem Soldaten Muth und Stärke, von einem Staats⸗Mann Scharfsinnigkeit und Fleiß, von einem Befehlshaber die Klugheit, von einem Lehrer Wissenschaft und Verstand erfordert wuͤrde, so solte sich jedermann auf dasjenige legen, worzu er von der Natur geschickt gemacht worden, und auf solche Weise wuͤrden alle Menschen glücklich leben koͤnnen; aber es bleibt bey dem alten Sprichwort, daß ein jeder seine Neigung dahin am meisten wendet / was ihm am meisten verbotten ist / und wir insgemein dasjenige am liebsten zu seyn wünschen / worzu wir am wenigsten tuͤchtig sind; und also koͤnne es nicht fehlen, daß, weil wir unserm Naturell nicht folgen, welches doch billich seyn solte, wir uns selbst in unser eigenes Ungluͤck stürzten. Auf gleiche Weise pflege es auch in Erwehlung Speiß und Trank her zu gehen, dann ob schon ein jedes Land, oder doch die meisten Provinzen, ihre Nothwendigkeit herfüͤr bringe, wovon sich die Einwohner erhalten koͤnnten, so durchschiffte man doch alle Meer, Hh 242 Zweytes Buch, siebende Abtheilung / Meere, um der Menschen unordentlichen Begierden und Ehrgeitz ein Genügen zu leisten. Wie oft wüͤrden bey einem Gastmahl Speisen aufgesetzt, so bey nahe aus allen vier Enden der Welt angeschaffet worden; zu geschweigen der unzählichen Arten Weine und Wasser, tausenderley Tücher und Gewebe, so man mit den gröͤsten Unkosten und Mühe aus den weit entlegensten Laͤndern herbey gebracht hat; und doch seyen diese alle noch viel zu wenig, den unersättlichen Appetit der Menschen zu vergnuͤgen, so daß sie selbigen nur je mehr und mehr entzuͤnden und anflammen. Mit diesen und dergleichen Gesprächen wurde die Zeit zu gebracht, und die Speisen damit noch schmackhafter gemacht. Nach aufgehobener Tafel langte man riechende Wasser und Rauchwerk in der Reihe herum, und stieg alsdann wieder zu Pferd, auf welchen sich der Groß⸗Vizir nach der Stadt, wir aber mit dem Herrn Botschafter nach unserm Lager verfügten; nachdem Sie beide auf den Weeg nochmaln freundlichen Abschied von einander genommen. Hierauf wurden Se. Excellentz von denen Stummen begleitet, wofüͤr Sie bey der Ruck Was die Venetianer bey diesem Krieg unserm Kaiser zu danken. kehr dieselbige mit silbernen Sack⸗Uhren beschenket hatten. Noch zwey Stücke sind hier mit Stillschweigen nicht zu übergehen; erstlich, daß nach der Tafel, als man ungefehr der Venetianer gedachte, und die Nachmittags gewöhnliche Bet⸗Zeit der Türken herbey kam, auch der Groß⸗Vizir um deswillen, nach genommener Erlaubnüß von dem Herrn Groß⸗Botschafter, sich von uns absentirt, jener bey dieser Gelegenheit öffentlich contestirt habe, wie die Venetianer von Glück zu sagen hätten, daß bey ihren so üͤbel bestellten und schon halb verlohrnen Sachen sich zu vörderst Seine geheiligste misch⸗Kaiserliche Majestät / und dann auch Se Hochfürstl. Durchl. der Prinz Eugenius, und Se. Excellentz der Herr GroßBotschafter ihrer angenommen, und ihr schon voͤllig sinkendes Glück wieder hergestellet; weßwegen Sie grosse Ursach hätten, GOtt den Allerhöchsten für dieser Dreyen Erhaltung täglich zum öftern zu bitten, als durch welche Jhnen der Friede und ihre ganze Wolfarth auf das neue verschafft worden; dann wo sich unser Unüberwindlichste Kaiser / sieghafte Feld⸗Herr / und kluge Botschafter und Friedmacher Jhrer nicht so nachdruͤcklich angenommen hätte, würden sie weder einen Stillstand noch einigen an dern Visite des Groß⸗Vizirs bey dem Hrn Botschafter. 243 dern hierdurch erhaltenen Vortheil sich haben versprechen duͤrfen; und diese Worte ungefehr hat er auch so gar zum andernmal wiederholet. Das andere ist, daß er den Bascha von Chaskoi / ersten Viel vermögender Vorspruch des Herrn Botschafters. Führer des Fuß⸗Volks, der unsern Herrn Groß⸗Botschafter aus seiner Provinz bis nacher Schemischezen/ so zwischen Philippopel und Adrianopel liegt, entgegen gegangen, auf Sr. Excellentz Recommendation, zum obersten Feldherrn der Reuterey, und uͤber dis noch zum Stadthalter von Candien ernennet, und ihm daruͤber alsobald das Decret ausfertigen lassen; wobey der Groß⸗Vizir zu verstehen gab, daß, ob er sich schon nicht wenig verdient gemacht haͤtte, er doch zu dieser Charge sich so bald noch keine Hoffnung machen duͤrfen, wofern er nicht dißfalls den Herrn Botschafter zu seinem Patron gehabt, sintemaln auch andere deswegen einkommen, denen es weder an Verdiensten noch Jahren fehle, auch anbey ihre bereits vornehme Bedienung und grosse Göͤnner ihren Ansuchen einen wichtigen Nachdruck geben koͤnnten; wordurch er dann zu verstehen geben wolte, wie hoch er Sr. Excellentz Freundschaft æstimire, wann er Dero einige Recommendation aller andern im ganzen Reich vorgezogen. So kam auch dem Mehemet unserem Fuͤhrer diese Gelegenheit wol zu statten; dann weil er bishero von seinem Amte als Kaiserlicher Kämmerling, davon er doch den Namen schon lang gefuͤhret, noch keine Besoldung gezogen, ist er in die Zahl dererjenigen aufgenommen worden, welche täglich hundert und fuͤnfzig Asperl, deren drey zwey Creutzer ausmachen, zu geniessen haben; und hat also die gewoͤhnliche Besoldung völlig uberkommen.

Von dem 5ten bis 13ten October bliebe alles in unserm La Krankheit nimmt zu. ger im vorigen Stand: die Krankheiten nahmen von Tag zu Tag zu, und war die Anzahl der Kranken dermassen angewachsen, daß man nun an der Edelleute Tisch kaum sechs oder sieben zehlen kunte, wo vorhero uber zwanzig gespeiset wurden. Von unsern 400. Personen, die wir bey nahe bey uns hatten / lagen auf einmal über 180. krank darnider; worvon ein Knecht und eine Dienst⸗Magd / die sich in dieser Welt viel schleppen muͤssen, gestorben. Indessen kamen von den andern Gesandtschaften einige von Adel und andere Bediente zu uns, so wol uns zu besuchen, als ihrer Herren Briefe zu bestellen, die wir in unser Paquet einschliessen und dem nach Nißa gehenden Janit Hh 2 244 Zweytes Buch / siebende Abtheilung / Janitscharen mit geben solten. Se. Hoch⸗Gräfliche Excellentz Besuchungen des Hn. GroßBotschafters. verfügten sich mit denen Grafen Bathiani und Nesselrode in ihren Wagen, und fuhren damit zu dem Englischen und Holländischen Gesandten, nach dem sie vorhero zu Ejup mit dem Dolmetsch von der Pforte gesprochen haben; Sie wurden von den Grafen Besora / Sebastida und Kinigl zu Pferd begleitet, denen die beide Grafen Kollovrad Uklar, welcher der beiden Brüder gemeint ist. und Scherftenberg nachgehends gleichfalls zu Pferd dahin gefolgt sind; wohin auch der Mahler Semler, noch in Anwesenheit des Herrn Botschafters, der Canzelist Eurich aber schon bey dessen Wiederkunft geruffen worden. Einige Tage hernach liessen Sich Se. Excellentz auch gefallen, den Französischen Gesandten zu Pera heimzusuchen; andere aber, als der Herr von Dierling / Freyherr von Zweiffel / Hörde / Graf Scherftenberg, die Herren Mattoni, Preitenau und Sautermeister Edelleute, der Stallmeister, Secretair Meier / und Eurich giengen wiederum nacher Pera / und zum Theil auch in die Stadt, so wol unsere neue Wohnungen zu beschauen, als auch dem Groß⸗Vizir eine kostbare teutsche Flinte im Namen des Herrn Botschafters zu überbringen. Unser Zucker⸗Becker Johann Baptista Cervi gienge gleichfalls nacher Pera, um daselbst seiner Andacht zu pflegen, und die von Venedig erst angekommene Freunde zu besuchen; dafür unterdessen andere sich die Jagd belieben liessen, welche aber fast alle des Abends wieder zuruck kommen.

Als ich ungefehr den 9ten dito in Begleitung etlicher guten Freunde mich ebenfalls die Lust ankommen ließ, nacher Pera zu gehen / so wol meine Curiosité zu vergnügen, als auch den Herrn von Dierling, welcher sich noch daselbst aufhielte, zuruck zu begleiten, höͤrte ich auf der Gassen ein grosses Lamentiren und Heulen / weswegen ich mich alsobald von den andern weg und zu den Fen Armenianische Leiche.stern machte, da ich dann sahe, daß die Armenier eine Leiche von ihren Glaubens⸗Genossen vorbey trugen. Hier nun kunte ich beobachten, wie sich die bey dergleichen Begraͤbnuß bedungene Weibs Klag⸗Weiber.bilder durch einen erdichteten Schmerzen zu verstellen wusten, angesehen man aus ihren äusserlichen Geberden nicht anders solte vermeinet haben, als ob ihnen ein grosses Leid wiederfahren, und sie recht von Herzen betruͤbt waͤren, dergleichen Verstellung wir auch bey denen alten Scribenten beschrieben finden: sie liefen hinter der Leich her, Visite des Groß Vizirs bey dem Hrn. Botschafter. 245 her, simulirten eine uͤberaus grosse Traurigkeit, schlugen sich mit Fäusten an ihre Brust, zerkratzten ihr Gesicht mit Nägeln, rissen sich die Haar aus dem Kopf, stampften mit dem Fuß auf die Erden, thaten nichts anders als heulen und weinen, und stellten sich an, als ob sie rasend und toll wären, und das alles ums Geld. Dieser so schmerzlich betruͤbten Seelen waren zwey, deren jede von zwey andern erbarn Weibern gehalten worden, welche, ob sie diese desperaten Leute schon gut gefasst hatten, gleich wol mit allen ihren Kräften kaum verwehren kunten / daß sie sich von ihnen nicht loß reissen mögten.

Den 14ten dito hatten wir das Fest der Erhöhung des H. CreuFest der Erhöhung des Heil. Creutzes celebrirt. tzes, so den Tag zuvor war angesagt worden, mit gröͤster Ehrerbietung begangen, wobey ein Stücklein des H. Holzes, welches vor etlichen Jahren der Cardinal Mirandula dem Herrn Botschafter verehret hatte, als dieser noch Stadthalter zu Mantua war, öffentlich bey allen H. Meß⸗Opfern zur Verehrung ausgestellt und bey der letzten Messe jedermann zu küͤssen dargereicht worden, worzu Se. Excellentz den Anfang gemacht, und mit seinem erbaulichen Exempel allen andern vorgegangen. Den 16ten dieses entstunde in un Tumult wegen eines Storchs.serm Lager ein entsetzlicher Lermen: der Falken⸗Meister kam mit einigen Jäger⸗Buben in gröster Eil nach des Herrn Botschafters Quartier, und hinter ihnen drein die Janitscharn aus den benachtbarten Oertern und andere Tüͤrken Haufen⸗weiß mit Messern und Stecken gelaufen, biß ihnen endlich unsere Wacht zu Hüͤlfe gekommen. Die Ursach zu dieser Aufruhr war, daß besagter Falken⸗Meister einen Storch in der Luft hat beitzen und durch die Falken herunter auf die Erden stossen lassen; dann die Türken halten es für ein grosses Laster, wann man diesem Vogel mit Vorsatz etwas Leids zufüget, welcher niemand einigen Schaden verursachet, aber auf vielerley Weise nutzlich ist, als der die Aecker, Wiesen, Obs⸗Kuchelund Wein⸗Garten von den Schlangen und andern Ungeziefer reiniAnderer einzelner Person Gefahr von den Türken. get. Fast auf gleiche Weise wäre es bald den vorigen Tag des Graf Nesselrode seinem Bedienten, Namens Becker / ergangen / der ihnen doch die geringste Ursach nicht darzu gegeben hatte: Es gieng dieser mit einem Armenier, der aus Adrianopel her war, auf das Feld / Lerchen zu schiessen, dabey er sich dessen als eines Dolmetschen gebrauchen wolte, wo es die Noth etwan erfordern moͤgte, wie er ihm Hh 3 Zweytes Buch / Siebende Abtheilung/ 246 ihm dann hierzu gar bequem schiene, weil er einigermassen Französisch verstunde, als welche Sprach er von seinem Herrn, der ein Frank war, und deme er lange Zeit gedienet hatte, gelernet; dabey zu erinnern, daß die Tüͤrken alle Europäische Fremdlinge Franken zu nennen pflegen, sie moͤgen nun Teutsche / Jtaliäner, Franzosen, Engelländer, Holländer oder sonst von einer Nation seyn. Nun trug sichs zu, daß er sich von dem Lager weiter entfernet, als er wol selbst mochte gemeinet haben, weswegen alsobald aus dem nächsten Dorf drey Türken zu Pferd auf ihn loß gesprengt, die ihn bis in dasige SteinGruben getrieben, und da sie ihn daselbst in der Enge hatten, nunmehr angreifen wolten; dieser aber von kurzer Resolution faßte einen Muth, legte seine Flinten, die er zu allem Güͤck noch geladen hatte, wider diese Räuber an, mit Bedrohung, daß er den nechsten, so ihn zu nahe kommen wuͤrde, darnider schiessen wolte: Sie hingegen bedienten sich ihres gewöͤhnlichen Sprichworts: Haida Jaour / pack dich / du Unglaubiger: zeigten ihm zugleich mit den Fingern das Meer und die Ruder⸗Bänke, wo sie ihn hinzubringen be Gefahr der schönen MannsPersonen in der Türkey.dacht gewesen. Jn eine noch weit grössere Gefahr geriethe zu Pera / im Anfang des Aprils des nechstfolgenden Jahrs, mein Landsmann und bester Freund, der Herr von Schopen: dieser bekam Lust, bey dem schönen Frühlings⸗Wetter Turtel⸗ und Holz⸗Tauben zu schiessen; wie dann nicht weit von dar an dem Fuß des andern Bergs ein Cypressen⸗Wald war, der sich bis an das Meer und das Dorf Besicktasch / wo der Kaiser ein Lust⸗Hauß hatte, erstreckte, in welchem derselbigen im Uberfluß anzutreffen. Jn diesem Absehen nun gieng er mit des Herrn von Franken seinem Jäger dahin, ohne daß er einen Janitscharn mit genommen; beide waren mit ihren Flinten versehen, wormit sie auch etliche mit grosser Verwunderung und Beyfall der dabeystehenden Tüͤrken bereits erlegt, welche ihnen so gar die Tauben mit den Fingern zeigten, wann sich etwann eine unter das Laub oder hinter die Cypressen⸗Zweige versteckt hatte. Endlich wolte den Tuͤrken, als welche in des Juͤnglings schoͤne Gestalt ganz vernarret waren, die Gedult zerrinnen, weswegen sich bey 600. bis 1000. starker Kerls zusammen rottirten, die ihnen bey der Ruck⸗kehr, da sie sich nicht zusammen gehalten, den Weeg verlegten, und sie mit Gewalt ins Serrallien zu fuhren bedacht waren, um sich ihrer nach ih rer Visite des Groß⸗Vizirs bey dem Hrn. Botschafter. 247 rer schändlichen Weise daselbst zu bedienen, in welchem Fall wir nicht wuͤrden gewust haben, wo sie geblieben. Es war aber des Herrn von Schopen sein Glüͤck, daß er seine Flinten noch nicht loß geschossen, weswegen derselbige solche gegen die Tuͤrken gehalten, und sie damit so furchtsam gemacht, daß er Platz bekommen, sich mit dem Jäger zu vereinigen / wordurch ihnen der Muth wiederum in etwas gewachsen, so daß sie, nach einem kleinen Verweiß, daß sich der Jäger so weit absentirt, mitten durch die besetzte Strassen hingegangen, und ihren Weeg mit geschwinden Schritten, zwar mit weniger Furcht aber nicht ohne alle Gefahr, üͤber den Berg fortgesetzt, bis sie endlich bey Sonnen⸗Untergang wiederum gluͤcklich zu Hauß ankommen waren. Sie wissen selbst nicht zu sagen, wie ihnen bey solcher augenscheinlichen Gefahr zu Muth gewesen, noch viel weniger koͤnnen sie begreiffen, was doch die Tüͤrken nur immer mag abgehalten haben, daß sie nicht zu gegriffen und sie mit sich fort gefüͤhrt; wiewol es der eine aus ihnen den H. Schutz Engeln zu schreiben will, als welche er wochentlich zu verehren pflegt, und absonderlich heute bey dem H. Meß⸗Opfer wider seine Gewohnheit seine Andacht hierinnen gleichsam verdoppelt hatte. Es mag unterdessen herkommen, wo es will, so kan doch dieses denenjenigen, so etwan einmal in die Türkey zu reisen gedenken, und absonderlich von guter Leibes⸗Gestalt und dahero der Türken Geilheil um so vielmehr unterworfen sind, Ohne Janitscharen soll niemand ausgehen. zur guten Nachricht und Warnung dienen, daß sie sich nicht leicht auf der Strassen, noch ausser den Herbergen, vornemlich in grossen Städten und Flecken, ohne einen Janitscharen, der auf sie acht gibt, und für sie stehen muß, sehen lassen; wie uns dann auch von dem Herrn Botschafter jederzeit scharf verbotten, und nach dieser Affaire noch schärfer untersagt worden, daß wir uns ohne Janitscharen nicht aus dem Lager anderswohin begeben solten; wiewol wir nunmehr dergleichen Befehl nicht mehr noͤthig hatten, nachdem wir schon selbst aus anderer Leute Schaden klug werden kunten. ) ° (

Achte
Zweytes Buch / Achte Abtheilung / 248 Achte Abtheilung.

Die Botschaft wird in Asien übergeführt. DEn 17. dito wurde die Staats⸗Livrée unter die Bedienten ausgetheilt, und den 18ten darauf die völlige Botschaft in Asien übergeführt, weil sie daselbst in Natolien am Canal des Schwarzen Meers auf einem Kaiserlichen Lust⸗Schloß solte tractirt und mit allerhand Schau⸗Spielen und anderen Lustbarkeiten divertirt werden. Gleich bey anbrechenden Tag wurde in die Trompeten gestossen / und zur bevorstehenden Reise denenjenigen das Zeichen gegeben, so von der Krankheit nicht davon abgehalten / oder von solcher schon wieder völlig restituirt waren. So bald sich die Sonne an unserm Horizont sehen liesse, setzte man sich zu Pferd, welche uns hierzu von der Pforte geschickt worden; der Herr Botschafter aber begab sich mit dem Baron von Zweiffel und Herrn von Dierling in seinen Wagen; worauf wir durch einander ohne Ordnung nach der Vorstadt S. Job bis an das Ufer des Meers, oder besser zu sagen, den Meer⸗Hafen von Bysanz/ oder das alte Bosphorium geritten, welches seinen Namen daher füͤhret / weil dessen Wasser aus dem Bosphoro oder dem Schwarzen Meer herfliesset; wiewol Stephanus und Eustachius vermeinen, daß es vielmehr Phosphorium müsse genennt werden, und zwar daher, weil, wie in dem Supplement des 1. Buchs des Q. Curtii zu finden, Philippus, Alexanders des Grossen Vatter, die Stadt Byzanz lang vergeblich Bosphorus, wo er seinen Namen her hat. belagert, und endlich seine Soldaten einen verborgenen Weeg unter der Erden ausgegraben, wordurch sie heimlich in die Stadt zu kommen gedachten; es hat aber die Hecate Phosphoros denen Buͤrgern die Augen aufgethan, und dieses Vorhaben entdeckt, weswegen sie nachgehends, da sie von der Belagerung wiederum befreyet worden, diesen Ort Phosphorus genennet. Allhier haben viel Schiffe auf uns gewartet, deren einige von acht, andere von zehen/ und des Herrn Groß⸗Botschafters seines von 16. Rudern, dergleichen hier selten jemand zugelassen wird / getrieben, und immer zwey von einem Boots⸗Knecht gezogen wurden. Dasjenige, worinnen der Herr Botschafter sich befand, hatte auch den Capigi Baschi unsern Geleitsmann, nebst dem Baron Zweiffel und den Dol metsch Bewirthung des Herrn Botschafters in Asien. 249 metsch Herrn Theyls auf, und fuhr in der Mitte, da die andern entweder voraus oder hinten nach giengen. Jn dieser Ordnung nun sind wir der Stadt Constantinopel / nach ihrer völligen Länge, wie auch bey dem Serallien, dem mitten im Meer stehenden Thurn, den man fälschlich für den Leanders⸗Thurn hält / die Stadt Scutari zur Rechten, bey Tersana / dem Zeug⸗Hauß, bey vielen in dem Hafen liegenden Kriegs⸗Schiffen und Galeeren, den Vorstädten Galata / Pera und Thopana / bey Funduklu / Talman Bascha, und Besicktasch / einem andern zur Linken liegenden Kaiserl. Lust⸗Hauß vorbey und zu dem Groß⸗Vizir gefahren, welcher sich zur Frühling⸗ und Sommers⸗Zeit an dem Canal des Schwarzen Meers nicht weit von dem Sultan aufhäͤlt. So bald der Herr Groß⸗Botschafter allda ankommen war, verließ Er so gleich das Schiff und verfuͤgte sich zu ermeldtem Groß⸗Vizir in Begleitung des Adels und einiger andern in den Garten, wohin Er von dem Dolmetsch und einigen Capigis / die Seiner an dem Ufer warteten, invitirt war, welche Jhn auch von dem Schiff an durch den Vorhof über die Stiegen begleiteten. Gegen den Bergen nach Groß⸗Vizirs Wohnung zur Frühlingund Sommers⸗Zeit. Europa zu war in dem Garten ein schoͤnes mit weiß⸗ und schwarzen Marmel gepflastertes Zimmer, so zur Abküͤhlung gar bequem war; in der Mitte desselbigen stunde ein aus weissen Alabaster gehauener Brunnen, worauf viele Thuͤrne/ Pyramiden und Saͤulen gestellet und fast wie eine Kirche oder Stadt anzusehen war / den Boden aber bedeckten die kostbarsten Persianische Teppiche, auf welchen die reich gestickten Sofaus in schoͤnster Ordnung lagen. Indem nun hier der Adel mit Caffé tractirt und durch den Garten und übrige Zimmer gefüͤhrt worden / der Herr Groß⸗Botschafter aber sich mit dem Groß⸗Vizir in ein Gespraͤch eingelassen, wurden die uͤbrigen aus der Suite von den kleinen Schiffen auf eine Galeere von vier Ruder⸗Ordnung, so insgesammt in 56. Rudern bestunden, gebracht.

Nicht lang darauf sind Se. Excellentz von dem Groß⸗Vizir Des Hrrn. Botschaf ters Be willkom mung auf dem Schiff. wiederum entlassen und in Begleitung der vorigen nach dem Schiff gebracht worden. So bald Sie in dasselbige gestiegen, wurden Sie von dem Schiff⸗Herrn mit drey Stuck⸗Schuͤssen empfangen, und in das am Hinter⸗Theil des Schiffes befindliche Zimmer angewiesen; Hier auf Ji Zweytes Buch / Achte Abtheilung / 250 auf hat man die Anker geloͤset, die Seegel aufgespannt, und die Ru der⸗Bursche durch das gewöͤhnliche Pfeiffen zur Arbeit angemahnt, welcher letztern Anzahl sich auf drey hundert und vierzig belief, ohne diejenige, so mit Stecken in den Händen auf und ab giengen, und Türkische Sclaven an den Ruder Bänken. acht hatten, damit die Ruder⸗Knechte ihre Arbeit fleissig verrichte ten. Die mehreste aus ihnen waren entweder Moscowiter oder Po lacken; einige Spanier und Portugiesen; wenig Franzosen und Jta liäner, und nur fuͤnf Teutsche, lauter schwarz⸗gelbe Kerls, so noch über dieses mit Pech allenthalben besudelt, und von der Sonnen wie halb gebraten geschienen, welche uͤber dieses bey dem Boden des Schiffs an dem linken Fuß mit schwehren Ketten angeschlossen sind und eben an demjenigen Ort sitzen, schlaffen, arbeiten, essen und trincken, an welchen sie auch im uͤbrigen der Natur ihren Lauf las sen müssen, und was das Schlimste für sie / sehen sie wenig Hof nung zu einiger Erlösung uͤbrig; sintemaln die Freyheit mit Geld zu Wie hoch ein Sclav æstimirt wird. erkaufen einem jedweden aufs wenigste um 111. Ducaten, oder 333. Reichsthaler zu stehen kommen wuͤrde, wie uns dann der Schiff Herr versichert, daß er einen jeden derselbigen selbst für so viel Geld bezahlt hätte; das ganze Schiff aber mit gesammter Rüͤstung und allen Arbeitern hielte er um acht und sechzig tausend und 1/3. Duca Wie hoch eine Galee re zu stehen kommt.ten, oder vier hundert und zehen Beutel, so unsers Gelds zwey hundert und fünf tausend Reichs⸗Thaler ausmachen; dabey aber meldete der Patron, daß er jaͤhrlich von dem Sultan zur Ausbes serung des Schiffs und Unterhaltung der Leute 29. Beutel oder vier zehen tausend Reichsthaler bekomme, welches sich in Gold gerechnet auf 14833 1/3. Ducaten belaufet, wann man einen Ducaten zu drey Reichsthalern rechnet / wie er auch dazumal gegolten hatte; und um dieses Geld müsse er hinschiffe, wo es der Sultan befiehlt oder die Noth erfordert: doch stehe es ihm frey, solches wieder zu ver kaufen / wegzuschenken, zu verwechseln, oder es seinen Kindern im Testament zu vermachen, wann nur dabey, so lang er des Kaisers Sold geniesset, dessen Dienste nicht verabsäumet werden. Dieser Schiff⸗Herr versprach demjenigen, welcher sich so gottloß bezeigen und sein Unglück befördern (er nennet es aber eine Klugheit und Be denckung seines Glückes) und die Christliche Religion abschwöh ren, dafür aber den Mahometischen Aberglauben annehmen wolte, oh ne Entgeld loß zu lassen.

Es

Bewirthung des Herrn Botschafters in Asien. 251 Es befanden sich unter diesen Sclaven Polacken / so noch imBeschreibung der RuderBursche. vorigen Jahrhundert gefangen worden, und nun in diesem ihren höchsten Elend und bey der schwehrsten Arbeit schon uͤber dreissig Jahr ausgedauret haben / dessen sie nunmehro auch ganz gewohnet sind, und ist zu glauben, daß die Bestäͤndigkeit in ihrer Christlichen Religion ihnen solche Kräften zugeleget hat. Jhrer vielen waren die Füsse von den schwehren Ketten, ob solche schon mit Leinwand überzogen waren / also zerrüͤffelt, daß man bis auf das blosse Bein hinein sehen kunte. Die Kleidung ist an diesen Leuten gleichfalls höͤchst armseelig / die Hosen sind aus groben Tuch gemacht, und kaum überall recht zusammen genehet, und ihren Leib bedeckt ein grob Hanfenes Hembd, welches über dis so kurz ist, daß sie kaum die Schaam damit bedecken koͤnnen; selbigen Tag aber sind rothe Muͤtzlein und kurze rothe Wammes unter sie ausgetheilt worden, die sie aber vor der Arbeit abgelegt, und nach unserer Ruck⸗kehr alle wiederum weggenommen und in die Kuͤsten verschlossen worden: ihre Füͤsse sind blos, damit, wann sie die Ruder anziehen, und solche mit Gewalt wieder ins Wasser lassen, sie sich nicht unter einander verletzen. An statt des Feder⸗Betts dienet ihnen ein hartes Bret, es muͤste dann einer etwan durch ein unerwartetes Glüͤck eine abgenutzte Decke irgendwo erwischt oder geschenkt bekommen haben, deren er sich alsdann statt eines Polsters gebrauchen koͤnnte: Wantzen, Läuse und Flöhe machen sich so gemein mit ihnen, daß sie selbige mit einem Hölzlein, wie den Staub mit dem Kleider⸗Besen / abstreifen können: Jm Essen und Trinken werden sie gleichfalls nicht uͤberladen, und muß ein Pfund Zwiback des Tags nebst einem Trunk Pfüͤtzen⸗ oder wanns gut kommt / Brunnen⸗Wasser viel ausrichten; an Schlägen und Arbeit aber fehlts im geringsten nicht, so daß ihnen, ob sie schon ohnedem nackend sind, der Schweiß nicht Tropfen sondern Stromweiß über den Leib herabrinnet. Diejenige, so an dem ersten Ruder zu beiden Seiten stehen, gehen den andern zu der Arbeit vor, und nach diesen richten sich die uͤbrigen alle in Anziehung und Niederlassen der Ruder, und auf solche Weise wird durch einen Schlag diese so grosse Machin durch Wind, Wellen und Ungewitter fortgetrieben. Damit aber die Voͤrdern von den Hintern desto besser koͤnnen gesehen werden, sind sie alle in vier Ordnung eingetheilt, und sitzen mit den Rücken gegen einander, also daß zwey Ordnungen ge

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252 Zweytes Buch / Achte Abtheilung / gen das Vordertheil, zwey aber gegen das Hintertheil des Schiffs gerichtet sind. An diese vier Ruder, nach welchen sich die andern richten muͤssen, werden diejenige gestellt, welche man für die stäͤrkste und in der Schiff⸗fahrt am erfahrensten haͤlt, deren Zahl auch die andern uͤbertrifft; dann da die andern nur von sechsen gezogen werden, stellt man hier sieben bis acht darzu. Wann in einem SeeGefecht nach schon völlig zertheilter Flotte vermittelst ihrer Arbeit ein solches Schiff des Feindes Händen entgehet, wird ihnen bisweilen zur Belohnung die Freyheit geschenket. Wann sie vor der Schiff⸗Arbeit etwas Ruhe haben, dörfen diejenige, so eine Kunst können, solche ungehindert treiben, haben sich aber schlechten Vortheil dabey zu versprechen; dann weil sie von ihren Cameraden, die eben so übel als sie selbst daran sind / wenig Profit ziehen köͤnnen / wird einer, dem man mehr trauen darf, ums Geld gedungen, und in den Hafen geschickt, welcher daselbst die Waaren verkauft, aber für das gelöste Geld andere benoͤthigte Sachen dargegen einhandelt. Diese armseelige Leute haben viele aus dem Adel und auch andere zum herzlichen Mitleiden bewegt / weswegen sie reichliches Allmosen / ein jeder nach seinem Vermoͤgen, unter sie ausgetheilet; wie dann der Herr von Wetstein / ein Schweitzer, so gar seine Unter⸗Struͤmfe ausgezogen, und solche einem aus ihnen, dessen Füͤsse jämmerlich durchbohrt waren, und welcher auch darum gebetten, hingegeben. Man muste aber das, was man ihnen geben wolte, so heimlich, als es nur moͤglich war, zustecken, damit der Schiff⸗Patron sie nicht lang mit uns reden sahe, dann dieser war so unge Die Botschaft fährt auf einem inficirten Schiff. stümm, daß er selbsten auf diejenige, die ihm nur vorkamen, mit eigener Hand loß schluge. Vielleicht mogte er es auch deswegen nicht gerne sehen, weil er befüͤrchtet, es doͤrfte einer aus ihnen uns dasjenige hinterbringen, was wir erst nach etlichen Monaten hiervon erfahren; dann da erzehlte uns ein Fähndrich von dem Alcaudettischen Regiment, welcher vor Zwornick bey dem Drin⸗Fluß gefangen, im April aber des folgenden Jahrs von dem Herrn Botschafter wieder ausgelöͤßt, nachgehends zu Smyrna von den Tüͤrken entdeckt und deswegen in einem Schiff etliche Monat verborgen gehalten / endlich aber wieder zurück geschickt worden; dieser, sage ich, erzehlte uns, daß solche eben diejenige Galeere wäre, welche die Venetianische Botschaft von den Dardanellen herüber nach Pera Bewirthung des Herrn Botschafters in Asien. 253 Pera gefüͤhrt, und daß nur wehrender dieser Zeit 72. Personen an der Pest darauf gestorben, worunter auch selbst drey von der Botschaft / noch mehr aber schon angesteckt gewesen; man habe aber die Todten / sonderlich Anfangs, den ganzen Tag unter den andern liegen lassen, und erst zu Nachts, wann die mehresten geschlaffen, damit es die Venetianer nicht moͤgten innen werden, uͤber Port geworfen / und den Fischen zur Speiß übergeben: und waren noch zwölfe zu der Zeit, da wir uns darauf befanden, inficirt, davon aber bey Straf füͤnf hundert Streiche auf die Fuß⸗Sohlen kein Mensch gegen uns was gedenken düͤrfen. Sie waren wenig darum bekuͤmmert, daß sie auf solche Weise die ganze Botschaft in Gefahr setzten, als welche im Hin⸗ und Herfahren etliche Stunden mitten unter den inficirten Personen zu bringen muste.

Jm Hinfahren hatten wir widrigen Nord⸗Wind, weswegen Fertigkeit der Schiffleute in ihrer Arbeit. wir das grosse und kleine Bey Segel, alle Hinter⸗ und Vorder⸗Segel, nebst den Flaggen und Mast⸗Baͤumen voͤllig herunter lassen mus sten, welches auch von den Schiff⸗Leuten und Ruder⸗Knechten in solcher Geschwindigkeit geschehen, ohnerachtet diese letztere mit Ketten an einander gefesselt waren / daß alle Instrumenten in einem Augenblick wieder an ihren gehöͤrigen Ort verschlossen lagen, so daß man weder auf den Ruder⸗Bänken noch der Brüͤcke im Schiff was anders als die Ruder⸗Knechte mit ihren Rudern sahe, so die Galeere auf dem Canal fort trieben. Im Hinweg aber hatten wir einen gelinden Ost⸗West⸗Wind / welcher das Schiff ohne einiges Rudern fort brachte / derohalben man mit Aufrichtung der Mast⸗Bäume und Spannung der Segel so geschwind, als vorhin mit dem Einziehen und Niederlassen fertig war. Als wir zu den beiden in Europa und Asien auf dem Canal gegen einander gelegenen Schlöͤssern gekommen sind, wurden dem Herrn Botschafter zu Ehren etliche Stüͤcke geloͤst, und wir kurz darauf aus der Galeere in kleine Schifflein gesetzt, und nach dem Ufer in einen Garten⸗ und Lust⸗Hauß des Sultans unweit Eskikali auf der Seiten Asiens geführet. Jn Lust⸗Hauß des Sultans in Asien. diesem Garten waren die Garten⸗Better an statt des Buchs⸗Baums mit kleinen viereckichten Steinlein belegt, und ist zu vermuthen, daß zur Frühlings⸗ und Sommers⸗Zeit die schönsten Blumen daselbst anzutreffen gewesen; dann weil die Tüͤrkischen und Grichischen Wei ber Ji 3 Zweytes Buch/ Achte Abtheilung / 254 Türkische Weiber Liebhaberin der Blumen. ber zu ihrem Aufbutz sich des Blumen⸗Werks vielfältig zu bedienen pflegen, die Luft und das Erdreich auch uͤber alle massen wol beschaffen ist, so gar, daß man zu allen Jahrs⸗Zeiten und mitten im Winter Veyel, Narcissen, Tulpen, Hyacinthen, Hanen⸗Füsse, Nägelein, Tuberosen, gelbe und weise Lilien, Ringel⸗Blumen, Jesmin / Granaten⸗Blüth und andere schoͤne Gattungen der Blumen in grosser Menge haben kan: so spendiren die Männer grosse Unkosten und allen möͤglichen Fleiß auf Anlegung der Gäͤrten und Erzielung der Blumen: wie dann auch zu glauben, daß derjenige / welcher der Liebe mehr als andere ergeben, ob Er schon in andern Sachen geitzig gnug ist, gleichwol darinnen keine Kosten spahren werde, woraus er nebst dem Ruhm auch doppeltes Vergnüͤgen ziehen, und zugleich sich und sein Frauenzimmer damit ergoͤtzen kan; ja er muß nothwendig für dergleichen Vergnuͤgen um so vielmehr sorgen, je mehr Er diese überreden will, daß sie in sonderbahrer Hochachtung bey Jhm stehen, welche er auch so grosser Liebe werth achtet, daß Er um ihrentwillen die Regierungs⸗Geschäͤfte einem andern uberlaͤßt, und sich wenig darum bekuͤmmert, dafüͤr aber seine Sorge dahin richtet, wie Er seinen Concubinen allerhand Ergötzlichkeiten verschaffen moͤge. Die Gesandtschaft wird auf Teutsche Manier bedient.Aus diesem Garten sind wir in die zwey nechste Zimmer gefüͤhrt worden / wo die Tafeln nach unserer Art schon voͤllig bereit stunden, und unserer gleichsam erwarteten; wie dann auch unterschiedliche Speisen auf Teutsche Manier, jedoch die mehresten darvon auf Tüͤrkische Art mit suͤssen Brüͤhen zugerichtet waren. Dieses aber ist vornehmlich merkwüͤrdig, daß diese Kaiserliche Botschaft mit Tisch⸗Tüchern, Servietten, gestellten Sesseln und Bäͤnken, dergleichen die Tuͤrken sonst gar nicht gebrauchen / wie auch mit silber⸗ und verguͤldeten Messer⸗ und Gabeln samt dergleichen Loͤffeln bedient worden, so vorhero noch keiner Botschaft geschehen / und welches sie alles von den Dolmetschen der andern Gesandtschafften zu dem Ende entlehnt haben: es hatte auch der Groß-Vizir schon etliche Tage vorher einen Aga oder Kuchel⸗Meister nach Haznadar Schiftlik geschickt, der daselbst die Einrichtung unserer Tafel nebst den Speisen wol beobachten solte. Allhier speiste der Herr Groß⸗Botschafter mit dem Groß⸗Vizir und dessen Tochtermann dem Nischanschi Bascha, samt noch dreyen Richtern oder Zahlmeistern des Sultans in einem besondern Zimmer, wel ches Bewirthung des Herrn Botschafters in Asien. 255 ches mit Farben und Gold auf das kostbarste bemahlt, und in dessen Mitte unter einer Gewöͤlb⸗weiß aufgefüͤhrten Vertäflung ein von weisen Marmel verfertigter und mit Koͤrblein von allerhand Fruͤchten rings herum besetzt⸗ und ausgezierter Brunnen zu sehen war, woraus, so lang wir zugegen, das Wasser an verschiedenen Orten herfür gesprungen: die uͤbrigen Theile dieses Zimmers formirten drey länglichte Viereck, so fast einen Werk⸗Schuh höͤher als der üͤbrige Boden war / damit die Sofaus desto bequemer kunten gelegt werden. Nach eingenommenen Mittagmal wurde dem Herrn Botschafter zu Ehren in eben diesen Zimmer auf unterschiedlichen Instrumenten eine dergleichen Music gemacht, als ich schon oben um das Ende des 1. Buchs beschrieben habe, worein einige meinen Gedunken nach nicht unangenehme Stimmen etliche Türckische Lieder abgesungen. Nach diesen wurde von den Chiausen ein Danz, und der Botschaft zu Ehren einige Schau⸗Spiele angestellt; allein wann man die nach ihrer Art wol eingerichtete Music, und die Ringer, welche eine unglaubliche Stärke und Geschwindigkeit bezeigten, ausnahm, so waren solche von nichts als eitel schäͤndlichen Possen, leichtfertigen Leibs⸗Bewegungen und geilen Scherz angefüͤllt, also daß selbige nur zu erzehlen die Schamhaftigkeit verbietet; aber für solche Mäuler gehöͤren dergleichen Delicatessen; und wie die Agenten, so sind auch die Zuschauer, wie dann so gar die vornehmsten Männer und Feld⸗Herrn viel Meil Weeges nach dieser garstigen Kurzweil hieher gereißt / und uns den Zugang dermassen verlegt hatten, daß wir, um derer willen sie doch angestellt waren/ kaum etwas davon sehen / ja nicht einmal so viel Platz behaupten kunten, als wir zu unserem Aufenthalt noͤthig hatten / es muste dann seyn, daß wir uns hätten entschliessen wollen, den heisen Sonnen⸗Strahlen uns zu exponiren. Es haben aber gleichwol diese vortreflichen Schau⸗Spiele, welche vielmehr für geringe Lappereyen und Kinder⸗Possen, aber keines wegs für eine bequeme Ergöͤtzung maͤnnlicher Gemüther zu halten war, einen solchen Beyfall bey diesen Leuten gefunden, daß sie solche nicht genug zu loben noch zu bewundern wusten, und wolte es bey nahe scheinen / als wann sie alle um Geld wären gedungen gewesen / ihr Vergnügen darüber durch ihr lustiges Zuruffen und Hand⸗Klatschen an den Tag zu legen.

Es

256 Zweytes Buch/ Achte Abtheilung/ Es wird sich der geneigte Leser noch erinnern, daß von den Beschreibung der Ringer bey den Türken. Ringern schon einmal etwas gedacht worden, weswegen ich dieselbigen, wie ich sie hier befunden, noch einmal kuͤrzlich beschreiben will, und erkenne ich mich um so vielmehr darzu verpflichtet, da ich schon an einem andern Ort durch mein Versprechen mich darzu verbindlich gemacht: Es sind demnach diese Leute von starken Gliedmassen und Knochen, eben auf die Art, wie die Römischen Kämpfer auf denen alten Gemaͤhlden und an denen Statuen pflegen abgebildet zu werden, und kommen die mehresten von den Janitscharn her; an ihrem Leib sind sie ganz nackend, ausser daß sie lederne Hosen anhaben, welche samt den ganzen Leib mit Oele bestrichen: sie können sich auf keine andere Weiß gegen einander vertheidigen, als daß sie entweder ihre Hände und Fuͤsse um einander schlingen, oder sehen, wie sie ihren Gegentheil bey dem Hosen⸗Band oder dem Schenkel zu fassen bekommen, oder endlich mit aller Gewalt auf ihn loß brennen. Derjenige hat noch lang nicht uͤberwunden, der den andern in die Höhe hebt, oder wider den Erd⸗Boden schmeisst, sintemaln sich einige mit Fleiß anstellen, ols ob ihnen dergleichen durch des andern Force begegnet wäre, da sie doch dardurch oft nur einen desto groͤssern Vortheil über ihren Gegen⸗Part erhalten; sondern derjenige wird für den Überwinder gehalten, welcher den andern zu erst auf Reichliche Belohnung der Obsieger. den Rücken legen kan. Unter die Obsieger wurde diesesmal von denen sonst sehr geitzigen Türken das Gold so freygebig ausgeworfen, daß ich zweifle / ob zwey bis drey tausend Ducaten werden zugereicht Starke Ringer.haben. Wer so viel Courage und Kräfte hatte, daß er nach erhaltener Victorie mit einem andern noch einmal anbinden kunte, wurde so oft beschenckt / als oft er seinen Gegen⸗Part auf den Rücken brachte; wann sich aber einer darzu resolvirte, erquickte er vorhero die bereits ermatteten Glieder mit frischen Brunnen oder Regen⸗Wasser, und brachte sich damit gleichsam neue Kräfte zu wegen. Kurz vor unserer Abreise habe ich in dem Hauß des Janitscharn Aga / als des höchsten Officiers unter der Leib⸗Militz, wie auch bey dem Groß⸗Vizir selbst gesehen, als er auf Geheiß des Sultans uns noch einmal zum Abschied am Ende des Canals bey den süssen Wassern in einem andern Kaiserlichen Lust⸗Hauß gleiche Ehre bezeigte, daß einige von solcher Stärke und Muth gewesen, welche drey, Bewirthung des Herrn Botschafters in Asien. 257 drey, vier, fünfe, auch wol sieben und achte nach einander auf den Rücken genommen; so war auch einer bey erst benannten Aga zwar ein starker, langer und ansehnlicher Mann, der aber nur eine Hand hatte / und doch gleichwol mit seiner einigen rechten Hand fünfe seiner Gegner zu Boden legte; worzu er sich jedoch des Stumpfs an dem andern Arm so vortheilig zu bedienen wuste, daß, wo sich der andere nicht wol vorsahe, er solchen alsobald in dessen Hosen steckte, oder zwischen die Beine brachte, und sonst vortheilhaftig an den Leib setzte, daß jener gleich in dem ersten Anlauf schon auf den Rücken lag. Noch zwey andere, welche für die Stärksten gehalten worden, und deren jeder bey dem Janitscharn Aga sieben uͤberwunden hatte, tratten selbst mit einander einen besondern Kampf an, kunten sich aber im geringsten nichts an haben, ob sie gleich schärfer und länger als alle andere mit einander gestritten; es blieb der Sieg unter ihnen immer zweifelhaftig, und war niemal zu Ceremonien bey dem Anfang des Kampfs. sehen, wem man eigentlich solte gewonnen geben. Der eine davon war ein magerer Mann / der andere kurz und fleischicht, beide aber schwarz von Angesicht und stark von Beinen; dieser letzte pflegte jederzeit auf den Bauch zu fallen, wann er einen von seinen Gegnern auf den Rucken nahm. Der Anfang des Streits und die Zurüstung darzu ist recht laͤcherlich anzusehen, absonderlich wann man die närrschen Posituren und Geberden der Kämpfer betrachtet: Anfangs kommt nur einer allein heraus, wackelt mit dem Leib hin und her, legt die rechte Hand auf die Schulter, und die Linke unter den rechten Arm, welchen er mit eben dieser Hand haͤlt; er gehet wie ein hart trabendes Pferd, wie dann auch der Tüͤrken Gang auf öffentlicher Strassen insgemein also beschaffen ist, setzet aber die Füsse nur immer Seit⸗waͤrts, damit er dem Groß-Vizir und andern vornehmen Gäͤsten den Rüͤcken nicht zu wendete. Wann er vor gemeldten Groß⸗Vizir kommt, bezeigt er Jhm seine Ehrerbietung mit Niederlassung auf das eine Knie und Beruͤhrung der Erden mit der rechten Hand, dessen Fläche er alsdann küͤsset, und an die Stirne drucket; hierauf erhub er sich wieder von der Erden, beugte den Leib vorwärts, legte den rechten Fuß an das linke Schin⸗Bein, wo die Fersen anheben, die Händ aber hielte er bestäͤndig auf diejenige Art, wie er bey seinem Vortritt gethan, ausser daß er anjetzo mit dem völligen rechten Arm auf dem rechten Knie ruhete, und den linken dar Kk 258 Zweytes Buch / Achte Abtheilung / darzwischen hatte / und in dieser Positur wartete er, wann er zu erst heraus gekommen, oder als Uberwinder auf dem Kampf⸗Platz geblieben, auf seinen Mit⸗Kämpfer. Endlich stellt sich auch der andere mit gleichen Schritten ein, macht gleiche Figur und Geberden, stellt sich demjenigen zur linken Seiten, den er auf den Platz angetroffen, grüͤsset auf gleiche Weise den Groß⸗Vizir/ und beobachtet alles andere, wie der vorige gethan hat. In solcher Stellung nun verharren sie eine zeitlang, halten beide Hände auf den Knien, deren jedes sie mit der flachen Hand fassen; alsdann machen sie dem Groß⸗Vizir zum andermal ihre Reverenz, tretten einige Schritt zurücke, und stellen sich mit dem Gesicht gegen einander, begrüssen sich selbst, zum Zeichen, daß sie diesen Kampf nicht aus Feindschaft, sondern nur andern zu gefallen vornehmen; hierauf schlagen sie wiederum die Hände dreymal gegen einander, gehen einige Schritt vorwärts, damit sie einander fassen köͤnnen, schlagen zum drittenmal die Hände in der Luft zusammen, fahren mit solchen und den Köͤpfen gegen einander, klopfen eben so oft auf ihre mit Oel beschmierte Hosen, daß es in der Luft schallet, verändern ihre Stelle, so daß derjenige, der vorher zur rechten Seiten gewesen, nun auf die Linke zu stehen kommt, und stellen sich an, als hätten sie etwas verlohren, welches sie wieder suchen muͤsten, oder als ob sie sich einen bequemen Ort zum Kampf aussuchten. Letzlich gehen sie lang herum, wischen das Fett von den Fingern mit Graß oder Sand ab, betrachten ihren Feind von Kopf bis auf die Fuͤsse, und bemerken bey sich, wo sie ihn am bequemsten fassen und beykommen koͤnnen, und fangen hierauf den Kampf selbst auf diejenige Weiß und in derjenigen Ordnung, wie ich jetzt beschrieben habe, entweder erst an/ oder es nimmt der eine aus ihnen solchen zum öftern vor. Wann nun der Kampf zu Ende, bezeigen sie dem Groß⸗Vizir ihre Ehrerbietung zum andernmal, und begrüͤssen sich auch wiederum selbsten, um gleichsam den Zuschauern eine neue Versicherung zu geben, daß dieser simulirte Streit nur auf jenes Geheiß und der Anwesenden Belusti Præmium der Uberwundenen.gung vorgenommen worden. Der Uberwundene bekommt so dann von dem Haznadar Baschi / oder dem Schatz⸗Meister des Der Uberwinder. Groß⸗Vizirs / einen Rheinischen Gulden oder Viertels⸗Ducaten, damit er sich seines Unsterns in etwas trösten kan, und wandert damit fort; der Obsieger aber, wann er sich mit keinem andern mehr Bewirthung des Herrn Botschafters in Asien. 259 mehr einlassen will, erhäͤlt nach voͤllig geendigten Kampf doppelt so viel, und das so oft, als er einen neuen Sieg davon trägt, bisweilen legt der Groß⸗Vizir dem gewoͤhnlichen Preiß noch etwas bey, wann er entweder seine Freygebigkeit will spuͤhren lassen, oder eine sonderbare wol angebrachte List und Tapferkeit an den Obsieger bemerket / womit er seinen Feind überwunden. So bald sie aber diese Belohnung erhalten / werden sie von den Chiausen / Stummen / Deli / Mavi oder Zwergen / und den Efendi oder Schreibern umringt, welche ihnen mit ihren Schmeicheln wiederum so viel abbetteln, daß ihnen kaum was davon übrig bleibt, weil sie gerne in Beyseyn anderer, ob sie es schon sonst nicht sind, für freygebig gegen diese knechtische Leute wollen gehalten werden, worzu sie auch durch den Hochmuth / der ihnen aus ihren erhaltenen Sieg zu gewachsen, um so viel eher zu bringen sind; wiewol sie es auch darum thun moͤgen, weil sie ihrer Hüͤlfe bey Uberreichung ihrer Suppliquen anderweit wieder benöthigt, als worzu ihnen sonderlich die Ars Aglar / deren neune an der Zahl, behülflich seyn köͤnnen, weswegen sie dann in Erwartung eines grössern Nutzens und gewisser beständiger Einkünften ein so geringes nicht ansehen; wie dann dergleichen derjenige, so mit einer Hand fuͤnfe, und der andere, der mit seinen zweyen Fäusten achte erleget hat / auf der Stelle erhalten haben / weil sich der Groß⸗Vizir über ihre erwiesene Stäͤrke ungemein verwundert, und deswegen auf ihr Ansuchen so gleich ein gnädiges Fiat gesprochen.

Nach diesem Kampf⸗Spiel stellten sich diejenigen ein, so zu Fuß Gauckler und TaschenSpieler. im Pfeil⸗Werfen geübt seyn wolten; es haben aber jene zu Pferd mehr Geschicklichkeit dabey gewiesen. Hierauf kamen die Gauckler und Taschen⸗Spieler zum Vorschein, aus welchen letztern einer ein Ey mit solcher Fertigkeit aus einem Sack herfür gebracht, daß derjenige thöricht genug häͤtte seyn muͤssen, welcher den Kerl wegen seiner Geschwindigkeit für einen Hexen Meister halten wollen. Alsdann stellte er sich, als hätte er einen eisernen Ring durch seine Nasen gezogen, an welchen er eine Ketten legte, und sich daran herum führen ließ. Ein anderer hat zwo feurige mit einem gewissen Spiritus bestrichene Kugeln sich an dem blosen Rucken ohne Schaden und Schmerzen herunter laufen lassen, und als er solche nachgehends in den Mund stecken wolte, hat er, nicht ohne Gelächter der Umste hen Kk 2 Zweytes Buch / Achte Abtheilung / 260 henden, seinen grauen Bart daruͤber versengt, welches ihm auch wiederfahren, als er eine angezündete Baum⸗Wolle zu verschlucken sich anstellte, und die Funken und Flammen davon aus dem Mund heraus jagte, wie auch, da er eine mit Pulver und Salpeter angefüllte Feuer⸗Kugel in den Händen loß⸗brannte. Noch ein anderer setzte auf eine an vier Fäden hangende Waag⸗Schale erstlich eines, dann zwey, drey, vier Thee⸗Köͤpgen, die er etlichmal um den Kopf herum geschwungen; auf diese Köͤpgen oder Becherlein legte er einen hoͤlzernen Teller, auf den Teller wiederum drey solche Becherlein, auf diese ein länglicht⸗rundes in Gestalt einer Walze formirtes Holz, und endlich auf dieses Holz noch das achte Becherlein, welche er alle auf gleiche Weise herum geschwungen. Zu letzt hat er ein ganz rares Stuck seiner Kunst zeigen wollen, und zu dem Ende zwey dreyfüssigte Schuster⸗Stühle genommen, auf solche zwey Gläser von einerley Grösse und in gleicher Weite gesetzt, hierauf nun legte er einen Stecken, welcher wenigstens Arm⸗dick und nur an jedem Ende / wo er auf den Gläsern auflage, dünn und abgehobelt war; alsdann schmieß er mit einem ungeheuern Kolben mit aller Force darauf, und schlug oder schnitte vielmehr den Stecken, wo er am dicksten zu seyn schiene, in zwey gleiche Theile, ohne daß die Gläser dardurch im geringsten verletzt worden; ehe er sich aber darüber wagte, gieng er lang herum, betrachtete bald die Käule, bald die Gläser, dann wieder die Stühle, und drehete den Stecken bald auf diese bald auf jene Seiten; es kam auch sein alter Nachbar Menedemus, der ihn von seinem Vorhaben abwendig zu machen suchte, ja wol gar, da er den Streich bereits führen wolte, mit Gewalt abhielte, und ihm die Gefahr vorstellte, in welche er sich hierdurch begebe, welches ich alles aus des Manns ängstigen Geberden abnehmen kunte, ob ich schon seine Worte nicht verstunde, noch jemand bey der Hand hatte / der sie mir verdolmetschen können.

Wann einer aus den Unsrigen ungefehr vor einem ihrer Feld Türkische Höflichkeiten gegen die Unsrige bey den SchauSpielen.Herrn oder sonst vornehmen Mann zu stehen kam, und nicht geschwind genug Platz machte, schriehen ihm gleich ihrer etliche auf einmal nach ihrer gewohnten Höflichkeit an: Haida! pack dich weg / und überlasse die Stelle einem vornehmern / als du bist; oder wie man bey uns sagt: Heller steh auf / laß den Pfenning nieder sitzen; gleich als ob weiß nicht was für praͤch tige Bewirthung des Herrn Botschafters in Asien. 261 tige Schau⸗Spiele die Römische Bau⸗Herrn hätten anstellen lassen, da doch, wie schon gedacht, die Schul⸗Jungens und Bauern auf den Jahr⸗Märkten bey uns sich wol besser wuͤrden darein zu schicken gewust, auch wir uns wol deswegen die Müͤhe nicht genommen haben, einen Schritt weit darnach zu gehen, wann es nicht um des argwöhnischen Volkes willen geschehen wäre / weil es sonsten einer Verachtung gleich geschienen, wann wir ihre vortrefliche SchauSpiele des Anschauens nicht einmal häͤtten wuͤrdigen wollen.

Auf die Gauckler und Taschen⸗Spieler folgten die Schützen, StuckSchuͤtzen bey den Türken. welche noch eher verdienten, daß man ihnen zu schauete. Vorhero wurden alle Schiffleute von den kleinern Schiffen ermahnet, daß keiner naͤher hinzu fahren solle; so dann kunte man auf dem Wasser einen grossen viereckichten Block sehen, auf welchen ein mit MeerWasser angefüͤllter Krug stunde, und das Ziel abgeben muste, nach welchem man aus der Galeere mit zwölf Stücken geschossen, der doch gleichwol unverletzt davon kommen, die Kugeln aber, welche wegen starker Ladung üͤber das Ziel hinaus gefahren, machten lustige Sprünge auf dem Wasser, und den Zuschauern nicht wenig Vergnügen. Dieses Ziel wurde auf die Letzt näher gegen das Ufer gebracht, wornach der Groß⸗Vizir mit seiner Flinten ziehl Groß⸗Vizir ein guter Schütz. te und fünf Krüg nach einander auf eben so viel Schuß absetzte, da Er schon vorher nach gehaltener Tafel, als ein grosser Liebhaber des Schiessens, etliche See⸗Voͤgel aus der Luft herunter gelanget, deren es zu Constantinopel und auf dem gantzen Canal eine unbeschreibliche Menge gibt / und eine Art von Speyern oder TauchEndlein ist, die das gemeine Volck Fischer nennen. Hierauf liessenGehaltenes Schiessen der Janitscharn. die Janitscharn und Topchi oder Büͤchsen⸗Meister und StuckGiesser nach der Reihe ihre Kunst im Abschiessung ihrer schwehren Büchsen sehen, womit sie das Ziel gar oft getroffen haben, etliche aber wurden durch die Gewalt des Geschüͤtzes auf sechs Schritt weit zuruck geschlagen und auf den Rucken gelegt; und wann einige das Ziel getroffen, wie deren viele gethan, erhielten sie jederzeit einige Ducaten zum Recompens, wobey so wol die gesammten Schüͤtzen, als auch der Groß⸗Vizir selbsten, durch ein freudiges Ausschreyen sich vergnuͤgt bezeigten; wie es dann auch nicht genug zu verwundern, daß viele mit so schwehren Buͤchsen, ohne sie aufzulegen, das Ziel treffen köͤnnen / sintemaln sie solche nur an die Brust setzten / und Kk 3 Zweytes Buch/ Achte Abtheilung / 262 und aus freyer Hand von oben herunterwaͤrts zielten, und alsdann loß druckten, worbey manche zur Bezeugung ihrer Stärke solche noch etlichmal in der Lufft herum geschwungen. Endlich ist der Klotz, worauf die Krüge gestanden, von dem hinein geschossenen Bley also beschwehrt worden / daß solcher nimmer in der Höhe schwimmen wollen, und man keine Krüge mehr darauf stellen köͤnnen, wie sehr man sich auch bemuͤhet hatte, weswegen dasjenige, was von dem Wasser noch heraus sahe, zum Ziel dienen muste, da man dann die bleyerne Kugeln allenthalben auf dem Wasser herum springen sahe, davon einige mehr dann ein halb Pfund gewogen, wie dann an den Büͤchsen selbst ein starker Mann genug zu heben hatte, und doch gleichwol schossen solche die meisten ab, ohne daß sie dieselbige irgend worauf gelehnt hatten, und verursachten ein solches Prasseln, als kaum ein wol geladenes Stuck zu thun vermag.

Groß Vizirs Sohn stellt sich ein. Hier fande sich des Groß⸗Vizirs mit seiner ersten Gemahlin erzeugter Sohn samt noch einem andern jungen Herrn ein, so wol die Schau⸗Spiele mit anzusehen, als auch dem Herrn Groß⸗Bot Ehr-Bezeugung dem GroßVizir von dem Staats und KriegsBedienten. schafter ihr Reverenz zu machen. Dem erstern kuͤßten viele der Vornehmsten aus Flatterie die Hand; wann aber einer von den Feld⸗Herrn oder Staats⸗Bedienten sich dem Groß⸗Vizir näherte, Jhm den Saum des Rocks zu küssen, berührte dieser zum Zeichen der Wolgewogenheit jenem die Hand. Endlich hat sich die ganze Festivität mit einer Abend⸗Malzeit geendiget, nach welcher der Herr Botschafter mit einem seidenen Rock von Zobel, die andern mit seidenen von vielen Farben gestickten Tuͤchlein beschenkt, alsdann auf kleinen Schiflein wiederum nach der Galeere gebracht worden, ausgenommen diejenige, welche sich schon vor der Zeit dahin, oder wol gar nach Hauß begeben hatten, worunter sich auch der Freyherr von Locher und der Herr von Steger befunden, als die noch nicht vollig restituiret wiederum durch die Kälte und Ausdaͤmpfungen des Meers ein Recitiv von einem Fieber bekommen. Ehe wir noch völlig absegelten, wurde mit dreyen Stucken ein Zeichen gegeben, und hierauf die Ruck⸗Reise nach Constantinopel genommen, auch viel eher als die Hin⸗Reise absolvirt / wobey auch, wie schon oben gemeldet, wegen des guten Winds / die Ruder⸗Bursche nicht viel zu thun fanden, sondern ihre Ruder für diesesmal kunten ruhen lassen. Als wir noch auf dem Weeg nicht weit vom Garten und Bewirthung des Herrn Botschafters in Asien. 263 und dem Serrallien waren, kame der Groß⸗Vizir auf einer Galeere mit 24. Rudern hinter uns drein, welchen der Schiff⸗Herr bey dem Aussteigen mit drey Stuck⸗Schuͤssen begruͤßte, jener aber gerades Weegs nach dem Hafen segelte. Die Galeere war mit lauter kleinen Schifflein umringt, welche uns, da wir in den Hafen eingefahren, gegen dem Zeug Hauß zu ans Land setzten, und unterdessen von dem Wind, absonderlich wo das Meer von dem Hellespont sich mit dem Canal des schwarzen Meers vereinigt, hin und her getrieben; dabey es sehr angenehm und lustig anzusehen war, wie die Delphinen im Meer herum spielten. Unsere Pferde fanden wir an dem Ufer an eben demjenigen Platz / wo wir sie des Morgens verlassen hatten, worauf wir unter Begleitung vieler Lichter wiederum nach dem Lager marchirten. Der Herr Botschafter war der Letzte im Aussteigen so wol aus der Galeere, als auch aus dem kleinem Schiff / welches Er um dieser Ursach willen also gehalten, damit nicht etwan einer zu Nachts⸗Zeit von den Tuͤrken entfuͤhret würde, woferne er zu weit von dem Weeg abkommen solte: und nachdem wir endlich um 10. Uhr zu Hauß glücklich angelangt, haben wir den Scherbeth und das Salz⸗Wasser mit guten lautern Wein wiederum abgewaschen.

Den 19ten September, als am Tag des Heil. Materni / Herr Botschafter wird auf die Jagd gefüͤhrt. schickte der Groß⸗Vizir fuͤnf seiner Falkner und unter andern auch den Dodangi Baschi / oder Obrist⸗Falkner mit ihren Sperbern, welche, wie er des Tags zuvor versprochen, den Herrn Botschafter auf die Jagd führen solten, so auch nicht leer abgelaufen, sintemaln wir, ohne die Haasen, Wasser⸗Schnepfen, welche unsere Jäger mit ihren Flinten geschossen, oder mit den Hunden eingeholt, mit diesen Stoß⸗Voͤgeln eine gute Anzahl Wachteln bekommen. Sie Art / die Vögel mit Sperbern zu fangen. halten solche Vögel mit der vollen Faust, und haben sie nicht, wie unsere Falkner, nur auf den Häͤnden stehend; wann nun ein anderer Vogel aufstehet, der etwan von den Hunden aufgesucht oder durch die Reuter aufgetrieben worden, wirft derjenige, so am nechsten dabey ist, seinen Sperber nach demselbigen, wird er nun nicht alsobald im ersten Anwurf von ihm ergriffen, so ist es darum gethan, und der Vogel dieses mal der Gefahr entgangen.

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264 Zweytes Buch / Neunte Abtheilung / Neunte Abtheilung.

Ein Schiff gehet auf dem Canal zu Grund. EBen zu dieser Zeit gieng auch der Ingenieur-Hauptmann Herr von Oebschelwitz üͤber Constantinopel nach Pe ra / die Eintheilungen der neuen Wohnungen daselbst zu machen, und kam erst auf den andern Abend mit der betruͤbten Nachricht wieder zuruck, daß selbigen Tag 24. Personen mit samt einem Ruder⸗Schiff oder Tschaicken durch Ungestümm der Wellen auf dem Canal zu Grund gangen, und sich niemand, als der Schiff Die Gesandtschaft wird wegen des Hn. Botschafters in Sorgen gesetzt. mann mit Schwimmen salvirt hätte; wordurch wir alle in die gröste Bestürzung gesetzt worden, weil wir den Herrn Botschafter auf die Nacht zuruck erwartet, als der in der Früͤhe mit den Grafen Bathyani und Sebastida zu dem Eidam des Groß⸗Vizirs, dem Nischanschi Bascha, gegangen, und dahin einen noch weitern Weeg, als wir letztens gewesen, nehmen und fast den ganzen Canal erst umreiten muͤssen, bis Er zu dem Schiff gekommen, mit welchem Er sich nach Asien überfüͤhren lassen, von dar Er zu Wasser wieder nach Hauß zu kehren gesonnen war; Er hat sich aber der Ungestümme des Meers, sonderlich zu Nachts⸗Zeit, nicht überlassen wollen, sondern nur über den Canal gesetzt, von dar den Weeg zu Pferd gar nach Pera genommen, und allda bey dem Præsent an den Holländischen Gesandten. Französischen Botschafter uͤbernachtet. Um eben selbige Zeit wurde auch dem Stall Meister des Herr Botschafters, Herrn Brinkman / aufgetragen, dem Holländischen Gesandten einen Zug braun⸗rother Pferde zu einem Present zuzuführen / welche Com Erscheinungen der Gespenster.mission er auch so gleich expedirt. So wurden auch um diese Zeit einige Bediente des Adels etliche Nächte hinter einander durch Nacht⸗Gespenster erschreckt, und unter andern auch ein Falckner, welcher aussagte, daß er einesmals einen grossen langen Mann, im weisen Kleid, einen hohen Bund auf dem Kopf, und einen knottigten Bruͤgel in der Hand auf sich zugehen sehen, der ihn zugleich entsetzlich getrohet hätte, weshalben er gleich den andern Morgen das Hauß verlassen, und durch kein Zureden wieder da Was die Türken von dem Gespenstern halten. rein zu bringen gewesen. Als wir nun unsern Füͤhrer den Mehemet Aga / Kaiserlichen Cämmerling, darum befragten, was sie hier 265 Anstalten zu dem Aufbruch nach Pera. hiervon glaubten, sagte dieser aberglaubische Türk: es wäre bey ihnen nichts neues, und wuͤrden dergleichen durch die ganze Türkey gar viele gesehen, man hätte sich aber nichts Böses von ihnen zu vermuthen, es wären nur Hauß⸗Geister, welche auf das Hauß Achtung gäben / und für die Wolfarth der Jnnwohner Sorge trügen.

Vom 21. September bis den ersten October hat man von WachtelFang und HaasenJagd. frühe bis auf den spathen Abend fast nichts gethan, als mit Wachtel⸗Fangen die Zeit passirt, so daß einige der Unsrigen schier täglich dreysig bis funfzig Wachteln nach Hauß gebracht; es hatten auch die Haasen und Rebhüner kein besseres Glück zu geniessen, als welchen auf dreyfache Manier, mit Hunden, Vogeln und Flinten nachgestellt worden, wie dann so gar die Hunde, wann sie nur füͤr sich selbst ausgegangen, Haasen mit sich zuruck nach Hause gebracht; es waren aber dieselbige gleichwol nicht in solcher Menge, als wie die Wachteln, vorhanden, von welchen man glauben solte, daß sie auf keine Weise koͤnten vertilgt werden; dann wo man heute zehen geschossen, kunte man Morgen wiederum zwanzig an deren Stelle antreffen: davon aber die eigentliche Ursach ist, weil diese Ursach der Menge Wachteln in der Türkey. Vögel zur Herbst⸗Zeit unsere Länder verlassen, und sich waͤrmere aussuchen, dahero sie dann hier aus allen Abend⸗ und Mitternächtigen Ländern zusammen kommen; und weil sie von dem langen Fliegen ermüdet sind, lassen sie sich, ehe sie uͤber den Hellespont und dem Canal des schwarzen Meers nach Natolien oder klein Asien über fliegen, an dem Europaͤischen Ufer nieder, damit sie gleichsam von ihrer weiten Reise daselbst etwas ausruhen möͤgen. Es Zweyerley Art Lerchen und Rebhuͤner. werden auch in diesen Ländern zweyerley Gattungen Rebhuͤner und Lerchen gefunden, davon die eine an Kamm, Federn, Stimme, Gröͤsse, Geschmack und allem andern den Unsrigen ganz gleich kommen; die andere aber ist noch einmal so groß, absonderlich was die Rebhüͤner anbelangt, welche auf der Brust schoͤne rothe Federn haben, und so wol daselbst als um den Kopf mit schwarzen Flecken bezeichnet sind: so haben sie auch einen unterschiedenen Geschmack / der aber den Unsrigen an Annehmlichkeit nicht beykommt.

Dem Herrn Groß⸗Botschafter wurde unterdessen von dem Groß⸗Vizir eine Buͤchse verehrt, so eine von derjenigen Art war, woraus Er neulich auf dem Kaiserlichen Lust⸗Hauß geschossen hatte. Ll Es Zweytes Buch / Neunte Abtheilung / 266 Es besuchten auch Se. Excellentz in Begleitung der Baronen von Zweiffel und Hörde den Capudan Bascha / oder obersten Vorsteher über das See⸗Wesen, welcher seine Wohnung beständig an dem Hafen ohnweit der Zeug Häuser hatte; dann auch zu verschiedenenmalen den Französischen Gesandten, worzu Sie sich den Marggrafen Besora / Grafen Bathyani und Norbert Kollovrath, und wiederum die Baronen Zweiffel und Hoͤrde zu Begleitern erwehlt hatten; einige aber aus dem ersten Adel als der Marggraf Besora / Graf Nesselrode und Kinigl besuchten Jhn auch zu einer andern Zeit, und zwar als Er sich dieser Tagen auf seinen LustHauß zu St. Stephan nicht weit von unserm Lager aufhielte: es Französische Gesandte von dem Herrn Botschafter tractirt. legte aber der Französische Gesandte mit seiner Frau Gemahlin aus dem alten Hauß Birron und einigen Adelichen Frauenzimmer auch etlichen vornehmen Französischen zu Pera wohnenden Kaufleuten bey unsern Herrn Botschafter gleichfals die Visite ab, von welchem Sie mit einem herrlichen und kostbarn Mahl, und dabey mit 19. fremden Weinen, als Tokaier, Ofner, Insulaner, Oesterreicher / Rheinischen, Mosellaner / Burgunder, Champagner rc. tractirt worden; und musten solche Ergötzlichkeit die angenehmste und hier zu Land wenig bekannte Music, und die unter freudigen Trompeten⸗Schall herumgetrunkene Gesundheiten Seiner Kaiserlichund Catholischen Majestät / wie auch Sr. Majestät des damals noch minderjährigen Koͤnigs in Frankreich / als zweyer durch neue Buͤndnuͤß vereinigten Prinzen, samt der guten Harmonie der anwesenden Gäͤste vermehren: nach dessen Endigung haben Se. Excellentz das Frauenzimmer in denenjenigen Wagen, in welchen Sie solche abholen lassen, auf den Abend auch wiederum nach Hauß zu bringen befohlen.

Einige werden in die Stadt voraus geschickt. Dazumal wurde der Herr von Dierling / Herr Theyls / Eurich / und Schmid um einiger Verrichtungen wegen in die Stadt / der Herr Hofmeister Kern aber, wie auch beide Herrn Meier / nebst noch einigen andern mit der groͤssern Bagage, und denen So Ein Sclav aus der ObernPfalz nach Frankreich geschickt.faus / welche Se. Excellentz / zu Auszierung zweyer Zimmer verehrt bekommen, nach Pera voraus geschickt. Es kam auch ein Sclav, aus der Obern⸗Pfalz gebürtig, der seinen Herrn davon gelaufen, zu uns, um des Herrn Botschafters Protection zu ge genies Anstalten zu dem Aufbruch nach Pera. 267 niessen; weil man ihn aber allhier um der Auskundschafter willen nicht vor sicher genug achtete, haben Se. Excellentz ihn mit Kleidern und Geld versehen, und dem Französischen Gesandten zugeschickt, welcher ihn auf ein Schiff gethan / dem Schiff⸗Patron aufs beste anbefohlen, und nach Frankreich überführen lassen. Ein anderer von Stockholm gebuͤrtig, mit Namen Michael / ein zwanzig jähriger Mensch, Lutherischer Religion, ist gestorben, und den Tag zuvor zur Römischen Kirche uͤbergetretten, nachdem er sich schon lang an einem innerlichen giftigen Fieber uͤbel befunden, aber nicht eher als etwan zwey Tag vor seinem Ende es denen Medicis offenbahret; weil nun die Krankheit schon uͤberhand genommen, kun Ursach / das viele hingestorben sind. te ihm unmoͤglich mehr geholfen werden; und auf dergleichen Schlag machten es viel andere, welche auch darum des Ubels entweder gar nicht kunten loß werden / oder doch zum oͤftern ein Recitiv bekamen; dann sie hielten sich entweder nicht an die Vorschrift der Herrn Medicorum, oder gebrauchten Arzney, da es schon zu lang gewartet war. Es ist zwar an dem, daß diese Herrn solche in dasigen Läͤndern gar gewöhnliche und sehr um sich reissende Krankheit gleich Anfangs nicht recht erkennt, jedoch durch die Erfahrung das Ubel dermassen eingesehen, daß sie nachgehends einen gar leicht davon abhelfen kunten, wann man sie noch zur rechter Zeit um Huͤlf angesprochen. Es sind auch einige, als der Freyherr von Hörde / Herr Verspottung von dem Pöbel und Kindern. Müͤller ein Geistlicher, Herr Hulin der Leib⸗Arzt / Heckmann / und MomartzEs ist unklar, welcher der beiden Brüder Momartz gemeint ist. nach Constantinopel gegangen, das in aller Welt so beruffene Gefaͤngnuͤs der Sieben Thürne in der Naͤhe zu betrachten, musten sich aber von dem Poͤbel und den ungezogenen Kindern brav verspotten lassen, ohnerachtet sie einen Janitscharen bey sich hatten, als welche ihnen ihr gewoͤhnliches Ana sen sictim Jaour immer zuruften, welches auch dem Herrn von Dierling fast so oft begegnet / als er in der Stadt zu thun gehabt.

Den 29 und 30ten September wurden viele dergleichen WaEilfertiger Aufbruch aus dem Laͤger. gen angeschafft / deren sich die Türkischen Weiber zu bedienen pflegen, wann sie ausfahren wollen, worauf unsere schon eingepackte Sachen fein hurtig nach Pera solten gebracht werden / weil die Rede gieng, als ob der Sultan den 3ten October Sich aus der Stadt nach Taut Bascha, einem Kaiserlichen Lust⸗Hauß, das nicht Ll 2 268 Zweytes Buch / Neunte Abtheilung / nicht weit von unserm Lager entlegen war, begeben, und daselbst etliche Täge aufhalten wolte, weswegen wir mit unsern Leuten weichen musten, damit nicht, wann beederseits Bediente zusammen kommen solten, Streit unter ihnen entstuͤnde, wie bey dergleichen Volk gar gemein ist, und wordurch gar leicht das Völker⸗Recht, Entdeckte Aufruhr der Janitscharn.der Friede und der gemeine Ruhe⸗Stand hätte leiden duͤrfen; wir haben aber nachgehends erfahren / daß dieses Gericht darum ausgestreuet worden, weil, wie ich um die Mitte dieses Buchs schon etwas wenigs davon beruͤhrt, zu Constantinopel unter den Janitscharn eine Aufruhr entdeckt worden, vermoͤg deren sie uns in dem Läger alle auf eine Nacht und alsdann auch die übrige Franken massacriren wolten. Der Anfang wurde schon dazumal gemacht, als man im vorigen Monat unsere Wachten verdoppelt hatte, und sind der vornehmsten Rädelsfuͤhrer nicht mehr als 40. gewesen, wel Deren Abstraffung.che aber alle gefangen und ihnen entweder der Kopf abgeschlagen / oder der Hals zugeschnuͤrt, oder in einen Sack eingebunden und lebendig ins Meer geworfen worden. Und mit solcher Manier, da man uns weiß gemacht, der Sultan wuͤrde sich auf seinem LustHauß einfinden, sind wir eher als wir gehoft, ob schon nicht so bald, als wir gewuͤnscht, nach Pera unter das truckne Dach kommen, worzu der Janitscharen intendirter Aufruhr uns verholfen: und daselbst werden wir nun 6. Monat und sieben und zwanzig Tag verbleiben.

Ende des Zweyten Buchs.

Der
Der Historischen Nachricht Von der Röm. Kaiserlichen Groß⸗Botschaft nach Constantinopel / Drittes Buch / Enthält in sich die Zeit / in welcher sich die GroßBotschaft zu Constantinopel aufgehalten.
Erste Abtheilung.

SO haben wir demnach das vorige Laͤger verlassen, und Beziehung der Winter⸗Quartier zu Pera. uns nach Pera in die Winter⸗Quartier begeben, welches eben an unsers Grossen Kaisers Geburts⸗Fest / nemlich den 1ten October, geschehen, wordurch wir aber leider verhindert worden, daß wir deswegen keine öͤffentliche Freuden⸗Bezeugungen anstellen können, sondern uns an dem innerlichen Vergnügung über diesen höchst glüͤckseeligsten und von uns erfreulichst⸗erlebten Tag contentiren lassen: Und weil wir unsere Bagage voraus geschickt, sind wir zu Wasser bey den Sie Ll 3 Drittes Buch / Erste Abtheilung / 270 Sieben Thuͤrnen und Klein Asien vorbey gefahren, und haben dahin, weil uns der Wind favorisirte / einen küͤrzern Weeg genommen, auch zugleich Gelegenheit gehabt, die beweinens⸗wuͤrdi Bysantinische ruinirte Alterthümer.ge Merkmale des alten Bysanz / und anderer denkwürdiger Alterthümer, welche von den Grichischen und Römischen Kaisern hinterlassen worden, hier und dar an den Mauern zu beobachten. Viele Grichische Schrifften hat die alles verzehrende Zeit durch den Regen, Schnee, und anderes Ungewitter dermassen zu nichte gemacht, und das angewachsene Epheu und Meer⸗Graß also bedeckt / daß man nichts mehr davon lesen kunte; die Triumph⸗Boͤgen waren mit Steinen ausgefüllt und verschlossen, die aus Marmor gehauene Löwen / Greyphen, Säulen, deren Gestelle oder Blatten, Capitel, Durchzüge, samt den von Corinthischer, Jonischer und Dorischer Arbeit verfertigte Auszierungen sind zum Theil in die Mauern eingemauert, theils die Steine davon anderweit hin verbraucht oder wol gar ins Meer versenket worden. Sonst ist der Prospect von dieser Stadt Prospect der Stadt.ganz ungemein, so wol wegen des anstossenden Meers, als auch wegen des gegen über liegenden Klein Asiens, wohin man so wol als auch in die umliegenden Insuln mit groͤster Plaisir sehen kan, welches auch durch die auf den Huͤgeln an den Haͤusern liegenden und mit Pyramiden⸗weiß besezten Cypressen⸗ Yben⸗ und Cedern⸗Bäumen einen noch mehrern Zusatz bekommt, dabey die von dem vor einem Jahr daselbst entstandenen Brand überbliebene Klötze und Stämme an vielen Orten wie durch einen Wald oder Rauch herfür scheinen. Viele von diesen Haͤusern haͤngen uͤber die Stadt⸗Mauern an das Meer hinaus, haben aber darum gleichwol von Wind und Wellen im geringsten nichts zu fürchten. An den Mauern hinan Thürne und Pförtgen an den Mauern. stehen überall vierzig Schritt weit die Thüͤrne, von einigen HauptThorn aber ist auf dieser Seiten nichts zu sehen, sondern nur einige kleine Pförtgen, gleich den Hintern⸗Thürn an den Häͤusern, durch welche man die Kaufmanns⸗ und Eß⸗Waaren mit kleinen Schifflein in die Stadt bringt, weil die grosse und schwer beladene Schiffe wegen des felsichten Grunds allhier nicht einlaufen koͤnnen, da hingegen die Kähne, Nachen und andere Fahrzeuge hinter diesen Felsen eine desto groͤssere Sicherheit finden, welche sie auf der Hoͤhe des Meers Stücke am Meer.nicht geniessen würden. Auf derjenigen Seite, wo das Meer an dem Serallien vorbey fließt, waren viel grosse Metallene Stücke geflan zet, Von Beziehung der Winter⸗Quartiere/ rc. 271 zet, so auf mit Rädern versehenen Gestellen ruheten, und auf die feindliche Schiffe Acht hatten, wo etwan einige in den Hafen einlaufen wolten. Die Mund⸗Löcher von denen Stuͤcken, nebst den Rädern, Naben und Rad⸗Speichen waren alle mit Berg⸗Zinober angestrichen: etliche davon hatten so viel Mund⸗Löcher, daß oft nur ein einiges Stuck sieben, neune, zwölfe, zwanzig bis dreisig Kugeln aus eben so viel Röhren auf einmal schossen, als welche alle zusammen gar kuͤnstlich in einander laufen; andere hatten vorne eine so weite Oefnung, daß man eine grosse Menge von Flinten Kugeln / Ketten und allerley altes Eisen⸗Werk hinein laden kunte. Auf eben dieser Meer⸗Enge zwischen Pera und Constantinopel fanden wir einige gefangene Christen⸗Sclaven, die zu aller gefährlichen Arbeit verdammt, und nun in Herfuͤrsuchung der Waa Gefährliche Sclaven Arbeit.ren und Stüͤcke eines zu Grund gegangenen Schiffs aus dem Wasser beschäͤftiget waren, welches dann ohne ihren grossen Nachtheil nicht geschehen kunte; wie dann schon drey auf selbigen Schiff ersoffen seyn, ehe sie noch zwey Stüͤcke gefunden hatten. Den zweyten Tag nach unserer Ankunft hat der VenetianiEinzug des Venetianischen Botschafters. sche Botschafter seinen Einzug gehalten, welchen wir mit unsern prächtigen Aufzug ein noch grössers Ansehen gemacht. Dann es wurden aus dem ersten Adel viere erwehlt, nemlich die Grafen Sebastida und Bielinski / die Freyherrn von Zweiffel und Höͤrde / wie auch der Herr von Dierling / Secretaire bey dieser Botschaft, nebst dem Dolmetsch Herrn Theyls; aus dem zweyten Adel wurden gleichfalls viere ausgelesen, als die Herren von Weipeler, Außem / Studenitz und Klimberg: und eben so viel aus den Hauß⸗Bedienten, namentlich Herr Kern / Brinkman / Swibert und Holzbauer Es handelt sich nicht um zwei Personen, sondern um eine Person, nämlich den Musiker Swibert Holzbauer. / darzu auch noch ich samt zwöͤlf Laqueyen ernennet, um diesen Einzug zieren zuhelfen. Es waren auch sonsten die Franzosen gewohnt, den Aufzug dieser Gesandtschaft, mit einiger ihrer Leute zu verstärken / man hat sich aber dessen für diesesmal um eines entstandenen Streits willen wegen einiger Sclaven, so mit Französischen Geld erkaufft worden, beiderseits entzogen. Der Einzug selbst ist also eingerichtet gewesen: Nachdem der Botschafter in einem den Verwaltern des H. Marcus gewöͤhnliKleidung des Venetianischen Botschafters. chen Habit sich gekleidet, so in einem langen roth⸗ seidenen bis auf die Füsse herabhangenden mit güldenen Blumen untermischten Rock samt Drittes Buch / Erste Abtheilung / 272 samt einem um die Schulter und Rücken gelegten Mäntelgen, dergleichen die Canonici in Teutschland zu tragen pflegen, und einem roth sammeten Kugel⸗runden und ein wenig erhebten Hut bestunde hat Er sich in einen roth⸗sammeten mit Gold gestickten Trag⸗Ses Aufzug auf dem Wasser.sel, worauf an den dreyen Seiten seine Wappen zu sehen waren, aus seinem Pallast nach Galata ans Wasser tragen lassen / und ist alsdann mit den Seinigen in die zu diesem Ende bereitete Tschaicken gestiegen, welche, als sie auf der andern Seiten vor dem weissen Serrallien in Ordnung gestellt waren, von einem in dem Hafen liegenden Venetianischen Last⸗Schiff mit oft widerholter LoßBrennung der Stuck begruͤßt worden, da sie indessen ihre FahrZeuge eben wieder an das Ufer, wo sie abgefahren / und wir ihrer erwarteten, hinlenkten; allwo Er von den Vornehmsten des Hofs, welche um deßwillen dahin geschickt waren, zu erst, und dann auch von unserm Adel und andern als wann er erst von der Reise gekommen, an dem Ufer bey derjenigen Pforten empfangen worden/ durch welche Er bald hierauf, nach eingenommener Ehr⸗Bezeugung mit dem gewoͤhnlichen Caffé bey dem Obersten des See⸗Wesens, seinen Weeg weiter genommen. Einige Chiausen ritten mit ih Ordnung des Einzugs.rem gebräuchlichen Ordens⸗Zeichen, nemlichen mit den Straussen Federn auf dem Haupt voran, denen folgten ohngefehr funfzig Janitscharen zu Fuß, je sechs und sechs neben einander: des Botschafters Spieß⸗Knechte oder Trabanten von dem Gebuͤrg Negrino / so sie auf ihre Sprache Porta Lettere (Brief⸗Träger) nennen, weil sie durch diese Bothen ihre Brieffe hin und wieder zuschicken pflegen, waren an der Zahl 70. und alle in rothe mit blau und Gold gewürkten Borten besetzte Livrée gekleidet; diese hatten auch blaue Binden um den Leib, und giengen je zwey und zwey zusammen / doch ohne Gewehr, weil ausser dem Römischen Kaiserlichen Botschafter, keinem andern dergleichen, so wenig, als eine Music gestattet wird. Alsdann kamen die Bedienten des Adels und des Botschafters selbst, nebst den Unsrigen, alle zu Fuß in rother mit Gold⸗ und blau⸗gewürkten Borten eingefaßt⸗ und besetzter Kleidung; die Trabanten aber waren von den andern nicht allein durch die Kleidung und Haupt⸗Zierde / sondern auch durch eine silberne Blatten / so in Gestalt einer Feder auf dem Kopf stunde, unterschieden. Hinter diesen zogen des Herrn Botschafters Edel⸗ und Sprach Von Beziehung der Winter⸗Quartier zu Pera. 273 Sprach⸗Knaben nebst den Dolmetschen der Orientalischen Sprachen, und einige vornehme Tüͤrken, so den Herrn Botschafter zu Pferd begleiteten; und dann endlich der Herr Botschafter selbst ganz allein auf einem grauen mit langsamen Schritten einher gehenden Barbar, dergleichen alle Vornehme allhier zu reiten pflegen, wenn sie nach dem Divan oder Gericht sich begeben, hinter welchem in gleicher Ordnung die von unserm Herrn Groß⸗Botschafter Ehren⸗wegen mit geschickte vom Adel und andere folgten, und zwar so, daß immerzu einer der unsrigen einen seinem Stand und Bedienung gemäͤssen Venetianer an der linken Seiten hatte.

Unter dem Reiten habe ich auf einem sehr alten Thurn zu Wappen einiger edlen Genueser an den StadtMauern zu Galata. Galata und an den Stadt⸗Mauern zu unterschiedlichenmaln drey adeliche Wappen aus Genua in Stein ausgehauen observiret, davon das Mittlere das Creutz der Republic, zur Rechten der Hoch und Wol⸗gebohrnen Grafen von Spinola rothe Wüͤrfel in einem silbernen Feld, und das dritte eines andern mir unbekannten Raute / welche ich nicht genugsam unterscheiden koͤnnen / zur Linken gewesen, wordurch ein nicht geringes Denkmal der Genueser nie genug belobten Standhaftigkeit aufgerichtet ist, als die solche Stadt noch immer gegen die Saracenen vertheidiget, nach dem Bysanz schon lang von den Barbarn überwunden und unter das Joch gebracht worden; und scheinet es, als ob sie damit denen Nachkommen dieses zu Gemüth führen, und zugleich die mit uns vereinigte Republic, ihre Vorfahren und sich selbst einmal zu rächen, anfrischen wolte.

Es ist aber Galata / so in derjenigen Gegend liegt / welche Galata. von den Alten Sycena genannt worden, eine von der Stadt durch den Canal abgesonderte Vorstadt, die mit Mauern und vielen Gräben umgeben und mit Thuͤrnen, nach alter Manier, sehr befestiget ist. Durch diese nun, wie auch durch Tophana und einem grossen Theil Pera haben wir unsern Zug in der erst beschriebenen Ordnung zu Pferd, doch ohne Fahnen, Trompeten, Paucken und andere musicalische Instrumenten genommen, und so dann den Herrn Groß⸗Botschafter wiederum nach Hause begleitet, dabey sich die Türken mehr über unsers Kaisers Treue und Beständigkeit gegen seine Bundsgenossen verwundert, als Furcht für jener ihren Waffen im Mm Drittes Buch / Zweyte Abtheilung / 274 im verwichenen Krieg bezeigt. Es ist aber die Ursach, daß dieser Keiner als der Röm. Kaiserl. Gesandte darf durch die Stadt ziehen. Herr Botschafter nur durch die Vorstädte, und zwar ohne fliegende Fahne und klingenden Spiel oder einiger Music, gezogen, weil niemand als dem Roͤmisch⸗Kaiserlichen Groß⸗Botschafter aus besonderer Freyheit erlaubt ist, durch die Haupt⸗Stadt mit solchen Ceremonien seinen Einzug zu halten. Bey unserer Heimkunft sind wir bey vorgedachten Herrn Botschafter mit einem Gastmahl des Venetianischen Botschafters.Herrlichen Gast⸗Mahl und aller Ehren⸗Bezeigung tractirt worden, dwobey nichts als der gröste Uberfluß in allen Sachen / und ein ungemeiner Pracht zu sehen war. In einerley Zimmer kunte man so wol zu beiden Seiten von dem Boden bis oben an die Decke des Herrn Botschafters verguldetes Silber⸗Geschirr ausgesetzt, als auch auf denen Schuͤsseln die mit den Kaiserlichen Adlern vereinbarte gefluͤgelte Venetianische Loͤwen beobachten, welches den Gäͤsten einen sehr angenehmen Prospect gab. Nachdem man uns endlich mit Speiß und Trank überfluͤßig bewirthet und alle Ehre erwiesen / sind wir nach Mittag ungefehr um 4. Uhr mit vieler Danksagung wieder nach Hauß entlassen worden. Die sonderbahre Vorsorge GOttes hat uns bey dieser Gelegenheit sonderlich behuͤtet, daß keiner aus uns von der Pest angesteckt worden, angesehen wir diejenige Gegend vorbey gekommen, wo solche am meisten gewuͤtet, und wo der Verstorbenen Kleider ohne Unterschied zum Verkauf ausgelegt waren. Dann diesen schoͤnen Gebrauch haben die Tüͤrken schon lang gehabt, daß sie des Verstorbenen Kleider alsobald verkauffen, an was für einer Krankheit er auch nur immer mag verschieden seyn, daß es derowegen nicht zu wundern, wann bisweilen ganze Städte und Landschaften von diesem Ubel mitgenommen und ihrer Einwohner fast ganz entbloͤßt werden.

Zweyte Abtheilung.

Streit über einen Todten. EBen an Heute entstunde zwischen unsern Geistlichen und den hiesigen Franciscanern in Abwesenheit des Herrn Groß Botschafters ein Streit uͤber den Ort der Begraͤbnuͤß eines alten Weibs, welche den Tag zuvor verstorben, worinnen dann Seine Excellentz ihrer Gerechtigkeit nichts entziehen lassen Nachricht von Antiquitæten / und gegebenen Visiten. 275 lassen wolten. Die folgende Täͤge hindurch wurden die uͤbrigen Wagen, und das noch zuruck gebliebene Reiß⸗Gezeug aus dem Lager herbey gefüͤhrt, und das eingefallene Fest des H Francisci von vielen mit allen Ehren begangen. Es ließ auch der Groß⸗Vizir dem Beschenkung des Hrn. GroßBotschafters von dem GroßVizir. Herrn Groß⸗Botschafter Geschenk nebst einem Brief durch einen Aga überreichen, vermittelst dessen Er Jhm zu seinen neuen Logis gratulirte; weswegen Se. Excellentz dem Aga für seine Bemühung eine silberne Sack⸗Uhr verehrten, und unter die Träger Geld austheilen liessen. Einigen aus dem ersten Adel, so wegen nicht genugsam angewiesener Häͤuser noch bey andern ihrer guten Freunde logiren musten, bekamen nunmehr auch ihre besondern und schöne Wohnungen. So kam auch der Topchi Baschi oder Oberste über das Zeug⸗Wesen aus der Stadt Tophana / woselbst er sich aufzuhalten pflegt / mit seinen Topchis oder Stück⸗Giessern und Feuerwerkern, an statt der Janitscharn, umgeben, bey dem Herrn Groß⸗Botschafter seine Aufwartung zu machen. Es schickte ingleichen zu eben dieser Zeit der Franzöͤsische Gesandte, nachdem Er mit letzt angekommenen Brieffen den Todt seines Herrn Vättern vernommen, einen Janitscharn mit Brieffen durch Thracien Gesammlete Alterthüͤmer von dem Französischen Gesandten. und Servien mit einem unserm Herrn Groß⸗Botschafter unterschriebenen Paß; ob Er aber auch mit dieser Gelegenheit diejenige Münzen, Steine, Goͤtzen und andere Denkmale der vorigen Zeiten mit uͤberschickt, welche er durch einen/ so gute Wissenschaft in denen Antiquitæten hat, mit den groͤsten Unkosten, Muͤhe und Arbeit in den benachtbarten Insuln so wol des Meers zwischen dem Hellespont / als auch auf dem Hellespont selbsten und dem Egaͤischen Meer, auch in ganz Grichenland und deren Städten und Clöstern vor die Königliche Kunst⸗ und Schatz⸗Kammer neun Monat hindurch aufsuchen lassen, habe ich nicht erfahren koͤnnen. Jndessen ist daraus abzunehmen, daß der gelehrte Vorwitz noch nicht alles erschoͤpft, sondern noch hin und her viele Sachen anzutreffen / die manchen seine Couriosité vergnuͤgen koͤnten, wann nur ein reicher Fürst oder anderer grosser Herr die benöͤthigten Unkosten darzu herschiessen wolte.

Eben allhier zu Pera hält sich auch des FranzösiDes FranzösischenGesandten Leib⸗Arzt. schen Gesandten Leib⸗Arzt auf, Namens Anna Amabilis Dumasrambois, der sich gute Wissenschaft in Türkischen Gebräuchen zu Mm 2 276 Drittes Buch / Zweyte Abtheilung / zu wege gebracht, und ein ungemeiner Liebhaber der Antiquitæten ist, mit welchen ich auch um eben dieser Ursach willen gleich bey unserer Ankunft zu Pera Freundschaft gemacht / weil ich vieles von ihm zu erfahren hofte, wie auch in der That geschehen. Bey demselbigen habe ich viele alte rare Münzen und ein aus der Stadt GötzenBild der Pallas. Memphis oder Cair in Egypten gebrachtes Götzen⸗Bild der Pallas angetroffen / so er vor hundert Ducaten hielte / und ich gerne für einen grossen Fürsten oder den Kaiser selbst gekauft häͤtte, wann es mir nicht ergangen, wie einsmals dem Busbec/ Kaiserlichen Botschafter bey der Pforten zu Zeiten Kaiser Ferdinand des Ersten / als der in seinem 4ten Türkischen Sendschreiben Manuscript des Dioscorides von Busbec zu erst gesehen.klaget, daß, als er das Manuscript des Dioscorides mit Abbildung der PflanzenGemeint ist die heute als "Wiener Dioskurides" bekannte Handschrift der Österreichischen Nationalbibliothek Cod. med. gr. 1. bey dem Juden Hammon gesehen, und gleichfalls um 100. Ducaten gebotten worden, ihme solches für seinen Beutel zu kostbar gewesen, und geglaubt, daß es der Kaiserliche besser bezahlen könnte; weswegen dergleichen Unkosten der meinige noch viel weniger zu bestreitten geschickt war: wiewol gedachtes Buch doch noch in die Kaiserliche Bibliothec nach Wien gekommen, woraus man es nunmehro gegen so viel Gold, als es schwehr ist, nicht mehr wurde bekommen koͤnnen: ich häͤtte mich zwar dannoch von dem hohen Preiß nicht wollen abschrecken lassen, wann nur mein Vorrath so weit gelangt, oder ich bey andern so viel auf Borg auftreiben koͤnnen. Dieses Bild hatte einen Helm auf dem Haupt, und war in allem nicht uͤber eine Spanne lang; in der Beschreibung des Bildnüß der Pallas. rechten Hand hielte es einen Spieß, mit der linken einen Schild / auf dessen Mitte der Kopf der Medusa eingeprägt war; es stunde auf einem rund⸗ausgehöͤlten Fuß, davon, meiner Meinung nach, wol dieses die Ursach seyn mag / weil man es vielleicht vor Zeiten auf eine Stange gestellet und herumgetragen oder zur Verehrung ausgesetzet hat. Der Verniß, Gürtel, die Leibs⸗Gestalt, entblöste Armee, der Habit und Falten gaben ein genugsames Kennzeichen von ihrem Alterthum; und hat ihm diese Raritæt ein von Constantinopel gebürtiger Türk aus Arabien nebst einer Hirnschaln und Brust⸗Stück von einer Mumien geschickt, von welchem Mann er mich versichert, daß er eines recht ehrlichen Gemuͤths, und mehr den Namen als der That nach ein Türk zu nennen sey. Es sind aber die Nachricht von Antiquitäten und gegebenen Visiten. 277 die Mumien mit feiner duͤnner Leinwand umwundene und mit wolMummien was sie sind. riechenden Sachen und Specereyen bestrichene menschliche Coͤrper, welche daselbst in den Sand gelegt und von der Sonnen⸗Hitze mit der Zeit also verhärtet und ausgetrucknet werden, daß sie gleichsam in ein Harz verwandelt in der Arzney schoͤne Wuͤrkung thun: und bey einer solchen Mumien ist dieses Götzen⸗Bild der Pallas gefunAufgewante Kosten des Königs in Frankreich Ludwig des XIV. auf rare Antiquitäten. den worden, so daß hieraus zu schliessen, es muͤsse solches der Cöͤrper eines weyland vornehmen Mannes gewesen seyn. Ludwig der XIV. König in Frankreich Höchst⸗seel. Andenkens, der ein sehr kluger Füͤrst gewesen, und Sich so wol die Verbesserung der KriegsWissenschaften, als auch der freyen Künsten sehr angelegen seyn lassen, hat jährlich jemand in die Grichischen und Asiatischen Provinzen geschickt / der alle Winkel durchsuchen muste, um, was noch von Schrifften, Müntzen, Steinen, Bildern, Götzen und dergleichen uͤbergeblieben, fleissig zu sammlen, und nach Frankreich uͤber zu bringen, woraus dieses, was ich gemeldet, abermal bestättiget wird, daß Griechenland aller seiner Schätze und Raritäten durch die Fremden noch lang nicht beraubet seye. Jch selbst habe bey meinem Aufenthalt zu Pera bey ConstanRare Münzen. tinopel einige rare Steine und Heidnische Muͤnzen von den Armeniern, deren fast täͤglich welche zu mir kamen, eingehandelt, unter andern auch eine von M. Antonius, und Cleopatra, auf welcher nach besiegten Asien der Bacchus, als ein Beherrscher dieses Landes unter dem Bild einer gekleideten und auf einer Kuͤsten stehenden Jungfrau vorgestellet wird: so habe ich auch noch einige andere Sorten mit nach Wien gebracht, von welchen daselbst noch nicht viel gesehen worden, und die nunmehro in Sr. Excellentz des Hoch⸗ und Wolgebohrnen Herrn Carl Joseph Grafen von Paar/ Erb⸗General- und Obrister Post-Meister der Oesterreichischen Landen / Schatz⸗Kammer aufs beste verwahret werden; und ob gleich einige durch das Alterthum sehr uͤbel zurichtet sind, so moͤgen sie sich gleichwol gluͤcklich achten, daß sie nur einmal auch in diesem schlechten Zustand aus ihrer Barbarischen Dienstbarkeit erlöͤset worden. Die vorgemeldte Muͤnz aber des Antonius und der Cleopatra scheinet wegen seiner Rarität noch wol einiger Auslegung wurdig: Es ist demnach die Aufschrift derselbigen folgende:

M. AN Mm 3 278 Drittes Buch / Zweyte Abtheilung / M. ANTONIVS IMP. COS. DESIG. ITER. ET TERT.

Allhier werden die Koͤpfe des M. Antonius mit Lorbeer gecroͤnt, und der Cleopatra neben einander gesehen.

Auf der andern Seite stehet:

III. VIR. R. P. C. Im Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums Wien, dem ehemaligen kaiserlichen Münzkabinett, haben sich einige Münzen dieses Typs erhalten, z.B. GR 16011, GR 16012, GR 16013, GR 16014, GR 16015. Allerdings wird die Frauengestalt nicht als Kleopatra, sondern als Octavia gedeutet, die Ehefrau Marcus Antonius'.

Wobey sich die Kuͤste præsentiret, auf welcher der Bacchus in Weibs⸗Kleidern stehet, und mit der rechten Hand eine Kanne, mit der linken aber einen Staab oder Stengel hält; zu beiden Seiten sind gekrümmte Schlangen / welche sich in die Hoͤhe winden.

Diese Münz mit des Antonius und Cleopatra Bildnus ist nicht nur in Egypten/ wo Cleopatra regierete, geschlagen worden / sondern es haben auch die Asiatischen Völker, im Namen der gesammten Provinz auf ihre Küsten⸗Träger beider Bildnisse gepräget, vornemlich aber dazumal, als sie vernommen, daß Antonius die Octavia alsobald aus der Insul Corfu nach Jtalien zuruck und zwar unter diesen Vorwand geschickt habe, damit sie sich der Gefahr des bevorstehenden Parthischen Kriegs nicht theilhaftig machen moͤgte. Diese silberne Münz wiegt ein Loth / und ist in Asien auf die Art der Kisten⸗Träger oder Kisten⸗Pfenning geschlagen, eben so, wie sie sonsten ihre groͤste silberne Muͤnze zu prägen in Gewohnheit hatten: wie sie nachgehends in die gemeine Schatz⸗Cammer nach gehaltenen Triumph des M. Acilii uber den Antiochum gebracht wor Triumph des M. Acili über Antiochum den / erzehlt Livius Decad. IV. Lib. VII. Jn welchem Triumph 230. den Fahnen oder Kriegs⸗Zeichen, drey tausend Pfund ungeprägtes Silber, von dem geschlagenen Atheniensischen löthigen Silber hundert und dreyzehen tausend Pfund, und der Kisten⸗Pfenning zwey hundert und funfzig tausend Pfund vorgetragen worden. Man hat sie aber darum Kisten⸗Träger oder Kisten⸗Pfenning genannt, weil auf selbigen eine zwischen zwey Schlangen stehende Kisten geprägt wurde / wie die Erforscher der Antiquitäten (Antiquarli) gar wol wissen, und aus den Quintleins Muͤnzen des Augusti zu sehen, auf welchen man die Jnschrift lieset:

ASIA RECEPTA.

Es ziehlen aber so wol die Kiste als die Schlangen auf den Bac chus Nachrichten von Antiquitäten und gegebenen Visiten. 279 chus; und weil die Einwohner in Asien vernommen / daß Antonius im vorigem Winter sich zu Athen den andern Bacchus genennt, wie Dion L. XXXVIII. bezeiget, sprechend: daselbst hat er sich wider die Gewohnheit seiner Vorfahren den andern Bacchus genennt/ haben sie den Bacchus selbsten auf der Kisten vorgestellt. Als er nach Ephesus gekommen, sind die Weiber in den Habit wie des Bacchus Priesterinen, die Mäͤnner aber wie die Wald⸗Götter gekleidet, vorangegangen, und haben in den Händen mit Epheu umwundene Stecken getragen: da höͤrte man in der ganzen Stadt nichts anders als den Klang der Musicalischen Instrumenten, Pfeiffen, Flöten rc. nebst den freudigen Zuruf, daß er der gütige und liebreiche Bacchus sey, wie uns Plutarchus hievon Nachricht gibt.

Den 7ten October hatte der Venetianische Botschafter bey Audienz des Venetianischen Botschafters. dem Groß⸗Vizir / und den 8ten bey dem Sultan die Audienz, ist aber von beiden gar geschwind abgefertigt worden, und hat weder die Auszahlung der Janitscharn mit angesehen, noch einen so weiten Weeg, wie wir, genommen: so sind auch bey weiten nicht so viel Caftants unter die Venetianer/ als wie vormals unter die Unsrige ausgetheilt worden, wordurch dann die Pforten zu verstehen geben wollen, daß sie noch wol einen Unterschied zwischen einem Kaiserlichen Groß⸗Botschafter, und einem Venetianischen Gesandten zu machen wisse. Den Tag zuvor, da wir noch uͤber Tisch sasBrieffe aus Teutschland. sen, kamen zwey Lieutenants aus dem Prinz Hohen⸗Zollerischen Curassier⸗Regiment mit Brieffen aus Teutschland an, davon der eine, weil er in dem vorigen Krieg unter den Barbarn lang gefangen gewesen, die Türkische Sprache vollkommen verstunde. Sie hatten ein grosses Paquet Brieffe bey sich, welche uns um so viel angenehmer waren, je läͤnger wir schon keine Nachricht von Hauß bekommen, und je begieriger uns dieser Abgang machte, etwas von daher zu erfahren, als welches schon in mehr als sechs Wochen nicht geschehen: ein jeder wolte der erste dabey seyn, um seine Curiosité fein bald zu vergnügen / weswegen sie also umringt waren, daß sie sich nicht nur nicht loß machen kunten, sondern auch nicht wußten, welchem sie zu erst antworten solten, weil sie von allen zugleich gefragt wurden. Bald hierauf langte auch ein Janitschar allhier an, wel 280 Drittes Buch / Zweyte Abtheilung / welchen der Türkische Botschafter zu Wien an den Sultan abgefertiget hatte, und mit unsern angekommenen Officirn von Wien aus bis nach Adrianopel gereißt, von dar aber eher abgegangen, weil für alle nicht genug Pferde vorhanden waren / ist auch gleich bey anbrechenden Tag hier in der Stadt an⸗ aber weil er bey Hof nicht eher abgefertigt worden, später als die vorigen zu uns ge Erlaubnis die Sophia Kirche zu besehen. kommen. Den folgenden Tag hat der Marggraf Besora und Sebastida / welche gesonnen waren, nechstens mit einem Französischen Schiff nach Frankreich über zu gehen, und selbige Länder zu besehen, mit genauer Noth und vielen Bitten von dem Groß⸗Vizir erhalten, daß sie den Tempel der Sophia oder der Göttlichen Zeichnung von einem Französis. Mahler.Weißheit von innen besehen durften. Es brachte auch ein Französischer Mahler eine Zeichnung von der Audienz des Englischen Gesandten bey dem Sultan / wie dieser auf dem Thron sitzet, nebst allen ansern Umständen, so dann auch den Entwurf von einem Bad und Danz der Türkischen Weiber, dero unterschiedliche Stellung und Bewegung, welches alles auf etlichen Tafeln vorgestellet und mit Farben illuminirt war; worauf der Herr Botschafter ihm Commission gegeben, eben dieses auch für Jhn zu verfertigen. Et Erlösete Gefangene.liche Tage hierauf sind LXXV. Gefangene aus dem Baino oder dem Gefängnis des Capudan Bascha loß gelassen und den Patern Trinitariern / als welcher Orden zur Erlösung der Gefangenen aufgerichtet ist, durch einen Secretair des Sultans in Gegenwart des Herrn von Dierlings / Theyls / Petrowitz und Kemmeter / die von dem Herrn Botschafter darzu ernennt waren, übergeben worden; davon zwey nur von ferne stunden, weil sie die Pest scheueten, mit welcher insgemein diese aller Gefahr unterworfene Leute behaftet sind, und haben sich also dieselbigen nur, nach der Juristen Redens⸗Art, durch die lange Hand (per traditionem longae manus) übergeben lassen. Von diesen aber ist einer wiederum von den Türken zuruck gezogen und jämmerlich abgeprügelt worden, weil er sich vor einen Pfälzer ausgegeben, jene aber behaupten wolten, daß er ein gebohrner Schwede und kein Teutscher seye, er ist aber nachgehends doch auf Sr. Excellenz beständiges Anhalten loß gegeben worden.

Abgelegte Visite bey dem Venetianischen Botschafter. Den 15ten gieng unser Herr Groß⸗Botschafter mit dem mein Nachrichten von Antiquitäten und gegebenen Visiten. 281 meinsten und vornehmsten seiner Suite nach dem Venetianischen Gesandten / angesehen dieser erst nach uns angekommen, von welchem Er unten bey der Stiegen, als Se. Excellenz eben aus dem Trag⸗Sessel heraus steigen wolten, an der Thüͤr desselben empfangen und die Stiegen hinauf bis in das innere Zimmer gefuͤhrt, so dann nach einer kurzen Verweilung und unter einem rothsammeten mit guͤldenen Borten gezierten Himmel gehaltenen freundlichen Gesprach von dar hinunter bis wieder an die Thuͤr des Trag⸗Sessels begleitet worden. Es war der Botschafter eben in diesen Habit gekleidet, welchen Er vorher bey der Audienz des Sultans angezogen, und in welchem die Verwalter des Heil. Marci (Procuratores S. Marci) in dem grossen Rath zu erscheinen pflegen. Von der ersten bis zu der andern Thuͤr stunden an statt der Trabanten des Botschafters Brief⸗Träger von Monte Negrino, durch welche wir in einer langen Ordnung bis in den Pallast hinab giengen. Jn dieser Zeit nun, in welcher die Herrn Botschaftere mit einander conversirten, wurden wir von den Venetianern mit eingemachten Früchten und allerhand Getränk bewirthet. Als ungefehr Gelegenheit gab, von der Ordnung der Venetianischen Gesandt. schaft an andern Höͤfen zu reden/ hat mich nicht wenig gewundert, daß einer von ihnen die Constantinopolitanische allen andern vorgezogen, welches er auch zum öftern wiederholet, da ich doch mit gröstem Recht dafür gehalten, daß dem Römischen Kaiser die Republic eine groͤssere Hochachtung schuldig wäre, als von Deme sie so oft unterstützt und erhalten worden.

Den 16. dito verfüͤgte sich der Herr Groß Botschafter uͤber Bey dem Groß⸗Vizir. den Canal zu dem Groß⸗Vizir wegen einiger Geschaͤfften, wobey Er nicht mehr als den Freyherrn von Studenitz und den StallMeister zu seiner Begleitung mit nahm, welches sich die Tüͤrken sehr wol gefallen lassen, und alsdann viel freymuthiger bezeugen, als wann man einen grossen Comitat bey sich hat; wie dann der GroßVizir den Herrn Botschafter dazumal durch seiner Gemahlin Bad geführet, welches Er in Beyseyn mehrerer wol wuͤrde unterlassen haben. Die Handlung aber selbst bestunde hierinnen, daß er Erhaltene den Patern Trinitariern ein Ferman oder Kaiserliches und von Erlaubnis zu Erbauung einer neuen Kirche. dem Groß⸗Vizir unterschriebenes Decret zu wegen brachte, Krafft Nn dessen 282 Drittes Buch / Dritte Abtheilung / dessen sie befugt wären, zu Pera eine neue Wohnung und Kirche aufzubauen, es muste Sr. Excellenz der aufgerichtete Commercien-Tractat hierzu behulflich seyn, als dessen Aufnahm die Handhabung dieser Geistlichen nicht wenig befoͤrderte, sintemaln sie einen grossen Handel mit Loß⸗Kauffung der Sclaven trieben. Bey der Zuruckkunft hat sich der Herr Botschafter gefallen lassen, das Mittagmal bey dem Französischen Gesandten einzunehmen, worzu Er auch den Marggrafen Besora und Sebastida gezogen, als welche noch diesen Abend nach Marsilien abfahren und von dar weiter den Weeg durch Frankreich nehmen wolten; wie sie dann auch noch selbigen Tag von den Graf Nesselroth und Freyherrn von Zweiffel / als ihren vertrautesten Freunden, bis an das Ufer des Meers begleitet worden, allwo sie nach genommenen Abschied und abgelegten Glück⸗Wunsch zur vorhabenden Reiß nicht ohne innerliche Gemuͤths⸗Bewegung einander verlassen, welche auch alsdann in eine öffentliche Betruͤbnis ausgebrochen, da die Anker nach gegebenen Signal gelößt / und diese zwey Cavaliers fort gesegelt waren, von welchen sie sich nunmehr durch das Wasser musten geschieden sehen: Es war auch wol niemand unter uns, welchen diese Abreiß nicht schmerzlich vorkame, angesehen sie so wol von geringern sehr æstimirt, als auch von ihres gleichen herzlich geliebt worden.

Dritte Abtheilung.

DEn 18. October gab der Venetianische Botschafter und Gegen⸗Visite des Venetianischen Botschafters bey unserm Hn. GroßBotschafter. Patricius bey dieser Republic Herr Ruzzini unserm Herrn Groß⸗Botschafter die Gegen⸗Visite, dabey Jhm mit solcher Ehr⸗Bezeugung durch die im Gewehr⸗stehende Militz und andere begegnet wurde, als sein Character erfordert: es ist Jhm bey seiner Ankunft der Freyherr von Seebach und noch zween andere aus dem zweyten Adel bis an die erste Pforte der Wohnung entgegen gegangen, die Jhn von dar folgends bis an die Stiegen begleitet, allwo Er von Sr. Excellentz und dem übrigen Adel bey Heraussteigung aus seinem Trag⸗Sessel empfangen worden; seinem Adel und Hauß⸗Bedienten sind wir mit gleichem Tractament, als sie kurz zuvor uns / begegnet. Es kamen auch anderer Fürsten Gesandte gar

FRANCISCVS EVGENIVS Herzog von Savoyen und Piemont. etc. etc. P.C. Monath exc. G.D. Heumann sc.
Von unterschiedl. Begebenheiten u. dem kleinen Bairam. 283 gar vielfältig zu unserm Herrn Groß⸗Botschafter / unter allen Wechselsweise Besuchung der Gesandten zu Pera. aber der Französische am meisten, wie sich dann auch Se. Hochgraͤfliche Excellenz ebenfalls oͤfters bey Jhm einfanden, also daß aus dem guten Verständnis dieser Ministers die Eintracht ihrer Principaln gar deutlich abzunehmen war. Jn der Nacht zwischen dem zwey und drey und zwanzigsten ist ein Hauß⸗Knecht gestorben, und gleich den Tag darauf begraben worden. Es schickte auch der Herr Groß⸗Botschafter den Grafen Bathyani zum GroßVizir in die Stadt, und dem Herrn Weipler zum Nischanschi Bascha / den Eidam des Groß⸗Vizirs, und ließ wegen des instehenden kleinen Bairams seine Gratulation ablegen.

Dieses zweyte Fest fället auf den zehenden Tag des letzten MoKleine Bairam der Türken. nats im Mond⸗Jahr, welches dieses Jahr der 24. October gewesen / und wird ungefehr 70. Tag nach dem grossen Bairam / so nach dem Ramazan / oder der grossen Fasten folgt, gefeyret, wovon ich im vorhergehenden Buch schon etwas gemeldet. Es ist aber solches zur Gedächtnis der Auf⸗Opferung Jsaacs eingesetzet, da nemlich Abraham seinen eingebohrnen Sohn, und einige Hofnung seines Geschlechts, aus Göͤttlichen Befehl auf jenen Berg aufzuopfern bereit war, wo nicht GOTT der HERR selbst nach genugsamer Prüͤfung seines Gehorsams und Glaubens, einen in der Hecken hangenden Widder an dessen statt substituirt häͤtte. Ricot gibt diesen Berg in seinem zweyten Buch / wo er von der Türken Walfarth in Arabien redet, für den Berg Ararat an, sie selbst aber haben mir solchen Arifa genennt, wiewol wir aus der Heiligen Schrifft so viel Nachricht haben, daß derselbige nach dieser Geschicht von denen Jüden genennt worden יהוה יראה der HERR siehets. Diejenige, welche aus heiser Andacht nach Mecha zu des Walfarth der Türken. Muhamets Grab reisen, und so wol zu Ende des Maji in diesem Vorhaben von Constantinopel weg gehen, und zu Damasco mit denen Compagnie machen, welche aus Anatolien, Caramanien und den benachbarten Orten kommen, als auch diejenige, so aus Persien nach Babylon oder aus Egypten nach Cairo gehen / kommen alle endlich hier auf diesem Berg zusammen, und verrichten ihr Opfer, so sie Corban nennen, und in Abschlachtung vieler SchaaOpfer der Türken. fe bestehet, welche sie alsdann ihren Freunden zur Verehrung zuschicken, und auch zum Theil unter die Arme austheilen. Sie pflegen dabey Nn 2 284 Drittes Buch, Dritte Abtheilung / dabey ihre ordentlichen Kleider abzulegen, und einen weisen Schleyer dafür anzuziehen, gehen um den Berg herum Walfarthen, und geben damit zu verstehen, daß man einmal die Suͤnde verlassen und den Anzahl der Pilgram. Begierden absagen müsse. Die Anzahl der Pilgram ist zwar nicht zu allen Zeiten gleich, steigt aber insgemein bis auf funfzig tausend hinan, wie aus den Jahr⸗Buͤchern zu ersehen, in welchen alle dererjenigen Namen verzeichnet werden, die aus allen Mahometischen Ländern daselbst zusammen kommen. Alle diejenige, so genugsame Mittel darzu haben, sind verbunden / zum wenigsten ein einigesmal in ihrem Leben diese Walfarth anzutretten / es sey dann, daß sie in solchen öfentlichen Bedienungen stehen, welche sie ohne Nachtheil des gemeinen Wesens so lange Zeit nicht verlassen koͤnnen; wie sie dann dieselbige für ein Vorbild achten, da wir aus dem zeit Mit der Türken Andacht ists lauter Heucheley. lichen in das ewige Leben uͤbergehen: wiewol, wann die Türken die Warheit bekennen wolten, sichs finden wuͤrde, daß sie nicht aus Andacht gegen ihren Propheten, wol aber um Gewinns willen, welchen sie aus den daselbst angestellten Jahr⸗Märkten und hingebrachten Waaren zu ziehen hoffen, sich dahin begeben, sintemaln so wol die Persianer/ als Jndianer und andere Völker aus Morgenland ihren Kram allda auslegen. Es kam um eben diese Zeit, da die Türken am andächtigsten zu seyn, und ihre Gesetze aufs genaueste zu beobachten pflegen, jener gottlose Mameluck / von dem wir oben schon gedacht haben, der Schmid zu uns, welcher mit dem Grafen von Oettingen von Wien hieher gereißt, und den Tuͤrkischen Aberglauben angenommen; dieser begehrte gleich bey seiner Ankunft, daß man ihm von dem stäͤrksten Brandwein oder Rossoli schenken solle / welcher doch im Türkschen Gesetz auf das schärfste verbotten ist, also daß es das Ansehen hat, wie man ihre Tugend mehr nach dem äͤusserlichen Schein, als der innerlichen Gemüths Jährliche Geschenke des Sultans nach Mecha. Beschaffenheit abmessen muͤsse. Der Füͤhrer bey gedachter Walfarth wird von dem Sultan ernennet, und Sur-Emini genannt, welchen Er die seinem Propheten jaͤhrlich zu gedachte Presente mit gibt / und in fuͤnf hundert Ducaten, einen in Gold eingebundenen Alcoran, so von einem Cameel getragen wird, und so viel schwarzes Tuch bestehet / als genug ist, die Kirche in der Mecha mit neuen Teppichen zu behängen / weil die alten vom vorigen Jahr zu solcher Zeit weg gethan worden / die nachgehends die Pilgrame in kleine Stück lein Von unterschiedl. Begebenheiten u. dem kleinen Bairam. 385 lein zerschneiten, und zum Zeichen ihrer gethanen Walfarth mit nach Hauß nehmen; solches verehren sie alsdann wie grosse Heiligthuͤmer, und bedienen sich dessen zum Zeichen, so sie Caab nennen, vermittelst dessen sie wissen koͤnnen, wo sie sich bey ihrem Gebet mit dem Gesicht hinwenden muͤssen: es wird auch das Cameel, welches das Verehrung des Cameels / so den Alcoran getragen. heilige mit tausend Luͤgen angefüͤllte Buch getragen hat, nach seiner Wiederkunft mit Blumen und anderm Schmuck geziert und herum geführt / so dann forthin die übrige Zeit seines Lebens von aller Arbeit freygesprochen, so bald es nemlich diese H. Reise vollbracht hat. Diejenige Türken, die zu Hauß bleiben, es sey nun in ConstantiBegehung des Festes zu Hauß. nopel, oder anderswo, thun es denen nach Mecha reisenden nach, und wird nicht leicht ein Hauß⸗Vater so arm seyn, der nicht um diese Zeit ein Schaaf oder Lamm abschlachte, und das meiste davon unter die Armen austheile, ja es schlachten auch wol die Vermoͤgenden und Reichen deren noch mehrere, und zwar in eben diesen Absehen, und zu gleichem Gebrauch. Solches Fest wird abermal durch Abfeurung des Geschuͤtzes angekuͤndiget, und gleichfalls drey Tag nach einander begangen; so wird auch der gewoͤhnliche Umgang nach der Moschee Ahmeds gehalten, welchen ebenermassen der Kaiser mit dem Groß⸗Vizir beywohnet / und die uͤbrige Zeit in allem Lust und Vergnuͤgen zugebracht, wobey dann die Weiber einer groͤssern als sonst gewöhnlichen Freyheit geniessen: die meisten thun auch diese Türken darfen an ihren FestTägen arbeiten. Zeit über nichts/ jedoch darf gleichwol arbeiten, wem es beliebt, wie dann auch so gar des Freytags, oder an dem ehmaln der Venus gewiedmeten Tag / dem die Türken nicht unbillig wegen ihrer üͤbermenschlichen Geilheit, als wie die Juden den Samstag / und wir Christen den Sonntag, woͤchentlich feyren, niemand verbunden ist, von der Arbeit völlig abzustehen, sondern es mag jedweder seines Gefallens nach verrichteten Gebet dieselbige wieder vor die Hand nehmen. An dem andern Tag dieses Fests kam der Dolmetsch von der Pforten mit einem verrenckten Arm, welchen ihm der Sturz seines Pferds verursacht, zu unserm Herrn Groß⸗Botschafter, und ersuchte denselbigen um die Hüͤlfe seiner Wund⸗Aerzte, welche ihn auch gar bald wieder zu recht gebracht, ohne daß sie etwas füͤr ihre Bemühung von ihm genommen haͤtten, ob er ihnen schon ein ansehnliches Recompens offerirte. Damals gieng auch der Frey herr Nn 3 286 Drittes Buch / Dritte Abtheilung / herr von Höͤrde mit zweyen Jägern von der Botschaft und wenig andern nach Asien über, sich daselbst mit der Jagd zu divertiren.

Den 27ten dito, als dem dritten Tag nach dem kleinen Bai Dem Sultan wird eine Tochter gebohren. ram / machten die Türken ein ungewöhnliches Geprassel mit ihren Stucken, worein mir uns lang nicht finden kunten, bis wir endlich erfuhren, daß in selbiger Nacht dem Sultan eine Princessin Unklar, da nicht bei allen Töchtern Ahmeds III. das Geburtsjahr bekannt ist. gebohren worden / und deswegen sich die öffentlichen Freuden⸗Bezeugungen hören liessen. Sie hielten es für eine gute Vorbedeutung / daß deren Geburt gleich nach dem Bairam geschehen, und meinten, sie würde mit der Zeit eine eifrige Vertheidigerin des Mahometischen Gesetzes seyn, als die mitten unter diesen heiligen Ceremonien mit dem Gesetz selbst gebohren, so daß es schiene / als ob die Gerechtigkeit mit dem Glauben und der Andacht dieses Kind gleichsam selbst zur Wiegen führen wollen. Es pflegen zwar sonsten die Türken über die Geburt eines jungen Prinzen, noch vielweniger aber einer Princessin, schlechte Freuden⸗Bezeugungen anzustellen, allein die Gegenwart des Herrn Groß⸗Botschafters hat zu dieser ungewöhnlichen Aufführung Anlaß gegeben, als womit sie unsern Höͤfen imitiren wolten, weshalben auch Se. Excellentz Befehl ertheilt, alle Anstalt zu Illuminirung der Häuser und An Vergebung einiger Chargen bey dem Botschafter.zündung einiger Freuden⸗Feuer vorzukehren. Diesen Morgen gieng der Freyherr von Seebach mit der Post nach Wien / weil er zu seinem Regiment beruffen worden, an dessen statt der Herr Ostmann von Ley / so bisher Ober⸗Stall⸗Meister gewesen, nunmehr die Hof⸗Marschalk⸗Stelle begleiten wird, diesem aber succedirte der Freyherr von Studenitz aus dem zweyten Adel in seiner Charge, worzu er durch Recommendation des Französischen Gesandtens gelanget, welcher sonsten mit vielen andern und in diesem adelichen Exercitio sehr wol erfahrnen Herrn wuͤrde haben certiren müssen.

Um diese Zeit kamen auch zwey Sclaven, ein Teutscher und Unterschiedliche Sclaven kommen bey uns an.ein Moscowiter zu uns gelauffen, wovon aber der Letzte seinem Herrn wieder gegeben worden. Nach einigen Tagen suchte auch ein Mayländer bey der Botschaft seine Zuflucht; und als sein Herr / so ein Bedienter des Capudan Bascha war, solchen wieder abforderte, liessen Se. Excellentz ihm sagen, daß selbiger ein Kaiserli cher Von unterschiedl. Begebenheiten u. dem kleinen Bairam 287 cher Unterthan seyn, Sie wolten aber vermoͤg des zu Passarowitz deswegen aufgerichteten Vertrags das gewöhnliche Löß⸗Geld für ihn erlegen; weil er aber damit nicht vergnügt war, schickte er so gleich noch jemand ab, den Sclaven nochmaln zuruck zu begehren, mit vermelden, wie dieser Sclav seinem Herrn um kein Geld feil seye, Gold und Silber hätte er selbsten genug, weswegen ihm mit nichts anders als dem Knecht koͤnnte gedient werden, welchen man ihm wiederum ausliefern solte; und weil er noch viel dergleichen Waͤscherey und dieses noch darzu zimlich unbesonnen und grob vorbrachte / haben Se. Excellentz, als welche ihrem hohen Character beständig vor Augen hatten, ihn erinnern lassen, er solte Bedenken, was und mit wem er rede / Sie wüͤrden sich deswegen bey dem Groß⸗Vizir beklagen, und wegen solcher unverschäͤmten Auffuͤhrung Satisfaction fordern. Man muß aber wissen, daß dieser Fluͤchtling seiner Kunst nach ein Feldscheerer gewesen, womit er dann seinen Herrn nicht geringen Gewinn zugebracht: und obschon die Tuͤrken uberhaupt die Ursach / warum die Türken die Sclaven nicht gerne loß geben. Sclaven nicht gerne von sich lassen / als ohne welche ihre ganze Herrschaft nicht lang bestehen koͤnnte, angesehen sie solche, nebst den Grichen und Armeniern zum ackern, säen, Bäͤume⸗ und Weinberge pflanzen, auch zur Hauß⸗Arbeit, die sie nicht gern verrichten, gebrauchen, so setzt es doch noch weit groͤssere Difficultät, wann sie einen solchen loß geben sollen, der eine Kunst gelernet hat, ob man ihnen schon einen billigen Preiß dafuͤr anbietet, und zwar dieses alles um ihres Eigen⸗Nutzens willen.

Den 20ten dito bekam unser Hr. Groß⸗Botschafter von dem Visite der Gesandten bey dem Hn. GroßBotschafter. Französischen und Venetianischen Gesandten die Visite, wobey sich gleichfalls des erstern Gemahlin befand, welche zu Mittag mit Jhm speiseten. Dem / 1. November besuchte Jhn der Engeländische Gesandte / und den 4ten darauf abermal der Venetianische in seiner Behausung, bey welcher jederzeit die Leib⸗Wacht in Gewehr gestanden, den 5ten aber, als den Tag nach Caroli BorCelebrirung des Kaisers NamensFest. romæi tractirte Er die vier ausläͤndischen Gesandten / als den Französischen, Engelländischen, Venetianisch⸗ und Holläͤndischen insgesamt mit einem propren Gastmal, nachdem Er den Tag zuvor den Gedächtnis⸗Tag dieses Heiligen in der Franciscaner⸗Kirche in Gegenwart der ganzen Hofstatt und anderer Gesandten celebrirt, und wurde das hohe Amt von dem Abt zu Domben gehalten, wobey Ihro 288 Drittes Buch / Dritte Abtheilung / Jhro Majestät des Kaisers und der Kaiserin Bildnis zur Seiten des hohen Altars ausgesetzt worden. Es verfügten sich Se. Excellentz um einiger Geschäͤften willen zu dem Reis⸗Effendi / oder Reichs⸗Canzler; bey dem Engelländischen Gesandten aber legten Sie die Gegen⸗Visite ab, wobey Jhnen der vornehmste Theil des Adels und übrigen Suite theils zu Pferd, theils in den darzu bestellten Wagen folgten; bey dem Französischen Gesandten aber sind Sie gar oft aus besonderer Freundschaft zugesprochen. So haben auch einige den eingefallenen Huberts⸗Tag nach Jäger⸗Manier gefeyret / zu welcher Zeit auch des Sultans Frauenzimmer an Spatziergang des Sultans Frauenzimmer. dem Ufer des Meers bey dem Serrallien in dem Garten spatziren gieng, bey welcher Begebenheit sich kein Schiffer nah ans Ufer begeben darf, will er anders zum Trank⸗Geld den Buckel sich nicht brav abbleuen lassen, wobey man dann in selbiger Gegend viele Schiffe herum streichen siehet, welche gewisse Zeichen haben / wordurch sie die Herannahenden abhalten. Bey dieser Gelegenheit hat sichs einmal zugetragen, daß ein Dolmetsch der Französischen Nation, welcher sich zu Pera aufhielte / mit einem Perspectiv gegen Theur be be zahlte Curiosité eines Dolmetschen.die andere Seite des Canals schauete, wo sie nemlich herum spatzirten; als aber der Sultan aus seinem Lust⸗Hauß gleichfalls durch Hülf eines Fern⸗Glases solches wahrgenommen, ist ihm sein Fürwitz gar theuer zu stehen kommen, sintemaln er es mit dem Leben bezahlen müssen; dann es hat der Kaiser so gleich etliche HenkersKnechte hingeschickt, welche ihm ohne weitere Umstäͤnde und Anzeigung einiger Ursach in seinem Hauß gebunden und vor der Thüͤr aufgeknuͤpft; welches Ende sich auch derselbige, wie einige, die in guter Bekanntschaft mit ihm gestanden, ausgesagt, schon gleich propheceyet, so bald er gemerket, daß er von dem Kaiser gesehen worden, ob er gleich seyn Todes⸗Urtheil noch nicht angehöͤret hatte.

Den 8. November hatten die Herren Oebschelwitz/ Wei peler / Außem / Wetstein und Klimberg bey nahe zum zwey tenmal das Ungluͤck gehabt, daß sie ersauffen muͤssen; dann als sie nach der Säulen Pompei schiffen wolten / solche in der Nähe zu sehen wurden sie von der Besatzung der zwey gegen einander liegen den Schlöͤsser in Europa und Asien gezwungen, ohnerachtet des unge

CAROLUS VI ROMANORUM IMPERATOR P.C. Monath excud. A. Nunzer sc. Norimb.
ELISABETHA CHRISTINA ROM. IMPERATRIX P.C. Monath excud. A. Nunzer sc. Norimberg
Von unterschiedl. Begebenheiten u. dem kleinen Bairam. 289 ungestümmen Meers an das Land zu fahren, weil sie ihnen weiter zu gehen nicht gestatten wolten; nachdem sie aber endlich von dem daselbst liegenden Commendanten Erlaubnüß erhielten, ihre Reise fer ner fortzusetzen, wurden sie von einem noch weit heftigern Wind angefallen, so daß sie weder zur Saͤule nahe anfahren, noch auch sich von den ungestuͤmmen Meeres⸗Wellen befreyen kunten, sondern von denselbigen vielmehr hin und wieder geworfen worden, und mit ge nauer Noth erst auf dem Abend unverrichteter Sachen wiederum zuruck gekommen, ohnerachtet sie gleich bey anbrechendem Tag von Säule Pompei. hier abgefahren. Es ist aber diese Säule an dem Europäischen Ufer bey dem Anfang des Canals ungefehr 30. Schritt von dem Meer gelegen: dahero diejenigen Geographi haͤßlich fehlen, welche solche mitten ins Meer stellen, wie ich selbst zum öftern auf den Land⸗Charten oder andern Kupfern observirt habe. Ehedessen stunde sie auf einem Huͤgel, und war von harten Steinen in vier eckigter Figur aufgefüͤhrt, und schiene der Zeit selbst Trotz zu bieten: anjetzo aber ist sie vor Alterthum also zusammen gefallen, daß aus einem so grossen Werk, welches Pompejus nach uͤberwundenen Asien denen Nachkommen zum Angedenken seiner erfochtenen Sie ge hinterlassen, kaum noch 7. oder 8. Schuhe uͤbrig geblieben.

Den 14. dito haben Se. Hoch⸗Graͤfliche Ercellentz zwey Gefangene auf eigene Kosten erlöset. Sie wurden auch damals mit dem ersten Adel von dem Venetianischen Botschafter eingeladen, und legten nicht weniger bey andern Gesandten die Visite ab. Zur selbigen Zeit kamen viele Schiffe von Alexandria aus dem Egäischen Meer, worauf gleich nach ihrer Ankunft der Preiß der Caffé-Bohnen sehr gefallen. Eben damals wurden auch Brieffe Neue Zeitungen von unserm Hof. nach unserm Kaiserlichen Hof geschickt, von dannen wir auch welche erhielten, woraus wir viel Neues erfahren hatten, so wol von dem Absterben unterschiedlicher vornehmen Ministers, welches einige nicht wenig bestuͤrzt machte, als auch von einer gluͤcklich entdeckten Verrätherey, die aber, wie es schiene, nur in der Einbildung bestunde, und ein Jtaliänischer Geistlicher, den die Franzosen Abbé nennen/ zu Wien soll angesponnen haben; und dann auch, daß zwey Edelleute aus unserm Gefolg nach Frankreich gereiset wären. Den 15ten besagten Monats, am Leopoldi Tag / wurde RaubSchiff aufgebracht. ein Malthesisches Raub⸗Schiff in dem Hafen eingebracht, dessen Patron Oo 290 Drittes Buch / Dritte Abtheilung / Listiger See⸗Räuber.Patron ein Franzos von Asciot aus Provanz war, und den Namen Tourtain führte, von den Tüͤrken aber Stutz⸗Nasse genennet wurde, weilen er eine gar kleine und platte Nase hatte. Er befande sich ehedessen lang unter den Tüͤrken in der Sclaverey, nachdem er aber durch Hülfe des damaligen Französischen Gesandten Ailleurs Es ist kein französischer Botschafter dieses Namens nachweisbar., so ihn für 500. Thaler erkauft hatte / wieder loß gekommen, handelte er für sein eigen Geld ein mittelmäͤssiges Malthesisches Raub⸗Schiff an sich / welches nur 22. Stuck führte, mit diesem hat er auf dem Hellespont lange Zeit Rauberey getrieben, und um des von den Türken ehemals erlittenen Verdrusses willen ihren von Alexandria und Egypten kommenden Fahr⸗Zeugen grossen Schaden zugefüͤgt, auch so gar ihre gröste Kriegs⸗Schiffe hinweggenommen, welche er öfters mitten in dem Hafen und im Gesicht der Dardanellen glücklich bestritten und uͤberwunden: ja es hat sich auch seine Verwegenheit gar bis dahin erstreckt / daß er zu Nachts bey besagten Dardanellen in der Enge des Hellesponts heimlich vorbey geschifft / und der Stadt Constantinopel selbst mit Feuer und Schwerdt gedrohet, ohnerachtet in den Hafen alles voll Schiffe gelegen. Als einesmals eine Sultane oder grosses Kriegs⸗Schiff, so der Kaiserin Namen führte, und 120. Stuck aufhatte, ihn verfolgte, stellte er sich an, als wolte er nach der Enge fliehen, hat sich aber hinter einen Huͤgel gelegt, und von dar das Kriegs⸗Schiff selbst noch in den Hafen angegriffen und in Grund geschossen; worüͤber der Bascha oder Commendant bemeldter Schlöͤsser häͤtte rasend werden moͤgen, und zu dem Ende aus einem dieser Schloͤsser Stuͤcke mit Ochsen auf den Gipfel des nechst gelegenen Bergs füͤhren lassen, um ihn von seinem Hinterhalt zu delogiren, er hat aber den Braten gerochen, und seinen Weeg, ehe er noch angegriffen worden, weiter genommen. Er jagte denen Tüͤrken oft Schiffe von hundert und mehr Stüͤcken mit seinem geringen Fahr⸗Zeug ab; so war ihnen auch nur der blosse Name dieses Räubers so erschröcklich, daß sie dafüͤr erzittert / wann sie ihn nur nennen hoͤrten, und alsobald das Meer geräumt, woferne sie ihn in der Nähe vermerckt haben. Endlich sind drey, oder nach anderer Bericht, 13. Sultanen mit dieser Ordre abgeschickt worden, nicht eher zuruck zu kommen, bis sie ihn entweder todt oder lebendig in ihre Gewalt bekommen, wobey man dem Uberwinder eine ansehnliche Belohnung aus dem gemeinen Säckel Von unterschiedl. Begebenheiten u. dem kleinen Bairam. 291 Säckel versprochen hat. Diese haben ihn erstlich, eben da er auf den Ankern lag, angetroffen, weswegen er sich durch Anzündung des Pulvers in die Luft schicken wolte, welches er jederzeit willens gewesen, wofern er auf keine anderer Weise der Türken Nachstellungen wuͤrde entgehen koͤnnen; es haben ihn aber die Seinige daran verhindert, und ihn bemuͤssiget, daß er sich mit noch wenig andern auf ein kleines Schifflein begeben, womit er sich salviren und in der nechstgelegenen Jnsul verbergen solte; weil er aber auch daselbst nicht lang koͤnnen verborgen bleiben, sondern allenthalben aufgesucht worden, hat er mit Schwimmen, welches er unter den Wellen meisterlich verstunde, davon zu kommen gesucht: worauf die uͤbrigen, so in dem Schiff geblieben, und dreissig an der Zahl ausmachten, nach Constantinopel in die Dienstbarkeit gefüͤhrt worden; da dann die Tüͤrken das Schiff mit zu fuͤhren nicht vergessen haben. Den andern Tag darauf ist eben dieses Schiff von einigen Galeeren und dem Admiral⸗Schiff durch den Hafen zum Triumph herum gefüͤhrt worden; und als sie damit zu jenem bedeckten Gang oder Lust Häͤußlein gekommen, welches zu End des Serrallien oder Königlichen Pallasts am Meer auf zwölf Marmelsteinen Säͤulen stehet, aus welchem der Sultan die aus dem Meer ankommende Schiffe, und was sonst auf dem Canal passirt, zu beobachten pflegt, hoͤrte man einige Stuck⸗Schüͤsse / welches auch hernach, da man es bey den übrigen Schiffen vorbey nach dem Zeug⸗Hauß geführt / zum öftern wiederholt worden. Um diese Zeit gieng auch ein Ungarischer Kaufmann mit Namen Demetrius Parascowitz auf der Post mit Briefen nach Wien / welchem die zwey kürzlich angekommene Lieutenants von dem Prinz⸗Hohenzollerischen Regiment mit 14. auserlesenen und hier aufgekauften Pferden einige Täge darauf folgeten; von dannen ein anderer Holländischer Kaufmann zuruck gekommen.

Vierte Abtheilung.

DEn 17. dito sind einige aus dem Adel nach ConstantinoGrichischische Patriarchal⸗Kirche zu Constantinopel. pel gegangen, die vornehmste oder Patriarchal-Kirche der Grichen, so dem H. Georg geweihet ist zu besehen. Die sen Oo 2 292 Drittes Buch / Vierte Abtheilung / sen Heiligen verehren die Grichen vor andern, und haben ihn fast in allen ihren Kirchen auf eine ganz besondere aber auch recht laͤcherliche Art abgemahlt, also daß die Türken selbst ihr Gespött damit treiben; dann es sitzt hinter dem Herrn auf dem Pferd ein Knab, Lächerliches Gemähl des H. Georg. so jenem aus des Pferds s. h. Hintern Wein zapfet, und ihm solchen darreichet. Die Kirche ist nicht gar groß, dunkel, und mit vielen Kerzen und Lampen illuminirt. Sie fällt an vielen Orten ein, darf aber doch nicht ausgebessert werden; und ob schon der Patriarch dem Groß⸗Vizir Jbrahim für solche Vergünstigung funfzehen Beuteln angebotten, so 7500. Reichsthaler austrägt, wann man nemlich drey Thaler auf einen Ducaten rechnet, hat Er es doch abgeschlagen. Es wurden auch schon zu einer andern Zeit dem Ahli Bascha in diesem Absehen sechs tausend Ducaten oder 18. tausend Reichs⸗Thaler, welches 36. Beutel ausmacht, baar ausgezahlt; er hat aber das Geld genommen und in das Ansuchen gleichwol nicht verwilliget. Auf solche Weise ist es auch den Geistlichen zu Jerusalem ergangen, welche an der Ausbesserung ihrer Wohnung und Kirche lange gehindert worden / und den Ruin der H. Oerter mit Schmerzen ansehen müssen, bis endlich der Französische Gesandte Marquis de Bonac, solche Erlaubnüß ihnen von Hof zu wegen gebracht. Jn dieser Patriarchal⸗Kirche werden drey H. Coͤrper auf behalten und gewiesen, davon der eine der H. Euphemia seyn solle: so wird auch ein Stuck von derjenigen Säulen gezeigt, an welcher der HErr Christus gegeisselt worden; und ob gleich die Heiligthuͤmer bey den Griechen in schlechten Werth gehalten werden, ha Grichischer Patriarch von dem Groß Vizir ernennt. ben sie doch diese mit einem eisernen Gitter verwahret. Der Patriarch hat seinen Sitz und Wohnung gleichfalls in dieser Stadt und wird derselbige von dem Groß⸗Vizir ernennet, welcher diese höchste geistliche Würde um einen gewissen Preiß anschlägt, gleich wie auch dieser alle geistliche Beneficien und Aemter ums Geld verkauft, und trägt sich gar oft zu, daß diejenige / so den angeschlagenen Taxt bereits bezahlt / solchen nichts destoweniger, wann ein neuer Groß⸗Vizir ankommt, der dessen beduͤrftig ist, oder sich ein anderer findet / der mehr dafuͤr bezahlen will, wie es bey Mißguͤnstigen Muß ins Gefangnüß wan dern.oft zugehet, solchen noch einmal erlegen muß. Derjenige, so bey unserer Gegenwart diese oberste Stelle begleitet, hat eben dazumal im Monat Januarij keine geringe Gefahr ausgestanden, angesehen er Von der Griechischen Kirch Patriarchen, u.a.m. 293 er nicht nur in seinem Amt gehindert, sondern noch darzu auf des Groß⸗Vizirs Befehl in den Kerker gesteckt worden, davon man zweyerley Ursachen wissen wollen: einige gaben vor, er hätte zu viel Gemeinschaft und Vertraulichkeit mit einer denen Tüͤrken verdaͤchtigen Potenz, die ich anjetzo nicht nennen mag, gepflogen; andere aber hielten mit groͤsserer Wahrscheinlichkeit dafuͤr, daß man durch solches Verfahren nur Geld aus ihm erpressen wolle. Jnsgemein aber sagte man / daß ein Spanier / seiner Profession nach ein Medicus, und eines gewissen unter des Tuͤrken Tribut stehenden Prinzen Rath / dessen Namen ich aber, ob ich solchen schon gar wol weiß / wegen des Geschlechtes und seiner Vor⸗Eltern Verdienste verschweige, sich zu Constantinopel aufhielte / der dieses Amt für sich oder einem seiner Freunde zu erlangen suchte; und weil endlich durch das Geld alles wieder gut gemacht worden, wird man niemand einiger Ubereilung beschuldigen koͤnnen, wann man das letztere füͤr sehr wahrscheinlich hält. Es ist auch aus der Erfahrung bekannt, daß einer / so von dem Groß⸗Vizir ernennt, und auch wieder abgesetzt worden, nichts destoweniger von eben demselbigen, oder einem andern an des Eingeschobenen Stelle oft wiederum gelanget, wann er so viel Geld zusammen gebracht, als ihm darzu noͤthig gewesen. Daher es dann kommt, daß diejenige, welche nach dieser Wuͤrde strePatriarchat zu Constantinopel muß durch Geld erlanget werden. ben, überaus grosse Schulden bey den ihrigen machen, so alsdann aus dem Einkommen der Kirchen von dem neuen Patriarchen wie derum zusammen gescharrt und bezahlt werden. Hingegen moͤgen die Schuldner zusehen, woferne dieser ihr Schuld⸗Mann vor der Bezahlung stirbt, oder, es seye nun aus seinem oder anderer Verschulden / abgesetzt wird, wie sie zu ihrem Geld kommen, sintemalen der neue allemal aus denen Moͤnchen, die sie Caloyers nennen, und sonst keine Einküͤnfte haben, genommen wird. Wann aber der AbWird von andern vorgeschossen. gesetzte nach des andern Tod wiederum darzu gelanget, finden sich aus Hoffnung des Gewinnstes Leute genug, die ihm mit der benoͤthigten Summa an die Hand gehen; dann da werden diese Unkosten aus den geistlichen Pfruͤnden gezogen, und diejenige, die doch der grosse GOtt so wol im alten als neuem Bund frey zu seyn erkläret, mit allerhand Auflagen beschwehrt, also daß sie durch verschiedene schlimme Streiche dasjenige erlangen und behaupten, was der Hoͤchste mit einem unschuldigen Gewissen und umsonst will erhalten und mit Oo 3 294 Drittes Buch / Vierte Abtheilung / mitgetheilet haben. Geschiehet dieses nun in den geringen geistlichen Bedienungen / was Wunder, wann man zu dem höchsten Gipfel der Kirchen⸗Dignitæt gleichfalls durch verbottene Kuͤnsten und der so oft vermaledeyten Simonie gelanget; dahin man zwar um Erledigung des Verdrusses bey solcher schwehren Türkischen Dienstbarkeit noch wol durch Erlegung eines Stuͤck Gelds kommen koͤnnte, wann nur nicht der verfluchte Neid es dahin gebracht, daß bey Vergebung solcher Stelle ein öͤffentlicher Wucher damit getrieben wuͤrde. Gebeine der Heiligen werden verkauft. Doch bleibt es nicht allein dabey / daß man die geistlichen Beneficien mit Geld an sich kauft, sondern es muͤssen auch so gar der Heiligen Gebeine zur Ersättigung ihres Geitzes dienen, als welche diese Patriarchen gleichfalls um Geld loß⸗schlagen. Der öfters gemeldte Monsieur Dumasrambois hat mir selbst erzehlt, wie er eine ganze noch mit der Haut bedeckte Hirnschale von weiß nicht was für einem Heiligen von dem Patriarchen um etliche Ducaten an sich gekauft, worbey er zwar vorgegeben, daß er für solches Geld etwas in die Kirche schaffen wolle, so aber wol niemal geschehen wird. Jm Kirchen Regiment der Grichen. übrigen ist das ganze Kirchen⸗Regiment der Grichen durch etliche wenige Patriarchen bestellt, davon der zu Constantinopel das Haupt ist, und so viel als bey uns der Römische Pabst gilt. Der Patriarch zu Jerusalem hat die Aufsicht uber die Kirchen in dem gelobten Land; der zu Antiochien wohnet zu Damasco / und regiert die Kirchen in Syrien / Mesopotamien / Caramanien, in denen Asiatischen Provinzen: der Alexandrinische häͤlt sich zu Cairo in Egypten auf, und ist üͤber die Gemeinen in Africa und Arabien gesetzt, die übrigen Haupt⸗ und andere Kirchen aber sind dem Patriarchen zu Constantinopel unterworffen. Auf die Patriarchen folgen die Erz⸗Bischöͤffe / Bischöffe / WeyhBischöffe / Πάππαι oder weltliche Priester / so an kein Gelübd gebunden sind, und dann die Caloyers, Ordens⸗Geistliche oder Basilianer / ausser welchen Orden sonst keiner in ganz GrichenLand anzutreffen ist, als die sich nicht, wie die andern, verheyrathen duͤrfen, weswegen alle Patriarchen / Erz⸗Bischoffe / Bischöffe Die ErzBischöffe / Bischöffe / rc. in der Grichischen Kirche dörfen nicht verheyrathet seyn.und Vorstehere aus ihnen genommen werden; sintemaln in ihrer Kirche keine, als die ein von der Gemeinschaft der Weiber abgesondertes Leben führen, zu solchen Ehren⸗Stellen gelangen können: denen andern Geistlichen aber ist in dem Ehe⸗Stand zu tretten er laubt, Von der Grichischen Kirch Patriarchen / u.a.m. 295 laubt, wie dann auch die meinsten unter ihnen Weiber haben / aber eben deswegen von hoͤhern Bedienungen in der Kirche ausgeschlossen werden; hat sich aber jemand von Jugend auf der Weiber enthalten, so kan er zu höͤhern Aemtern gelangen / wann er gleich nur ein weltlicher Geistlicher ist. Es ist aber bey der Ehe dieser Priester Weltliche Priester dörfen sich nur einmal verheyrathen. wol zu merken, daß sie erstlich noch vor empfangener Weyh heyrathen muͤssen; und dann auch, daß sie nach Absterben ihres ersten Weibes keine andere mehr freyen doͤrfen, wenn sie noch Priester zu werden verlangen; dahero sie sich eine junge und schöne aussuchen, und das Sprich⸗Wort verursacht haben, daß man zu sagen pflegt: sie ist so schoͤn / als wie eines Priesters Frau: Ebenfalls darf auch diejenige, welche sich mit einem Priester verWie auch ihre Weiber. maͤhlt, nach dessen Absterben nicht zur andern Ehe schreiten, sondern muß auch oft wider ihren Willen, Witwe bleiben, ob sie schon auser diesem sich so wol, als andere, noch zweymal verheyrathen dörfen.

Abnahm der Grichischen Kirche unter den Türken.Die Grichische Kirche hat von der Zeit an, da dieses Reich der Tüͤrkischen Macht unterliegen muͤssen, sehr viel von ihrer ehmaligen Beschaffenheit verlohren, worzu auch die so schlecht eingerichtete Unterweisung der Grichischen Möͤnche und ihre greuliche Tummheit sehr viel beygetragen / welche so groß ist, daß ihre obersten Vorstehere oft kaum recht lesen und schreiben koͤnnen. Aber was ist auch wol von derjenigen Kirche zu hoffen, deren Haupt nicht von Goͤttlicher Schickung, sondern dem geschwohrnen Christen⸗Feind, erwählt und bestättiget wird, als welches folgender gestalt zugehet: Wann das hierzu erforderte Geld erlegt ist, gibt ihm der GroßEinsetzung des Patriarchen. Vizir das Patriarchen⸗Hütlein, und zwey Ehren⸗Kleider oder Caftans, so von gar schlechten Zeug gemacht sind, denen andern aber aus seinem Gefolg lässet er nur eines reichen; diese ziehen sie alsdann an, verfüͤgen sich damit zur Kirchen, wohin sie ein Capigi Baschi oder Kaiserlicher Caͤmmerling, welcher voran gehet, nebst einigen Chiausen begleiten. Daselbst verrichtet der Erz⸗Bischoff von Heraclea die Kirchen⸗Ceremonien, und installirt zugleich diesen neuen Patriarchen / welches Recht jener von dem Kaiser Constantinus her hat, so Er denen zu Herclea Kraft eines Privilegii ertheilt, weil Er diese höͤchste Wüͤrde in der Grichischen Kirche 296 Drittes Buch / Vierte Abtheilung / Kirche von ihnen hieher nach Constantinopel verlegt hat; dahero wir auch nicht läugnen, daß in der Grichischen Kirche noch heutiges Tags wahre Vorstehere und Priester zu finden, so aber wegen der Absonderung von der Röͤmischen Kirche weder rechtmäͤßig geweyhet noch gesalbet sind.

Bis hieher hat die Pest diese Gegend noch nicht gaͤnzlich verlassen, ob gleich die gemeine Rede gieng, daß sich solche schon laͤngstens gelegt habe; angesehen ein Priester aus dem Orden des H. Fran Verstorbene Personen.ciscus / der in Verrichtung der Liebes⸗Werke bey einem Kranken ihm unwissend damit angesteckt worden, es drey Tag darauf / als der 17. November, mit dem Leben bezahlen müͤssen, deme ein LeyenBruder bald darauf, nemlich den 4ten December gefolget ist / wordurch die übrige gezwungen worden, ihre Wohnung 40. Tag lang zu verlassen, und ihre Kirche diese Zeit hindurch zu verschliessen; wie dann auch ein Canzelist aus dem Hof⸗Kriegs⸗Rath mit Namen Franz Xavier Kemmeter / wie wol an einer andern Krankheit, dieses Zeitliche gleichfalls gesegnet; dann nachdem er lange Zeit mit dem dreytägigen Fieber behaftet gewesen, und keine Arzney bey ihm anschlagen wollen, auch über dieses mit einer Gemüths⸗Krankheit überfallen worden, und sich eine gewisse Zaghaftigkeit an ihm geäussert, ist ein hitziges Fieber darzu gekommen, welches ihn einige Tag hernach von dieser Welt weggenommen, nach dem man ihn zuvor mit allen heiligen Sacramenten versehen: er hat aber seinen Willen in die allweise Schickung GOttes gänzlich ergeben, auch diesen erfolgten Todes⸗Fall mit Benennung des Tags und der Stunde seinen um ihn herzlich betrübten und damals herumstehenden guten Freunden gar eigentlich vorgesagt: ist auch nicht weniger bey diesem seinen Todes⸗Kampf von zweyen beständig bey ihm ausdaurenden Geistlichen aus der Gesellschaft Jesu gestärket, und mit Vorbetung der drey Theologischen und übrigen Tugend⸗Acten vertretten worden, bis er unter so schöner Zubereitung den Geist in die Hände seines Schöpfers geliefert; worauf man den Leib den Tag darauf um 9. Uhr auf dem Catholischen Kirchhof ausserhalb Pera mit gewöhnlichen Ceremonien zur Erden bestattet, den die mehriste Domestiquen / viele aus dem Adel, und alle Priester, die letzte Ehre angethan und bis zu seiner Ruhe⸗Stätt begleitet ha ben, Von der Grichischen Kirchen / Patriarchen, u. a. m. 297 ben, wie dann so gar Jhro Hochwuͤrden der Herr Abt zu Domben sich dabey eingefunden und dißfalls seinen Eifer und Liebe nicht unbezeigt gelassen.

Nachdem der Graf von Althan etliche Tage auf guten Wind Abreise des Grafen von Althan und Herrn Breitenau nach Frankreich. gewartet, ist er mit dem Herrn von Breitenau aus dem zweyten Adel denen Grafen Besora und Sebastida diesen Nachmittag nacher Marsilien gefolget, als er vorher bey dem Französischen Gesandten zu Mittag gespeiset hatte. Um diese Zeit kam auch der Herr Botschafter mit dem Grafen Bathyani / Nesselrode und Scherftenberg / samt dem Freyherrn von Zweiffel von der Jagd wieder zuruck, und so bald Er das Mittagmal eingenommen, begab Er sich zu vorbesagten Französischen Gesandten, um daselbst mit annehmlichen Gesprach den Abend zu passiren. Eben an diesem Tag holte ein Vätter von dem Holländischen Gesandten den Grafen von Thierheim nebst noch einigen andern nach der Stadt ab, Hochzeit der Tochter des Holländischen Dollmetschen. wohin sie sich üͤber den Canal fuͤhren liessen, um daselbst die Trauungs⸗Ceremonie bey der Hochzeit der Tochter des Holländischen Dolmetsch mit anzusehen, nachdem sie schon vorher den 14. November der Verloͤbnis beygewohnt. Daselbst nun wurden sie in ein MorgenGab der Grichen. Zimmer geführet, welches mit unterschiedlicher feiner Leinwand, Kleidern, Teppichen, Polstern und anderer Ausstaffirung versehen war; an der Vertäflung aber hiengen unterschiedliche auf Tüͤrckische Art schön⸗ und mit Gold reich gestickte Tuͤchlein, und hat man alle diese Sachen zusammen auf 20. Beuteln oder 10000. Thaler, so im Gold 13335. Ducaten ausmacht / æstimirt, ohne den Schmuck und das Gold, so in 6. Beuten aufbehalten wurde; dabey auch eine Sclavin stunde, so man gleichfalls mit gegeben, und hier auf alle diese Kostbarkeiten die Aufsicht haben muste. Bey den Fenstern sahe Grichisches FrauenZimmer. man eine Menge Grichisches Frauenzimmer so sich wie irrdische Goͤttinnen in netten Aufbutz præsentirten, als deren Haupt, Hals, Brust, Armen, Füsse und ganzer Leib auf das artigste und kostbarste mit den schönsten Blumen, Gold / kostbarn Steinen, Perlen und Bändern gezieret waren; sie sassen zusammen auf den kostbarJhre gewöhnliche Art zu sizen. sten Polstern mit unter sich über einander Creutz⸗weiß geschlagenen Füssen, und war also, daß die völligen Füͤsse mit den Schien⸗Beinen ihnen statt eines Stuhls, worauf der ganze Leib ruhete, die Knie aber zur Lehne dienen musten / auf welche sie die Hände ganz sitsam leg Pp 298 Drittes Buch/ Vierte Abtheilung/ legten; und dieses ist des Frauenzimmers hier zu Land gewöhnliche Kleidung. Art zu sitzen / ihre Kleider aber folgende: auf dem Haupt haben sie eine Hauben, die gegen das Ende zu gespitzt, wie ein Kegel / und etwas über die eine Schultern herab hanget, womit sie insgemein das linke Ohr bedeckt, das rechte aber blos haben, so daß dieses kaum ein wenig von der Hauben beruͤhrt wird; ist aber dieses bedeckt / so ruht die Hauben etwas weniges auf dem linken, und stehet gleichsam nur auf demselbigen auf. Es sind solche Hauben gemeiniglich von Sammet oder einem andern silbernen oder guldenen gewuͤrkten Zeug, um welche sie ein schöͤn gesticktes zwey oder drey Finger breites Tüchlein gar artig zu winden pflegen, danebst werden sie nicht weniger mit allerhand Blumen geziert, so / daß allenthalben die Diamanten und Perlen auf das anmuthigste durchschimmern. Unter solcher Hauben reichen die in Locken geflochtene Haare weit über den Rücken hinab, und legen ihnen eine neue Annehmlichkeit bey. Um ihren Hals liegt entweder ein gefaͤrbtes Tuͤchlein, oder eine mit Steinen besetzte guldene Ketten, haben auch wol solchen zum öͤftern nur ganz blos, welcher solcher massen mit seiner angebohrnen weisen Farb mehr als mit allen andern Zierrath pranget. An ihrem Leib tragen sie ein subtil⸗ und fast wie eine Spinnen⸗Web gesponnenes leinwanden Hembd, worunter sich die Schnee⸗weisen Bruͤste vor den Augen ihrer Anbeter zu bedecken suchen. Ein seidenes mit guͤldenen Blumen vermengtes langes Weiber⸗Kleid, welches mit vielen kleinen Knöpflein zu gemacht ist, liegt ihnen so genau an, daß man alle Bewegungen der Glieder dardurch beobachten kan / um welches sie einen drey Finger breiten und mit Steinen besetzten Guͤrtel tragen, im übrigen aber keines Schurz⸗Tuchs nöthig haben. Sie pflegen auch über diese Kleidung noch eine andere anzulegen, welche mit Zobel oder Hermelin gefüͤttert, an dem Hals entweder zusammen gebunden oder mit einer Steck-Nadel fest gemacht ist: beide gehen bis über die Füsse, davon aber das erste aufgeschüͤrtzt, daß man die Ho Hosen des Grichis. Frauenzimmers. sen an statt des Rocks, sehen kan / worinn sie es also den MannsPersonen nachmachen. Erst⸗besagte Hosen sind sehr weit, aber doch darbey leicht, und nur von feiner Seiden oder duͤnner Leinwand gemacht, an deren Ende schone, insgemein von zarten gelben Leder verfertigte Pantoffeln fest gemacht werden / über welche sie aber, wann sie über die Gassen gehen, noch andere Schuhe anziehen, so sie Von der Grichischen Kirchen Patriarchen / u a.m. 299 sie jedoch, wann sie in ein Zimmer kommen, wieder ab⸗ und andere, Schuhe des Grichischen Frauenzimmers. die sie Paposchen nennen, und sich jederzeit durch eine Magd mit tragen lassen, dargegen anlegen, die entweder etwas voraus gehet, oder hinten nach tritt. Wann sie ausser ihrem Zimmer in dem Hauß herum gehen, bedienen sie sich noch einer andern Art, so etwas hoher, als die vorigen, damit sie ihre schoͤne Kleider nicht verunreinigen, wann sie solche auf der Erden nachschleifften; selbige aber bestehen aus zweyen Bretlein / worüber zwey lederne Riemen gezogen und mit einem Nagel fest gemacht sind, zwischen welche sie so dann die Füsse hinein stecken; und kommen fast heraus, als wie diejenige, so in unserm Lande die Franciscaner⸗Möͤnche zu tragen pflegen. Doch, wir haben einmal genug von der Kleidung geredet, laßt uns nun wieder zu dem Frauenzimmer selbst kehren / um zu sehen, wie die Hochzeit ihren Anfang genommen hat.

Unser Adel wurde gleich bey dem Eintritt neben diese Matronen auf die Polster logirt, da dann alsobald etliche lustige Verse von den Türckischen Fatz⸗Narrn abgesungen und unterschiedliche Tänze von ihren Täͤnzern gehalten worden, worauf auch das Frauenzimmer mit einander nach ihrer Art lustig herum gesprungen. Hierbey wurden allerhand suͤsse Fruͤchte, mit Zucker oder Honig eingemachte Nuͤsse, Zucker⸗Brod, Pomeranzen, Citronen⸗Schalen, Mantel⸗Gebackens, unterschiedliche gewüͤrzte Getränke, Rosen⸗Wasser zum Händ waschen, Rauchwerk von Ambra und Bisam herum gelangt, die Spiele und Tänze alsdann wiederholet, und damit diese erste Fröͤlichkeit bey Ausstellung der Morgen⸗Gab geschlossen. Zwey Tage darauf folgte die andere, und versammleten sich anfangs die nechsten Anverwandten beiderley Geschlechts, wie auch die uͤbrigen eingeladene Gäste / in schönster Kleidung: der Bräͤutigam, wie auch der ConHochzeitMal. stantinopolitanische Patriarch, der von sechzehen Kirchen⸗Vätern, so sie Metropoliten nennen, und andern begleitet war, ist mit einer Türkischen Music empfangen und zugleich in den Speiß⸗Saal hinein gefüͤhrt worden, allwo sie sich auf die in schoͤnster Ordnung gelegte Sofaus nieder gelassen haben. Den Mittlern als den vornehmsten Ort hat der Braͤutigam eingenommen, zu dessen Rechten der Patriarch mit seinem Gefolg / zur Linken aber der Braut⸗Führer, so diesesmal Maurus Cordatus / der oberste Dolmetsch bey der Pforten gewesen, sich niedergelassen; neben diesen haben sich so dann Pp 2 300 Drittes Buch / Vierte Abtheilung / dann die Bekannten und Freunde, wie auch die Unsrigen samt den Holländer, und zwar wie sie darzu gekommen, nieder gelassen. Alsdann wurden wiederum allerhand Getränke und Säfte nebst verschiedenen eingemachten Schleckereyen herfür gelangt, und auch des Rauchwerks nicht vergessen; dabey sich die Tänzer, welche in Weibs⸗Kleidern aufgezogen kamen, mit ihren Spielen und Possen mitten in dem Speiß⸗Saal abermal præsentirten. Hierauf hat man den Bräutigam in der Braut⸗Kammer geführt, die, wie man dazumal vor gewiß sagte, zuvor einander noch niemal gesehen hatten. Diese saß daselbst oben an unter einem Blumen⸗Cranz / und war auf das kostbarste und zierlichste geschmückt, um sie herum aber saß das Grichische Frauenzimmer, so sich ebenfalls in den schöͤnsten Aufbutz dabey sehen liesse. Hier noͤthigte die Braut den Bräutigam zu ihrer Rechten, welche er auch, nachdem er zu ihr hinauf gestiegen, eingenommen. Jch kan indessen nicht eigentlich sagen, ob allhier die rechte oder linke Hand den Vorzug habe, sintemaln ich von niemand deswegen rechten Bescheid erhalten koͤnnen, angesehen sie durch einander sitzen, und in ihren Kirchen der HERR Christus seiner Mutter öfters HochzeitGeschenke. zur linken Hand stehet. Jndem sie nun so bey einander gesessen, wurden die Geschenke, so die Gäste für die neue Eh⸗Leute mit gebracht, zu ihren Füͤssen gelegt, und da niemand mehr was bringen wolte, machte sich der Braͤutigam wieder von hier hinweg, und nahm KirchenCeremonien.in dem Speiß⸗Saal seinen vorigen Ort ein. Bald hierauf begab sich der Patriarch mit seinen Geistlichen in die Mitte des Zimmers, und wurde die Braut in Begleitung ihres Frauenzimmers herbey gebracht; und ob schon kaum 15. Schritt bis dahin waren, so hat sie sich doch gleichwol auf dieser Reise über eine Viertelstunde aufgehalten, ehe sie hieher gekommen, weil sie sich nach LandsGebrauch so langsam im Gehen bewegte, daß man es kaum merken kunte. Hierauf haben die Kirchen⸗Ceremonien ihren Anfang genommen, wobey der Patriarch die gewoͤhnliche Gebete und andere Solennitäten verrichtet, denen Verlobten die Ringe an die Finger gesteckt / aus einem Glaß zu trinken geben, hernach dasselbige an einem Stein in Stuͤcke zerschmissen / damit aber das Gegentheil zu verstehen geben wollen, nemlich, gleichwie dieses Glaß nun nicht mehr zu ergänzen stünde; also könnte auch ihr ehliches Band vor ihrem Tod nicht wieder aufgeloͤßt werden. Nach diesem haben Von der Grichischen Kirchen Patriarchen / u. a.m. 301 haben die Braut, die vorher von Männern heraus gefuͤhrt worden, zwey Weiber wieder zurück nach ihrer Cammer an ihren vorigen Ort gebracht; dabey sie sich dann gleicher Geschwindigkeit im Gehen / als zuvor, beflissen, der Bräͤutigam aber verfuͤgte sich mit dem PaGastmal zu Hochzeiten. triarchen und üͤbrigen Suite nach dem Zimmer an die für sie gedeckte Tafel / woran sie sich insgesamt nieder gelassen. Hier sind nun auch so gar diejenigen von uns eingeladen und ein eigener Tisch füͤr sie gedeckt worden / welche nur aus Curiosité, die Ceremonien mit anzusehen sich allhier eingefunden: es wolten ihnen aber die auf Tuͤrkische Art zugerichtete Speisen lang keine solche Begierde zum Essen erwecken, als grosses Verlangen sie bezeigten, das Grichische Frauenzimmer in ihren besondern Zimmern speisen zu sehen, so ihnen auch aus einer ausserordentlichen Gefälligkeit erlaubt worden. Jndem man nun hier zu Tische saß, ließ sich die Türkische Music mit Schalmeyen, Cymbeln und darein gemischten Gesang bestäͤndig hören: die Tänzer, Fatz⸗Narrn und Gauckler contribuirten das Jhrige gleichfalls zur Vermehrung der Kurzweil, und also hatte man die ganze Nacht in lauter Lust und Frölichkeit zu gebracht, da indessen der Dolmetsch von der Pforten von Constantinopel nacher Pera geschickt worden, um mit dem Herrn Groß⸗Botschafter von wichtigen Sachen sich zu unterreden: wie dann auch in dieser Zeit bey Sr. Excellentz der Französische Gesandte auf eine freundliche Unterredung zugesprochen.

Fünfte Abtheilung.

DEn 21. November / am Tage der Aufopferung Maria, haben sich Se. Hoch⸗Gräͤfliche Excellentz mit Jhro Hochwürden dem Ertz⸗Bischoff zu Ancyra, Vice-Patriachen zu Constantinopel / Herrn Pater Raymundus, Dominicaner-Ordens, samt vielen aus dem Adel und einigen andern nach Chalcedonien in Asien übersetzen lassen, welche Stadt gegen Constantinopel über an dem Ufer liegt/ und von Bericht von dem Chalcedonischen Concilio. dem daselbst A. 454. gehaltenen Concilio berühmt ist, das zur Herstellung der vorigen Authorität des Ephesinischen Concilii, und Verwerfung der Eutichianischen Lehre von einer Natur in Chri Pp 3 302 Drittes Buch / Fünfte Abtheilung / Christo angestelltworden, in Hofnung, etwan noch einige Denkwürdigkeiten daselbst anzutreffen. Allda siehet man nebst der von den Türken auferbauten Moschee noch eine kleine Capell, worzu ein Grichischer Geistlicher mit geringen Einkuͤnften bestellt ist, von welcher bemeldter Pfarrer behaupten wollen, daß sich darinnen die Väter zu dem in aller Welt so beruͤhmten erst gedachten Concilio versamlet hatten; als man ihm aber vorstellete, wie solches unmoͤglich wegen des engen Raums seyn koͤnnte, sintemaln diese Versammlung aus 360. Vättern bestanden, und dahero sich nothwendig an einem so kleinen Ort einer auf dem andern hinauf gesetzt haben müͤste: wuste er sich aus dieser Verwirrung auf das listigste heraus zuwickeln, wann er sagte, daß darinnen nur der Anfang darzu gemacht worden, da die Anzahl noch nicht so groß gewesen, nachgehends aber, als solche immer hoͤher angewachsen / hätten sie sich nach dem eine Stund weit von hier liegenden Kaiserlichen Pallast begeben, und das angefangene Concilium in dem von dem Kaiser Marcianus, der Pulcheriæ Gemahl / darzu her gegebenen Audienz-Saal zu Ende gebracht. Diese Nachricht des Geistlichen war auch nicht so gar ungegruͤndet, Anerwogen aus denen Kirchen⸗Scribenten bekannt ist / daß die Vätter nicht alle zu einer Zeit angekommen, sondern sich erst nach und nach eingestellt haben / auch einige aus ihnen allda gestorben seyn. Der H. Eyphemia Grab. Er berichtete ferner, daß vier Stadien weit von hier der Heil. Eyphemia Grab auzutreffen seye, deren Gebeine, wie ich oben schon erzehlt, in der Patriarchal⸗Kirchen zu Constantinopel aufbehalten werden, weswegen er sie auch dahin gefüͤhrt hatte. An dem Ort, wo man vorgibt, daß sie gelegen seye, siehet man einen Gang, Heilsames Wasser. oder vielmehr eine Cisterne / worinnen Wasser stehet, welches sie vor heilig ausgeben, und ihren Bericht nach für unterschiedliche Krankheiten gut seyn solle, wie die Erfahrung schon öͤfters bezeugt hätte.

Vom 23. November bis auf den 14. December ist wenig Merkwürdiges vorgefallen, und also nichts zu berichten, als das viele Türkische und andere Schiffe aus allen Enden der Welt angekommen, von dem Herrn Botschafter und dem Adel auch andern Bedienten verschiedene Jagden in Europa und Asien angestellt, und fremde Gesandtschaften, namentlich der Franzoͤsische / Engelländische / Venetianische und Holländische / zur Be zeugung Reise nach Chalcedonien/ und andern Zufäͤllen. 303 zeugung guter Freundschaft besucht, auch Se. Excellenz von den drey letztern zu Mittag, von dem ersten aber zum öftern zu Abends nebst den andern Herrn Gesandten und dem Adel tractirt worden; so hat auch nicht weniger der Adel bey guten Freunden gespeißt, auch der Französische Gesandte so wol sie als auch den Herrn Botschafter selbst auf seinen an dem Canal gelegenen Land⸗Gut Darapia zur Tafel gehabt. Es wurde auch von unserm Herrn GroßBotschafter der Holläͤndische Gesandte nebst den zweyen Abgeordneten von Ragusa eingeladen, darunter diese einen ganz besondern Aufzug gemacht, indem sie mit einem nach Lands⸗Gebrauch langen Rock gekleidet und dabey mit einem schwarzen langen Bart und weisen Parucken versehen waren: so bekamen auch Se. Excellenz noch von andern Gesandten unterschiedliche Visiten.

Damals liesse auch der Roͤmisch⸗Kaiserliche Dolmetsch Dem Röm. Kaiserl. Dolmetsch wird ein Kind getauft. Herr Theyls eine Tochter tauffen, welche Sr. Excellenz der Herr Groß⸗Botschafter und des Englischen Dolmetschen EhLiebste bey dieser Heil. Handlung mit Red und Antwort vertretten; der Herr Prælat aber bey der Botschaft, Graf von Schrattenbach / hat. in Gegenwart des Ertz⸗Bischoffs von Ancyra und des neugebohrnen Kinds Groß⸗Mutter, auch Vaters⸗ und MuttersSchwester mit andern vornehmen Matronen die Tauf verrichtet, so alle von vieren aus dem zweyten Adel, als denen Herren von Schmieddegg / Wetstein / Camber und Mattoni von Hauß abgeholet, und zu Mittag nebst des Französischen Gesandten Frau Gemahlin und andern Französischen Frauenzimmer, welche sich allhier eingefunden, von dem Herrn Botschafter zu Mittag tractirt worden.

Um eben diese Zeit haben Sr. Excellenz der Janitscharn Presente an den Hn. Botschafter. Aga ein Present von Blumen gemacht; der Groß.Vizir aber schickte Jhnen 10. Beutel zu, so an Geld nach unserer Rechnung 5000. Thaler oder 1666⅔. Ducaten ausmachen, und erhielten zugleich in Faveur der Gefangenen zwey Ferman oder Kaiserliche Diplomata. So ist auch dazumal der Capudan Bascha oder ObBestättigung des Capudan Bascha in seinem Amt. rister über das See⸗Wesen auf eine gewisse Zeit in seinem Amte wiederum confirmirt worden, weswegen er viele Freuden⸗Bezeugungen angestellt, das grobe Geschuͤtz um das Zeug⸗Hauß loßbrennen / und seinen Hauß⸗Bedienten neue Freyheiten angedeyen lassen. Es 304 Drittes Buch / Fünfte Abtheilung / Es soll ihm diese Bestättgung 43. Beutel oder 21500 Thaler, so im Gold 7166⅔. Ducaten austrägt, gekostet haben / worzu aber seines Sohns Tapferkeit das meinste contribuiret, als der den obgedachten Französischen See⸗Rauber mit verfolgen helfen, selbigen Ankommene Brieffe von Wien auch am ersten ausgespüͤhrt und angegriffen. Unterdessen kamen einige Sack⸗Uhren von Wien an, womit der Bostangi Bascha und Reichs⸗Efendi beschenkt worden; wir erhielten auch zugleich Brieffe von Wien so wol durch diejenige, welche neulicher Zeit die Löwen dahin geführet, als auch diese / so ohnlängst den Baron Seebach / unsern gewesenen Hof⸗Marschalk, und den Ungarischen Kaufmann bis an die Gränzen begleitet haben: dargegen wir von hieraus wiederum andere Schreiben dorthin abgehen lassen. Aus solchen übermachten Brieffen haben wir mit besondern Vergnüͤgen ersehen / daß sich das übrige Theil Siciliens samt der Stadt Messina den 11. October an die Teutschen ergeben / und die Besatzung zwar mit gewöhnlichen Ehren Zeichen doch ohne grobes Garantie von den Gränzen.Geschütz ausgezogen seye. Wir haben auch zugleich vernommen, daß niemand mehr aus der Türkey oder Grichenland den Kaiserlichen Boden betretten darf, bevor auf der Gränze die gewöhnliche Garantie von drey und vierzig Tagen gehalten worden, woraus wir leicht urtheilen kunten, daß der Baron Seebach / ObristWacht⸗Meister von dem Virmondischen Regiment/ nebst einigen andern, so erst nach ihm abgereißt, sich noch auf der Gränze befinden würden. Derjenige / so uns die letzten Brieffe überbracht, hat uns berichtet, wie er die neulich von hier verreißten Lieutenants erst zu Philippopel angetroffen. Weil auch jemand von der Pforten zu dem Tuͤrckischen Botschafter nach Wien abgehen solte, wurden Se. Excellentz von ihm ersucht, es doch zu vermitteln, daß er sich nirgend aufhalten duͤrfte/ sondern seinen Weeg ungehindert nach Wien fortsetzen könnte: es remonstirte aber der Herr Botschafter dargegen, wie es weder in Seiner noch des Gränz⸗Commendanten Macht stehe / an diesem zum gemeinen Besten zielenden Befehl ohne Vorwissen des HofKriegs⸗ und Gesundheits⸗Raths das geringste zu ändern: Er wolle aber jedoch dieser Sache halber nach Wien schreiben, damit etwan, so viel sich thun liesse, von der angesetzten Zeit nachgelassen würde, wel Von der Stadt Chalcedonien / und andern Zufällen. 305 welches Se. Excellentz doch mehr darum versprochen / damit Sie seines ungestuͤmmen Anlaufs entuͤbrigt seyn moͤgten, als daß Sie hätten hoffen koͤnnen, wie Jhre Vorschrifft, welche Sie ihm gewiß um des gethanen Versprechens willen haben angedeyhen lassen / dißfalls was helfen und den Termin verküͤrzen solte.

Eines hätte ich bey nahe zu melden vergessen, so sich, wo ich Siebenjähriger Knab lauft zu der Botschaft. nicht irre, den 26. November zugetragen, und mit Stillschweigen nicht muß übergangen werden: Ein Türkischer Knab von ungefehr sieben Jahren ist von seinen Eltern gelaufen, und zu dem Baron Romberg aus dem ersten Adel gekommen, den er sehr gebetten, er moͤgte ihn doch verbergen, und mit sich nach Teutschland fuͤhren, er wäre gesonnen, seine Religion zu verlassen, und die Christliche dafüͤr anzunehmen / in welcher er auch unterrichtet zu werden verlange, woraus dann dieser Baron, als der einer andern als der Catholischen Religion zu gethan, und auf die Wunder⸗Werke sonst nicht viel haͤlt, hier gleichwol / weiß nicht was grosses machte / daß der Knab eben zu ihm gekommen, und vermuthete, es sey darum geschehen, damit diesem zarten Gemuͤth das Gift der Catholischen Lehre, wie er es nennte, nicht moͤgte eingefloͤßt werden, welches nach meiner Meinung so viel heissen solte: daß er nicht in den gesunden und zum ewigen Leben fuͤhrenden Grund⸗Säͤtzen angewiesen wuͤrde; ich achte aber, es duͤrfte ein anderer als er es mit gutem Recht für einen ungefehren Zufall gehalten haben.

Den 14. dito, als Se. Excellentz der Herr Botschafter Ungelegenheit des Hn Botschafters mit einem Weib. nach Tophana zum Topchi Baschi oder Zeug⸗Obersten unterwegs war, einige neu⸗gegossene Stuͤcke und Galeeren, so auf dem Canal über den Gieß⸗Hauß lagen / zu besehen / ist Jhnen ein unsinniges Weib nachgelaufen, welche nicht nur mit heller Stimm ohne Unterlaß geruffen: Jaour / Jaour / sondern hat so gar mit Koth und Steinen nach Jhnen geworfen, deren einer wuͤrklich den Hut nechst bey dem Schlaff berührt hatte: es wolten sie zwar die Janitscharn verfolgen / als welche die grosse Verwegenheit dieser Vettel selbst verdrossen, aber der Herr Botschafter/ der sie seines Zorns unwüͤrdig achtete, hat es nicht zugelassen, worüͤber sie dann Zeit erhalten / sich unter das Volk zu mengen, und ist also füͤr diesesmal ihrer wol verdienten Straff gluͤcklich entgangen.

Den Qq

306 Drittes Buch/ Fünfte Abtheilung / Den 16. December wurde der füͤnfte Kaiserliche Prinz Geburt eines Kaiserlichen Prinzen. gebohren / und deswegen die Stücke an dem Ufer des Serralliens, zu Tophana / und auf den Jungfrauen⸗ oder den so genannten Leanders⸗Thurn abgefeuert, und damit diese Freude allenthalben ausgebreitet; weswegen der Herr Botschafter verordnet / ob er gleich von der Pforte, als die von dergleichen Höflichkeit nichts weiß, nicht erinnert worden, daß man Wein unter das Volk laufen, Gastmahle anstellen / die Häuser illuminiren und FreudenFeuer anzünden solte; es ist aber solches verblieben, nachdem der neu gebohrne Prinz den Tag darauf wieder verstorben, wiewol auch einige zweifeln wolten, ob die enge Gassen und hoͤlzerne Wohnungen dergleichen Illuminationen und Freuden⸗Feuer zulassen wüͤrden. Hierauf giengen Se. Hochgräͤfliche Excellentz den 17ten dito üͤber den Canal / die Kirche der Ewigen Weißheit, so die Türken Sophia nennen, zu besehen, es durfte aber keiner von dem Adel seine Bediente mit nehmen, damit die Anzahl nicht zu stark würde, weil es die Türken nur für etliche wenige erlaubet hatten, weswegen Dieselbigen nebst dem Adel nur drey bis vier von den Hauß⸗Officiers mit genommen, die andern aber bekamen gleichwol solche zu einer andern Zeit zu sehen: es haben uns auch, den ersten Adel ausgenommen, die geitzigen Türken, weiß nicht aus wessen Angebung, nicht einmal die Schiffe bezahlt, sondern ein jedweder muste aus seinem Beutel das Geld darzu herschiessen. Indem wir nun bey dem Capigi Baschi, Kaiserlichen Caͤmmerling, als unsern Führer, uns aufhielten, und daselbst auf eine Antwort warteten, um welche Zeit wir in die Moschee koͤnnten gelassen werden / kommt der Dolmetsch Herr Theyls von Hof, und bringt die Dessen Absterben. Zeitung / daß der gestrig⸗gebohrne Prinz heute früh wieder gestorben, und weil selbiger in wenig Stunden solte beygesetzt werden, muͤste diese Besichtigung der Moschee bis zu einer andern Zeit aus Gegebene Nachricht hiervon an den Herrn Botschafter von dem Groß⸗Vizir und deswegen abgestattete Condolenz. gestellt bleiben. Jndessen fertigte der Groß⸗Vizir einen Aga ab, der den Herrn Botschafter von der Geburt und den Tod des Kaiserlichen Prinzens in seinem Namen Nachricht geben solte / um welche Höflichkeit die Türken sich sonst keine Mühe gegeben; worauf Se. Excellentz wieder antworten lassen, wie Jhnen diese unerwartete Zeitungen von dem so früͤhen Absterben besagten Prinzens um so viel mehr schmerze / je grössere Freude Sie ge Von der Stadt Chalcedonien / und andern Zufällen. 307 gestern über dessen gluͤckliche Geburt bey Sich empfunden; wie Sie dann Jhr daruͤber gefaßtes Vergnuͤgen so wol für Jhre Person, als vornehmlich im Namen Jhro Römischen Kaiserlichen Majestät / seines Allergnädigsten Herrens / an Dero Genehmhaltung bey so guter Verständnuß zwischen beyden Hohen Häuptern Sie keineswegs hätten zweifeln dörfen / zu öffentlichen Freuden⸗Bezeugungen bereits alle Anstalten vorkehren lassen, man muͤsse aber nunmehro sich nach der Zeit richten und dem Goͤttlichen Willen, der aus uns unbekannten heiligen Ursachen ein anders mit dem Prinzen vorzunehmen beliebt, auch hierinnen ergeben; Sie wuͤnschten Jhrer Seits, daß durch einen anderweit entstehenden glüͤcklichen Zufall dieser Verlust wiederum reichlich ersetzt werden moͤge. Es meinten aber gleichwol einige zu Constantinopel, als ob von denen Tuͤrken selbst solcher Tod beschleunigt worden / weil diese wilde Leute gar gerne in Gewohnheit hatten, wann sie merkten, wie von dem Kaiser eine Concubin mehr als gewoͤhnlich geliebt wuͤrde, sie aber deren Fruchtbarkeit aus politischen Ursachen scheueten, die Frucht abzutreiben / wann sie erst empfangen, oder in der Geburt mit Fleiß zu verwahrlosen, oder auch wol gar, wann das Kind bereits gebohren, selbiges durch einen gewaltsamen Tod aus dem Weg zu räumen.

Sechste Abtheilung.

WEil wir nun um angefüͤhrter Ursach willen füͤr diesesmal die SiebenThürne werden von dem Herrn Botschafter besehen. Moschee nicht kunten zu sehen bekommen, und doch gleichwol in Constantinopel waren, entschlosse sich der Herr Botschafter, nach eingenommenen Mittag⸗Mahl bey dem Capigi Baschi die in aller Welt so bekannte Sieben⸗Thuͤrne zu besehen, damit Er bey Seiner Heimkunft auch etwas gewisses bey Gelegenheit davon erzehlen koͤnnte. Zu diesem Ende wurden die benoͤthigten Schiffe angeschafft, und jemand nach dem Groß⸗Vizir geschickt, welcher die Erlaubnuͤß darzu begehren sollte, die Er auch alsobald ertheilt hatte. Unterdessen wurde, so gut es die Eilfertigkeit zulassen wolte, zum Mittag⸗Mahl angeschickt / welches, wie gewöhn lich, Qq2 308 Drittes Buch / Sechste Abtheilung / lich, auf Türkische Art zu gerichtet war; und weil wir einige Flaschen Rhein⸗Wein mit genommen, haben wir uns ganz wol dabey befunden, und die Türken sich solchen selbst besser als ihren Scherbeth schmecken lassen. Nach eingenommener Mahlzeit begaben wir uns nach derjenigen Seite der Stadt, welche gegen Mittag an das Meer zwischen den Hellespont stosset, von dar wir zu Schiffe nach den Sieben Thürnen abgefahren. Es liegen aber dieselbige am Ende der Stadt, und zwar die vier grössern gegen Abend in einer Linie neben einander, davon die zwey mittlern vierdie zur Seiten stehende aber sechs⸗eckicht sind. Gegen denselbigen über gegen Aufgang liegen wiederum neben einander drey solche Thürne, von welchen der mittelste viel höher und grösser ist, als die beystehenden, und zwölf Eck hat, die zwey übrigen aber eine runde Figur præsentiren. Zu diesen ist noch der achte gekommen, und, wie es scheinet, von den Türken aufgeführt worden / kommt aber den uͤbrigen an Gröͤsse bey weitem nicht bey, siehet auch ganz anderst als die vor erzehlten aus, zu welchen man bey der Mauren aus der Stadt hineingehet. Die sieben ersten haben die Römer oder wie man sie auch nach der Landschaft nennen könnte, die Grichen aufgebauet, und dahero den Namen der Sieben⸗Thürne behalten, ob deren gleich heut zu Tage achte gezehlet werden. Sie sind alle mit Bley bedeckt, und mit einer besondern Mauer umfangen, auf welcher wiederum viele kleine Thüͤrne stehen, also daß solche fast eine kleine Stadt vorstellen; wie dann auch so viele Häuser daselbst angebauet sind / daß man sie auch nur deswegen für dergleichen ansehen solte; und ob sie gleich an die grosse Stadt anstoßen, so ist diese doch durch die herum gefüͤhrte Mauer von selbiger abgesondert, auch mit ihren absonderlichen Moscheen versehen. Jn der Mitte dieser viereckigten Thürne, so auf das Feld hinaus gehen, waren ehdessen drey grosse Pforten, davon man noch das Merkzeichen siehet, die aber jetzo zu gemauert sind, und an deren statt nur ein kleines Pförtgen gemacht ist, wordurch man auf dem Wall hinaus ge TriumphBögen.hen kan. Bemeldte Pforten aber sind vor Zeiten grosse TriumphBögen gewesen, durch welche die Elephanten, so die mit Mannschaft besetzte Thürne auf den Rücken hatten, nebst andern ungeheuren Kriegs⸗Rüstungen geführt worden, wie es auch die ungemeine Grösse und Weite dieser Thore, und deren übrige Auszierung Gipfel, Von den Sieben⸗Thürnen. 309 Gipfel, eingehauene Löwen, Tiger und allerhand andere Thiere zu erkennen geben. Die Thuͤrne an sich selbst sind aus Quater-Stuͤcken aufgefüͤhrt, welche an Schoͤnheit und Häͤrte dem Marmor nicht viel nachgeben, ob sie solchen gleich nicht allerdings beykommen. Man kan auch noch einen andern nicht gar hohen Thurn ausser der Stadt⸗Mauren auf dem Wall zur Linken des Wegs von Adrianopel, beobachten, in welchem ein Creutz ausgehauen und von den Tüͤrken oben darauf mit einem halben Mond mehr beschimpft als geziert ist: die so wol an diesem als allen uͤbrigen gestandene Grichische Schrifft ist durch das Alterthum ganz unleßlich gemacht worden; und weil man daselbst unterschiedliche Helme und Worzu die Sieben Thüͤrne sonsten gebraucht worden. Schilde gefunden, haben die Tuͤrken daraus geurtheilet, wie ich nachgehends selbsten von ihnen vernommen, daß die Roͤmisch⸗ und Grichischen Kaisere ihr Zeug⸗Hauß allda müssen gehabt, auch sich deren mit der Zeit wol gar zur Schatz⸗Kammer bedient haben. Es sind auch solche von den Tüͤrken selbst zu diesem Gebrauch eine Zeitlang angewendet worden, wie dann dieses eben der Ort soll gewesen seyn, wohin der Groß⸗Vizir Rustan seine gesammleten Schätze gelegt und auf behalten hat / denen folgende Schrifft beygefügt war: Pecuniae Rustani diligentiâ conquisitæ; Die durch des Rustans gute Haushaltung zusammen gebrachte Schaͤtze; wiewol Busbec schreibt, es seye dasselbige Zimmer in dem Kaiserlichen Pallast gewesen; jedoch weil dahin der Groß⸗Vizir eben so wenig als ein anderer kommen darf, ist es wahrscheinlicher, daß gedachtes Geld in diesen Thuͤrnen aufbehalten worden, als wohin er einen freyen Zutritt hat, auch, ausser jenem sonst in der ganzen Stadt für Jhm nichts verschlossen ist, welche man aber nachgehends zu denen allenthalben so bekannten Gefaͤngnuͤß gemacht, die auch bis diese Stund zu nichts anders gebraucht werden: Doch finden sich gleichwol einige, so in den Gedanken stehen, daß die Kirchen⸗Schätze noch bis jetzo darinnen aufbehalten würden, davon man aber ausser in dem höchsten Nothfall nichts verwenden düͤrfte. Hierbey Vorgeben der Türken / von Absterben eines Röm. Kaiserl. Gesandten/ und Verkauffung seiner Bedienten. erzehlten uns die Tüͤrken, daß unter der Regierung entweder Kaiser Ferdinand des Ersten / oder Rudolph des Zweyten ein gewisser Gesandter allda gestorben seye / dessen Hauß⸗Bediente allzusammen auf die Galeeren verdammt worden: mich duͤnkt aber, es Qq 3 310 Drittes Buch / Sechste Abtheilung / es haben diese gute Leute einen groben Historischen Fehler begangen, und von der zweyjährigen Gefangenschaft des Johannes Maria Gefangenschaft des Joh Maria Malvezzi.Malvezzi reden wollen, welchen der Groß⸗Vizir Rustan auf des Kaisers Solymanns Befehl incarceriren, und alle seine Leute, samt Haab und Gut ausruffen und verkauffen lassen. Nun ist zwar nicht zu läugnen, daß zu Zeiten Kaisers Ferdinandi / Glorwürdigsten Andenkens / als die Ungarn auf einen Vergleich mit Johannes des Woywoden Wittib und Sohn, der sich des Königlichen Namens in Ungarn lange Zeit angemaßt, gar sehr getrungen, Solymann es übel empfunden, daß dieser gegen Austauschung anderer Länder Siebenbürgen zu seinem Antheil bekommen, es ist aber doch Malvezzius dazumal nicht im Gefängnuͤß gestorben, sondern bey Ankunft des Bischofs von Erlau Anton Wranz / und des Schif⸗Hauptmanns Franz Zay wiederum auf freyen Fuß gestellt und mit des Solymanns Brieffen nach Hauß entlassen worden. Als er aber hierauf nach geschlossenen Frieden, als ordentlicher Botschafter nach Constantinopel zurück zu kehren aufs neue Ordre gehabt, fand er sich gezwungen, zu Comorren liegen zubleiben, weiln er mit der Harn⸗Strenge / welche ihm sein Gefängnuͤß zugezogen, überaus geplagt war / und nachdem dieses Ubel immer mehr und mehr zunahm, muste er es einige Monat darauf mit dem Leben bezahlen, also daß er niemaln mehr nach Constantinopel gekommen: und auf diesen ist so dann Augerius Gislenius Busbec gefolget, welcher gleichfalls unter der Regierung Kaiser Ferdinands zurück gekommen, ob er schon daselbst nicht Erhaltene Erlaubnüß auf einen dieser Thürne zu gehen. ohne allen Verdruß geblieben ist. Wir haben die Erlaubnüß erhalten, mit dem Herrn Groß⸗Botschafter auf einen dieser Thürne zu gehen, und der armen Gefangenen Quartier zu besehen, welches wir gewiß von diesem argwöhnischen Volk als eine sonderbahre Gnade anzunehmen hatten, und zwar um so viel mehr, da ein Maltheser Ritter vermittelst eines Französischen Gesandten Beyhülfe, welcher lange Zeit dessen Befreyung vergeblich gesucht, echappirt; dann weil er frey in dem Gefaͤngnuͤß herum gienge, ersahe er einsmals die Gelegenheit, mit einem kleinen Nachen nach einem Französischen Kauffarthey Schiff zu fahren, und mit solchen nach Frankreich zu segeln. Die Stiegen darinnen sind in die mehr dann zehen Von den Sieben⸗Thürnen. 311 zehen Werk⸗Schuh dicke Mauern eingehauen, auf welchen man sich ohne Fackeln oder Latern ohnmoͤglich zu finden weiß, weil es darauf so dunkel und finster, daß auch die geringste Ritze nicht zu sehen, durch welche nur einiger Sonnen⸗Strahl hinein fallen koͤnnte. Die Gefängnüsse selbst sind entweder in die Erde gewoͤlbt eingegraben, oder in die Mauer eingehauen, und scheinen mehr Höͤlen der wilden Thiere als Wohnungen der Menschen zu seyn, die noch uͤber dieses mit vielen Schloͤssern und Riegeln verwahrt sind, also daß an keine Entfliehung zu gedenken, wo nicht der Kerker⸗Meister oder Thürhüter einem selbst damit an die Hand gehet. An dem obern Theil ist rings herum ein weiter Gang, in dessen Mitte aber ein grosses Zimmer, aus welchem man einen grossen Theil von der Stadt übersehen kan, und ist wahrscheinlich, daß vor diesem der Sultan oder die Groß⸗Vizir bisweilen zu ihrer Recreation sich allhier eingefunden, und die armen Gefangenen vor sich bringen und peinigen lassen. Anjetzo, da der Wind das Bley allenthalben herunter gerissen, dringt der Regen uͤberall durch, und sind auch die Wände so schadhaft, und zum Theil eingefallen / daß mit nechsten das Wasser zu allen Seiten hinein schlagen, und auch das Gebäu selbst nicht gar viele Jahre mehr dauren wird, woferne die Türken, wie sie es doch nicht gewohnt/ nicht bald auf eine Ausbesserung bedacht sind. An diesem Ort werden nur allein des Sultans Gefangene aufbehalten / so entweder vornehme Generaln, oder andere Adeliche und in öͤffentlicher Bedienung stehende Personen sind, die mit keinem Geld koͤnnen erlöͤßt werden/ wo sie nicht etwann durch eine Friedens⸗Handlung ihre Freyheit wiederum erlangen.

Man gibt vor, es seye der Wallachische Fürst, Constantin Einiger Wallachischen Fürsten Hinrichtung. Brancova / so diese Landschaft sechszehen Jahrlang beherrschet, aber erst kuͤrzlich wegen der mit den Moscowitern gepflogenen Verständnuͤß mit drey Soͤhnen und einer Tochter,Tatsächlich wurde Constantin Brâncoveanu gemeinsam mit seinen vier Söhnen Radu, Matei, Constantin II. und Ștefan hingerichtet. Die im selben Jahr verstorbene Tochter Stanca dürfte eines natürlichen Todes verstorben sein. so man insgesammt vor seinen Augen hingerichtet / ein grausames Ende genommen, an eben den Tag aus diesen Thüͤrnen auf den Richt⸗Platz geführt worden, an welchem des Königs in Schweden Carl des XII. Gesandter bey dem Sultan Audienz gehabt, damit nemlich dieses Exempel der Barbarischen Grausamkeit den damals unter ihnen leben 312 Drittes Buch / Sechste Abtheilung / lebenden König in der Person seines Gesandten seiner Schuldigkeit erinnern mögte. Ohne Zweifel aber sind die Kinder sammt dem Vatter darum hingerichtet worden, damit niemand mehr übrig wäre, der diesen ungluͤckseeligen Füͤrsten raͤchen koͤnnte. Dergleichen sagt man auch von Stephanus / einem gleichfalls Wallachischen Fürsten, der aus dem uhr⸗ alten und edelsten Cantacuzenischen Geschlechte herstammte, daß demselbigen gleiches Unglück betroffen; dann weil man ihn im Verdacht hatte, daß er es mit dem Römischen Kaiser hielte, ohnerachtet der Krieg in Morea noch nicht angegangen, ist er samt seinem Vatter Constantin, welcher des Füͤrstenthums Truchses und ein Herr von etlich achtzig Jahren war / auf gleiche Weise hingerichtet worden, nachdem man vorher seine zwey Kinder vor seinen Augen üͤber die Klinge springen lassen, seine Gemahlin aber mit den üͤbrigen Kindern durch Hülfe der Engelländer sich nach Venedig retirirt, woselbst sie sich noch beständig aufhalten solle.Diese Angaben sind nicht nachweisbar. Es hat mir aber der Wohl⸗Ehrwürdige P. Cachot, aus der Gesellschaft Jesu, erzehlt, daß sie nicht in den Sieben⸗Thürnen, sondern in ihrem Hauß zu Constantinopel / Brancova aber bey dem Bostanchi Bascha oder obersten Aufseher über die Kaiserlichen Gärten und Gebäue, verwahret worden, welchem auch um so vielmehr zu glauben, weil dieser Pater sich damals zu Pera aufgehalten, und mit dem Constantin so wol, als mit dem Stephanus in Glaubens⸗Sachen viel zu thun gehabt, mit welchen er sich schrifftlich und muͤndlich in Religions⸗Stritigkeiten Gefangenschaft des Baron Petrasch und Herrn von Stein in den Sieben Thürnen. eingelassen. Der im verwichenen Krieg gefangene Obrist⸗Lieutenant Baron Petrasch, und Baron Stein, Hauptman, beide von dem Schönbornischen Regiment, welche nachmals, nach geschlossenen Frieden zu Paßarowitz gegen den Waywoden Nicolaus Scarlatti und seine Söhne und Bediente ausgewechselt worden, haben in diesen Thüͤrnen ein erleidentliches Tractament gehabt, sintemaln sie bey Tag ganz frey herumgiengen, ausser daß sie nicht ausgehen durften, und nur bey der Nacht geschlossen und zusammen in ein solch unterirrdisches Gewöͤlb gesteckt worden: es sind zur Linken, wo man hinein gehet, drey bis vier auf der Erden aus Holz gebaute Zimmer, worinnen sie sich den Tag über aufgehalten, zu Nachts aber wiederum in ihre Hölen geschloffen. Vor gemeldten Zimmer ist Von den Sieben⸗Thürnen. 313 ist ein kleiner mit Steinen belegter Vorhof / worauf sie mit einander spatzieren / reden, essen, trinken, lesen, schreiben, auch Kaufleute vor sich lassen kunten, wann sie zum Einkaufen übriges Geld hatten; wiewol es ihnen auch daran nicht gefehlt, indem ihnen ein aufrichtiger, ehrlicher Armenier, auf Bürgschaft des Pater Jacobs, so viel als sie nur selbst wolten/ vorgeschossen. Nachdem sie endlich wiederum ihre Freyheit erhalten, haben sie alles, was man für sie ausgelegt, mit aller Erkänntlichkeit bezahlt, weswegen sie auch von den Tuͤrken so sehr geliebt worden/ weil sie immer Geld bey ihnen gemerkt: dann ums Geld kan man bey diesen Leuten alles zu wege bringen. Aber still von diesen Barbarischen Laster; wir wollen vielmehr in unserer Erzehlung fortfahren und berichten, daß in erst gedachten Vorhof man etliche Stucke eingemauerten Marmel beobachten kan, auf welchen viele Namen verzeichnet sind, unter andern auch eines Grafen Esterhasi / Namens Anton / so im vorigen Graf Esterhasi Gefangenschaft. Jahrhundert in der Schlacht bey Temeswar gefangen worden; und in dem Zimmer, wo der Freyherr von Petrasch einquartirt war, kunte man in der Thür folgende mit einem Messerlein ins Holz eingeschnittene Worte lesen: Anton Freyherr von Petrasch / Obrist⸗Lieutenant bey dem Graf Schönbornischen Regiment ist im Jahr 1717. den 17. April bey Salankement auf der Donau gefangen worden / nachdem er zuvor Feuer in das Pulver gebracht, und das Schiff versenkt hatte: von dem Herrn von Stein aber habe ich, soviel ich mich zu erinnern weiß, nichts aufgezeichnet gefunden. Als wir nun in diesen Sieben⸗Thürnen alles wol betrachtet, und untersucht hatten / was wir für Sehens wuͤrdig geachtet, sind wir wiederum zu Schiffe gangen, und haben uns nach Pera zu unsern Wohnungen uͤberbringen lassen, so aber doch nicht ohne alle Furcht und Gefahr wegen des ungestümmen Meers abgegangen.

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314 Drittes Buch / Siebende Abtheilung / Siebende Abtheilung.

DEn folgenden Tag, als den 21ten dito sind die beiden Brü Erzeigte Condolenz wegen des verstorbenen Kaiserlichen Prinzen. der Graf Norbert und Emanuel von Kollovrath von dem Herrn Groß⸗Botschafter in des Capigi Baschi unsers Führers Hauß ernennt worden, zu dem Groß⸗Vizir zu gehen, und wegen frühen Absterbens des Kaiserlichen Prinzens in seinem Namen die Condolentz abzustatten, nachdem jener versichert, daß sie mit solcher Commission bey dem Groß⸗Vizir gar lieb und angenehm seyn wuͤrden. Von dar sind sie alsdann mit dem Graf Bathyani / nach gesuchter und erhaltener Erlaubnüß zu dem Tempel der ewigen Weißheit / nun aber leider! des allernärrischten Aberwitzes, zu besehen, gegangen / wobey sie viele Ducaten unter die Füͤhrer, Thuͤrhuter und Pfoͤrtner ausgetheilt haben. Den Tag darauf schickte der Groß⸗Vizir dem Herrn Botschafter seine Falkner, so sie Dogan Baschi nennen, mit denen Er in Begleitung des Herrn Vaublanc, einen Befreundten des Französischen Botschafters / und der Grafen Nesselrode / Scherftenberg / Thierheim, Kinigl und Freyherrn von Zweiffel auf AdlersFang.das Feld spatzirte / sich mit dem Adlers⸗Fang zu recreiren: sie haben nicht mehr als einen einigen und diesen noch mit grosser Müͤhe bekommen; dann wo der Falk nicht gleich auf das erstemal den Raub erhascht, wird er ihn nachgehends nimmermehr einholen; doch wurde dieser einige Vogel / den sie lebendig bekommen, zu Pferd nach Hause gebracht. Es verhält sich aber mit diesem Fang also: der Falk, so fern er den Adler erreichen kan, fliegt ihn gleich auf den Rücken, auf welchen er so lang sitzen bleibt, bis er ihn durch sein Gewicht dermassen ermüdet, daß er mit ihm herunter zur Erden stüͤrzt. Der Freyherr von Hörde hingegen war mit denen, so mit ihm vor etlichen Tagen nach Belgrad auf die Jagd gegangen, noch glücklicher, sintemaln sie unterschiedliche Fasanen, Schnepfen, Rebhüner, Hasen, Marter und dergleichen mit sich nach Hauß gebracht.

Den 22ten October verfuͤgten sich Seine Excellentz zum Beschreibung der SophiaKirche.zweytenmal mit seinem ganzen Adel und zweyen Befreunden von dem Französischen Gesandten nach der Sophia⸗Kirche / in welche wir auch aus einer ganz specialen Gnade für diesesmal gelassen wor den. Beschreibung der Sophia⸗Kirch zu Constantinopel. 315 den. Dann die Tüͤrken meinen, als ob ihre Kirche dardurch entweyhet würde / wann ein Christ dahinein zu gehen sich unterstehen solte, als welche nur denen Muselmaͤnnern den Zugang verstattete. Dieses Muselmann / was es bedeutet. Wort kommt von dem Arabischen Muselin her und bedeutet so viel als einen recht⸗Glaubigen. Bey unserer Zuruckkunft haben wir abermal bey dem Capigi Baschi das Mittag⸗Mahl eingenom Capigi Baschi setzt Wein vor.men, wobey es dann auch an Wein nicht gefehlt; sintemaln wir ihn durch vielfältigen Umgang so vertraut gemacht, daß er uns nicht nur in seinem Hauß den Wein nicht mehr versagt/ da doch bey andern einfältigen Muselmännern, es für ein grosses Laster gehalten würde, wann man einem Jaour Wein vorsetzen wolte; sondern dieser alte Fuchs trank selbst getrost mit herum, wann er irgend einen guten Trunk zu bekommen wuste. Jch zweifle nicht daran, daß er nicht solte mit mir / dem Herrn von Camber/ und dem Mahler Schmid auch selbst in der Sophia Kirche eine gute Flasche Wein, welche wir zu uns gesteckt, ohne Furcht einer uns gegebenen Aergernuͤß, in seinen noch nuͤchtern Magen geschuͤttet haben, wann er es nur vor seinen anwesenden Glaubens⸗Genossen haͤtte thun koͤnnes; es muͤste sich dann dieser Alte daran geaͤrgert haben, daß der Herr von Camber sie mit ungewaschenen Häͤnden angerüͤhrt, da er kurz vorher ein Stuck Schwein⸗Fleisch damit herunter geschnitten / welches er, als er unter dem Fruͤh⸗Stuͤcken eiligst mit uns zu gehen beordert worden, in ein Papier gewickelt, mit der Intention, solches allhier nach dem Exempel des Grelots, unvermerckt zu verzehren. Es hätte ihn aber auch geschehen können / daß er dieses verbottene Essen mit der Haut bezahlen muͤssen/ wann er von den Ausspaͤhern daruͤber ertappt worden waͤre, als die ihn gewiß mit sich vor den Moufti geschleppt, mit Gewalt beschnitten, und ihren Propheten wuͤrden aufgeopffert haben. Er verwahrt auch deswegen dieses Papier noch bis diese Stund gar heilig, und haͤlt es höͤher als die Tüͤrken dasjenige, so sie von der Erden aufheben / von wel Aberglaub der Türken mit dem Papier. chem sie glauben, daß es ihnen einmal am Juͤngsten Tage nuͤtzen werde, wann sie auf einen gluͤenden Rost nach dem Himmel spatziren sollen, dann alsdann koͤnnten sie alle die Stuͤcklein, die sie auf solche Weise von dem Untergang errettet / und worauf man den Namen des grossen GOttes schreiben koͤnnen, unter die Fuß⸗Sohlen legen, damit sie sich keine Blasen brennen. Doch laßt uns nun einmal den in Rr 2 316 Drittes Buch / Siebende Abtheilung / in aller Welt so beruͤhmten Tempel besehen und etwas genauer betrachten, weil nach diesem Modell fast alle andere Türkischen Moscheen eingerichtet sind.

Die Scribenten koͤnnen sich nicht mit einander vergleichen, wer Von dem Erbauer der Sophia Kirche. solchen zu erst erbauet habe. Einige halten dafür, daß Constantin / Constantini des Grossen Sohn, der Erbauer desselbigen sey, nicht zwar, als ob sie schon dazumal bey ihren ersten Ursprung sich so prächtig von Stein und Marmel gezeiget, angesehen sie gar gerne zugeben, daß sie Anfangs nur von Holz aufgeführet worden; sie melden aber dabey, daß selbigen zu Zeiten des zweyten Synodi unter dem Kaiser Theodosius die Arianer abgebrannt, es hätte aber auch eben dieser Kaiser solchen wieder renoviren und mit länglicht⸗ runden Angebaͤuen vergroͤssern lassen. Alsdann sey auch dieser, nach dem Bericht Procopius, unter der Regierung des Kaisers Justinianus eingeäschert worden: es gedenken aber besagte Scribenten nicht, wo diese Kirche vor Justiniani Zeiten gestanden, und scheinet, als wann die alten Beschreibungen dieser Stadt sie an ein ganz anders Ort logirte; welches auch damit bestättiget wird, daß ein unbenannter Auctor deren Namen meldet, von welchen Justinianus die Häͤuser gekauft, um auf sol Sozomeni Zeugnüß hievon. chen Platz die Kirche zu bauen. Sozomenus, ein alter und redlicher Scribent, gibt für, daß unter Kaiser Theodosius dem Jüngern, als wieder den Chrysostomus, aus Anstiften der Kaiserin Eudoxia, deren Hochmuth und uͤbrige Laster dieser beredte KirchenVatter freymüthig und herzhaft gestraft / in der grossen Kirche eine Aufruhr entstanden, der Tempel allenthalben schleunig im Rauch aufgangen, davon die Feinde Chrysostomi Anstifter gewesen, als welche die Goͤnner dieses grossen Lehrers, die sich dazumal in der Kirche befunden, zugleich mit derselbigen haben verbrennen wollen. Woraus ich nicht unbillich schliesse, daß Ricaut Ricaut Historischer Fehler. einen häßlichen Fehler in seiner Historie begangen, welcher bey Gelegenheit der Türkischen Moscheen in seinem 2. Buch 7. Cap. zugleich von dieser Sophia⸗Kirche redet, und meldet/ daß solche zu erst von Justinianus erbauet, aber von Theodosius wieder reparirt worden seye. Dann er mag gleich den ältern oder den jün gern Beschreibung der Sophia⸗Kirch zu Constantinopel. 317 gern Theodosius verstanden haben, so kan doch von keinem gesagt werden, daß er des Justiniani Gebäu ausbessern lassen, weil sie beide noch vor ihm gelebt; Theodosius der Dritte aber kan es auch nicht gewesen seyn, als welcher erst kurz vor des Grichischen Reichs Untergang auf den Thron gesessen. Am allermeisten aber betrüͤgt sich das gemeine Volk, als welches glaubt, daß diese Kirche von der H. Sophia / des Justini Gemahl, der ein Enenkel des Kaisers Justiniani gewesen, ihren Namen führen solle.Gemeint ist Aelia Sophia, Ehefrau Kaiser Justins II. und Mutter des Justinus/Justus. So viel ist unterdessen gewiß, daß dieses ehmalige GOttes⸗Hauß von JuWie Justinianus deren Erbauer seye. stinianus grösser gebaut und erneuert worden: kan demnach von ihm auf gleiche Weise gesagt werden, daß er diese Kirche erbauet / als von dem Kaiser Octavianus geruͤhmt wird, daß er die Stadt Rom auferbauet habe; dann als dieser nach dem Julius Cæsar das Reich übernommen, und eine von Ziegeln erbaute Stadt gefunden, rüͤhmte Er sich nachmals, daß er nunmehr eine Marmelsteinerne hinterlasse: also hat auch Justinianus eine schon etlichmal abgebrannte, und durch das Erdbeben ganz ruinirte Kirche angetroffen, selbige aber hingegen erweitern und weit schoͤner und herrlicher, als sie zuvor gewesen / ausziehren / die Mauern und Gewölber von Ziegeln verfertigen, inwendig mit unterschiedlichen kostbarn Marmel bekleiden, das ganze Gebaͤu an verschiedenen Orten mit Eisen fassen, die Balken wegschaffen und im uͤbrigen alles dergestalt anordnen lassen / daß man sich forthin von keiner Feuers⸗Brunst etwas zu besorgen haben moͤgte. Dieser andere Salomon hat hierauf solcher Kirche den Namen Sophia beygelegt / und mit grossen Einkünften versehen, welche von den nachfolgenden Kaisern und deren Gemahlinen unglaublich vermehret worden, wovon auch die Türken nach der Zeit nicht nur nichts genommen, sondern vielmehr in solchen Stand gebracht, daß sie heutiges Tags zehen tauEinkünften der Sophia Kirche. send Gulden oder dritthalb tausend Ducaten taͤgliches Einkommens hat, und dahero mit den reichsten Stiftungen in der ganzen Christenheit sich vergleichen lassen kan. Hieher werden Geschenke von den Kaisern / vornehmen und gemeinen Leuten, auch allen denjenigen Provinzen gebracht, welche unter dieselbige gehöͤren: der Kaiser selbst ist verbunden, noch täͤglich 1001. Asperl wegen eines Stück Grunds zu bezahlen, den Er zu dem Garten des Pallasts ver Rr 3 318 Drittes Buch / Siebende Abtheilung / verwendet hat. Der Uberschuß von einem Asperl aber über die gewöhnlichen tausend ist darum hinzu gethan worden, um zu verstehen zu geben / daß diese Summa nicht zu reiche, eine aus den Geistlichen Gütern hergenommene Sache zu ersetzen, und damit die nachfolgende Kaiser zu noch mehrerer Freygebigkeit und Eifer bey dessen Erinnerung moͤgten angereitzet werden. So kan auch, wie bereits im Zweyten Buch erzehlet, da von dem Bairam und den dabey vorgehenden Ceremonien gedacht worden, kein Kaiser noch Kaiserin eine Moschee aufbauen und nach ihren Namen nennen lassen, so Sie nicht zugleich hundert tausend Ducaten jährliches Einkommens zu deren Unterhaltung und Ausbesserung darzu vermachen. Es sind auch neben vorgemeldter Sophien⸗Kirche noch sieben andere Moscheen in Constantinopel / als Sultan Bajazet / Selim / Solyman, Ahmed / und noch drey andere / die

von so viel Kaiserinnen erbauet worden. So befindet sich auch eine zu Prussa / wo ehmaln der Tuͤrckischen Kaisere Residenz gewesen, ehe sie noch Constantinopel und das ganze Grichenland bezwungen hatten, und eine zu Adrianopel / wie auch noch mehrere durch das ganze Türkische Reich, die alle mit grossen Einkünften versehen sind. Von diesem Geld werden die Jmam / ihre Priester, bezahlt, samt den Richtern, Schrifft⸗ und Rechts⸗Gelehrten, den Türkische Jugend wird umsonst unterrichtet. Talismann und Hodgia / auch übrigen Lehrmeisteren der Jugend, die sie im Lesen und Schreiben und ihrem Glauben umsonst unterweisen. Es haben auch die Pförtner, Handlanger, und etliche hundert andere Bediente / so die Kirchen zu thun, aufmachen / aussäubern, auf das Gebäu acht geben, viel tausend Ampeln Tag und Arme werden bey den Türken von den Kirchen Einkünften gehalten.Nacht putzen und ihrer pflegen, wie nicht weniger die Armen ihren Theil daran, als deren eine grosse Anzahl von den Kirchen Einkünf ten erhalten wird, und welche bestäͤndig füͤr diejenige bitten, die vermeinen, daß ihnen solches Gebet nach ihren Tod noͤthig seyn duͤrfte. Ungewißheit des Zustands der Seelen nach dem Tod der Türken.Doch ist dieses ein noch von ihnen unausgemachter Glaubens⸗Arti cul; sintemaln es durch den Alcoran nicht deutlich angezeigt ist, wo die Seelen nach dem Tod bis zu dem Jüngsten Gericht aufbehalten werden, so daß auch die Türken, welche sich hierinnen allein von der Vernunft leiten lassen, einen dritten Ort, wo die Suͤnden noch voͤllig ausgesöhnt werden sollen, nicht allerdings läugnen, ob es gleich so viel Chri Beschreibung der Sophia⸗Kirch zu Constantinopel. 319 Christen gibt, die solchen beständig verwerfen: wie sie dann auch des Jahrs viermal zu gewiesen Zeiten / so sie Mevelut gegeschi, Bet⸗Nächte nennen, ihre Thuͤrnen an den Moscheen mit brennenden Lampen behängen, und ihre Gebete für die Verstorbene verrichten; dann sie halten dafuͤr, daß die Wein⸗Trinker 40. Täͤge nach Der WeinTrinker Quaal nach dem Tod. ihrem Tod werden gequäͤlt werden, so ferne sie in solcher Zeit sterben, die andern aber wüͤrden nach Beschaffenheit ihrer Laster gestrafft. Ein Französischer Medicus hat mir erzehlt, daß, als er ei Historie von einer Jungfrau hievon. nesmals zu einer kranken Jungfer geholt worden, und er ihr Wein zu trinken verordnet, damit sie wieder zu Kraͤfften kommen moͤchte, hat sie sich lang nicht darzu verstehen wollen, aus Furcht/ sie durfte so lang dafür gequaͤlt werden, ist auch nicht eher darzu zu bringen gewesen, bis man ihr Hofnung gemacht, daß sie nicht nur allein die 40. Täge überleben, sondern auch die Krankheit, so aus Erkältung und grosser Schwachheit des Magens herkommen, gänzlich dardurch würde gehoben werden.

Nun laßt uns wieder in die Kirche / wo das Gebet fuͤr die arme Seelen verrichtet wird, zuruck kehren: daruͤber, wie auch uͤber alle andere von den Kaisern und Kaiserinnen gestiftete Moscheen, Aufseher über die Kirchen. hat der Kuslir Aga, das Haupt der Schwarzen Verschnittenen, die zur Aufwartung des Tüͤrkischen Frauenzimmers bestellt sind, die Ober⸗Aufsicht, wordurch ihm nicht geringer Nutzen und Authorität bey den Seinigen zuwächst. Die Sophia⸗Kirche war vor Zeiten die Haupt⸗Kirche des alten Bizantz und der Grichischen Patriarchen / unter welche alle andere, die von ihr herstammten, stehen musten. Sie befindet sich indessen noch groͤßten Theils in einem guten Zustand, ob gleich nicht in einem solchem, als da sie noch in der Christen Hände war, wird aber doch von den Tüͤrken zu nichts anders als zu ihrem GOttes⸗Dienst angewendet; stehet anbey im grossem Ansehen bey ihnen, und wird alle Freytag von dem Kaiser besucht, nicht nur etwan darum, weil sie nahe bey dem Kaiserlichen Pallast stehet, sondern weil sie auch die Schöͤnste so wol in Constantinopel / als vielleicht auch im ganzen Türkischen Reich ist; hingegen ist es ein anders an dem Bairam und andern grossen Fest⸗Tagen, da die Kaisere und Stifter der Kirchen sich in denenjenigen einfinden, welche ihren Namen fuͤhren. Oft besagte Kirche ist ganz von Marmel, Gold, gemahlten Steinlein Musiv 320 Drittes Buch / Siebende Abtheilung/ Musiv oder eingelegter Arbeit verfertiget, und stellet unterschiedliche Türken leiden keine Gemählde.Geschichte so wol aus dem neuen als alten Testament vor, wovon aber die Tüͤrken, so weit sie mit Schiff⸗Stangen, Picken und Steinen langen koͤnnen/ alle Gesichter verdorben und ausgekratzt haben, weil sie, wie oben schon gemeldet, weder Gemaͤhlde noch Bilder in ihren Kirchen dulten, auch nicht einmal an andern Orten gemahlte Thiere vertragen, damit, wie sie sagen, die Menschen so hierinnen den grossen GOTT nachahmen wollen, aber doch solches gleichwol nicht vermöͤgen / weil sie ihnen keine Seele und Leben mittheilen können, ob sie schon den Leib formirt haben, nicht einmal wegen dieser Verwegenheit gestrafft werden, und diejenige, welche solche zu lassen, mit samt denen, die dergleichen zu erst erfunden, es Ungrund hievon. entgelten müssen. Hierbey aber ist sich gewiß über dieser Leute besondere Thorheit und Ungrund nicht wenig zu verwundern, als welche von keinen Bildern und gemahlten Thieren wissen wollen, und nichts destoweniger Blumen, Kräuter, und Bäume, mit der Nadel und Farben nachmachen, und damit die Natur, oder vielmehr den Schoͤpfer derselbigen imitiren, da sie doch solchen eben so wenig einiges Leben zu geben vermöͤgend sind. Sie haben aber nichts destoweniger einige unbeschädigt stehen lassen, vielleicht weil sie solche im Finstern nicht beobachtet, als die von Johannes empfangene Taufe Christi in dem Jordan; oder weil sie bis dahin nicht reichen können, da z. E. unser Heyland mit seinen Juͤngern in dem obern Theil des Gewölbs noch unversehrt zu sehen; oder auch, weil sie durch einen besondern Zufall davon abgeschreckt worden, wann sie nem Miracul von der allerseeligsten JungFrau.lich der allerseeligsten Jungfrauen vor der Thüͤr stehendes Bildnis / und zwar deren Haupt, wie sie mir selbst erzehlt, ausgekratzt oder weg genommen, aber nichts destoweniger des andern Tags an vorigen Ort und nicht geringerer Schönheit wieder aufgesetzt und erneuert gefunden haben. Andere wollen behaupten, daß diese Sophia⸗Kirche weit grösser als gegenwärtig gewesen seye, viele Angebäu / so sie ehmals gehabt, davon weggenommen, und nur die Sacristey nebst dem Schiff, oder dem mittlern Theil, allein uͤbrig gelassen worden. Dem sey nun aber wie ihm wolle, so muß man doch bekennen / daß es noch für ein recht Königliches Gebäu passiren kan, welches einer genauen Betrachtung wol werth ist. Das Schiff der Kirche.Schiff oder der mittlere Theil dieser Kirche bestehet aus einem run den Beschreibung der Sophia⸗Kirche zu Constantinopel. 321 den Gewölb oder Bogen⸗Cron / in welches von oben her das Licht hinein fällt, und von innen durch 8. Säulen zu beiden Seiten unterstützt wird, deme noch ausser denen unterschiedlichen andern mit Bley bedeckten kleinen Gewölbern, zwey andere angebauet sind, welche aber dem Haupt⸗Gebäu an Grösse nicht gleich kommen: das eine davon ist, wo die Sacristey stehet: das andere bey dem Eingang; und wird jenes von fuͤnf, dieses aber von sieben Saͤulen unterstuͤtzt, also daß das untere Theil der Kirchen auf 40. das obere aber auf 67. oder, wie andere wollen, auf noch mehrern Saͤulen ruhet; dann ich muß nur bekennen, daß ich solche nicht gezehlt, weil der Sachen, die hier zu sehen, gar zu viel waren, und man solche nicht in einem Tag, geschweige in einer Stund, so gar genau beobachten kan. Das ganze Gebäu wird von vier grossen Pfeilern gehalten, auf welchen eben so viel Boͤgen stehen, die an den Seiten nach Art der Thürne angebauet sind; wie dann auch wuͤrklich ehedessen die Glocken darinnen gehangen haben, ausser der grossen / die an dem hintern Theil der Kirchen irgendwo in einem Thurn aufgehenkt gewesen. Es haben aber die Türken solche insgesamt auf die Seiten geGlocken warum die Türken nicht leiden. schaft, weil sie in der Meinung stehen, als ob die guten Geister / so die Aufsicht über die Kirchen haben / durch ihr Getoͤß nur aufgeweckt und verunruhiget werden; wie wol sie deren Klang auch füͤr eine Art der Music halten, welche ihnen in ihrem Alcoran bey dem GOttes⸗Dienst schlechter Dings verbotten ist. Wir wollen aber davon mehrere Nachricht geben, wann es von den Tuͤrkischen Moͤnchen, die sie Dervis nennen, zu reden Gelegenheit geben wird. Nach dem obern Theil der Kirchen kan man auf zwey Stiegen hinGrosse Stiegen. auf gehen, davon die eine von vielfärbigen Marmel zur linken, die andere aber nur von Ziegeln verfertiget ist, und zur rechten Hand stehet, auf welcher der Kaiser Justinianus und andere Grichische Kaisere zu Pferd hinauf zu reiten pflegten, wann Sie in ihren BetStul, ohn weit des Tabernaculs, sich begeben wolten, dessen sich auch noch heut zu Tage die Tüͤrckischen Kaisere bedienen. Es Capell / die andere Welt genannt. ist auch noch eine andere Capell daselbst, so sie die andere Welt nennen, und glaube ich / es seye diejenige, von welcher die Tüͤrken vorgeben, daß man täglich zu Nachts darinnen singen hoͤre: Sie wollen anbey; daß ein Stuck Holz von der Arche Noa darinnen auf behal Ss 322 Drittes Buch / Siebende Abtheilung / behalten werde; warum nicht auch eine Feder aus dem Flügel des Engel Michaels, die Er in dem Streit mit dem Teufel verlohren; oder ein Stroh⸗Halm von des Jobs Mist⸗Haufen, samt der Schlange im Paradeiß, die unsere erste Mutter die Eva verfüͤhret? Die von Marmel⸗Stein gemachte Thuͤre besagter Capell ist mit einen Creutz gezeichnet, dergleichen Merkmale des Christlichen Glaubens man noch hin und wieder in den ganzen Tempel siehet, es ist aber dieselbige vermauert, daß man nun nicht mehr hindurch gehen kan. Vorhof.Der Vorhof ist gleichfalls von Marmel, von dar man durch fünf messinge Pforten in einen verdeckten Gang kommt, der abermal mit dem schoͤnsten Marmel belegt ist, und dann wiederum durch neun andere von Corinthischen Ertz geschlagene Thüren in die Kirche hinein gehet. Allhier stehen bey dem Eingang zu beiden Seiten aus Alabaster gehauene Brunnen / woraus beständig Wasser fliesset, dessen sich die Türken, ehe sie beten, zum Waschen bedienen. Man gibt vor, daß diese Kirche einen Uberfluß an Wasser habe, welches sich durch den Regen sammlet, und unter der Erden gleichsam einen grossen See ausmachet. So wol der Boden als die Wände, Gaͤnge, Füsse, Gestell, das Capitel der Säulen und alles andere ist von puren Marmel, auch die Säulen selbst sind aus Porphyr, SternStein und andern schöͤnen kostbarn Marmel gehauen; so war auch der Marmor dermassen kuͤnstlich geschnitten, und wiederum an einander gefügt, daß es schiene, als wann der Absatz vieler Stücke gleichsam nur eine einige subtile Ader ware, worinnen auch die groͤ Durchsichtiger Marmel.ste Kunst und Schoͤnheit bestehet. Dann habe ich noch einen andern Marmel gesehen, welcher so durchsichtig als ein Glaß gewesen, durch welchen an einigen Orten das Licht, gleich wie durch Fenster Ausziehrung.Scheiben gefallen ist. So findet man allhier keine andere Ausziehrung, als etwan einige grosse messinge mit weissen Wachs⸗Kerzen versehene Leuchter, viele tausend immer brennende Ampeln, nebst des Ebbubecker / Omar / Osman und Hali Namen, so auf einer grossen weisen seidenen Fahnen mit Elen langen Buchstaben verzeichnet, und in der Mitte an vier Orten der Kirchen an lange Stan Grösse.gen geheftet und ausgestecket sind. Was die Groͤsse dieser Kirche belangt, hat mich ein Türk, welchem dieselbige so wol als die Stadt aufs beste bekannt ist, versichert, daß sie ganz bequem auf einmal hundert tausend Personen fassen könne; wie ich dann auch von glaub wür Beschreibung der Sophia Kirche zu Constantinopel. 323 wüͤrdigen Personen vernommen / daß zu Zeiten der Grichischen Kaisere in eben dieser Kirche neun hundert Priester taͤglich den GOttesDienst verrichtet haben. Hier habe ich zwar keine Teppiche / wie anderwärts, angetroffen, aber wol aus Bimsen geflochtene Decken und Lämmer⸗Felle, auf welchen sie bey Verrichtung ihres Gebets hocken, als ob sie Eyer ausbrüten wolten; der Boden aber ist allentReinlichkeit. halben so rein und glänzend / daß auch der gröste Zärtling ohne einigen Eckel darauf wuͤrde essen koͤnnen, weswegen auch alle / die hinein gelassen worden, auch so gar der Herr Botschafter selbst / die Schuhe entweder ausgezogen / oder / wie es die meisten, wo nicht alle, gethan, Paposchen daruͤber angelegt.

Aus der Kirchen haben wir uns nach den Gräbern der TürkiGräber der Türkis. Kaiser und Kaiserinnen. schen Kaisere und Kaiserinnen und deren Prinzen und Prinzessinnen begeben, selbige gleichfalls in Augenschein zu nehmen. Es sind aber etliche Capellen um die Kirche herum, mit ober der Erden stehenden und mit weisen Tuch bedeckten Todten Bahren angefuͤllet; darunter der Kaisere und deren Prinzen Gräͤber mit oben bey dem Kopf stehenden Tüͤrckischen Buͤnden angezeigt werden: wo aber ausser dem Tuch sonst nichts zu sehen, ist es ein Anzeichen, daß die Kaiserinnen und ihre Prinzessinnen darunter liegen. Wir trafen auch daselbst die Capell an, in welcher der Kaiser Selim / den die Türken den Zunamen Sarbose oder den Versoffenen beygelegt, mit seinen hundert Kindern aufbehalten wird. So wol in dieser als allen andern brennen viel Lampen; und da die Tuͤrken deswegen dannoch ihren Kaisern nichts Goͤttliches zu eignen/ so sehe ich nicht, Entschuldigung der Verehrung des Confucii. wie diejenige zu beschuldigen, welche vorgeben / daß die bey den Sinesern eingefüͤhrte Gebraͤuche, nach welchen sie den Confucium und ihre Eltern und Vorfahren verehren / keine Abgötterey, sondern eine pur lautere politische Ehrerbietung seye, welche sie ihnen, als Leute, die sich um ihren Staat wol verdient gemacht, bezeigten. Wer indessen eine weitläͤufftigere Beschreibung von dieser Kirche haben will, kan aus denen alten Scribenten den Procopium, Georgium CeScribenten/ so von dieser Kirche geschrieben drinum, Acathium, Paulum Florum, Evagrium, Nicephorum, aus den jüngern aber den Gyllium und Grelot lesen, unter welchen absonderlich der Letztere, nach seiner eigenen Bekaͤnntnis, in Abzeichnung dieser Kirche viele Tage zugebracht, auch nicht geringe Unkosten dabey gehabt, und sich danebst mancherley Gefahr unterworfen,

Ss 2

324 Drittes Buch/ Achte Abtheilung / fen, sintemaln er die Thür⸗Hüter mit Geld erkauffen müssen, damit sie ihn hinein gelassen, er hat sich anbey wol in acht zu nehmen gehabt, daß ihn niemand sehen moͤgte, welcher ihn deswegen bey dem Moufti oder Kuslir Aga und andern Richtern angebe, weil er darüber in die gröste Gefahr seines Lebens und an den lichten Galgen kommen können; wenigstens hätte er sich müssen beschneiden lassen, wofern er nicht durch vieles Geld sich davon loß zu kauffen würde bemühet gewesen seyn, und weiln die Türken selbiger Zeit noch viel weniger als heut zu Tage einen Jaourn in ihrer Kirche leiden können / würden sie ihn ohne Zweifel, wo sie ihn gar was zeichnen sehen, auf frischer That todt geschlagen haben. Dieses zu behaupten kan nur dasjenige dienen, was mir Herr Heckmann / Hof⸗Meister bey dem mit uns hieher gereißten Grafen von Nesselrode und Reichenstein / mein sehr guter Freund und Landsmann, erzehlt / daß, als er im October mit dem Marggrafen Besora / Grafen Sebastida / Herrn von Dierling und Momarts Es ist unklar, welcher der beiden Brüder Momartz gemeint ist. solche gleichfalls besehen / und etwas in seine Schreib⸗Tafel einzeichnen wollen, sich alsobald eine Menge Tüͤrken um ihn herum gestellt, und den Kopf darüͤber geschüttelt, ihm aber zugleich damit zu verstehen gegeben, daß dieses eine verbottene Sache seye / wie sie ihm dann anbey auch viele Türkische Schmach⸗Reden angehenkt haben.

Achte Abtheilung.

Von den Türkischen Mönchen. INdem ich nun hier von den Tüͤrkischen Kirchen zu reden Gelegenheit gehabt, wird es sich verhoffentlich nicht uͤbel schicken, wann ich zugleich allhier von den vornehmsten Stuͤtzen ihrer Religion, nemlich denen Moͤnchen, etwas gedenke, als deren Moscheen, Clöster und Vorgesetzte ich mit denen Herrn von Hulin und Dumasrambois, unsrem und des Französischen Gesandten Leib⸗Arzten, im Monat October und November so wol in Galata / als Tophana öfters besucht, wobey mir auch des Letztern Dolmetschung sehr wol zu statt kommen / dafüͤr ich mich Jhm dann auch nicht wenig verbunden erkenne. Wie nun bey nahe keine Religion ist, aus welcher nicht wiederum andere Secten entstehen: also ist es auch mit der Tüͤrkischen Religion beschaffen; dann da diese Von den Türkischen Mönchen. 325 diese ohne dem eine unordentliche Vermengung des Juͤdischen, Heydnischen und Christlichen Glaubens ist, so sind daraus vielerley neue und schäͤndliche Secten herkommen; da widersprechen die Secten der Türkischen Religion. Moatazaliten / den Sepathiten; die Kadriten den Giabariten / die Morgiten / den Waiditen, und die Schuͤten den Chawarigiten, und selbst aus diesen entstehen wiederum neue Spaltungen, davon die Namen und ihre Lehren anzufüͤhren nur allein ein ganzes Buch koͤnte verfertigt werden; weil aber dieses der Engelländer Ricaut sehr wol ausgeführt, kan ich solche ohnedem nicht gar nothwendige Arbeit erspahren, den begierigen Leser aber in seine Historische Beschreibung von dem Ottomannischen Reich und dessen zweytes Buch verweisen / woselbst er von den Ketzereyen und Secten der Tüͤrken / Araber / Persianer und andern Glaubens⸗Sachen dieser Völker weitläuftig redet: ich werde indessen meiner Pflicht genug gethan haben, wann ich mit Vorbeygehung alles übrigen nur dasjenige melde, was die danzende Dervis und heulende Kadriten angehet, und von ihren Leben und Sitten aufrichtig erzehle, was ich selbst mit Augen gesehen oder von ihren eigenen Vorgesetzten vernommen habe; dabey es sich dann finden wird, daß ich dem Ricaut nicht in allen Stüͤcken beyfallen werde. Der Orden der Dervis hat seinen aͤltesten und vornehmsten Orden der Dervis. Sitz zu Jconien in Lycaonien / einer Asiatischen Provinz, als woselbst / wann denen Scribenten dißfalls Glauben zuzustellen, sich über 400. Mönche befinden. Seinen Ursprung führt er her von den Zeiten der Regierung Ottmanns / des ersten Türkischen Kaisers, welcher solchen grosse Freyheiten mit getheilt / deren sie sich noch diese Stunde zu erfreuen haben. Als ich einmal nach ihrer verrichteten recht laͤcherlichen Andacht, davon ich schon zu seiner Zeit gedenken will, in Gegenwart meines Dolmetsch, Herrn Dumasrambois, der daselbst gar wol bekannt und gelitten war / den Vorsteher dieser Moͤnche anredete, und unterschiedliches von ihrem Stifter, Ursprung und Satzungen ihres Ordens durch besagten Herrn zu wissen verlangte, berichtete mich derselbige mit Bezeugung eines besondern Hochmuths / in was grosser Hochachtung besagter Prinz diesen Orden gehalten, wie er ihren Vorsteher, den sie Scheig nennen, und der sein Hof⸗Meister gewesen, ihm auch bey der Croͤnung den Säbel umgegürtet hatte, einesmals auf den Thron gesetzet, und eben dar Ss 3 326 Drittes Buch / Achte Abtheilung / dazumal ihm und seinen Nachfolgern über den ganzen Orden vollkommene Gewalt ertheilt, welches auch Ricaut in seinem vor angezoge Stifter des Ordens. nen Buch, cap. 9. bestättiget. Jhr Stifter habe Mevelava geheissen / von dem sie auch öfters Mevelavi / als wie unsere Orden von ihren Stiftern, genennet wuͤrden; insgemein aber nenne man sie Dervis, welches so viel bedeute, als Arme / die der Welt ganz und gar abgesagt hätten. Wann aber Ricaut sagt, daß sie sich, wie unsere Ob sie drey Gelübde thun.Ordens⸗Personen, mit dem Geluͤbd der Keuschheit / Armuth, und des Gehorsams verbindlich gemacht, von selbigen aber gar leicht wieder loßgesprochen werden, und ihre Entlassung von dem Orden erhalten könnten, wie wol noch alle, die solche gesucht, unglüͤcklich gewesen / wie es die Erfahrung bezeigte, kan ich zwar, was das letztere betrifft, nichts darwider einwenden, weil davon keine genaue Nachricht eingeholt: aber im Ansehen der drey Gelübde ihm nicht beyfallen, sintemaln ich selbsten den rechtmäͤssigen Sohn des Vorstehers dieser Mönche gesehen und mit ihm geredet/ der noch ein Knab von acht Jahren, und dabey von schöͤnem Gesicht und Gestalt war; daß es aber nicht etwan nur ein angehender Mönch gewesen, wie man etwan meinen moͤgte, widerlegt des Vaters eigene Aussage, als welcher ihn für sein leibliches Kind erkannt, und mich auch dessen durch Herrn Dumasrambois versichern lassen. Er liesse solchen aus seinem andern Zimmer her ruffen, damit wir ihn sehen moͤgten, den ich dann auch etliche Para geschenkt, die er mit grosser Freude angenommen. Der Alte lag auf einem anderthalb Spann von der Erden erhöͤhten Polster, und war ganz mit Persischen und Getruckte Bücher haben die Türken nicht.Arabischen geschriebenen Büchern umgeben; dann von gedruckten Büchern wissen die Tüͤrken nichts, und ist diese Kunst noch nicht bis in ihre Länder gekommen, wie sie dann auch schwerlich daselbst wüͤrde gedultet werden, weil sich eine so unbeschreibliche Menge Schrei Warum? ber unter ihnen befinden, welche sich von Büͤcher⸗Schreiben ernäͤhren, und alsdann nothwendig alle verderben muͤßten. Neben dem Vorsteher saß noch ein anderer alter Mann, so einen breiten grün⸗umwundenen Bund auf den Haupt hatte, und deswegen von einem seiner Freunde von mir gehalten worden, weil die Dervis eine ganz andere Art von Hüten auf hatten, die hoch und oben an der Spitze länglicht rund und mit keinem Rand versehen, dabey auch aus Cameel⸗Haaren von grauer Farb gemacht sind; doch ist der Vor steher Von den Tüͤrkischen Mönchen. 327 steher unter ihnen darinnen unterschieden, daß er einen Bund wie alle andere Tuͤrken zu tragen pflegt: Die jungen Anfaͤnger stunden um ihre Lehrer herum, füͤllten ihnen die Tobacks⸗Pfeiffen / brennten sie an, und bedienten sie mit Caffé und andern benoͤthigten Sachen. Ob die Dervis in Gemeinschaft der Güter stehen. Jch kan auch dem Ricaut darinnen nicht recht geben, wann er vorgibt / daß diese Moͤnche in einer Gemeinschaft der Guter und uͤbrigen Lebens⸗Art stehen; dann ob ich es schon von den neu⸗angehenden noch zugeben wolte, oder auch wol von den Vorstehern dieses Ordens, welche andere beherbergen, so kan ich es doch nimmermehr von allen insgemein einraumen, angesehen ich deren viele zu Constantinopel / Pera / Tophana / Galata und übrigen Vorstädten in den Kram⸗Läden gesehen habe, die mit Tobacks⸗Pfeiffen, Aepfeln, Nüssen, Feigen, Wachholder⸗Körner, Milch / Salz, Käß, Kaltaunen und Toback handelten, auch wol, jedoch die wenigsten, andere Arbeit verrichteten; die meinsten aber legen sich auf die faule Seiten / wozu sie von Natur geneigt sind. Im übrigen haben sie gleichwol durch das ganze Reich viele Cloͤster, welche denen Reisenden dieses Ordens zur Herberge dienen, weil niemand den Reisen so sehr ergeben, als eben diese Leute, unter dem Vorwand, den Glauben in dem Ottomannischen Gebiet fort zupflanzen. In diesem Absehen nun ziehen sie durch ganz Persien/ China/ des Sind Kundschafter. Groß⸗Mogols und andere Reiche ohne einige Hindernis und Unkosten, zehren auf die Einkuͤnfte der Cloͤster und anderer Barmherzigkeit loß, und passiren dabey für die vornehmste Kundschafter des ganzen Morgenlands, wie sie sich dann auf diese Kunst von Jugend auf fleissig legen, und auch andere darinnen unterweisen. Wann die erst in dem Orden getrettene Lust haben, lesen, schreiben, auch Türkisch, Persisch und Arabisch übersetzen oder dolmetschen zu lernen, koͤnnen sie hierzu gar leichtlich kommen. Die meisten, damit Jhre Verrichtung. sie nicht muͤssig scheinen, und das Volk desto besser hintergehen moͤgen, legen sich auf das Gauckeln, Taschenspielen und andere betrüͤgliche Kunste: einige haben Spiritus familiares bey sich, und geben Zauberer und Hexen⸗Meister ab. Man hat sich nicht wenig Busbecs Bericht hievon. zu verwundern, wann man lieset, was Busbec in seinem 4ten Türkischen Send⸗Schreiben von diesen Betrügern erzehlt, welches ich wegen seiner Curiosité vollig hier beybringen will: Nun“ muß ich dir auch, schreibt er, noch etwas sonderbares von einem“ „an 328 Drittes Buch, Achte Abtheilung / „andern Türkischen Mönchen und Walfarther erzehlen: dieser „hatte eine weise Kutten und einen langen bis auf die Füsse hinab rei„chenden Mantel an, ein langes Haar, fast auf die Art, wie un„sere Mahler die Apostel vorstellen; es steckte aber unter einem er„barn Angesicht ein abgefaimter Schalk verborgen, ob ihm schon „die Türken, als einen grossen Wunderthäter, in sonderbaren Eh„ren hielten. Meine Dolmetschen liessen sich von ihnen uͤberreden, „daß sie ihn zu mir gebracht haben, welcher so dann das Mittag„mal ganz bescheiden und maͤssig mit mir eingenommen; nach dessen „Vollendung gieng er hinunter in Hof, kam aber von dar bald „wieder zuruck, brachte einen grossen schwehren Stein mit, und „stoßte sich mit solchen etlichemal so nachdrücklich auf die blose „Brust, daß man einen Ochsen auf solche Weiß hätte zu Boden „schlagen sollen. Hierauf ergrief er ein zu diesem End glühend ge„machtes Eisen, steckte es in den Mund, und fuhr damit allent„halben darinn herum, so daß auch der Speichel davon zischte. Das „Eisen war länglicht, aber an dem Ort, wo er es in dem Mund „steckte, etwas dick und viereckicht, und dermassen glüͤhend, daß „man es pur für eine glühende Kohlen hätte ansehen sollen: nach „diesem legte er das Eisen wieder in das Feuer, und nahm nach em„pfangener Verehrung wiederum seinen Abschied. Hierüber ver„wunderten sich alle anwesende Bediente, ausser einem, welcher sich „klüger als andere zu seyn bedünkte, und zu ihnen sagte: was „macht ihr einfältige Leute doch für ein Wesen aus dieser Sache; „meint ihr dann, daß alles sich in der That also verhalte, wie es „sich ansehen läßt? es ist nur lauter Blendwerk: und hierauf „langte er nach dem Eisen, und ergrief es an dem Ort, wo es „über das Feuer heraus gieng, um zu probiren/ ob er es ohne „Verletzung würde anrühren können; liesse aber solches, kaum da „ers gefaßt / auch wieder fallen, und versehrte sich die Hand und „Finger so sehr damit, daß er etliche Tage damit zu thun hatte, „bis er sie wieder zu recht bringen kunte; worüber er dann, wie „leicht zu vermuthen, von seinen Cameraden heftig ausgelacht wor„den; als welche ihn fragten, ob er noch nicht glauben wolte, daß „es heiß wäre? und ob er es noch einmal zu probiren Lust hätte? „Es erzehlte mir aber dieser Mönch über der Malzeit, wie sein „Vorsteher / der seiner Heiligkeit und Wunder⸗Werke wegen gar berühmt Von den Tuͤrkischen Moͤnchen. 329 berühmt wäre, gewohnt sey, einen Mantel auf den nechst an dem“ Closter liegenden See zu breiten, sich auf denselbigen zu setzen, und “ mit aller Bequemlichkeit auf solchen herum zufahren. Es soll auch“ eben derselbige sich bisweilen an einem ausgeweideten Hamel haben“ binden lassen, so daß die Arme an die voͤrdern und die Füͤsse an jenes hintere Füsse zu stehen gekommen, alsdann hatte man ihn in“ einen geheitzten Back⸗Ofen mit samt den Hamel geschoben / auch“ wiederum erst, nachdem dieser voͤllig gebraten war, ohne den geringsten Schaden heraus gezogen. Du wirst zwar sprechen: das“ kan ich unmoͤglich glauben; und eben dieses sage ich auch und erzehle es nur von hören sagen, allein das mit dem gluͤhenden Eisen habe ich selbsten mit angesehen, und kommt mir so verwunderlich eben nicht vor; dann vermuthlich hat er, wie er in dem“ Hofe gegangen, unter dem Schein einen Stein zu suchen / etwas“ in den Mund practicirt, so ihn wider die Hitze des Feuers præserviren kunte: und erinnere ich mich, daß ich zu Venedig auf dem“ Markt einen Mark⸗Schreyer gesehen, der in geschmolzenen Bley“ ohne einige Verletzung seine Hände gewaschen.“ Bey aller dieser Derselbigen Scheinheiligkeit. Boßheit und Betrügerey wissen sie sich nichts destoweniger vor den Leuten ungemein heilig anzustellen, und ob sie gleich dem Saufen / Fressen, der Geilheit und Hofarth ergeben, und nur jederman beschwehrlich fallen, wollen sie nichts destoweniger vor mäͤssig / keusch, demüthig, eingezogen, dienstwillig, gutthaͤtig und gedultig angesehen seyn. Jhr Habit ist rauh und spissigt, ihr Hembd ist aus groben Hanf gesponnen, das Ober⸗Kleid siehet einer Decke oder weisen Mantel ähnlich / und ist aus groben Tuch gemacht, dergleichen man zu Jconien und Lystern verarbeitet. Ausser der ordentlichen Fasten. Fasten in Ramazan haben sie auch eine freywillige, vermoͤg deren sie alle Donnerstag vor der Sonnen Untergang nichts zu sich nehmen darfen, es seye dann, daß einer krank wäre, oder sonst eine erhebliche Ursach vorzubringen wüste. Jn Gegenwart ihrer Obern und Fremden halten sie sich ganz still, schlagen die Augen unter sich, hängen den Kopf, und beugen den Leib fast bis zur Erden; und durch solche Auffüͤhrung schleichen sie sich in der Vornehmen Häͤuser und an ihren Tisch, welche sie nicht davon wegschaffen darfen, wann ihnen gleich ihre Gegenwart noch so verdrießlich wäre, woferne sie nicht für hoffärtig angesehen seyn wollen. Mit Wein und Brand wein Tt 330 Drittes Buch / Achte Abtheilung / wein füͤllen sie sich bis oben an, wann sie allein bey sammen sind, daß Sind Magsaamen Fresser. sie oft von ihren eigenen Sinnen nichts wissen; und den Mag⸗Saamen fressen sie in solcher Menge, daß zwey hundert und vierzig Personen nach der Mediciner Dosi genug daran hätten, und machen sich kein Bedenken, vier Loth auf einmal hinein zuschlucken; dieses aber Warum?thun sie darum, damit sie die Traurigkeit vertreiben, und zu dem Venus-Werk desto geschickter sind; und dann auch, damit sie vermittelst dessen bey ihren possirlichen Herumdrehen, als ihrer vornehmsten Verrichtung desto mehr Entzückungen empfinden, und also darinnen ihren Stifter ähnlich werden, welcher sich oft gestellt, als wann er in einer Verzüͤckung gelegen, und alsdann die Einfältigen zu überreden suchte, als ob er in solcher Zeit Offenbahrungen ge Jhr GOttes⸗Dienst habt hätte. Der Anfang hierzu wird also gemacht: Sie haben zu Pera / wo man nacher Galata über den Berg und Kirchhof gehet, eine Moschee oder Kirche von mittelmäͤssiger Groͤsse, samt einem Hauß, wo ihr Vorsteher mit denen neu⸗angehenden Moͤnchen wohnet, daselbst nun kommen sie woͤchentlich zweymal, nemlich des Dienstags und des Freytags / welche Tag bey ihnen so viel, als bey uns die Sonn⸗ und Feyertaͤg gelten, alle zusammen, es seye dann, daß sie Krankheit halber verhindert wären, in welcher Versammlung dann dieser Obere præsentirt. Nachmittags zwischen ein und zwey Uhr kommt derselbige mit denen, so bestäͤndig allda wohnen, oder wenigstens schon von andern Orten herkommen sind, durch seine hintere Thür in die Kirche, steigt so gleich auf den Predigt⸗Stuhl, der auf der linken Seiten stehet / und hält von dar entweder eine Rede zu dem Volk / oder lieset ihnen etwas aus dem Alcoran / oder aus den Schrifften ihres Stifters und andern Muhametanischen Lehrern und ihren Lüͤgen⸗Buͤchern vor, und macht alsdann seine Auslegung daruͤber; welches mit solcher Langsamkeit geschiehet / daß man fast alle Sylben zehlen kan. Dahin aber kommen nicht nur die Dervis oder Moͤnchen, sondern auch andere Leute aus überflüssiger Andacht gelaufen; da dann jene gleich bey ihrer Ankunfft den obern Theil in der Kirche, welcher von den untern durch ein höͤlzernes Gitter unterschieden ist, einnehmen, sich mit ihren blosen Füssen an den Boden herum legen, in ihre Mäntel einwickeln, und mit zugeschlossenen Augen die Predigt anhöͤren, und in solcher Positur bleiben sie wie Kloͤtze oder hoͤlzerne Statuen sitzend: die uͤbrigen sind in Von den Türkischen Mönchen. 331 in dem untern Theil der Kirche und denen Gäͤngen, woselbst auch die Weiber hinter einem Gitter von den Männern abgesondert stehen und dem Prediger zu höͤren. Kommen einige Moͤnche erst unter der Predigt aus der Stadt her, ziehen sie die Schuhe aus, gehen in das Gegitter hinein, beugen das Haupt vor dem Alcoran / der auf einem Stuhl gegen der Mecha ausgelegt ist / und setzen sich, wo sie Platz finden, neben ihre Cameraden hin; als einer von diesen Dervisch / indem er in die Kirche hinSchlechtes Decorum eines Dervisch. ein gieng, ungefehr den Französischen Medicum sahe, setzte er alle Andacht beyseit, liefe auf ihn zu, und begehrte einen guten Rath für seine geheime Krankheit. Er erzehlte, wie er schon lange Zeit her grossen Schmerzen an seinem Patrimonio leide, und ein grosses Unheil daraus besorgte. Uber diese Erzehlung lächelte Monsieur Dumasrambois, gabe ihm zu verstehen, wie dieses der Ort nicht darnach wäre, von dergleichen Sachen zu reden, und verlangte, daß er nach geendigter Predigt zu ihm ins Hauß kommen solte. Nach gehaltener Predigt singen die in der Höͤhe auf dem Gang stehende Musicanten an, mit ihren Pfeiffen aufzuspielen; in solche Music hat einer gesungen, und die Stimme auf so unterschiedliche Art geführt, daß er bisweilen geschriehen, daß man es nicht nur in der Kirchen, sondern auch in der ganzen Nachbarschaft höͤren koͤnnen. Bisweilen aber wurde er so still, daß ihm sein nechst anstehender Nachbar nicht wird verstanden haben. Die Dervisch bleiben indessen mit gebogenen Leib, und fast bis auf die Erde geschlagenen Kopf bey einer Viertel Stund lang unbeweglich stehen / und haben ihre Gedanken nach der andern Welt gerichtet, dabey dann ein jeder die Arme hält, wie es ihm selbst gefäͤllt, indem er sie entweder uͤber einander schlaͤgt, oder unter dem Kleid im Busen verborgen haͤlt, oder auf den Knien ruhen laͤßt. Nachgehends werden drey kleine Trummeln unterweilen mit einem Leder geruͤhrt, dergleichen die Arabier / deren Verrichtung ins gemein in Aufschlagung Music und Tantz der Dervisch. der Zelten für die Soldaten bestehet, auf den Camelen nachfuͤhren, worbey aber auf den Pfeiffen unaufhörlich geblasen wird. Alsdann stehen sie von der Erden auf, legen ihre Mäͤntel und Uber⸗Röͤcke samt dem engen Wammes ab, ziehen dagegen lange und breite Unter⸗Röcke an, so denen mit Fisch⸗Bein ausgespannten Reif⸗Röcken des Frauenzimmers nicht ungleich seyn, beugen sich erstlich gegen ihren Tt 2 332 Drittes Buch / Achte Abtheilung / ihren Obern, gehen etlichmal bey dem Alcoran vorbey, und lassen jenen immer voran gehen, machen einen kleinen oder grossen Creiß in der Mitte / nachdem ihrer nemlich viel oder wenig sind, fangen an, sich auf einen Fuß in die Runde herum zu drehen, und damit sie darinnen desto geschwinder seyn moͤgen, helfen sie sich mit dem andern Fuß, indem sie mit solchen nur bisweilen ein wenig die Worinnen die Kunst bestehet. Erde berühren. Die am wenigsten von ihrer Stelle weichen, und beständig in einem Fußstapfen bleiben, dabey aber sich doch sehr geschwind herumdrehen, werden für die Besten gehalten; es sind aber nicht nur die Alten, sondern auch einige Anfänger so fix hierinnen, daß sie auch kein Haar breit von ihrer ersten Stelle weichen, und solches præstiren sie mit solcher Geschwindigkeit, daß man kaum das Gesicht im Herumwenden erkennen kan. Jhr Vorsteher sitzet indessen bey dem Alcoran / und zwar um eine Staffel niedriger, als die andern, mit einem grossen Stecken in der Hand, welcher auf diese curiösen Gauckler acht gibt; in der Mitte stehet ein anderer, so sie füͤhret, und ihnen Muth machet. Mich bedunckte, als ob ihr Führer aus dem Geschlecht Muhamets muͤsse gewesen seyn, weil er einen grün umwundenen Bund auf hatte; er bewegte sich ganz langsam, blieb auch bisweilen gar stehend, und schauete den andern zu. Dieses Herumdrehen dauert oft eine ganze Wie lang es dauret.Stund und noch laͤnger/ ohne daß sie in dieser Zeit im geringsten still hielten und ausruheten / wie es dann einige gibt, die noch mehrere Stunden ausdauren koͤnnen, wobey sie dann die Arme entweder ausspannen, oder Creutz⸗weiß auf die Brust legen, auch bisweilen den Rock damit aufheben. Bey dieser Kurzweil, welche sie für die gröste Andacht und das verdienstlichste Werk ihres Glaubens halten, hoͤren die erst angehenden entweder eher auf, oder fangen auch wol später als die andern an, damit sie es nur nach und nach gewöhnen, und mit jenen endlich auch ausdaurn koͤnnen. So bald aber die Pfeiffen still sind, bleiben alle zugleich in einem Augenblick so unbeweglich stehen / daß derjenige / so es nicht gesehen, es kaum glauben solte; also daß man den geringsten Schwindel an ihnen nicht vermerkt/ gleich als ob sie sich niemal bewegt haͤtten. Sie legen sich aber schon von Kindheit an auf dieses Exercitium. wordurch sie es dermassen gewehnt werden, daß sie in wenig Jahren nicht mehrer Beschwehrlichkeit, als wir etwan vom Gehen, Ste Von den Tüͤrkischen Mönchen. 333 Stehen, oder anderen uns gewohnten Sachen davon empfinden. Sie Warum sie dergleichen vornehmen. geben vor, daß solches von ihnen aus guter Meinung zur Nachahmung ihres ersten Stifters Meveleva geschehe, welcher sich 15. Tage ohne Essen und Trinken also herumgedrehet, und so lang ausgedauert, als sein Freund Hazar auf der Pfeiffe gespiehlet, biß er endlich ganz ausser sich selbst in eine Verzuckung kommen, in welcher er vieler Göttlichen Offenbahrungen theilhaftig worden, und zugleich auch seine Ordens⸗Reguln überkommen. Nebst einigen Eß⸗Waaren werden auch Rauch⸗Kerzen vor ihrer Kirche verkauft, um selbige anzuzünden, und den uͤbeln Geruch, den diese Muͤnche durch ihren vermittelst so starker Bewegung herausgepreßten Schweiß verursachen / damit zu vertreiben. Sie sind auch gaͤnzlich persuaDer Gebrauch der Pfeiffen heilig und alt. dirt / daß der Gebrauch der Pfeiffen heilig und gar alt seye, deren sich auch Jacob und andere Erz⸗Vätter im alten Testament zum Lobe GOttes bedienet hätten / glauben auch, daß ohne solches Pfeiffen sie sich kaum dreymal wuͤrden herum wenden koͤnnen, als wordurch sie zu diesem ungewöͤhnlichen Lob Gottes erst recht erhitzt und aufgemuntert würden. Es hat solche Music etwas Trauriges und Klägliches an sich / ist aber gleichwol durch den langen Gebrauch und beständige Ubung zu so grosser Vollkommenheit gelangt, als man von dergleichen Instrument erwarten kan. Jhre besten Pfeiffen werden von Jconien gebracht, und eine für sechs bis acht Ducaten bezahlt. Hingegen verwerffen die andern Türken allen Gottes⸗Verwerffung der Music bey dem Gottes Dienst der Türken. Dienst, wobey eine Music gehöret wird, und wollen behaupten, daß Meveleva sich derselbigen niemaln bedient, noch auch seinen Jüngern und Nachfolgern solche vorgeschrieben habe; sintemaln ein gewisses Gesetz in dem Alcoran, (ausser der Vocal-Music, die durch Menschliche Stimme geschiehet /) alle andere bey öffentlichen GOttes⸗Dienst verbotten habe. Es berichtet Ricaut, daß zu der Wird denen Dervisch verbotten. Zeit, da er sich zu Constantinopel aufgehalten / durch einen Kaiserlichen Befehl denen Dervisch alle Music verbotten gewesen: sie hingegen schützen sich damit, daß solche heilig und alt seye, und fuͤhren das Exempel Davids zu ihrem Beweiß an, welcher auch vor der Arche hergetanzt hätte; wie sie dann auch durch sonderbahre Vorbitte dererjenigen, so ihren Orden geneigt sind, diese Ubung ihres ersten Stifters noch behauptet haben/ ohnerachtet ein gewisser Vannius, Groß⸗Scheig / oder Prediger, welcher bey dem Sul tan Tt 3 334 Drittes Buch / Achte Abtheilung / tan und ganzem Hof in gar hohen Estime stunde, alle Kräften angewendet, damit dieser Mißbrauch völlig aufgehebt werden möͤgte.

Und weil die Türken keine Music in den Kirchen dulten kön Warum die Türken keine Glocken in den Kirchen leiden. nen, wollen sie eben um dieser Ursache willen auch keine Glocken daselbst leiden, und lassen deswegen das Volk durch menschliche Stimme von den Thürnen der Moscheen zum Gebeth beruffen, wel Wie sie zum Gottes⸗Dienst ruffen.ches dann insgemein des Tags fuͤnfmal geschiehet, so viel Buchstaben nemlich das Wort Muhamet in ihrer Sprach hat, erstlich des Morgens vor der Sonnen Aufgang, auf den Mittag zum zweytenmal / zwischen Mittag und der Sonnen Untergang geschiehet es zum drittenmal / zum vierten nach der Sonnen Untergang, und in der zweyten Stund in der Nacht zum fünftenmal; und am Freytag setzen sie die sechste Beth⸗Stund zwo Stund vor Mittag darzu / als welchen Tag sie zum Gedächtnuͤß ihres Propheten feyren, der an solchem seine Lehren (Lügen solte ich vielmehr sagen) das erstemal vorgetragen, und das Volk zu betrüͤgen angefangen. Die Ursach aber / warum er diesen Tag vor denen übrigen erwehlt, mag unter andern auch vielleicht diese seyn, damit, wann er den Samstag darzu nehme, er solchen nicht mit den Juden, oder wofern den Sonntag, nicht mit den Christen feyren mögte, welches beides er zu vermeiden suchte; doch trifft dieser Tag, Türken sind den Christen Anfangs nicht feind gewesen.als welcher bey denen Heyden seinen Namen von der unzüchtigen Venus her hat, mit ihren Naturell auch ungemein wol überein. Wiewol die Türken denen Christen Anfangs nicht so feind gewesen / als nach der Zeit erst geschehen, welches aus jener Bündnüß, die Muhamet zwischen den Christen und seinen Glaubens Genossen aufgerichtet, nicht undeutlich abzunehmen, die so lang dauren solte, als einer dem andern in seinem Stand lassen wuͤrde; und hievon soll die wahre Handschrifft in dem Closter des Bergs Carmel bey dem Berg Libanon / so nur eine Stund von Mecha entfernet ist/ gefunden worden seyn, an dem Ort / wo die Pilgram nach der Mecha ihre Opfer, die sie Corban nennen/ noch ehe sie in die Stadt gehen, zu verrichten pflegen. Ricaut berichtet, daß dieses Manuscript in die Königliche Bibliothec nach Frankreich seye gebracht worden, ob es nun wahr / dafür lasse ich den Urheber dieses Vorgebens sorgen / weil ich weder das Orginal noch einige Copie da Von den Tuͤrkischen Moͤnchen. 335 davon jemaln zu Gesicht bekommen / ausser diejenige / welche besagter Auctor anfuͤhret, wie ich sie dann von Wort zu Wort um seiner Raritæt willen hersetzen will:

Mahomet / ein Both Gottes, gesandt, die Menschen zu„ Copie des Bündnüß des Muhamets mit den Christen. unterweisen und die wahrhaftig Göttlichen Geboth zu erklären, hat„ folgende Articuln aufgesetzt, nemlich: daß die Christliche Religion,„ die von GOtt selbst bestattiget worden, so wol gegen Auf⸗als Niedergang, von denen Einwohnern und Benachbarten, von denen„ Ausländern und Einheimischen, frey und ungehindert koͤnne getrieben„ werden. Allen und jeden erstbemeldten Voͤlkern hinterlasse ich gegenwärtige Schrifft, als eine unverbruͤchliche Buͤndnuͤß und vollkommene Entscheidung alles ins kuͤnftig zu besorgenden Streits und„ Uneinigkeit, und als ein Gesetz, wordurch die Gerechtigkeit offenbahret, und dessen Beobachtung mit dieser auf das genauste vereiniget ist. Dannenhero alle diejenige, welche sich zu dem Glauben„ der Muselmänner bekennen, und doch diesem nicht nachkommen„ sondern nach Art der Unglaubigen dieses Bündnuͤß brechen, und„ dasjenige / was ich hiemit gebiethe, uͤbertretten werden, sollen wissen,„ daß sie die Freundschaft mit GOtt aufheben, seinen Willen wiederstreben und sein Gesetz verachten, er mag nun gleich ein König,„ Fürst, oder anderer Glaubiger seyn. Durch dieses Bündnuͤß,„ durch welches ich mich selbsten auf der Christen Ansuchen verbindlich gemacht, so wol in meinem eigenen Namen, als auch meiner„ Jünger und Nachfolger, bin ich mit ihnen in die Freundschaft Gottes, in den Frieden der Propheten und der ausserwehlten Aposteln,„ wie auch aller heiligen Glaubigen und Seeligen, so wol der gegenwärtigen als zukünftigen, getretten. Ich verbinde mich demnach, mein hiemit gemachtes Buͤndnuͤß so heilig zu halten, als einem„ von GOtt gesandten Propheten, und vor dem Angesicht GOttes„ stehenden Engel, der sich in dem Gehorsam der Goͤttlichen Gesetze und Befehl aufs genauste finden läßt, zustehet. Jch verspreche„ ihre Obrigkeit in meinen Ländern mit allen meinen Leuten zu Pferd„ und zu Fuß, meinen Bunds⸗Genossen und gläͤubigen Nachfolgern„ zu schützen. Jch mache mich auch verbindlich, sie wider alle ihre„ Feinde, sie möͤgen nah oder fern seyn, zu verthaͤidigen, und ihnen in„ Kriegs⸗ und Friedens⸗Zeiten Sicherheit zu verschaffen; ihre Kirchen,„ Capellen, Clöster, und H. Oerter, wo sie hin wallfarthen gehen„ sie 336 Drittes Buch / Achte Abtheilung / sie moͤgen nun liegen wo sie wollen, es sey nun auf den Bergen„ oder in den Thälern, in Hölen, oder bey andern Wohnungen,„ auf den Feld oder in der Wüͤsten, oder in was für einem Gebäͤu„ es auch seyn mag, zu erhalten; ich will auch nicht weniger auf die„ Erhaltung ihrer Religion und Güter, wo sie auch immer zu finden, zu Wasser oder zu Land, gegen Auf⸗oder Niedergang, bedacht„ seyn, als wann es mich selbst oder meine Regierung, meine Glaubigen und mein eigenes Volk anbeträfe. Uber dieses verspreche ich„ auch, sie in meinen specialen Schutz an und aufzunehmen und wider alle Gewaltthätigkeit und Verdruß, der ihnen nur immer begegnen könnte, zu schützen: ihre Feinde zurück zu treiben / welche ihnen Schaden zu fügen wollen; es anzunehmen, als ob es mir selbst„ geschehen wäre, und dahero ihren Widerwäͤrtigen mit aller Macht„ zu widerstehen, es seye nun in eigener Person oder durch meine„ Bediente, und diejenige die mein Volk und Geschlecht sind. Dann„ weil ich die Herrschaft über sie führe, will es mir auch gebühren /„ sie zu verthädigen, und wider alles Unrecht zu schuͤtzen / und zu verhindern, daß denen Meinigen kein Leid wiederfahre, als die zu einerley Zweck mit mir arbeiten. Weiter verspreche ich, daß ich sie von„ allen Anlagen / denen sich meine andere Bunds⸗Genossen durch Herleihung ihres Gelds oder andere Beschwehrden unterwerffen müssen,„ sollen befreyet seyn, also daß sie nichts weiters bezahlen sollen, als„ was ihnen selbst gefällig, und daß sie darum auf keine Weise verunruhiget oder gestrafft werden koͤnnen. Kein Bischoff soll von seiner„ Kirche getrieben noch einiger Christ gezwungen werden / seine Religion zu verlassen, noch auch die Mönche, sich aus ihren Orden„ zu begeben; man soll auch keinen Pilgram auf seiner Wallfarth,„ noch die Ordens⸗Leute in ihren Clöͤster betrüben: ihre Kirchen sollen„ nicht verstört und etwan in Moscheen verwandelt werden; sintemaln derjenige, so sich dessen unterstehen wird, gegenwärtigen Bund„ mit GOtt bricht, seinen Gesandten sich widersetzt, und das Gesetz„ GOttes abschafft. Keinen Mönchen noch Bischoff soll man einigen Tribut auflegen, noch auch einigen andern Christen, so denen Schatzungen nicht unterworffen, es sey dann, daß es mit ihrem guten Willen geschehe. Den Anschlag, den man auf die reichen Kauf⸗Leute, Perlen⸗Fischer, Edelstein⸗Gold oder SilberGraber oder andere reiche Christen legt, soll jährlich nicht mehr„ als Von den Türkischen Mönchen. 337 als aufs höchste einen Reichs⸗Thaler austragen / und nur von denen eingefordert werden, die ein eigenes Hauß haben, nicht aber„ von den Reisenden, oder denenjenigen / welche mit dergleichen nicht„ versehen sind. Dann wer nach dem gemeinen Rechten und Verordnung dem Kaiser etwas geben muß, soll so viel, als ein anderer, und keinen Heller daruͤber bezahlen, wird auch von keinem„ mehr gefordert, als was er nach seinem Vermögen ertragen kan.„ Jngleichen auch sollen diejenige, deren Landschaften, Häuser, und„ übrige Einkuͤnfte dem Tribut unterworffen, nicht unmaͤßlich angegriffen, oder mehr als andere beschwehrt werden, so gleichermassen die Zoͤlle zu erlegen schuldig sind. Die Bunds⸗Genossen sollen„ nicht verbunden seyn, mit den Muselmaͤnnern in Krieg wider„ ihre Feinde zu ziehen, noch mit ihnen zu streitten, noch Kundschaft„ wegen der Feinde einzuholen, angesehen man die Bunds⸗Genossen„ nicht zu Kriegs⸗Diensten brauchen soll, und gegenwärtige Buͤndnuͤß zu keinem andern Ende mit ihnen aufgerichtet worden, als zu ihrem Vortheil, und Verhinderung, daß sie nicht untergedruckt werden: vielmehr sollen die Muselmaͤnner für sie die Wachten versehen, und sie vertheidigen. Derowegen soll man sie ja nicht zwingen, mit in die Schlachten zu ziehen / sich den Feinden zu widersetzen, Pferd und Waffen darzu anzuschaffen, wo sie es nicht freywillig thun: denenjenigen aber, die sich darzu verstehen, solle darum„ gelohnt werden. Kein Muselmann soll einen Christen veriren,„ noch mit ihm dispuriren, es ware dann aus guter Freundschaft:„ Hingegen sollen sie solche hoͤflich tractiren, und sich von aller Gewaltthätigkeit, wie sie auch Namen haben moͤge, enthalten. Wann„ es sich zutragen wuͤrde, daß ein Christ ein grobes Laster oder sonst„ einen Fehler begehet, soll der Muselmann ihm beystehen, ihme„ Gnade auswürken helfen / Bürge für ihn stehen, und seine Sache wiederum auf guten Weeg bringen; er mag auch so gar sein„ Leben mit Geld loͤsen, dafuͤr er dann auch nicht verlassen noch ohne„ Hülfe bleiben wird, wegen des mit ihnen aufgerichteten Göͤttlichen Bunds: sie sollen mit den Muselmaͤnnern Gutes und Böses geniessen, gleichwie auch diese ihres Glücks und Unglücks„ sich theilhaftig machen: ihr seyd also vermoͤg dieses auf rechtmaͤßiges Ansuchen der Christen aufgerichteten Tractats, und der schuldigen Sorgfalt gemäß, solchen in seiner Kraft zu erhalten, verbun den, Uu 338 Drittes Buch / Achte Abtheilung / „den, sie wieder Verdrüßlichkeiten zu schüͤtzen, ihnen alle möͤgliche „Dienste zu erweisen, und euch also aufzufüͤhren, daß ihr als Mu„selmänner euch ihres guten und widrigen Glüͤcks theilhaftig ma„chet. Jhr solt üͤber dieses darauf bedacht seyn, daß ihnen im An„sehen der Ehe keine Gewaltthätigkeit geschiehet, und weder die El„tern gezwungen werden, ihre Tochter denen Muselmaͤnnern zur „Ehe zu geben / noch darum Verdruß leiden muͤssen, weil sie einem „seinen Sohn oder Tochter abgeschlagen / angesehen dieses eine Sache, „die lediglich auf den freyen Willen ankommt, und mit gutem und „freudigen Gemüth soll vorgenommen werden. Geschiehet es aber, „daß eine Christin einen Muselmann zur Ehe nimmt, soll ihr ihre „völlige Gewissens⸗Freyheit gelassen und vergoͤnnet werden, ihrem „geistlichen Vatter Gehorsam zu leisten, und die Unterweisung ih„res Glaubens von ihm anzunehmen, ohne daß sie jemand daran „verhindern könnte. Man lasse sie demnach deswegen in Ruhe und „ungekränkt / drohe ihr auch nicht mit der Ehe⸗Scheidung / noch su„che sie von ihrem Glauben abwendig zu machen; wer sich des Ge„gentheils gelusten läßt, verachtet den Bund mit GOtt / wider„strebt dem von seinem Gesandten aufgerichteten Tractat, und ste„het in der Zahl der Lügner. Wann die Christen ihre Kirchen, Clö„ster oder andere Oerter, wo sie ihren GOttes⸗Dienst halten, ver„neuern wollen, und dazu der Hüͤlfe und Beystand der Muselmaͤn„ner bedürftig sind, ist ein jedweder gehalten / nach seinem Ver„mögen dasjenige beyzutragen, und ihnen zu geben, was sie verlan„gen, ohne Absehen auf einige Wiedererstattung, noch vielweniger „um Gewinsts willen, sondern umsonst zum Anzeichen der Ge„wogenheit gegen ihre Religion, und des Gehorsams gegen dem „durch den Gesandten Gottes aufgerichtetem Tractat, indem sie sich „diejenige Verbindlichkeit vorsetzen / welche sie haben, demselbigen „auf das genauste nachzuleben. Sie sollen demnach keinen, so un„ter den Muselmäͤnnern lebt, unterdrucken, nicht hassen, noch „zwingen Briefträger oder Wegweiser abzugeben, noch einige Ge„waltthätigkeit erzeigen; dann welcher dergleichen Tyranney an ihnen „ausüben würde, ist billich für einen Tyrannen und Feind des Ge„sandten GOttes und der seinen Geboten widerstrebt, zu halten. „Dieses ist zwischen dem Mahomet, den Boten Gottes, und de„nen Christen aufgerichtet worden. Die Bedingungen / mit welchen ich Von den Türkischen Mönchen. 339 ich sie in ihrem Gewissen darzu anhalte / sind folgende: daß kein„ Christ einen Soldaten, zum Nachtheil der Muselmaͤnner, unterhalte, auch dergleichen weder öfentlich noch heimlich in seinen„ Hauß aufnehme; daß sie keinen Feind der Muselmänner eine„ Zuflucht verstatten, noch in ihren Häusern / Kirchen oder Clöstern„ verwahren; daß sie die feindliche Armeen nicht heimlich mit Mannschaft, Waffen und Pferden versehen, auch keine Gemeinschaft„ weder mit Brieffen noch einige andere Weise mit ihnen halten,„ sondern sich an einem sichern Ort verbergen, und auf ihre und ihrer„ Religion Erhaltung bedacht seyn; daß sie drey Tag hinter einander allen Muselmaͤnnern für sich und ihr Viehe Unterhalt verschaffen, und dieses nach Nothdurft mit allerhand Fleisch; sollen„ auch alle Kräften anwenden, sie, wann sie angefochten werden,„ zu defendiren, und vor allem Verdruß zu bewahren. Wann üͤber„ dieses ein Muselmann sich in ihr Hauß verbergen will, sollen sie„ ihme dieses ungehindert zu lassen, und der ihm angedrohten Gefahr„ entziehen, ohne daß sie ihn dem Feind anzeigen. Wo aber die Christen eines Theils Glauben halten wuͤrden, so sollen doch alle diejenigen, welche auch nur einen aus diesen Puncten, was es auch für„ einer sey brechen, und das Gegentheil thun werden/ dererjenigen„ Vortheile, die in diesem mit GOtt und seinem Gesandten gemachten Bund enthalten, verlustigt seyn, und für unwuͤrdig angesehen„ werden, daß sie des denen Bischöͤffen und Christlichen Moͤnchen„ veraccordirten Nutzens geniessen: die Gläͤubigen aber derer, so in„ dem Alcoran enthalten sind. Jch beschwehre demnach mein Volk„ im Namen GOttes und seines Propheten, daß sie diesen Vertragtreulich halten und erfuͤllen, wo sie sich auch immer aufhalten moͤgen, wofür sie auch der Gesandte GOttes belohnen wird, dafern„ sie nur trachten werden, daß sie solchen bis auf den Tag des Gerichts und Ende der Welt unverbruͤchlich nachkommen.„ Die Zeugen dieser Bedingungen, welche Mahomet, der Bote GOttes, hierbey gebraucht, sind: Abubacre Assadiqu. OMar Benalcharab. Jthman Ben Afan. Atiben Abi Taleb / sammt noch mehr andern. Der Secreatair aber, so dieselbige unterschrieben, ist: Moavia Ben Abi Sofian / ein Soldat des Boten GOttes. Am letzten Tag des vierten Monats / im vierten Jahr der Hegira / zu Medina.

Es Uu 2

340 Drittes Buch/ Achte Abtheilung / Es bedeutet aber Egira oder Hegira, welches die Araber Hegira was es bedeutet. Hegirathi nennen, eben so viel, als eine berühmte Flucht / und ist eine Zeit⸗Rechnung, nach welcher die Muhametaner ihre Zeit austheilen, gleich wie die Christen von der Geburt Christi, und die Juden im Alten Testament von der Suͤndfluth, oder der Geburt Abrahams, oder auch von dem Ausgang aus Egypten/ der Auferbauung des Tempels zu Jerusalem und andern herrechnen. Es ist aber dieser falsche Prophet in Arabien gebohren worden, und weil er sich furchte, er duͤrfte um der von ihm erregten Aufruhr willen gestrafft werden, ist er vermittelst der Flucht seinen Nachstellern entgangen, und hat sich von Mecha nach Ja Zeitrechnung der Türken. tribum begeben. Aus dieser Flucht nun haben seine Nachfolger Gelegenheit genommen, ihre Jahre zu rechnen, welche, wie ich bey Erwehnung des Bairams gedacht, aus zwölf Monaten, den Monds⸗Lauf nach gerechnet, bestehen. Diese Jahr⸗Rechnung hebt sich den 16. Julii im Jahr Christi 622. unter der Regierung Kaisers Heraclii, und Clotarii II. Königs in Frankreich, da Pabst Honorius den Päbstlichen Stul besessen, an einem Freytag an: wiewol einige den Anfang der Hegiræ, auf den 15ten Julij an einem Donnerstag machen; ist aber wahrscheinlicher, daß man mit dem folgenden Tag, den die Tüͤrken zu feyren gewohnt sind, den Anfang machet. Es trifft auch eben diese Jahr⸗Rechnung ein mit dem 1370ten des Nebonassers / und dem 1335ten der Julianischen. wie auch mit dem 4382ten der Juden: Und so viel von der Hegyra. Unterdessen schließt der Muhamet seinen aufgerichteten Bund folgender Gestalt: GOtt sey derjenigen Lohn/ welche Zeugen bey dieser Verfassung gewesen. Ehre sey GOtt/ der da ist der HErr und Schöpfer aller Dinge. Man trifft in Türken sind nicht mehr so grausam als vor diesem.dessen bey denen Türken keine solche Grausamkeit mehr an, als sie in den mittlern Zeiten bezeigt haben, in welcher sie dafür gehalten, es seye ein besonders Liebes⸗Werk und höchst löblich, wann sie einen Christen nicht nur im Krieg, als dessen sie noch heut zu Tag persuadirt sind, sondern auch um der geringsten und wol gar keiner Ursach willen umbrächten, wordurch sie ihre Cron mit so viel Rosen und Edelsteinen vermehrten, als sie Christen todt geschlagen hätten. Nunmehr haben sie durch den Umgang mit andern Leuten sich eine gütigere Aufführung angewehnt, und ist noch Hoffnung / daß ein so Von den Türkischen Mönchen. 341 so bluͤhendes Reich ihren Jrrthum ablegen, und der Kirche, wie auch ihren rechtmäßigen Herren / dem Römischen Kaiser / völlig wiederum werde zugebracht werden/ wann nur auch die Christliche Fürsten ihren gegen einander tragenden Haß und Neid fahren lassen, und solches hochwichtige Werk selbst mit Ernst zu befoͤrdern trachten, um welches, daß es bald geschehe, alle rechtschaffene Christen den Höchsten unermüdet anflehen sollen.

Damit ich aber in meiner oben angefangenen Erzehlung fortfahre, wende ich mich wiederum zu denen Moͤnchen, welche nach einem Stund⸗langen Herumdrehen auf die Knie gefallen und den Kopf fast bis zur Erden gebeugt haben; und in solcher Positur haben sie eine Zeitlang mit Verrichtung ihres Gebets zugebracht, nachdem sie zwar ihre vorher abgelegten Ober⸗Röcke wieder angezogen, damit nicht der durch die Bewegung erregte Schweiß wegen so schleuniger Veränderung durch die noch nicht zu geschlossene Schweiß⸗Loͤcher zurück in den Leib schlagen mögte. Alsdann fiengen sie wiederum einen neuen Dantz in folgender Ordnung an: Es gingen alle bey dem Wiederholter Dantz der Dervisch. Alcoran in gleicher Linie, und zwar nach dem Alter vorbey, also daß die Aeltern vorangingen, die Juͤngern aber nachfolgten, welches abermal um dieser Ursach willen also angegeben ist / damit die Anfänger, die solcher Strapazzen noch nicht gewohnt, nicht so abgemattet werden, wann sie zu letzt anfangen, angesehen unter ihnem junge von acht, zehen bis zwölf Jahren sich befinden, welche es ihren Vätern und Erwachsenen perfect nach zu thun wissen. Wann sie nun zu dem Alcoran kommen, bleiben sie alle daselbst stehen, und gehet endlich einer nach dem andern vorbey, also daß der erste, so vorbey gegangen / und sich vor dem Buch gebeuget, alsobald anfängt sich wiederum in Creiß herum zu drehen, wobey er dann immer weiter fortrucket, damit der ander folgen kan. Wann nun der erste, zweyte, dritte und so weiter gefolgt, kommen sie nach und nach in der Mitte zusammen, und formiren zugleich damit einen Reihen, da alsdann keiner mehr von der Stelle weicht, sondern auf einerley Ort bleiben und sich herumdrehen, doch dauret diese Kurzweil füͤr diesesmal bey weitem nicht so lang, als Anfangs. Wann nun dieses vorbey, nehmen sie ihre Mantel wieder, bitten Ceremonien nach dem Dantz GOtt um die Bekehrung der Jaouren oder Unglaͤubigen zum Tür Uu 3 342 Drittes Buch / Achte Abtheilung / Türkischen Glauben, gehen den Alcoran nochmal dreymal vorbey, und kuͤssen so dann erstlich ihrem Vorsteher / so dann auch ihnen unter einander zum Zeichen der Demuth und Brüͤderlichen Liebe die Hände; wobey sie wieder die Ordnung halten, daß der, so zu erst stehet / nur allein dem Obersten, der Zweyte dem Obersten, und dem, der zu erst stund, und so ferner ein jeder denen, die ihm vorgegangen, die Hände kuͤßet: so finden sich auch andere, so nicht aus dem Orden sind, haͤufig ein, bey diesem Vorsteher zum HandKuß gelassen zu werden. Zu letzt tritt einer, so schon darzu bestellt ist, aus der Ordnung herfuͤr, nimmt das sc. heilige Buch, verehrt es mit einem Kuß, steckt es unter den Arm, gehet damit vor den Obern her, dem so dann alle folgen, und auf solche Weise fuͤhret er sie aus der Kirche wiederum ins Closter. Diese Dervisch haben noch ein anders Closter, und beruͤhmte Moschee in Egypten, zu Cheberles ein Heiliger bey den Dervisch. Teke Thioi / wie sie dieses Ort auf ihre Sprach nennen, woselbst sie weiß nicht was für einen Chederles verehren, den sie unserm H. Georg gleich machen, und eben dasjenige von jenem, was wir von diesem, erzehlen, wie dieser starke Held durch Erlegung eines ungeheuren Drachens eine ihm vorgeworfene Jungfrau erlediget / Nattern, Schlangen und andere dergleichen vergiftete Thiere bey seinen Lebs⸗Zeiten umgebracht, nach seinem Tod aber von GOtt zu einem Erhalter dererjenigen vorgestellt worden, die in ihren Noͤthen ihre Zuflucht zu ihm nehmen. Er wird insonderheit für einen Patron der Schiffbruch⸗Leidenden gehalten, als denen er mächtig zu statten komme, weswegen sie ihm auch das Vermöͤgen zu schreiben, daß er in einem Augenblick von einem Ende der Welt zum andern kommen könne, damit er allen, die seine Hülfe bedüͤrftig wären, desto eilfertiger beyspringen könnte. Sie erzehlen auch von ihm, wie er ein Gefehrt und Freund Alexanders des Grossen gewesen, weil er gleichfalls an Kriegen und Schlachten einen Gefallen gehabt: so brin Dessen Unsterblichkeit.gen sie auch viel Fabelhaftes von einem gewissen Fluß vor / zu welchem er einen sehr weiten Weeg gereißt wäre und die Unsterblichkeit daraus getrunken hätte; desgleichen von einem Pferd / auf welchem er nach erhaltener Unsterblichkeit allenthalben herum reite, und wie dasselbige / nachdem es gleichfalls aus besagten Fluß getrunken, unsterblich worden. Sie eignen aber seinem Pferd darum so herr lich Von den Türkischen Mönchen. 343 liche Eigenschaften zu, damit sie ihre Fabel desto wahrscheinlicher machen möͤgen, angesehen sie ihm eine so grosse Geschwindigkeit zuschreiben, die selbst der Menschen Gedanken uͤbertrifft / und nach welcher er in einem Augenblick allenthalben seyn kan. Ferner erzehlen sie / daß von dem Harn dieses Pferds, den es absonderlich in dieser vornehmsten Moschee in ganz Egypten von sich gelassen, ein Brunnen des allerreinsten Wassers entsprungen sey, der auch noch heut zu Tag daselbst angetroffen wird; mich wundert nur, daß sie solchen nicht auch eine besondere Kraft fürs Fieber, Flecken, Flüsse, Blödigkeit der Augen, Schwindel und andern Kopf⸗ und Augen⸗Schmerzen zugeschrieben, wie sie doch von jener Erde und Steinlein, auf welchen Chederles gestanden, als er auf den Drachen gewartet, zugeeignet, oder auch den Graͤbern, in welche seine Cameraden, der Stallmeister, und seiner Schwester Sohn gelegt worden, von denen sie vorgeben / daß täͤglich viele neue Wunder sich daselbst zutruͤgen, und diejenige mit vielen himmlischen Wolthaten überschuͤttet wuͤrden / so in gutem Vertrauen und Zuversicht ihre Zuflucht dahin nehmeten. Jedoch sie haben diesem Pferd gleichwol etwas anders und viel Würdigers zugesprochen: sie haben es nemlich füͤr seelig gepriesen, und unter diejenige drey Thiere ins PaDessen Pferd wird in den Himmel logirt. radeis gesetzt, welche die Tüͤrken in gar hohen Werth halten, nemlich zu der Eselin / auf welcher unser Heyland geritten; zu dem Camel, daß dem Mahomet getragen, und zu dem Hund, der bey den sieben Schlaͤfern gewacht. Mit eben solcher Richtigkeit behaupten sie auch, daß diese Moͤnche die Schlangen und Nattern zam machen köͤnnen, welche Kunst ihnen Chederles soll gelehrt haben; weswegen sie denn so sicher mit ihnen, als wir mit unser Hunden oder andern zamen Hauß⸗Thieren oder Voͤgeln, umgehen. Allein ich habe von glaubwuͤrdigen Leuten gehöͤrt, denen auch Ricaut beyfällt, daß nicht allein die Dervisch in Egypten diese Kunst koͤnEgyptier gehen mit den Schlangen ohne Schaden um. nen, sondern auch andere Leute daselbst sich vor den giftigen Schlangen⸗ und Drachen⸗Bissen nicht füͤrchten, sondern die Nattern, wie wir die Korn⸗ und Regen Wüͤrmer mit den Häͤnden fassen / und aus ihren Säcken heraus ziehen, woruͤber sich eben nicht zu verwundern, dann weil diese Landschaft allenthalben mit giftigen Thieren ange füllt 344 Drittes Buch / Achte Abtheilung / füllt, so daß bey grosser Sonnen⸗Hitze wegen Menge dieses giftigen Gezeugs ein Unbekannter sich nicht dazu nahen darf, weil sie, so zu reden, mit diesem Ungeziefer nicht genugsam bekannt: so sind sie doch derer, die sie täͤglich sehen, welche bestäͤndig mit ihnen umgehen, und ihnen ihre Nahrung reichen, so gewohnt, daß sie ihnen niemaln einiges Leid zufügen. Um eben dieser Ursach willen kommt uns dieses auch so seltsam nicht für / wann Leute Bären, Wölfe, Löwen, Tiger und andere wilde Thiere in den Ländern herum führen, als die ihre Führer nicht allein nicht beschädigen, sondern ihnen auch schmeicheln, und auf ihr Geheiß jederzeit pariren. Es gibt auch einige, welche die Schlangen auch nur mit einem einigen Wort bannen, und wann sie von dem Nil⸗Fluß wegkriechen, alsobald still stehend machen koͤnnen, deren einige behaupten, daß ihnen dieses von ihrer Famille erblich zukomme, so daß diese Kraft von dem Vater auf den Sohn erbe: andere aber meinen, sie hätten solche Macht durch ihre besondere Heiligkeit erlanget.

Jedoch wir haben nunmehr von den danzenden Moͤnchen genug gehört / nun wollen wir uns von Pera nacher To Heulende Mönche oder Kadriten.phana zu denen Heulenden begeben. Daselbst haben sie zwey Clöster / in welchen sie ihre Andacht verrichten, ich bin aber nicht mehr als in einem einigen und zwar demjenigen gewesen, so in dem obern Theil der Stadt liegt. Von diesen glaube ich, daß es nicht so wol ein Orden, als vielmehr eine Versammlung gewieser Leute seye, die ihren GOttes⸗Dienst auf eine gewisse Art verrichten, dergleichen Brüderschaften in unserer Römischen Kirchen viele anzutreffen, welche zur Verehrung der Heiligen, um unterschiedliche Sachen von ihnen zu erbitten, gewidmet, und deren so viel, als Geistliche Orden seyn. Wenigstens habe ich viel bekannte Janitscharn / Spahi und andere verehlichte Türcken unter die Jn diesem Orden werden allerhand Manns⸗Personen genommen. sen Leuten / die man Moͤnchen nennet, gesehen, so ihre Raserey mit gemacht, also daß ich nicht unbillig dafür halte, wie ausser den Weibern, welche darzu nicht kommen darfen, allerhand Personen von verschiedenen Alter / Stand und Herkommen, so es begehren, und die Strengigkeit und Pflichten dieses Ordens uͤber sich nehmen wollen / darzu aufgenommen werden. Einige, wie wol gar wenige, sind Von den Türkischen Mönchen. 345 sind in ihrer Tracht den Dervisch nicht viel ungleich gewesen, die nemlich den Reihen gefuͤhrt, und andern mit ihrem Exempel vorgegangen, und von diesen, glaube ich / habe Ricaut, in seiner Ottomannischen Historie, im Ilten Buch / 16ten Capitel gehandelt, wo er schreibt / daß diejenige, welche in diesen Orden tretten wollen, zu anfangs gewisse Proben von Fasten und Enthaltung nach und nach Mässen ihre Speise nach einem Stüͤck Holz. machen müsten. Zu diesen Ende, sagt er, wuͤrde denenjenigen, so aufgenommen worden, ein 400. Drachma oder 50. Unzen schwehres Weiden⸗Holz gegeben, so noch ganz grün ist, welches sie bestäͤndig an ihrem Guͤrtel tragen, und ihre Speise nach dessen Schwehre abwägen, also daß ihre Portion Brod von Tag zu Tag abnimmt, weil auch das Holz, wie leicht zu erachten, täglich truckner und leichter wird. Er gibt auch vor, daß ein jeder des Jahrs einmal Deren Geistliche Ubung. schuldig sey, vierzig Täge auf die geistliche Ubung zu wenden, oder, welches eben so viel, seine Sinne und Gedanken von allen weltlichen Dingen abzuziehen, und einig und allein auf GOTT zu richten. Zu dem Ende werden sie ganz allein in eine Zelle geschlossen, darinnen sie weder die Sonne noch einiges anderes Licht sehen köͤnnen. Den Tag verwenden sie alsdann auf Betrachtungen der himlischen und ewigen Dinge, und was ihnen zu Nachts träumt, beobachten sie gar eigentlich, davon sie ihren Obern mit allen Umstaͤnden genaue Rechenschaft geben, welche es ihnen so dann erklären, damit sie es verstehen moͤgen, woraus sie hernach die kuͤnftigen Dinge beurtheilen und vorsagen. Es nennt sie obgedachter Autor Wein⸗Säufer und arglistige Betrüͤger, die ihre Geheimnisse niemand, als die ihres Ordens sind, offenbahren, uͤbrigens aber alle andere hinter das Licht fuͤhren. Um den Rock tragen sie einen GüͤrHabit. tel, haben lange unbeschohrne Haare, wormit sie von den Dervisch unterschieden werden, als die ganz geschoren sind; von den üͤbrigen Türken distinguiren sie sich damit gleichfalls / weil diese Zöpfe auf Warum sich die Türken Zöpfe am Kopf stehen lassen. den Köͤpfen tragen, damit der Scharf⸗Richter diejenige / so eines gewaltsamen Todes sterben sollen, bey dem Bart zu ergreifen nicht noͤthig habe, wann er nichts anders fäͤnde, woran er die Hand legen könnte; sintemaln die Türken den Bart für heilig halten, und wo einer von denen streitenden Partheyen bey seinem Bart schwehret, und zugleich solchen mit denen Handen ergreift/ mag der andere seine Sache nur für verlohren schätzen. Andere bringen dieser Zöͤpfe wegen Xx 346 Drittes Buch / Neunte Abtheilung / wegen eine andere Ursach vor, wann sie sagen, daß sie darum mit versehen wären, auf daß / wann sie mit dem boͤsen Feind streiten, welcher Streit, nach einiger Meinung, bis auf den jüngsten Tag dauert, ihr guter Engel sie bey demselbigen halten köͤnne, damit sie nicht zur Erden fallen; und dieses bilden sich einige so fest ein, daß sie ihre Pfaffen und die armen Leute, welche darzu gemuͤthet, daß sie für die Eltern und Anverwandten bey dem Grabe beten sollen, viel reichlicher belohnen, wann sie erdichteter Weise behaupten, wie sie gehört, daß die Verstorbene in der Erde ein scharfes Treffen mit dem bösen Feind gehalten, und doch allezeit den Sieg davon getragen hätten.

Jhr Ursprung.Es kamen aber diese Kadriten von dem Chalvetis her, deren sechs verschiedene Gattungen gezehlt werden, nemlich die Nimethulaner / Halender / Edhemiten / Hezreviten / Bectassiten und diese Kadriten / wie sie Ricaut her erzehlt; und wer von deren Reguln und Sitten mehr zu wissen verlangt, kan bey eben Stifter.diesem Autor nachschlagen. Jhr Stifter war ein gewisser Abdul Kadri Ghilani / welcher wegen seiner Klugheit und Mässigkeit in Speiß und Trank in gar grosser Hochachtung bey ihnen stunde; dessen Grab ausserhalb Babylon anzutreffen und von gar vielen besucht wird. Von diesem erzehlen sie, daß er das Wort Ai / welches so viel als lebendig heißt, und eine Goͤttliche Eigenschaft bedeutet, so oft und mit solcher Gewalt und Eifer ausgesprochen / daß davon die Adern auf seiner Brust auf⸗ und das Blut an die Wand gesprungen, welches das Wort Ai zum öftern abgebildet hätte. Seine Schüler wissen es ihn vortrefflich nach zu machen, indem sie nicht nur dieses Wort Ai / sondern auch Allahu / Medad Allah / Rachel Allah / Evick / und andere mehr, die ich eben nicht recht verstehen köͤnnen / weil ich ohne Dolmetschen dazumal zugegen / und nur von einigen aus unsern Adel begleitet gewesen, so stark sie nur immer köͤnnen, ausruffen. Die Moschee zu Tophana ist etwas grösser, als jene zu Pera / wo die Dervisch zu danzen pflegen / und können etliche hundert Personen darinnen Platz finden, ist aber nicht gewölbt, hingegen statt des Gemäͤhls mit Elen langen Buchstaben rings herum beschrieben. Wann nun die / so in diese Gesellschafft aufgenommen sind, sich versammlet, worinnen sie mit GOttesDienst.den Dervisch fast einerley Zeit halten, legt ihr Vorsteher eine Pre digt Von den Tüͤrkischen Mönchen. 347 digt ab; nach solcher steigt er von der Canzel, und begibt sich in die Mitte der Versammlung / alsdann fangen einige / die noch immer auf ihren eingenommenen Stellen still sitzen, an zu singen, doch ohne Musicalische Instrumente, und nicht, wie Ricaut vorgibt, bey dem Gethön der Pfeiffe; unter diesen Singen wanken sie, wie die Gänse, von einer Seiten zur andern / dabey sie dann die Stimme bisweilen erheben, und einen Anfang ihres Heulens machen. Alsdann tretten einige in die Mitte, woselbst es alles mit Lämmer⸗Fellen bedeckt ist, die sie aber mit Händ und Füssen hinweg stossen. Hernach schliessen sie einen Kreiß um ihren Vorsteher, der auf der Erden sitzet, fassen einander bey den Häͤnden, lauffen in der Runde herum, und stimmen ihre Geschrey und Heulen recht an. Hierzu kommen noch viel andere, von einem gleichen Eifer angetrieben / so daß endlich drey, vier und noch mehr grosse Kreise formirt werden, da zuvor nur ein einiger mittelmaͤssiger gewesen. So lang sie noch nicht erhitzt sind, halten sie bey dieser ihrer grossen Narrheit gleichwol gar gute Ordnung, aber nachgehends gehet alles darunter und daruͤber: sie gehen aus ihrer Ordnung, springen in die Unsinnige Bewegung Höhe, legen ihre Arme auf andere/ lauffen wie die unsinnige Bacchus-Priesterinnen herum/ als wann sie naͤrrsch und thöricht waͤren, sie drehen den Kopf wie ein Rad um, legen die Kleider ab, werfen vor Hitze Hüte und Hauben von sich, stossen die Erde mit Füssen / schlagen die Hände in der Lufft zusammen, und bemuͤhen sich dermassen, daß der Schweiß durch alle Glieder dringt, und sie aussehen, wie der Hund, der nach dem Pruͤgel gelauffen; ja es ist diese ihre Bewegung so gar heftig, daß ihnen das Blut zu Mund und Nasen heraus schiesset, machen auch mit ihrem Geschrey, wovon sie zwar vorher etlichmal still gehalten, nicht eher ein Ende, als bis die meisten aus Schwachheit, wie tod darnieder fallen: welche aber noch stäͤrker, und durch diese Strapazzen nicht so gar mit genommen sind, ruffen noch zu guter letzt die zwey Worte: Alla hu / Ob sie ein Clösterliches Leben führen. er ist GOTT/ hundert und siebenzigmal aus, und machen damit ihrer närrschen Andacht ein Ende. Viele halten dafür, daß diejenige, so aus diesen Haufen, der, wie es der Augenschein mit sich bringt, aus allerhand Art Leuten bestehet, ein Clösterliches Leben führen, auch des Nachts zum Beten aufstehen / und davon einen guten Theil mit Herumspringen nach der Pfeiffen, und unaussetzlichen Aus Xx 2 348 Drittes Buch / Neunte Abtheilung / Ausruffung des Worts Ai / zu bringen, ob es nun wahr, kan eben so gewiß nicht behaupten, als dasjenige, was ich selbst mit meinen Augen gesehen / und mit meinen Ohren angehört habe. Dann bey ihren nächtlichen GOttes⸗Dienst bin ich niemal gewesen, und ob mich schon meine Curiosité darzu verleitet hätte, so hat es doch das argwöhnische Gemüth dieses Volks, die Unsicherheit der Strassen, die Finsternis der Nacht und andere Gefahr nicht zu lassen wollen.

Neunte Abtheilung.

Merkwürdige Antiquitäten in Constantinopel. NAch eingenommener Besichtigung der Moscheen und erhaltenen Bericht von der Türckischen Mönche GOttesDienst will ich nun den geneigten Leser auf den RennPlatz und andere merkwüͤrdige Oerter der Stadt fuͤhren, um zugleich einige Stücke des Alterthums, die aus so vielen Stein⸗Haufen des alten Bysanz übergeblieben / gleichfalls vor Augen zu legen. Dabey aber muß man von mir nicht erwarten, daß ich alle Hügel / Gegenden / Götzen⸗ und Wahrsagers⸗Tempel / des Bacchus / Neptunus / der Concordia / des Amphiaraus / der Diana / Venus / des Castor und Pollux / des Hormisda und Justiniani Hauß, den Pallast der Placida / das Rath⸗Hauß des Constantinus / des Samson und Eubulus Spitäler, die Speiß⸗Kammer der Magnatura und Blacherna / die Säulen und Statuen der Fenus aus Cuidus / Juno von Samos / Minerva aus Lydien / der Eudoxia und des Mauritius, nebst tausend andern Sachen auf dem Nagel her erzehlen werde, sondern es mag für diesesmal genug seyn, wann ich die zugespitzte, und noch eine andere ungeheuer grosse zusammen gesetzte Säule / samt einer lang striemichten aus Ertz gegossenen mit meiner Feder entwerfe, als welche alle drey noch heutiges Tags auf dem Renn⸗Platz zu sehen sind; welchen ich noch des Arcadius-Saulen, so auf dem Xerolphus oder siebenden Berg stehet, und noch einige Stücke, die nach der Zeit einer Säule auf dem Hippodromus.Veränderung unterworfen gewesen, beyfügen will. Gleich Anfangs fällt uns die zu gespitzte Saule in die Augen / welche bis jetzo noch mitten auf dem grossen Renn⸗Platz, den die Grichen Hip Von den Merkwürdigk. in der Stadt Constantinopel. 349 Hippodromus nennen, zum Ziel da stehet; ob aber der Kaiser Severus / nachdem er sich mit denen Bysantinern wiederum verglichen, diese Renn⸗Bahn aufgerichtet, welches mit Zonaras alle jüngere Scribenten behaupten; oder ob Kaiser Constantinus der Grosse sie folgends ausgebauet und geziert habe / wie Zosimus, ein alter Geschicht⸗Schreiber vorgibt, davon kan ich nichts gewisses decidiren. So kommen auch die Scribenten wegen der Zeit und des Urhebers so wenig als mit dem zu erst eingenommenen Platz allerdings überein. Die alten Beschreibungen dieses Lands setzen die gespitzte Thebaische viereckichte Saͤule in die fuͤnfte Gegend der Stadt, weswegen viele auf die Gedanken gekommen, es sey selbige nach gehends von Kaiser Theodosius aus jener in die Dritte versetzt worden, wiewol ihn nicht wenige für derer Erbauer selbst halten. Doch gesetzt auch, es habe dergleichen Saͤule in der füͤnften Gegend gestanden / so hat gleichwol diese von erst gemeldtem Kaiser in der dritten können aufgerichtet und noch eine andere von Herrn Anton Prioli nacher Venedig gebracht werden. Es ist Deren Materie. aber diese Säule aus Thebaischen Stein gemacht, und siehet aus / als ob es von unterschiedlichen Stuͤcken Marmel zusammen gesetzt wäre, die weiß nicht durch was für eine Kunst an einander befestiget worden, es muͤste dann seyn / daß es vermittelst des SeeWassers geschehen, als durch welches ich allerhand Muscheln, Austern Schwammen und andere dergleichen Sachen in Stein verwandelt gesehen. Jhre Figur, wie schon gemeldet, ist viereckicht, und völlig mit Hieroglyphischer Schrifft, (deren Bilder eine verborgene Bedeutung haben,) umschrieben. Eine jede Seite ist unten Grösse. ungefehr sechs Werk⸗Schuh breit; die Säulen selbst aber stehet auf vier von Ertz gegossenen Würfeln / die auf dem Fuß oder Blatten der Saͤulen an den vier Ecken liegen / und anderthalb Schuh breit und hoch sind, auf denen so dann diese ganze Lust ruhet. An den Seiten der Fuß⸗Blatten siehet man auch unterschiedliche Bilder die theils Röcke / theils Schilder tragen, nicht weniger mit zwey und vier Pferden bespannte Wäͤgen, Mäͤnner, und danzende auf Cymbeln spielende Weiber; auf derjenigen aber, die gegen Aufgang siehet, lieset man folgendes Lateinisches Epigramma, wovon zwar die Buchstaben schon etwas ausgeloͤscht, jedoch noch also beschaffen sind, Xx 3 350 Drittes Buch / Neunte Abtheilung / sind, daß man sie zusammen setzen und lesen kan / der Jnhalt davon lautet also:

Difficilis Quondam Dominis Parere Serenis, Jussus Et Extinctis Palmam Portare Tyrannis, Omnia Theodosio Cedunt: Subolique Perenni; Ter Denis sic Victus Ego Duobusque Diebus, Judice Sub Proclo Sublime Elatus Ad Auras.

Es hat zwar Peter Gyll das Wörtlein Ego in dem vierten Vers ausgelassen, welches ich aber mit noch viel andern gar deutlich lesen können; es müste dann sey, daß man es nur für einen Druck⸗Fehler halten wolte. Ein anderer aus den neuern hat sich unterstanden, den Vers noch besser zu machen, und deswegen an statt duobusque, domitusque gesetzt, dieses aber wider die Meinung des Verfassers vorgenommen, wie aus der Grichischen Aufschrift zu lesen / welche auf der Seite gegen Niedergang in nachfolgenden Worten enthalten ist.

ΚΙΟΝΑ ΤΕΥΡΑΠΛΕΥΡΟΝ ΑΕΙΧΘΟΝΙ ΚΕΙΜΕΝΟΝ ΑΧΘΟΣ ΜΟΥΝΑΣ ΑΝΑΣΤΗΣΑΣMOTNAX ANAZTHΣAΣ ΘΕΥΔΟΣΙΟΣ ΒΑΣΙΛΕΥΣ ΤΟΛΜΗΣΑΣ ΠΡΟΚΛΟΣ ΕΠΕΚΛΕΤΟ ΚΑΙ ΤΟΣΟΣ ΕΣΤΗ ΚΙΩΝ ΗΛΙΟΙΣ ΕΝ ΤΡΙΑΚΟΝΤΑ ΔΥΩ.

Wer noch mehrere Nachricht von dieser Saͤule Höͤhe, Anzahl der Treppen bis an die Blatte, Herfürrachung, von dem Fuß, Striemen, Ecksteinen / Gesimß und andern Zierrath zu wissen verlangt, nicht weniger auch, was es füͤr eine Beschaffenheit mit der Vitruvianischen Kunst habe, dem kan besagter Gyll vollkommene Satisfaction geben.

Der Colossus.Etwas zur Rechten gegen den Sieben⸗Thüͤrnen zu stehet der Colossus/ oder die aus Quater⸗Stüͤcken zusammen gesetzte Säule, welche an der Höhe die vorige weit uͤbertrifft. Von dieser wollen die Scribenten behaupten / daß sie vor Zeiten mit kupfernen Blatten überlegt gewesen, und nehmen den Beweiß hierzu aus den an dem Fuß ausgehauenen Grichischen Versen, die man vor noch nicht gar zwey hundert Jahren daran lesen kunte; man siehet aber nun nichts mehr, als das innere steinere Wesen, das auf einem viereckichten Marmel⸗steinern Fuß ruhet, der sieben Schuh und drey Queer⸗Finger in der Höhe / und 104. Schuh in der Breiten hat: sie ist an vielen Orten durchbohrt, weil vor Zeiten eiserne Stangen dardurch ge zogen Von den Merkwuͤrdigk. in der Stadt Constantinopel. 351 zogen und mit Bley vergossen waren, womit das ganze Werk zusammen gehalten war; von ihrem uͤbrigen Schmuck aber ist sie durch die Zeit und der Barbarn Hände voͤllig entbloͤßt worden, und hat dieser Colossus mit jenem Welt⸗Beruͤhmten zu Rhodis gleiches Glück gehabt, als der zu Zeiten der Regierung Constans, des Heraclius Enkel, der von den Agarensern / nachdem er 1300. Schwehre des Colossus zu Rhodis. Jahr gestanden, verkauft worden; da dann ein gewisser Emesenischer Jud / der solchen an sich gehandelt / das Ertz davon auf 900. Cameln wegtragen lassen.

Nicht weit von hier, fast in gleicher Ordnung, siehet man noch eine andere Saͤule / die aus Ertz gegossen, und dreyeckicht, wie drey Schlangen um einander gewunden ist. Das oben darauf gestandeEine andere dreyfache gewundene Säule. ne dreyfache Haupt, welches weit uͤber die Saͤulen hinaus gegangen, ist vor Jahren bey ganz heitern und stillen Wetter, ohne einige Gewalt oder wenig entstandenes Erdbeben, von freyen Stucken herunter gefallen, weswegen es in den Kaiserlichen Pallast gebracht worden, wo es auch noch immer verwahret wird, es muste dann seyn, daß man es nach der Zeit in den Schmelz⸗Ofen geworfen, und Stücke daraus giessen lassen, wie dann ebenfalls des Kaisers Justiniani überaus grosses Bildnis zu Pferd, das an Schönheit kaum seines gleichen hatte, ist metamorphisirt und in den Krieg geschickt worden; was Wunder nun, wann erst neulich das GießHauß durch ein entsetzliches Feuer im Rauch aufgangen? es muste ja allerdings die leichtsinnige Verheerung so kostbarer Alterthümer auf solche Weise gerochen werden: Wie wol man auch sagen kan, daß das Bildnis Justiniani eben so wol zur Rache über einen Haufen geschmissen, und das vom bemeldten Kaiser dem Theodosius angethanenes Unrecht von diesen Barbarn gerochen worden, als welcher gleichfalls dessen von seinem Sohn Arcadius zu Ehren aufgerichtete Statue / die, ohne das Bley von unschätzbaren Gewicht, sieben tausend und vier hundert Pfund an Silber gewogen / abwerfen und plündern lassen. Man hat um dieses so unversehenen Falls alle Wahrsager zu Rath gezogen, es hat sich aber noch keiner gefunden, der die Bedeutung davon haͤtte geben koͤnnen. So ist auch nicht weniger zweifelhaftig, von wem, oder um was für einer Ursach willen solche aufgerichtet worden; wiewol sich einige finden / welche behaupten wollen, daß man solche den Beherr schern 352 Drittes Buch, Neunte Abtheilung / Von wem und warum sie aufgerichtet worden.schern des alten Byzans zu Ehren aufgestellt / und daß mit denen dreyen Köpfen ihre Herrschaft über Europa / Asia und Africa angezeigt wäre, als wohin dieselbe ihre Augen gerichtet haͤtten: nebst diesen geben die Einwohner zu Constantinopel noch viel Fabelhaftes von diesen Säulen vor / weil sie in den Geschichten ihrer Vor Ob ein Drey Fuß darinnen aufbehalten worden.Eltern gar schlecht erfahren sind. Einige, unter welchen Zosimus sich befindet, glauben, daß darinnen der Drey⸗Fuß mit des Apollo Bildnis gewesen sey: Sozomenus von Salamin gehet hierinnen noch weiter, und will, daß es selbst der guldene Drey⸗Fuß zu Delphos gewesen, welchen Pausanias der Spartaner / und andere Grichische Städte, nach gluͤcklich beygelegten Medischen Krieg, dem Apollo zu Delphos geopfert hatten. Eusebius gibt solchen für den Pythinischen aus, als um welchen man eine Schlange im Kreiß herum zu winden pflegen, und also wahrscheinlich heraus komme, daß solcher Drey⸗Fuß in dieser drey⸗koͤpfigten Saͤulen aufbehalten worden, gleichwie es auch zu Delphos geschehen / wie Herodotus berichtet, daß sie von dem Zehenden der Persianischen Beut einen guldenen Drey⸗Fuß verfertigen lassen, und in Delphos über eine drey⸗koͤpfigte Schlange gestellt hatten; so erzehlt er auch, daß, als die Persier in Böotien bey der Stadt Platea geschlagen worden, man daselbst einen guldenen Drey⸗Fuß gefunden und dem Götzen zu Delphos übergeben, welcher bey einem Altar auf einer dreyfachen ahrnen Schlange aufgestellet war. Es vermeinen auch einige, daß eben diese Saͤule ehedessen uͤberguldt gewesen, aber dieses Zierraths von den Tuͤrken beraubt worden; hingegen bezeugt Pausanias gar deutlich / daß man schon viele Jahre vor der Türken Herrschaft dieselbige dieses Schmucks beraubt habe. Er sagt, es hätten die Grichen nach der Schlacht bey Platea ein allgemeines Opfer mit einem guldenen Drey⸗Fuß, der von einem ehrnen Drachen unterstuͤtzt gewesen abgestattet; daran das Ertz noch zu den Zeiten des Pausanias unversehrt geblieben, das Gold aber häͤtten die Phocensischen Feld⸗Herrn auf die Seite geschafft.

Des Kaiser Arcadius Säulen.Die vierte Saͤule ist diejenige, so dem Kaiser Arcadius zu Ehren auf dem siebenden Hügel, an der Strasse, wo man von Adrianopel nach dem Hippodromus gehet, aufgerichtet worden und von welcher ich bey Anfang des Zweyten Buchs gemeldet / daß sie Von den Stadt⸗Märkten und Bezestenen in Constant. 353 sie mit vielen eisernen Ringen umgeben wäre / weil sie die öftern ErdBeben gar sehr erschüttert hätten: es haben mir zwar die Türken solche auch die Justinianische genennt, allein daß es dieselbige nicht seyn kan / ist aus dem Peter Gyll, einen accuraten und auf die Antiquitäten gar sehr erpichten Scribenten, erweißlich, als welcher behauptet / daß sie schon zu seiner Zeit, und also vor anderthalb hundert Jahren, weggenommen worden; dann da sie dreyssig ganzer Jahr vorher bis auf die Fuß⸗Platten abgetragen, und alles Ertzes, samt dem Pferd und Bildnis des Justinianus beraubt worden, haben sie endlich die Tüͤrken völlig zu Grund gerichtet, also daß man nun an statt der Platten einen Brunnen⸗Kasten daselbst stehen siehet, womit das aus dem Brunnen springende Wasser aufbehalten wird. Aber es ist so wie ich schon öfters gemeldet, daß die Türken in der Historie und Zeit⸗Rechnung die gröͤsten Ignoranten sind, und sich es nicht ungereimt duͤnken lassen, wann sie vorgeben, daß Samson mit Philippus den Grossen/ König in Macedonien gestritten, und der König Salomo den Egyptischen Joseph zum Hof⸗Meister gehabt, und was dergleichen ungereimtes Zeich noch mehr seyn mag.

Zehende Abtheilung.

DEn 24. und 31. December, als den Tag vor WeyhGratulationsComplimenten wegen eingetrettener Ferien. nachten und Neuen Jahr, kam der Patriarch der Grichischen Kirche, der Ertz⸗Bischoff von Ancyra / wie auch die ganze Französische, Engelländische, Venetianische und Holländische Nation, mit den Canzlern und Secretairs ihrer Gesandtschafften zu dem Herrn Groß⸗Botschafter / um so wol ihre Gratulation zu den instehenden Christ⸗Ferien, als auch dem Eintritt des neuen Jahrs abzulegen; weswegen Se. Excellentz hinwiederum den Herrn von Dierling mit zween aus dem Adel nemlich dem Herrn von Jmhof und Klimberg / samt den Canzelisten von dem Hof⸗Kriegs⸗Rath, Eurich und Kastner / dem Cassirer Hn. Cramer / dem Dolmetschen, Sprach⸗Knaben, und einigen andern aus unserer Suite abfertigten, bey denen Gesandtschafften ein gleiches zu verrichten. Jhro Hochwüͤrden Hr. Abt von Domben hat so wol in der Christ Yy 354 Drittes Buch / Zehende Abtheilung / Christ⸗Nacht als am neuen Jahrs⸗Tag bey den Jesuitern das hohe Amt gehalten; und der meiste Adel nach gepflogener Andacht in der Hof⸗Capell des Französischen Gesandten bey besagten Cavalier das Früh⸗Stuck eingenommen: es wurde auch eben am Heil. ChristFest die Franciscaner⸗Kirche, nachdem sie vierzig Tag verschlossen Bewegliche geistliche Reden des Herrn Botschafters an den Groß⸗Vizir.gewesen, zum erstenmal wieder eröfnet. Am eben selbigen Tag verfüͤgte sich der Hr. Botschafter in Kaiserlichen Affairen mit dem Hn. von Jmhof und Dolmetsch Hn. Theyls bey Regen und SchneeWetter über den Canal zum Groß⸗Vizir; als es nun daselbst ungefehr Gelegenheit gab, von der Heiligkeit dieses Tags zu reden, an welchem unsere durch den leidigen Suͤnden⸗Fall unserer ersten Eltern sehr verfallene Sachen, zu deren Herstellung vor menschlichen Augen keine Hofnung mehr übrig war, wiederum in guten Stand gebracht und der Anfang unseres Heyls gemacht worden, hat solches diesen Barbarn dermassen bewegt, daß er sich in sein Apartement begeben, und daselbst sein Gebet deswegen zu dem barmherzigen GOTT abgeschicket. Nach des Herrn Botschafters Zuruckkunft haben diejenige / so mit Jhm zu Constantinopel gewesen / in seinem Zimmer das Mittagmal eingenommen. Dessen Eifer für seine Religion.Am Fest des Heil. Ertz⸗Märtyers Stephanus bezeigten Se. Excellenz einen besondern Gerechtigkeits⸗Eifer für die Römisch⸗Catholische Religion; dann als einer aus dem Adel, so unserer Religion nicht zugethan war / bey dem Französischen Gesandten nächtlicher Weil den GOttes⸗Dienst beygewohnt, und doch die gebuͤhrende Ehrerbietung nicht dabey bezeigt / sondern aller ergangenen Vermahnung ungeachtet unsere Ceremonien schimpflichund ärgerlicher Weise durchgezogen, liessen Sie ihm gleich des andern Tags den Hof so lang verbieten / bis er zu bessern Gedanken kommen, sein Unrecht erkennen, und zur Besserung gute Hofnung von sich geben mögte. Um diese Zeit so wol des noch wehrenden Altens / als eingetrettenen Neuen Jahrs sind viele Tüͤrkische und Französische Schiffe, die bishero widrigen Wind gehabt, endlich im Hafen glücklich eingelauffen: Unser Adel hat sich öͤfters zu Galata eingefunden, der Herr Botschafter aber zum öͤftern die andern Gesandten nebst ihren Gemahlinnen so wol zu Mittag als Abends tractirt, wobey die angestellten Ball bis in die spate Nacht gedauert: so haben auch Se. Excellenz bey dem Moufti und Ni Von den Stadt⸗Märkten oder Bezestenen in Const. 355 Nischanschi Bascha ihre Visite abgelegt / welcher letztere ihme eine Türkische Flinte von damascenirten Schmeltz⸗Werk und sehr rarer Arbeit verehret. Es liessen sich auch dieselbige gefallen / die Stadt⸗Märkte in Constantinopel / so die Türken Bezestene Bezesten oder MarktPlätze in Constantinopel. nennen, zu besehen. Solche aber sind gewisse von andern Gebäuen abgesonderte und gewoͤlbte Plätze, die zugleich mit einer hohen Mauer wider das Feuer versehen, allwo der Kauf⸗Handel von den Türken / Juden / Grichen und Armeniern getrieben wird / und einer jedweden Nation und Sache ihre gewisse Stelle angewiesen ist: wovon in grossen Städten unterschiedliche / in kleinen aber nur ein einiges derselben anzutreffen. Zu Constantinopel findet sich nebst des Groß⸗Vizirs und der Kaiserin Wald⸗Bezesten / und noch einigen, die ich nicht zu nennen weiß, eine von solcher Grösse, daß sie einer mittelmäͤssigen Stadt nicht ungleich siehet. Hierinnen kommen nun täglich sehr viele Käuffer und Verkäuffer zusammen, um ihre Sachen loß zu schlagen, oder andere benoͤthigte einzuhandeln. Diese Kauf⸗Häuser sind mit eisernen Thoren versehen, welche zu gewissen Zeiten des Tags auf und zu geschlossen werden: hingegen hält sich bey Nachts niemand darinnen auf / sondern bleiben alle Kram⸗Läden verschlossen. Die Wächter muͤssen hierauf fleissig acht geben / damit, wo Feuers⸗Gefahr entstehen solte / sie noch zu rechter Zeit davor seyn, dabey aber auch zugleich die Diebe abhalten, wo einige sich so verwegen bezeigen und die Wäͤnde und Läden zu durchbrechen unterstehen solten. Wann diese Läden nicht geöfnet Werden zur Zeit der Aufruhr nicht eröfnet. werden, ist es ein unfehlbares Kennzeichen, daß eine Aufruhr unter dem Volk vorhanden, und haben diejenige alsdann hohe Zeit sich mit der Flucht zu salviren, die sich nichts guts bewust sind, oder wegen allzu grosser Gunst des Kaisers sich bey jenen verhaßt gemacht, oder sonsten viele Feinde haben. Der jetzt regierende KaiEin Exempel davon zu dieses Sultans Zeiten. ser hat vor ungefehr 14. Jahren solches gleichfalls innen worden, als er seines Bruders Mustapha jüngern Sohn, der nebst seinen zwey andern Brüdern unter der Janitscharn Vormundschaft stehet / hinzurichten gedachte: dann diesen lassen sich die Janitscharn wegen seiner Freygebigkeit und sanftmuͤthigen Wesen besonders recommendirt seyn / und duͤrfte er nach des gegenwäͤrtigen Kaisers Tod oder erfolgter Dethronisirung noch wol auf den Thron kommen. Dann Yy 2 356 Drittes Buch / Eilfte Abtheilung / Dann obschon die Regierung bey dem Ottomannischen Geschlecht beständig verbleibt / so kommt doch gemeiniglich derjenige darzu / dem die Janitscharn wol wollen, also daß öͤfters ein Solcher Kaiser wird, dessen Vater den Kaiserlichen Thron niemal bestiegen, wann er nur einer von des Ottomanns Nachkommen ist, da alsdann die wuͤrklich Kaiserliche Prinzen alle das Nachsehen haben muͤssen, welche aber gleichwol um den Namen zu erhalten, in dem Serrallien vermoͤg ihres Gesetzes die Verpflegung finden. Zwar in den zehen ersten Jahren verbleiben sie bey ihrer Kaiserlichen Frau Mutter/ nach deren Verfliessung sie denen Hodgias oder Lehrern Verfahren des Sultans mit ihres Bruders Kindern.zur Auferziehung anvertrauet werden. Es pflegen aber die regierenden Türkischen Kaisere ihres Bruders Kinder insgemein / wann es ihnen nur möglich, mit Gift heimlich aus dem Weeg zu räumen, oder auch bey der geringsten Schein⸗Ursach öfentlich hinrichten zu lassen; wann sie aber erwachsen, legen sie ihnen ein paar alte Weiber zu, welche ihnen zur Lust, aber nicht mehr zum Kinder zeugen dienen können, damit sie nemlich sich, füͤr sich und ihre Kinder / des Throns desto gewisser versichern möͤgen. Es ist aber die erstgedachte Aufruhr durch des Groß⸗Vizirs und Janitscharn Aga ungemeine Sorgfalt bald wieder gestillt worden; sintemaln diese beide die Stadt durch geritten, und alle zusamm rottirte Soldaten⸗Haufen wieder aus einander gejagt, so daß in zwey Stunden alles ruhig gewesen, und die Bezesten wiederum offen gestanden. Dieser Groß⸗Vizir hat gar oft in Gewohnheit, mit seinen Leuten die Stadt durch zu reiten, und wo er einige verdächtige Janitscharn beysammen stehen und mit einander reden siehet / gibt Er alsobald ein Zeichen, und läßt ohne weitern Process ihnen die Koͤpfe vor die Fuͤsse legen.

Eilfte Abtheilung.

DJeses 1720te Jahr hat mit einem unfreundlichen Schnee⸗ und Regen⸗Wetter den Anfang genommen; und den 4ten Januarj haben einige aus unserer Gesandtschaft sich in die Stadt begeben, an dem bey den Grichen damals eingefallenen Weyhnacht⸗Fest, welches sie eilf Tag später als wir zu feyren pflegen, die Kirchen-Ceremonien mit anzusehen. Welche zu Jerusa lem Von der Carnivals Lust, u. Abbrennung des Gießhauses. 357 lem gewesen, wissen zu erzehlen / daß die Grichischen Priester von Fabel von einem H. Feuer zu Jerusalem. einem heiligen Feuer etwas erdichten, und das Volk damit hintergehen: Sie sagen, daß dasselbige in der Mitternacht⸗Stund von Himmel angebrandt werde, mit welcher Fabel aber die etwas kluͤgern Leute sich nicht mehr wollen betruͤgen lassen/ als die gar wol wissen / daß ihre Priester sich hinter den Vorhang verbergen, das Feuer unter ihre Roͤcke stecken, womit sie alsdann die ausgeloͤschten Kerzen und Lampen wieder anzünden; doch wird gleichwol der gemeine Pöbel noch immer damit hinter das Licht gefuͤhrt. Heute ist abermal in der Stadt Constantinopel eine Feuers⸗Brunst entFeuersBrunst. standen / aber doch ohne sonderbaren Schaden / ausser daß eines Tefterdars Serrallien mit noch wenig andern Haͤusern abgebron Der Kaiser / GroßVizir und andere Vornehme finden sich bey den FeuersBrünsten ein. nen, wieder gelöͤscht worden. Bey dergleichen Gelegenheit, wann in der Stadt oder über dem Canal im Zeug⸗Hauß ein Feuer auskommt, pflegt der Kaiser / der Groß⸗Vizir / der Janitscharn Aga / Bostanchi Bascha / die Baltagi und Topchi Baschi mit ihren Leuten allezeit darbey zu seyn, um damit ihre Sorgfalt für die gemeine Wolfarth zu bezeigen / und nicht nur die Leute zur Arbeit aufzumuntern, sondern auch das Volk von aller Unordnung abzuhalten: Welche sie alsdann in Niederreissung der Häͤuser / als der Türken einiges Mittel, die Brunst zu hemmen, vor andern geschäftig sehen / denen geben sie einige Verehrung, und pflegen auch, wann sie wieder nach Hauß kehren, Geld unter das Volk auszuwerfen. Hierauf muß aber der Groß⸗Vizir allezeit eher als der Groß⸗Vizir muß eher als der Sultan zu gegen seyn. Sultan auf dem Platz seyn, um das Volk in Ruhe zu setzen; wuͤrde es anders eintreffen, und dieser sich eher einfinden, stuͤnde der Groß⸗Vizir in Gefahr / daß er den Kopf darüͤber verliehren duͤrfte. Um dieser Ursach willen haͤlt er immerzu ein Pferd in Bereitschaft, damit er sich dessen bey ereigneten Nothfall alsobald bedienen kan, wie dann auch eine Belohnung darauf gesetzt ist, welcher dergleichen Zufall dem Groß⸗Vizir zu erst anzeigt. Kurz vor unserer Ankunft in dem Lager hat sich zugetragen, daß er bey einer entstandenen Feuers⸗Brunst in der Stadt etliche Augenblick späͤter als der Kaiser gekommen, woruͤber er bey nahe das Leben lassen muͤssen, und würde ihn kaum etwas anders als eine vorgewendte höͤchst⸗wichtige Verrichtung, woran des Reichs Wolfarth eben so wol gelegen war / dißfalls entschuldigt haben.

Den Yy 3

358 Drittes Buch / Eilfte Abtheilung / Den 6ten Jener / am H. drey König Tag / ist nach einer lang Ein Licentiatus Juri stirbt bey der Gesandschaft. wierigen Krankheit und vielen erlittenen Schmerzen ein bey dem Hrn. Demerath in Condition gestandener gebohrner Luxemburger gestorben, ein braver Mensch und eines bessern Glüͤcks wol wuͤrdig, wo er nur länger gelebt hätte, war auch bereits schon Licentiat; wie ihn dann auch jedermann / der ihn nach seinen besondern Leibsund Gemüths⸗Gaben, und guter Wissenschaft in Sprachen gekannt, herzlich bedauret: er verstunde sich anbey auf das Danzen und Fechten dermassen, daß er auch andern darinnen Lectiones gab, und bezeugte nicht weniger in denen uͤbrigen Adelichen Exercitiis eine grosse Erfahrenheit. Den 7ten Jenner und die schon vorhergehende Täge ist ein so grosser Schnee gefallen, als hier zu Land bey Manns⸗Gedenken nicht geschehen. Eben an diesem Tag Angehende Carneval-Lust. haben die Franzosen in dem Königlichen Pallast zu Pera in Gegenwart aller andern ausländischen Gesandten und des sämtlichen Teutschen / Engelländischen, Venetianischen und Holländischen Adels / nebst unterschiedlichen auserlesenen Grichischen Frauenzimmer eine Französische Comœdie agirt / welche sie die gezwungene Heyrath betitult, und nachgehends noch öfters samt mehr andern so wol Französischen als Jtaliänischen die Faschings⸗Zeit durch / denen Fremden zu Ehren aufgeführt, woran auch die Zuschauer ein sonderbahres Vergnügen bezeigt, und die Nation nebst denen Comœdianten sich damit uͤberaus recommandirt haben. Nach der Comœdie wurde ein Ball und nach diesem eine prächtige Abendmahlzeit gegeben und alsdann diese Solennitæt mit einem Danz abermal geschlossen, so aber gemeiniglich tief in die Nacht und wol erst bis gegen Tag angehalten. Bey dieser Gelegenheit haben viele die Grichische Art zu danzen begriffen, welches an den Teutschen nicht uͤbel gelassen, und werden sie wol diese Mode mit in ihr Vatterland bringen, als eine Sache, welche dem sonst an guten Kuͤnsten und Wissenschaften sehr fruchtbarn Grichenland noch allein übrig geblieben. Als den 11ten dito einige von den unsrigen auf der Jagd gewesen, kam der so lang ge Angekommener Courier. wünschte Kaiserliche Courier Theodor Constanza / zu Pera gebürtig, von Wien an / nachdem er wegen des schlimmen Weges und tiefen Schnees vier Wochen auf der Reiß zugebracht, die er sonst in 14. Tägen zuruck legen können. Selbiger hatte viele Brief Von der Carnivals⸗Lust / u. Abbrennung des Gießhauses. 359 Brieffe von guten Freunden und Anverwandten bey sich, die wir gestern schon vermuthet hatten, als der Chiaus, der die neulich von hier zu Pferd abgegangene Lieutenants von dem Hohen⸗Zollerischen Regiment bis an die Gränze begleitet / bey uns wieder angelangt; wir erhielten zugleich die höchst erwüͤnschte Nachricht, daß wir bald wieder in unser liebstes Vatterland zuruck kehren wuͤrden, wie wir dann für der Türkischen Aufführung und allen andern Sachen in der Türkey schon längst einen Eckel bekommen; wir sind aber in dieser Hoffnung durch die des folgenden Tags von dem Tuͤrkischen Botschafter zu Wien an hiesigen Hof abgeschickte Schreiben noch mehr gesterkt worden.

Den 14. dito hat Herr Schmid / des Herrn GroßJemand aus der Gesandschaft bekommt die Prinzessin des Tartar Haans und eines Bascha Weib zu sehen. Botschafters Mahler / bey Gelegenheit einiger durch den Französischen Gesandten auf Köͤniglichen Befehl der Prinzessin des Tartar Hans gemachten Presenten, die Ehre gehabt / so wol vor Sie als auch noch eines andern Bascha Weib zu kommen; dann weil der Herr Gesandte solche durch seinen Leib⸗Arzt den Herrn Dumasrambois überschicket, hat sich jener durch eine untadeliche Verstellung gleichfalls fur einen Arzt ausgegeben, und sich damit rühmen können, daß er der einige aus unserer ganzen Suite gewesen, so in der Türkey ein vornehmes Türkisches Frauenzimmer gesehen. Man muß aber wissen, daß nur allein die Aerzte die ErAerzte bekommen das Frauenzimmer in der Türkey am ersten zu sehen. laubnuͤß haben, sich dem Türkischen Frauenzimmer zu nahen, wann ihnen eine Krankheit zu gestossen; wiewol / wann die Männer argwöhnisch sind, sie solche auch zu der Zeit nicht einmal zu sehen bekommen, sondern nur den Puls greiffen dörfen, da ihnen im übrigen das Gesicht mit einem Schleyer bedeckt ist. Als sie bey der ersten angelanget, welche an dem Canal des Schwarzen Meers wohnte / hat ihr Hof⸗Meister alsobald einen Zettel an sie geschrieben, worauf eine von ihren Mägden in ihren Namen geantwortet / und damit verlangt, daß die Geschencke so gleich vor sie gebracht werden solten, dafür sie dann jedem ein schoͤn gesticktes Tüchlein verehrt hatte. Sie hat sich aber auch auf ihr bezeigtes Verlangen auf einem nach Landes Gewohnheit kostbaren Sofaus, unter vielen um sie herumstehenden Sclavinnen, gezeigt, welche alle ihr Angesicht verhüͤllt, sie aber dasselbige nur allein unbedeckt gelassen; sie durften sie aber nur im Vorbeygehen betrachten, indem sie 360 Drittes Buch / Eilfte Abtheilung / sie zu einer Thür hinein⸗ und durch die andere wieder hinaus gefüͤhret worden, wobey die Prinzeßin, zum Zeichen ihrer Gewogenheit, die lin Warum die Franzosen dieser Prinzeßin ein Present gemacht. ke Hand auf die Brust geleget. Die Ursach aber, warum die Franzosen auf diese Scythier so grossen Regard machen, ist keine andere, als weil sie Handelschaft mit einander treiben, und daraus ihren Profit ziehen; im übrigen aber achten sie dieses wilde und Barbarische Volk nicht viel, bezeigen auch weder Furcht noch Liebe gegen dieselbige. Es erzehlte uns Herr Schmied / daß des Bascha Weib von einer solchen extraordinairen Schöͤnheit gewesen, daß ein anderer Paris kein Bedenken haben würde, um ihrent willen nochmaln ein Troja in die Schanz zu schlagen. Dieser letztern ihre Sclavinnen giengen nicht verhuͤllet/ sondern alle mit entbloͤßten Angesichten, und damit er sich derselbigen naͤhern duͤrfen, hat er sich ordentlich als ein Medicus angestellt, und ihr den Puls begriffen, als ob er in der Kunst aufs beste erfahren wäre, wie es dann auch diese Patientin wuͤrklich geglaubt / und dem Herrn Dumasrambois zu verstehen geben, wie sie diesen Herrn für einen gar guten Practicum hielte.

Jn der Nacht zwischen den 14 und 15ten hat sich wieder ein FeuersBrunst zu Tophana.schädliches und gleichsam Trojanisches Feuer præsentirt, sintemaln in der Vorstadt Tophana, ohnweit unserer Bewohnung, und nur etwas über den Berg herab, das Gieß⸗Haus in Brand gerathen; und weil für 180. oder, nach einiger Vorgeben, gar für 500. Stuck zerschmolzenes Erz, nebst einer Menge Holz und Kohlen beysammen war, hat es eine solche Flamme verursachet, daß ich in meinem Zimmer in selbiger Nacht so gut als bey hellem Tag alles deutlich lesen köͤnnen, ob schon unser Logis noch mehr als eine viertel Stund von dar entlegen war. Es ließ dermassen entsetzlich, daß es schiene, als wann man mitten in den Feuer speyenden Berg Ætna hinein sehete, und selbiger nichts als Pech, Schwefel und bis in die Luft steigende Flammen auswerfete, und dieses fuͤrchterliche Spectacul zeigte sich so oft / als ein halb⸗verbrandtes Stuck von dem Gebäu durch die darauf liegende Last nieder gerissen worden, oder das geschmolzene Metall die Oefen zersprengt, so zugleich einen abscheulichen Rauch darmit verursachet. Gleich nach Mittag sahe man in der Luft eine dicke schwarze Wolken, die sich aus dem zerflossenen Eisen, Erz, Bley und vielerley Pech zusammen gezo Von der Carnivals⸗Lust, u. Abbrennung des Gießhauses. 361 gezogen, und gerad ober dem Gieß⸗Haus lange Zeit præsentirt, woraus viele ein böses Zeichen und schlimme Vorbedeutung haben schliessen wollen. Die Botschaft selbst war hierbey nicht ausser aller Gefahr, doch hat der noch auf den Dächern liegende Schnee und das Wind⸗stille Wetter ferneres Unheil abgehalten, welches sonsten nicht allein durch die Brunst, sondern auch der Janitscharn Muthwillen und Rauberey, die bey dergleichen Gelegenheit überaus groß zu seyn pfleget, hätte entstehen und gar leicht geschehen können, daß diese ganze Vorstadt, wie vor wenig Jahren Galata mit allen benachbarten Oertern innerhalb 11. Stunden / im Rauch aufgegangen wäre, wofern sich einiger Wind spuͤhren lassen. Der Herr Groß⸗Botschafter, so bey aller Gelegenheit von guter Resolution war, liese auch hier die geringste Unruhe in seinem Gemüth nicht merken, sondern suchte seine Schrifften, woran am meinsten gelegen war, zusammen, verschloß sie in eine Kiste, und sahe dem Brand lange Zeit aus dem Fenster zu / um den Ausgang zu erwarten / und bey noch grösserer Gefahr solche an ein sicheres Ort zu schaffen. Nach dem sich aber das Feuer wieder in etwas gelegt, und nichts sonderliches mehr zu besorgen war, hat Er sich, doch nicht anders als in den Kleidern, zu Bette begeben, damit Er auf allen Fall gleich fertig seyn moͤgte. Die Franzoͤsische Gesandtschaft war noch in gröͤsserer Noth, weil sie derselbigen Gegend um etwas naͤher gele Groß⸗Vizir hat nicht nöthig / um einer Feuers Brunst willen über den Canal zu gehen.gen, als welche Wohnung oben auf dem Berg stunde. Der GroßVizir fand sich hier alsobald ein/ nicht so wol um vor angefüͤhrter Ursachen willen, weil Er nicht obligirt ist, wo Er es nicht freywillig thun will / über den Canal zu setzen, sondern seine Pflicht erfordert nur / bey denen in der Stadt entstehenden Feuers⸗Brunsten gegenwärtig zu seyn, was aber die Vor⸗Städte anbelangt / über läßt er diese Sorgfalt denen Vorstehern solcher Oerter und Quartier⸗Meistern; diesesmal aber hat Er es gethan, um durch seine Gegenwart die Kaiserliche Botschaft in Sicherheit zu setzen. Der Topchi Baschi / welcher bey dem ohnlängst in der Stadt entstandenen Brand einen Schaden am Fuß bekommen, hat sich aus seinem Hauß / so nicht weit von dem Gieß⸗Hauß weg stunde, in ein anderes tragen lassen / wo er vor der Wuth des Feuers sicherer seyn kunte, deme auch der Groß⸗Vizir wegen seiner bey anderen Occasionen erkannten Treue und Sorgfalt für des gemei nen Zz 362 Drittes Buch Zwölfte Abtheilung / Tröstet den Topchi Baschi. nen Wesens und des Reichs Wolfarth getröstet und versprochen / daß nechstens ein anderes und besseres an dessen Stelle solte gebauet werden; wormit dann die faͤlschlich unter die Leute gebrachten Reden wiederlegt werden, da man vorgeben wollen/ als ob er mit Gewalt nach Constantinopel in das Gefaͤngnuͤß gefuͤhrt und in Eisen und Banden geschlagen worden: wiewol dieses das groͤßte Glück für ihm war / daß er einen beschädigten Fuß gehabt, den er in Diensten für das gemeine Wesen bekommen; und dann auch, daß er an dem Groß⸗Vizir einen solchen Mann gefunden / der ihm nicht feind und jederzeit ein Liebhaber der Gerechtigkeit gewesen. Son Schärfe der Türken bey einigem Versehen. sten aber pflegen die Türken auch denen um das gemeine Wesen best verdienten Leuten nicht leicht durch die Finger zu sehen / wann sie solche absonderlich wegen einer mit untergelaufenen Untreu und Nachlässigkeit in Verdacht haben, und erwegen nicht, ob das Vorgegangene mit Vorsatz und böͤsem Gemüth geschehen, oder, wie es sich gemeiniglich zuträgt, durch einen unvermutheten Zufall entstan Exempel hievon. den. Jenem Capudan Bascha / mit Namen Mustapha / einen gebohrnen Franzosen, der das Zeug⸗Hauß und den Hafen zu Constantinopel / in den Stand, worinnen sie sich gegenwäͤrtig befinden, erbauet, und sonsten des Reichs Wolfahrt tapfer vertheidiget, und viel Loͤbliches angerichtet / also daß er sich bey jedermann grossen Ruhm und Beyfall, auch bey dem Kaiser selbst ganz sonderbahre Liebe und Gewogenheit zu wege gebracht, hat doch dieses alles nicht helfen moͤgen, da seine Feinde aus Mißgunst Feuer in das Zeug⸗Hauß gebracht, daß er nicht hätte seinen Kopf daruͤber verliehren sollen, was er auch immer zu Vertheidigung seiner Unschuld vorgebracht. Wiewol es der Kaiser nachgehends betauret, als Jhm der Groß⸗Vizir den Betrug entdeckt, und zu verstehen gegeben, daß Er an diesem Mann einem der nutzlichsten im ganzen Reich habe hinrichten lassen; allein der Kopf war einmal darunten, und kunte ihm nicht wieder aufgesetzt werden; doch halte ich gaͤnzlich dafür, daß es Jhm nicht darum geschmerzt, weil Er ihn unschuldig hinrichten lassen, sondern weil Er dardurch einen Ihm und dem gemeinen Wesen so nuͤtzlichen Mann verlohren. Aber am Türkischen Hof kan man dergleichen Verfahren an dem GroßVizir und andern Vornehmen des Reichs täglich beobachten, als Von Grichischen Comœdianten / u. dem Sclaven⸗Markt. 363 als welche, so oft verändert und abgesetzt werden, so oft es dem Kaiser gefällt, oder das unruhige Volk solches haben will. Den darauf folgenden Morgen zwischen 6. und 7. Uhr hat sich die Flamme wieder gelegt / aber der Rauch davon ist noch etliche Tage in die Höhe gestiegen, weil unter der Asche noch viel Glut verborgen gewesen / in welcher Zeit die Janitscharn Tag und Nacht die Schade dieser Brunst. Wacht gehalten. Der Schade dieser Brunst wurde auf zehenmal hundert tausend Thaler geschätzet, wobey auch viele Menschen ums Leben gekommen, die zum Theil erdruckt, zum Theil aber von der Flamme aufgezehret worden. Den folgenden Tag schickte der Herr Groß⸗Botschafter zu dem Topchi Baschi / und ließ ihm wegen dieses unversehenen Ungluͤcks condoliren.

Zwölfte Abtheilung.

DEn 17ten Januar. verfügten sich Se. Excellentz zum erstenmal wiederum, nach angelangten Courier von Wien, in Begleitung der Herren von Jmhof und Wetstein zum Groß⸗Vizir, und ließen die wegen seiner angestellte Gastung bey dem Venetianischen Gesandten wieder aufküͤndigen. Nachdem Sie sich nun mit jenem von höͤchstwichtigen Sachen eine lange Zeit unterredet, haben Sie sich von dar wieder wegbegeben, bey dem Abschied aber von dem Groß⸗Vizir einen schoͤnen Schimmel zum Zeichen seiner beständigen Freundschaft verehrt bekommen; worauf Se. Excellentz diejenige, so mit Jhm gewesen, bey der Tafel behalten. Sie wurden auch von dem Engelläͤndischen Gesandten invitirt; wie Sie dann selbst nachmals den Holläͤndischen mit seiner Gemahlin und einigen Grichischen so wol ledigen als verehlichten Frauenzimmer eingeladen, angesehen dieses Gesandten Gemahlin selbst eine Grichin ist, die zu Pera eine grosse Freundschaft hat. Diesen zu Ehren liesse der Herr Botschafter eine Grichische Comœdie. Grichische Comœdie von Grichischen / Türkischen, Jüdischen und Armenischen Knaben auffuͤhren; worbey die Musicanten lauter Tuͤrken waren, die ihre Music mit zwo kleinen aus vielen Pfeiffen von Rohren gemachten Orgeln und unterschiedlichen Cymbeln anstimmten / welche letztere wie die Pauken aus Pergament / doch viel klei ner Zz 2 366 364 Drittes Buch / Zwölfte Abtheilung / ner formirt, und zwischen dem Holz an füͤnf Orten mit so viel runden kupfernen Platten versehen gewesen, die den Klang geben muͤssen. An dieser raren Music ergöͤtzte sich das anwesende Frauenzimmer etliche Stunden lang, worvon doch unsere Ohren also gemartert worden, daß wir daruͤber weit lieber hätten einschlaffen moͤgen. Die Action selbst bestunde mehr im Musiciren und Danzen, als daß man dabey viel solte geredet haben. Die Kleidung der Comœdianten sahe sehr schmutzig und bettelhaft aus, und die Gebärden samt der übrigen Bewegung des Leibs liesse nach Lands⸗Gewohnheit uͤberaus geil und aͤrgerlich, jedoch köͤnnen sie sich damit bey ihren Zuschauern am meisten gefäͤllig machen. Einige von den Daͤnzern wusten die Cadence sehr kuͤnstlich nach ihrer Art mit den Haͤnden auf zwo kupfernen Schalen unter dem Danzen auszudrucken; andere aber bedienten sich darzu vier runder theils schwarzer, theils gelber kleiner Stecken: wieder andere bewegten auf eine geschickte Weise die auf Weiden⸗Ruthen gesteckte und angezündete Wachs⸗ Seltsame Cadence. Kerzen; unter diesen allen aber kunten wir uns uͤber denjenigen nicht genug verwundern, der durch gewisse Kruͤmmung des Leibs, Aufblaͤhung und Einziehung des Bauchs, alle Cadence gar artig nachmachen kunte, so jedoch ohne Gewalt und Schmerzen nicht abgienge. Unter andern Possen, welche sie zum Vorschein brachten, Sinnreiche Vorstellungen der Grichischen Comœdianten. war auch dieser / daß sie einen Hirsch mit einem hohen und vieleckigten Geweyh auf das Theatrum geführt / zwischen welchen ein kleiner Knab gesessen / der mit seinen Händen und Füssen solche Figuren gemacht, als ob er hätte danzen wollen. Dieser Hirsch solte ein Sinnbild eines von seinem Weib hinter das Licht geführten Mannes seyn, welches gewiß so sinnreich heraus kam / als alle übrige bey einem theatralischen Schau⸗Spiel zu observirende Reguln angebracht waren. Hernach præsentirten sich auf dem Theatro, (wordurch ich aber nichts anders als den Boden des Zimmers verstehe, allwo für diese vortrefliche Agenten ein kleiner Platz ledig gelassen wurde,) drey Personen, welche sich mit einander zanckten und allerhand Sachen vorruckten; davon dem einen vor besagter Hirsch überall nachgeloffen, und ihm bald die Hauben vom Kopf gezogen / bald bey dem Rock, Kopf, Ohren und Arm gezupft, und dieses so lang, bis jenem die Gedult zerrunnen, und er den Hirschen mit einer Keule dermassen eines vor das Ingenium gegeben, daß dieser dar über Von Grichis. Comœdianten/ u. dem Sclaven⸗Markt / rc. 365 über zu Boden gesuncken, und eben jetzt den Geist aufgeben wolte, wann nicht noch der dritte zu rechter Zeit beygesprungen/ und mit seiner Zauberey dem in Ohnmacht liegenden Thiere seine LebensGeister wieder zuruck geruffen, oder vielmehr dem bereits verschiedenen eines andern Hahnrey Seele wieder eingeblasen hätte: und auf solche Weise wurde die uͤbel eingerichtete/ noch schlimmer vorgestellte, und mit garstigen Zotten angefuͤllte Comœdie geendiget.

Die nechst folgenden Täge kommt nichts Berichtenswüͤrdiges vor, ausser daß ein Courier in Verrichtungen nach Wien abgefertigt worden, und einige aus dem zweyten Adel, als die Freyherren von Locher / Klimberg / Jmhof und Wetstein sich auf den schwarzen Canal begeben, um einige ohnweit Darapia liegende Erz⸗Gruben zu besehen, indessen da der Herr Groß⸗Botschafter mit denen Grafen von Nesselrode / Kinigl und Bielinski nebst dem Freyherrn von Zweiffel bey dem Venetianischen Botschafter gespeißt. Den 24. dito loͤßten Se. Hochwuͤrden der Graf von Sclav wird von dem Hrn. Prælaten ausgelößt. Schrattenbach / Abt zu Domben / einen Gefangenen von einem Armenier um zwoͤlf Ducaten an sich, welcher aus der Jnsul Maltha gebürtig, und der dritte ist / der durch Seine Freygebigkeit loß gekommen. Es war dieses ein braver starker Mann / und wuͤrden ihn die Tüͤrken gerne 60. Ducaten dafuͤr ausgezahlt haben, wann er ihn auf die Galeen hätte verkaufen wollen; es hat aber dieser Christliche Mensch, ob er schon selbst von schlechten Mitteln war, doch lieber aus Barmherzigkeit was weniges zu nehmen, und seinen Sclaven an einen Christlichen Herrn, und noch darzu an einen Priester in erträglichere Dienstbarkeit zu verkaufen sich resolvirt. Dieser Sclav ist ihm von einem armen Juden, der ihn Armuts⸗halber nicht behaupten kunte, zugebracht worden / wofür er eine kleine Erkäntlichkeit von dem Käufer und Verkäufer zu erhalten hoffte. Es hat sich aber dieses Hochgebohrnen und Christmildesten Abts Liebe nicht allein mit Erlöͤsung der Gefangenen vergnüͤgen lassen, sondern ist noch weiter gegangen / und hat mit den äͤusserlichen Liebes⸗Werken die innerlichen verknuͤpft; und welcher Leiber er von den schwehren Ketten erlöͤßt / deren Gemüth hat er gleichfalls in Freyheit zu setzen gesucht, wann es von Jrrthum und falscher Lehre gefesselt gewesen. Er hat unter andern einen siebenjäͤhrigen uͤberaus wolgestalten Knaben gekauft, und ihn nicht allein im Glauben unterrich tet, Zz 3 366 Drittes Buch / Zwölfte Abtheilung / tet, das Creutz machen und Beten lernen, sondern nebst diesen ihm gleich Anfangs einen solchen unversöhnlichen Haß wider alle Un H Einfalt eines von dem Hrn. Prælaten unterrichteten Knabens. catholische Lehre eingeflößt, daß / wann der Knab des Luthers / Calvin und Mahomets Namen nur nennen höͤrte / er ganz ungehalten den Kopf darüber schüttelte, aussporzte, und in seiner lieben Unschuld sehr ungebärdig den Fuß wider die Erden stoßte, worüber wir oft selbst lachen müssen. Eben dazumal als er den Malthesischen Sclaven in seinem Zimmer kaufte, wurde ihm auch ein Grichischer Mönch zugefüͤhrt / der von dem Berg Sinai hergereißt war, von deme er ihre Ordens⸗Satzungen, Lebens⸗Art und Clöster auf dem Berg Sinai. mehr andere Sachen ausforschte. Es erzehlte derselbige, daß auf bemeldtem Berg nur allein zwey und zwanzig Clöster seines Ordens gefunden würden, deren jedes fünfzig bis sechzig Personen ernehrte, doch wäre darinnen keine einige Weibs⸗Person anzutreffen, die man etwan zur Hauß⸗ und Stall⸗Arbeit gebrauchte, sondern die Muͤnche verseheten das ganze Hauß⸗Wesen, melkten das Vieh, machten Butter, Käse, Schmalz, und verrichteten das übrige, so sonsten nur von Weibsbildern pflegt bestellt zu werden. Dazumal hatte ich ungefehr eine Grichische Muͤnz mit mir gebracht, die ich eben in der Hand hielte, und worauf das Wort ΗΠΕΙΡΟΣ, so den Namen einer Jnsul in Grichenland anzeiget / ganz deutlich zu lesen war, und nur einige andere Buchstaben daran abgiengen, welche die Länge der Zeit ausgelöscht hatte; weswegen ich diesen München gebeten, er solte mir die unerkäͤntlichen entdecken helfen, habe aber erfahren müssen, daß er von der Aufschrift der Muͤnzen so viel als von den andern Wissenschaften verstanden, und dieser herrliche Priester und Lehrer selbst weder recht lesen noch schreiben können, wordurch ich dann in meiner Meinung, die ich schon vorher von der heutigen Grichischen Kirche und ihren Möͤnchen hatte, noch mehrers gestärkt worden.

SclavenMarkt.Den 27. Januarij hat sich der Herr Groß⸗Botschafter auf den Sclaven⸗Markt begeben, wohin wir gleichfalls gefolget sind. Daselbst werden die so wol im Krieg als anderweit Gefangene und Leibeigene verkauft, und würde uns ohne des Herrn Botschafters Gegenwart der Zutritt dahin schwehrlich oder gar nicht verstattet worden seyn. Es liegt aber dieser Platz nicht weit von der Säu Von Grichis. Comœdianten / u. dem Sclaven⸗Markt / rc. 367 Säulen des Kaisers Arcadius, davon oben schon Meldung geschehen, und hat den grossen Markt oder Bezesten zur rechten, und des Hali Bascha Moschee zur linken Hand. Rings um denselbigen stehet ein altes viereckigtes mit einem grossen Thor verschlosBehältniß der Sclaven. senes Gebäu, um dessen untern und obern Theil ein auf hoͤlzernen Säulen ruhender Gang wie eine Lauberhütten geführet ist, in welchen viele Zimmer auf allen vier Ecken gebauet und mit höͤlzernen Gittern versehen sind / worinnen die vornehmsten Sclaven und schöne Weibsbilder aufbehalten werden. An den MarktTägen nun wird das Gitter eröfnet, und die Sclaven jederman öͤffentlich gezeigt, ausser denen, welche zu grosse Schamhaftigkeit besitzen, als die sie in einen Schrank verschliessen, bis ein Käufer Wie die WeibsPersonen verkauft werden. kommt, und nach dergleichen Waare fraget, auch sie zu sehen verlangt; da alsdann oft 8. 10. bis 20. schöne Mädgen aus einem solchen Schrank, wie die Soldaten aus dem Trojanischen Pferd, herfür schlieffen, deren Haare hinauf geflochten / die Nägel bemahlt und das Gesicht mit einem Anstrich gefärbt ist; was aber schon erwachsene Weibs⸗Personen sind, werden oben in besondern Zimmern aufbehalten: diese stellen sich vor den Kaͤufer mit aller Sittsamkeit, halten die Hände über einander, und die Augen zur Erden nieder geschlagen, und wann er es verlangt, muͤssen sie nicht nur das Gesicht, Zähne und Hände / sondern auch die Füsse, Waden, Brüste und alle übrige Theile des Leibes, so sonst die Natur zu bedecken befiehlt, herzeigen, und befühlen lassen, doch ist dieses nicht eher erlaubt, bevor es mit dem Preiß seine Richtigkeit hat; nach diesem gibt der Verkäufer ein Zeichen, worauf sie sich alle wieder nach ihren Kasten begeben, und daselbst verbergen / bis sich wieder ein anderer Käufer meldet. Viele unter solchen, wie sie die Teutsche Kleidung gesehen und unsere Aufmerksamkeit beobachtet / haben sich, wie züchtig sie auch sonst waren, gleichwol des Lachens nicht enthalten könWelche Sclaven am theuresten. nen. Welche noch für Jungfrauen passiren wollen, werden viel theurer als die andern gekauft; so scheuen sich auch diejenige, so sich für keine mehr ausgeben dörfen, im geringsten nicht, entweder öffentlich, oder, wann sie noch so viel Schamhaftigkeit besitzen, durch ihre Herrn zu bekennen, wie lang es ist/ daß sie mit einer MannsPerson zu erst zu thun gehabt haben, und lassen diese sie auch deswegen beschauen. Die Küͤnstler und Handwerker / und welche man son 368 Drittes Buch / Zwölfte Abtheilung / sonsten im Haußhalten brauchen kan, werden im Preiß am höͤchsten gehalten; wie dann auch die fruchtbarn Mütter und schwange Welche von Hauß zu Hauß herum geführt werden.re Weiber mehr als andere gelten. Die gemeinen Sclaven von beiderley Geschlecht sitzen vor den Thüͤren ihrer Zimmer, und wann man sie vor den Haͤußern etlichmal herum gefüͤhrt, ruft man sie nicht anders, als das Vieh auf den Jahr⸗Märkten aus, oder wie die Güter, so an die Meinstbietenden verkauft werden; was nun einer darauf gebotten, das wird zugleich gemeldet, damit ein anderer wisse, wie viel er noch zusetzen müsse, dafür wird dem Ausruffer zwey pro Cento gegeben: O ein Blut⸗Geld! Es werden oft zwey, drey, vier hinter einander von einem einigen Menschen geführt / und zwar mit Schnup⸗Tüchlein oder Stricken an einander gekuppelt, wie die Pferde, die man aus dem Land zu Recroutirung der Regimenter schicket. Wir haben hier allerhand Nationen, Franzosen / Moscowiter, Dänen / Engelländer / Schweden / Jtaliänern / aus Morea / Polacken / Reussen / wie auch Araber / Perser und Mohren, aber weder Türken noch Teutsche angetroffen; doch läͤßt sichs leicht erachten, daß sie diese letztern sorgfältig werden versteckt haben, damit sie sich nicht gezwungen seheten / solche nach einmal im zweyten Theil des 12ten Articuls der Passarowitzer Friedens⸗Tractaten Türken können nicht zu Sclaven gemacht werden.ausgemachten Preiß, um ein geringeres Geld loß zu schlagen; die Türken hingegen sind bey ihnen keiner Knechtschaft faͤhig, welcher demnach von dem Christlichen Glauben, oder einer andern Sect, zu der Mahometischen Religion tritt, wird alsobald auf freyen Fuß gestellt, so gewiß ein arglistiger Fund dieses Teuflischen Menschens, oder vielmehr des Satans selbst ist, wordurch er schon viele in sein Netz gebracht, und noch täglich bestricket. Die WeibsPersonen werden aus allen Orten der Welt, aus Grichenland / Candien, Rasnien / Georgien / die besten und schöͤnsten aber Circaßierinnen die schönsten Sclavinnen.aus Circaßien in grosser Anzahl herbey gebracht, welche letztere Landschaft in der Moscowitischen Tartarey nicht weit von Asof ihren Anfang nimmt / und über den Berg Caucasus gegen Norden zwischen dem Schwarzen⸗ und gegen Aufgang zwischen dem Caspischen⸗Meer liegt, gegen Mittag aber an das feste Land stoßt. Auf diese Weibs⸗Personen wird kein Preiß gesetzt, wann sie schön sind / sondern eine um hundert, auch um ein, zwey, bis sechs tau Von Grichis. Comœdianten/ u. dem Sclaven⸗Markt / rc. 369 tausend Ducaten bezahlt, wann sich ein närrscher Liebhaber findet, der so viel dafür geben will. Wir haben für diesesmal von den schoͤnsten keine gesehen, weil die Juden ihren Sabbath hatten / welche mit diesen ungluͤckseeligen Leuten den stäͤrksten Handel treiben; es werden auch die schoͤnen Circaßierinnen und andere Schoͤnheiten nicht auf den Markt gebracht, sondern nur den Vizirn und Vornehmen in die Haͤuser geführt: so pflegen auch die Juden diese und alle andere Sclaven am liebsten zu kaufen, wann sie noch klein sind, die Juden lassen ihre Sclaven in Künsten unterrichten: warum? sie dann in allerhand Kuͤnsten unterrichten lassen/ damit sie nachgehends solche desto höͤher aufs Geld bringen köͤnnen. Die Tartarn halten die Sclaven, die sie in dem Krieg bekommen, fuͤr ihre vornehmste Beute; und als sie in der Mitte des vorigen JahrHunderts von den Türken zu Hüͤlf wider den Roͤmischen Kaiser geruffen worden, haben sie durch ihre Streiffereyen in SchleDer Tartarn grosse Beute an Sclaven im vorigen Jahr⸗hundert. sien/ Mähren / Oesterreich und Ungarn, ausser was sie sonst geraubt, gebrandt und verwuͤstet, in einem Jahr uͤber hundert und funfzig tausend, und im folgenden Krieg nur allein aus Ungarn und denen darzu gehörigen Köͤnigreichen 30000. Sclaven zur Beute gemacht/ wie man ihnen dann zur andern Zeit 60000. von allerhand Alter, Geschlecht und Stand wieder abgenommen. Sie nehmen aber auf dergleichen Weise nicht nur der Feinde, sondern auch ihrer Freunde Länder mit, und entblöͤsen sie von Einwohnern, also daß sie ihre Rauberey allenthalben frey und ungescheut treiben, und den Tüͤrken nicht selten ihre eigene Unterthanen zuverkaufen geben, unter dem Vorwand, als haͤtten sie solche anderswoher bekomTartarn Betrug gegen die Türken in Verkaufung der Sclaven. men; es haben sich aber die Tüͤrken dieser Beschwehrnuͤß auf eine andere Weiß loß gemacht, daß jene dergleichen Sclaven an sie zu verkaufen nun nicht mehr getrauen, deren Namen, Alter und Vatterland sie aus den Jahr⸗Büchern und denen herausgezogenen Zeugnüssen nicht beweisen koͤnnen. Es ist in Wahrheit recht erbaͤrmlich anzusehen, wie so viel elende Leute in so beschwehrlicher und meinst ewiger Gefangenschaft ihr Leben zu bringen muͤssen / und wie die Barbarn dieselbige zu der härtesten Arbeit anhalten, und wolte GOTT, nicht auch zur Sünde mißbrauchten. Der Capigi, unser Füͤhrer, nannte drey aus den unsrigen, nemlich den Grafen Emanuel Kollovrath / den Herrn von Weipler und mich / Aaa 370 Drittes Buch / Dreyzehende Abtheilung / mich / und versicherte den Hn. Botschafter / daß er füͤr den ersten gerne 1000. für den andern 333⅓. und fur den dritten 500, Ducaten auszahlen wolte.

Dreyzehende Abtheilung.

Visite des Hn. Botschafters bey dem Mehemet Aga. NAchdem nun Se. Hochgraͤfliche Excellenz den SclavenMarkt genug betrachtet, haben Sie Sich bis fast zu dem äussersten Theil der Stadt nach dem Mehemet Aga / den zweyten Bevollmächtigten bey dem Passarowitzischen Frieden, zu Pferd begeben, und sich nur von wenigen dahin begleiten lassen, woselbst Sie das Mittagmal eingenommen. Als sie hernach auf den Abend zu Wasser wieder nach Hauß gekehrt, ist Jhnen von dem Aga ein schoͤnes Pferd offerirt, und bald darauf nachgesendet worden: die uͤbrigen haben sich uͤber den Markt durch die oͤffentliche Kram⸗Läden, welche ich erst küͤrzlich beschrieben, wieder nach FeuersBrunst. Pera gewendet. Dieser Monat hat sich vor andern durch die Feuers⸗Brünste distinguirt; dann den 28ten ist zu Constantinopel abermal dergleichen entstanden, welche zwar nicht so groß, als die letztere zu Tophana, gewesen: den 30ten hat sich eine zu Pera gezeigt / welche doch auch keinen sonderlichen Schaden verursachet, und gerad gegen des Herrn Botschafters Behausung, wo die Kaiserlichen Sprach⸗Knaben mit einem Dolmetsch wohneten, durch Unvorsichtigkeit des Hof⸗Meisters bey dem Holländischen Gesandten auskommen: Man hat nemlich zur vorhabenden Wäsche ein groͤsseres Feuer, als sonst gewöͤhnlich, gemacht / wordurch der Ruß in dem Schor⸗Stein, der sich daselbst mit langer Hand gesammlet, entzündet, aber durch GOttes Hüͤlfe und unserer Leute Fleiß bald wiederum gelöͤscht worden. Es kamen auch so gleich die auf uns bestellte Janitscharn, welche an unterschiedlichen Orten die Wacht hielten, und ihre Führer mit ihren Staats⸗Hauben, wie auch die Topchi⸗ und Gebegi⸗Baschi mit ihren Topchis und Gebegis darzu / da man wol nicht hatte meinen sollen, daß sie es schon erfahren; welche sich so dann in zweyfacher Linie uͤber die Gassen gestellt, um den rassenden Poͤbel abzuhalten, und niemand nahe hinzu zulassen, so daselbst nichts zu schaffen hätte. Des Hn. Botschafters Leib⸗Wacht, die aus dem auserlesensten Granadi rern Von einer gefäͤhrl. Feuers⸗Brunst u. Schluß der Fasch. 371 rern des Virmondischen Regiments bestunde, und neben dem Hasaki Aga und Oda Baschi mit 24. Janitscharn vor dessen Pallast und der Thür des Zimmers Tag und Nacht bestäͤndig die Wacht hielten, stunden diesesmal mit aufgepflanzten kurzem Gewehr in dem innern Hof, damit niemand mit Gewalt ins Hauß dringen moͤgte. Se. Excellenz selbsten, nachdem sie die Brieffe Hr. Botschafter stellt sich bey entstandenen Feuer unter die HaußThür / warum? und Schrifften zusammen gesucht und in eine Kuͤsten verschlossen, damit man sie bey weiter um sich fressenden Feuer durch den Garten und die hintere Thuͤr anderweit hinbringen koͤnnte, haben sich von Jhrem Zimmer herunter begeben, und mitten unter den Thor⸗Weeg ganz unerschrocken gestellt; und als Sie von dem Hassaki Aga / Vorsteher dererjenigen Janitscharn, die uns zur Wacht und Sicherheit gegeben waren, aus Sorgfäͤltigkeit gegen Jhre Person vermahnt worden, sich anders wohin zu verfüͤgen, gaben Sie ihm zu verstehen, wie er sich nur deswegen keine Müͤhe machen solte: Sie wolten selbst einen Zeugen abgeben, wie sich die Tüͤrken um Erhaltung der Röͤmisch⸗Kaiserlichen Botschaft bemuͤheten; und wo dergleichen Zufall ihren Botschafter in Wien begegnen solte, wuͤrde die ganze Stadt auf seine Erhaltung bedacht seyn: zudem, setzten Sie hinzu, koͤnnen meine Leute desto besser wissen, was zu thun ist, wann sie mich gegenwaͤrtig sehen: worauf der Tüͤrk zur Antwort gegeben, wie Jhro Excellenz den Janitscharn Aga samt dem Groß⸗Vizir gar bald hier zu Pera wuͤrden gesehen haben, wann die Flamme nicht nachgelassen haͤtte, (wie sie doch so gleich gedaͤmpft worden, nachdem man den Schor⸗Stein niedergerissen/) damit man nemlich Dieselbige und Dero bey sich habende Leute, so Jhnen durch das Völker⸗Recht anvertrauet sind, der Gefahr entziehen und ferneres Unheil verhuͤten koͤnnte: und daß sich dieses also verhalten, haben der Stall⸗ und Quartier⸗Meister bey ihrer Ruckkunft aus der Stadt bestättiget, als welche versichert, daß jene schon Weeg⸗fertig gewesen und sich uͤber das Meer wollen setzen lassen, wann nicht ungefehr jemand gekommen, der Nachricht gebracht, daß das Feuer bereits gedämpft wäre. Der Frantzoͤsische Gesandte, so nicht Sorgfalt des Französis. Gesandten bey entstehender FeuersGefahr. weit von uns wohnte, hat auf allen Fall alle Boots⸗Knechte von vier Schiffen, samt den Kaufleuten der Nation in seinen Pallast beruffen, um ihn, wann es die Noth erfordern solte, bey zustehen, welche aber nach geloͤschten Feuer wiederum dimittirt worden: er hat Aaa 2 372 Drittes Buch, Dreyzehende Abtheilung / hat auch vor noch wenig Jahren bey dergleichen Gelegenheit, alle Schiff⸗Leute von 19. Schiffen, die in dem Hafen gelegen, mit ihren untergebenen Schiff⸗Volk zu sich kommen lassen; ich zweifle aber ob der Schaden den von ihnen zu erwarteten Nutzen nicht wuͤrde überwogen haben, weil sie des Mausens gar zu sehr gewohnt sind. Jndessen liegt der Pallast der Frantzösischen Gesandten sehr vortheilhaftig und von allen Haͤusern abgesondert, daß er gar leichtlich vor der Gewalt des Feuers und dem ersten Anfall kan geschüͤtzet werden, woferne nur vertraute Leute bey der Hand sind; ich wuͤrde auch deshalben keinen andern Ort gewust haben, wohin wir mit den Unsrigen sicherer häͤtten hinfliehen koͤnnen. Unsere nechste Nachbarn haben sich gleich Anfangs mit ihren eingepackten Betten, Kisten, Kleidern, Leinwand und den kostbarsten Haußrath auf die Flucht ge Gefahr dererjenigen / bey denen das Feuer auskommt macht, und dieselbige in Sicherheit zu bringen gesucht. Wann ein Grich, Jud oder Armenier in diesem Hauß, wo die Brunst entstanden, gewohnt hätte, würde er ohne Zweifel mit Hinterlassung aller seiner Sachen davon gelauffen seyn, und sich denen Augen der Türken entzogen haben / weil er, wann ihn diese actrapirt hätten / nichts anders zu erwarten gehabt, als daß er von ihnen ohne weitern Process wäre aufgehenkt worden. Und dieses ist auch die Ursach, warum oftmals eine so grosse Feuers⸗Brunst aus einem geringen Funken entstehet, weil die Jnwohner gleich anfangs alles im Stich lassen / und sich unsichtbar machen, indem sie wol wissen, daß ihre Emsigkeit bey dem Einpacken mit dem Strick wuͤrde belohnt werden; aus eben dieser Raison haben sie zu Pera und Galata fast bey allen Häusern in den Gärten Gewoͤlber, damit sie, was ihnen in der Eil vorkommt, da hinein werfen koͤnnen / welche sie alsdann mit Sand bedecken, und darauf ihren Abschied nehmen. Einer aus unsern Janitscharn sagte mir nachmals, wie es ihm sehr gewundert, daß des Herrn Botschafters Hauß so lang offen geblieben; sintemaln sich einige unter ihnen fäͤnden, so bey dergleichen Auflauf also bald in die Häͤuser zu brechen und ein groͤsseres Feuer anzurichten suchen, damit sie unter diesen Vorschub desto bequemer stehlen koͤnnen: ich gab ihm aber zur Antwort, daß eben darum unsere Soldaten auf den Hof gestellt worden / damit sie darvor seyn könnten; welche Hand⸗voll Leute jedoch, wie ich mir leicht einbildete, und er auch selbsten mir zu verstehen gab, bey einem grossen Tumult wenig wür Von einer gefäͤhrl. Feuers⸗Brunst u. Schluß des Fasch. 373 wuͤrden ausgerichtet haben, wo nicht der Janitscharn vornehmste Officiers ihre Leute durch ihre Gegenwart im Zaum gehalten hätten. Nachdem nun das Feuer wiederum voͤllig gelöͤscht war, hat man dem Topchi Baschi in des Herrn Botschafters Zimmer unterschiedliche Getränke vorgesetzt; viele wurden von Sr. Excellenz beschenckt, welche er bemerkt, daß sie sich in Herbeybringung des Wassers vor andern geschaͤfftig erwiesen / aber in das Hauß ist zum Löschen niemand gelassen worden.

Jm Anfang des Hornungs hat sich der Herr Botschafter an der Colic, welches Malheur Jhm gar oft zuzustossen pflegte, einige Tag uͤbel auf befunden, weswegen Jhm der Engelläͤndische und Venetianische Gesandte besucht haben. Er ist aber durch emsige Sorgfalt des Herrn Dorschaͤus bald wieder davon befreyet worden, der Jhm auch sonsten in seinen Krankheiten getreulich beygestanden. Einige sind in dieser Zeit nach Belgrad auf die Jagd gegangen, und haben bey ihrer Ruckkunft unsere Kuͤchen mit wilden Schweinen, Hasen, Rebhüͤnern und Schnepfen versehen. Mit Briefen aus Marsilien erhielten wir Nachricht, wie daß der Graf von Althan mit dem Herrn von Preitenau am H. Christ⸗Tag nach etlichmal ausgestandenen Sturm daselbst angelangt, und den Nachmittag in dasigen Haven ans Land gestiegen. So wurde uns Nachricht von dem TodesFall der Kaiserl. Frau Mutter. auch mit einem Expressen von Wien Jhro Majestät der Kaiserlichen Frau Mutter Eleonora Theresia Todes⸗Fall berichtet / wordurch wir in nicht geringe Betruͤbnis gesetzt worden. Man ist auch so wol unser Seits als bey den Franzosen mit Comoͤdien und Dänzen / bis zur Heil. Fasten⸗Zeit fort gefahren, wobey der Baron Schmiddeg / ein gebohrner Ungar, sonderbare Ehre aufgehebt / als welcher sich nach Landes⸗Art gekleidet / anfangs einen Bauern vorgestellt, nachgehends zwey Türkische Säbel genommen und eine verwunderns⸗wuͤrdige Geschwindigkeit zu grossen Vergnuͤgen aller Zuschauer von sich sehen lassen. Indem nun dieses vorgieng, kam einer aus dem zweyten Adel / den ich jetzo nicht nennen will / zimlich närrsch gekleidet, und stellte sich neben den Herrn Botschafter / und als dieser fragte, wer er wäre, gab er gar vernuͤnftig scil. zur Antwort: ich bins, ohne daß er sich weiter zu erkennen gegeben, oder demasquirt hatte, aus welcher klugen Nach richt Aaa 3 374 Drittes Buch / Dreyzehende Abtheilung / richt Se. Excellenz eben so viel verstanden, als Sie vorher schon gewust hatten. Den sechsten wurde bey den Venetianern eine Jtaliänische Comödie gespielt, nach solcher eine kostbare Malzeit ge Künstliche Zubereitung des Confects. geben, bey welcher des Sultans Serrallien zu Constantinopel mit samt den Garten aus Zucker, Blumen und Früchten gemacht zu sehen war, um damit nicht nur den Geschmack, sondern auch das Gesicht und den Geruch zu vergnuͤgen; hierauf ein Danz auf Einige vom Adel tractiren die Französische Nation. geführt, und damit bis in die späte Nacht angehalten. Es haben auch die Grafen Nesselrode und Künigl nebst dem Freyherrn von Zweiffel in des erstern Behausung die Französische Nation mit einem kostbarn Gastmal tractirt, nach dessen Endigung sie sich alle zusammen in der Masque nach dem Französischen Pallast zum daselbst angestellten Ball verfüͤgt. Der Herr Botschafter hat gleichfalls an andere Gesandten, wie auch an die Abgeordnete, oder nach dem heutigen Hof⸗Stylo, Deputirte von Ragusa prächtige Malzeiten so wol zu Mittag als Abends, gegeben, wobey sich auch Se. Hochwürden Raymundus, Ertz⸗Bischoff zu Ancyra und Stadthalter des Patriarchens zu Constantinopel ein Kurzweiliche Begebenheit mit einem Bauern. gefunden. Sehr lächerlich ist es, was sich den 11. Hornung oder an dem ersten der dreyen Faßnachts⸗Täge zu getragen: Es kam ein Asiatischer Bauer zu uns nach Pera / und brachte ein Rehe zum Geschenke mit sich, welches er nach eigner Bekaͤnntnis lange Zeit aufgesucht hatte, damit er den Elchi / wodurch er den Hn. Botschafter verstunde, sehen moͤgte, und meinte sein Absehen desto eher zu erhalten, wann er nicht mit leerer Hand erschiene; diesem setzte er noch hinzu, daß er eine Reise von dreyen Tage in eben diesem Absehen vorgenommen, und hoffe nun, er werde seines Wunsches gewehret werden: er versicherte auch, daß er nicht eher wieder von dannen gehen wuͤrde / bis er seinen Zweck erreicht und denjenigen vortreflichen Feld⸗Herrn gesehen hätte / der so viel tausend Türken in dem letztern und vorigen Krieg in unterschiedlichen Schlachten erlegt; es schiene aber hieraus, der ehrliche Mann habe unsern Herrn Botschafter für den Prinzen Eugenium gehalten. Se. Excellenz, damit Sie dieser angefangenen Comöͤdie bey dieser ohnedem allerhand Kurtzweil gewiedmeten Zeit ein lustiges End machen mögten, haben den gesamten Adel mit den meisten Hauß Bedien Von denen unter R. Kais. Schutz stehenden Kirchen rc. 375 Bedienten in dasjenige Zimmer / in welchem des Kaisers Bildnis unter einem Himmel aufgestellt war, und alsdann auch den Bauren vor Sich kommen lassen. Der Bauer läßt seine Stiefel mit samt dem Rehe vor dem Zimmer liegen / und gehet zu dem Herrn Botschafter hinein, wiederholt die Ursach seiner so weiten Reiß / wie er sie uns vorher schon angezeigt, kuͤsset den Saum von dessen Rock, und offerirt Jhm zugleich das mitgebrachte schlechte Geschenk, anbey bittend, daß Er nicht so wol auf die armseelige Gabe / als vielmehr das ergebenste Gemuͤth desjenigen / so es verehrt, sehen wolle: worauf Se. Excellenz ihn seiner Gewogenheit versichert, und Essen und Trinken vorzusetzen auch etliche Ducaten auszuzahlen befohlen/ nach welchem allen er doch nicht so viel gefragt, als daß er den Herrn Botschafter gesehen.

Vierzehende Abtheilung.

DEn 14. Februarj / als den Ascher⸗Mitwoch / ist zu Fasten⸗Andacht. Galata in der Jesuiter⸗Kirchen die erste Französische Fasten⸗Predigt, auch dergleichen nachgehends noch mehr, und zwar täͤglich nur den Samstag allein ausgenommen, in Französischer und Jtaliänischer Sprach gehalten worden, und dieses wechsels⸗weise theils zu Galata von mehr bemeldten Geistlichen / wie auch von den Dominicanern/ Capucinern und Minoriten daselbsten, theils von den Capucinern zu Pera/ sintemaln dieser Orden so wol hier in dem Königlichen Pallast, als auch zu Galata ein Closter innen hat, wobey Se. Hochwuͤrden Raymundus der Ertz⸗Bischoff / und Stadthalter des Patriarchen zu Constantinopel sich oͤfters eingefunden; wie dann nicht weniger diejenige, so aus den Unsrigen Französisch und Jtaliänisch verstanden, sich in grosser Anzahl dahin begeben, um das Wort GOttes mit anzuhören, und sich bey dieser Heil. Zeit zu erbauen. Jngleichen hat es auch in der Teutschen Kirche / bey den Franciscanern an dergleichen Andacht nicht gefehlt, angesehen alle acht Tage zwey Predigten zur Erweckung ernstlicher Reue und Leid uͤber die Sünde, und zwar eine Teutsche des Sonntags von Joseph Lovina / aus der Gesellschaft Jesu, der mit uns von Wien hieher gerei 376 Drittes Buch / Vierzehende Abtheilung / gereiset war, und eine Jtaliänische des Mitwochs, von dem Wohl Francisus Lombardus, ein berühmter Redner. Ehrwuͤrdigen Vater Petrus Franciscus Lombardus à Taurino Päbstlichen Verordneten / oder Custos der Franciscaner⸗Clöͤster in diesen Landen, oder, wie man in den Cloͤstern zu reden pflegt, der Custodie gegen Aufgang, so vorhin viele Jahre des Hertzogs von Savoyen und Königs in Sardinien Hof⸗Prediger gewesen, und dessen gleichen an wol gesetzten Reden, Nachdruck der Sache, Beredtsamkeit und Eifer Constantinopel nicht bald gehabt, noch auch so bald wieder bekommen wird; wie sich dann so wol der Herr Botschafter / als alle übrige von der Gesandtschaft über diesen Mann zum öftern verwundert: und nachdem Se. Excellenz einsmals Verrichtungen wegen zu spat in die Predigt gekommen, hielte er so lang, bis Sich dieselbige niedergelassen, innen, fienge darauf in einem kurzen Begrief an alles vorige in gleicher Zierlichkeit zu wiederholen, bis er wieder dahin gekommen, wo er vorhero aufgehöͤrt hatte, und ist alsdann ohne Anstoß in seiner Rede fortgefahren. Wer ihn nur höͤrte, bedauerte nichts mehrers, als daß die Predigt schon ein Ende haben solte / und wuͤnschte, daß er solche ganze Stunden lang fort setzen moͤgte; sintemaln er den Menschen nicht allein bewegte, sondern ihn auch durch seine angreifende Redens⸗Arten ganz einzunehmen wuste. Jch habe hiebey erinnert, daß die Franciscaner⸗Kirche der Teutschen eigene Kirche seye, um Jrrthum des P. Tavillon, als ob die Teutschen zu Constantinopel keine Kirche hätten.denjenigen Jrrthum zu begegnen, welchen der P. Tavillon ein Franzos, aus der Gesellschaft Jesu, in seinem Buch von den neuen Denkwürdigkeiten der Aussendung der Jesuiten nach Orient / so zu Paris in Französischer Sprach 1715. bey Niclaus Clerc heraus gekommen, behaupten will, als ob nemlich die Teutschen zu Constantinopel keine Kirche innen hätten, und alle Kirchen, so daselbst gedultet würden, unter Französischen Schutz stünden. Der Titul des angeführten Buchs ist im Französischen dieser: Nouveaux Memoires des Missions de la Compagnie de Jesus dans le Levant. à Paris chez Niclas de Clerc. 1715. du P. Tavillon de la Compagnie de Jesus Missionaire de la Grece: worinnen pag. 11. folgende Worte nachzuschlagen: Comme les Alemands n’ ont point d’Eglise a Constantinople, c’est encore dans la notre, qu’ ils font toutes leurs grandes Ceremonies, mais toujours avec la permission expresse des Ambassadeurs du Roy. Le Comte Von denen unter R. Kais. Schutz stehenden Kirchen rc. 377 Comte Caprara, un de leurs Ambassadeurs, y est inhumé, et j’y ay vu faire pendant plusieurs jours les obseques de deux dernieurs Empereurs: über welche Nachricht ich mich recht sehr verwundere, angesehen jederman weiß, der nur einige Erfahrung in den Morgenländischen Sachen hat, daß nicht allein zu Constantinopel / sondern auch zu Smyrna / Chio / Tunis und Rhodis Andere unter Röm. Kaiserl. Schutz stehende Kirchen. Clöster von diesen Orden zu finden / welche insgesamt zu einer Custodie gehöͤren / und alle unter des Römischen Kaisers Schutz stehen, deren Priester nicht anders, als wie die andern Orden, ihren GOttes⸗Dienst öfentlich verrichten, der Gefangenen pflegen, ihnen die Freyheit zu wegen bringen / die Schwachen im Glauben stärken, die Jrrenden wieder bringen, und mit Almosen und andern LiebesWerken an die Hand gehen. Es ist wahr, daß der Graf Caprara / Kaiserlicher Botschafter / in der unter Französischen Schutz stehenden Jesuiter Kirchen hat wollen begraben werden / und daß auch die Exequien des Kaiser Leopolds und Josephs daselbst gehalten worden, wie ich aus den Ordens⸗Buͤchern selbst vernommen: allein es mag seine sonderbahren Ursachen gehabt, oder die Franciscaner⸗Kirche in der Asche gelegen haben, also daß nirgends als in dieser Französischen Haupt⸗Kirchen zu Constantinopel dergleichen besser verrichtet werden koͤnnen; und hierzu war allerdings die Erlaubnis des Französis. Gesandten vonnoͤthen / absonderlich zu der Zeit, da beide Cronen mit einander im Krieg verwickelt gewesen: gleichwie auch die Franzosen es erst von dem Kaiserlichen Gesandten oder Residenten erhalten muͤsten, wann ihnen dergleichen Zufall / welches wir ihnen doch nicht wuͤnschen wollen / begegnen solte, und sie etwan einige geistliche Verrichtung in unserer durch GOttes Gnade, und Freygebigkeit frommer Christen, besonders aber der Herrn Dalmann und Fleischmann sehr schoͤn renovirten Kirche verrichten wolten, welche nunmehr von innen viel zierlicher ausgemacht und mit neuen verguldeten Altären versehen ist. Es ist auch Gerechtigkeit der Teutschen Kirchen. dieselbige eine von denenjenigen Pfarr⸗Kirchen, welche daselbst die Gerechtigkeit haben, die Heil. Sacramenten darinnen zu administriren und den uͤbrigen GOttes⸗Dienst zu verrichten und, wie ich gänzlich dafür halte / eine von den ersten, Dero Geistliche oder Missionarien, und zwar nicht anders als nach einem scharfen Examen in Bbb 378 Drittes Buch/ Vierzehende Abtheilung / in Gegenwart dichtiger und geschwohrner Zeugen, deme jederzeit ein Cardinal und der Secretaire dieser Versammlung beywohnet, aus den Kaiserlichen Erb⸗Landen von den Paͤbsten, oder wenigstens mit deren Einwilligung, von der Congregation de progaganda fide genommen werden; welche so dann nach erhaltener Confirmation ihr Gelübd ablegen, dieser Mission in allen nach zu kommen, bey welcher sie nachgehends verbleiben, oder von dar wieder zuruck beruffen werden, nachdem es die Vorstehere dieser Ver Wollen die Franzosen an sich ziehen.sammlung für gut befinden. So ist auch gar wol bekannt, daß gedachte Franciscaner öfters von den Französischen Gesandten angesprochen worden, daß sie sich unter den Französischen Schutz begeben solten, und auch deswegen, weil sie sich nicht darzu verstehen wollen, vielen Verdruß erdulten muͤssen: doch haben die Franzosen gleichwol noch bis diese Stunde nicht erhalten / was sie mit solchem Eifer gesucht. Nachdem diese Vätter einmal in denenjenigen Ländern, nemlich an dem Ufer des kleinern Asiens und dem Egaͤischen Meer, so weit sich nemlich die Custodie dieser Geistlichen erstreckt, nach vielen Herumschweifen und erlittenen Verdruß, auf des Cardinal Leopold Kollonitz Ansuchen bey den beiden Kaisern Leopold und Joseph Glorwürdigsten Andenkens / wider die Gewalt und Unterdruckung der Tüͤrken in Schutz genommen wor Darinnen ist das Oesterreichische Wappen aufgehenkt den, haben sie des Aller Durchlauchtigsten Hauses Wappen so wol in der Kirchen als in dem Speiß⸗Saal aufgehenkt, woselbst sie noch unter gegenwäͤrtiger Regierung unsers unuͤberwindlichsten Kaisers Carls VI. zu sehen, für dessen Wolfarth und Aufnehmen in allen ihren Kirchen so wol, als in den andern Clöͤstern Warum sie zugleich unter Holländischen Schutz stehen.für den Köͤnig in Frankreich / öffentlich gebetten wird. Sie haben jedoch auch neben den Kaiserlichen die Hollaͤndische aufgerichtet / damit, wo ein Krieg zwischen dem Occidentalischen und Orientalischen Kaiser entstuͤnde, sie doch nicht ohne Schutz seyn moͤgten, zu welcher Zeit auch die Kaiserlichen weggenommen und nur die Hollaͤndischen gesehen werden. Zu diesem Ende sind sie auch von dem Gott⸗seeligsten Kaiser Leopold denen Herren Staaten anbefohlen worden, die sie auch deswegen ihrem Gesandten zu Constantinopel / dem Grafen Jacob Collyer/ dem Freyherrn von Hochpied / und denen Richtern zu Smyr na/ Von denen unter R Kais. Schutz stehenden Kirchen rc. 379 na / Chios und Mytilenen aufs beste recommendirt haben; welches auch so viel gefruchtet, daß sie um ihrer Principaln Befehl zu beobachten / und dem Kaiser selbst etwas angenehmes hierdurch zu bezeigen, nicht nur den aufgetragenen Schutz ihnen nachdrüͤcklich angedeyhen lassen, sondern so gar auch auf ihre eigene Kosten diese ar Wie weit sich der Römis. Kaisere Schutz über die Kirchen in Orient erstrecket. me Geistliche zum öftern unterhalten. Es ist aber der Röͤmische Kaiser nicht nur über gedachte Franciscaner / sondern auch üͤber noch mehr andere Kirchen in Orient/ ein maͤchtiger Schutz⸗Herr; und weil Er durch seinen Botschafter / den Grafen von Virmond / vermittelst eines Fermans oder Schreibens von dem Groß⸗Vizir jenen erst neulich in der Insul Chio wiederum eine Kirche zu wegen gebracht / auch eben daselbst denen weltlichen Priestern ihre Cathedral⸗Kirche Krafft eines vom Sultan selbst unterschriebenen Befehls / oder Catacherif / wiederum eröfnet, als ist der Römische Kaiser für deren Schutz⸗Herr eben so wol zu halten, und wird auch diejenige, so die Patres Trinitarier nunmehr auf erhaltene Erlaubnis des Tuͤrckischen Kaisers / und vorher gegangenen Ansuchen des Herrn Botschafters aufbauen werden, des Römischen Kaisers Schutz zu geniessen haben. Wann nun die Franzosische Authorität uͤber die Orientalische Kirchen so gar groß ist, wie sie der P. Tavillon gern machen will, warum lassen sie dann die schon vor vielen Jahren zu Galata abgebrannte Dominicaner⸗Kirche nicht wieder aufbauen, damit die guten Leute nicht noͤthig hatten, ihr Speiß⸗Zimmer an statt der Kirchen zu gebrauchen, worinnen sie noch bis auf diese Stunde ihren GOttes Dienst verrichten. Jch läugne aber dabey nicht, daß Erhaltene Vortheile der Kirche zu Jerusalem von dem König in Frankreich. durch des jetzt⸗regierenden Koͤnigs in Frankreich Gesandten / Marquis de Bonac, der Kirche zu Jerusalem viel Vortheil zugewachsen, und unter andern derselben Erneuerung und Ausbesserung durch seine dißfalls angewendete Bemuͤhung verstattet worden; ich bin auch nicht in Abred, daß die Franzoͤsischen Patres aus der Gesellschaft Jesu durch Vorschub des P. Benier, eines beruͤhmten Die den Jesuiten durch P Benier zu Constantinopel erhaltene Vortheile. Mathematici und GOttes⸗Gelehrten, welchen Namen er durch seine gedruckte Schrifften sich längst erworben, einigen Vortheil erhalten, weil er sich bey dem Moufti und Groß⸗Vizir wegen seiner Wis Bbb 2 380 Drittes Buch / Vierzehende Abtheilung / Wissenschaft in der Mathematic sehr beliebt gemacht, auch Jhnen unterschiedliche von ihm verfertigte Sachen verehrt hatte; worunter dann nicht der Geringste ist, daß ausser ihnen kein geistlicher Orden in dem ganzen Reich eine gewöͤlbte Kirche, und noch darzu mit einem von Bley bedeckten Thurn, aufbauen darf, als welche Art sie nur allein ihren Moscheen und Köͤnigl. Gebäͤuen vorbehalten; ich gebe auch gar gerne zu, daß ihrer Nation von den Orientalischen Kaisern so viele Freyheiten ertheilt worden, als sie vielleicht vorhin noch nie gehabt: nur dieses kan ich nicht billigen, daß einige Unverstäͤndige unter ihnen ihren eigenen Lands⸗Leuten so gar viel schmeicheln, und ihnen dasjenige zueignen, was doch mit der Warheit keineswegs uͤbereinstimmt. Mißbilligte Schmeigeley eines Französ. Mönchen. Was ist nicht dieses für eine ungereimte Fuchsschwaͤnzerey, wann ein schmeichlender Monch seinen noch minderjaͤhrigen Koͤnig, in wenigen Zeilen zweymal einen Kaiser der Franzosen nennet? Dann da kan man in der Canzley des Französischen Gesandten / so er erst ganz neu auffüͤhren lassen / folgende Jnschrifft lesen:

Imperante Ludovico XV. Gallorum Imperatore, Ad Securam Scriptorum & Depositorum Nationis Gallicae Conservationem Hujus Aedificii Prima Fundamenta Posuit Excellentissimus Johannes Ludovicus D’Usson Marchio De Bonac Ejusdem Imperatoris Ad Portam Ottomanicam Orator --- Nonis Julii MDCCXIX.

Diese Schmeicheley hat dem Französis. Gesandten, als einem sehr klugen und verstäͤndigen Herrn, dermassen mißfallen, daß Er sich öͤfters ver Von denen unter R. Kais. Schutz stehenden Kirchen rc. 381 vernehmen lassen, wie diese Aufschrift, welche sonst noch gut genug gewesen, sehr uͤbel gerathen seye; und wer weiß, ob er sie nicht noch einmal wieder ausstreichen und eine andere an die Stelle setzen werde.

Jn der Jesuiter⸗Kirche findet man folgende Grabschrift / die der P. Benier verfertiget hat:

Hic Requiescit Ab Heroicis Laboribus Schmeichlerische Grabschrift / von P. Benier des Tökely Gemahlin gemacht. Virilis Animi Mulier, Sexus Sui Ac Seculi Gloria, Celsissima Domina Helena Zerinia, Zeriniæ, Atque Francipaniæ Gentis Decus Vltimum, Tköckolyi Principis Uxor, Olim Rakoczyi Utroque Digna Conjuge. Magnis Apud Chroatas Transyl. Hung. Siculos Inclyta Titulis, Factis Ingentibus Toto In Orbe Clarior, Varios Æqua Mente Fortunae Casus Experta, Par Prosperis, Major Adversis, Cumulatis Christiana Pietate Bellicis Laudibus Fortem Domino Reddidit Ani-mam, Mortem Eluctata In Suo Florum Campo Ad Nicomediensem Bythiniæ Sinum, Anno Salutis MDCCIII. Ætatis LX. Die XVIII. Februarii. Wel Bbb 3

382 Drittes Buch, Vierzehende Abtheilung / Welche Grabschrift ich gewiß für auserlesen halten und nichts daran aussetzen wolte, wann dieser gelehrte und verstäͤndige Mann seiner nicht so gar sehr vergessen, und dieses zwar sonst beruͤhmte Weib nicht darum uͤber ihre Verdienste gelobet häͤtte, weil sie sich füͤr eine Freundin der Franzosen aufgeworfen.

Sodomitische Geilheit der Türken. Jn wehrender Fasten Zeit, da wir unserer Andacht abwarteten, trafen die Türken einsmals in demjenigen engen Gaͤßlein, wordurch man nach dem Franciscaner⸗Closter gehet / einen Bedienten des Herrn Botschafters an, und weil es ein junger Mensch von feiner Gestalt war, wolten sich diese geile Lotterbuben desselbigen zu ihrer schäͤndlichen Unzucht mißbrauchen: er hat aber durch sein Geschrey unsere Wacht reg gemacht, daß sie ihm zu Huͤlfe gekommen; und ob sie zwar hierauf die Flucht gegeben, ist doch einer von unsern Janitscharn erkannt / und in das Gefängnis geführt / auch daselbst für seine verwegene That nach Verdienst abgestrafft worden. Jm übrigen aber ist in diesem Monat wenig merkwuͤrdiges passirt, so einer weitläuftigen Beschreibung vonnöthen hätte.

Visite des Hn. Botschafters bey den Abgeordneten von Ragusa. Der Herr Botschafter hat sich indessen wiederum zweymal nach der Stadt begeben: emmal zu den Abgeordneten der Republic Ragusa / um ihnen auch eine Visite zu gehen, nachdem sie selbst zum öftern so wol im Lager als zu Pera bey Sr. Excellenz sich eingefunden; das andermal zu dem Groß⸗Vizir / damit die Zeit Divertissement des Sultans.und der Tag unserer Abreiß möͤgte fest gestellet werden. Der Sultan ließ auch zu seinem Divertissement eine grosse Tschaicke oder Nachen mitten auf das Meer stellen, welche Jhm zum Ziel dienen muste, nach welchem Er aus seinem Pallast mit unterschiedlichen an den Mund⸗Löchern verguldeten Stüͤcken geschossen, bis sie endlich Abreise des Freyherrn von Russenstein nach Venedig.gesunken ist. Der Freyherr von Russenstein / den der Herr Botschafter an den Grafen von Schulenburg recommendirt, hat sich auf ein Französisches Schiff begeben, mit demselbigen nach Venedig zu schiffen, ist aber wegen entstandenen Sturms wieder in den Haven eingelaufen / und erst den andern Tag in die See gegangen: hingegen ist ein anderes Schiff, so mit diesem zu einer Zeit ausgelauffen, im Angesicht der Stadt zu Grund gegangen. Die Brieffe so man diesesmal nach Wien abgeschickt, haben den Hof Erledigung eines Sclavens.von unserer Abreise Nachricht gegeben. Um diese Zeit hat auch der Herr Botschafter einen Sclaven, der sich von einer vornehmen Famil Von denen unter R. Kais. Schutz stehenden Kirchen / rc. 383 Famille aus Neapoli zu seyn ruͤhmte, um 126. Ducaten ausgeloͤßt, und ihn anbey mit Kleidern / weissen Geräth und aller Nothwendigkeit versehen lassen. Den 2ten Mertz ist Seiner Excellentz Bedienten wird die SophiaKirche zu sehen vergönnt.aus einer sonderbahren Höflichkeit der Tüͤrken, und auf Bedienten des Herrn Botschafters Ansuchen, die Sophia⸗Kirche, in welcher der Adel schon vor zwey Monaten gewesen, zu sehen gleichfalls erlaubt worden; allein da sie daselbst angelangt, hat man sie wegen Abwesenheit des Kirchen⸗Dieners gleichwol nicht hinein gelassen / musten derohalben den 4ten dito sich noch einmal dahin begeben. Eben zur selbigen Zeit kamen auch die Pilgrame von Mecha wieder zuruck, landeten zu Scutari an / und wurden den folPilgrame von Mecha zurück. genden Tag darauf nach Constantinopel übergesetzt; ehe sie aber kommen noch dahin giengen, begab sich unser Stallmeister in verwechselten Kleidern mit einem Dolmetsch hinuͤber, für den Herrn Botschafter etliche schoͤne Pferde einzuhandeln; dann wann einer Teutsch gekleidet ist, muß er gleich mehr für eine Sache bezahlen, weil die Tuͤrken meinen / daß ein solcher von den Lands⸗Gebrauch und deren Waaren keine genugsame Wissenschaft habe. Es stattete auch bey dem Herrn Botschafter der erste Tefterdar oder Zahl⸗Meister seine Visite ab, welcher sodann bey seinem Abschied mit einem Gläsernen Häng⸗Leuchter beschenkt wurde. Den 3ten besagten Monats hat der Hollaͤndische Gesandte seiner Gemahlin zu Ehren, die eine gebohrne Grichin ist / nach Grichischer Manier Faßnacht gehalten. Den 4ten haben Seine Hoch⸗Graͤfliche Excellentz dem Baron Romberg die erste Hauptmannschaft unter seinem Regiment, oder seine Leib⸗Compagnie / zur Belohnung seiner Verdienste übergeben.

Als dazumal, wie die Unsrige nach der Sophia⸗Kirche auf Sultan gehet mit zweyen Prinzen auf die Jagd. dem Weeg waren, der Sultan mit zweyen seiner Prinzen und einer grossen Anzahl zu Pferd auf die Jagd gieng, und den einen von gedachten Prinzen an seiner Seiten, in dem Wagen sitzend, den andern aber neben sich her reitend hatte, ließ Er jedermann aus dem Weeg gehen, damit man Jhn desto besser solte sehen koͤnnen. Er wurde von mehr als tausend Reutern begleitet, und die mit geführten Hunde waren mit Panzern versehen, daß also daraus zu muthmassen, wie Er etwan auf eine Bären⸗ oder wilde⸗Schweins Jagd 384 Drittes Buch / Fünfzehende Abtheilung / Jagd ausgieng, und dieses nur allein Lusts halben vorzunehmen gedächte, angesehen die Türken von dergleichen Wildbret nichts zu essen pflegen. Zu solcher Zeit hörte man auch viele Stuck⸗Schüsse aus dem Kaiserlichen Pallast gegen das Meer vor dem Hellespont, davon ich aber keine andere Ursach zu geben weiß / als weil der Kaiser auf das Feld gegangen. Der Herr Botschafter hat indessen den Französischen und Engeländischen Gesandten zu sich invitirt; wie Er dann auch selbsten dieselbige bisweilen heimzusuchen gewohnt war. Auf ein andermal gieng Er mit den Herren von Camber und Klimberg nach dem Nischanschi Bascha / von welchen Sie schöne Türkische Tüchlein verehrt bekamen. Es wurden auch Brieffe mit zweyen unterschiedlichen Courier nach Wien abgefertiget / der eine zwar von unsern Herrn Botschafter über Siebenbürgen; der andere aber von dem Engeländischen Gesandten den nechsten Weeg nach ermeldter Einer aus der Botschaft wird von einem BootsKnecht mit einem Messer überloffen. Kaiserlichen Residentz. Den 8ten dito hat ein Boots⸗Knecht oder Levantin den Herrn Matoni bey hellen Tag auf offentlicher Gassen ohne einige gegebene Ursach mit dem Messer in der Hand angefallen, welchen er aber mit dem Degen zuruck getrieben, der hernach von den Janitscharen aufgefangen, und dem Cadi überbracht worden, so ihn auf Begehren des Herrn Botschafters wegen dieses unternommenen Frevels abstraffen solte.

Fünfzehende Abtheilung.

DEn 13ten Martj bekam derjenige Armenier seinen verdien Execution an einen Armenier wegen verübten Mords. ten Lohn, welcher den 29ten des vorhergehenden Monats unweit des Herrn Botschafters Wohnung einen andern Grichen mit einem Dolch einen toͤdlichen Stoß beygebracht woran dieser auch bald darauf sterben müͤssen: er wurde an eben diesem Ort abgestrafft, wo er den Todschlag begangen, und eben an demjenigen Wochen⸗Tag, auch in eben der Stunde ihme der Kopf abgeschlagen. Man führte ihn zu der Richt⸗Stadt ganz ledig und ungebunden, und war er nur von etlichen Janitscharen umgeben, die statt der Waffen ihre Stecken in den Händen hatten, aber kein Priester dabey zu sehen; da wurde auch sonst keine Vorbereitung zum Von unterschiedl. theils auch fehlgeschlagenen Execution. 385 zum Tod gemacht, als wann es eine gar geringe Sache, wann man aus diesen Leben in die Ewigkeit wandern muß, und eben so viel wäre, als wann man zur Hochzeit gienge. Daselbst wurde er bis auf die Hosen ausgezogen, und von den Janitscharen ein Creiß geschlossen: der Maleficant aber stunde frey mit gebogenen Leib und vor gestreckten Hals, und erwartete in solcher Positur den Streich von dem Scharf⸗Richter, welchen dieser auch glücklich geführt, ihm den Fuß in den Rucken gesetzt / und damit zu Boden gestossen, daß er auf den Bauch zu liegen gekommen. Der entseelte Leib bleibt hierauf jederzeit drey Tage ohne einigen Waͤchter liegend, so daß er kaum vor den Hunden, deren alle Strassen voll sind, sicher ist; wann diese Zeit vorbey, wird er weggenommen, und entweder ins Wasser geschmissen, und den Fischen zur Speiß uͤberlassen/ oder wann ihm noch eine Gnade geschiehet, begraben. Gleich des andern Tages sind ihm die Hosen abgenommen gewesen, und er also ganz blos mehr zur Aergernuͤß als zum Exempel da gelegen; so war auch der Kopf nicht mehr zu sehen, von welchem ich nicht weiß, ob er von den Freunden weggenommen worden, damit ihn nicht jeder Köpfe der Baschen pflegen zu Constantinopel öffentlich ausgestellt zu werden. mann im Vorbeygehen gleich erkennen solte, oder ob man solchen in einen Sack nach Constantinopel gebracht, und daselbst drey Tag öffentlich ausgestellt, weil mir nicht bekannt, wie man es mit denen hier wohnenden zu halten pfleget: dieses aber weiß ich wol, daß die Köͤpfe der Baschen und andern Vornehmen, welche sich anderswo aufhalten, nach Constantinopel gebracht, und daselbst öffentlich aufgestellt werden muͤssen, damit kein Betrug mit unterlaufe / und ein solcher / den der Sultan oder Groß⸗Vizir, es sey nun mit Recht oder Unrecht/ hinzurichten befiehlet / etwan heimlich verschont bleibe. Zu diesem Ende liegen so wol zu Constantinopel als Adrianopel vor dem grossen Thor des Pallasts zween grosse weisse Marmel⸗Steine, worauf man die Koͤpfe dieser Unglückseeligen stellet, und dem Volk öͤffentlich sehen laͤsset. Dieses Amt aber verrichten die Capigi Baschi / welche deswegen ihren Hinrichtung der Vornehmen durch Capigi Baschi verrichtet. Häscher immer bey sich haben, wo sie auch hingehen; ja es kan gar wol seyn / daß ein solcher Kaiserlicher Cammerherr seinen Bedienten bisweilen zu Hülfe kommen muß, wann dieser mit seiner die Kunst nicht recht umspringen kan, oder der Erdrosselte nicht so gleich Ccc 386 Drittes Buch / Fünfzehende Abtheilung / gleich sterben will, damit ihme die Schmerzen des Todes möͤgten verringert werden.

Es sind aber nichts destoweniger dieser beiden Verrichtungen Bringt ihnen guten Gewinn. nicht so schlechter Dings zu verwerfen, und bey den Tüͤrken in nicht geringen Ansehen, sintemaln die Häscher / als Handlanger der Gerechtigkeit, das erkannte Recht vollziehen, jene ihre Herrn aber Sorge tragen, damit des Kaisers Befehl nachgelebt werde, welchen er auch jederzeit zu uͤberbringen pflegt, und daraus nicht wenig Nutzen ziehet; dann weil diese Leute eben so wol zu Uberbringung angenehmer⸗ als trauriger Botschaft gebraucht werden, so geschiehet es / daß, wann sie jemand eine erwuͤnschte Zeitung bringen, als daß er ein höͤheres Amt oder vornehmere Stelle erhalten, oder ein Present von dem Sultan oder Groß⸗Vizir zum Zeichen ihrer Gnade und Wolgewogenheit zu zustellen haben, oder daß der Feind geschlagen, eine Stadt erobert oder etwas anders Erfreuliches passirt seye, werden sie jederzeit sehr reichlich beschenkt: muͤssen sie aber traurige Bothen abgeben, und einem sein Todes⸗Urtheil durch das Schwerdt oder Strick ankuͤndigen, partiren sie, weil sie allein sind, viele Sachen der Verurtheilten auf die Seiten, worinnen ihnen dann die Pforte durch die Finger siehet: und wann dieses nicht wäre, wuͤrden diese vornehme Cammerheren mit einem so geringen Sold, als 150. Asperl / oder 50. Para / so in unserm Geld 100 Kreutzer, und also noch nicht einmal zwey Rheinische Gulden ausmachen, nicht so viel Weiber, Knechte, Sclaven, Pferde, Joch⸗Viehe und anderes dergleichen, ihrem Stand gemaͤß, unterhalten koͤnnen; worinnen aber gleichwol ein Capigi immer gluͤcklicher als der andere ist, indem sich die vornehmen Tuͤrken nicht mehr so einfaͤltig, Kara Mustapha worinnen er sich unglücklich hielte.wie zu Zeiten Kara Mustapha Bascha aufführen, sintemaln dieser in allem sehr glückliche Groß⸗Vizir sich öffentlich verlauten lassen, daß Jhme nun nichts mehr abgehe sein Glüͤck vollkommen zu machen, als die Marter⸗Crone, oder ein auf des Sultans Befehl an Jhm vollzogener gewaltsamer Tod, womit Jhm seine Verdienste moͤgten vergolten werden. Diejenige haben noch weit klüger gehandelt, welche den üͤberschickten Strick / ohne weitere Untersuchung, ehrerbietigst geküßt / und ihnen solchen selbst um den Hals geworfen. Ein gewisser Bascha von Babylon aber, der, wo Von unterschiedl. theils auch fehlgeschlagenen Execution. 387 wo ich mich nicht irre, Abdola geheissen, und ein alter auch in den Eines Bascha zu Babylon Resolution auf angekündigtes Tods⸗Urtheil. Türkischen Affairen sehr wol erfahrner Mann war, wuste es noch besser anzufangen, als welcher noch nicht gar lang dreyen zu unterschiedlichen Zeiten an ihn mit seinem Todes⸗Urtheil abgefertigten Bothen die Köpfe abschlagen und nach Constantinopel an statt des Seinigen wieder zuruck schicken lassen, wodurch er verursacht / daß sich niemand mehr finden wollen, so ihm dergleichen Botschaft überbrächte, sondern suchten sich entweder vermittelst einer zulänglichen Entschuldigung von dieser Commission loß zu machen, oder sie gehen unterwegs gar durch / oder nehmen auch wol ihre Zuflucht zu dem Bascha selbst. Wir haben auch noch ein ganz neues Exempel an dem Janum Hodgia/ der noch vor kurzer Zeit CaDergleichen Exempel an dem Janum Hodgia. pudan Bascha gewesen: dieser war aus Coron, einer vornehmen Stadt in Böotien gebürtig / von gar geringen Herkommen / und von den Venetianern im verwichenen Krieg des vorigen JahrHundert gefangen, als der Venetianische Feldherr Morosini die Halb⸗Jnsul Morea in Grichenland der Republic unterworfen, welche Sie im letztern Krieg wieder verlohren. Hierauf hat man Jhn auf die Galee des Vincentius Basta gebracht, und daselbst viele Jahre aufbehalten, bis dieser, nach dem die Türken Morea wiederum erobert, allwo er Stadthalter oder Provedita gewesen, auch gefangen worden. Hier hat sich nun der Janum Hodgia des gütigen Tractaments erinnert, mit welchem ihm Vincentius Basta begegnet, und, weil er ihn so gleich erkannt, viel besser als die übrigen tractirt, den wir auch nachgehends zu Pera mit noch mehr andern Generaln herum gehen sehen; dann weil der Holländische Gesandte wegen des Löͤß⸗Gelds gut gesprochen / haben sie alle ihre Freyheit wiederum erhalten. Als nun Janum nach damals geschlossenen Frieden von den Venetianern wieder auf freyen Fuß gestellet und zu den Seinigen gelassen war / hat er bey unterschiedlicher Gelegenheit eine grosse Wissenschaft im SeeWesen gezeigt, und ist deswegen vom Ahli dem Groß⸗Vizir zum Capudan Bascha erklärt worden. Bey dieser Bedienung hat er sich endlich einen unglaublichen Reichthum zu wegen gebracht, Macht sich verdächtig wegen seines Reichthums. so daß er / wo ich nicht irre, eben derjenige ist, der um Erlangung des dritten Roß⸗Schweifes, als der ersten Vizir vornehmstes Zeichen / 300. Beutel oder 50000. Ducaten angebotten hat; weil man Ccc 2 388 Drittes Buch / Fünfzehende Abtheilung / man aber glaubte, daß er noch mehr verborgene Schätze haben mü Wird von seinem leiblichen Sohn angeklagt. ste / und über dieses von seinem eigenen Sohn, welcher seines Vaters Bedienung nachstrebte / angeklagt worden, als ob er dem Kaiserlichen Befehl zu Methon in Morea nicht nachgelebt / hat man ihn gefänglich angenommen / mit spitzigen Eisen un Welcher nachgehends eines gewaltsamen Tods stirbt.ter die Finger⸗Nägel gestochen, und grausam gequaͤlt. Der VaterMörder ist vor ungefehr drey Jahren eines gewaltsamen Tods gestorben, der Vater selbst aber abgesetzt, und durch Hülf eines Tefterdars und des jetzigem Groß⸗Vizirs/ so damals noch Caimacan / beide aber seine besten Freunde waren, aus dem Ge Janum Hodgia wird ein See⸗Räuber. fängnuͤß entwischt, worauf er sich nach der Insul Chio begeben, und daselbst mit etlichen Galeeren nunmehr einen See⸗Räͤuber abgibt / von den nahgelegenen Städten Kopf⸗Geld eintreibt / und Schatzung fordert, wovon er dann dem Kaiser im geringsten nichts abfolgen lässt, sondern alles für sich und seine Soldaten behaͤlt. Diese letztern bestehen meistentheils aus abtrünnigen und Gotts⸗vergeßnen Christen, auf deren Desperation er sich mehr als anderer Tapferkeit verläßt, des Sultans Länder, so ihm nicht pariren wollen / häßlich vexirt, verwuͤstet und verheeret, und die ihm erwiesene Schmach auf solche Weise empfindlich raͤchet. Er fürchtet sich vor niemand, jaget hingegen jederman einen Schrecken ein, hat auch nunmehro die Masque voͤllig abgelegt, nachdem er zu similiren nicht mehr noͤthig befindet. Seinen Namen Janum Hodgia hat Woher er seinen Namen hat. er von derjenigen Redens⸗Art bekommen, welcher er sich in seiner Jugend gegen seinem Lehr⸗Meister, als dieser ihm züchtigen wollen, bedienet / sintemaln es eben so viel heisset, als: mein herzlieb Woran die Capigi Baschi zu erkennen. ster Præceptor. Obgedachte Schergen sind an einem grossen silbernen Knopf, den sie an dem Gürtel tragen / zu erkennen, wie auch an ihrem an der Seiten geguͤrteten Schwerdt, dergleichen zu Friedens⸗Zeiten niemand, als etwan an dem Sattel, füͤhret.

Art die Schiffe zu laden. Den 14. dito ließ sich der Herr Botschafter gefallen, auf ein Französisches Last⸗Schiff, welches nechster Tagen absegeln solte, zu gehen, um die Manier/ wie solches beladen wird, in genauen Augenschein zu nehmen. Der Ballast bestunde aus einem grossen 500. Pfund schwehren Sack, welchen man aber nicht eher als bis zu Seiner Excellentz Ankunft an sein gehöriges Ort brach te. Von unterschiedl theils auch fehlgeschlagenen Execution. 389 te. Solcher wurde Anfangs von den Boots⸗Knechten auf der Brücke des Schiffs fest zusammen gedruckt, mit Seilen umwunden, alsdann in eine hoͤlzerne aus zween Balken bestehende Machine gelegt / und allenthalben mit kleinen Bretlein umsteckt; nach diesem die Machine stark mit Oehl geschmiert, durch eine Winde fort geschoben, und hiemit ermeldter Sack vermittelst derselbigen zwischen die andern dermassen hinein gepreßt, daß er kaum den dreissigsten Theil von demjenigen Platz eingenommen, den er vorher noͤthig gehabt: wann nun solcher nach seiner Stelle gebracht ist, werden die darzwischen gesteckte Bretter wiederum herausgezogen; wo nur ein Platz Arms⸗groß / kan man einen Wollen⸗Sack so groß als ein Mensch hinein stecken: die üͤbrigen Waaren werden gleichfalls an bequeme Oerter gebracht, und der geringste Winkel nicht leer gelassen. Indem nun die Boots⸗Knechte mit der Ladung beschäftiget waren, liessen sie ihre gewöhnlichen Schiff⸗Lieder beständig darbey hören, denen der Herr Botschafter bey seiner Ruck⸗Kehr sechs Die dem Hrn. Botschafter daselbst erwiesene Ehre. Ducaten auszahlen lassen, ist aber zuvor von dem Schiffs⸗Patron in seinem vordern Zimmer mit unterschiedlichen aus den Insuln hergebrachten Wein / Zuckerwerck, Früchten, und andern Speissen tractirt, und das Uberbliebene unter die Diener ausgetheilt worden. Bey dieser Gelegenheit habe ich unter dem Wasser um das Schiff Eine Art von Insecten. her einige Fische oder gewisse Art von Insecten gesehen, so rund, in der Mitte wie ein Frosch, und wie eine Sulze ganz durchscheinend, ausgesehen, davon mir aber niemand den eigentlichen Namen sagen können. Nachdem nun der Herr Botschafter wuͤrklich aufgebrochen, hat Jhm der Schiffs⸗Patron und die Vornehmsten von der Französischen Kaufmannschaft, die zum Theil mit uns von Pera gekommen, theils schon vorher sich auf dem Schiff eingefunden, bis nach Hauß in sein Zimmer begleitet. Jener hat sich auch schon vor Dessen Ankunft an das Ufer setzen lassen, um Ihn daselbst zu bewillkommen, der Herr Botschafter aber war einen ganz andern Weeg hergekommen, als sich der Patron eingebildet. So wol im Her⸗ als auf den Hin⸗Weeg sind alle Stücke auf dem Schiff gelößt worden: und als wir noch zu Hauß über Tisch gesessen / ist der Sultan diese Gegend vorbey gefahren, welchen er mit 13. Stuck⸗Schuͤssen begrüͤsset, woran dieser Kaiser ein gar grosses Belie Ccc 3 390 Drittes Buch / Fünfzehende Abtheilung / Belieben soll gehabt haben. Jm übrigen müssen sie, so oft sie an Ankommende und ablauffende Schiffe müssen sich durch Loßbrennung des Geschützes melden. kommen, oder wieder abfahren / gegen den Kaiserlichen Pallast über, nach Schiffs⸗Manier und allenthalben eingefüͤhrter Gewohnheit, solches durch Loß⸗Brennung einiger Stücke anzeigen, nicht anders, als wie die Schiffe / so einander auf der Höhe begegnen, sich zu begrüssen pflegen; welches wo man es unterlassen, gar öfters zu allerhand Verdrüßlichkeiten Anlaß gegeben, so daß sie auch daruͤber mit einander Hand gemein worden sind. Es pflegen aber aus Wie viel Französische Schiffe hier einlaufen. den Französischen See⸗Häfen jährlich 150. Schiffe allhier einzulaufen; so hat mich auch mehr gemeldter Herr Dumasrambois versichert, daß 20. und noch mehr Französische Schiffe auf einmal in hiesigen Hafen gelegen: von Venedig kommen auch nicht viel Wie viel von Venedig.weniger an, aber der Engelläͤndischen und Holläͤndischen bekommt man hier so viel nicht zu sehen. Die Französischen hier einge Französische Waaren.führten Waaren bestehen meistentheils aus Tüchern / Papier / Arzney / Scharlach / und anderen Farben; die Engelländer Englische. bringen Uhren; die Holländer Zimmet⸗Rinden, Pfeffer / Holländische.Muscat / Nägelein / Zucker und dergleichen Gewürze: die Ve Venetianische. netianer aber suchen ihre Glaß⸗Spiegel, Flaschen / Schalen / Hasel⸗ und andere Nüsse / wie auch so wol als die Franzosen / unterschiedene Tücher, hier an den Mann zu bringen: worgegen diese hinwie Was für Waaren weggeführt werden. derum Wachs / Seiden / Wolle / Camel⸗ und Ziegen⸗Haare davon hier eine gewisse Art zu finden / die weiß⸗zottig, und so lind / wie Seiden sind, aus dem Lande füͤhren. Der Herr Botschafter hatte neulich sechzehen solcher Ziegen, mehrentheils trächtig, aus Asien bringen lassen, die alle nach Ungarn sollen geführt werden. Die Franzosen pflegen auch Oehl zum Seifen⸗machen und Caffé-Bohnen einzuhandeln. Die Türkischen Schiffe, so aus allen Orten der Welt hier ankommen, sind gar nicht zu zehlen, dardurch ich aber nur die Kauf⸗ und Last⸗Schiffe verstehe / welche der Stadt allerhand Lebens⸗Mittel zu führen; dann von den Kriegs⸗Schiffen will ich alsdann etwas gedenken, wann der Herr Botschafter von den Capudan Bascha Abschied nehmen wird.

Den 16. dito ist der berühmte See⸗Räuber, davon ich schon Abstraffung eines berühmten See⸗Räubers.oben Meldung gethan, in seinem Schiff, welches vor ungefehr 4. Monaten, noch vor ihm / eingebracht worden, wie ich ebenfalls auch dazumal ausführlich erzehlt habe / über den Serrallien auf dem Canal Von einigen der R. Kais. Botsch. zugestand. Freyheiten rc. 391 Canal zwischen 8. und 9. Uhr an einer Seegel⸗Stange aufgehenkt, daran drey Tag gelassen und nach Verfliessung derselbigen vom Strick loß geschnitten und ins Wasser versenkt worden: er hinterließ Weib und Kind auf der Jnsul Maltha / und ist auf einer Jnsul des Egäischen⸗Meers, oder in dem Archipelago, gefangen worden / woselbst ihn die Hirten, denen man ihn schon lang beschrieben hatte / verrathen. Jch habe niemals / als eben zur selbigen Zeit / so viel kleine Schiffe auf dem Canal gesehen / mit welchen das grosse Fahrzeug umgeben gewesen: eine unglaubliche Menge Volks fande sich allhier ein / und war der ganze Canal mit Schiffen gleichsam bedeckt, und an dem Ufer die Anzahl Leute gar nicht zu beschreiben, also daß man kaum durchkommen kunte, welches aber den armseeligen Menschen seinen Schmerzen nur zu vermehren schiene. Der Sultan selbst mit dem Groß⸗ Vizir hat aus seiner Kiosch oder Lust⸗Haͤußgen diese Execution durch ein Perspectiv mit angesehen. Die Türken bezeigten hieruͤber eine so grosse Freude / als wann sie weiß nicht was für einen Sieg über ihre Feinde erhalten hätten; und da auf den Nachmittag einige von den Unsrigen am Ufer spatzieren giengen, lief ihnen ein Jung nach, so ihnen beständig Jaour / Jaour nachgeschriehen, und zugleich auf den Gehenkten hinwieß, um gleichsam damit zu verstehen zugeben, daß sie als Christen auch keines bessern Glüͤcks wuͤrdig wäͤren.

Sechzehende Abtheilung.

DEn 17. Mertz sind abermal etliche von den Unsrigen nach Angestellte Jagd in Asien. Asien über auf die Jagd gegangen, und erst des andern Tags zu Abends wiederum mit vieler Beute zuruck gekommen; und weil in diesen Ländern sich gar selten Leute in Teutscher Tracht sehen lassen, sind bisweilen ganze Dörfer zu gelaufen, ihre Neugierigkeit an unserer Betrachtung zu ersattigen, und weil wir Anfangs die Ursach solches Auflaufs nicht wusten, haben wir die ganze Nacht Wachten ausgestellt, so auf diese Leute Achtung geben musten. Als wir wieder nach Hauß kehrten, und uns der Durst sehr plagte, weil wir den ganzen Morgen auf den Bergen und SteinKlippen herum geklettert, schickten wir einen von unsern Janitscharn, deren 392 Drittes Buch, Sechzehende Abtheilung / deren wir etliche bey uns hatten, mit Geld in das nechst gelegene Dorf / uns Wein dafür einzukaufen / er kam aber leider! unverrichteter Sachen wieder zuruck, und berichtete, wie der Weinschenk, ein Armenier / nicht zu Hause sey; dann daß er dieses wegen Zäͤrtlichkeit seines Gewissens nur solte erdichtet haben, ist nicht wol zu glauben, weil er den Wein so gerne/ als wir selbsten, zu trinken pflegte. Wir waren demnach gezwungen, mit schmachtender Seele unsern Weeg weiter nach Scutari fort zusetzen, trafen aber noch ehe Höflichkeit eines Grichischen Pfaffen / und Armenianischen Wirths.wir dahin kamen, einen Grichischen Πάππας (Pappas) oder Geistlichen an, so in einem Garten Kraͤuter zusammen suchte, welcher uns bey einer Stund weit üͤber einen Berg nach einer Herberg führte / wo wir den delicatesten Wein von der Welt angetroffen, dergleichen wir in der ganzen Tuͤrkey nicht besser getrunken: so ist uns auch hier zu Land noch niemand mit solcher Höflichkeit / wie dieser Armenianische Wirth / begegnet; und ob ich zwar Anfangs gezweifelt, ob wir oder der Geistliche damit gemeinet waͤren, so habe ich mir doch den Zweifel endlich selbst benehmen koͤnnen, wann ich bedacht, wie die Grichen ihre Geistlichen in schlechten Ehren halten, als welche ich wol ehe unter einen ganzen Haufen Bauern angetroffen: zudem war mir nicht unbewust, daß dieses Volk das Geld mehr, als alles andere liebet. Es hat aber auch bemeldter Geistliche selbst eine ungemeine Ehrerbietung gegen uns verspuͤhren lassen, indem er sich nicht nur um unsertwillen von seinem Hauß so weit entfernet / sondern auch seine gesammlete Kräuter, welche ihm vielleicht zum Abend⸗ oder Mittag⸗Essen dienen sollen, mit grosser Der Grichen vieles und strenges Fasten.Freygebigkeit unter uns ausgetheilet. Dann die Grichen sind dem strengen Fasten gar sehr ergeben / und beobachten ausser derjenigen / so zum Gedachtnuͤß unsers leidenden Heylandes angestellet ist, und durch die ganze Christliche Kirche observirt wird / noch viel andere kleinere Fasten; sie haben auch noch drey gröͤssere, nemlich vor Petri/ Mariä⸗Himmelfarth, und in dem Advent vor der H. Christ⸗Zeit; dabey sie sich dann der Fische und alles was von lebendigen Creaturen ist, auch was von denselbigen herkommt, aller Milch⸗Speise und dergleichen, enthalten, und nur einig und allein mit Früchten, Wurzeln und Kräutern behelfen. Der liebe Mann war so diensthaft / daß er uns mit eigenen Häͤnden den Wein einschenken, die Gläser schwanken / und andere dergleichen Ver Von einigen der R. Kais. Botsch. zugestand. Freyheiten rc. 393 Verrichtungen über sich nehmen wollen, wofern wir es nur zuDie Wirth in Asien wissen auch mit doppelter Kreiden umzugehen; doch vielleicht nur die Jungen. gelassen hätten: er hat auch des Wirths Sohn wegen seiner Betrügerey, da er uns mehr angeschrieben / als wir verzehrt, die Maaß nicht gehöͤriger massen voll gefuͤllt, und noch darzu mehr Geld als von andern von uns gefordert, bey seinem Vatter einen Buckel voll Schläge verschafft, und ihn gezwungen, daß er den Uberschuß wieder hergeben muste, und dieses alles ohne unsern Willen, nur aus rechtmäßigen Eifer und Liebe zur Gerechtigkeit. Als wir uns nun nach zwey täͤgiger Ermuͤdung allhier wiederum in etwas erholt, ist er zu letzt auch noch mit uns an den schwarzen Canal gegangen, und hat zwey Schiffe für uns gemuͤthet, auch so genau, als es nur möglich war, gedungen; hierauf haben wir uns wiederum nach Europa uͤbersetzen lassen / und sind zu Talman Bascha zwischen Funduklu / und Besiktasch einem Kaiserlichen Lust⸗Hauß, ans Land gestiegen. Hier siehet man über Wiese ein SammelPlatz der Aufrührer. den Serrallien eine mit Cypressen⸗Bäͤumen besetzte, und zu Constantinopel gar beruffene Wiesen, weil daselbst fast zu aller Aufruhren der Grund gelegt wird, weswegen auch der Sultan durch gewisse Leute gar fleissig auf diejenige acht geben laͤsst, welche sich zum öftern allda einzufinden pflegen. Jn der Mitte dieser Wiesen hat Talman Bascha ein Lust⸗Häußgen erbauet / davon es eben den Namen bekommen, auf welchen erst neulich der Freyherr von Rhomberg unsern Adel samt noch einigen andern mit Paucken und Trompeten tractirt, und bey dieser angenehmen Früͤhlings⸗Zeit mit allerhand vergoͤnnten Kurzweil divertirt; und haben die Türken durch die verstattete Permission zu erkennen gegeben, daß sie in diesem Stuck den Teutschen mehr, als ihren eigenen Lands⸗Leuten, traueten. Sonst wird niemand erlaubt, sich an solchem Ort einer Music zu Bey den Serrallien darf keine Music gehört werden. bedienen, wo man es in das Kaiserliche Serallien hören kan / dahero die Kaufleute, welche Lusts wegen auf die benachbarten Jnsuln mit einer Music fahren, so bald sie bey dem Serrallien vorbey kommen, sich stille halten, damit das Kaiserliche Frauenzimmer etwan nicht an der Ruhe gestoͤrt, oder luͤstern gemacht wuͤrde, sich nach andern Manns⸗Personen um zu sehen / und ein Verlangen nach ihnen zu bezeichen. Allein die Tüͤrken haben uns alles erlaubt, so gar Erlaubte NachtMusic. daß sie auch nicht einmal bey der Nacht, so doch hiesiges Orts was un Ddd 394 Drittes Buch / Sechzehende Abtheilung / unerhörtes war, uns gestöret, wann der Adel, nachdem die Zeit unserer Abreiß herbey genahet, zum öͤftern mit unsern Musicanten und angezündeten Fackeln durch die Strasse zu Pera herum gezogen, wel Wird den Venetianern nicht verstattet.ches denen Venetianern, die es uns nach unserer Abreiß nachthun wollen, von den Janitscharn nicht ohne empfindlichen Verdruß verbotten, und sie wieder nach Hauß geschafft worden, wie wir noch auf dem Heimweeg erfahren haben: ja, als sie sich nachgehends bey der Pforte deswegen beklagt, erhielten sie keinen andern Bescheid / als daß solches nur des Röͤmischen Kaisers Botschafter könne verstattet werden. So haben auch die Bedienten anderer Degen darfen keine Bediente bey Gesandtschaften als nur der Kaiserl. tragen.Gesandtschaften sonst noch einen Vortheil von uns gehabt: dann so lang wir uns zu Pera aufgehalten, sind sie mit dem Gewehr an der Seite herum gegangen, weil die Türken sie wegen Gleichheit der Kleidung von den Unsrigen nicht unterscheiden koͤnnen: so bald wir aber verreißt gewesen, ist ihnen dieses auch darnieder gelegt worden, so daß nun niemand, als die Gesandten für ihre eigene Person, sich des Degens bedienen darf.

Herr Botschafter legt bey den Janitscharen Aga wegen erhaltener Bestättigung in seinem Amt die Gratulation ab. Den 18. dito hat sich der Herr Groß⸗Botschafter in Begleitung der Grafen Nesselrode / Kinigl / Thierheim / Bielinski, und dem Freyherrn von Zweiffel / Hn. v. Franken und Demerath aus dem zweyten Adel, nacher Constantinopel zum Janitscharn Aga verfügt, woselbst eine groͤssere Anzahl der vornehmsten Officiers, als bey dem Groß⸗Vizir selbsten/ angetroffen wurde. Diesem Obersten⸗Befehlshaber ist eben diesen Tag die Bestättigung seines Amts, so er schon lang versehen, dabey aber auch eine gewisse Besoldung, die er bisher noch nicht genossen, vermittelst eines Kaiserlichen Decrets, zu theil worden. Man kan leicht gedenken, warum der Groß⸗Vizir eben zu solcher Zeit dergleichen vorgenommen, damit es nemlich mit desto grössern Pracht zugehen solte, wann andere Gesandtschaften davon Nachricht erhielten. Dieser hat ihn / da der Herr Botschafter schon auf dem Weeg war, zu sich berufen lassen, weswegen er seinen Bruder Commission gegeben, Se. Excellentz bey Jhrer Ankunft, statt seiner zu empfangen, und mit Discours derweilen zu unterhalten: Er ist aber von dar gar bald mit grosser Freude üͤber die erhaltene Bestättigung und angewiesenen Besoldung zuruck kommen, worzu dann der Herr Bot schaf Von einigender R. Kais. Botsch zugestand. Freyheiten rc. 395 schafter ihm in einer weitläuftigen Rede gratuliret hatte. Bey dem Abschied wurden Sr. Excellenz eine kostbare damascenirte Flinte von ihm verehrt, die andern aber mit schönen Türkischen Tüchlein beschenket.

Den 19. dito ist eine edle Venetianerin, aus dem Geschlecht Eine edle Venetianerin wird loß gekauft. Balbi, deren Mann sich in der Insul Morea gefangen geben muͤssen, nachgehends aber in dem Baino gestorben: und der Bruder / ein Venetianischer Hauptmann sich mit eigenem Geld erloͤßt, welcher noch zu unserer Zeit zu Pera frey herum gegangen, auf öͤfters Anhalten des Herrn Botschafters von einem Kaiserlichen Cämmerling um fuͤnf Beutel oder 2500. Thaler / so in Gold 833⅓. Ducaten austrägt / loß gegeben worden. Es haben ihre Freunde schon vorher zum öftern ein billiges Geld für sie gebotten, worauf aber der Tuͤrk / es sey nun mit Wahr⸗ oder Unwarheit, vorgewendet, wie er sie selbst theurer gekauft hätte; weswegen er / vermög des Passarowitzer Friedens, dieselbige loß zu schlagen, nicht eher darzu gebracht werden kunte, bis der Herr Botschafter ihm damit furchtsam gemacht, wann er ihm getrohet, Er wolle sich deswegen bey dem Groß⸗Vizir beklagen; weswegen er sie um gemeldten Preiß endlich entlassen / doch mit dem Zusatz, daß solches einig und allein um des Herrn Botschafters willen geschehe. Ein gewieser Spanier / Namens Fonseca, seiner Profession nach ein Medicus, auch Leib⸗Arzt und Rath des Wallachischen Fürsten / so sich bey hiesigen Hof in seinen eigenen und seiner Freunde Verrichtungen eine zeitlang aufgehalten, ist wiederum nach dasigen Landen zuruck gegangen / und hat ein Paquet Brieffe mit sich genommen, so üͤber Siebenbuͤrgen und Wien verschickt werden solte.

Der 26te und 27te Merz ist für Constantinopel zimlich Sturm. ungluͤcklich gewesen, indem nicht nur in einem Sturm zwey Tschaicken auf den Canal mit allen aufhabenden Personen zu Grund gegangen, sondern auch abermal ein schädlicher Brand entstanden, FeuersBrunst. wordurch wiederum mehr als tausend Haͤuser ruinirt worden; das Feuer ist bey einem Juden ausgekommen, der sich deswegen auch mit der Flucht gerettet, aber alles das Seinige in Stich lassen muͤssen: diese verderbliche Fackel leuchtete so hell / daß man zu Pera über den Canal bey der Nacht alles ohne weiteres Licht lesen kunte. Den Tag vor dem Sturm wurden uns von Smyrna eilf Gefan gene Ddd 2 396 Drittes Buch / Sechzehende Abtheilung / gene zugeführt, deren der Herr Botschafter nur siebene begehrt/ weil er von den übrigen nichts gewust hatte. Als der Sultan dieselbige bey so gefährlicher Zeit vorbey schiffen sahe, und doch nicht wuste, wer sie wären, besorgte er sich eines hierunter verborgenen Betrugs, schickte derowegen jemand ab / der deswegen Nachrichte einziehen muste.

Die Carwoche hindurch haben unsere Priester den GOt CarwochenAndacht. tes⸗Dienst fleissig abgewartet, und wir uns nicht weniger andächtig dabey eingefunden: die Palm⸗Zweige wurden geweyhet und ausgetheilt, Predigten zu dem Volk gehalten / die Propheceyungen gesungen, das Heil. Abendmal am Tag der Einsetzung von dem Gröͤsten bis zum Geringsten / ausser denen, so unserer Religion nicht zugethan waren, genossen, auch die gewöhnliche Beicht in der Franciscaner⸗ als unserer Pfarr⸗Kirchen, abgelegt, in welchem allen dann der Herr Botschafter mit seinem Exempel uns erbaulichst vorgegangen; hierauf wurden die Altäre entbloͤßt, und der Heil. Leib ins Grab gebracht, bey welchen der erste Adel insgesamt / und dann sechse aus dem Zweyten, als der Herr Locher / Jmhof / Schopen / Weipler / Franken und Demerath / von sechs Uhr an des Abends die ganze Nacht hindurch wechsels⸗weiß gewacht, bis er am Freytag zu frühe wieder heraus genommen worden; daß es aber so bald geschehen, weiß ich keine andere Ursach anzugeben, Oeffentlicher Umgang. als weil der enge Raum in der Kirchen solches nicht länger verstatten wolte. Am Samstag um 7. Uhr wurde von der Jesuiter⸗Kirche ein oͤffentlicher Umgang angestellt, und das Venerabile von dem Herrn Abt zu Domben / Grafen von Schrattenbach / durch die ganze Stadt Galata getragen: da dann nicht auszusprechen / mit was grosser Ehrerbietung dasselbige die Grichen und Armenier nicht allein vor ihren Kirchen / sondern auch auf offentlicher Strassen / empfangen, zu deren Bezeugung sie Rosen⸗Wasser entgegen gesprützt, und Weyhrauch angezündet haben. Den heiligen Abend und den darauf folgenden Oster-Tag hat mehr bemeldter Herr Abt von Domben bey den Franciscanern den GOttesDienst verrichtet, wobey sich Se. Hochgraͤfliche Excellenz mit der ganzen Hofstatt jederzeit eingefunden, und unsere Musicanten mit ihrer Instrumental- und Vocal-Music die Andacht vermehren helfen. Des andern Tags in der Frühe, als des Herrn Botschaf ters Von der Abschieds⸗Audienz bey dem Sultan. 397 ters Leute zur Messe giengen, begegnete ihnen ein Janitschar, und gebohrner Sclavonier, der gern beichten wolte; weil aber von den Franciscanern niemand diese Sprach verstund, wurde er an einen Priester aus der Gesellschaft Jesu bey unserer Hofstatt gewiesen; welcher jedoch wegen des hohen Festes an diesem Tag keine Messe zu Hauß laß, und ihn folglich nicht speissen kunte / weswegen er ihn auf den andern Tag wieder kommen heissen. Ein Venetianischer Fähndrich, aus Neapoli gebürtig, so von einer vornehmen Famille herstammte, und erst neulich wiederum loß gemacht worden, hat bey dem Herr Botschafter das Mittagmal eingenommen. Den 1ten April / an welchem der jährliche Gedächtnis⸗Tag NamensTag des Hn. Botschafters. des Seel. Hugo einfiele, wurden Se. Excellenz von denen ausländischen Gesandten wegen dero erfreulichsten Namens⸗Fest complimentirte, wie dann auch die ganze Botschaft die schuldige Gratulation deswegen abgestattet. Des nechstfolgenden Tags ist der Stallmeister um den Nachmittag in die Stadt geschickt worden, die Pferde und alles andere zu der am andern Morgen bestimmten Abschieds⸗Audienz bey dem Sultan anzuschaffen.

Siebenzehende Abtheilung.

HJerzu nun wurde zwey Stunden nach Mitternacht mit der Trompeten ein Zeichen gegeben, und zugleich jederman zur Messe in des Herrn Botschafters Behausung beruffen. Nach deren Endigung liessen sich Se. Excellenz in einer Senften AbschiedsAudienz bey dem Sultan. an das Meer tragen, denen die andern zu Fuß gefolgt sind, weit ohne dem der Weeg bis dahin nicht gar weit war: die Tüͤrken aber giengen mit Wind⸗Lichtern bis zu den Schiffen, die bereits auf uns warteten, voran. Man bediente sich diesesmal etwas groͤsserer Schiffe, als sonsten, weil sich das Meer sehr ungestümm zeigt, welches bey unserer Ruckkunft noch hefftiger gewuͤtet hatte. Nachdem wir nun alle uͤbergesetzt waren, stiegen wir auf die in Bereitschaft stehende und von der Pforte angeschafte Pferde, und nahmen unsern Weeg nach dem Serrallien, wohin uns die Wind⸗Lichter begleiteten, wir aber daselbst eben / wie jenesmals / bey einer halben Stund warten musten, weil der Groß⸗Vizir mit seiner Suite noch nicht ange kom Ddd 3 398 Drittes Buch / Siebenzehende Abtheilung / kommen war. Unsere gehaltene Ordnung kam derjenigen bey, wel Janitscharn wird Reiß ausgetheilt. che wir allezeit beobachtet haben; alle Ceremonien waren den erstern gleich, nur daß jetzo den Janitscharn der gewöhnliche Reiß ausgetheilt worden, so zur selbigen Zeit nicht geschehen; worbey sie noch eine gelbe Suppen bekamen, nach welcher sie, so bald der Herr Botschafter nebst den Seinigen mitten auf dem Platz angelangt, Sporn⸗streichs rannten, aber auch mit eben solcher Geschwindigkeit nach ihren vorigen Ort kehrten und auf bloser Erden mit Creutzweiß über einander geschlagenen Füssen, solche begierig verzehrten; woraus dann die Vorstehere im Regiment gewisse Versicherung nehmen kunten, daß sie mit ihrer Regierung nicht übel zu frieden Saumseligkeit dabey ist ein Anzeichen bevorstehender Aufruhr. wären: dann wo sie sich in deren Abholung saumselig bezeugen, oder solche auf die Erden schütten, und mit Füssen tretten, stehet es so wol mit des Groß⸗Vizirs / als auch bisweilen gar mit des Kaisers Leben mißlich, wo nicht alsobald jemand zu ihnen geschickt wird, der um die Ursach ihres Mißvergnügens fragt, und sie aller Satisfaction versichert; dann diese Leute unterstehen sich alles ohne Scheu vorzunehmen, und braucht es sonst nichts, als daß sich jemand findet, der sich zu ihrem Anführer aufwirft: dahero es um dererjenigen Leben, die ihnen verhaßt sind, oder von denen sie ins Geschwinde ProcessOrdnung bey den Türken. künftige einigen Nachtheil befürchten, gemeiniglich geschehen ist. Jm Gericht sassen eben diejenige Personen, welche wir bey der ersten Audienz angezeigt haben; so wurde auch gleiche Ordnung observirt, und nichts veränderliches gesehen, als daß die Richter von Europa und Asien nun grün umwundene Bünde auf hatten. In einer einigen Session dieses Gerichts werden mehr Händel geschlichtet, als in andern Ländern oftmals in vielen Jahren, geschiehet. Hier läßt man alle streitende Partheyen, sie moͤgen so gering seyn / als sie wollen, mit ihren Effendis oder Schreibern vor, die Wittwen und Waisen, die ohne Morgen⸗Gab von ihren Mäͤnnern Verstossene / die Sinnlose, im Krieg Blessirte und Zerstuͤmmelte rc. nur WeibsPersonen stellen sich vor den Divan mit verhüllten Angesicht. mit diesem Unterschied, daß die Weibs⸗Personen mit verhüllten Angesicht vortretten: also daß keiner, so eine gerechte Sache hat, abgewiesen wird. Der Groß⸗Vizir selbst lase die Bitt⸗Schrifften, Streit⸗Händel und Anforderungen / und unterschrieb sie entweder gleich selbsten, oder übergab es noch andern, wann es absonderlich wichtige und einiger Schwürigkeit unterworfene Sachen sind, zum durch Von der Abschieds⸗Audienz bey dem Sultan. 399 durchlesen, deren Meinung er so dann daruͤber vernommen/ ehe Er einen Ausspruch gethan hatte; oder Er gab mit Zerreissung des Papiers zu verstehen, daß er die ganze Sache verwerfe: woraus wir dann hätten genugsam abnehmen koͤnnen, wann wir es sonst nicht gewust, daß der Groß⸗Vizir das Recht selbsten sehr wol innen ha Groß Vizir ein RechtsVerständiger. be, welches eben nicht allezeit zu geschehen pflegt; sintemaln man noch wol Exempel weiß, daß durch des Kaisers Gunst dergleichen Leute zu solcher Würde erhoben worden, die noch kurz vorher Flei Darzu werden auch geringe und unerfahrne Leute genommen. scher / Becken und Boots⸗Knechte gewesen, und weder lesen noch schreiben können. Nachdem man nun jetzt beschriebener massen unterschiedliche Händel abgethan, wurden die Speisen herbey gebracht, und der Herr Botschafter mit dem Groß-Vizir allein tractirt, die andern aber von dem ersten Adel zu denen uͤbrigen Vornehmen Mittagmal in dem Divan verzehrt. und Richtern an die Tische logirt; wobey sie dann eben an dem Ort sitzend geblieben, den sie in dem Gericht eingenommen, und also hatte man in dem Divan das Mittagmal verzehrt: und ob zwar der zweyte Adel nebst des Herrn Botschafters Bedienten auch darzu eingeladen worden, haben sie doch für diesesmal solche Höflichkeit nicht annehmen wollen, weil sie wol gesehen, daß kein Platz für sie üͤbrig geblieben, es sey dann / daß sie sich hätten gefallen lassen, mit den Dienern und Laquayen auf der blosen Erden füͤr lieb zu nehmen: hingegen haben sich die Kaiserlichen Caͤmmerlinge deswegen kein Bedenken gemacht, noch vor den Speisen einen Eckel bezeigt, sondern immerzu beide Backen voll gefüͤllt, auch sich gegen ihre Herren dermassen vertraulich aufgefüͤhrt, daß sie nicht nur die Speisen mit ungewaschenen Haͤnden betastet / und Stücke davon herunter gezerrt / wann sie von der Tafel wieder in die Kuche gekommen, sondern sie haben solche auch nicht unbezwackt gelassen, ehe sie noch einmal auf die Tafel gesetzt worden. Als nun nach eingenommener Malzeit die Caftan ausgetheilt waren, verfügte man sich zu dem Sultan zur Abschieds⸗Audienz, wo man die voDie Botschaft gehet aus dem Divan nach dem Sultan. rigen Ceremonien abermal beobachtet hatte: so haben auch wiederum einige von Adel zuruck bleiben muͤssen, weil nicht genug Caͤmmerlinge vorhanden gewesen; und weil Se. Excellenz verlangt, daß auch ich mit vorkommen solte, damit ich, was hier vorgienge, meiner Historie nachmals einverleiben könnte / aber gleichwol keinen Füh 400 Drittes Buch / Siebenzehende Abtheilung / Auf was Weiß ich darzu gekommen.Führer hatte, und wol wuste / daß ohne dergleichen niemand vorgelassen würde, habe ich einen Capigi / welcher nebst einem andern den Dolmetsch Herrn Theyls füͤhrte, also fest bey der Hand gefaßt, daß ich ihn nicht eher loß gelassen / bis ich daselbst war, wo ich hin verlangt hatte: und was kan ich dafür, daß dergleichen Mittel einem andern, so etwan wieder seinen Willen zuruck bleiben müͤssen, nicht auch beygefallen; doch muß ich zugleich bekennen, daß, wo einer von den Aufsehern mich also frey vor den Kaiser tretten sehen, der Thür⸗Hüter über solche Unachtsamkeit wol leichtlich hätte den Kopf verliehren koͤnnen. Endlich hat der Herr Botschafter zu dem auf dem Thron sitzenden Sultan folgende Rede gehalten:

Aller Durchlauchtigster und Großmächtigster Kaiser! Nachdem in dieser Zeit / da ich bey dieser erlauchten Pforten das Amt eines Groß⸗Botschafters vertretten / von Eu. Majestät mit so vielen Kaiserlichen Gnaden überhäufet worden / ist nun die Zeit herbey kommen / da der Aller Durchlauchtigste / Großmächtigste und Unüberwindlichste Römische Kaiser / mein Allergnädigster Herr / mich wieder nach Teutschland beruffen hat. Weswegen nichts mehr übrig / als daß ich dasjenige / was bereits bey meiner Ankunft gemeldet und bestaͤttiget/ nun noch einmal bekraͤftige; wie ich dann hiemit nochmaln vermelde/ wiederhole/ bekräftige und versichere / daß Se. Römisch⸗Kaiserliche Majestät die neulich bedungene Friedens⸗Puncten heilig und auf das genauste beobachten werden/ und zwar in derjenigen Hofnung und Absehen / daß Eu. Kaiserliche Majestät solchen gleichfalls in allen nachzuleben eifrigst werden bedacht seyn. Der Dreyeinige GOTT verleihe nur / daß der durch die GroßBotschaften beiderseits nunmehr bestaͤttigte Friede von ewiger Dauer seyn moͤge. Euer Majestät geruhen in des Von der Abschieds⸗Audienz bey dem Sultan. 401 dessen bey meiner Abreise durch Dero Landen / und hinfort jederzeit / mit allen Kaiserlichen Gnaden mir zugethan zu verbleiben. Vorsetzliche Benennung des Dreyeinigen GOttes.Es hatte der Herr Botschafter den Tag zuvor sich gegen dem Holländischen und Venetianischen Gesandten verlauten lassen, daß er in der Anrede gegen dem Kaiser etwas mit anbringen wolle, so mit dem Türkischen Glauben nicht übereinkomme; und ob zwar dieser solches widerrathen, und versichert, daß die Tüͤrken nichts wenigers dulten koͤnnten, als wann etwas wider ihre Meinung vorgebracht wuͤrde: haben sich Se. Excellenz doch nicht abschrecken lassen, daß Sie nicht des Dreyeinigen GOttes gedenken sollen; woruͤber die Tüͤrken sich auch mit Recht nicht beklagen kunten, weil nach allem Völker⸗Recht niemand verbotten, denjenigen GOtt zu verehren, und mit solchen Namen zu nennen,/ welchen ihn seine Religion an die Hand gibt.

Auf diese Anrede hat der Groß⸗Vizir in Tüͤrkischer Sprach geantwortet, der Dolmetsch bey der Pforten aber solche Antwort abermal in der Jtaliänischen wiederholet. Nach diesem wurde Kaiserl. AbschiedsSchreiben. das Kaiserliche Schreiben zum Zeichen der wol verrichteten Gesandtschaft, und Bestättigung der aufs neue aufgerichteten Freundschaft zwischen dem Occidentalischen und Orientalischen Kaiserthum ausgeliefert, welches der Kaiser dem Groß⸗Vizir / dieser dem Capudan Bascha / der Capudan Bascha dem Nischanschi Bascha / und dieser endlich dem Herrn Groß⸗Botschafter zu gestellt / der solches dem Herrn von Dierling uͤbergeben, damit er es bey dem Abzug oͤffentlich durch den Vorhof und die Stadt bis an das Schiff tragen solte. Der Umschlag dieses Dessen äusserliche Beschaffenheit. Schreibens war von Silber⸗Zeug mit guldenen Blumen gestickt, und mit einem breiten Saum von rothen mit Gold gestickten Atlas eingefaßt. An dem obern Theil gieng das Papier etwas heraus / worauf man die Uberschrifft an den Roͤmischen Kaiser mit Tüͤrkischen Buchstaben sehen kunte. Das Siegel ist in einem silbernen Büchsgen von schoͤner Arbeit verschlossen gewesen, und in der Mitte hat ein kostbarer Carfunkel gespielt, dessen Glanz die rings herum gesetzten viele Diamanten um ein grosses vermehrten. Zu letzt haben wir wiederum in dem Vorhof auf unsern Pferden gehalten, und die Eee 402 Drittes Buch / Achtzehende Abtheilung / die Janitscharn / den Groß⸗Vizir und andere vornehme Türken aus dem Serrallien nach Hauß kehren sehen / denen wir so dann gefolgt, und in voriger Ordnung schleunig auf unsere Schiffe gegangen. Der Sultan hat dem Herrn Groß⸗Botschafter Geschenk des Sultans an den Hn. Groß⸗Botschafter.einen schönen Fuchs mit Sattel und Zeug nach Hauß geschickt / so in dieser Rüstung gar leicht auf 1500. Ducaten kunte geschätzt werden; dann die Steig⸗Bügel / der Zaum, Sattel und Brust⸗Stuck waren von purem Silber und uͤberguldet, eine reich gestickte Schabrack bedeckte das Pferd, am Kopf und auf der Brust sahe man die grösten und kostbaren mit vielen andern raren Steinen und Perlen Pusican schenkt nur der Kaiser.umsetzte Schmaragde, und an der Seite hieng ein Pusican/ womit sich dieses Kaiserl. Geschenk von andern distinguirt, angesehen andere Vornehme an dessen statt einen damascenirten Säbel hergeben. Bey diesem Aufzug ist abermal eine grosse Menge Volks zugelaufen / und haben sich der andern Gesandtschaften Bediente, zum Theil auch ihre Herren selbsten / absonderlich der Venetianische und Holländische Gesandte / von dem starken Wind nicht abschrecken lassen / denselbigen mit anzusehen, und zu dem Ende nicht ohne alle Gefahr üͤber den Canal gesetzt. Ein grosses in dem Haven liegendes Venetianisches Last⸗Schiff hat den Herrn Botschafter im Vorbeyfahren mit 18. Stuck⸗Schuͤssen begruͤßt. Des folgenden Tags ist der Dolmetsch von der Pforte zu uns gekommen, und hat mit Sr. Excellenz das Mittagmal eingenommen.

Achtzehende Abtheilung.

Kais. Courier kommt an. ALs der Herr Botschafter den 6. April den Grafen von Nesselrode ungefehr besuchte, brachte man Jhm die damals nicht vermuthete Nachricht, daß der Kaiserl. Courier Archatiel mit Briefen von Wien angekommen, weswegen Er alsobald nach Hauß geeilt, um selbige zu erbrechen. Unter andern Neuigkeiten, so wir durch selbigen erhalten, erfuhren wir auch, wie es nemlich in Wien stehe, was die Tüͤrken daselbst machten, und wie der Tuͤrckische Botschafter auf Kaiserlichen Befehl Röm. Kais. Present an den Sultan / und Groß⸗Vizir.von den Vornehmsten des Hofs vor seiner Abreise solte tractirt werden; er hat auch vor den Sultan zwey und zwanzig schwar ze Letzte Bewüͤrth. des Hn. Botsch. auf einem K. Lusthauß 403 ze Fuchs⸗Baͤlge mit gebracht / worauf die weisen Haare, wie der Tau, gelegen; ferner eine guldene Sack⸗ und Repetir-Uhr für den Groß⸗Vizir / welche die Stunden und Minuten zeigte / auch ganze / halbe und viertel Stunden schlug, so oft man es selbsten wolte, welche nach dreyen Tagen der Zahlmeister mit dem Dolmetsch Herrn Theyls nach Constantinopel uͤberbrachte, wofüͤr dem Herrn Botschafter zwey schlechte Tüchlein wieder zuruck geschickt wor Auf die Prob gestellte Freygebigkeit des Türkis. GraͤnzCommendanten. den. Als dieser Courier von Belgrad nach Nissa gieng / und dem Seraskier einige Brieffe überbrachte / stellte er sich auf Anstiftung des Grafen Oduyers gegen demselbigen, als ob er mit seinem ReißGeld nicht auszulangen getraute / und dieses nur darum, damit er hierdurch der Türken Geitz und Freygebigkeit auf die Prob stellte; sintemaln so wol der Kaiser als auch der Graf Oduyer, diejenige reichlich beschenken / so Briefe aus der Türkey an sie zu bestellen haben. Hierauf hat nun der Seraskier seinem Hof⸗Meister gleichfalls Befehl ertheilt / daß er den Courier etwas geben solte, welcher sich auch dermassen angegriffen, daß er ihm 5. baarer Thaler / so nicht gar zwey Ducaten ausmachen, ausgezahlt, die er aber nicht angenommen, sondern vorgegeben, wie sein Kaiser ihn jederzeit mit so viel Geld versorgen liesse / als er zur Reise noͤthig hätte / er habe durch sein Anfordern nichts anders intendirt, als seine Freygebigkeit zu erforschen, welche er auch nun zur Gnüͤge erfahren hätte.

Den 5ten April wurde von der Pforte ein Bedienter unsers Führers benennt / den andern Tag abzureissen, und so wol von dem Hof als dem Herrn Botschafter Brieffe nach Wien zu überbringen. Es ist auch die unlängst frey gemachte Matron aus dem Geschlecht Balbi nach genommenen Abschied von Sr. Excellenz des andern Tags wieder nach Venedig zu den Jhrigen gereißt: Und ein Schuster, von Geburt ein Schwed, der vorher von dem Herrn Botschafter loß gekauft worden, ist wieder zu den Tüͤrken uͤbergangen, und hat, ohne Zweifel zu seinem groͤsten Verderben, ihre Religion angenommen. So kamen auch heute in aller frühe Janitscharn wollen ihres Officiers Haus stürmen. unsere Janitscharn vor ihres Officiers Hauß, in dem Vorsatz, solches zu stürmen, weil er zwey von ihren Cameraden ins Gefaͤngnis geschlossen, welche sie mit Gewalt loß haben wolten. Der Mahler Schmied Eee 2 404 Drittes Buch / Achtzehende Abtheilung / Schmied / machte einen Abriß von denen Flaggen der Kriegs⸗ und Last⸗Schiffe, die unser Kaiser / zur Beförderung der Handelschaft mit diesen Provinzen und seinen Erb⸗Ländern, auszurüsten willens war, und wovon der vor drey Tagen hier eingelauffene Courier einen Entwurf mit gebracht / und zwar zu diesem Ende, damit der ins künftige sich hier aufhaltende Kaiserliche Resident so wol / als die Pforte ein Modell davon haben möͤgten. Die Flaggen der Kaufmanns⸗Schiffe waren oben gelb, und unten schwarz; die Kriegs⸗Schiffe hingegen ganz gelb und von einerley Farb und Gestalt, ausser daß die Kaiserlichen Wappen mit der Königlich⸗Spanischen Cron in der Mitte, bevor sie sich noch in Flammen zertheilen, schwarz gemahlt zu sehen; dabey sich die Kaiserliche Cron mit dem Reichs⸗Apfel oben auf der Stangen ausgehauen præsentirte. Als den 7ten dito der Herr Groß⸗Botschafter sich nach dem Groß⸗Vizir, der damals in seinem eigenen Hauß und Garten sich aufhielte, verfügte, um Jhm die Verzeichnis aller derer Sachen so dem Türckischen Botschafter zu Wien täͤglich gereicht wuͤrden, vorzulegen, weil dieser sich beklagt, daß man ihm mit dem Benoͤthigten nicht an die Hand gienge / wurde auch der Stall⸗Meister Des Hn. Botschafters LeibWagen wird dem Sultan verehrt. Herr Brinkman mit des Herrn Botschafters Leib⸗Wagen, deme sechs nett aufgebutzte Pferde vorgespannt waren / zu Land bey den süssen Wassern vorbey nach Constantinopel geschickt, solchen den Tag darauf dem Sultan in Sr. Excellentz Namen zur Bezeugung seines gegen Jhm tragenden Respects und Hochachtung zu offeriren. Es hat schon ehmals der Graf von Oettingen dem Groß⸗Sultan ein gleiches Present gemacht, es ist aber derselbige kaum fort gewesen, so hat man die Pferde zum Wassertragen gebraucht; und wer weiß, ob diesen nicht mit der Zeit ein gleiches Gluͤck begegnet: vielleicht muͤssen sich solches die armen Thiere auch in Warheit für ein Glüͤck schätzen, weil ja die Sakä oder Wasser⸗Träger, als barmherzige und dem gemeinen Wesen nutzliche Leute, für heilig und ehrwuͤrdig gehalten werden; vermuthlich duͤrften sie fuͤr dergleichen Thiere gleichen Estim tragen, angesehen sie durch ihre Dienste der Menschen Verrichtungen leichter machen. Doch ich will daruͤber nicht weiter urtheilen, sondern vielmehr melden, daß als Herr Brinkman sich in der Stadt aufhielte, welches der Letzte Bewürth. des Hn. Botsch. auf einem K. Lusthauß. 405 der 8te April war, zwey Galeeren aus Asien übersetzten, so den Tribut aus Egypten. Tribut, und die Geschenke für den Kaiser und sein Frauenzimmer / wie auch den Groß⸗Vizir und andere Vornehme mit brachte, die jaͤhrlich aus Egypten muͤssen geschickt werden. Uber die gestickten und seidene Kleider, Leinwand / Tuch, Wachs / Honig, und andere Sachen bringen sie auch 800. Beutel an Geld, so 400000. Reichsthaler oder 133333⅓. Ducaten ausmachen. Alles dieses wird über Land bis nach Scutari geführet / weil die Egyptier zu Wasser vor den Malthesischen Capern nicht sicher genug wären, von dar aber durch die Galeeren nach Constantinopel gebracht / und, wann sie damit durch die Stadt ziehen / ihnen ein Roß⸗Schweif und sechs Fahnen vorgetragen: den Führer dieses Zugs erwehlt man jederzeit aus einer von den zwölf Famillen, so die Aeltesten und Vornehmsten sind, seit dem Egypten von den Türken erobert worden. Was hingegen die Moldau / Wallachey / Ragusa / Georgien / vor Zeiten auch Jberien und andere zinßbare Oerter erlegen muͤssen, erzehlt Ricaut weitlaͤuftig in seiner Historischen Beschreibung von dem jetzigen Zustand des Ottomannischen Reichs, weshalben diejenige, so hievon mehr zu wissen ver Einkommen des Sultans. langen, daselbst nachschlagen koͤnnen: Uberhaupt rechnet man, daß diese erst gemeldten samt den uͤbrigen unter Tuͤrckischer Bothmaͤssigkeit stehende Provinzen dem Sultan jährlich sechzig tausend Talent, oder vier tausendmal tausend Reichsthaler eintragen, gewiß eine schöne Summa in Erwegung der geringen Unkosten / welche dieser Kaiser auf die Militz und andere das gemeine Wesen betreffende Sachen verwenden. Dann weil die Zaim/ Timarioth und Spahi schon ihre angewiesene Besoldung haben, so sind keine mehr als nur die Janitscharn / Schiffleute / Topchi und Feuerwerker zu bezahlen übrig / das andere alles wird in die Kaiserliche Schatz⸗Cammer geliefert, womit der Sultan nach seinem Gefallen handthieren mag; so stehet auch dieses zu seinem Belieben, was er von dem Kopf⸗Geld ziehet, welches alle, so keine Türken sind, oder unter eines andern Fürsten Schutz stehen, und zwar einige fünf / andere zehen Thaler / geben müssen: wie dann über dieses solche Schätze durch die eingezogene Güter der Baschen und anderer Türken, so ohne mäͤnnliche Erben sterben, nicht wenig vermehrt werden. Den Eee 3 406 Drittes Buch / Achtzehende Abtheilung / Letzte Bewürthung des Hn. Botschafters.Den 10. dieses wurde die ganze Botschaft in kleinen Schiffen über den Canal nach des Sultans an den suͤssen Wassern gelegenen Garten gefüͤhrt, derselbigen auf des Kaisers Befehl durch den Groß⸗Vizir die letzte Ehre anzuthun. Anfangs ist jedem nach Gewohnheit Caffé und eingemachte Fruͤchte vorgesetzt worden, von dar hat man sich in ein anderes Zimmer zur Tafel begeben / und daselbst einen jeden seinen Stand gemaͤß logirt; der Herr Groß⸗Botschafter aber bliebe mit dem Groß⸗Vizir/ dem Moufti/ dem Capudan⸗ und Nischanschi Bascha und dem nach Persien ernannten Gesandten in demjenigen Zimmer zuruck, wo man auf dem Fluß hinaus, und nachgehends die angestellten Schau⸗Spiele mit ansehen kunte, vor dessen Thür zur Linken ein Brunnen gestanden, der aus vielen Röhren das Wasser reichlich heraus gesprützt, und mit in Körblein liegenden Blumen und Fruchten gar artig geziert gewesen Es befanden sich gleichfalls die drey Tefterdar oder Schatz⸗Meister in eben diesem Zimmer, so aber nicht mit gespeißt haben. Die Tische, das Geräth, die Speisen, Trank und übrige Zubereitung waren auf gleiche Weise beschaffen, wie ich schon im vorigen Buch zu dreyen Höfliche Vorlegung bey den Türcken. maln gemeldet habe. Ehe man noch die Speisen aufgetragen, kam ein heßlicher Mohr zum Vorschein, der auf einer runden hölzernen Schüssel Zwiebel und Knoblauch liegen hatte, so er mit seinen schmutzigen Händen faßte, und vor uns auf den Tisch herum geschmissen, nicht anders, als wie man den Schweinen die Eycheln, oder den Hünern und Gänsen Habern und anders Futter vorzuwerffen pflegt, worüber wir heimlich lachen musten, ob wir es schon öffentlich nicht merken lassen durften, damit es nicht das Ansehen haͤtte, Gürigkeit der Türken nach den Speisen. als ob uns vor solcher losen Speise eckelte. Wann man vom Tisch wieder was abtrug, das wir schon gekostet hatten, (wir haben aber nichts unversucht gelassen, damit wir unsere Gefäͤlligkeit und Hochschätzung für ihre Dienste und diese Schleckereyen bezeigen möͤgten,) kamen gleich zu dreysigen herzu gelauffen, welche es wegnahmen, und dieses mit solcher Begierd und Ungestümm, daß bisweilen die Vorstehere selbsten daruͤber einander in die Haare kamen; wie ich dann einen verschnittenen Mohren gesehen, der auf einen Chiausen/ so unter ihnen kein geringes Thier ist, mit seinem Stecken, weil er ihm vielleicht einen guten Bissen vor dem Maul weggenommen / in unser aller Letzte Bewuͤrth. des Hn. Botsch. auf einem K. Lusthauß 407 aller Gegenwart so lang loß geschmissen, bis er ihn aus dem Zimmer hinaus gejagt hatte. So trugen auch diese schleckerhafte Leute im geTisch⸗zucht bey den Türken. ringsten kein Bedenken, mit den kleinen Schuͤsseln in die grossen zu fahren, und Händ und Finger damit zu beschmieren, oder mit der holen Hand die Kalbs⸗Sulsen und andere Brüͤhen auszuschöͤpfen, auch wol von andern, die sich mit ganzem Leib uͤber die Schuͤsseln gelegt, mit Bechern und Schalen dasjenige aufzufangen, was diesen von Mund und Bart herunter gelaufen, und alsdann mit sonderlichen Gusto auszusurfeln.

Nach eingenommener Mahlzeit wurden wiederum SchauSchauSpiele. Spiele und ander Kurtzweil angestellet, worzu die Stummen mit den Chiausen den Anfang gemacht, welche dann einander bald die Bünde ins Wasser schmiesen, bald sich wie die Sakä oder WasserTräger anstellten und sich auch in ihrem Habit verkleideten, bald ihre Bünde dem Groß⸗Vizir vorhielten, der sie mit einem kleinen Säbel entzwey gehauen; bald schriehen sie wie die Schwein, und sangen oder pfiefen auch wie die Vögel. Hierauf kamen die Schützen mit ihren schwehren Flinten, unter welchen sich auch die Janitscharn, des Groß⸗Vizirs Leib⸗Wacht, befunden, so blaue Hosen, und rothe schwartz⸗ausgemachte Wammes/ an auch rothe nicht umwundene Häublein auf dem Kopf hatten: Nach diesen folgten die Wurf⸗ oder Pfeil⸗Schuͤtzem/ und die Ringer/ wie ich sie im vorher gehenden Buch gleichfalls schon beschrieben habe. Wie nun die Schuͤtzen ihre Kunst gezeigt, passirten die Janitscharn Mann vor Mann bey dem Groß⸗Vizir die Musterung gleichsam vorbey, deren jedem ein Ducaten, und ihren Führern zween gereicht wurden; die aber vorhin schon das Ziel getroffen, so ein auf 300. Schritt weit ausgestellter Krug mit Wasser gewesen, erhielten alsobald ihre Belohnung dafür, die nach Proportion der Büchse, ob solche klein oder groß war, oder im Ansehen des wol angebrachten Schusses, in vier, fünf, sechs bis zwölf Ducaten bestunde. Jch habe hiebey gesehen, daß einen seine Büchse dermassen Beherzter Schütz. gestossen / daß sie ihn bis sieben Schritt zuruck geprellt, und auf den Rucken gelegt hatte / so gar, daß die Kolbe daruͤber abgesprungen; nichts destoweniger schoß er gleich darauf mit einer schwehren Büchsen, und setzte eben sowol mit einer halb⸗pfündigen Kugel den Wasser⸗Krug ab, worauf ihn der Groß⸗Vizir selbst für die zwey Schuß 408 Drittes Buch / Achtzehende Abtheilung / Schuß auf zweymal zwölf Ducaten gegeben, ohne was er sonst mit andern schon gewonnen hatte. Es erhielten auch zwey junge Knaben, der eine von zehen, und der andere von zwöͤlf Jahren auf des Groß⸗Vizirs Befehl von dem Haznadar oder seinem SchatzMeister die Belohnung wo nicht ihrer Kunst / doch zum wenigsten ihres guten Willens. Am allermeisten aber war sich über dasjeni Seltsamer Zufall/ so den GroßVizir begegnet. ge zu verwundern, was dem Groß⸗Vizir begegnet ist: dieser hatte schon fünf, sechs bis sieben Krüge, ohne einen zu verfehlen, hinter einander abgesetzt; einsmals aber, als er nach dem mittlern schoß, ein anderer aber, weiß nicht wer, den Dritten mit seiner Flinten schon abgeworffen hatte / (dann es stunden allezeit drey hinter einander in einer Linie,) und ein Janitschar, so darzu bestellt war, an dessen statt einen andern aufsetzen wollte, zu welchem Ende er die zwey andern Krüge vorbey gehen muste, hat der Groß⸗Vizir / als jener zu dem Mittlern kommt, weil Er ihn nicht gesehen, Feuer geben, und den Krug dem Janitscharn zwischen den Füssen weggeschossen, ohne daß dieser davon blessirt worden wäͤre; welches alle Zuschauer in die höͤchste Verwunderung und Erstaunung gebracht, wie sich dann auch der Groß⸗Vizir selbst dermassen daruͤber entsetzt, daß er bey einer viertel Stund ganz erbleicht, und eine zeitlang mit dem Schiessen innen gehalten / indem Er sich betroffen fand / daß er beynahe, wiewol wieder seinen Willen, einen Todschlag begangen, wann nicht die Kunst und das guͤnstige Glüͤck solches verhütet hätten. Gewiß / dieser Herr ist dißfalls recht sehr zu loben, daß er das Leben eines Menschen seiner Ergötzung vorgezogen, da wol ein anderer, der an seiner Stelle gewesen wäre, ohne einigen Gewissens⸗Scrupel hundert Leben seiner Kurtzweil würde aufgeopfert haben, weil ein Groß⸗Vizir gleiche Gewalt über eines jedweden Leben und Tod zu haben vermeinen moͤgte. Als sich endlich ermeldter Groß⸗Vizier wiederum in etwas erholt, laͤß er den Janitscharn zu sich beruffen / der auch allenthalben mit Koth und Wasser besprützt eiligst herzu gelauffen, und wegen ausgestandener Gefahr ganz bleich ausgesehen; er zeigte indessen seine an zweyen Orten durchloͤcherte Hosen, brachte alles, was ihm begegnet, mit sonderbarer Bescheidenheit vor, und bekam für seinen Schrecken, den er unverschuldet ausgestanden, eilf Ducaten aus des Groß⸗Vizirs eigener Hand zum Recompens, welche auch eine bessere Würkung, als Letzte Bewirth des Hn. Botsch. auf einem K. Lusthauß 409 als das kräftigste Schlag⸗Wasser, bey diesem Menschen gethan, der wol die Zeit seines Lebens vielleicht so viel Geld nicht beysammen gesehen, und deswegen für lauter Freuden aufgesprungen, aller ausgestandenen Gefahr vergessen, und sich wieder an sein voriges Ort verfügt, auch seine aufgetragene Verrichtung mit allem Fleiß versehen. Was mich anbelangt, ob ich gleich auch nicht überflüͤssig Geld habe, moͤgte ich dannoch die Kruͤge nicht aufsetzen, wann mir meine Mühe so hoch solte zu stehen kommen. Unterdessen wurde auch der Ringer nicht vergessen, sondern denen Uberwindern ihr Lohn reichlich ausgetheilt. Nach diesen nun præsentirte sich einer, der einen Unglüͤcklicher Künstler. 15. Schuh hohen Balken auf den Kopf stehend hatte, den er nur einig und allein mit den Häͤnden gehalten; allein es mißrieth ihn auch seine Kunst nicht selten, dann wann er kaum einige Schritt fort gegangen / lag die Machine im Koth, die zuvor durch etliche Taglöhner von einem Dach herunter in die Hoͤhe und das Gewicht nicht ohne grosse Mühe gebracht worden, weswegen er auch, weil er seiner Intention gemäͤß nicht mit fort kommen köͤnnen, mit seiner Kunst gar zu Hauß bleiben muste. Auf diesen folgte einer, so anGeschickter Gauckler. fangs eine gläserne Flasche voll Wasser, nachgehends zwey auf einander, anbey auch einen gläͤsernen Teller mit fuͤnf kleinen Fläschlein und das sechste in der Mitte, und noch uͤber dieses drey Ordnungen Gläser auf der Stirn stehend hatte, und damit herum danzte. Da er sich nur eine einige Flasche auf die Stirne gestellt, wuste er sich so vorsichtig damit auf den Rucken zu legen, und dermassen kuͤnstlich zu bewegen, daß auch nicht ein Tropfen daruͤber verschuͤttet worden; nachgehends steckte er sich Messer zwischen die Häͤnde und Füͤsse, und machte damit verschiedene Luft⸗Spruͤnge, ohne daß er sich in geringsten hatte verletzen sollen; letzlich stellte er sich auch an, als ob er sich selbst die Augen auskratzen oder zerschneiden wolte, und was dergleichen Narrens⸗Possen mehr gewesen. Es war auch Starker Mann. einer zu gegen, der seine Stäͤrke in Aufheben schwehrer Sachen sehen liesse, und anfangs eine sehr schwehre Kolbe ergrief, die er oͤfters um den Kopf geschwungen, hierauf unterschiedliche steinerne Kugeln ungleicher Grösse aufgehebt / und zwar allezeit drey auf einmal, auch solche auf gleiche Weise geschwungen; und weil sie im Aufheben hin und her gewichen, haben sie ihm viel Muͤhe gemacht / dabey aber auch Gelegenheit gegeben, seine sonderbare Stärke zu zei gen Fff 410 Drittes Buch/ Achtzehende Abtheilung / gen: Endlich hat er sich mit blossen Füssen auf gespitzte und scharfe Messer gestellt, so auf einen viereckigt verguldeten Stuhl gelegen, und mit der Keule einen etlich Centner schwehren Stein in die Hoͤhe gehebt. Als dieses vorbey / liesse sich eine Türkische Vocal- und Instrumental-Music hoͤren, worauf die Chiausen / Bizehamen und Delen / (die Bothen, Stummen und Narrn) ihre Daͤnze anfiengen. Unverschämte Comœdianten. Zu aller letzt præsentirten sich die Comœdianten, welche die leichtfertigsten Geberden und Sodomitereyen gleich als die unschuldigsten Spiele vorstellten / woraus das übrige leicht zu schliessen ist; welche aber nichts destoweniger dieser Leute Beyfall weit besser verdienten / als wann sie eine nach allen Theatrialischen Reguln und guten Sitten eingerichtete Comœdie aufgeführt hätten. Selbst der Daran bezeigt der Moufti ein Belieben Moufti / ihr oberster Priester, fragte den Herrn Groß⸗Botschafter zum öftern mit laͤchlender Mine, wie ihm solches gefiele? der aber mit Stillschweigen beantwortet, und damit zu verstehen gegeben, daß es der menschlichen Schamhaftigkeit gemäͤsser wäre, wann man dergleichen schäͤndliche Dinge vor dem Augen der Leute verhelete. An der ganzen Vorstellung war der geringste Zusammenhang nicht zu sehen, und weder Anfang noch Ende zu finden; vielmehr kam alles dasjenige hier zu schulden, was Horatius in seinem vortrefflichen Send⸗Schreiben an die Pisones denen Poeten so nachdruͤcklich untersagt hatte. Es schmerzte mich nichts mehr, als daß man keine gedruckte Zettuln austheilte, welche den ganzen Jnhalt küͤrtzlich erzehlten, damit ich sie/ als ein vollkommenes Muster des Alterthums mit nach Teutschland haͤtte nehmen koͤnnen. Nach vollendeter Comœdie verfügte man sich zur Abend⸗Malzeit, so mit dem Mittagmal völlig uͤberein kam / aber Caffé, Toback und Fruͤchte kunte man den ganzen Tag in Uberfluß Bizehami und Deli werden von den Vornehmen caressirt.haben. Uber Tische brachten die Bizehami und Deli ihre Possen vor, welche Kundschafter des Sultans die Vornehmen unter ihnen sehr werth halten/ oder sich doch zum wenigsten also anstellen: sie reichen ihnen mit eigenen Händen von dem Tisch Zucker, Kuchen und andere Speisen, bechenken sie zum öftern, kurtzweilen und schmeicheln ihnen auf unterschiedliche Weise, damit sie ihnen bey den Sultan nicht schaden, noch zum Nachtheil etwas vorbringen. Der Groß⸗Vizir hat diesesmal nicht nur die Haͤn de, Letzte Bewirth. des Hn. Botsch. auf einem K. Lusthauß. 411 de, die Arme, das Gesicht und den Bart mit Seifen gewaschen, sondern auch den Mund ausgespielt; und als der Moufti nach eingenommener Malzeit nicht lang mehr verweilen wolte, und dem Capudan⸗ samt dem Nischanschi⸗Bascha allein bey dem GroßVizir und dem Herrn Groß⸗Botschafter zuruck gelassen, hat ihn bemeldter Groß⸗Vizir/ nachdem er von seiner Sofaus aufgestanden, bis an die Thuͤr des Zimmers begleitet, und also bis dahin gebracht / wo er ihn bey seiner Ankunft auch empfangen hatte / welche Höflichkeit er ausser diesem sonst niemand zu erweisen pflegt. Endlich wurden auch dem Herrn Groß⸗Botschafter Pferde Gemachte Presente an den Hn. Botschafter. vorgefuͤhrt und zwey davon verehrt, deren eines ein braun-rothes, und mit Sattel und Zeug versehen war: das andere aber ein Schweiß⸗Fuchs, noch ganz jung und unberitten, auch ohne Ausstaffierung: diesen wurde auch ein rother mit Zobel gefütterter Caftan zugelegt; so bekamen auch unsere Füͤhrer der Capigi Baschi / und der Hassaki Aga / Hauptmann von unsern Janitscharn, dergleichen Ober⸗Röcke: unter den Adel aber und einige andere wurden seidene mit Gold und Silber gestickte Tuͤchlein ausgetheilt, und also verfuͤgten wir uns dergestalt beschenkt in den vorigen Schiffen wiederum nach Pera; wobey so wol im Hin⸗ als Her⸗Weeg ein Französisches und Venetianisches Schiff mit vielen Stuck⸗Schuͤssen und Aufsteckungen ihrer gewöͤhnlichen weisen, und rothen mit gelben Loͤwen bezeichneten Flaggen die vorbeyfahrende Botschaft beehret hatten. Es solte auch diese Gastung und Spiele schon vor zweyen Tagen, nemlich den verwichenen Montag gehalten werden, aber weil es damals sehr stark geregnet, muste es unterbleiben. Der ältere Kaiserl. Prinz ist auch hinaus gekommen, diese Solennität mit anzusehen; ja man sagte so gar / als ob der Sultan selbst in einem verborgenen Ort hinter einem Gitter am Fenster mit zu geschauet hätte.

)o( Neun Fff 2
412 Drittes Buch, Neunzehende Abtheilung / Neunzehende Abtheilung.

ALs wir nun wiederum zu Hauß angelangt, trafen wir abermal Angekommener Courier.einen Courier, den Jsaac Lucas / an / so uns Briefe mit gebracht, und in einer Zeit von 16. Tagen seine Reise von Wien aus bis hieher zuruck gelegt hatte, wovon uns schon einige Englische Kaufleute, da wir noch indes Sultans Garten waren Nachricht gegeben, weswegen auch der Herr GroßBotschafter den Groß⸗Vizir ersucht / mit den Schau⸗Spieln ein Ende zu machen. Nothwendig muß dieser Courier Sachen von grosser Wichtigkeit mit gebracht haben / weil er drey Stund vor seiner Abreise noch nichts davon gewust, und eben hierzu vor andern erwählet worden, weil er mit guten Pferden versehen war / und deswegen eiligst Ordre bekam, nach Orient zu gehen; er wäre auch schon vor zweyen Tagen ankommen, wann man ihn zu Nissa nicht so lang aufgehalten hatte. Jn wehrender unserer Abwesenheit ist zu Entstandener Tumult von den Janitscharn. Hauß abermal ein Tumult entstanden, sintemaln die Janitscharn, die neulich ihres Officiers Hauß um zweyer Gefangenen willen, die sie loß haben wolten, aufgesprengt, nun auch beym Kopf genommen und nach dem Gefängnuͤß gebracht werden solten, wie dann auch ihrer drey dahin geführt worden; sie hatten aber zum Theil in des Herrn Botschafters Pallast, theils in die Häͤuser derer von Adel, wo sie sonst zur Wach angewiesen waren, ihre Zuflucht genommen, weil sie wol wusten/ daß sie daraus niemand mit Gewalt Desperation derselben.wegnehmen durfte. Einer davon sagte / wie er versichert wäre, wann er sich gefangen gebe, daß er sterben müste, weswegen er sich fest vorgesetzt / wo er sich nicht mit der Flucht salviren koͤnne, erst seinen Officier den Rest zu geben, damit er nicht ohne Ursach hingerichtet wuͤrde. Ein anderer, so aus Boßnien gebüͤrtig war, ist lang vergeblich erinnert worden, heraus zugehen, weil er sich aber schon seines Lebens verziehen, hat er weiter kein Bedenken getragen, in Gegenwart seines Officiers Toback zu rauchen, welches doch sonst im Kriegs⸗Recht verbotten ist / und auch so gar Wein zu trinken. Es hat auch derselbige schon zum öͤftern einen aus dem unsrigen versprochen, er wolle nach der Auswechslung heimlich zu uns Abschieds⸗Visiten von den Vornehmen des Hofs. 413 uns üͤbergehen, weil er der Auffuͤhrung seiner Glaubens⸗Genossen und des Bestialischen und Sodomitischen Lebens längst müde wäre, er wuͤrde deswegen nicht selten in seinem Gewissen verunruhiget, und täglich ermahnt, sich mit der Flucht zu retten, und seine Wolfarth auf seine Füsse zu setzen.

Den 11ten April begaben sich Se Excellentz mit dem erVisite des Herrn Botschafters bey dem Moufti. sten Adel nach dem Moufti / und den 13ten zum Capudan Bascha; und als Sie von jenem zuruck kehrten und angenehmes Wetter war / liessen Sie sich gefallen, nach Tchorli über den Canal zu gehen, um des Ahli Bascha Serrallien zu besehen, welches daSchönes Serallien des Ahli Bascha. zumal niemand bewohnte, ohnerachtet es eines von den schöͤnsten Gebäuen, so man in diesen Landen findet; absonderlich aber ist solches von innen auf das prächtigste und netteste eingerichtet: die Wäͤnde sind mit Porcellan getäfelt, der Boden ist mit Marmol belegt, so findet man auch schöne Brunnen in den Zimmern, und schimmert alles durchgehends von Gold, also daß es füͤr eine rechtschafne Wohnung eines grossen Fürsten oder Herrn passiren kan. Jm Visite bey dem GroßVizir en passant. Vorbeygehen liesse der Herr Botschafter dem Groß⸗Vizir, der sich dazumal in seinem Serrallien auf dem Canal aufhielte / durch den Dolmetsch das Compliment machen, worgegen Er Ihn wissen lassen / daß Er bey seiner Ruck⸗Kehr auf ein Schälgen Caffé zusprechen solte. Als Sie Sich nun hier beysammen befunden, hat sich auch der Moufti eingestellt, dem der Kiaha, Kaiserlicher Oberst⸗Hofmeister, der andere Eidam des Groß⸗Vizirs, nebst dem Chiaoux Bascha und noch einem andern Vornehmen, den niemand aus unserm Adel kennen wolte / entgegen giengen / und aus dem Schiff halfen; wie er dann seine Ankunft dem Groß⸗Vizir schon vorher durch ein Billet wissen lassen. Es verlangte auch der Herr BotErledigung eines Sclaven. schafter um dieser Ursach willen mit dem Groß⸗Vizir zu sprechen, damit er Gelegenheit haben moͤgte, einen gewissen SchiffPatron, Namens Jacob Perfumo, so von Geburt ein Jtaliäner ist, die Freyheit zu verschaffen: es hatte derselbige sonst Spanische Flaggen geführt, nach dem er aber sein eigenes Schiff verlohren, hat er sich auf ein Malthesisches begeben / worauf er nachgehends gefangen worden. Es erbote sich auch der Groß⸗Vizir, zum CaVisite bey dem Capudan Bascha. pudan Bascha deswegen zu schicken, damit man diesen Sclaven dem Herrn Botschafter abfolgen lasse; Er solte aber alsdann die ses Fff 3 414 Drittes Buch, Neunzehende Abtheilung / ses Geschenck für das Seinige halten / und nicht ansehen / als ob es von jenem herkäme, dann er hätte Ihm ohnedem noch einen zu geben. Zu besagten Capudan Bascha sind wir in Schiffen abgeholt worden / ob wir schon nicht gar weit von ihm entlegen waren, und nur ein Kirchhof nebst der Meer⸗Enge darzwischen lage, welche wir vermittelst eines kleinen Umweegs gar leicht zu Land hätten umreiten koͤnnen. Ehe wir dahin giengen/ liessen Se. Excellentz alle erinnern, daß wir uns mit den Reden solten in acht nehmen, weil sich allerhand Leute von unterschiedlichen Sprachen daselbst befänden / mögten uns demnach huͤten / daß wir nichts Nachtheiliges von ihren Sitten, Lehre, Lebens⸗Wandel und anderen Gebräuchen schwazten, noch was vornehmeten, daß sie zu einigen Unwillen gegen uns verleiten, oder zu einer widrigen Auslegung Anlaß geben köͤnnte. Und gewiß, wir haben es alles daselbst so angetroffen, wie der Herr Botschafter uns vorher berichtet hatte; Allerhand Nationen bey dem Capudan Bascha.sintemaln kein Volk leicht gefunden wird / davon wir nicht daselbst Lands⸗Leute angetroffen, da waren Teutsche / Franzosen / Spanier / Jtaliäner / Engeländer / Holländer / Polen / Moscowiter, Dänen / Schweden / rc. deren einer das Amt eines Truchses oder Vorschneiders, der andere eines Mund⸗Schenckens, der dritte wieder was anderes verwaltete. Dann ob schon aller andern Baschen Häuser mit den schoͤnsten und wol gewachsensten Junglingen angefüllet sind, denen die ganze Haußhaltung uͤbergeben ist, und welche Gegentheils von ihren Herren wiederum alles erlangen können, warum aber, wird ein jeder aus dem oͤfters angefüͤhrten leicht errathen: so kan man doch hier bey dem Capudan Bascha solche in noch grösserer Menge als anderswo antreffen / weil er täglich Gelegenheit hat, dergleichen theils von andern zu erkaufen, theils selbsten auch zu fangen. Unter andern habe ich einen von meinen Lands⸗Leuten allda angetroffen, und des andern Tags bey dem Nischanschi Bascha noch einen, der sonst zu Coͤln bekannt genug ist; beide aber haben den Glauben verläͤugnet und sind zu der Tüͤrkischen Religion übergetretten: dahero sind eben meine Lands⸗Leute auch nicht jederzeit welche von den besten, ob sie schon in einer heiligen Stadt gebohren worden, von denen man deswegen glauben solte, daß sie eines solchen Lasters nicht fähig wären. Es forschte der Herr Bot Abschieds⸗Visiten von den Vornehmen des Hofs. 415 Botschafter gar genau / ob ausser ihnen von den Umstehenden je Herr Botschafter bekuͤmmert sich um die Bekehrung der Abtrünnigen. mand Latein verstünde; und als Er hierauf versichert worden, daß sonst niemand zugegen seye, hat Er sie beide besonders und ganz freymüthig, als hätte er was ganz anders vor, und mit uns selbst zu reden, damit niemand von den gegenwaͤrtigen was merken moͤgte, angesprochen, und ihnen ihr Heyl und kuͤnftige Ewigkeit zu bedenken gegeben. Es ist aber Morea die Ursach ihrer beider Verderben gewesen, woselbst auch noch viel andere Teutsche in nechst verwichenen Jahren entweder ihr Grab oder Gefangenschaft gefunden, und haben die Türken öfters in einer einigen Stadt dieser Landschaft mehr Teutsche bekommen, als in dem zwey⸗jaͤhrigen Venetianer sind nachläßig in Befreyung der Sclaven. Krieg in ganz Ungarn geschehen ist, davon die Venetianer die wenigsten, so sich bey Privat-Leuten gefunden, wieder ausgeloͤßt, und nur etwan die oͤfentlich Gefangene / worzu ihnen der getroffene Friede verholfen, frey gemacht haben. Gleich nach unserer Ankunft und Tractament und Beschreibung des Capudan Bascha. Eintritt in das Zimmer ist alsobald Caffé, eingemachte und auch trockene Früchte / Zucker, Gebackenes und Rauch⸗Werck herbeygeschafft worden: hierauf kamen die Schiff⸗Leute, alle Befehlshaber über die Galeeren, Kriegs⸗Schiffe und andere Fahr⸗Zeuge, so diesen oder den kuͤnftigen Tag abfahren solten, kuͤßten den Capudan Bascha aus Respect den Saum seines Rocks, worgegen Er ihnen hinwiederum mit Auflegung der Hand auf ihre Stirne den Seegen ertheilte, und sie also wiederum in Frieden von sich ließ. Dieser Capudan Bascha nennet sich Solymann, ist ein freundlicher und lieber Mann, und bey allen, die ihn kennen / wegen seiner Freundlich⸗ und Aufrichtigkeit in grossen Estim, auch den Christen mehr, als die andern, geneigt. Er hat den Jesuiten Cachot oft Auf der Türken Treue ist nicht zu bauen. gesagt, daß man auf der Tuͤrcken Treue und Glauben nicht viel bauen duͤrfe / man muͤße im Handel es gleich mit ihnen richtig machen, und die Sache nicht lang in andern Häͤnden lassen, dann wir pflegen, setzte er hinzu, unser Wort schlecht zu halten, wann wir auch gleich darauf schwoͤhren, und wann wir uns einer bessern Redlichkeit befleisigten, wuͤrden wir für Journ / und nicht besser als ihr, gehalten werden. Es hatte derselbige eines Nachbarn kleines Kind bey sich / so in einem den Dervisch gewöͤhnlichen Habit eingekleidet war, welches er sehr lieb hatte / und es zum öftern auf den Armen herum truge. Ich fragte deswegen einen von unsern Dol 416 Drittes Buch / Neunzehende Abtheilung / Türken pflegen ihre Kinder /wie manche Röm. Catholische / in eine gewisse OrdensTracht zu kleiden. Dolmetschen, ob dann dieses Kind auch ein Dervisch wäre? worauf er mir zur Antwort gab / man könne es zwar keinen Dervisch nennen, es ahmten aber die Tuͤrken hierinnen einigen Catholischen Eltern nach / welche aus sonderbahrer Ehrerbietung, entweder, weil sie glauben, daß sie durch Vorbitt der Heiligen ein solches Kind erhalten, nachdem es lange Zeit angestanden / bis sie eines bekommen; oder weil es an eines geistlichen Ordens⸗Stifters NamensTag gebohren worden; oder weil sie eines gewissen Heiligen Gaben vor andern hochschätzen, und wuͤnschen, daß ihre Kinder sich solchen zu einem Muster vorstellen mögten / oder was es sonst für eine Ursach mehr seyn mag / nicht allein ihre erste, sondern auch die nachfolgenden Kinder in gewisse Moͤnchs⸗ und Ordens⸗Habit einkleiden. Indessen wurde das Essen aufgetragen, worbey eine solche Ordnung und Reinigkeit zu sehen war / dergleichen wir sonst noch nicht beobachtet; so liesse sich auch bisweilen eine Music höͤren. Sultans LeibSchiff. Hier hatten wir Gelegenheit, des Sultans Leib⸗Schiff zu sehen / auf welchem Er auf dem Canal und dem Meer vor dem Hellespont zu fahren pflegt: es war selbiges mit acht und zwan Bedecktes Schiff darf ausser dem Sultan und GroßVizir niemand führen. zig vergüldeten Rudern versehen, und oben bedeckt, dergleichen sonst ausser dem Sultan und Groß⸗Vizir / jedoch diesem mit wenigern Rudern, niemand / wer er auch ist, zu führen erlaubt wird. Vor wenig Jahren hatte sich ein Französischer Botschafter auch eines auf diese Art machen lassen, als er es aber ins Wasser gebracht, und sich dessen bedienen wollen, ist es ihm durch einen Kaiserlichen Befehl ernstlich untersagt worden, also daß er es niemals mehr gebrauchen doͤrfen. An diesem Kaiserlichen Schiff war das Vorder⸗Theil, das Ruder, die Hacken, alles mit silbernen Blatten beschlagen, und auf dem Hintern⸗Theil stunde eine mit kostbaren Steinen besetzte Laterne. Man schätzte das ganze Schif mit allem Zugehöͤrigen auf hundert Beutel, oder 50000. ReichsThaler, so 15666⅔. Ducaten ausmachen.

Von hier sind wir in das Zeug⸗Hauß gangen, die grosse Der Türkē Arsenal. Kriegs⸗Schiffe, so in dem Hafen lagen / zu besehen. Es waren derselbigen vier und vierzig / ohne die Galeeren von zwey⸗drey⸗ und Der Türken SeeMacht.fünf⸗Ruder⸗Ordnungen, die keine oder doch wenig Stüͤcke fuͤhren; und wann man zu diesen diejenige rechnet, so von Algier / Tri poli Abschieds⸗Visiten von den Vornehmen des Hofs. 417 poli und Tunis / zu Hülf schicken, samt denen, die sie von den Kaufleuten an sich handeln und schon ausgerüstet sind, auch für ein jedes derselben 15000. Reichs⸗Thaler, oder 5000. Ducaten jährlich, so lang sie nemlich Dienste thun / bezahlen, welche aber nach erfolgten Frieden ihren Eigenthums⸗Herrn wieder zugestellt werden muͤssen; wann, sage ich, man diese alle zusammen rechnet, so bringen sie eine Schiffs⸗Flotte von 130. Schiffen zusammen, welche sie alle wider den Feind gebrauchen köͤnnen. Oft bemeldtes Leib⸗Schiff war 140. Schritt lang, und bis 30. Eln (cubitus) breit, führte 120. Stücke, darunter einige so grosse Kugeln schossen, daß keiner unter uns so dick gewesen, der nicht ganz gemaͤchlich in das MundLoch mit völligen Leib hätte hinein schliefen können: an dem Ufer sahe man eine unglaubliche Menge Stucke liegen. Zur selbigen Zeit wurden auch noch vier andere Schiffe erbauet/ worunter eines das Leib⸗Schiff seyn, und das gegenwäͤrtige an Gröͤsse uͤbertreffen solte; hiernebst aber zwey kleinere, und eine Galeere von fuͤnf RuderOrdnungen, dergleichen daselbst noch nicht zu sehen gewesen / und welche man das Huren⸗Kind nennen wolte.

Als wir nun die Schiffe in Augenschein genommen, giengen wir durch einen gewoͤlbten Ort in den Baino/ der uͤber 1000. Schritt sich in die Länge erstreckte / worinnen die grosse SchiffSeile gemacht werden; bey dessen Ausgang aber fande der Herr Botschafter seine Tschaicken, in welche Er sich setzte, und damit wiederum nach dem Capudan Bascha fuhr, die uͤbrigen aber sind Jhme zu Fuß dahin gefolget. Nachdem wir uns nun noch einige kurze Zeit allda aufgehalten, hat sich der Herr Botschafter dem Capudan Bascha zu aller Freundschaft offerirt und seinen Geschenck an den Hn. Botschafter von dem CapudanBascha. Abschied genommen: dieser hingegen Seiner Excellentz zur Bezeugung seiner beständigen Gewogenheit zwey damascinirte und mit Steinen / Elfenbein, Perlen⸗Mutter und Silber ausgezierte Röhren / fünf Teppiche, darunter drey grosse woͤllene mit einem guldenen Saum, und zwey kleine seidene mit Gold und Silber gestickt, waren, nebst einem zahmen Tieger⸗Thier und zwey Sclaven verehrt, davon der eine aus Danzig / der andere aber von S. Omer, in der Grafschaft Artois, gebürtig gewesen: der Adel und die Hauß⸗Bediente bekamen die gewöhnlichen Tüchlein.

Die Ggg

418 Drittes Buch Neunzehende Abtheilung / Ubrige Visiten des Hn Botschafters bey den Vornehmsten des Hofs. Die nechstfolgende Täge bis den 18. April hat der Herr Groß⸗Botschafter bey dem Nischanschi Bascha / dem TochterMann des Groß⸗Vizirs / wie auch bey dem Kiaha / des Sultans Oberst⸗Hofmeister, auch einen Eidam des GroßVizirs, und der ihm auch zugleich in seinem Amt muß behülflich seyn / ingleichen bey dem Janitscharn⸗Aga / dem ersten Tefterdar oder Zahl⸗Meister / und dem Reis⸗Efendi oder Reichs⸗Canzler / seine Visiten abgelegt, welche zum theil in der Stadt / zum theil aber an dem Canal in ihren Gärten wohnten: diese alle sind dem Herrn Groß⸗Botschafter mit sonderbahrer Ehr⸗Bezeugung begegnet / und haben gleichsam mit einander certirt, wer es den andern hierinnen zuvor thun könnte. Man hat jederzeit dabey Gast⸗Mahle angestellt, Schau⸗Spiele, Fecht⸗Schulen und LustTreffen gehalten, so hat es auch nicht an Music und Dänzen gefehlt, nach dem es nemlich eines jedweden Bewohnung oder Platz zu gelassen. Es wurden auch die Geschenke dabey nicht vergessen, und dem Herrn Botschafter jederzeit ein Pferd mit Sattel und Zeug, wie auch damascenirte Flinten, Türkische Teppiche oder Tüchlein verehrt, von welcher letztern Gattung auch der Adel und andere ihren Antheil bekommen. An den auserlesensten Früchten fanden wir nirgend keinen so grossen Uberfluß / als bey dem Kiaha / welche öffentlich ausgestellt waren, damit ein jeder, so viel und Woleingegerichtete Music bey dem Kiaha.oft davon nehmen kunte, als ihm nur selbst beliebte. Es war auch die Music daselbst besser als bey andern bestellt, wie dann unsere Ohren allhier mit einer so lieblichen und ausnehmenden Instrumental-Music ergötzet worden, daß auch die Virtuosen in unserm Land solche mit Lust würden angehöͤrt haben; an welcher sich auch der Herr Botschafter dermassen delectirt, daß er nicht nur bisweilen einige Stücke wiederholen liesse / sondern auch etlichen seiner eigenen Musicanten anbefohlen, fleissig darauf acht zu geben, und es aufzusetzen, um dasselbige mit nach Teutschland zu bringen. Bey dem Janitscharn Aga trafen wir die vortreflichsten Ringer an; die Comödien aber waren bey allen gleich eingerichtet / und bestunden in unflätigen Possen, geilen Gebärden, und unverschämten Entführungen. Hier waren auch einige tausend Janitscharen mit ihren Gefangene werden dem Hrn. Botschafter zu Ehren loß gelassen.Officirern commandirt; und so bald Seine Excellentz ins Hauß getretten / wurde Jhnen zu Ehren eine Menge der Gefangenen / so alle Abschieds⸗Visiten von den Vornehmen des Hofs. 419 alle auf dem Tod gesessen, auf freyen Fuß gestellt. Daselbst habe ich auch einen Franzosen von ungefehr siebenzehen Jahren, einen zarten und schöͤnen Jüngling angetroffen, der aus dem Geschlecht der Viviers zu Romand / einer Stadt im Delphinat / gebohren. Abgefallener vornehmer Franzos. Er gab sich vor einen Befreunden des Herzogs von Beauville aus, und sagte, wie sein Vater noch lebe / der ein General unter der Koͤniglichen Armée und Stadthalter üͤber eine Provinz des Königreichs seye: er hätte auch zwey Brüder noch im Leben, davon der eine Obrist⸗Lieutenant unter des Herzogs von Beauville Dragoner⸗Regiment / der andere aber Hauptmann unter dem Herzog von Noailles wäre. Man hat ihn den zweyen Söhne des Janitscharn⸗Aga zugesellt / die er auch beide auf dessen Befehl vor den Herrn Botschafter gebracht, so ebenfalls sehr schöͤne junge Herrn waren, mit denen er Schreiben / Lesen, Reiten und andere dem Türkischen Adel anständige Exercitien lernet. Er ist von den See⸗Räubern zu Modon in Morea gefangen worden, da er mit etlichen Venetianern auf ein Schiff gegangen und sich etwas zu weit von der Stadt entfernet hatte. Dieser versprach einen aus unsern Adel, meinem Landsmann, der auch nicht haͤßlich von Gestalt war, jährlich 1500. Ducaten, oder 6000. Gulden zu verschaffen, wann er ein Tuͤrk werden wolte; und damit er ihn desto leichter darzu bringen moͤgte, ruͤhmte er sehr, was der Janitscharn Aga füͤr Beschreibung des JanitscharnAga. ein raisonabler Mann wäre, wie er dann dergleichen Lob wol verdiente: er setzte hinzu, daß sein Herr auch von Catholischen Eltern gebohren, und sein Vater und Mutter Armenier gewesen seyen; dessen Bruder seinem Exempel gefolget, und sich grosse Ehre und Reichthum damit erworben habe, er begleite nunmehr die Charge als General über das Fuß⸗Volk, und habe zugleich das ganze Hauß seines Bruders unter seinem Commando: er wolte zwar seine Eltern auch darzu vermöͤgen, sie hätten es aber abgeschlagen, und sich nicht wenig damit geschadet, als welche sich dadurch glüͤcklich machen und zu grossen Ehren gelangen köͤnnen. Ferner rühmte er ihn auch wegen seiner Gütig⸗ und Freygebigkeit, als der die ganze Zeit seines Regiments gar wenig hinrichten lassen, und nur solche, die was gar schwehres verbrochen, denen meisten aber häͤtte er grosse Wolthaten erzeigt. Dieser Aga ist auch gewohnt, öfters sich verkleidet durch die Stadt zu gehen, und seiner Pflicht gemäß zu be obach Ggg 2 420 Drittes Buch / Neunzehende Abtheilung / obachten, ob etwan nachtheilige Reden wieder die Regierung geführt werden; wann er nun welche antrifft, so verwegene Worte ausstossen, oder aufrüͤhrische Versammlungen anstellen, dergleichen Verbrechen ein anderer mit dem Tod bestraffen wuͤrde, läͤßt er sie, damit die Laster nicht ungestrafft bleiben, und solche nachtheilige Zusammenkuͤnften doch auseinander gejagt wuͤrden, entweder ins Gefängnuͤß werfen, oder ins Elend verweisen. Zu derjenigen Zeit, als wir uns bey dem Nischanschi Bascha aufhielten, hat sich ein starker Nord⸗Wind erhoben, daß wir nicht ohne Gefahr über den Canal setzen kunten; wie dann auch den 8ten und 20ten dieses auf dem Schwarzen⸗Meer unterschiedliche Schiffe zu Grund gangen, davon zwey schon bis an die Saͤulen Pompeji gekommen sind, und dann erst, da sie in den Hafen einlaufen wollen, Schiffbruch gelitten haben.

Hier kan ich auch nicht mit Stillschweigen vorbey gehen, daß Ragozki muß sich von Constantinopel weiter entfernen. den Tag vor Ankunft des Couriers von Wien / da wir uns eben bey dem Kiaha aufgehalten, der Capudan Bascha von dem Groß⸗Vizir wiederholten Befehl bekommen, den Ragozi / der sich bisher noch immer ohnweit Constantinopel aufgehalten, von dar nach der Jnsul Radosto, in dem Meer vor dem Hellespont zu schaffen, nach dem der Herr Botschafter schon öfters darum angehalten, aber es noch nicht zur Execution bringen koͤnnen, weil bemeldter Ragozi an dem Capudan Bascha einen Patron hatte, der solches von einer Zeit zur andern aufgeschoben, weil er hierinnen von dem Gesandten einer gewissen Potenz, den ich nicht nennen will, secundirt worden.

Den 18. dito ist in aller Frühe Andreas, ein Schiff⸗Patron, Schiff Patron wird aufgehängt. aus der Jnsul Maltha gebürtig, in einem Schiff aufgehängt worden, und hat also mit obgemeldtem Tourtain ein gleiches Ende genommen, als dessen Tod er zu raͤchen bedacht gewesen; zu welchem Ende er einem gewissen auf den Jnsuln commandirenden Bascha nachgestellt, den er auf gleiche Weiß hinrichten wollen, allein zu seinem Ungluͤck hat man ihm eher ertappt, als er sein Vorhaben ausgefüͤhrt, und ist mithin in diejenige Gruben gefallen, die er einen andern gegraben. Er ist in einem eisenfarben Kleid mit samt den Stifeln aufgehenkt, und ihm der Hut an den Kopf angebunden worden, zum Zeichen, daß er nicht unter die Muselmänner gehöre. Die Türken haben deswegen wiederum ein grosses Frolocken angestellt, doch ist es jenem, so sie neulich bezeigt, lang Abschieds⸗Visiten von den Vornehmen des Hofs. 421 lang nicht beygekommen. Man hat ihm schon laͤngst dergleichen Ende Woran er es verschuldet. propheceyet, sonderlich damaln, als er seine erste Frau, die er schon lang in Verdacht gehabt, un̄ nun in frischer That auf den Ehebruch ergriffen, mit einem Pistol todt geschossen hatte. Ob sie nun wol nicht ausser Schuld war, sintemaln er sie noch darzu als ein armes Bettel⸗Mädgen auferzogen, und nachgehends zu seiner Frau angenommen, so hätte er doch gleichwol in dieser Sache sein eigener Richter nicht seyn sollen. Es hat sich aber die Sache folgendermassen zugetragen: als er von einer Expedition zu Wasser wieder nach Hauß gekommen / haben ihn seine Freunde hinterbracht, daß seine Frau in seiner Abwesenheit, mit einem andern sich allzu gemein machte; als er aber solches nicht glauben wollen, weil sie keinen genugsamen Grund ihrer Meinung anzugeben wusten, nichts destoweniger von andern eben dieses berichtet worden, schickte er einen vertrauten Menschen ab, der ihm zu einer Reisse nach Sicilien abruffen, und bedeuten solte, daß er alsobald dahin abfahren müͤste; hierauf stellte er sich zu Hauß / als ob er nun abreisen wüͤrde / hält sich aber indessen bey einem guten Freund auf / gibt auf alles wol Achtung, und laͤßt die Schiffe anders wohin laufen: indem stehet er zu Nachts auf, begibt sich nach seinem Hauß, und findet alles, wie er berichtet worden, laͤßt aber doch den Ehbrecher laufen, und nur die Frau ihre Untreu mit dem Leben bezahlen; den folgenden Tag verfuͤgt er sich nach dem Ehebrecherin auf frischer That ermordet. Groß⸗Meister zu Malta / erzehlt alles Vorgelauffene, und erhäͤlt deswegen Verzeihung: ob er im uͤbrigen Kinder mit ihr gezeigt, oder sie ohne dieselben in die andere Welt geschickt, hab ich so eigentlich nicht erfahren koͤnnen. Er hat nachgehends eine andere Frau genommen, welche aber gleichfalls noch vor ihm gestorben ist.

Abschiedsvisite bey dem GroßVizir. Den 19ten nahm der Herr Botschafter von denen hier anwesenden Gesandten Abschied, und begab sich alsdann üͤber den Canal nach dem Groß⸗Vizir, um Sich auch bey demselbigen zu beurlauben, wobey es eben also, wie bey unserer Ankunft / gehalten worden. Die Herren Gesandten haben sich nach Verfliessung dreyer Tagen, wiederum eingestellt/ Sr. Excellentz zur bevorstehenden Reiß Glüͤck zu wuͤnschen, auch alles dasjenige dabey in acht genommen/ was sie sonst bey dem Empfang zu observiren pflegen. Der Groß⸗Vizir hat unsern Herrn Botschafter abermal mit einem vortreflichen Schimmel Desselbigen gemachtes Présent. samt Sattel und Zeug nebst einem Zobel⸗Pelz regalirt, unter die Suite aber sind nachmaln die gewoͤhnliche Caftan ausgetheilt worden. Sein Ab Ggg 3 422 Drittes Buch, Neunzehende Abtheilung / AbschiedsCompliment. Abschieds⸗Compliment richtet Er gegen alle fast auf einerley und ungefehr folgende Weise ein: Er wäͤre nun bereit, auf Jhro RömischKaiserlichen Majestät / seines Allergnädigsten Herrens, erhaltenen Befehl / nun wieder nach Teutschland zuruck zukehren; womit Er sich zwar dem Leib nach entferne / aber mit dem Gemüth Jhnen jederzeit zugethan verbleibe; wolten Sie sich gefallen lassen / solches bey Gelegenheit auf die Prob zu stellen / wuͤrden sie befinden / daß es Jhm an guter Gewogenheit gegen sie niemaln fehle.

Die Herren von Wetstein / Weipler / Aussem und Franken Einige von Adel werden von des Capudan Bascha Zahl⸗Meister tractirt. sind von dem Zahl⸗Meister des Capudan⸗Bascha zu guter letzt invitirt worden / um sich nochmaln mit einander zu divertiren, und des bisher passirten in aller Vergnügung zu erinnern. Es ist bey der letzten Visite des Capudan Bascha schon angemerkt, daß diese Herren mit einer mehr als gemeinen Vertraulichkeit seinem Bedienten begegnet, weswegen er ihm befohlen / sie nochmaln zu invitiren / um nach Lands⸗Gewohnheit sich mit einander lustig zu machen. Der Herr von Wetstein hatte ihn bereits in vorigen Krieg in denen Niederlanden als Fähndrich gekannt / zu welcher Zeit sie beide in Diensten gestanden; nach dem aber der Friede mit den Franzosen erfolgt, ist solcher zu den Venetianern gegangen, unter welchen er dann gefangen worden. Er war von einen vornehmen Adelichen Geschlecht aus Westpha Dessen Herkommen. len, nicht weit von Hanover, davon noch heut zu Tag viele im Leben sind / deren Namen ich aber mit Vorsatz verschweige. Dieser ist demnach so gleich frühe um fünf Uhr, mit noch einen der gleichen Renegaten, der, wie ich oben schon gemeldet, mein Landsmann war, gekommen, seine Gäͤste abzuholen, welche auch aufs beste tractirt worden, und weder an Wein noch andern Geträͤnken den geringsten Abgang verspuͤhrt. Jm Weggehen sind sie gewöhnlichermassen mit Tüchlein beschenkt, auch ihnen ein Schiff, um darauf heimzufahren, offerirt worden, welches sie aber mit aller Höflichkeit abgeschlagen / weil sie nur über einen nicht sonderlich grossen Berg bis nach Hauß zu gehen hatten.

Zwanzigste Abtheilung.

Der Herr Botschafter wird nochmaln von dem Groß⸗Vizir invitirt. VOn dieser Zeit an ist der Herr Botschafter niemaln mehr zu dem Groß⸗Vizir in Sachen, die seinen Character betroffen, gekommen, und als dieser den 21ten, da Se. Excellentz von dem Dol metsch Des Hn. Botsch. Verricht. nach nidergelegten Character. 423 metsch der Pforten weggiengen, Sie in seinem Garten an dem Canal invitirt hatte, ließ er zur Antwort sagen: der Roͤmisch⸗Kaiserliche Botschafter sey mit dem Einpacken beschaͤftiget, und koͤnne nun mit dem Groß⸗Vizir weiter nicht sprechen; es wuͤrde aber der Kommt ohne Character. Graf von Virmond mit seinem ganzen Collegio Musico kommen, von dem der Jbrahim ersucht wuͤrde, seine Musicanten gleichfalls herbey zuschaffen, damit sie sich einmal mit einander lustig machen moͤgten / nachdem sie bisher nur von ernsthaften und das gemeine Wesen betreffende Sachen mit einander geredet hätten. Dieses ist auch gleich den Tag darauf geschehen / und sind bey dieser Gelegenheit unsere Musicanten von dem Jbrahim reichlich beschenkt worden. Man muß Wann die StaatsAffairen bey einem fremden Minister bey der Pforte sich anfangen und endigen. aber hiebey wissen, was ich gleich Anfangs erinnert, daß ein Gesandter nicht eher eine oͤfentliche Staats⸗Person præsentiret, noch etwas dem gemeinen Wesen zum besten tractiren kan / bevor er bey dem GroßVizir Audienz gehabt, und deswegen nach seiner Ankunft vorher zu Jhm kommt, ehe er vor den Sultan gelassen wird also hat auch seine öffentliche Bedienung ein End, wann er von Jhm bereits Abschied genommen, so daß derjenige hernach der letzte wird, welcher vorher der erste gewesen. Es haben aber Se. Hoch⸗Graͤfliche Excellentz gleichwol alle Herren Gesandte nochmaln zu sich geladen, ausser den Englischen, welchen das Podagra in seinem Bett arrestirt hatte / wie Sie dann hinwiederum von dem Franzoͤsischen / Venetianischen und Holländischen mit dem ganzen Adel tractiret, auch von diesem letztern und dem Französischen zu Fuß in Jhrem Logis besucht worden / um den letzten Abschied von Jhnen zu nehmen. Es haben sich anbey Herr Botschafter findet sich auf einer Hochzeit ein. Se Excellentz bey der Hochzeit des Dolmetschen der Französischen Nation, und der Tochter des Venetianischen Dolmetschen eingefunden / als die Trauung wenig Tage vor der Abreiß in des Französischen Gesandten Capell vollzogen wurde. Der Bräutigam hatte eine grosse Begleitung von Manns⸗Personen, der Braut aber folgten Prächtiger Aufbutz des Grichischen Frauenzimmers. eine zimliche Anzahl Frauenzimmer in den vortreflichsten Schmuck; deren Haupt⸗Haare mit allerhand kostbaren Steinen, Gold, Blumen und netten Reiger⸗Büͤschen gezieret ware: an den Fingern, Hals, Ohren und Brust funkelte gleichfalls alles von Steinen und Perlen. Die Braut / auf deren Haupt die Reiger⸗Büsche sehr prächtig stutzten, die Brust aber mit Edel⸗Steinen wie gleichsam besäet schiene, führte der Venetianische Gesandte / den Braͤutigam aber die Ge 424 Drittes Buch / Zwanzigste Abtheilung / Gemahlin des Französischen Gesandten zum Altar vor den Erz⸗Bischoff zu Ancyra, welcher hier des Patriarchen Stelle vertretten und die Trauungs⸗Ceremonie versehen hatte. Gemeldte Braut Venetianischer Dolmetsch stirbt wegen seiner Treue eines gewaltsamen Tods. nannte sich Navoni / und war kaum sechzehen Jahr alt, deren Vatter wegen der gegen die Republic Venedig gehägten Treue / bey welcher er in Diensten gestanden / einen gewaltsamen Tod erleiden müͤssen, wie dann seine Grab⸗Schrifft, die heut zu Tage auf dem Catholischen Gottes⸗Acker zu Pera in Marmel gehauen zu lesen, eben dieses zu verstehen giebt. Er hat nemlich die Venetianer, ehe noch der Krieg in Morea angekündiget worden, durch Schreiben gewarnet, daß sie auf ihrer Hut seyn, und die Stadte wol besetzen solten, weil sich die Tuͤrken zu Wasser und Land rüsteten, und dieses Wetter ohne Zweifel über sie ausgehen würde: Einsmals ließ ihn der Topchi Baschi gleich Frühe zu sich kommen, und vermeldete ihm / daß der Groß⸗Vizir etwas mit ihm zu reden habe: er bezeigte sich alsobald gehorsam / setzt über den Canal und præsentirt sich dem Groß⸗Vizir, der ihn so gleich die durch ihn an die Venetianer geschickte von den Tüͤrken aber aufgefangene Brieffe vorlegte, und ihm fragte: ob er sie kenne? als er nun hieruͤber sehr erschrocken, wurde er doch befehlicht, sich nach Hauß zu begeben; da er aber nach Pera auf den Berg und in diejenige Gasse kommt, die nach seinem Quartier gieng, wird er von dem schon vorher darzu bestellten Häschern angepackt, und ohne fernere angezeigte Ursach aufgehenkt; und als er die Leiter und den Balken an der Mauer stehen sahe, und deswegen fragte, was dieses zu bedeuten hätte? bekam er zur Antwort, daß es ihm angienge, er solte sich nur eilfertig zum Tod bereiten, weil man ihn daran hangen wuͤrde / und also muste er ohne Abschied von Weib und Kindern aus dieser Welt wandern, Dolmetsch warum deren so viel hingerichtet werden. da er sich solches am wenigsten eingebildet hatte. Es haben auch schon viele Dolmetsch dergleichen End genommen, vornemlich wann sie sich nicht in ihren Schranken gehalten, sondern in fremde Händel gemischt. Der Le Brun, so den Tüͤrken viele Geheimnuͤsse verrathen, auch mit Exempel von einem Französischen Dolmetschen. seinen Anschlägen ihnen nicht wenig genutzt, ist gleichwol in dem Lager vor Belgrad auf des Ahli Befehl, als er nach der Belägerung Peterwardein gereißt, in seinem eigenen Zelt, welches von des GroßVizirs seinem nicht weit entfernet war, mit vielen Wunden umgebracht worden. Dieser hatte in Gewohnheit / immer der Türkischen Armee zu folgen, und alles auszuforschen, auch durch seine Intriquen zu Des Hn. Botsch. Verricht. nach nidergelegten Character. 425. zu wegen gebracht, daß man ihm an seinem Hof mehr Glauben zustellte, als den Gesandten selbst / dessen Dolmetsch er gewesen; also daß man bemeldten Gesandten einsmals vom Hof aus geschrieben: man koͤnne sich nicht darein finden/ ob sie an den Dolmetsch einen Gesandten oder nur des Gesandten Dolmetsch haͤtten, weil sie mehr neues von dem Dolmetsch als von dem Gesandten selbst erfuͤhren; es schiene, als wann er nur des Dolmetsch Gesandter wäre, weil er niemal was neues, sondern lauter alte Sachen berichtete, und nur dasjenige bekraͤftigte, oder deutlicher machte / wovon ein ander vor ihm schon längst Nachricht gegeben. Tarsi / weil er sich in Staats Sachen, Noch mehrere Exempel. die ihm nichts angiengen, gemengt/ ist auf die Tortur gebracht worden, um zu sehen, ob man nicht ein Geheimnuͤß von ihm heraus bringen koͤnte. Timoni / ein vortreflicher und sehr beruͤhmter Medicus, hat den Türken versprochen, Grichisch⸗⸗Weissenburg unter gewissen Conditionen wiederum ihrer Botmaͤssigkeit zu unterwerfen / auch sich zu noch mehr andern Sachen, die nicht in seiner Macht stunden, anheischig gemacht, weil er aber am Ende gesehen, daß er nicht mit auslangen koͤnnen, hat er sich, aus Furcht eines schmäͤhlichern Tods, selbst umgebracht. Er war im uͤbrigen in seiner Wissenschaft ein gelehrter Mann, und hat viele Merk⸗Zeichen davon in einem Medicinischen Manuscript hinterlassen, welches sehr estimirt wird. Doch seye ferne von mir, daß ich einen von denenjenigen Dolmetschen, die sich gegenwärtig bey der Pforte aufhalten, culpiren wolte; ich kenne viel brave Leute unter ihnen, welche für die gemeine Wolfarth und ihrer Herren Nutzen tausendmal sterben wüͤrden / wann die Sachen darnach beschaffen wären: vielmehr rede ich nur von diesen, die sich in fremde Händel mischen, ihrer geschwohrnen Treue vergessen, durch heimliche Verständnuͤß Stoͤrer der gemeinen Ruhe, und eine Ursach allerhand Streit und Tumults, ja wol öfters gar höchst gefährlicher Kriege sind. Man mag es demnach nur von diesen verstehen, von welchen man Sprichworts⸗Weiß zu ConstantiSprichwort von den Dolmetschen zu Constantinopel. nopel sagt, daß daselbst drey greuliche Arten der Pest regieren, die eine davon ware die natuͤrliche / die andere das Feuer / die dritte aber und gefäͤhrlichste die Dolmetschen.

Den 24ten wurden die Pferde für den üͤbrigen Hof zugeVöllige Anschickung zum Aufbruch. führt, nachdem man schon den Tag zuvor die für den ersten Adel angeschafft hatte, den folgenden Tag aber gieng ein Theil von der Baga Hhh 426 Drittes Buch / Zwanzigste Abtheilung / Bagage ins Läger voraus. Dazumal liessen sich einige von den Unsrigen in Grichischer Kleidung nach Constantinopel uͤbersetzen, um daselbst einige benöthigte Sachen einzukaufen; welches Habits sie sich aber darum bedienten, damit sie desto wolfeiler handeln koͤnnten, und auch einen freyern Zutritt zu des Sultans Stall und übrige Oerter der Stadt haben moͤgten; aus welchem Stall Seiner Ex Gewohnheit bey dem letzten Present des Sultans. Cellentz nochmaln ein vortreflich Kästen⸗braunes und recht Königlich⸗ausgeschmücktes Pferd verehret worden; dabey der Gebrauch observirt wird, daß, wer dasselbige haben soll, ihme etliche Schritt entgegen gehet, alsdann sich darauf setzet, und es ein⸗ und andermal im Kreiß herum führet: damit nun auch dieses hier ein desto gröͤsseres Ansehen machte, liessen Se. Excellentz eilends den in der Nähe wohnenden Adel und Hauß⸗Bediente zusammen ruffen; und als Sie wieder von dem Pferd abstiegen, invitirten Sie den Uberbringer desselbigen in Dero Zimmer, beschenkten ihn mit einer silbernen SackUhr, und liessen unter die Reit⸗Knechte und Roß⸗Buben einige Ducaten austheilen.

Den 26ten April, welches der letzte Tag unsers Hierseyns war, Letzter Tag des Hierseyns der Röm Kaiserl. Botschaft. sind alle noch zuruͤck gebliebene Bagage-Waͤgen folgends nach dem Lager gebracht, die Freyherrn von Locher und Studenitz aber mit dem Dolmetsch Herrn Theyls zum Groß⸗Vizir abgefertigt worden / um in Namen Sr. Excellentz Jhm nochmaln das letzte Adieu zu sagen / und den gebuͤhrenden Dank für alle der Botschaft bezeigte Ehre und Höͤflichkeiten abzustatten; weil sie Jhn aber um selbige Stunde nicht zu Hauß angetroffen, haben sie unbeschenkt wiederum zuruck kehren muͤssen, es waͤre dann Sach / daß andere statt ihrer nach unserm Abzug etwas bekommen haͤtten, welches ich eben nicht wissen kan. Weil auch das Reiß⸗Gezeug schon voraus geschickt war, haben viele von uns dieselbige Nacht in den Wirths⸗Haͤusern, oder bey guten Freunden in der Stadt zubringen muͤssen; da unterdessen alles zur gänzlichen Abreiß auf den andern Tag angestellet worden.

Ende des Dritten Buchs. Der
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Der Historischen Nachricht Von der Röm. Kaiserlichen Groß⸗Botschaft nach Constantinopel / Viertes Buch. Begreifft die Heimreiß von Constantinopel nach Wien.
Erste Abtheilung.

NAchdem nun die Stunde unsers Aufbruchs herVölliger Aufbruch. beygekommen / und wir bey dem Venetianischen Botschafter das Früh⸗Stuck worzu wir ausdrücklich etliche Tage zuvor eingeladen worden, eingenommen, wobey es weder an FrüͤhStuck bey dem Venetianischen Botschafter. kostbarn Speisen noch delicaten Wein gefehlt, sondern vielmehr desselbigen an rothen und weisen / Jtaliänischen / Grichischen / Muscateller / von der Jnsul Samos / Chio und Tenedos ein UberOrdnung des Auszugs. fluß vorhanden gewesen, haben wir uns nach dem Garten desjenigen Hauses verfügt, in welchem der Graf von Oettingen ge wohnt, Hhh 2 428 Viertes Buch / Erste Abtheilung / wohnt, wir aber diesesmal / so lang wir uns hier aufgehalten / unsere Pferde daselbst stehend gehabt. Aus solchem sind wir in schöͤnster Ordnung bey einer alten Kirchen und dem Hauß der Patern Trinitarier / so sie erst kürtzlich gekaufft, dann auch die Wohnung der Türkischen Edel⸗Knaben / (die zwar schon längst aufgebauet, um den Grund des Hof⸗Lebens darinnen zu legen, von dem Ahli Bascha aber ungefehr vor 6. Jahren für die junge Jchoglan wiederum renovirt, auch noch weitläͤuftiger und prächtiger, als vorher, ausgemacht worden,) und bey dem Pallast des Engelländischen Gesandten vorbey üͤber den grossen Kirchhof zu Pera gezogen, um den Herrn Groß⸗Botschafter abzuholen; so dann haben wir Jhn von dar hinaus begleitet, und dem Pera den läͤngst⸗ge Begleitung anderer Gesandschaften. wünschten Abschied gegeben. Hierbey nun ist die ganze Französische Nation, und die Vornehmsten aus der Suite anderer Gesandtschaften, ausser den Engelländern, welche wegen eines PræcedenzStreits mit den Franzosen / sich niemaln zugleich mit diesen bey etwas finden lassen, auf den kostbarsten und nett aufgebutzten Pferden in prächtigster Kleidung zur Bezeugung des Respects und Freundschaft gegen uns vorher geritten / auch ihre Laquayen in ihrer von einander unterschiedenen Livrée und mit ihren eigenen Janitscharn zu Fuß voran gegangen. Die Holläͤnder machten bey diesem Zug den Anfang, die Venetianer stellten sich in die Mitte, und die Franzosen schlossen hinter diesen nechst an uns, doch so / daß ihre Kauf⸗ und übrige Handels⸗Leute ihnen noch vorgiengen / und zugleich die vornehmere Stelle uͤberliessen. Hierauf wurden des Hn. Groß⸗Botschafters Hand⸗Pferde geführt, so theils Teutsch / theils auf Türckische Manier aufgebutzt waren; im übrigen kam alles mit dem Einzug zu Wien üͤberein / also daß die Leib⸗Wacht Sr. Excellenz, und hier zugleich die Janitscharn / geschlossen haben. Jn solcher Ordnung nun sind wir aus Pera/ woselbst sich ganz Galata eingefunden, unsern Abzug mit anzusehen / mit fliegenden Fahnen und klingenden Spiel, oder unter Trompetenund Paucken⸗Schall / und übrigen Music, die sich ohne Unterlaß hören lassen, einen langen Weeg in guter Ordnung, nachgehends aber durch einander üͤber Aecker und Wiesen bey dem suͤssen Wasser vorbey geritten, bis wir nach der Vorstadt Job gekommen, allwo wir uns wieder in Ordnung gestellt, und von dar weiters nach Taut Bascha Von dem Auszug und Aufbruch aus dem Lager. 429 Bascha in das uns angezeigte Läger marchirt; ehe wir aber noch daselbst angelangt, haben wir von unsern Begleidern nach schuldiger Dank⸗Abstattung für ihre Bemühung Abschied genommen. Zu Abschied von den Beglei d t ern. Ejup / welches so viel als die Vorstadt des H. Jobs ist / traffen wir die Janitscharn in ihrer Ordens⸗Tracht und Fest⸗Hauben in doppelter Ordnung an, welche den Zulauf des Volks abhielten, und den Herrn Groß⸗Botschafter im Vorbeyreiten nach ihrer Art ihre Reverenz bezeigten. Jn dieser Vorstadt hat sich abermal eine unzähliche Menge Volks aus Constantinopel eingefunden, weil wir bey unserm Abzug die Stadt selbst wegen Ungelegenheit des Orts und Abgelegenheit des Lägers nicht betretten; und viele, die uns schon gleich Früͤhe zu Pera gesehen / auch aus den Fenstern herab und von der Gassen eine gluͤckliche Reise nach Teutschland angewünschet / sind durch einen küͤrzern Weeg, uns noch einmal zu Sultan und GroßVizir sehen den Abzug mit an. sehen, wieder dahin gekommen: ja selbst der Sultan mit dem Groß⸗Vizir haben in verkleideter Tracht, damit man sie nicht kennen moͤgte / irgendwo aus einem Hüttlein der Roͤmisch⸗Kaiserlichen Botschaft prächtigen Abzug, die dabey gehöͤrte lustige Music, welche / so lang wir durch diese Vorstadt gezogen, niemal still gehalten, die fliegenden Fahnen, und die denen Tüͤrken ganz ungewöͤhnliche Ordnung beobachtet.

Allhier siehet man eine Moschee / zu welcher die Tüͤrken heuMoschee / worinnen der Sultan installirt wird. tiges Tags zweymal im Jahr aus der Stadt Wallfarthen gehen / und ist diejenige Kirche, worinnen ehedessen die Grichischen Kaisere gecrönt worden, anjetzo aber denen Nachkommen Muhamets / als unrechtmäͤssigen Besitzern des Orientalischen Reichs, wann sie nach Absterben oder Absetzung ihrer Vorfahren auf den Thron kommen, der Moufti den Saͤbel umguͤrtet, worinnen fast die ganze Croͤnungs⸗Ceremonie bey den Tuͤrken bestehet, nur daß der neu⸗angehende Regent dabey schwehret, daß er bemeldten Säbel zur Vertheidigung des Muhametanischen Gesetzes, des Volks Beschützung und Ausrottung des Christlichen Namens gebrauchen wolle. Als wir im Läger angelangt, fanden wir die Zelten schon Geschlagenes Läger. alle aufgeschlagen, die insgesamt ganz neu, und ehedessen noch niemal gebraucht waren/ vor den Herrn Groß-Botschafter aber zwey schöne und kostbare auf Türckische Art verfertigte, davon das klei Hhh 3 430 Viertes Buch/ Erste Abtheilung / kleiner oben mit einem zweyfachen Dach vor Wind und Regen / zur Seiten aber mit einem aus Baum Wollen gesponnen Wand⸗Tuch versehen und zur Nacht⸗Ruhe gewiedmet, das andere aber, läͤnglicht und groß, zum Speiß⸗Zimmer verordnet gewesen.

Present an Jhro Röm. Kais. Majestät / den Prinz Eugenius, und den Hn. Botschafter von dem Groß⸗Vizir. Bald hierauf kamen von dem Groß⸗Vizir drey kostbare Pferde an, ein Braun⸗rothes, und zwey Schimmel; das erste solte Jhro Römisch⸗Kaiserlichen Majestät Carl dem VI. das andere Jhro Hochfürstl. Durchlaucht dem Prinzen Eugenius zugestellt werden, und das Dritte der Herr Botschafter für sich selbst behalten. Es fanden sich auch ihrer viele aus Pera und Galata ein / uns nochmaln die letzte Ehre zu bezeugen; hingegen giengen einige von dem ersten und zweyten Adel nicht nur noch selbigen, sondern auch den folgenden Tag, so lang wir uns zu Taut Bascha aufhielten, wiederum nach der Stadt, so wol noch unterterschiedliche Sachen einzukauffen, als auch die vorigen guten Freunde und Freundinnen von den Franzosen, Engelläͤndern/ Venetianern / und Holländern zu besuchen: so haben sich auch die SprachKnaben / die unsern Auszug zieren helfen, wieder zuruck begeben, ausser dem Herrn Managetta / welcher bey Sr. Excellenz noch Hr. Schötteler reißt eben an diesen Tag zu Wasser nach Venedig ab. einige Verrichtungen hatte. Zu eben selbiger Zeit ist der Herr Ferdinand Friederich Anton Schötteler / Fähndrich von der LeibWacht, mit einem Schiff nach Venedig abgegangen, um sich von dar weiter zu Land nach dem Virmondtischen Regiment, so auf den Jtaliänischen Gränzen stunde, zu verfügen: er hat schon den Tag zuvor absegeln sollen, hat sich aber mit dem Abschied⸗nehmen von guten Freunden so lang aufgehalten, daß das Schiff nicht weiter auf ihn warten wollen, sondern die Reise ohne ihn angetretten, also daß er sich gezwungen sahe, des Tags darauf in einem andern Schiff zu folgen, und ist also wider seinen Willen geschehen, daß er nicht nur mit uns nach Orient gekommen, sondern auch von dar, wiewol einen andern Weeg, wiederum zu gleicher Zeit abgereißt.

Den 28. April sind wir zwischen Taut Bascha und Cete ros still gelegen, und haben uns zur künftigen Reise recht fertig gemacht, auch diejenige Kleider und Zeug wieder eingepackt, die uns so wol für Menschen als Pferde des vorigen Tags bey dem Auszug dienen muͤssen. Etliche giengen, wie sie auf dieser Reise fast täͤglich gewohnt Von dem Auszug bis zu dem Aufbruch aus dem Lager. 431 gewohnt waren, die Grillen und Zeit zu vertreiben, auf die Jagd; andere aber noch einmal in die Stadt, um die Ceremonien mit an zusehen, deren sich die Grichen bey Feyerung ihres Oster⸗Fests / Feyrung des Oster Fests bey den Grie chen. welches sie eben an diesen Tag begiengen, bedienten. Dann zu sol cher Zeit pflegen sie auf den Gassen unter freyen Himmel oͤffentliche Dänze anzustellen, und lustig herum zu springen / ohne daß es ih nen von jemand verwehrt wird, auch damit drey Tage anzuhalten; wann aber die Tuͤrken nach deren Verfliesung jemand von ihnen be soffen antreffen, bekommt er zum Recompens hundert Prüͤgel wol gezehlt auf die Fuß⸗Sohlen, und wird noch darzu mit fortgeschleppt. Diese Tage hindurch haben sich die Juden und anJuden kommen ins Lager. dere Kaufleute in grosser Anzahl in unserm Läger eingefunden, und uns ihre Waaren, vornemlich aber ihren Opobalsam angebothen, den anjetzo diejenige, so sich nicht zu rechter Zeit damit versehen, viel theurer als sonst bezahlen müssen; wie es dann gemeiniglich geschie het, wann die Leute wissen / daß man an einer nothwendigen Sache einen Abgang hat. Diese Arzney wird in der Medicin stark ge braucht, wovon ich eine accurate Beschreibung, wie sie mir der hoch erfahrne Leib⸗Medicus bey dieser Botschaft, Herr Johann Daniel Hulin / auf mein vieles Bitten endlich communicirt, hersetzen will: Der Opobalsam, so auch der Baisam von Mecha / oder Beschrei bung des Opobal sams. der weise Jndianische / sonst auch der Juden⸗Balsam ge nennt wird / kommt aus Arabien her / und wächset der Baum, woraus diese edle Arzney flieset / in den fel Wie der Baum da waͤchst. sichten Arabien, wie bey uns die Wacholder⸗Stauden / so jedoch dem Gewaͤchs nach von diesem ganz unterschieden von ist. Dieses Harz wird im Jahr zweymal / nemlich im Wann und wie die ses Harz gesammlet wird. Frühling und Herbst / gesamlet / doch übertrifft der / so im Früh⸗Jahr gesammlet wird / den andern an der Menge und Güte sehr weit; dabey dann die Araber folgende Ma nier beobachten: erstlich schneiden sie den Stamm ab / o der nehmen ein Stuck von einen andern darzu tauglichen Baum, der dem andern in der Dicke ungefehr gleich kōmt/ und vier bis sechs Finger lang ist; solchen holen sie als dann aus / spalten ferner die Rinde desjenigen Baums / aus welchem der Balsam fließt / von einander, also daß das Gefäß / das an einem Strick haͤngt / und mit Wachs ver macht 432 Viertes Buch / Erste Abtheilung / macht ist / damit der Geruch und die Spiritus nicht ausrau chen / unmittelbar unter die Spalte kommt / und auf sol che Weise wird der heraus triefend Balsam aufgefangen; solche mit Balsam angefüllte und allenthalben wol ver wahrte Stämme verkaufen sie alsdann denen nach Mecha wanderenden Bilgramen / die ihn auch in der Menge an sich handeln und aus den kleinern in die grössere Gefässe las Von wenn er zu be kommen. sen / welche aus mit einer Haut überzogenen Kürbisen ge macht sind, und also bringen sie ihn bey ihrer Ruckreise mit nach Constantinopel. Es ist aber sehr schwehr den wahren von den verfälschten zu unterscheiden / absonder lich denenjenigen / welchen diese Länder nicht bekannt sind / weil man sich auf die Proben, die man gemeiniglich damit Wie er von den Juden verfälscht wird.machet / nicht wol verlassen darf. Die Juden pflegen solchen auf folgende Art zu verfälschen: sie nehmen frischen Terpentin, aus der Jnsul Chio, welcher dem noch frisch gesammleten Balsam an der Farbe nicht gar ungleich kommt, vermischen ihn mit Sisamum⸗Saamen und wei sen Been, damit er die behörige Flüssigkeit und Geruch da von bekom̄t / und darüber schütten sie alsdann etwas ge rechten Balsam / um die Kaufleute durch den Geruch zu Wie hinter diesen Be trug zu kommen. betriegen. Man kan aber leicht darhinter kommen / wann man den Balsam recht unter einander schüttelt / und etli che Tropfen auf eine glühende Kohlen fallen läßt / welche so dann einen schwarzen und unangenehmen Rauch in dem Zimmer verursachen. Mit dem Unverfälschten aber hat es eine ganz andere Beschaffenheit / und kan demnach der Käufer zu dessen Erkänntnis folgende Prob anstellen: Prob / um den guten von den verfälsch ten zu un terscheiden.Erstlich lasse er einen Tropfen von diesem Balsam auf frisch Brunnen⸗Wasser fallen, welcher sich alsdann so gleich ausbreiten und ein Häutlein darüber ziehen wird; wann nun der Balsam gerecht ist / laͤßt sich dieses Haͤutlein mit einem Hölzlein oder Feder⸗Kiel auf einmal herunter neh men. Zweytens, giesset man diesen Balsam auf Schar lach oder sonst ein rothes Tuch / und wann man dassel bige bey der Sonnen wiederum wol abtrucknet / darf kein Flecken davon zuruck bleiben. Drittens kan man ihn auch an Von dem Auszug bis zu dem Aufbruch aus dem Lager. 433 an dem angenehmen / flüchtigen und dem Wachholdern fast gleichkomenden Geruch und etwas bittern Geschmack erkennen / absonderlich wann man solchen / wie gemeldet / auf eine Kohlen fallen läßt, und einen angenehmen Ge ruch davon in dem Zimmer empfindet. Viertens pfleWürkung dieses Bal sams. gen unsere Apothecker in Teutschland denselbigen folgender Gestalt zu probiren: sie nehmen ein Stuͤck frisches Fleisch / bestreichen es mit diesem Balsam, legen es alsdann bey den heisesten Sommer⸗Tagen in die Sonne; wann nun nach einer Zeit von sechs Tagen das Fleisch gewaschen wird / und doch nicht riecht / wird der Balsam für gut gehalten. Derselbige bekommt den schwachen Magen überaus wol, und stärkt ihn unglaublich / absonderlich wann er erkaͤltet worden. Jngleichen dienet er vortref lich in Verstopfung der Harn⸗Gaͤnge, reiniget die Nieren, bringt die verschwollene Blasen wieder zu recht, und thut auch gute Wuͤrkung im rothen und weisen Fluß / wann andere Arzneyen gehöͤriger massen vorher gegangen. Die Dosis ist von 1. bis 4. Tropfen in frischem Eyer⸗Dot ter. Zu Pest⸗Zeiten gebrauchen die Einwohner diesen Balsam als das sicherste Præservativ; und zu Heilung der Wunden ist er unvergleichlich/ und weit besser / als der Copaiva Peruvianische und Tolutanische Balsam; in Ver wundung der Nerven und gemeinen Schaͤden thut er auch sehr gute Dienste / und bekommt noch mehrere Kraͤften/ wann er an statt des Terpentins unter den Balsam des Arcai gethan wird. Es kommt auch der Opobalsam un ter den Theriac des alten Andromachi in einer gewissen Proportion; und wird auch eine Pomade davon bereitet/ deren sich das Frauenzimmer bedienet / die Runzeln von der Stirn / und die der Schoͤnheit und Annehmlichkeit sehr nachtheiligen Sommer⸗Flecken damit zu vertreiben, als welche sie nicht nur voͤllig hinweg nimmt, sondern auch die runzlichte Stirn schoͤn weiß und glatt machet; es wird aber selbige auf diese Weise verfertigte: man nimmt unPomade davon. gefehr eine Unze laulichtes Regen⸗Wasser/ laͤßt zehen ge meine Saltz⸗Körnlein darinnen zergehen / alsdann schüt tet Jii 434 Viertes Buch / Zweyte Abtheilung / tet man sechzig Tropfen dieses Balsams darauf / fährt mit dem Finger so lang am dem Rand des Gefäͤßes herum / bis er gantz weiß wird; endlich gießt man das überfluͤssige Wasser davon ab / und hebt dasjenige / was in den Ge schirr bleibt / zu seinem Gebrauch auf; das Gesicht aber wird mit einem weisen Tuch uͤberfahren und auch wieder damit abgewischt.

Zweyte Abtheilung.

DEn 29ten dito sind wir uͤber die kleine, und den 30ten darauf Aufbruch aus dem Lager. über die grosse Brücke gegangen, und haben dasjenige Lager bezogen / worinnen wir schon im vorigen Jahr gestanden, sind auch an dem letzt gemeldten Ort einen Tag still gelegen und den 2ten Maj nach Selymbria fort geruckt. In dieser Zeit kam ein Heldenmüͤthiges Weib in Manns⸗Kleidern / wie auch des Französischen Gesandten Vetter zu Pferd zu uns, die alten Gäste und Freunde nochmaln zu besuchen: so sind auch die Grafen Nesselrode / Künigl und der Freyherr von Zweiffel, die vielleicht Pera und Galata hiemit auf ewig gute Nacht gesagt, wiederum bey uns Trompeter sucht seine Zuflucht bey uns / aber vergeblich. ankommen. Den 3ten Maj ist ein Trompeter von dem Regiment des Printz Maximilian von Hanover auf dem Weeg zu unsern Wagen geflohen, der neulich mit dem Grafen von Sonau gefangen worden / jetzt aber seinem Herrn heimlich davon gelaufen; und drey ganzer Tag und Nacht sich in den schon in Halmen stehenden Getraid aufgehalten / und unsere Ankunft erwartet. Als er unsere Wägen und die Teutsche Kleidung von ferne gesehen, ist er in hoͤchster Eil zu uns gelauffen, aber zu seinem Ungluͤck von denen Tüͤrken gesehen worden, die ihn auch alsobald wieder abgefordert; er wurde zwar auf des Herrn Botschafters Befehl bis nach Kunikli in unser Lager mit gefüͤhrt / und daselbst examinirt; als es aber zur Verhör gekommen, schmieß er seinen Bund auf die Erden, sprang mit Füssen darauf, stoßte viel Schelt⸗Worte wider die Tüͤrken in ihrer Gegenwart heraus / und bekannte zu letzt öffentlich vor aller Ohren, daß er wider seinen Willen beschnitten worden, sein Gemüth aber niemaln der Muhametanischen Secte ware zugethan gewesen, und rufte hieruͤber Christum den wahren GOTT und Men Von der Reise aus dem Lager bis nach Adrianopel. 435 Menschen / der für uns gelitten / und am Creutz gestorben, zum Zeugen an / daß er hieran nichts als die Warheit rede. Als nun der Herr Botschafter in einer so zweifelhaften und nicht gegnug bewiesenen Sache keinen Rath zu fassen wuste, weil die Türken alles läugneten, und vorgaben / daß er ganz freywillig zu ihrer Religion übergetretten ware, hat er ihn etliche Ducaten geschenket / und seinem Herrn wieder zuruck geschickt, mit der Versicherung, daß Er gerne tausend Thaler darum geben wolte, wann er dafür könnte loß gekauft werden. Hierauf sind wir den 4ten Maj auf Ziorlo / und als wir daselbst Rast⸗Tag gehalten / den sechsten auf Carischtran / den siebenden auf Burgas, und endlich den achten auf Ba Sclav wird loß gekauft. ba gekommen. Zu Burgas haben wir Geld zusammen geschossen, und einen Sclaven, so ein Frank war, dafüͤr loß gemacht, worzu sich ein Priester aus der Gesellschaft Jesu brauchen lassen; wir sind später, als sonst gewöhnlich, daselbst angekommen, weil wir von Carischtran wegen entstandenen Ungewitters, so mit Donner/ Regen und Wind die ganze Nacht angehalten, nicht zu rechter Zeit aufbrechen koͤnnen / wo wir anders nicht durchaus naß werden wollen. Es hatte sich das Wetter mehr als zehenmal gelegt, ist aber immer wieder von neuem ausgebrochen, so daß wir kein End darvon hoffen kunten / und es schiene / als ob der Jüngste Tag herein brechen wuͤrde. Auf dem Weeg nach Baba ist uns ein Tüͤrkischer Courier begegnet / welcher von dem Tuͤrckischen Botschafter aus Wien mit Türkischer Courier von Wien. Brieffen nach Constantinopel geschickt war, so uns die Nachricht brachte, daß dieser den 13ten April bey Sr. Römisch⸗Kaiserlichen Majestät die Abschieds⸗Audienz haben wüͤrde, wobey er uns zugleich einige Schreiben von unsern Freunden und Landsleuten uͤberreichte. Es haben Se. Excellenz denselbigen mit nach Baba zuruck genommen, um ihn Brieffe an den Herrn von Dierling und einige Vornehme des Hofs, sonderlich aber an den Groß⸗Vizir mit zugeben / worauf Sie ihn nach eingenommenen Mittagmal bey dem Capigi Baschi seinen Weeg nach der Stadt ferner fort setzen lassen. Den 9ten haben wir abermal einen Rast⸗Tag gehalRast⸗Täge wie oft gehalten. ten, und damit von hieraus bis nach Wien jederzeit den 3ten oder 4ten Tag continuiret. Diese Zeit über sind wiederum einige Liebhaber der Jagd nach gegangen, wie sie dann auch täͤglich, wann es an ders Jii2 436 Viertes Buch / Zweyte Abtheilung / ders das Wetter nicht verhindert, die Zeit mit passirt, welches ich aber ins künftige ferner zu erinnern für unnöthig achte; und zwar haben sie an diesem Tag ausser einigen Rebhuͤnern auch einen zu dieser Jahrs⸗Zeit ungewöhnlichen feisten Fasanen auf des Herrn Botschafters Tafel geliefert, damit sie aber solchen bekommen kunten, musten unsere Jager üͤber ein Wasser setzen, und in Ermanglung eines Schiffs die Kleider ausziehen und durchwaten: da sie ihn geschossen, sprachen sie einen Türkischen Bauern an, der einen nach dem andern um etliche Para auf seinen Schultern wieder hinüͤber Curieuse HaasenHexerey. getragen. Wann ich auf die zauberische Jäger⸗Künste was hielte, wolte ich sagen, daß uns an diesem Tag ein Türkischer Fuhrmann Haasen her gezaubert hätte; dann da wir auf dem Heim⸗Weeg waren / hatten wir ihn auf den Weeg angetroffen / und gefragt / ob auch in dieser Gegend Haasen anzutreffen? welcher uns zur Antwort gegeben, daß wir um diese Zeit noch keine antreffen würden, wann aber die Sonne sich etwas besser ihren Untergang naͤherte, könnten wir sie allda in so grosser Menge zu sehen bekommen, als vielleicht an keinen andern Ort geschehen moͤgte. Als wir nun hierauf den Berg hinunter gestiegen / haben sich in dem Gestraͤuch eine entsetzliche Anzahl spühren lassen / so aber alle in einem Augenblick wieder davon geflohen, und ob wir ihnen schon mit Hunden nachgesetzt, auch darzu die auserlesensten und in dem gantzen Läger bekannten, gebrauchten, die auch wegen ihrer Fertigkeit und Treue gegen ihren Herrn sehr beliebt waren, haben sie doch keine Spuhr finden koͤnnen, und sich auch weder mit guten Worten noch Schlägen mehr darauf bringen lassen.

Den 10. Maj sind wir nach Hapsa gekommen, woselbst ein Grosser Haan zu Hapsa vortrefflicher aus lauter Quater⸗Stücken aufgefüͤhrter Haan stehet, auch danebst so groß ist / daß zwey tausend Pferde und noch Ankunft zu Adrianopel. mehr Menschen darinnen gantz bequem Platz finden. Von hier haben wir uns weiter gegen Adrianopel begeben, und sind auch allda den 11. dito angelangt. Es liegt diese Stadt ungemein plaisirlich, und hat uͤber dieses ein sehr fruchtbares Erdreich, worzu die vorbey fliessende Maritz das ihrige treulich mit beyträgt, als welche die daran liegende Gaͤrten und Felder noch fetter und fruchtbarer machet. Wir sind erst um den Mittag allda angekommen, obschon unsere Wägen die gantze Nacht durch gefahren und wir selbst in aller frü Von der Reise aus dem Lager bis nach Adrianopel. 437 frühe von Hapsa aufgebrochen. Der Bostangi Bascha / weil Bewillkommung im Namen des Bostangi Bascha. er wegen seiner noch von verwichenen Jahr anhaltenden AugenSchmerzen dem Herrn Botschafter nicht selbst entgegen kommen kunte, hat einige vornehme Officiers geschickt, welche Jhm in seinem Namen zur glücklichen Ankunft gratuliren solten, worgegen Se. Excellenz nicht allein ihren Leib⸗Arzt wiederum abgesendet, um seine Augen⸗Krankheit zu untersuchen / sondern auch noch zwey Edelleute, die Herrn von Weipler und Aussem / welche im Namen des Herrn Botschafters das Gegen⸗Compliment ablegen musten. Es kam auch die Englische Nation, Demselben ihre Reverenz zu bezeugen; und die Stadt hat auf Befehl des Mollochs, ihres Von der Englischen Nation, und der Stadt. Richters, ihre in Blumen, Früchten und Zucker bestehende Geschenke offerirt. Bey dem Einzug in ermeldte Stadt liessen sich die Trompeten und Paucken nebst aller übrigen Kriegs⸗Music beständig höͤren, welches auch in den uͤbrigen Tüͤrkischen und Ungrischen Städten jederzeit geschehen, wann wir durch die auf beiden Seiten rangirte Janitscharn, oder mit ihren ausgebreiten Fahnen stehende Besatzung eingezogen sind. Das Quartier hat der Herr BotschafQuartier des Hn. Botschafters. ter in dem in der Stadt erbauten Pallast des Groß⸗Vizirs genommen, als welcher sich, wann er zu gegen, gleichfalls darinnen aufzuhalten pflegt: so waren auch noch andere Haͤuser füͤr die Hofstatt angewiesen, welche zwar einige bezogen, andere aber eine bessere Plaisir unter denen auf einer gruͤnen mit Baͤumen besetzten Wiesen aufgeschlagenen Zelten gefunden. Bey dem Einzug hatte ein Ein Weib springt zum Fenster herab. Weib zum öftern einem aus den Bedienten des Botschafters vom Fenster herab gewuncken, und damit zu verstehen geben, daß er naͤher herbey kommen solte, und als dieser hinzu gegangen/ ist sie von dem Fenster herunter gesprungen, aber alsobald von zwey hinzu gelauffenen Türken mit Stecken wiederum hinein getrieben worden. Man hatte daraus gemuthmasset, es muͤsste dieses Weib eine Teutsche Sclavin seye, welches auch ein Janitschar bekräfftiget; sie ist aber durch den Fall und die darzu gekommene Männer also erschreckt worden, daß sie nichts reden/ und damit weder eine gewisse Nachricht noch die Ursach ihrer Gefangenschaft erfahren köͤnnen.

Drit Jii 3
438 Viertes Buch, Dritte Abtheilung / Dritte Abtheilung.

Beschreibung der Stadt Adrianopel. DJe hier um die vornehmste Moschee stehende vier Thuͤrne sind auf eine ganz besondere Art, und zwar der eine von runden / der andere von Schlangen⸗Säulen, die zwey übrigen aber von auf unterschiedliche Art neben einander gesetzten Ziegeln erbauet. Und weil wir den 12ten hier still gelegen, hatten wir Zeit, diesen Ort etwas eigentlicher zu betrachten. Es war derselbige Tag bey den Grichen der erste Maj; und weil eben der Sonntag bey uns daran einfiel, woran man nicht zu arbeiten, sondern vielmehr nach dem Kirchen⸗Gebot Meß zu hören pflegt / hatte der Herr Botschafter in dieser zweyten Residenz⸗Stadt der Orientalischen Kaisere / gleichwie Er sonst zu Pera alle Sonn⸗ und Feyertäge gewohnt war, ein Zeichen mit Paucken und Trompeten geben und damit die Botschaft zum GOttes⸗Dienst beruffen lassen. Es waren zwar die Türcken auch hinauf in das Zimmer gekommen, wo wir unsern GOttes⸗Dienst halten wollten, um ihre Curiosité zu vergnüͤgen, allein der Herr Botschafter hatte sie alle, aus Veneration und wegen Heiligkeit dieses Geheimnisses, wegschaffen lassen. Des Bostangi Bascha Visite bey dem Hn. Botschafter. Der Bostangi Bascha ist auch an diesem Tag ungefehr um neun Uhr mit seinen Bostangis / so alle rothe Hauben auf hatten, und sich damit von andern unterschieden, aus seinem Garten des Serralliens in die Stadt gekommen, und hat bey Sr. Excellenz die Visite abgelegt / ob er schon nicht völlig restituirt war, deme Sie mit Chocolate tractiren lassen, und nachmals, da Sie das Serrallien zu sehen beliebten / wiederum die Gegen⸗Visite bey ihm abgestattet, wobey er uns dann hinwiederum eingemachte Fruͤchte und Caffée vorgesetzet.

Beschreibung des Serralliens zu Constantinopel. Nach diesem hat er uns das Serrallien sehen lassen, welches mit samt dem Garten weit grösser als das zu Constantinopel ist, aber die Einrichtung des Gebäͤues mit diesem vollig uͤberein stimmet, wie ich wenigstens aus demjenigen urtheilen kan, was ich zweymal daran observirt habe; sintemaln der Divan / das Zimmer, wo der Thron ist, und die Gesandten zur Audienz gelassen werden, die üͤber dem Divan stehende Kaiserliche Küͤchen, und die Pforten samt dem Vor hof, Von denen Merkwüͤrdigkeiten zu Adrianopel. 439 hof, mit gegenwärtigen ganz genau accordiren. Durch den Garten, und zwar an demjenigen Ort, welcher dem grossen Gebäu am nechsten liegt, siehet man hin und wieder viele kleine Lust⸗Haͤußgen, so die Tüͤrcken Kioschen nennen, und worinnen der Sultan zur Frühling⸗ und Sommers⸗Zeit mit den Seinigen öfters Mittags und Abends zu speisen pflegt, auch sich dabey allerhand SchauSpiele vorstellen läßt. Auf der Seite von der Stadt her fliesset ein Wasser, woselbst bemeldter Sultan an dem Ort, wo man es durchwaten kan, bisweilen eine aͤrgerliche und nicht weniger kostbare und verschwenderische Kurtzweil anstellet, welches mir der Ehrwuͤrdige Pater Petrus Franciscus Lombardus à Taurino erzehlet hatte, Aergerliche Kurtzweil des Sultans. der es gleichfalls von einem Bedienten des Serrallien erfahren, und darinnen bestehet, nemlich: im Sommer, wann die Hitze am grösten ist, läßt Er die Schöͤnsten von seinem Frauenzimmer in den Garten kommen, und zwar in den propersten Kleidern/ die aber nicht zusammen genaͤhet, sondern nur an einander gepappt sind; alsdann stellt er sie an jene Seite des Flusses, Er selbst aber bleibt disseits stehen: wann Er nun ein Zeichen gibt, laufen sie alle bis an den Hals ins Wasser worinnen Er sie so lang stehen laͤßt/ bis Er vermeint, daß der Pappe zerflossen: hierauf gibt er mit den Händen abermal ein Zeichen, daß sie zu Jhm kommen sollen, da, indem sie sich auf dem Weeg machen, das Wasser die Kleider mit sich fort führet, und sie nackend stehen laͤßt, welche nun unter ihnen am frechsten und unverschaͤmtesten ist, sucht denen uͤbrigen vorzukommen, und erhält auch damit die Belohnung ihrer Leichtfertigkeit. Damit sie aber von niemand koͤnnen gesehen werden, sind rings herum hohe, dicke und leinene Tuͤcher aufgespannt / darf auch niemand ohne Verlust seines Lebens sich denselbigen nahen: hernach kommen des andern Tags die Verschnittene/ Stumme/ Zwerge/ Jchoglani / Agiamoglani / Edel⸗Knaben und Diener / nicht weniger auch die Bostangi oder Gaͤrtner, die Baltagi oder Trabanten und übrigen Wächter und Aufseher über das Serrallien / und die auf des Sultans Person bestellt sind, welche die auf dem Fluß schwimmende Kleider, oder vielmehr nur den Zeug der Kleider, die Uhr⸗Gehaͤnge und unter dem Laufen verlohrne Steine aufklauben. Der jetzige Kaiser hat die Zit seines Lebens dieses Schau⸗Spiel nicht öfter als zweymal gehalten, weil gar zu grosse Unkosten darzu erfordert werden.

Wir

440 Viertes Buch / Dritte Abtheilung / Wir musten über drey Brüͤcken, die üͤber den Fluß geschlagen waren / nach dem Serrallien gehen / vor deren letztern ein grosser viereckigter aus Quater⸗Steinen aufgeführter Thurn stehet, und noch zwey andere daselbst gesehen werden, so innen her eine Wasser Kunst haben, vermittelst welcher das Wasser durch die ganze Stadt geleitet wird. Das mittlere Gebaͤu, so man gar selten mehr bewohnet, ist mehrentheils von Marmel aufgerichtet, und von Mahomet dem Zweyten, der Adrianopel noch etwas eher als Constantinopel eingenommen / erbauet worden, woselbst unsere Nasen ein unerträglicher Gestank incommodirte; nichts destoweniger sind wir durch finstere Treppen, so durch die Mauer giengen / bis oben unter das Dach gestiegen / um die Lage der Stadt recht zu beobachten. Es ist auch nicht zu zweifeln / daß es dazumal, als die Stadt noch in ihren rechten Flor gewesen, hier ungemein plaisirlich muͤsse zu wohnen gewesen seyn. Ehe wir uns aber noch da hinauf begeben, haben wir die Kiosch, so zur rechten Seiten des Eingangs liegt, vorher besehen. Dieses ist ein niedriges Haͤußgen, nur ein Stock⸗Werk hoch, wordurch die Luft von allen Seiten streichen kan, um die grosse Hitze zu temperiren, und die Sonnen⸗Strahlen abzuhalten. Die Treppen daran sind sehr niedrig, und mit rothen Tuch überzogen, damit nemlich das Hinaufsteigen nicht beschwehrlich seyn mögte; der Boden aber ist mit rothen zottigten Tuͤchern und andern Teppichen belegt, die Wäͤnde statt der Tapezereyen mit porcellanen viereckigten Steinen von unten bis oben aus besetzt; die Spiegel⸗ und Fenster⸗Scheiben aber sind sehr schlecht / und kommen mit dem andern Zierrath und einer so vornehmen Wohnung keineswegs überein. Man kunte allhier unter andern noch einige glaͤserne haͤngende Leuchter, auch Spiegel sehen, so sich noch von der alten Welt herschrieben und die vorigen Kaisere hinterlassen hatten: die Sofaus waren zum theil aus vielfärbigen Sammet, theils aus Seiden, aber auf Türckische Art mit allerhand Farben, Gold und Silber gestickt, und alle in einem besondern Zimmer auf einem Haufen zusammen geschlichtet. Jn dem ersten Zimmer præsentirte sich ein alabasterner Brunnen, in einigen andern aber/ deren man sich vermuthlich zu Winters⸗Zeit bediente, stunden porcellanene Oefen, in allen aber waren verschiedene Tüͤrkische Schrifften gebrauchen die Türken ihre Zimmer damit zu meubliren.Schrifften an Tafeln aufgehängt / die entweder den Namen GOttes / oder ihres Propheten / oder auch einiger ihrer Kaisere anzeigen; dann die Tüͤrken pflegen auf eine schoͤne Schrifft gar viel zu halten, behangen auch Von denen Merkwürdigkeiten zu Adrianopel. 441 auch öfters alle Wände mit denselbigen / und lassen die völlige Vertäflung damit überschreiben. Mustapha, der allhier abgesetzt worden / und des jetzigen Kaisers Bruder gewesen, hat diese Kiosch / so oft er sich zu Adrianopel aufgehalten, allezeit bewohnet: der jetzt Der jetzige Sultan ein Liebhaber des Frauenzimmers. regierende Kaiser Ahmet aber häͤlt mehr auf das Frauenzimmer und bringt deswegen ganze Täge und Nächte in dem Serrallien oder Harem bey ihnen zu. Es hat eine jede derselben ihre absonderliche Bewohnung, die so groß ist / daß sie eine ganze Hofhaltung, wie einer Frauenzimmers Wohnung. Kaiserin zustehet / gar gemächlich um sich haben kan. Dieselbigen werden alle mit grossen Thoren vermacht, uͤber welche quer eine eiserne Ketten gezogen ist, die eine andere oben herab hangende etwas in die Höhe hält, also daß sie einen Triangel formirt, welche letztere an einer sehr grossen steinernen oder eisernen Kugel haͤnget, so durch einen in die Wand geschlagenen Nagel an einem Ring fest gemacht ist. Die Schlüssel zu diesen Thoren hat zur Nachts⸗Zeit der Kußlir Aga in Schlüssel zum Frauenzimmer wer sie verwahret. seiner Verwahrung, es sey dann, daß sich der Sultan bey einer unter seinem Frauenzimer aufhäͤlt, und ihn damit dieser Sorg üͤberhebt. Wann der Kaiser zu einer gehen will, komt Jhm ihr ganzer Hof⸗Staat entgegen, und füͤhrt Jhn zu seiner Geliebten Zimmer: und diese, so sich wie eine andere Semiramis auf das schöͤnste und prächtigste aufgebutzt, eilet dem Kaiser noch auf dem Weeg entgegen. Jm übrigen haben Wer für sie zu sorgen. sie nicht die geringste Gemeinschaft mit einer andern Manns⸗Person, ausser mit den Verschnittenen, die zu ihrer Bedienung bestellt sind, und folgends mit dem Kußlir Aga / der für sie sorgen muß, und sie deswegen oͤfters besucht, um den Abgang, so sich etwan in einem und den andern zeigt, zu ersetzen, und Sie mit allen Benöͤthigten zu versehen. Hierzu stehet immer sein kleiner Wagen fertig, welcher fast aussiehet, als wie diejenige, so bey uns die Kinder brauchen, worinnen er sich uͤberall hinführen läßt. Es hat auch selbst das Frauenzimmer unter sich wenig Gemeinschaft mit einander, und kommen nicht leicht öͤfters zusammen, als im obgemeldten sechs Tagen des Jahrs, nemlich drey Tag an dem grossen, und wieder andere drey Tage an dem kleinen Bairam, es sey dann, daß der Sultan eine speciale Verguͤnstigung hierzu ertheilt: Sie wissen aber diesen Abgang durch eine heimliche stumme Redens⸗Art schon zu ersetzen, und ihre eifersuchtige Männer auf eine andere Weise meisterlich hinter das Licht zu füͤhren: Sie schicken nem lich Kkk 442 Viertes Buch/ Dritte Abtheilung / lich ein ander gewisse Sachen zu, welche an statt der Brieffe dienen müssen; und solche bestehen aus Früchten / Gewürz, Haar / Tüchern, Farben, Seiden / Zwirn und andern dergleichen Ding; aus deren Zusammenfüͤgung, Abtheilung, Umschlag und Band sie auf eine neue und wenig bekannte Manier ganze Brieffe heraus zu bringen wissen: was nun durch diese uͤberschickte Sache angezeiget wird, pflegen die Türken Mane zu nennen. Die ganze Kunst bestehet üͤber Geheime SchreibArt des Türkischen Frauenzimmers. haupt darinnen: es will z. E. zum Exempel eine ihre Liebe gegen jemand entdecken, (ob es nun eine züchtige oder unzüchtige seye, davon will ich jetzt nicht urtheilen, und thut auch nichts zur Sache /) so schickt sie demnach der Person Weintrauben, welche in Tüͤrkischer Sprach Uzum genennt werden; aus diesem nimmt der Abwesende diesen Verstand: iki ghi euzum / und dieses aus der Gleichförmigkeit der Aussprach, welche uzum / und iki ghi euzum/ mit einander am Ende haben / und so viel bedeutet, als: meine beide Augen; diesen Trauben nun wird Jngber beygelegt / so bey den Tuͤrken Gangefil heisset / woraus ich wiederum abnehme, daß der andere sagen will: ben severem sendebil/ nemlich: ihr solt wissen / daß ich euch liebe; wann ich nun beides zusammen setze, bringe ich diesen Verstand heraus: Meine Augen! wisset / daß ich vor Liebe gegen euch brenne. Es wird aber darum nicht erfordert/ daß das Bedeutende / und die Sache, so da mit bedeutet wird, jederzeit gleichlautende Endungen haben muͤssen/ sondern sie koͤnnen im Anfang oder in der Mitte mit einander uͤberein kommen. Wolte man aber fragen, wie es zu erkennen, ob man die Gleichheit im Anfang oder zu Ende suchen solle? aber hier steckts eben, und wer dieses weiß / hat die Kunst vollkommen innen. Die ganze Sache soll indessen durch Exempel klar gemacht werden, davon ich zwey hersetzen will / die ich von jemand, so in dieser Wissenschaft gar wol erfahren war / bekommen, und einen Brief samt der Antwort vorstellet:

Selam Von denen Merkwürdigkeiten zu Adrianopel. 443 Selam/Die geschickte Sache Die Türkische Benennung solcher Sachen Mane/Die Bedeutung Die Auslegung des Briefs Der Brief selbst. Trauben Uzum Iki gbi euzum. Meine zwey Augen. Meine zwey Augen! Ihr müsst wissen/ Ingber. Gangefil. Ben severem sende bil. Wisset/ daß ich euch liebe. daß ich in euch sterblich verliebt bin/ Weisse Seiden allein. Ak Aklam aldung. Ihr haltet meinen Geist gefangen. und ihr mich völlig in eurer Gewalt habt; Tuch Tchokha Schalumuze bir baka. Betrachtet doch einmal meinen Zustand. und wo ihr nicht endlich über meinen erbarmenswürdigen Zustand einiges Mitleiden bezeigen werdet/ Kolen. Kieumur Ben ulurem size eumur. Ich sterbe/ und ihr lebt. muß ich nothwendig sterben/ doch euch in einem vergnügten Zustand zurück lassen. Weisse Seiden mit Beyar Bir tefter bize ayar. Schreibet mir ein paar Zeil. Weswegen ich sehnlich bitte / daß ihr mich durch eure angenehme Zuschrifft versichern wollet/ Alaun Chab Bize bir chasi dgevab. Antwortet mir nur und ob ich noch hoffen darf/ Gelbe Seiden. Sari. Sari la lumbari. Laßt uns umhalsen daß ich mich durch eure Umarmung auf wenige Zeit glückseelig sehen werdet/ Aloe-Holz Eudagadgi. Chiung lumung iladgi. Ein Mittel und Arzney meines Verlangens und Freyheit. damit ich doch endlich eine Arzney für meinen gefährlichen Zustand finden möge. Hirsch-Leder Mechin Yalandgisen. Du bist ein Lügenmaul. Antwort: Lügner! Sammet Katife Yeter etting la tife. Du hast mich lang genug betrogen. Wilst du mich auf soclhe Weise bey der Nase herum führen? Pfeffer Biber. Bize bir belli baber. Sag mir was neues. gleich als wann ich nicht wüste/ Nägelein Karenfil. Kararung yok. Du hast keine Beständigkeit. daß du ein Mensch/ der weder Treu noch Glauben hält/ und von schlechter Beständigkeit seyst. Buchsbaum Tchichmir Aklung Bachina devichir. Besinne dich. Bedenke dich/ Pimpermüßlein. Fistik. Size kustük. Ich bin über dich erzürnt. und glaube daß ich über deine Verwegenheit sehr entrüstet seye/ Glaß Chiche. Kail olmam bou iche. Ich laß es nicht zu. und in deine thörichten Anschläge niemaln verwilligen werde.
Die Kkk 2

444 Viertes Buch, Dritte Abtheilung / Kostbarkeit des Harems. Die Zimmer des ersten Harems / welche die schönsten unter allen andern / waren von innen ganz uͤberguldet, einige mit Porcellan, andere mit Persianischen Teppichen überzogen, noch andere aber mit Perlen Mutter zwischen das Holz gar artig eingelegt / dabey auch mit allerhand Behältern / Spiegeln, Leuchtern, Polstern, Lehn⸗ und andern Stühlen und nöthigen darzu gehörigen Haußrath auf das Beste versehen, und werden solche von des Sultans Mutter, wann sie noch im Leben, oder einer gecroͤnten Kaiserin / oder doch wenigstens heut zu Tag, von der Vornehmsten unter seinen Concubinen bewohnt; darunter auch eines sich befindet, so auf der Seite, wo die Polster liegen / an der Wand alles durch Spiegel vorstellet, was auf dem Boden geschiehet, warum aber, ist nicht nöthig zu melden; es hats uns aber gleichwol dieses leichtfertige Volk mit einigen Gebärden lachend zu verstehen geben. Vor ungefehr fünf Jahren, hat die Valida / des jetzt regierenden Kaisers Mutter diese Wohnung bezogen / und ist auch darinnen gestorben, von dar sie nach Scutari gebracht und in derjenigen Moschee beygesetzt worden, die sie für 800. Beutel, oder 133333⅓. Ducaten aufbauen lassen; dann diejenige Moschee zu Constantinopel / die gleichen Namen füͤhret, hat nicht sie, sondern eine andere Kaiserin schon vor ihr gestifftet. Nachdem nun der Herr Botschafter diese erste Wohnung des Serrallien genug betrachtet, hat Er auch eine andere zu sehen verlangt, welche zwar gleichfalls sehr prächtig ausgeziert war, aber mit der vorigen noch lange in keine Vergleichung kommt. In diese beide haben wir durch dasjenige Zimmer / welches, wie ich schon gemeldet, niemand mehr bewohnt, es wäre dann daß die Kaiserliche Trabanten und Laqueyen darein logirt werden, wann derselbigen gar zu viel sind, unter der Erden hingehen müssen. Der jetzige Kaiser / als wie bekannt, ein grosser Liebhaber vom Frauenzimmer, hat dieses Zimmer der Kaiserlichen Mutter für sich selbst ausersehen, damit Er immerzu bey seinen Maitressen seyn und ihnen die Zeit passiren moͤge. Sonst haben die Kaisere ihre besondere Wohnung allda, so gleichfalls mit der Mauer des Serralliens umfangen, und nicht weit von dem Harem entfernet ist, damit Sie nemlich desto bequemer zu ihren Frauenzimmer kommen, diese aber Von denen Merkwürdigkeiten zu Adrianopel. 445 aber auch desto geschwinder bey Ihnen seyn koͤnnen / wann sie ihrer nöthig haben: doch lassen Sie Dieselbige eher zu sich beruffen / als daß Sie ihnen nachgehen solten, es seye dann, daß Sie einer eine ausserordentliche Ehre erzeigen wollen. Nechst an des Kaisers Gemach wohnen und schlaffen diejenige Edel⸗Knaben / denen Er am meisten trauen darf, und zwar in einem laͤnglichten Zimmer, das in viel kleine Verschläge, fast wie der Moͤnchen Schlaff⸗Stuben, abgetheilt ist. Ehe wir noch hieher kommen kunten, musten wir erst durch ein anderes gehen, worinnen des Kaisers Schatz, samt dessen kostbarn Kleidern und Pferd⸗Zeug aufbehalten wird, alsdann sind wir in dasjenige getretten, wo der Sultan die Gesandten zur Audienz laͤßt, in welchem Er aus einem andern geheimen Zimmer gleich unmittelbahr auf den Thron steigen kan, und wo Er erst neulich dem Französischen und Englischen Gesandten Audienz ertheilet hatte. Jm übrigen kommt dieses Zimmer, der Thron Divan, Vorhof, die Pforten, Janitscharn⸗Kuchel und alles andere dem zu Constantinopel von aussen völlig bey, ist auch nach dem Constantinopolitanischen das schönste und vornehmste unter allen Kaiserlichen Gebäͤuen, so die Tüͤrkischen Kaisere in Europa und Asien besitzen. Allein als dieser Kaiser Ahmet / nach seines Bruders Mustapha Dethronisirung, dessen Ursach die allzu grosse Liebe zur Jagd und Der jetzige Kaiser muß sich jederzeit zu Constantinopel aufhalten. Versäumung der Reichs⸗Geschäften seyn solte, zur Regierung kommen, hat Er versprechen muͤssen, niemaln nach Adrianopel zu gehen, ausser zu Kriegs⸗Zeiten und andern Angelegenheiten des Reichs / sonsten aber sich nirgend anders als zu Constantinopel auf zuhalten. Wolte GOtt, daß ich ein Wahrsager seyn moͤgte, wann ich sage, daß der Tüͤrk bey einem künftig erfolgten Krieg, so wol von hier, als dorten, weg / und über das Meer nach Prusias in Asien, wo er hergekommen, werde getrieben werden, als woselbst der Türkische Kaiser Orchanes seine Residez gehabt, ehe er Grichenland nach völlig unter seine Gewalt gebracht. Doch, es wird der barmherzige GOtt das ängstige Seufzen der Seinigen auch einmal erhören, und von denen Barbarn der Kirche wiederum zu wenden, Kkk 3 446 Viertes Buch / Dritte Abtheilung / wenden / was sie jetzo so ungerechter Weise zur Unehre Göttliches Namens und Schmach der gesammten Christenheit besitzen.

Nun laßt uns noch dasjenige gar besehen, was in der Kaiserlichen Residenz zu Adrianopel sich Merkwürdiges zeigen möchte. Da fällt uns denn zu erst das in weissen Marmor gehauene Bad des Des Kaisers Bad. Kaisers in die Augen, so von Gold allenthalben glänzet; dann noch ein anders kleineres in Gestalt einer Muschel füͤr den Kaiserlichen Prinzen, das jenen zu nechst an liegt, und beide einerley Gewölb haben, auch mit unterschiedlichen Zimmern versehen sind, davon immer eines waͤrmer oder temperirter als das andere / und nach des Badenden Commoditæt eingerichtet ist; zu letzt siehet man auch einen grossen viereckichten Brunnen Kasten, oder Bad, so zwischen des Sultans Zimmer und dieser neuen Kiosch stehet, aus welcher Er sein badendes Frauenzimmer besehen kan, ohne daß sie Jhm dargegen wahrnehmen köͤnnen; doch pflegt Er sich ihnen auch mehrentheils freywillig zu zeigen. Es sind auch unterschiedliche Wohnungen allhier anzutreffen, in welchen die jungen Edel⸗Knaben auferzogen, und von niemand anders als von Verschnittenen unterrichtet und gubernirt werden / und dieses darum / damit sie keine Sodomiterey / als ein unter diesem Volk gar gemeines Laster, begehen. Present des Bostanchi Bascha.Jm Hinweggehen hat der Bascha dem Herrn Botschafter ein Türkisches gesticktes Tüchlein verehret, aber den folgenden Tag, als Se. Excellentz eben im Begrif waren, bey dem Janitscharn Aga die Visite abzustatten / weil dieser schon des Tags zuvor bey Jhnen die Aufwartung gemacht, einen Barbar nebst einem WindSpiel durch jemand uͤberbringen lassen, welches sich füͤr einen Kaiserlichen Botschafter besser, als ein kahles Tuͤchlein, geschickt. Türken entwenden der Botschaft vieles Gewehr / und andere Sachen.Jch weiß mich hier zu erinnern / daß ich anderswo gedacht, daß die Türken vor nichts einen so grossen Abscheu haben, als dem Diebstal, allein anjetzo hätte ich bald auf andere Gedanken kommen sollen; dann weil unsere Fuhrleute wusten, daß sie den andern Tag wechseln würden, haben sie uns unterschiedliche Sachen, vornemlich aber viel Teutsches Gewehr entwendet. Den 13ten ist ungefehr um 10. Uhr Vormittags der Herr Botschafter / welcher sich noch immer in der Stadt aufgehalten / mit den Vornehmsten aus seiner Suite zu uns ins Lager gekommen, damit wir den andern Morgen un Reise von Adrianopel bis nach Sophia. 447 unsern Marsch antretten koͤnnten, nachdem die Bagage bereits voraus geschickt worden. Allhier zu Adrianopel wären wir bey nahe um zwey Cavallier aus dem ersten Adel gekommen, die wegen einer übel verstandenen Rede gegen einander aufgebracht worden und die Worte schlimmer ausgelegt, als sie gemeint waren.

Vierte Abtheilung.

DEn 14ten sind wir zu Mustapha Bascha Kiupri / oder wie es andere nennen/ Tzgupri Cuprußi/ angelangt, und haben den ganzen Weeg mit Jagen zuruck gelegt; so sind uns auch einige Engelländische Kaufleute bis hieher zu Pferd gefolgt, damit sie bey dieser Gelegenheit Thracien sehen Mustapha Basha Kiupri. mögten. Erst besagte Stadt liegt an der Maritz / und ist wegen der daselbst befindlichen Brücken sehr berühmt, hat auch ein sehr fruchtbares Erdreich, das mit zwey Joch Ochsen ohne Rad und besondere Mühe gar leicht kan umgeackert werden: es florirt auch die Kaufmannschaft allhier ungemein, und befinden sich unter andern acht Franken / wie die Türken die Christen zu nennen pflegen / allhier, so theils Franzosen, die mehresten aber Engelländer sind, die solche mitten unter diesen Unglaubigen ungehindert treiben; der neunte aber ist ein Priester, Franciscaner Ordens, der den GOttes⸗Dienst versiehet / und die Gefangene in diesen Landen bedient. Die Waaren werden von Constantinopel zu Lande, theils zu Wasser von Smyrna hieher gefüͤhrt. Den 15ten sind wir zu Harmanli / den Zwey Weiber begeben sich zu der Botschaft. 16. aber über Usundschova zu Semischeze ankommen, allwo zwey Weiber mit ihrer Mutter und der einen ihren kleinen Toͤchterlein sich auch bey uns eingefunden / so aus Pera gebürtig waren, und ihren Mäͤnnern folgen wolten/ ob sie schon nicht wusten/ wo sie dieselbige antreffen wuͤrden; weswegen sie auch einen aus den Unsrigen zum Mitleiden bewegt, daß er sie, weil er sahe / daß sie nichts hatten / was er ihnen nicht gebe, auf eigene Kosten mit nach Wien führen lassen; so gieng ihnen auch sonsten an nothwendiger Verpflegung ins kuͤnftige nichts ab / angesehen sie mit Wein, Fleisch / Gewürze und anderen zum Kochen nothwendigen Sachen zur Gnuͤge versehen wurden, wovon sie ihre Speisen aufs Beste bereiten kun ten 448 Viertes Buch / Vierte Abtheilung / ten; wie dann, um sie in ihrem Creutz aufzurichten, ihr Wolthäter öfters unsern Tisch verlassen, und mit ihnen gespeisst, wobey sich auch noch einige andere, die sie auf der Reise kennen lernen/ eingefunden, wann sie von ihnen invitirt waren. Es scheueten sich aber diese furchtsame Creaturen vor der grossen Anzahl unserer Leute, blieben beständig in ihrem Wagen verschlossen, und fuhren entweder auf dem Weeg etwas voraus / oder folgten uns gleich nach / weil sie sich gar sehr vor den Tüͤrken in acht nehmen musten, als welchen es frey stunde, ihre Unterthanen wieder zuruck zu fordern, wann sie nicht um unsert willen bisweilen etwas nachgesehen.

Der Raitzischen Weiber Aufbutz und Handelschaft. Die Raitzischen Weiber liefen mit ihren dicht mit Geld behängten Haaren, wobey sie wie schwarze Ziegeunerinnen sahen, allenthalben durch das Lager, um ihre harte, wol zweymal gesottene Eyer für frische zu verkaufen. Wir sind etwas spat nach Harmanli gekommen, weil wir uns in dem Gebuͤsch verirrt hatten; doch nachdem uns die Maritz immer zur rechten war kunte sie uns bey Verfehlung der rech Ein Sclav stirbt ten Strassen statt eines Weeg⸗Weisers dienen. Hier haben wir den neulich mit gemeinen Geld erlößten Sclaven eingebüßt, so von Friaul gebürtig und schon ein alter Mann gewesen, jedoch noch diesen Trost hatte, daß er vor seinem Ende noch einmal die suͤsse Freyheit geschmecket. Den 18ten sind wir weiters durch das fruchtbare Thracien auf Cayali / den 19ten aber, als am H. Pfingst⸗Fest / über Jenimackeloi auf Papasli fort gereißt, wo uns das Staraplamina⸗Gebürg, so schon in Servien unweit Nissa anhebt, und bis an das Schwarze Meer fort lauft, immer zur rechten Hand lage. Die zwey Täge hindurch sind starke mit Regen vermischte Wetter gewesen, so uns sehr beschwehrlich gefallen, wir haben aber gleichwol dieses Fest auf solche Weise celebrirt, daß von unsern Priestern Morgens, ehe wir aufgebrochen, und auch, wann Ein von Wien nach Constantinopel gehender Courier bringt uns einige Nachricht. wir wieder ins Läger eingeruckt, jederzeit Messe gelesen worden. Wir haben auch heute einen Janitscharn, der von den Gränzen mit Brieffen, den 20ten aber einen Kaiserlichen Courier, so von Wien nach Constantinopel abgefertigt war, auf den Weeg angetroffen, welcher uns die Nachricht gebracht, daß der Türkische Botschafter den 10ten allda aufgebrochen, und auf der Donau nach Belgrad abgefahren seye; es hat ihn aber der Herr Botschafter wieder mit sich zuruck nach Philippopel genommen, um ihn Reise von Adrianopel bis nach Sophia. 449 ihm noch einige Briefe mit zugeben. Bemeldte Stadt haben Ankunft zu Philippoel. wir nur, wie bey unserer Her⸗Reise im Durchziehen betrachtet, und wurde bey dem Einzug keine Ordnung gehalten, sondern es ritte nur alles Haufenweiß um den Herr Groß⸗Botschafter her, und mag es wol darum geschehen seyn, weil zur selbigen Zeit kein Bascha daselbst gewesen / um den man sich einige Müͤhe hätte geben düͤrfen; doch empfiengen uns nichts destoweniger die Janitscharn mit ihren Hauben, und erwiesen dem Herrn GroßBotschafter die gebührende Ehre, indem sie Jhn durch die Stadt ins Lager bis an sein Zelt begleiteten. Es wächset, wie ich schon ehmals angemerkt, in dieser Gegend mehr Reiß, als in der ganzen Türkey aufgezehrt wird; sintemaln dieser Saame nirgend besser aufgehet / als in Thracien oder Romanien / oder nach der Turken benennung Rurnili, von dannen man solche in andere Länder Beschaffenheit des Erdreichs zum Reiß. verführt; doch muß das Erdreich auf eine ganz besondere Manier tractirt werden, wann derselbige wol anschlagen soll: das Feld wird nemlich in Garten⸗Better ausgetheilt, mit Graͤben umfangen, die mit Wasen wol vermacht sind, damit sich der Regen darinnen aufhalten kan, als welcher dieses Saamens beste Nahrung ist. So Sonderbahre Art des Weins. hat auch der Wein allhier was besonders, daß er sich nemlich drey Jahr aufheben läßt / da sonst der übrige Wein in der Türkey sich über ein Jahr nicht hält. Weil wir den Nachmittag hier liegend geblieben, sind einige von uns in die Stadt gegangen, die Canzel zu Canzel des Apostels Pauli ob eine zu Philippopopel ist. sehen, von welcher der Heyden Lehrer Paulus so durchdringende Predigten an das Volk soll gehalten haben; ich glaube aber immer / es sey von der Gleichheit der Namen zweyer unterschiedlichen Städte ein Jrrthum entstanden, daß man gemeint, Philippopel seye Philippos in Macedonien / als welches Land bekanntermassen Paulus mit seinen Lehren erfüllet hatte: Sie haben aber an statt des Predig⸗Stuhls einen Grichischen Geistlichen daselbst an Patriarch zu Jerusalem wird allda angetroffen. getroffen, so Patriarch zu Jerusalem war, welcher auf Befehl und Verwilligung des Patriarchen zu Constantinopel eine Visitation bey 15. Bischöffen dieser Landschaften angestellt, wie mir Herr Heckmann erzehlt, der mit dem Grafen von Thierheim, und dem Herrn Prälaten zu gegen gewesen. Dieser Mann redete auch Latein / so von einem Grichischen Geistlichen sehr zu verwundern; sagte auch, daß die Spaltung der Grichischen und Latei nischen Lll 450 Viertes Buch / Vierte Abtheilung / nischen Kirche leichtlich wiederum ergaͤnzt werden koͤnnte/ hielte auch dafür, daß dieses noch mit der Zeit geschehen, und beide in solcher Vereinigung wieder stehen würden, als sie zuvor gewesen. Er beklagte sich über die grosse Unwissenheit der Grichischen Mönche, absonderlich desjenigen Closters, welches gleich bey Philippopel liegt, darunter viele nicht einmal lesen koͤnnten; versicherte anbey, Manuscripta in einem Grichischen Closter bey Philippopel.daß er daselbst viele der ältesten Manuscripten angetroffen, welche aber von Staub und Motten ganz verdorben würden, und wolte er viele Documenten darinnen gefunden haben / wo die Moͤnche nur wären darzu zu bringen gewesen, daß sie ihm solche überlassen hätten. Er bemühete sich zu behaupten, daß dieses Closter von einem Thracischen Fürsten erbauet worden / welcher am ersten die Bulgarn bekriegt, und nachgehends ohne Erben gestorben seye. Ehedessen hätte man drey hundert Moͤnche darinnen unterhalten, da anjetzo das Einkommen kaum für dreissig zureiche; woraus dann zugleich der Ungrund desjenigen Vorgebens zu ersehen, wann man diese Moͤnchen so reich machen und die Leute uͤberreden will, als ob sie aus silbernen Schüsseln speißten; da doch sonsten bekannt ist, daß nicht leicht ein Orden ein strengeres Leben fuͤhret, als wie diese Leute gewohnt sind. Endlich erzehlte er auch, wie er einen Vettern ge Dosithæus Patriarch zu Jerusalem.habt, so auch Patriarch zu Jerusalem gewesen, und Dositheus geheissen, der ein Buch geschrieben, davon er den Titul nicht nur mit folgenden Worten muͤndlich ausgesprochen, sondern auch auf das Papier, welches ich selbst gesehen/ hingeschrieben hat; es lautet aber derselbige also: Librum, quod composuit Dosithæus Patriarcha Hierosolymitanus contra Calvinistas & Lutheranos, editus Parisùs græce & latine in circa ab anno currente 20. 25. 30. womit er zugleich seine Unwissenheit in der Lateinischen Sprach genugsam an den Tag gelegt, ob es schon an einem Grichischen Mönchen zu verwundern / daß er auch nur so viel davon verstanden.

Den 23ten Maj sind wir von Philippopel wieder aufge Baschardschi / daselbst will man der Botschaft keine Quartier geben. brochen, und sechs Stund weit bis nach Baschardschi fortgeruckt; und als wir von dar noch eine halbe Stund entfernet waren, ließ der Herr Botschafter eine lange Zeit auf dem Weeg still halten, weil man uns keine Quartier anweisen wolte, als welches zwar Sr. Excellentz für Dero eigenen Person zu gestanden, aber der Abreise von Adrianopel bis nach Sophia. 451 der Adel und die übrige Suite in die Zelten gewiesen worden. Endlich fertigten Se. Excellentz den Dolmetschen ab / welcher in Jhrem Namen dem Commendanten sagen solte, wie Sie gesonnen / jemand nach Constantinopel abzusenden, der sich bey dem GroßVizir deswegen beschwehren solte, Sie wolten aber so lang hier verziehen, bis jener von dar wüͤrde zurüͤck gekommen seyn; auf welche unerwartete Nachricht der Commendant dem Herrn Botschafter wissen lassen, daß es keineswegs die Meinung hätte, als ob er der Botschaft die benoͤthigte Wohnungen versagen wolte, sondern er habe es vielmehr freygestellt / ob wir uns im Lager oder in der Stadt aufhalten möͤgten: er seye gäͤnzlich der Meynung gewesen, daß wir uns aus Furcht der im vorigen Jahr allhier grassirenden Pest / woran auch dieses Orts sehr viel Leute gestorben wären, lieber in Zelten als Häusern aufhalten würden. Allein diese Händel haben unsere Führer verursacht, als welche etliche dutzent Ducaten zum Recompens von der Stadt zu ziehen hoften, wann sie ihre Buͤrger von dieser Einquartirung befreyet hätten, dann man weiß wol, wie es diese Leute zu machen pflegen. Hierauf haben sie uns 24. der größten Häuser zu unserer Wohnung eingeräumt, und auch die Janitscharn mit den Vornehmsten selbiger Gegend entgegen geschickt, anbey Zucker⸗Brod / Mandel⸗Gebachens, Torten, süsse Getränke und für den Herrn Groß⸗Botschafter ein Pferd zum Present gebracht, der auch den folgenden Tag von dem Bascha, welcher Jhm gestern entgegen geritten die Visite bekommen. An diesem Ort haben wir unterschiedliches eingekauft, insonderheit wurden füͤr den Herrn Botschafter die raresten Fuͤllen allenthalben aufgesucht; andere aber kauften sich Toback, den sie hier gar wolfeil und gut bekommen kunten, wie auch Seifen, Caffé-Bohnen und dergleichen Dinge, Jch selbst hätte hier glüͤcklich seyn koͤnnen, wann ich mein Glüͤck recht zu gebrauchen oder das bereits erlangte besser zu Ein von mir verwahrlostes Glück. verwahren gewust: ich habe nemlich bey einem Stein⸗Schneider, so ein Türk war, einen Onichel oder Chalcedonier gefunden / so gewiß ein recht rares Stuck aus der Antiquitæt und so groß war, als ungefehr der Nagel an einem Daum zu seyn pflegt, wenigstens nicht grösser, worauf die Entfuͤhrung Proserpina so kuͤnstlich, nett, und zart gestochen war, daß der Pluto, die Proserpina und der Wagen mit den Rädern, samt den Pferden mit ihren Mähnen, in allen 16. Füsse Lll 2 452 Viertes Buch/ Vierte Abtheilung / Füsse und vier Köͤpfe / auf das deutlichste von einander kunten unterschieden werden; solchen nun hatte ich um geringes Geld an mich gekaufft, und fast geschenkt bekommen, ja es hatte ihn der Türk freywillig um was weniges loß geschlagen / damit er nur die Bildnuͤsse der Menschen und Thiere nicht laͤnger in seinem Hauß behalten duͤrfte, aber zu meinem Ungluͤck habe ich selbigen wieder verlohren / da ich ihn kaum etlichen guten Freunden gezeigt. Ich sprang nemlich vor Freuden hin und her, und war uͤber dieses unverhofte Glück ganz ausser mir selbst; hierauf lief ich zu einem meiner vertrauten Freunde Herrn Heckmann / welcher nach Diamanten, Smaragden, Berillen und andern kostbaren Steinen fragte / und führte ihn deswegen zu meinem Kaufmann; indem ich nun einem andern Stein das Licht geben wolte, legte ich meinem Onichel darunter / hatte ihn aber zugleich unbedachtsamer Weise vergessen und liegen lassen. Nun war es schon spat, da dieses geschehen, und ob ich schon, so bald ich meinen Verlust gemerkt / gleich wieder umgekehrt, ist doch der Türk aus seinem Laden bereits fort gewesen, habe ihn auch durch die ganze Stadt nicht mehr erfragen können / und musten wir noch darzu in der Nacht aufbrechen. Es wohnte aber gegen über noch ein anderer Stein⸗Schneider, bey welchem ich mit obgedachten Freund auch gewesen / vor dessen Lade eine Pfütze war, daher ich auf die Gedanken kam, ob ich ihn etwan ungefehr heraus gezogen und hierein fallen lassen / bestellte deswegen einige Jungen, welche den Koth und Späͤne mit den Häͤnden heraus langen und mit Wasser wieder abwaschen musten, es war aber alles vergeblich, und habe ich nichts mehr gefunden, sondern vielmehr so grossen Verdruß über meinen gegenwäͤrtigen Verlust, als vorher üͤber mein unverhoftes Glück Vergnügung gehabt. Bey dieser Gelegenheit habe ich Besondere Manier die Jugend zu züchtigen. eine besondere Art / die Jugend zu züchtigen, observiret: es war nemlich ein muthwilliger Jung unter denen erstgedachten, so die andern mit Koth ins Gesicht sprützte, und ihnen allerhand Schalkheit bewiese / als dieses sein Vater gesehen, hat er ihn bey dem Schopf gefaßt, von der Erden damit in die Hoͤhe gezogen, und immerzu mit der flachen Hand ins Genick geschlagen, als wann er einen Haasen umbringen wollen.

Von Basardschi sind wir den 24ten wieder weiter gezogen, nachdem wir die Bagage-Wägen in der Nacht voraus ge schickt, Reise von Adrianopel bis nach Sophia. 453 schickt, und mit der fünften Tag⸗Reise zu Sophia / der Annehmlicher Weeg nach Sophia. Haupt⸗Stadt in Bulgarien / ankommen, unterwegs aber durch Serhanweg / Kiskoi / Jabrowitz / Jchteman / Jenihaan / Grublian und andere Flecken und Doͤrfer gefahren, wiewol wir auch etliche derselben auf der Seiten liegen lassen, die sich auf diesen angenehmen Hügeln, als wir uͤber die noch mit Schnee bedeckten Felder herab marschirten, unsern Augen von ferne præsentiret haben. Unter Weeges hat so wol der Herr Botschafter, als Andere, unterschiedliche junge Füllen gekaufft, welche die Türken von den benachbarten Orten häͤufig herzu gefuͤhret. Von Serhanweeg haben sich einige abermal nach der Trojanischen Pforte begeben, und unter andern der Ingenieur-Hauptmann Herr von Oebschelwitz / damit er solche in seine gezeichnete Land⸗Charten bringen moͤgte, wie nicht weniger noch andere / welche sie in dem Her⸗Weeg nicht zu sehen bekommen; weswegen man ihnen zwey Chiausen und sechs Mann von den Soldaten zu gegeben, die Se. Excellentz bey der letzten Visite von dem Bascha zu Basardschi begehrt hatten, weil wir jetzo dicke Gebüsche und von Räubern und Mordern unsichere und unbekannte Straffen durchziehen musten: Unsicherer Weeg. wie dann auch zur bessern Sicherheit für uns und unsere Wägen auf dieser ganzen Strassen eine Esquadron Spahi voraus und eine hinten nach marschirt. Die von obgedachter Pforte zuruckgekommene berichteten uns/ wie nicht gar zwey Stunde von dar eine Schanz oder Palanka stüͤnde, die mit Mauern versehen / und etliche tausend Mann zur Besatzung einnehmen könnte, um auf dieser Seiten dem Feind den Zutritt disputirlich zu machen; daß wir aber solche vormals nicht beobachtet, ist die Ursach, weil wir nur durch einen engen Weeg dahin gekommen: zweifle auch nicht, es werden einige Liebhaber des Alterthums dieses Gebäu wiederum in etwas bezwackt haben. Von Jenihaan wurde der Herr von Weipeler Anmeldung zu Sophia. aus dem zweiten Adel mit dem Dolmetsch Herrn Godeschalc und dem Secretaire Mejer voraus geschickt / die im Anzug begriffene und des andern Tags daselbst eintreffende Botschaft zu Sophia anzumelden, als die sich zu solcher Zeit derselbigen gar nicht versehen hatten, weil sie glaubten / daß wir so wol wegen des in unserer Kirchen eingefallenen grossen Fests, als auch, damit wir unse re Lll 3 454 Viertes Buch / Fünfte Abtheilung / re Reise desto bequemer einrichteten, uns noch länger zu Jchteman aufhalten würden; weil aber Seine Excellentz den 27ten durch Schreiben von der Gränze Nachricht bekommen / daß des Türkischen Boschafters Bagage von Wien aus schon zu Belgrad angekommen, und man ihn selbsten auch täglich allda erwarte / haben Sie die Reise, so viel möͤglich, beschleuniget / damit Sie keine Gelegenheit zu einigen unnöthigen Verzug geben mögten. Bey der Ankunft sind Sr. Excellentz der Molach oder Land⸗Richter nebst andern Vornehmen aus der Stadt zu Pferd entgegen gekommen, und haben Sie in die Stadt nach dem alten Kaiserlichen Pallast begleitet, auch die gewöhnliche Geschenke von Torten Blumen und frischen Obst / und bey unserm Abzug zwey Rehe da Einholung daselbst. hin bringen lassen. Die drey folgende Täge, worunter zwey RastTäge gewesen, ist eben dergleichen entsetzliches Wetter, welches gleichsam Himmel und Erden dem Untergang drohete / wie vor einem Jahr, da wir uns zu Belgrad aufhielten, entstanden, wordurch auch einer von unsern Fuhrleuten erschlagen worden / dem es die Gebeine im ganzen Leib zerschmettert hatte. Allhier wurden die Wagen zum viertenmal abgewechselt, aber viel kleinere, als die vorigen gewesen / dargegen an die Stelle geschafft, weswegen der Be Ein Fuhrmann wird vom Wetter erschlagen.fehl ergangen, die erstern nicht eher fort zu lassen, bis von den an dern so viel, als wir nöthig hätten / herbey gebracht wären. Zwey Ungarn, die man Husarn zu nennen pflegt / kamen um diese Zeit mit Brieffen aus Siebenbürgen an, und zwar viel später / als es sonst hätte seyn sollen, weil sie einen gar weiten Umweeg nehmen müssen.

Fünfte Abtheilung.

ENdlich haben wir am dritten Tag, als dem letzten Maj, Sophia wiederum verlassen, und nach Schlibnitza unsern Weeg zu genommen, welches sechs Stund davon liegt, und dem Namen nach in unserer Sprach so viel als das Pflaumen⸗Dorff heisset. Hie Angekommener Courier von Constantinopel.selbst ist der Kaiserliche Courier Jsaac Luca mit einem Venetianischen Edelmann, so Patron von einem Schiff gewesen, von Constantinopel zu uns gekommen, und hat uns die Zeitung gebracht, daß der Reise von Sophia bis ins Lager vor Nissa. 455 derjenige, so in der Französischen Comödie die kurtzweilige Person Comödiant wird gehenkt. agirt / unterdessen von den Tüͤrken gehenkt worden / weil er, nachdem er zu ihren Glauben üͤbergetretten / sich wiederum zur Christlichen Religion bekennet habe.

Den 1ten Junj sind wir immer durch dicke Wäͤlder und HolWeege bis nach Saribrod geruckt; weswegen uns eine Anzahl Beschli zugegeben worden / welche uns durch diese unsichere Oerter begleiten solten, wie man dann allenthalben auf den Bergen herum Wachten von ihnen ausgestellt sahe / um die Reisende in Sicherheit zu stellen, weil nirgend vor den Strassen⸗Räubern grössere Gefahr zu besorgen, als bey der Pforten Trajani und dieser Gegend, allwo sie sich in der Menge aufhalten; wie dann noch Gefahr vor den Strassen⸗Räubern. ganz neulich ein Armenischer Kaufmann, und ein Bostangi oder Gärtner / der nach unserer Abreiß von Constantinopel nach Wien zum Türkischen Botschafter mit einigen Schreiben gehen sollen / und welchen wir auch zu Jenihan noch gesehen hatten, allhier ermordet worden/ davon der Vorreuter noch entkommen, und dieses auch die Ursach mag gewesen seyn, warum die Räuber den Erschlagenen nicht gepluͤndert/ sondern sich lieber mit der Flucht salvirt: Man hat deswegen zu Saribrod die von hohen Bäumen nach Art eines Zauns aufgerichtete Palanka angelegt, damit die Moͤrder aus besagten Waldern moͤgten abgehalten werden, so auch nun bald im Stand gebracht ist. Die Besatzung darinnen versehen Beschli wer sie sind. die Beschli, die eine Art leicht gewafneter Reuter sind, und zwar hierinnen mit der gesammten Tuͤrkischen Cavallerie uͤberein kommen, erhalten aber täglich ihren Sold, und werden dafuͤr hingeschickt, wo man ihrer am meisten vonnoͤthen hat. Jn der Nacht zwischen dem ersten / und zweyten Junj ist abermal ein entsetzliches Donner⸗Wetter entstanden, welches auch bis zu anbrechenden Tag gedauret, und uns über die Zeit im Lager aufgehalten. Den Morgen darauf haben wir uns nach Scharkioi begeben, dahin wir wiederum uͤber viele Berge und durch das in den Thaͤlern gesammlete Wasser, in Begleitung zweyer Trouppen Beschli marschiren müssen. Von dieser Stadt sind wir mit ihrem Geschütz von der Mauern, deren man in allen drey Stuck zehlen kunte, begruͤßt worden; beym Abzug aber haben sie sich nur ein einigsmal damit hören lassen, vielleicht weil es ihnen an Pulver gefehlt, oder weil sie 456 Viertes Buch / Fünfte Abtheilung / sie gemeint, wir würden zu solcher Zeit nicht so genau darauf merken. Der von Parakin zuruck gekommene Chiaus berichtete uns, wie die bisher gehaltene Quarantaine auf den Gräͤnzen, welche zu letzt auf acht Tag gesetzt worden, nun völlig aufgehoben seye, und daß man den Tuͤrkischen Botschafter den 4ten oder 5ten Juni zu Belgrad erwarte. Der Kaiserliche Courier / so ohnlängst mit Brieffen nach Wien abgangen und mit dem Chiausen, den er auf den Weeg angetroffen, wiederum zuruck gekommen, ist nach Tisch zum zweytenmal wiederum dahin spedirt auch von einigen Beschli um besserer Sicherheit willen durch die von Dieben und Räubern noch nicht genug gereinigte Strassen begleitet worden, de Verwegene Mörder. ren letztern Verwegenheit sich so weit erstreckt, daß sie erst kürzlich in der Vorstadt fünf Häuser angesteckt; so ist auch vor wenig Tagen ein frisch⸗erschlagener Cörper auf der Strassen gefunden worden, der, wie aus der Kleidung zu schliessen war, eine vornehme StandsPerson mag bedeutet haben; um welchen sie ein Feuer angelegt, um ihn zu Aschen zu verbrennen, damit er nicht moͤgte erkannt werden, es ist aber nur etwas weniges am Haupt und Arm versengt worden, das übrige aber unbeschädigt geblieben / weil das Feuer nach ihrem Abzug vermuthlich wiederum ausgelöscht.

Den 4ten sind wir wiederum durch eben dergleichen Weege, als einige Tage vorhero gezogen, und in fernerer Begleitung der Mustapha Bascha Palanka. Beschli nach Mustapha Pascha Palanka gekommen. Diese Palanka ist mit einer vierfachen Mauer umringt, uͤber welche acht Thüͤrne an unterschiedlichen Orten herfuͤrsehen, davon der mittlere/ so gegen Mittag stehet / und das mit zwey eisernen Flügeln verwahrte Stadt⸗Thor præsentirt, viereckigt, die übrigen aber alle in runder Form gebauet sind: hinter der Mauer ist ein Wall / auf welchen Stücke können gepflanzt werden, und worauf auch viele Häuser nach Lands⸗Art angebauet stehen. Als unser Marschalk der Ungelegenheit des Hn. von Ostman daselbst. Freyherr von Ostman, ein in dergleichen Sachen sehr curieuser Herr, in eines derselbigen hinein gehen wollen, haben ihn die Türken einen Prügel auf den Kopf geworfen und zuruck gehen heissen; da dann sein Glück gewesen, daß er an sich zu halten gewust, damit nicht ein gröͤsserer Verdruß daraus entstanden, welcher ohne Zweifel erfolgt ware, wann er so gleich in der ersten Hitz diese Schmach rächen wollen / wie vielleicht mancher, deme dergleichen begegnet, würde Reise von Sophia bis ins Lager vor Nissa. 457 wuͤrde gethan haben: er aber hat solche Unbild verschmerzt, doch aber mit ganz gelassener Stimme, und dabey nichts destoweniger mit Bezeigung seines gerechten Eifers, zu verstehen gegeben, wie man ihn deswegen unfehlbar wuͤrde Satisfaction verschaffen muͤssen, welche er auch auf Erfordern des Herrn Botschafters erhalten; worauf nachgehends alle ohne einige Widerrede in die Schanz hinein gelassen worden; bey welcher Gelegenheit der Freyherr von Hoͤrde samt dem Ingenieur-Hauptmann Herrn von Oebschelwitz die ganze Schanz, alle Gebäue, die Höhe und Breite der Mauern Schritt von Schritt abgemessen, und sich dabey gestellt, als ob sie in Gedanken herum spatzirten, damit die Tüͤrken ihr Absehen nichs merken solten. Es ist dieser Ort im vorigen Krieg unter der Römisch⸗Kaiserlichen Botmässigkeit gestanden, woselbst der General⸗Lieutenant Piccolomini den daselbst gestandenen prächtigen Haan bey seinem Abzug zerstöret und abgebrennet, damit sich der Feind desselbigen nicht zu seinem Vortheil bedienen moͤgte.

Nach Mittag hat sich der Herr Botschafter selbst gefallen lassen, mit vielen aus dem Adel und einigen andern diese Werker in Augenschein zu nehmen, worbey wir unterschiedliche rare AntiquiAntiquitæten zu Mustapha Bascha Palanka. tæten bemerkt, so muthmaßlich ehedessen aus Thracien dahin gebracht worden. Vor dem Thor dieser Palanka liegt ein Capitel samt dem Cranz von einer Corinthischen Säulen nebst dem untern Theil des Stamms / aus rothen mit weissen Flecken oder Adern bezeichneten Marmor gehauen. Auf der Seite, wo man von Nissa herkommt, ist eine Schrifft von dem Kaiser Julius Philippus in weissen Marmor gegraben, aber die Anfangs⸗Buchstaben entweder von Alter oder der Maurer Nachlaͤßigkeit, wie sie diesen Stein eingesetzt, unkenntlich gemacht worden.

An der Pforte des Haans,/ oder der gemeinen Herberg, zeigt sich Aufgesuchte Inscriptionen. ein Stein, worein unterschiedliche Schrifften gehauen, so aber durch das Alterthum und die daran fahrende Waͤgen, denen jener exponirt ist, dermassen unleßlich worden, daß man kaum noch etliche wenige Buchstaben daran erkennen kan. So siehet man auch zur Rechten zwey neben einander gesetzte Marmel⸗Steine, welche aber bis auf die Helfte in die Erden versenkt und mit Koth bedeckt sind, daß ich einer Schaufel nöthig gehabt hätte, wann ich die Erde von dem Stein Mmm 458 Viertes Buch / Fünfte Abtheilung / Stein loß machen wollen; weil ich aber keine bekommen kunte, hat mir Balthasar Brabec / ein Pfälzer und Stall⸗Knecht / hierinnen gedient, und den s. v. Mist mit eigener Hand weggescharret; Baron Hörde Bemühung hierinnen. die gröste Mühe aber hat sich der Baron Höͤrde diesen Tag gegeben, als der sich nicht gescheuet, nebst mir das Wasser mit eigenen Händen zuzutragen, den Koth mit einem Tuch abzuwischen / oder / wo es noͤthig war, die mit Kalch und Leimen angefüͤllte Buchstaben mit einem Stecken zu reinigen / und mit seiner grossen Beschwehrnis wiederum kenntlich zu machen, welches gewiß von einem Edelmann ein rares Exempel ist, als die sich selten um gelehrte Sachen bekümmern, und dasjenige für eine Schande halten, worinnen ehedessen die Röͤmischen Ritter ihre groͤste Ehre gesucht haben.

Inscription von der Julia Domna. Der eine von diesen Steinen war der Juliæ Domnæ gewiedmet, an welchem alles auf diejenige Weise geschrieben und abgetheilt zu sehen, wie ich es unten anzeigen will. Der andere, dessen Septimo Severo. Aufschrifft von Septimo Severo handelt, verursachte vielmehr Difficultät, weil solcher verkehrt in die Mauern gesetzt war. Bey dem vierten, der mitten in der Mauer aus rothen Marmel gehauen stunde, fande sich eben so viel, und noch wol mehrere Schwürigkeit, weil er nicht nur mit Kalch uͤberstrichen war, den man loß machen und abschwemmen muste, sondern auch eben, wie der vorige umgewandt eingesetzt worden. Der fuͤnfte præsentirte sich an einem dermassen hohen Art, daß ich ohne eine Leiter dessen Schrifft ohnmoͤglich lesen kunte; weil ich aber keine an der Hand hatte/ zudem von dem Lager zu weit entfernet war, habe ich etliche Tuͤrken dahin gebracht, daß sie mir einige Stein hieher welzen muͤssen, worauf ich alsdann Bretter gelegt und hinan gestiegen bin; da ich befunden, daß der Marmel mit dem vorigen einerley Farb hatte, an welchen ich die hier zu letzt aufgezeichnete Verse bemerkt.

Erinnerung wegen dieser Inscriptionen. Bevor ich aber diese Denkmal, wie ich sie gefunden, hersetze, muß ich bey dem geehrten Leser noch ein und anders erinnern; und zwar erstlich / daß ich gar sehr anstehe, ob A und E auf diesen Steinen mit zwey besondern Buchstaben, oder nur mit dem einfachen Æ ausgedruckt worden; dann ob ich schon in meiner Schreib Tafel nur das letztere finde, so will ich doch eben nicht gut dafüͤr seyn, daß es auf dem Original auch nur ein einiger gewesen, weil ich mich dessen um Reise von Sophia bis ins Lager vor Nissa. 459 um der Eilfertigkeit willen so eigentlich nicht mehr erinnern kan; welchen Bescheid ich auch dem beruͤhmten Antiquario Herrn Hæreus, gegeben, der mir dieses Dubium gleichfalls gemacht: daß sie aber doch zusammen gesetzt muͤssen gewesen seyn, glaube ich darum, weil noch mehrere andere Buchstaben, welche sich doch nicht so leicht vereinigen lassen, gleichwol an einander gehenckt waren. Zweytens / daß in dem Wort SVAm das V und A, in GERMANICI SARMATICI, MAXIMO das M und A, und in ANTONINI das N und I, in TRAIANI das T. R. und A, in PERTINACI das N und A, und zwar dieses zu erst, in ARABICO A und R, in TRIBunitiæ das T und R. in ANnos das A und N. in ET das E und T, und in PATRI T und R auf eine neue Manier zusammen gehaͤngt gewesen, also daß es geschienen, als ob zwey oder drey nur ein Buchstabe wären, welches mir aber der Buchdrucker nicht recht zu exprimiren gewust. Drittens / daß die grossen Buchstaben, so verkehrt stehen, die Lange der Zeit ausgeloͤscht, die kleinen aber gar nicht kunten gesehen werden/ sondern nur um der Deutlichkeit willen von mir darzu gesetzt worden. Viertens, daß in der letzten Aufschrifft Generi zu lesen, da es doch Genero heissen soll, welches aber ohne Zweifel der Unwissenheit des Steinhauers zuzuschreiben.

Nun komme ich zu den Inscriptionen selbst, die ich nebst dem Brief und Anmerkungen des unvergleichlichen Antiquarii Herrn Carl Gustav Heräus / als deme ich solche zugeschickt, in solcher Qualität communiciren will, wie er sie mir wieder zuruck gesendet hat.

Der Brief:

Die Ehre und Ruhm unsers Unuͤberwindlichsten Kaisers Carl des VI. und Burgundischen Jasons / brachte es so mit Brief des berühmten Antiquarii zu Wien wegen dieser Inscriptionen. sich, daß Er mit seinen eigenen Vöͤlkern den Türkischen Krieg innerhalb zwey Jahren ein Ende machen, und das nun den Frieden wiederum geniesende Constantinopel mit nicht geringer Verwunderung die Kaiserliche Gesandtschaft in einen ungewoͤhnlichen Pracht und sieg⸗prangenden Aufzug, nemlich in Teutscher Kleidung, und zugleich die ehmalige Unbild nunmehr auf das nachdrüͤcklichste gerochen sehen solte: Dahero war es auch billig, daß deren Beschrei bung Mmm 2 460 Viertes Buch / Fünfte Abtheilung / bung durch Jhre gelehrte Feder verfaßt wuͤrde, und alle vorhergehende dergleichen Relationen uͤbertreffen moͤgte; worinnen Sie sich unter andern auch mit denen, so viel ich weiß, noch nie an den Tag gelegten alten Inscriptionen nicht geringes Lob erworben, welche, ohnerachtet der Eilfertigkeit auf dieser Reise, zu colligiren sie sich nicht gesaumt und mir anbey guͤtigst communicirt haben. Damit ich nun Dero Verlangen und meiner Schuldigkeit bey allen meinen sonst gehaͤuften Verrichtungen nachkomme, so sende ihnen hiermit wiederum ihre erklärten Inscriptionen/ die Sie mit gröͤsten Recht die ihrige nennen koͤnnen, mit meinen Anmerkungen wiederum zuruck, als welche durch sie nunmehro das Tages⸗Licht aufs neue erblicket, dessen sie vorhero durch der Barbarn Unwissenheit und der Reisenden Verwahrlosung beraubt gewesen. So viel nun das Andenken voriger Zeiten diesen Steinen schuldig ist: eben so viel Dank verdienen sie von der gelehrten Welt, daß deren Aufschrifft durch sie vor den gaͤnzlichen Untergang erhalten worden. Wie sehr wünschte ich, daß andern, welche nicht so sehr zu eilen haben, ein gleiches Glüͤck begegnen / und die besser cultivirte Ungarn, unsers grossen Kaisers Befehl gemäß, in Erhaltung ihrer Zierde / ich will sagen der Roͤmischen Alterthuͤmer/ sich doch wider Verhoffen nicht so gar nachlässig bezeigen moͤgten. Was aber Dero gesammlete Inscriptionen betrifft/ ist die erste gar leicht zu lesen: MAXIMO ET SV PER OMNES FORTISSIMO IMPERATORI CÆS. MARCO JVLIO PHILIPPO PIO FELICI INVICTO AVG. PONTIFICI MAXIMO. PAT. P. atriæ. Auslegung der ersten Inscription.Daß diese Inscription auf den Vater M. PHILIPPVM , den Kaiser, ziele, ist aus vielen wichtigen Anzeigungen zu schliessen / welches unter andern auch der Titul: SVPER OMNES FORTISSIMI, un schwehr Reise von Sophia bis ins Lager vor Nissa. 461 schwehr zu verstehen gibt, als welcher nicht einmal dem Vater ohne alle Schmeicheley beygelegt, von dem Sohn aber als einem noch jungen Herrn, ob schon von grosser Hofnung, am wenigsten verstanden werden kan, als der in der letzten Unternehmung des Vaters zu Rom geblieben: sonsten aber wurde der Sohn auf denen Münzen so wol MARCVS als auch AVGVSTVS genennt. Ob nun schon gemeldte Inscription nichts von einiger Geschicht gedenket, auch daraus nicht zu beweisen, daß PHILIPPVS seine Armee wider die Gothen gefuͤhrt, die Pannonien und Thracien bis an Constantinopel verwüͤstet: so ist doch so viel abzunehmen, daß, ehe noch Decius der Herrschaft in Pannonien sich angemasset, oder doch nachgehends, von einem Anhäͤnger des PHILIPPI der Stein gesetzt, aber zur Vermeidung der Mißgunst der Name ausgelassen worden seye.

Zur Vermehrung der Grammaticalischen Wissenschaft köͤn Zusammenfügung der Quadrat⸗Buchstaben. te auch dienen/ wann, woran ich doch sehr zweifle, die ungewoͤhnliche Zusammenhaͤngung der Quadrat-Buchstaben A und E nicht nur in dieser / sondern auch in denen folgenden noch ältern Inscriptionen gefunden wüͤrde, wovon sie den Gelehrten Nachricht zu geben belieben, und auch mich, wo ich dißfalls einen Fehler begehe, erinnern, weil so wol jenen als ihnen selbsten daran gelegen ist.

Die andere heißt: JVLIÆ DOMNÆ AVGVSTÆ MATRI CAS TRORVM R, em. P. ubl. SVAm VLP. iam, CVRANTE Q into ANICIO FAVSTO LEG. ato AVGVSTORVM PR. O. PR. ætore. Diese Inscription ist der Julia Pia Augusta, des S. Severius Erklärung der zweyten Inscription. Gemahlin zu Ehren verfertiget worden / nachdem die Soldaten Ba sianum Mmm 3 462 Viertes Buch / Fünfte Abtheilung / sianum im 13ten Jahr seines Alters dem Vater in der Regierung zugesellt haben; sintemaln ANICIVS sich nicht AVGVSTI, sondern AVGVSTORVM LEGATVM Pro Prætore nennet. Es legt auch dieser Stein mit andern Steinen und Münzen von unterschiedlicher Gattung der Julia den Titul Matrem Castrorum bey, so wol zu Ehren ihres Gemahls, als auch, weil Sie denselbigen allenthalben ins Lager gefolgt ist. Etwas sonderbares ist an dieser Aufschrift zu observiren / daß nemlich der Reip. Ulpiæ gedacht wird, welches aber gleichwol / nach dem Exempel gedachter Republic von der LandMilitz in einer Provinz, welche mit solchen Stäͤdten, die den Namen des Uberwinders Vlpii angenommen/ ganz angefuͤllt/ nichts ungewohntes ist. Dem Anicischen Geschlecht aber / so durch beruͤhmte Thaten so wol / als vermittelst der Muͤnzen und Steinen, sehr bekannt, wird durch diese und folgende Inscription ein neues Denkmal aufgerichtet; angesehen ihr Ruf so groß, daß die Anicii nach der Grichischen Bedeutung unuͤberwindlich koͤnnen genennet werden / und man nicht nur dafür hält, daß sie so wol, als der erste Kaiser / vom Geschlecht des Æneas herstammen, sondern auch für ruͤhmlich geachtet, den Ursprung unserer Aller Durchlauchtigsten Oesterreichischen Kaisere davon her zu deriviren, wie Johann Seyfried im Anicischen Stamm⸗Baum bezeigt.

Die Dritte ist dem S. Severo selbst zu Ehren, und zwar um eben solche Zeit aufgesetzet, und folgendes Jnnhalts:

IMP. CÆSARI DIVI. MARCI. ANTON — N. PII. GERMANICI. SAR MATICI. FILIO. DIVI. COM MODI. FRATRI. DIVI. ANTO NII. PI. NEPOTI. DIVI. HADRI ANI. PRONEPOTI. DIVI. TRA IANI. PARTHICI. ABNEPOTI. VI. NERVÆ. ADNEPOTI, SEPTIMIO. SEVERO. PIO Reise von Sophia bis ins Lager vor Nissa. 463 PIO PERT IN ACI. AVG. ARABICO. ADI ABENICO. PARTHICO. MA. ximo LVS. - - - IO PONTIFICI. MAX.imo TRIB. unitiæ POT. estatis... X. COS. ul III. PROCONSVLI. R. em. P. ublicam SVA.m VLP. iam CVRANTE. Q uinto ANICIO. FAVSTO. LEG. ato AVGVSTORVM. PR.O PR. ætore.

Hiermit wird nicht weniger, als auf anderen Steinen, der wol verDer Drit ten. diente Ruhm des Kaisers Antonini erhoben, von welchem nebst dem Antonino Pio und vornemlich dem M. Aurelio der Ælius Hochach tung des Namens Antonini bey den Römern. Lampridius in Diadumeniano, der sich gleichfalls einen so gros sen Namen mit den Gordianern und uͤbrigen Nachfolgern des Kaisers Severi erworben hatte, geschrieben: es seye der Name der Antoniner so beliebt gewesen, daß derjenige, so sich desselbigen nicht bediente, der Regierung nicht wuͤrdig schiene. Uber dieses hat auch diese Inscription mit derjenigen, so mir bekannt / und von Grutero nicht angeführt ist, nemlich dieser, so auf der Ana gniner Stein in Latien zu lesen war, dieses gemein / daß Septi mius Severus ein Bruder Commodi genennt wird: so weit er streckte sich nemlich sein Hochmuth, daß Er / nach Zeugnis Æl. Spar tiani aus des Marci Famille herzustammen prætendirte; und die ser Stoltz moͤgte noch hingehen, wann nur der Tyrannische Prinz zugleich mit dem Namen deren Sitten und Tugenden hätte nach ahmen wollen, als die nicht nur unter den Kaisern / sondern auch überhaupt unter denen Heyden nechst Socrates die kluͤgsten gewesen sind: doch siehet man daraus so viel, daß es wahr seye, was Seneca schreibt 464 Viertes Buch / Fünfte Abtheilung / schreibt / wie die Tugend auch von denenjenigen hoch gehalten wer Tugend wird auch von Laster haften estimirt.de, welche dieselbige eben nicht auszuuͤben verlangen. Ferner solte ich mit Dero Erlaubnis wol zweifeln, ob sie sich nicht von den zuruck geblie benen Merkmale der ausgelöschten Buchstaben bey Abschreibung der eilften Linie in den Namen PERTINACI hintergehen lassen; sin temaln die andern Inscriptionen des Severi zwischen Pius und Au gustus zwar den Namen Pertinax setzen, aber im uͤbrigen von kei nem andern Titul, die doch hier zu lesen/ was wissen wollen. Dann wofern der Titul Pertinax mit dem über das achtemal gefüͤhrten Zunft⸗Meister⸗Amt vereinigt wäre / wuͤrde es dieser Inscription ein grosses Gewicht geben, wann deren Authorität zu andern Stei nen und Münzen käme / die nach dem zum achtenmal geführten Zunft⸗Meister Amt den Titul Pertinax beybehalten. Jch will aber doch dieses den Worten des Æl. Spartiani nicht entgegen setzen, wann er vorgibt / daß Severus nachgehends den Titul Pertinax habe ab schaffen wollen; welche Abschaffung ich nicht von einer bestäͤndigen, sondern nur einer solchen, die oͤfters vorkommt/ verstehe. Jn der 15ten Linie gehen zwar einige Buchstaben vor dem Buchstaben X ab, es köͤnnen aber nach der Roͤmischen Art zu schreiben keine solche seyn, die auf die achte Zahl ziehlen solten. Es mag indessen genug seyn, wann ich gesagt, daß auf andern Steinen und Tituln uͤber das ach temal geführte Zunft⸗Meister⸗Amt der Titul PERTINAX gelesen wird / ja, daß auch nach dem Tod des Vaters der BASSIANVS/ nach Ausweisung der Steine, ein Sohn des PERTINAX genannt werde; und daß dieses der in der Antiquität sehr erfahrne Vaillant, mein ehmaliger guter Freund, und deme ich Ehrenthalben hier nen ne, nicht solte gewußt haben, ist so wenig wahrscheinlich, als er des wegen zu entschuldigen wäre: wie man ihn dann darum auch in ge ringsten Verdacht nicht haben kan, sondern man muß ihn nur recht verstehen, wann er in Tom. II. bey der andern Münz des Severi sagt / daß der Name PERTINAX von Severo nur in dem achten Zunft⸗Meister⸗Amt seye ausgelassen worden; nicht als wann er sol chen nachmals ganz und gar nicht mehr gebraucht, sondern daß er sich dessen nicht zu bedienen nur dazumal den Anfang gemacht habe.

Jn der 12. Linie wäre in des Severi Titul das Wort MAXI MI ohne Noth abbrevirt worden, wann nicht die folgende Zeile ei ne Reise von Sophia bis ins Lager vor Nissa. 465 ne denkwuͤrdige That ausgefuͤllt haͤtte, welche mit LVS anfäͤngt, und sich auf der folgenden Zeil mit IO endigt; weswegen es sich nicht wol wuͤrde geschickt haben / mit denen zu dem Titul nicht gehöͤrigen Buchstaben, LVS und IO, eine ganze Zeil auszufüͤllen.

Die vierte Aufschrift heißt:

Diis M.anibus VALerius VALerianus E Suboptione MILes LEGionis I iii Flaviæ VIXit ANNOS XXXI MILitavit ANNOS VIII VALerius VA LERIANVS ET VALERIA CAN DIDA FRATRI CARISSIMO ET SIVI VIVI Posuerunt.

Hier merk ich nur dieses an, daß man das B oͤfters mit einem V ver Anmerkung bey der vierten Inscription. wechselt findet, als Danuvius für Danubius.

Die fünfte Inscription endlich ist folgende:

ANNIA I iii AVRELIA FAVSTINO MARITO CAR. issimo ET GENERI PI ENTI.ssimo ETAVRELIA FILIA PATRI BENE MER. enti ET MARITO DVLCIS ET SIBI VIVA S. epulchrum Fünfte Inscription. Posuit.

Sie belieben sich dieses nach Gefallen zu bedienen, und erhalten in Dero beständigen Faveur, dem, der alle Ehre und Hochschätzung füͤr ihre Gelahrheit und Wissenschaft träget C. G. Heræus.

Sech Nnn
465 466 Viertes Buch / Sechste Abtheilung / Sechste Abtheilung.

Ankunft bey Nissa. ENdlich sind wir den 5ten Junj nach einer langen und beschwehrlichen Reise, die uns die hohen Berge und finstre Wälder nebst dem zum öftern ausgebrochenem entsetzlichen Donner⸗Wetter verursachet, auf den Nissensischen Feldern nicht gar eine Stund von der Stadt, angelangt, und haben an dem Fluß Nissava fast an eben demjenigen Ort unser Lager aufgeschlagen, wo wir in der Hin⸗Reise nach Constantinopel gestanden sind. Jn dieser Gegend findet sich ein Uberfluß an allerhand Feder⸗ und andern Wild⸗Bret / Reb⸗Hüner / Hassel⸗Hüner / Trappen / Fasanen, Wachteln, Haasen, Bären, Rehe und anders mehr; es ist aber auch kein Mangel an Räubern, weswegen wir in den Wäͤldern viele Wachten ausgestellt gesehen, welche der Botschaft und Anmeldung bey dem Seraskier. andern Reisenden die Strasse sicher halten solten. Hier haben sich unser Führer Mehemet samt dem Dolmetsch Herrn Theyls ohne Verzug zu dem Seraskier verfügt, so wol des Herrn GroßBotschafters Ankunft zu vermelden, als für die angekommene Gäste Quartier zu begehren. Hierauf ist Nachmittag um 5. Uhr von dem Seraskier ein Capigilar Agasi / oder oberster Cämmerer, welcher so viel als einer von dem ersten Adel bey einer Gesandtschaft, oder auch ein Ceremonien⸗Meister bedeutet, abgeschickt GegenCompliment des Seraskiers. worden, welcher bey Sr. Excellentz in des Seraskiers Namen wegen gluͤcklicher Ankunft die Gratulation abstatten und vermelden solte, daß die benoͤthigten Haͤuser füͤr die Gesandtschaft schon ausgesetzt wären, es befänden sich aber in der ganzen Stadt nichts als lauter elende und dabey so enge Huͤtten, in welchen nirgend auch nur zwey Wägen bequem stehen koͤnnten; so wäre es nicht weniger zu dieser Jahrs⸗Zeit auf dem Feld viel annehmlicher und sicherer, und haͤtte sich der Seraskier, wiewol er sich eben nicht gar wol auf befände, entschlossen, den morgenden Tag heraus zu kommen, damit er dem Herrn Botschafter desto naͤher seyn und alles desto geschwinder anschaffen moͤgte: er seines theils wuͤnschte / daß er einen Köͤniglichen Pallast innen hätte, damit er einen so vornehmen Gast, als der Römisch⸗Kaiserliche Botschafter wäre, darinnen nach Wür Reise von Nissa bis an den Platz der Auswechslung. 467 Würden logiren koͤnnte, im uͤbrigen solten Se. Excellenz sich des Seinigen also bedienen, als ob es ihr eigen wäre.

Hierauf sind wir den 6ten dito in eben solcher Ordnung und Einzug in Nissa. mit dergleichen Gepraͤng, als vor einem Jahr / in die Stadt ein gezogen, und die Janitscharn uns bis in das letztere Läger entge gen⸗ und dann ferner in doppelter Ordnung durch die Stadt vor angegangen, bis sie samt uns in dem neuen Lager angelangt; hierzu kamen noch auf dem Weeg in eben diesem Absehen die vornehmsten Officiers von der Besatzung und den Spahi / die Stadt⸗ und Land⸗Richter / die Kirchen⸗Bedienten und übrige Vorstehere, alle zu Pferd / und mit ihren grossen Buͤnden auf dem Haupt; und als wir uns den Mauern naͤherten, wurden die Stuͤcke dreymal ab gefeuert: der Poͤbel ließ auch die geringsten Schelt⸗Worte, wie bey der Her⸗Reise, nicht mehr hoͤren, sondern erwiesen uns vielmehr im Vorbeyzug alle Ehre; doch fehlte es uns an genugsamen Futter für das Viehe, weil eine sehr grosse Duͤrre eingefallen, und uͤber die ses zum Vestungs⸗Bau 16000. Spahi in der Stadt lagen, wes wegen es sehr sparsam vorgeschuͤttet werden muste; und wie füͤr des Herrn Botschafters Pferde nicht einmal genug vorhanden war: also geschahe es, daß, wann etwan von den nechsten Dorfschaften was zugefuͤhrt worden, schon hundert darauf warteten, und es füͤr sehr theuer Geld, einander so zu reden/ vor dem Maul wegriesen. Als nun der Herr Groß⸗Botschafter im Lager und in seinem Beziehung des Lägers. Zelt angelangt, wurde Er mit unterschiedlichen Fruͤchten/ neun Lämmern, Zucker und Blumen aus der Stadt beschenkt; Se. Ex cellenz aber fertigten alsobald den Herrn Baron Ostman zu dem Seraskier, noch jemand aber nach Belgrad zu dem Gräͤnz Commendanten, den Grafen Oduyer ab, demselbigen seine AnBericht an unsern Gränz Commen danten we gen hiesi ger An kunft. kunft zu vermelden. Nachmittag, da wir eben von Tisch aufgestan den, kam ein Hauptmann aus der Besatzung Jagodina mit der fahrenden Post zu uns, und brachte die Nachricht, daß der Tüͤrki kische Botschafter sich schon drey Tag zu Belgrad aufhalte. Den 7ten ist der Seraskier / welcher sich, wie ich schon gemeldet, ei nige Tag hero nicht wol auf befunden, aus der Stadt gezogen / um ins küͤnftige in seinem ohnweit von uns aufgeschlagenen Läger desto näher bey der Hand zu seyn; dabey Jhm zu Ehren gleichfalls die Stücke geloͤßt, und eine bessere Ordnung als des vorigen Tags bey unseren Nun 2 468 Viertes Buch / Sechste Abtheilung / unserm Einzug, gehalten, auch die gewöhnliche Music, bis Er in dem Lager angelangt, beständig gehöͤrt worden. Endlich sind Nach Mittag um 1. Uhr die vornehmsten Officiers und Bediente des Seraskiers in unserm Läger angekommen, um uns nach ihrem Visite des Hn. Bot schafters bey dem Seraskier.Herrn zu begleiten, zu welchem der Herr Botschafter schon des vorigen Tags um zehen Uhr sich begeben wollen. Der ganze Weeg von unserm Lager bis zu des Seraskiers Zelt war auf beiden Sei ten mit Soldaten besetzt, woselbst wir, nach Lands Gewohnheit / mit Caffé, süssen Früchten und auf ihre Art zu bereiteten Speisen tra ctirt, und bey dem Abschied der Adel mit Caftans / der Herr Botschafter aber mit einem Hermelin⸗gefuͤtterten Rock und einem muthigen Fuchs, der sehr kostbar ausstaffirt war, regalirt worden. Es hatte der Seraskier im vorigen Jahr von dem Groß⸗Vizir aus sonderbahrer Gewogenheit solchen verehrt bekommen, anjetzo aber sich dieses angenehmen Geschencks wiederum freywillig beraubt, und es Sr. Excellentz / zum Zeichen der gegen Sie tragenden Hoch Beschrei bung der Person des Seras kiers.achtung überlassen. Dieser Seraskier ist von Angesicht schwarz brauner Farb, hat einen langen Bart und schwarze Haare, ist aber son sten ein gar bescheidener Mann und Liebhaber der Gerechtigkeit, frey gebig und friedsam / und deswegen bey den Seinigen in grosser Hoch achtung, auch um dieser seiner Gemüths⸗Beschaffenheit willen zum Gränz⸗Commendanten gesetzt / damit er bey einigen vorfallenden Differenzien solche in der Güte wiederum beyzulegen trachten solle. Wann jemand über unsere Gräͤnzen nach der Türkey gehen will / muß er mit von dem Graf Oduyer unterschriebenen Paß⸗Brief Paß⸗Brief fe an der Gränze von wem sie unter schrie ben wer den.fen versehen seyn; will aber einer von dar zu uns herüber gehen, muß er dergleichen von dem Seraskier aufweisen köͤnnen; wofern er aber seine Wohnung gänzlich zu verändern gedenkt / dergleichen ein Venetianischer Jud, der mit uns heraus gereißt, zu thun gesonnen war/ hat er von beiden dergleichen Attestat noͤthig. Es wuste dieser Bascha unserm Herrn Botschafter des Graf Oduyers kluge Conduite nicht genugsam zu ruͤhmen, nach wel cher Er die zwischen beiden Theilen entstandene Streit⸗Häͤndel auf das schleunigste mit jedermanns Beyfall schlichtete; Er bedaurte de rohalben,/ wegen der gutem Verständnuß unter ihnen, daß sein Commando allhier nun bald ein Ende nehmen wuͤrde; sintemaln alle drey Jahre so wol hier, als bey andern dergleichen Bedienun gen, Reise von Nissa bis an den Platz der Auswechslung. 469 gen, ein anderer geschickt wird, so des vorigen Stelle vertritt, wann Seraskiers instehende Ablegung seines hiesi gen Com mando. anders nicht in solcher Zeit Klagen einlaufen, oder er sich sonsten verdächtig gemacht, oder auch sein gesammleter Reichthum gar zu sehr charmirt, daß er noch vor der Zeit abziehen muß. Er ist auch gleich nach geschehener Auswechslung nach Constantinopel abgegangen, woselbst Er noch zwey Weiber hat, mit deren einer Er einen Sohn gezeugt, so nun zwöͤlf Jahr alt ist, und sich bestäͤn dig bey dem Vatter aufhäͤlt. Unter seinen Leuten waren viel Chri sten aus Boßnien gebürtig; so habe ich auch einen Teutschen angetroffen, welcher vor sechs Jahren vom Löͤffelholzischen Regiment durchgangen, und vorgabe, wie er den Glauben noch nicht verlaͤugnet, wolte auch gerne wiederum zuruck kehren, wann er nur hoffen duͤrfte, daß er wuͤrde pardonirt und nicht vielmehr nach Verdienst abgestrafft werden. Derselbige ist auch auf dem Nach Mittag wiederum zu uns gekommen, und hat uns erzehlt, daß die Türken sind Voll säufer. Türken zum Volltrinken, so doch aufs schärfste bey ihnen verbot ten ist / mehr als die Teutschen geneigt wären, und daß sie der gleichen nassen Kampf nicht aus Bechern oder Gläͤssern anstellen, sondern den Wein ganze Maaß Weiß in einem Othem hinein sau fen, wann sie nemlich allein sind, und keinem Aufseher füͤrchten dörfen; und dieses wiederholten sie so lang / bis sie ihrer nicht mehr mächtig mit dem Geschirr in der Hand vor das Vaß auf die Nasen hinfielen: er bekräftigte auch dasjenige / was ich zur andern Zeit und schon öͤfters erinnert, daß sie durch ihren verkehrten Beyschlaff das Kinder⸗Zeugen hinderten, und dieses die Ursach wäͤre, warum sie bey so vielen Weibern dannoch so wenig Kinder bekämen. Jn der Nacht zwischen dem 7. und 8ten kam Roman Ni Courier vom Gra fen O duyer. coliz/ ein Rascianischer Dolmetsch, mit von dem Grafen O duyer abgeschickten Brieffen zu uns ins Lager, woraus wir erse hen / wie bemeldter Graf indessen mit dem Tuͤrkischen Bot schafter die Zeit passire; denselben Mittag aber stattete der Se Seras kiers Visite bey dem Hn. Bot schafter. raskier bey dem Herrn Groß⸗Botschafter die Gegen⸗Visite ab, bey welcher Ceremonie eine Anzahl Spahi vorher, die Janit scharn aber mit ihren rothen Hauben hinten nach giengen, in de ren Mitte sich der Seraskier auf einem hochtrabenden Pferd se hen ließ / um welchen seine Bediente in weisser Kleidung her liefen, acht Chiausen aber mit ihren Staͤblein in den Haͤnden, in rothen Sam Nnn 3 470 Viertes Buch, Sechste Abtheilung/ Satyren / wer sie sind.Sammet, und eben so viel Satyren, weiß gekleidet, unmittelbar, vor Jhm her zogen; welche letztere eine Art Leute sind, die Gürtel mit grossen silbernen uͤberguldeten Knoͤpfen um den Leib und kleine Spiesse in den Händen tragen. Hier wurde nun denen Vornehmern Chocolate, nebst Pomeranzen⸗ und Citronen⸗Wasser vorgesetzt. Seine Excellentz gaben dem Seraskier zu verstehen, wie diese Der Herr Botschaf ter will oh ne solche Ceremo nien mit dem Se raskier zu sammen kommen. Visite nach Gewohnheit gar zu ceremonieux heraus käme / Sie wünschten aber zum öftern ohne solche mit Jhme Sich zu bespre chen / gleich wie Sie es auch mit andern Vornehmen zu Constan tinopel gehalten hätten, und eine gröͤssere Verträulichkeit damit an den Tag zu legen, welches sich auch der Bascha sehr wol gefallen liesse. Des andern Morgens wurde der Baron Studnitz / und Herr Dorschäus der Leib⸗Medicus, mit Herrn Theyls dem Dolmet schen, zu ihm geschickt, die er alle mit den gewoͤhnlichen Tuͤchlein be schenkt hatte. Wann wir indessen nicht wolten, daß unsere Pfer Fourrage schwehr zu bekommen de vor Hunger crepiren solten/ so sahen wir uns gezwungen / die Knechte auf drey Stunden weit nach Fourrage zu senden. Hierauf wurde den 9ten dito abermal Herr Dorschaͤus abgefertiget, des Seraskiers Aufbefindens sich zu erkündigen, und ihm einige Arzney vorzuschreiben; mit welchen auch der Zucker⸗Becker abgieng, wel cher Jhm Chocolate machen, und seinen Leuten zeigen solte, wie man solchen verfertigen müsse, da sie dann für ihre Müͤhe als ein Reiches Present des Seraskiers an dem Leib⸗Arzt und Zucker becker. Gratial nebst einem geringen Tüchlein füͤnfzig Siebner, so nicht gar anderthalb Ducaten ausmachen / davon getragen.

Allhier zu Nissa musten wir uns einer scharfen Untersuchung unterwerfen, wegen einiger Grichischen Weiber, welche / weiß nicht wer von den Unsrigen, so eine ganz besondere Sorge für die Ehleu Scharfe Untersuchung unter der Botschaft zu Nissa. te truge, auf gemeine Unkosten / ohne Vorbewust des Herrn Groß⸗Botschafters, von Pera mit weggefuͤhrt, damit er sie nach Teutschland zu ihren Männern bringen moͤgte, von welchen sie zwar noch nicht wusten, wo sie solche antreffen wuͤrden.

Aufbruch von Nissa. Nun sind wir den 10ten von Nissa wieder bey anbrechenden Tag fort gezogen, und mit sechsmaliger Salve um die Vestung wegen Gegenwart des Seraskiers, als der von solcher Ehre gleichfalls participirte / beehrt worden. Die Bagage hatte man / nach unserer Gewohnheit, in der Nacht unter einer starken Escorte voraus geschickt, welche der Commendant zu dem Ende mit Reise von Nissa bis an den Platz der Auswechslung. 471 mit gegeben, damit vor den Anfall der Räͤuber und der Tartarn Streyfereyen nichts zu befüͤrchten seyn moͤchte. Der Seraskier ist schon frühe zwischen fuͤnf und sechs Uhr mit 3000. Reutern aus seinem Lager dem unsrigen vorbey marschirt, und bald darauf die Botschaft mit gewöhnlichen Aufzug, als fliegenden Fahnen und klingenden Spiel / nachgefolget; die Paucken aber kunte man diesesmal nicht brauchen / weil das Pferd durch langes Ausrasten so muthig worden, daß es nun niemand mehr wolte aufsitzen lassen.

Von dem Seraskier wurde im Vorbeyziehen folgende OrdOrdnung des Seraskiers bey dem Aufbruch. nung gehalten: Zu Anfangs zog ein Troupp Reuter, so alle kleine Fähnlein in Händen hatten; darnach folgten seine Hand⸗Pferde, an der Zahl zwoͤlfe, die insgesamt mit Schildern und von dem Hals herab hangenden Küͤh⸗Schweifen von weisser / rother, gelber, blauer und andern vermengten Farben versehen waren: alsdann kame die mit kleinen Trummeln, Cymbeln, Pfeiffen und dergleichen Instrumenten, wie ich sie schon anderweit beschrieben habe / angestimmte Music, hierauf der Bascha selbst, und mit einer grossen Anzahl seiner Hauß⸗Bedienten umgeben; hinter demselbigen wurden 13. mit Türkischen Buchstaben und Zahlen beschriebene Fäͤhnlein getragen, davon das mittlere gruͤn und mit einem weissen Saum eingefaßt war, denen des Bascha mit sechs Schimmeln bespannter LeibWagen leer nachgefolget. Endlich sahe man noch einen Troupp Fäͤhnlein, und nach diesen einen Schwarm, so kleine mit allerhand Baͤndern gezierte Spiesse in den Händen trugen / und dann zu letzt die völlige Mannschaft / ausser was schon mit dem Tug oder RoßSchweif voraus geschickt gewesen, um solche vor des Vizirs Zelt aufzustecken. Auf dem halben Weeg hielte der Bascha zur Rechten an einem Huͤgel, und nahm daselbst das Fruͤh⸗Stuck ein, welchem der Herr Groß⸗Botschafter im Vorbeyziehen durch Herrn Theyls, dem Dolmetsch, das Compliment machen lassen. Nachdem wir nun noch nicht gar drey Stund marschirt/ haben wir mitten in den Bergen unser Lager aufgeschlagen / allwo uns der Seraskier oder Gränz⸗Commendant zur linken Hand lag, der durch die Spahi / so von dem Fuß des Bergs bis an dessen Gipfel zu beiden Seiten stunden, in sein Zelt geritten. So wol diesesmal, als auch die vorhergehende Nachte, in denen wir vor der Vestung gelegen, sind Ausgestellte Wachten. um unser Lager viele Wachten ausgestellt worden, die sich mit ih rem 472 Viertes Buch / Sechste Abtheilung / rem à largo? wer da? alle Augenblick höͤren lassen, also daß wir Anfangs selbst nicht gewust, was es solte zu bedeuten haben.

Den 11ten sind wir in der gestrigen Ordnung nach Alexinza fortgeruckt, und an der Nissava wiederum stehend geblieben, die Türken aber haben sich zu mehrer Sicherheit rings um uns her gela Nachricht wegen der Auswechslung.gert. Allhier ist der durch den Seraskier von Nissa zu dem Tüͤrkischen Botschafter abgeschickte Aga wiederum mit der Nachricht zurück gekommen, daß an eben dem Tag, da vor einem Jahr die Auswechslung geschehen / solche auch diesesmal vor sich gehen solte. Nach Mittag haben sich Se. Excellentz zu dem Seraskier begeben, andere aber sind auf die Jagd gegangen, dabey aber das Wild glücklicher als sie gewesen, als welches alles unbeschädiget davon gekommen. Bey dieser Gelegenheit hat der Seras Present des Seraskiers an dem Hn. Botschafter.kier zum Zeichen seiner unveränderlichen Affection gegen dem Herrn Botschafter demselben abermal ein schönes Mutter⸗Pferd mit samt dem Füllen offerirt, so Er auch mit aller Erkänntlichkeit angenommen.

Hierauf haben wir den 12ten unsern Weeg weiters nach Raschna genommen, und sind endlich in diejenige Gegend kommen / wo wir im vorigen Jahr ein doppeltes Erdbeben verspuͤhrt; der Seraskier aber hat sich mit den Seinigen auf eben diesen Berg gelegt, auf welchen jenesmals der Herr Botschafter von ihm zum erstenmal nach Türkischer Manier bewirthet worden / und woselbst sich die Rehe in solcher Menge aufhalten, daß sie ungescheut durch Janitschar verehrt den Hrn. Botschafter azwe zwei Rehe. sein Lager geloffen; wie dann ein Janitschar allein in einer halben Stund zwey derselbigen erlegt, und sie Sr. Excellentz uͤberbracht, wofür Sie ihn auch reichlich beschenken lassen. Von unserm Lager aus kunte man auch die Berge sehen, so gegenwärtig zur GräͤnzScheidung gesetzt sind; und weil wir unsers Kaisers Land wiederum zu Gesicht bekamen, ist uns die Courage auf einmal gewachsen, und hätten wir lieber dahin fliegen als gehen moͤgen: dann es war uns die von dem Graf Oduyer jenesmals erwiesene Ehre in noch gar frischen Andenken, deren wir uns auch auf dem Weeg zum öftern mit Lust erinnerten; und weil wir seine Generosité gar wol kannten, durften wir nicht zweifeln, daß Er uns bey unserer Zuruckkunft aus der Türkey mit eben solcher Liebe und geneigten Willen aufnehmen werde, als Er uns seine Großmüthkeit auf der Hin Reise von Nissa bis an den Plaz der Auswechslung. 473 Hin⸗Reise spühren lassen, worinnen wir uns nicht betrogen; dann wir sind, wie an seinem Ort umstaͤndlich soll angezeigt werden, so wol unter Wegs / als auch zu Belgrad selbsten nun zum andernmal dergestalt von Jhm tractirt worden, daß wir die ausgestandene Beschwehrlichkeit auf der Reise gar gerne darüber vergessen: wie wir dann bemeldten Grafen nachmaln allen Seegen dafuͤr anwuͤnschen.

So begierig wir unterdessen waren, unsere hinterlassene Freunde fein bald wieder zu sehen, musten wir gleichwol noch vier Tag lang, welches uns gewiß nicht wenig bedunkte, auf fremden Boden verziehen, weil weiß nicht was füͤr Strittigkeiten und andere Hindernuͤssen darzwischen gekommen, daß wir nach einem Jahr⸗langen Verweilen bey den Türken nun auch denselbigen Jahrs⸗Tag der Auswechslung Strittigkeiten verzögern die Auswechslung. mit unsern guten Freunden in unserm Land nicht begehen koͤnnen. Jndessen kam der Baron von Nazmar mit dem Dolmetsch Herrn Schmid und der Major Back vom Geschwindischen Regiment zu uns / welche dem Herrn Groß⸗Botschafter von dem Vorgelaufenen Nachricht ertheilten, wie nemlich der Graf Oduyer, als ein verschlagener und vorsichtiger Herr, des Türkischen Botschafters Wägen und seine ganze Suite fleissig durchsuchen lassen, darBey Durchsehung des Türkischen Botschafters wird ein Schwedischer Kaufmann entdeckt. unter aber einen Schwedischen Kaufmann entdeckt, so Diamanten, Smaragden / Perlen und ander Kostbarkeiten bey sich fuͤhre, die er aus Schweden mit gebracht, den er aber ohne Erlegung des bey dem Paßarowitzischen Tractaten ausgemachten Zolls des dreissigsten Pfennings nicht fort ziehen lassen. Ferner habe Er einen alten von dem Glauben abgefallenen Schiffmann, der von seinen zwey Soͤh Ferner ein Schiffmann. nen verrathen worden, wiederum zuruck nach Belgrad gefangen geführt; einige leichtfertige Weiber und Knaben, die zu den Türken überzugehen fertig waren, wider des Botschafters Willen, aus der Leichtfertige WeibsPersonen. Flucht zuruck gezogen; Ihn selbst aber / da Er erst zu Parakin seine Visite bey Jhm abstatten wollen, nachdem Er solche Schuldigkeit zu Belgrad unterlassen, nicht eher admittirt, bis ermeldter Botschafter die Abstattung solcher Visite von dem Seraskier / als dessen Authoritæt auch darunter versirte / und welcher den Aufsatz der Ceremonien durch die Seinigen mit unterschrieben Affaire des Graf Oduyers mit dem Türkischen Botschafter wegen unterlassener Visite. hatte, wäre anbefohlen worden. Die ganze Sache aber, wie der Graf Oduyer diesem hochmuͤthigen Tuͤrken begegnet, verhaͤlt sich also: Er hat Jhm noch zu Belgrad wissen lassen, daß er bey der Aus Ooo 474 Viertes Buch, Sechste Abtheilung / Auswechslung nicht zu gegen seyn wüͤrde, woferne er dem errichteten Tractaten und ausgemachten Ceremoniel nicht nachlebete. Der Türk gehet hierauf gleichwol ohne Abschied von Belgrad nach Parakin / der Graf Oduyer aber uber Semendria gleichfalls dahin, und kommt noch eher als jener daselbst an, von dar Er alsobald den Rezep Aga / der vorher an Jhn geschickt war, wiederum nach dem Seraskier gehen und sich bey diesem üͤber des Tuͤrkischen Botschafters unterlassene Schuldigkeit beklagen ließ. Unterdessen kommt der Gesandte selbst, und merkt bereits, was daraus entstehen moͤgte, und daß es Jhm von dem Seraskier duͤrfte anbefohlen werden, schickt demnach zu dem Graf Oduyer/ und laͤßt Jhm wissen, daß Er sich entschlossen, die Visite bey Jhm abzustatten: worgegen Jhm aber der Graf wieder zu entbieten läßt / wie es Jhm jetzo nicht gelegen / dieselbige anzunehmen, Er wolle unterdessen auf des Seraskiers Antwort warten, welchen Er bereits die Affaire berichten lassen; und als solche eingelaufen, mit dem Bedeuten, daß Er Jhm solche hiemit im Namen des Sultans wolle anbefohlen haben / hat Jhm endlich der Graf Oduyer vor Türkischer Gesandter hat nicht so viel Authoritæt als der Seraskier. sich gelassen. Man muß aber hiebey wissen, daß in dem Morgenländischen Reich ein Gesandter von dem Sultan nicht so viel, als ein Seraskier bedeute / so daß, wann Sie auf dem Türkischen Gebiet beysammen sind, dieser die rechte Hand behauptet, alles nach seinem Gefallen anordnet, und jenem auch, nach dem er es füͤr gut befindet, Befehl ertheilet. Es hat sich aber dieses Barbarn Hochmuth damit noch nicht zähmen lassen, sondern ist noch weiter ausgebrochen, und hat bey der von dem Graf Oduyer abgestatteten Gegen⸗Visite noch was mehrers tentirt/ welches Jhm aber Ubelgelungene Hochmuth des Türkischen Botschafters.eben so, und fast noch schlimmer, als das vorige, ausgeschlagen. Es ist nemlich ermeldter Graf, in Begleitung aller dazumal anwesenden vornehmen Officiers, zu Jhm gekommen, um, wie gemeldet, die Gegen⸗Visite bey Jhm abzulegen; und als Er bis zu der ersten Stange des Zelts geritten, und von dem Pferd gestiegen, hat Er den Botschafter daselbst angetroffen, welcher Jhn durch die auf beiden Seiten gestandene Janitscharn hin und zur Sofaus gefüͤhrt, dabey Er dann dem Grafen immer zur linken Hand gegangen: so bald sie aber zu besagten Polstern gekommen, wendet sich der Türk geschwind, und nimmt die rechte Hand ein; der Graf siehet sich lang Reise von Nissa bis an den Plaz der Auswechslung 475 lang um, was dieses bedeuten soll, bleibt indessen so lang stehen / und läßt Jhm durch den Dolmetsch sagen, wie Er nicht gesonnen, im geringsten etwas von seinem Respect zu vergeben / weswegen man Jhm dasjenige zustehen solle, was in dem Ceremoniel ausgemacht worden, oder Er wolte geschwinder, als Er gekommen, wieder davon gehen: wie dieses der Türk gehört, ist Er alsobald von seiner Sofaus in Gegenwart aller Bedienten, aufgestanden / und hat sich, nach solcher Erinnerung, auf die linke Hand begeben. In solcher Positur haben Sie sich eine Zeitlang unterredet, worbey sich die Tuͤrkische Musicanten ohne Unterlaß hoͤren lassen, denen der Graf Oduyer, nach Seiner bekannten Freygebigkeit, ein Dutzent Ducaten zum Recompens gereichet. Lächerlich ist, was einem HauptLächerliche Antwort eines einfältigen Knabens wegen seiner Religion. mann von dem Wuͤrtembergischen Regiment begegnet, und er nachmaln selbst erzehlet: dieser war ernennet/ die Wagen des Tuͤrkischen Botschafters bey Haßan Bascha Balanka zu durchsuchen, und als er etliche Knaben, so mit uͤbergehen wollen, dabey angetroffen, und unter andern einen, so auf einem Cameel gesessen, den er deswegen absteigen hieß, sagte dieser mit weinender Stimme, er wäre kein Christ; als nun der Hauptmann wissen wolte / wer er dann wäre, gab er zur Antwort, er wäre ein Lutheraner; welches bey den darbey stehenden kein geringes Gelächter verursachte, aber noch mehr bey uns, da der Hauptmann, so selbst ein Lutheraner gewesen, solches dem Baron Rhomberg / als einem Calvinisten, erzehlte.

Ursach der verzögerten Auswechs lung Warum aber die Auswechslung um einen Tag später vorgegangen, ist daher gekommen, weil der Tuͤrkische Botschafter nicht gar wol auf war, oder sich wenigstens also angestellt/ und deswegen eine Ader oͤfnen lassen; wann nun der Unsrige den Tag darauf purgirt hatte, wäre jener nach Verdienst dafüͤr bezahlt worden, dann Er würde alsdann Ursach genug gehabt haben / noch länger still zu liegen. Damit aber Se. Excellentz unterdessen die Zeit zu passiren was vornehmen moͤgten, woran die Tüͤrken einen Gefallen haben koͤnnten, haben Sie dem Bascha in seinem Lager eine angenehme Music durch Dero Trompeter und Pfeiffer, und zwar auf sein eigenes Begehren, machen lassen, wofuͤr er 40. Gulden unter sie auszutheilen befohlen.

Den Ooo 2

476 Viertes Buch / Siebende Abtheilung / Den 15ten Junj ist ein Spahi mit aufgezogenem Gewehr Spahi nimmt seine Zuflucht vergeblich zu uns. in vollem Lauf zu des Herrn Groß⸗Botschafters Zelt geflohen, den die Janitscharn aber auf den Fuß verfolgt und wieder zuruck begehrt hatten. Es war derselbige von Geburth ein Venetianer, weil er aber von der Christlichen Religion bereits abgetretten / und den Muhametischen Glauben angenommen/ hat er doch endlich gesucht, sich unter diese Kleidung zu verbergen, und von dem Lager zu entfernen, weil er aber erkannt und wiederum abgefordert worden, hat er, weil er einmal den Glauben verläugnet / von dem Herrn Botschafter nicht geschützt werden koͤnnen.

Siebende Abtheilung.

ENdlich sind wir den 16ten dito / nach dem wir uns ein Jahr Ankunft auf dem Platz der Auswechslung. und einen Tag in dem Tüͤrkischen Gebiet aufgehalten, und gleich in der Früͤhe, weil es Sonntag war, Meß gehöͤrt, und nur einen kurzen Weeg uͤber die Huͤgel und das Gebuͤsche gemacht hatten, unter dem Schall der Trompeten und Paucken und übrigen Music auf derjenigen Wiesen angekommen, wo die beide BewillkommungsCompliment an den Türkischen Botschafter.Herren Groß⸗Botschafter einander begegnen solten. Als wir nun über eine Stunde daselbst gewartet / schickten Se. Excellentz den Herrn Oebschelwitz ab, welcher in Dero Namen bey dem Tuͤrkischen Botschafter das Bewillkommungs⸗Compliment ablegen, doch diese Commission nicht eher ausrichten solte, bevor er sehe, daß von diesem jemand auf dem Weeg wäͤre, der ein gleiches bey Jhnen abzustatten hätte. Unterdessen haben Sie sich nach des Seraskiers Zelt begeben / welches bey unserer Ankunft schon aufgeschlagen gewesen, wohin Sie durch die abermal zu beiden Seiten rangirte Janitscharen gegangen, und von Jhm mit Caffé tractirt worden; Sie aber haben Jhn Chocolate vorsetzen lassen, so der Zucker⸗Bäcker zu dem Ende zu recht machen muͤssen. Dieses Getränk wurde durch die dabey gefuͤhrten vertraulichen Discourse noch schmackhafter gemacht, worein der Herr Botschafter nach Seiner Gewohnheit, wann es die Reden so mit sich brachten, immerzu einige moralische Anmerkungen fliessen lassen, uͤber welches auch der Bascha ein ungemeines Vergnuͤgen bezeigt, und Sr. Excellentz ferti Bericht / was bis zur volligen Auswechslung passirt. 477 fertigen Geist sehr bewundert, auch durch den Dolmetsch oͤffentlich contestirt, daß zu gegenwäͤrtigen Vorhaben nichts Fuͤglichers noch Vortreflichers gesagt werden konnte. Es gab sich ungefehr die Rede, von der Trunkenheit etwas zu gedenken / die durch den Alcoran Moralische Herr Discourse des Hrn. Botschafters von der Trunkenheit. denen Türken auf das nachtrücklichste verbotten/ wobey der Botschafter erinnerte, daß durch dieses Laster der Mensch dem unvernuͤnftigen Viehe wieder ähnlich wuͤrde, als welcher durch nichts / dann durch den Gebrauch der Vernunft von solchem unterschieden seye; folgends explicirte Er den Spruch des 31. Psalms / im 12. V. wo es heisst, daß man dem unbändigen Vieh Zäume und Gebieß müße ins Maul legen; dann wie man ein muthiges Pferd ohne solches nicht regieren koͤnne: also wäͤre auch ein besoffener Mensch / der seine Vernunft in Wein vergraben, durch niemand zu bändigen / noch zu seiner Schuldigkeit zu bringen. Nachgehends Von dem Ursprung der Könige. kamen Sie ungefehr von dem Ursprung der Koͤnige zu reden / allwo der Herr Botschafter behauptete / daß von GOtt denen Menschen auf ihr eigenes Ansuchen selbige zur Straffe gegeben seyen, da sie vorhero lange Zeit in Stämme und Famillen eingetheilt gewesen; und also, setzte Er hinzu, gehet es auch noch heutiges Tags / daß wir öfters etwas begehren / so uns nachgehends / wann wir es erlanget / wiederum gereuet; diesem fügte Er bey, daß Anfangs die Trabanten und Leib⸗Garde nur denen Füͤrsten zu mehrerer Sicher Von deren Trabanten. heit zugegeben worden / welche Sie hernach zum Pracht und Verschwendung mißbraucht; gleichwie es auch mit der Speiß und Kleidung ergangen, die auch Anfangs nur zu des Menschen Nothdurft Von den Mißbrauch der Speiß und Kleidung. dienen musten, nachgehends aber zur aͤussersten Hoffarth und Schwelgerey angewendet worden, also daß man anjetzo mit einem gebrechlichen Schiffe alle Meere durchfahre, und aus dem aͤussersten Enden der Welt dasjenige herbey schaffe, was wir zu Hauß gleichsam vor der Nasen haben, und mit wenigern Unkosten anschaffen koͤnnten, so uns eben so gute Dienste thun, und unser Leben viel weiter hinaussetzen wuͤrde, als nun geschiehet, wie wir dessen an den Alten ein deutliches Exempel hatten: und dergleichen Gespraͤche, welche noch tiefer in die Philosophie liefen, hatten sie noch mehr mit einander gefüͤhrt. Als man aber auch auf die zu Wien von den Janitscharn erregte Aufruhr kam, und der Herr Botschaffter sagte, wann dergleichen Jhm begegnet wäre, wolte Er sie alle haben auf hän Ooo 3 478 Viertes Buch / Siebende Abtheilung / hängen lassen, schiene es, als ob der Bascha die Aufführung des Türkischen Botschafters nicht allerdings approbirte, indem er nicht undeutlich zu verstehen gab, daß er sich einer andern Manier Seraskier scheinet seines Botschafters Aufführung zu Wien nicht zu approbiren.in Goubernirung und Abstraffung dieser Leute hätte bedienen sollen. Es fragte auch der Seraskier / wie Se. Excellentz von dem Groß⸗Vizir und andern Vornehmen des Hofs, in Zeit Seiner Anwesenheit seye tractirt worden; und als Diese ruͤhmten / wie Sie alle Ehre von Jhnen empfangen, und der Mehemet, unser Füͤhrer, eine kurzweilige Historie / die der Herr Botschafter ihm zur Des Hrn. Botschafters bezeigtes Vergnügen über des Türkischen Hofs Aufführung. andern Zeit von einem gewissen Schatz⸗Meister erzehlt hatte, vor dem Seraskier gerne noch einmal hören wolte, liessen Sich Se. Excellentz dargegen vernehmen, wie Sie es dazumal nur aus Scherz vorgebracht / und daß diese Leute gemeiniglich dem Geitz ergeben, und öfters mehr Sparsamkeit bezeigten / als ihrer Herrn Vortheil mit sich brächte; Sie wüsten im übrigen nichts, worüͤber Sie sich so wol über diesen Tefterdar, noch über jemand anders, zu beschwehren hätten: Es wäre Jhnen jederzeit so viel gereicht worden, als Sie nöthig gehabt, ein mehrers hätten Sie nicht erwartet; sintemaln Sein Allergnädigster Kaiser / fügte der Herr Botschafter hinzu, Jhn nicht abgeschickt hätte, grosse Schätze zu sammlen, sondern Seine Ehre und den gemeinen Nutzen zu beobachten; versicherte auch, daß, so oft Er nach Wien geschrieben, jederzeit die von der Pforten Ihm erwiesene Ehre von Jhme nach Verdienst gerühmt worden, welche Er nicht so wol sich, als vielmehr Jhro Römischen Kaiserlichen Majestät in Jhres Botschafters Person, zugeeignet hätte, und eben darum wäre auch Gegentheils Jhrem Botschafter zu Wien ungewoͤhnliche Ehre erwiesen worden. Zelte werden im Namen des Sultans dem Hrn Botschafter offerirt.Eben dergleichen antworteten Se. Excellentz dem Capigi Baschi / als er Jhnen die Wahl der Kaiserlichen Zelten an der Gränze offerirte, deren wir uns auf dem Weeg bedient hatten, davon Sie zwar bey der Abreiß zu Constantinopel nicht nach Nohtdurft erhalten können, sondern viel um ihr Geld anschaffen muͤssen; dann Sie liessen Sich gegen ihm vernehmen, wie Sie auch einen HufNaggel / wann solcher von dem Sultan Jhme wäre verehret worden, in hohen Werth achten wuͤrden; und ob Sie nun schon derselbigen auf dem Weeg nicht mehr noͤthig hatten, so wolten Sie sol Bericht / was bis zur völligen Auswechslung passirt. 479 solche doch deswegen annehmen, weil sie von dem Sultan herkämen; wie Se. Excellentz dann auch in der That nachgehends gezeigt / daß Sie dergleichen Geschenke sehr æstimirten, angesehen diese Zelten / weil keine Araber zugegen waren, welche sonsten bey der Türkischen Armee solche aufzuschlagen gewohnt sind, nachgehends nicht mehr aufgerichtet worden, damit sie nicht moͤgten verderbt werden.

Nach einer Unterredung von zweyen Stunden kommt Herr Oebschelwitz, noch ehe sich jemand von den Tüͤrken bey dem Herrn Botschafter sehen lassen / mit einem Hauptmann wieder zuruck, welcher von dem Graf Oduyer einen Gruß uͤberbrachte / und zu glücklicher Ankunft gratulirte, dabey er zugleich vermeldet, wie sich der Türkische Botschafter auf die gestrige Aderläß nicht gar wol befände, und noch nicht voͤllig restituiret seye / weswegen Er sich im Wagen zu der Säulen wolte führen lassen; worauf Se. Excellentz geantwortet, wie ihm solches frey stuͤnde, Sie aber wolten nichts destoweniger sich zu Pferd dahin begeben. Der Herr OebVerweiß an dem Abgeordneten zu dem Tuͤrkischen Botschafter wegen nicht genau obser vierter Commission. schelwitz aber bekam einen harten Verweiß, daß er geschwinder / als ihm anbefohlen war, wieder zuruck gekehrt, und, ob er zwar gehöͤrt, daß wer von dem Tuͤrkischen Botschafter solte geschickt werden, nicht so lang gewartet, bis es auch wuͤrklich geschehen. Jn wehrenden solchen Reden kommt noch ein Lieutenant von dem Graf Oduyerischen Regiment, Herr Johann Wilhelm Voigt, welcher bey dieser Auswechslung schon zum zweytenmal die Bedienung eines Hof⸗Marschalks versehen, und nun zwey vornehme Bediente des Tuͤrkischen Botschafters bey sich hatte, davon der eine bey dem Römisch⸗Kaiserlichen Groß Botschafter / der andere bey dem Seraskier, und der Lieutenant im Namen seiGegenCompliment im Namen des Türkischen Botschafters. nes Herrn die Begruͤssung ablegen, jene aber zugleich vermelden solten, daß nach einer halben Stund die Auswechlslung Auswechslung vor sich gehen wuͤrde, weil ihr Botschafter, der nur eben jetzo angekommen, wegen Seiner zugestossenen Maladie, etwas ausruhen wolte: worauf Se. Excellentz Sich gegen den Seraskier gewendet, und demselben zu verstehen gegeben, daß Sie vermuthen, es werde diese Krankheit nicht gar lang dauren, weil Sie so viel Nachricht hätten, daß Er sich den Schlaff nebst Essen und Trinken gar wol schmecken lasse. Als 480 Viertes Buch / Siebende Abtheilung / Als nun die bestimmte Zeit kaum verflossen, hat sich ein Türk ein Seraskier begiebt sich nach der Säule. gefunden, und den Seraskier zu der Säule abgefordert, welcher auch in nachgesetzter Ordnung sich dahin verfügt: Jm VorTroupp gieng ein Haufen mit grüͤnen/ gelben und rothen Fäͤhnlein, davon die Träger ein von Atlaß gleichfärbiges Kleid an hatten; alsdann kamen zwischen den Chiausen 8. Trabanten, die sie Chatir, wir aber Heyducken zu nennen pflegen; hierauf folgten die Hand⸗Pferde, wie ich sie oben schon beschrieben, viertens die an dreyen Stangen fest gemachte Tug oder Roß⸗Schweife; endlich der Bascha oder Seraskier selbst auf einem prächtigen Pferd zwischen denen Chiodar oder seinen Bedienten, die alle weiß gekleidet waren, und einer auserlesenen Mannschaft; den Schluß aber machten zwey hundert unmittelbar hinter Jhm folgende Janitscharn zu Pferd mit zweyen Officiren / die sich durch ihre gewöhnliche Kleidung und rothe Mützen von denen andern distinguirt hatten. Aus diesen trugen ihrer sechse Schilder, und viere von ihnen waren mit Tyger⸗Häuten und von Gold reich gestickten Hauben bedeckt, die von den Tüͤrken Thuffenti genennt werden, und des Bascha Pferd führten: nechst hierauf zogen diejenige, deren Spießlein allerhand Bänder zierten / dann auch drey grosse Fahnen, und hinter diesen die Music, womit sich der ganze Aufzug geendiget: und in solcher Ordnung ist Er zu der äussersten Säule in gleichen Schritten mit dem Graf Oduyer gegangen, hat aber gleichwol von allen diesen Leuten nicht mehr, als was in dem Ceremoniel ausgemacht war / nemlich, nebst seinem Hof⸗Marschalk, zwoͤlf seiner Hauß⸗Bedienten, zwanzig Laqueyen, acht Chatir und vier Trabanten mit nehmen durfen; die andern hingegen alle schon vorher, und noch fuͤnfzehen Schritt vor gemeldter Saͤulen, wo die Vornehmsten von Pferden gestiegen, auch sechzehen Laqueyen nebst allen Heyducken und Trabanten zuruck gelassen, also daß Er zur mittlern Säulen ausser dem Hof⸗Marschalk, nicht mehr als zwöͤlf seiner Hauß⸗Bedienten / Unterredung des Graf Odyers und Seraskiers bey der Säulen.und vier Laqueyen gebracht. Indem Sie nun beiderseits hier zusammen gekommen, haben Sie einander gegrüsst, ihre Freundschaft bezeigt, und bis zur Ankunft der beiden Herren Groß⸗Botschaf tere / unterschiedliche Reden gewechselt; absonderlich aber hat der Graf Oduyer, der auf Seines Kaisers Vortheil jederzeit gar Bericht / was bis zur völligen Auswechslung passirt. 481 gar sorgfältig bedacht ist, die von dem Hof⸗Kriegs⸗Rath Jhm aufgetragene Commission, die gute Verständnuͤß zwischen beiden Reichen, nebst der Freyheit des Kauf⸗Handels / Sicherheit auf dem Wasser, und Nutzen der auf den Gränzen wohnenden Unterthanen nachdruͤcklich zu recommendiren, nach seiner beywohnenden Beredsamkeit weitlaͤuftig und auf das treulichste verrichtet / auch dabey allen Beystand versprochen; worinnen auch der Bascha hinwiederum hülfliche Hand zu leisten zugesagt. Letztens wurde der Herr Groß⸗Botschafter durch fuͤnf Chiausen erinnert, daß Er sich mit seiner Suite gleichfalls dahin begeben solte; welches Er auch unter Trompeten⸗ und Pauken⸗Schall / fliegenden Fahnen und übrigen Aufbruch des Herrn Botschafters nach derselbigen. Feld⸗Music in eben derjenigen Ordnung und Pracht / als wie vor einem Jahr, gethan, wobey Sr. Excellentz Hand⸗Pferde, deren zwoͤlfe an der Zahl waren, zum Theil im Teutschen / zum Theil auch im Türkischen Aufbutz erschienen. Sonsten ist diese Auswechslung derjenigen / so vor einem Jahr vorgegangen, in allem gleich gewesen / ausser daß wir anjetzo denen Unsrigen wiederum uͤbergeben worden/ da man uns jenesmal in der Tüͤrken Hände geliefert; und daß anjetzo der Botschafter Jbrahim wegen zugestossener Krankheit sich in einem Wagen hinfuͤhren lassen, da Er dazumal zu Pferd hieher gekommen; womit Er aber dasjenige, was Er vielleicht gehofft, doch nicht erlanget hat / daß nemlich unser Herr Botschafter eher als Er, die Erde betretten solte: dann so lang dieser mit den Fuß noch nicht auf den Wagen⸗Schemel getretten, hat sich der Unserige auch nicht in den Steig⸗Bügeln aufgerichtet, noch sich zum Absteigen fertig gemacht. Als nun die Herren Groß⸗Botschaftere Unterredung beider Herren Groß⸗Botschafter bey der Säulen. Sich bey der Saͤule niedergelassen und mit einander gesprochen, ist das grobe und kleine Geschuͤtz dreymal hinter einander loßgebrannt und die Bagage unterdessen auf andere Waͤgen gepackt worden; worauf Sich die Herren Botschaftere beurlaubt / zur Fortsetzung der Reiß einander felicitirt, und mit ihren Zugeordneten und Gefährten nach denen Jhrigen begeben. Nachdem wir aus dem Tuͤrkischen Gebiet in das Röͤmisch⸗Kaiserliche wieder übergetretten, haben wir viele Bekannte, so wol Manns⸗ als Weibs⸗Personen angetroffen / die dieser Auswechslung mit zu gesehen. Die Mannschaft, so zu unserer Sicherheit hieher geführt worden, be stun Ppp 482 Viertes Buch/ Achte Abtheilung/ stunde nur aus dem Montecuculischen und Vasquezischen Curassier⸗Regiment / aus dem Palfischen zu Fuß und den Baboyscaischen Husarn; kamen also der grossen Anzahl der Tür Stärke der beiderseits sich dabey eingefundener Mannschaft.kischen Soldatesca bey weitem nicht bey, sintemaln sich diese Mannschaft kaum auf 800. beloffen, da die Türken hingegen bis 2000. Mann stark gewesen; doch was an der Zahl abgieng, kunte der weit grössere Muth und Tapferkeit ersetzen: und sind sie von dem Obrist⸗Wachtmeister Kobilka und Marggraf Bota Wechselsweise, oder von dem einen in des andern Abwesenheit, commandirt worden. Die Freude / die wir hatten, als wir den Graf Oduyer mit seiner Mannschaft anmarschiren sahen / ist nicht zu beschreiben; und wäre selbige schon capable gewesen, uns mit Gewalt in die Freyheit zu setzen, wann man uns nicht gutwillig hätte entlassen wollen.

Achte Abtheilung.

Fortsetzung der Reise nach Belgrad. NAch diesen zuruck gelegten Ceremonien haben wir keine Ordnung mehr gehalten, sondern unter einander nach Parakin unsern Weeg fort gesetzt / woselbst der Adel nebst denen Vornehmern aus der Begleitung mit einigen Officirn vom er Graf Oduyer tractirt die Vornehmern aus der Botschaft.sten Rang, wie auch des andern Tags zu Jagodina, von dem Graf Oduyer praͤchtig tractirt worden. Es war bey unserer Ankunft schon völlig zur Tafel angeschickt, und haben die Tische nur auf die Gäͤste gewartet, welche alles / was das fruchtbare Servien und andere benachbarte Provinzen Niedliches besitzen, im Uberfluß gezeiget, so auch der Graf von seinem eigenen Geld angeschaffet, und nicht gestattet, daß deswegen denen Einwohnern und Unterthanen der Dem Kaiserlichen Hof berichtet der Hr. Botschafter die geschehene Auswechslung.geringste Unkosten gemachet wüͤrde. Zu Jagodina sind dem Herrn Botschafter zu Ehren öfters sechs kleine Feld⸗Stücke abgefeuert worden, welcher auch den Nachmittag den Freyherrn von Locher auf der Post nach Wien zu dem Kaiser abgefertigt, mit der Nachricht: daß den 16 Junj die Botschafter gegen einander wären wieder ausgewechselt und den Jhrigen übergeben worden. Man hat aber den Baron von Locher diese Commission nicht nur um der im zweyten Buch schon angezeigten Ursach willen aufgetragen, son dern Von dem Ort der Auswechslung bis nach Belgrad. 483 dern auch hauptsachlich darum / damit er das, weiß nicht von was füͤr einem Boͤßwicht, oder in was füͤr einem Absehen falsch ausgesprengte Geruͤcht, mit seiner Gegenwart wiederlegen moͤgte, wann er sich wiederum am ersten aus der Botschaft zu Wien sehen liesse. Es reisste mit Jhm zugleich ein Venetianischer Edelmann, Namens Bolduc, ab, so unweit Sophia mit einem Kaiserlichen Courier zu uns gekommen, und bis hieher bey uns verblieben, damit er die bey der Auswechslung vorgehende Ceremonien mit ansehen moͤgte, die er noch niemal gesehen, auch vielleicht ins kuͤnftige nicht mehr zu sehen bekommen wird; und in der Nacht darauf folgten der Graf von Thierheim und Bathyani / wie auch der Graf Oduyer selbst, als welcher nach Belgrad eilte, um zur Empfahung der Kaiserliche Botschaft noch ein⸗ und andere Anstalt vorzukehren, der aber Graf Oduyer hält öffentliches Gericht. noch den Tag vor seiner Abreiß, und zwar auf dem Abend, vor seinem Zelt oͤffentlich Gericht gehalten; sintemaln die Vorstehere der Provinz, so die Servier Knesen nennen, wider die Officiers der im Land liegenden Heyducken kläglich eingekommen / was massen sie ihnen wider die vom Koͤnig approbirte Reichs⸗Gesetze ihre Wie es mit den Einwohnern in Servien gehalten wird. Unterthanen wegnehmeten. Solches Statutum aber vermag, daß diejenige, so sich mit Wein⸗Berg⸗pflanzen und dem Acker⸗Bau ernehren wollen / wann sie nicht schon vorher Soldaten gewesen, bey dieser ihrer Verrichtung des Köͤniglichen Schutzes geniessen, und weder von denen Heyducken / noch jemand anders, auf einige Weise verhindert werden solten/ als worinnen des Kaisers und der Unterthanen Nutzen vornehmlich beruhet. Dann weil in denen Ländern des Königreichs Servien einen jeden so viel Land eingeräumet wird, als er durch sich und die Seinigen anbauen kan, und nur allein die Einwohner den Zehenden/ Tribut / Kopf⸗Geld / und andere Steuern erlegen, die Frohn⸗Dienste entrichten, und übrige gemeine Auflagen üͤber sich nehmen muͤssen, von welchem allen aber die Heyducken frey sind / so ist allerdings dem Kaiser und dem gemeinen Wesen daran gelegen, daß der Bauern Anzahl nicht vermindert, sondern vielmehr vermehrt werde, so wol, damit die durch den letzten Krieg einbekommene Länder desto besser angebauet / als auch die Anlagen desto erträglicher gemacht werden koͤnnen / wann ihrer viel darzu contribuiren muͤssen. Es wurden aber durch der Ppp 2 484 Viertes Buch / Achte Abtheilung / der Heyducken Officiers, welche die Knesen alle mit Namen hernennen, viele von den Jhrigen, so sie wiederum specificirten, mit Gewalt zu Soldaten weggenommen, welche doch bereit wären, zu ihrem Feld⸗Bau zuruck zu kehren, und Bauern abzugeben, Ausspruch des Graf Oduyers. wann man es ihnen nur zulassen wolte. Hierauf hat der Graf Oduyer / als ein Gerechtigkeit liebender Herr, nach abgehörten Partheyen und Erkänntnuͤß der Sache das Urtheil füͤr die Knesen gesprochen / und allen Officirn auf das schärfste anbefohlen / daß sie keinen Landmann, der nicht ein alter Soldat ist, wider seinen Willen bey den Regimentern behalten, oder ins kuͤnftige Dienste anzunehmen zwingen, vielmehr aber einem jeden ungeirrt bey seinem Acker⸗Bau lassen und ihre Compagnien lieber aus denen benachbarten Tuͤrkischen als den Kaiserlichen Unterthanen und LandsKindern zu ersetzen trachten solten: dieses seye Jhrer Roͤmischen Kaiserlichen und Catholischen Majestät ernstlicher Wille, welchen zu vollziehen Er mit Eid und Pflicht verbunden wäre, wolle auch wider die Verbrecher mit ernstlicher Straffe verfahren.

Als wir nun hier einen Tag ausgeruhet, sind wir weiter nach Potitschina / oder nach anderer Benennung, nach Battaschina, und von dar nach Hassan Bascha Palanka gekommen, aber an beiden Orten sehr übel logirt gewesen, weil wir keine Zelten mehr Baumwollen Zeug wird in Servien gemacht. bey uns gehabt; dann ausser dem, daß die Haͤuser in dieser Gegend die geringste Weitschafft nicht haben, findet man fast allenthalben Weber⸗Stühle, worauf Baumwollen⸗Zeug verfertigt wird, dessen die Einwohner in Servien zu aller Kleidung gebrauchen, wordurch sie aber eine unglaubliche Menge Floͤhe / Wanzen und anderes Ungeziefer herbey ziehen.

Den 2ten Junj / als wir von Potitschina aufgebrochen, ist der Weeg / wegen des die ganze Nacht und den vorigen Tag gefallenen Regens, so schlimm worden, daß die Pferde mit genauer Hassan Bascha Beschreibung.Noth fort kommen können. Was indessen Hassan Bascha betrifft / ist solches ein mit Pfählen gar schlecht versehener Ort, an welchem die Lepenitz, oder wie es die Leute daselbst nennen, Jossenitz, vorbey fließt: so gibt es auch daselbst einen in dieser Landschaft sehr bekannten Gesund⸗Brunnen / und ein Bad, das mit ei Von dem Ort der Auswechslung bis nach Belgrad. 485 einem doppelten Gewölb, wie fast alle Türkische Bäder, versehen ist / und welches vor Alters gar berühmt soll gewesen seyn. Allhier ist ein Courier mit Brieffen vom Graf Oduyer ange Courier von Belgrad. langt, den der Herr Groß⸗Botschafter mit der Antwort wieder zuruck geschickt, daß Er nach zweyen Tagen zu Belgrad seinen Einzug zu halten gedenke. Auf den vierten Marsch sind wir nach Kollar, von dar nach Krozka kommen / und haben also auf einmal zwey Tag⸗Reisen absolvirt, und bey damals klaren und hellen Wetter auf dem Weeg Semendria dißund Pensova jenseits der Donau liegen sehen; dabey wir einen hohen Wald fast bey zwey Stunden passiren muͤssen, dessen Laub von den Raupen / Käfern und Heuschrecken dermassen abgefressen war, daß man auch nicht ein Blätlein auf allen Bäumen sehen können.

Den 22ten dito sind wir / nach dem die schwehren Bagage Wägen in der Nacht voraus geschickt worden, gleich Früͤhe nach Belgrad aufgebrochen. Auf halben Weeg, wo sonst weder ein an gebautes Land, noch einige Einwohnere zu sehen waren, wird nun ein Dorf von Pfäͤlzischen Unterthanen angelegt, die wegen der von Dorf von Pfälzischen Untertha nen. Jhro Majestät auf viele Jahre verliehene Freyheiten von Hauß und Hof hieher gelocket worden, so daß sie in ihrem Vaterland al les verkauft und ihre Wohnung allhier aufgeschlagen. Sie haben Jhm den Namen Zweybruck gegeben / weil sich daselbst zwey Bruͤ cken befinden, und sind wir berichtet worden, daß noch mehr der gleichen Leute ihr Vaterland verlassen und sich hieher begeben, ist auch zu hoffen, es werden andere deren Beyspiel folgen, und wegen so viel und grosser Vortheile die von Einwohnern entbloͤssete Pro vinzen besezen. Endlich sind wir um zehen Uhr vor der Linie ange kommen, welche der vorsichtige und uͤber alles Lob weit erAnkunft der Bot schaft bey der Linie vor Bel grad. hobene Feld⸗Herr Eugenius bey der letzten Belagerung von un serer Armee ziehen lassen. Gleich bey deren Eingang præsentirte sich der Graf Oduyer, als Gräͤnz⸗Commendant, mit den vornehmsten Officiern aus der Besatzung zu Belgrad und dem daselbst befindEmpfang daselbst. lichen Adel, den aus der Tuͤrkey kommenden und sich der Vestung bereits nahenden Röͤmisch⸗Kaiserlichen Herrn Botschafter zu empfangen / den sie auch durch die Burgerschaft und Besatzung Kriegs Ppp 3 486 Viertes Buch / Achte Abtheilung / Kriegs⸗Gebrauch nach mit fliegenden und gesenkten Fahnen, klin genden Spiel und Rührung der Trommel die gewöhnliche Ehre bezeigt, und in die Stadt nach seiner Wohnung begleitet haben, allwo eine Granadier⸗Compagnie Tag und Nacht die Wacht ge halten. So bald des Herrn Groß⸗Botschafters Pferd den Fuß in diese Aussen⸗Werker gesetzt, hat man von dem obern und untern Schloß mit dreymaliger Lösung der hierzu bestimmten 60. ganzen⸗halben⸗ und Viertels Carthaunen den Anfang gemacht, und nicht ehe damit innen gehalten, bevor die ganze Botschaft in der Stadt und der Herr Botschafter in seinem Logis an gekommen.

Zu Belgrad sind wir wiederum zwey Tag liegend geblieben / damit für die künftige Reiß noch alles angeschafft werden kunte / in welcher Zeit wir / vermittelst der von dem Graf Oduyer gemach Brunnen zu Belgrad.ten Anstalten gleichsam ausserordentliche Faßnacht gehalten. Einige von uns sind nach dem Schloß hinauf gegangen, um denjenigen Brunnen zu sehen, so durch Roͤhren in die obere Vestung uͤber eine Stund weit geleitet wird; dann auch noch einen andern, so in Felsen gehauen, und zum Dienst der Besatzung versehen ist / wann etwan der vorige durch die Feinde abgegraben werden solte; anbey Nachricht von einigen BefestigungsWerken.diejenigen von Steinen aufgefüͤhrte Werker zu observiren/ die über der Donau und Sau mitten aus dem Wasser herfür scheinen / und die Gewalt des Stroms und dessen Aussteigen abhalten, als deren Fundament nun schon durch des Graf Oduyers unermüdeten Fleiß der Erden gleich stehen, und das übrige gar bald in Stand kommen kan / wann es die Witterung zu lassen und sich sonst kein Mangel zeigen wird. Es war die Aufrichtung derselbigen auch um deswillen hoͤchst noͤthig, weil von daraus die Vestung mit Stucken am bequemsten kan beschossen werden, wie sie dann von den Unsrigen wuͤrklich von dieser Seite beschossen und der Pulver⸗Thurn durch eine Feuer⸗Kugel angezündet worden. Die unter der Erden gebaute Gewölber / worinnen man das Pulver aufgehebt / und wovon wir schon im ersten Buch gedacht, werden noch über dieses durch ein vorder Gewoͤlb und vier aus Ertz geschlagenen Pforten und eisernen Gegitter verwahret, welches zulänglich genug, al le Von dem Ort der Auswechslung bis nach Belgrad. 487 le Feuers⸗Gefahr abzuhalten. Ohn weit davon gegen der ersten GesundBrunnen. Pforten zu der untern Vestung ist eine Quelle / so man die Heilige nennet, weil die Einwohner entweder aus der Erfahrung/ oder vielleicht aus einer Einbildung und Aberglauben davon persuadirt sind, daß sie das Fieber damit curiren koͤnnen, weswegen bey solcher sich täglich viele Leute aus weit entlegenen Orten einfinden, also daß der Commendant für noͤthig befunden, durch eine Wacht den allzu grossen Anlauf vom Volk abzuhalten, weil die Beschaffenheit des Orts dergleichen nicht wol zu lassen will. Hier siehet man von zweyen alten durch Minen in die Luft gesprengten Mauern eine so grosse Quantität von Steinen, daß man zwey Casernen davon aufbauen könnte. Wann aber die Teutsche⸗ und Raitzen⸗Stadt Fortification der Teutschen und Raitzen Stadt. nach der von Sr. Kaiserl. und Cathol. Majestät approbirten Zeichnung befestiget, und aus den gegenwaͤrtig hoͤlzernen Gebäͤuen steinerne gemacht werden sollen, damit sie der Vestung desto bessern Nutzen schaffen moͤgen, ist noͤthig, daß wir vorher auf bessere Zeiten warten / und die erschoͤpfte Schatz⸗Kammer mit einem guten Vorrath wiederum anfuͤllen: doch sind sie zur Zeit, auch denen Feinden zu Trutz / durch diejenige Werker, welche gleich im ersten Jahr der Ubergab, nemlich 1717. von der Sau bis an die Donau auf Anordnung des Commendanten mit ungemeiner Geschwindigkeit und mitten im Winter bey der groͤsten Kaͤlt angelegt worden, genugsam defendirt. Den ersten Tag nach unserer Ankunft fand sich gleichfalls der Kaiserliche Orientalische Courier Johann Georg Jarkowitz allhier ein, und brachte uns die Zeitung, daß ein bey dem Herrn von Dierling in Diensten gestandener Koch, Namens Franz / ein Türk worden, und den Namen Ahmed angenommen. Damit aber die Pforte oͤffentlich bezeigte, wie sie vor Ein Koch wird zu Constantinopel ein Türk. andern auf die Kaiserliche Unterthanen einen Regard habe / hat der Groß⸗Vizier den Kaiserlichen zu Pera sich aufhaltenden Residenten Nachricht geben lassen, wie sich jemand zu Constantinopel befinde, so sich füͤr einen aus der Roͤmisch⸗Kaiserlichen Suite ausgebe, und sich zu ihrer Religion bekennen wolle; er solte deswegen wen dahin senden, der einen Zeugen abgeben koͤnnte, daß er weder durch Bitte oder Verheissungen, noch auch mit Bedrohungen überredet worden / sondern sich aus eigenen Belieben dar zu 488 Viertes Buch / Achte Abtheilung / zu verstanden hätte. Als solches der Herr von Dierling vernommen, hat er alsobald Herrn Petrowitz/ einen Orientalischen Sprach⸗Knaben, dahin gesandt, welcher den thörichten Menschen sein Gewissen rühren, und ihn, wo moͤglich, wiederum auf rechten Weeg bringen solte; dann so viel Erlaubnis hatte er noch von dem Groß⸗Vizir erhalten, daß er, ob er gleich schon ein Tuͤrk zu werden versprochen, doch noch wieder umkehren könnte. Ermeldter Herr Petrowitz traf ihn eben vor der Thuͤr des Gerichts oder dem Divan an, und als er von denen die Seeligkeit betreffende Sachen eine weitläͤufftige Rede gehalten, hat jener ihn, als ob er schlief / zugehöret / auch endlich nicht laͤnger verziehen wollen, sondern sich oͤffentlich erklärt / daß er eben zu dem Ende zu Constantinopel geblieben / daß er ein Türk werden wolle, auch hierauf seine Kleider von sich geworfen, einen Türkischen Bund aufgesetzt, und sich im üͤbrigen als ein Türk gekleidet. Da nun die Zeit unseres Aufenthalts in der Türken nehmen die Christliche Religion an.Türkey kein einiger aus uns verlohren gangen / da hingegen 40. von der Türkis. Botschaft zuruck geblieben, und darunter nicht wenig Vornehme, hat es uns nicht wenig geschmerzet, daß dieser Gotts⸗vergessene Mensch erst nach unserer Abreiß zu dieser schäͤndlichen Secte uͤbergetretten. Am Tage Johannis des Täuffers wurde in der Jesuiter Kirche von Jhro Hochwürden dem Abt zu Domben hohes Amt gehalten / bey welchen unsere andere Priester ministrirten; und hatte sich die ganze Botschaft allda eingefunden / vor die glückliche Ankunft auf den Ungarischen Boden den Hoͤchsten zu danken: so ist auch das Ambrosianische Lob-Gesang von unsern Musicanten dabey angestimmet und von dem Volk nachgesungen worden.

Neun
Von Belgrad bis nach Wien. 489 Neunte Abtheilung.

DEn 25. Junj haben wir über die Sau gesetzt / und sind nach Woica gekommen / wo wir die Wagen verändert, und unsere Bagage auf der Bauern ihre geladen, welche vorher auf Rüst⸗Wägen gepackt gewesen; des andern Tags darauf aber setzten wir unsere Reise ferner gegen Jric, eine in dem Herzogthum Sirmien gar bekannte Stadt, fort. Als wir aus Abzug aus Belgrad. Belgrad weggezogen, sind wiederum, wie bey dem Einzug, zu beiden Seiten die Soldaten postirt gewesen; und so bald der Herr Groß⸗Botschafter den Fuß aus dem Hauß gesetzt / wurden alsobald zum erstenmal die Stucke geloͤßt, und damit so lang angehalten, bis wir zu der Brücke gekommen, woselbst es ein wenig still war / bis wir alle über den Fluß gesetzt hatten; in welchem Stuck unsere Feuer⸗Werker eine gröͤssere Vorsichtigkeit, als die Tüͤrken zu Unbedachtsamkeit der Türken zu Nissa. Nissa / gebraucht, welche letztere eben damals, als wir mitten auf der Brüͤcke waren, das gröͤste Feuer gemacht, ohne daß sie hätten denken sollen, wie die Pferde dardurch scheu werden und samt uns in das Wasser stüͤrzen duͤrften: nach solchem aber hat sich das Gebrassel der Carthaunen zum zweyten⸗ und drittenmal höͤren lassen. Der Graf Oduyer hat den Herrn Groß⸗Botschafter bis durch die jenseits der Sau angelegte Aussen⸗Werker mit vielen Obristen und Hauptleuten begleitet, allwo Er endlich von ihme Abschied genommen, eine glüͤckliche Reiß angewuͤnscht, und Jhm zwischen der Sau und Donau vergnügt fort reissen lassen / da er unterdessen sich mit den Seinigen wieder nach der Vestung begeben. Auf dieser Ebene kunte man die an einem Berg uͤber einander hangende fuͤnf Werker gar eigentlich sehen, welche die Vestung wieder allen feindlichen Anlauf in genugsamen Defensions-Stand setzen, zu Jrik ist der Obrist Tiller, Commendant zu Peterwardein / Commendant zu Peterwardein kommt dem Hn. GroßBotschafter entgegen. mit einigen Officiern zu dem Herrn Botschafter gekommen / und hat wegen glüͤcklicher Ankunft seine Gratulation abgelegt.

Jn dem nechst folgenden sechs Täͤgen sind wir erstlich auf Mitrowitz / eine nach dem Carlowitzer Friedens⸗Tractaten eingerichtete Gränz⸗Stadt, gekommen, die aber im vorigen Krieg von den Tüͤrken voͤllig zerstoͤrt und eingeäschert worden, haben Magne los Qqq 490 Viertes Buch, Neunte Abtheilung / los / oder nach anderer Benennung Magnelosvan / zur linken Seiten liegen gelassen, und uns weiter, einige uͤber Sido / andere über Ratintzo und Qucuevik / als den kürzten Weeg / nach Tavarnik begeben, allwo wir einen Rast⸗Tag gehalten, der nachgehends bey der Botschaft wegen zweyer Koͤche, die kaum auf den Füssen stehen kunten, und einem kurzweilichen Gefecht eines Manns mit einer Frauen sich gar merkwuͤrdig gemacht. Nach diesem wurde die Reise über Soͤtting nach Bokovar / von dar den 13ten Julj üͤber die über den Boko⸗Fluß geschlagenen Brücke Olmasch vorbey nach Villawerda / so ein sehr grosses und Volkreiches Dorf an der Drau ist, und wohin sehr viele Leute, sonderlich aber WeibsPersonen von Essek, uns zu sehen, gekommen, und endlich den 2ten dito nach erst bemeldten Essek selbst fort gesetzt.

Beschreibung der Vestung Esseck. Dieses Essek ist eine der vornehmsten Vestung in ganz Ungarn, deren Werker alle von Ziegeln aufgeführt sind, und so tief in den Graben liegen, daß sie bey nahe der Erden gleich kommen, dahero man von hier aus den Feind einen grossen Schaden in seinem Lager verursachen kan. Die Drav fliesset an vielen Orten durch den Stadt Graben, und sind jenseits derselbigen viele neue Werker ausgezeichnet, welche, wann sie einmal im Stande kommen, und der sich daselbst befindliche Morast wegen der daruͤber geschlagenen und in der ganzen Welt bekannten Bruͤcke, wegschaffen ließ, capable seyn wuͤrden, den Feind lange Zeit von einer formalen Belagerung abzuhalten. Dieselbige aber bestehet in nichts anders, als in vielen an einander gehenkten kleinen Brüͤcken, so dieses sumpfichte Erdreich bedecken und gleichsam ein festes Land daraus machen. Der Einholung daselbst. General Becker / als Commendant dieser Vestung, weil er lange Zeit krank darnieder gelegen, hat einige vornehme Officier nebst sei nem Eidam den General Petrasch dem Herrn Groß⸗Botschafter entgegen geschickt, welcher auch in Seinen Wagen gestiegen, und mit ihm nach der Stadt gefahren. Wir indessen haben bey unserm Durch⸗March die gewoͤhnliche Ordnung observirt, und mitten auf dem Markt sind 3. Bataillons von der Besatzung postirt gewesen / welche den vorbey fahrenden Herrn Botschafter erwartet/ der auch, so bald man Jhn von der Mauern sehen koͤnnen, mit Stüͤcken begruͤßt worden. Indem nun Se. Hochgraͤfliche Excellenz mit dem ersten Adel bey den Commendanten speißten, wurden die uͤbri gen Reise von Belgrad bis nach Wien. 491 gen von dem Herrn Kallenec/ Cammer⸗Vorsteher, tractirt, bey welchem sich auf dem Nachmittag der Herr Botschafter wegen alter Bekanntschaft auch eingefunden, da indessen die Wägen und übrige Bagage mit Schiffen auf die andere Seite der Drav gefüͤhrt worden. So lang der Herr Botschafter Sich hier in der Stadt befunden, hat vor des Commendanten Hauß eine Compagnie Granadierer die Aufwartung gehabt.

Von Esseck ist die Botschaft Nachmittag um 4. Uhr aufgeAufbruch von Esseck. brochen, und weiter hinauf nach Darda, nicht gar zwey Stund von erst bemeldter Stadt / gezogen; und ist dieses ein dem Grafen Veterani zuständiger adelicher Sitz, bey welchem ein Dorf liegt, Ein von Schwaben bewohntes Dorf. dessen Einwohner mehrentheils Teutsche, die im vorigen Krieg aus Schwaben herunter gekommen / und sich allhier nieder gelassen. Von Darda sind wir zwischen der Drau und Donau fort gegangen, und den 4ten dito auf Baranivar / ein dem Prinzen Eugenius zuständiges Ort, so in der dem Bischof zu Füͤnf⸗Kirchen gehörigen Grafschaft gleiches Namens liegt, und von dar weiter auf Mohaz / Zeth / Zichzard / einen wegen des vortreflichen Weins gar bekannten Ort, dann auf Medina / Simonthorn / Scephonie / Csikuar / Stuhl⸗Weissenburg / Mor Kisber, und endlich vermittelst einer langen und beschwehrlichen Reisen nach Raab gekomen. Allhier haben wir so wol, als zu Stuhl Weissenburg, nur in der Vorstatt logirt, damit wir uns desto fruͤher wiederum auf den Weeg machen konten. Wir haben auch in dieser Landschaft viele, so aus der Pfalz, dem Mainzischen und Trierischen gebürtig, wie auch Westphaͤlinger, angetroffen, welche die Gute und Fruchtbarkeit des Ungarischen Bodens hieher gelocket. Wo wir aber durchgezogen, waren Andere Teutsche Colonien. so wol die Vornehmste aus der Geistlichkeit / als auch die Unter⸗Gespan / Richtere / der Land⸗Adel und die zur Cammer gehörige befliessen, dem Herrn Groß⸗Botschafter die gebuͤhrende Ehre zu erweisen: zu Stuhl⸗Weissenburg und Raab sind die Stuͤcke dreymal gelöͤßt, die Besatzung auf die oͤffentliche Plätze ins Gewehr gestellt und drey Hauptmannschaften Husaren / die Botschaft einzuholen, commandirt worden; ja so gar auf dem Weeg gegen Kisber ist der Unter⸗Gespan der Grafschaft Comorrn/ Compliment von der Grafschaft Comorrn. der auch bey dem Gericht in diesem Palatinat Proto-Notarius ist, Herr Franz Szluha / mit noch einigen andern von dem Commen dan Qqq 2 492 Viertes Buch/ Neunte Abtheilung/ danten und der Grafschaft mit dreyen mit sechs Pferden bespannten Wägen dem Herr Groß⸗Botschafter entgegen geschickt, und Se. Excellenz mit folgenden Worten von ihm angeredet worden:

So steigt dann endlich / Hochgebohrner Graf und Kaiserlicher Herr Groß⸗Botschafter / das gedruckte Ungarn zu dem höchsten Gipfel der laͤngst erwuͤnschten Gluͤckseeligkeit/ da es nach so vielen grausamen KriegsVerwuͤstungen durch den von Eurer Excellenz gluͤcklich geschlossenen und confirmirten Frieden wiederum auf das neue belebt und erfreuet wird. Es kunten und solten auch durch niemand anders die Kriegerischen Triumphe mit dem hoͤchst⸗beliebten Friedens⸗Cranz geziert werden / als durch denjenigen/ welcher selbst das Martis ruͤhmlicher Nachfolger / ein grosser General und hoch⸗ansehnlicher Feld⸗Zeugmeister ist. Mag demnach billig das durch die Waffen erzeigte Kind/ und die aus dem Krieg gebohrne Tochter/ Friede genennt/ und für einen wuͤrdigen Sprossen eines so vortreflichen Kriegs⸗Helden gehalten werden. Jch will aber nicht weitlaͤuftig seyn; sintemaln diese so grosse Namen so wol mich / als diese loͤbliche Gespanschaft Comorrn / und durch dieselbige die gesamte Stäͤnde des Reichs/ nur in diesen erfreulichsten Zuruff ausbrechen heissen: Wann ich dich/ Virmond/ nenn/ hab ich sonst nichts zu sagen / Wer noch mehr wissen will/ mag Ungarn/ Oestreich fragen.

Einer Jüdischen Famille betrügliches Vorgeben.Eine Jüdische Famille, so kürzlich auf des Herrn Botschafters hohes Vor⸗Wort von dem Seraskier aus Nissa frey entlassen worden, weil sie vorgegeben, wie sie gesonnen / die Roͤmisch⸗Ca tholische Reise von Belgrad bis nach Wien. 493 tholische Religion anzunehmen / und deswegen ihren bisherigen Wohn⸗Sitz zu andern, hat sich nun zu Raab mit der Flucht heimlich davon machen wollen / ist aber wiederum ertapt und fest gesetzt worden, um ihr den gebuͤhrenden Lohn für solche Leichtsinnig⸗ und Unbeständigkeit zu geben: und als wir den 16. Julj zu Raab aufgebrochen / ist uns ein Holsteinischer Prinz, so durch Ungarn reissen und die Vestungen allda besehen wollen, auf der Strasse aufgestossen; wir sind aber noch selbigen Tag bis auf St. Niclas, ein dem Graf Zichi erblich zugehöͤriges Dorf und Schloß, gekommen.

Den 18ten dito hatten wir allhier Rast⸗Tag gehalten, und ist Frau Gemahlin und Fräulein Töchter des Herrn Groß⸗Botschafters kommen Sr. Excell. entgegen. die Frau Gemahlin des Herrn Botschafters mit ihren zwey Hoch⸗Gräflichen Fräulein Sr. Excellenz entgegen gekommen, ihren liebsten Gemahl und Geehrten Herrn Vater nach einer mehr als Jahrs⸗langen Abwesenheit wiederum zu umarmen. Sie hatten den Marggrafen Besora zu einem Begleiter, welcher Sie auch mit dem Graf Kuͤnigl des andern Tags, nachdem Sie samt uns Ungarisch⸗Altenburg und Weissenburg vorbey gefahren, von Nicolsdorf wiederum nach Wien gebracht hat. Den 20ten sind Brüͤck eine GränzStadt zwischen Oesterreich und Ungarn. wir nacher Brück kommen, so eine an der Leita gelegene Stadt ist, und im Lateinischen den Namen Lutipons vielleicht darum hat, weil dieser Fluß bey nahe mehr Schlam als Wasser führet. Sonst ist diese Stadt wegen der Gräͤnz / die Oesterreich von Ungarn scheidet, und auch wegen des daselbst angelegten überaus netten Garten des Graf Carl Harrach / der an Schönheit in ganz Oesterreich seines gleichen nicht hat, genugsam bekannt; und von hieraus haben wir uns nacher Schweched/ so auch eine von ihren vorbeyfliessenden Wasser benennte Stadt ist, begeben / und zugleich damit die letzte Tag⸗Reiß gemacht. Allhier siehet man noch die SäͤuSäule / wo Kaiser Leopold und der König in Polen zusammen gekommen. len, bey welcher der Kaiser Leopold / Glorwürdigsten Andenkens, und Johannes des III. König in Polen / die zwey gröͤsten Fürsten / nach glücklichem Entsatz Wien / einander zu erst entgegen gekommen und empfangen haben.

Von hieraus ist der Freyherr von Zweiffel in die Stadt ge Ankunft der Botschaft wird dem Prinz Eugenius zu wissen gethan. schickt worden, dem Prinzen unsere Ankunft zu bedeuten; andere sind anderer Verrichtungen wegen in die Stadt gegangen: darge gen Qqq 3 494 Viertes Buch / Neunte Abtheil. Reise von Belgrad rc. gen wiederum viele heraus gelaufen, ihre aus der Türkey angekommene Freunde zu sehen, als wornach sie laͤngstens ein grosses Verlangen gehabt.

Endlich sind wir den 22. Julj mit dem Herrn Groß⸗Botschafter gleich früͤhe von der Schweched aufgebrochen, und haben uns nach dem Garten der Augustiner auf der Land⸗Strassen begeben, woraus auch jenesmals unser Einzug den Anfang genommen; diejenige aber, so schon zuvor nach der Stadt gegangen, haben sich gleichfalls hier wieder bey uns eingefunden. Von dar die Einzug in Wien.Cavalcade nach der Favorita zu Jhro Majestät dem Kaiser und der regierenden Kaiserin / dann auch zu denen Durchlauchtigsten jüngst⸗ und aͤltesten Erz⸗Herzoginnen / und so ferner durch die Stadt nach der verwittibten Kaiserin Amalia und Dero Durchlauchtigsten Erz⸗Herzoginnen in gleichen Pracht und Ordnung, als in dem vorigen Jahr, genommen, zu letzt aber Se. Hoch⸗Gräͤfliche Excellenz der Herr Groß⸗Botschafter nach rüͤhmlichster Verrichtung, von uns nach Hauß begleitet worden.

Voll
Vollständiges Register aller in dieser Historie vorkommenden Namen und Sachen.
A.

ABdola Bascha. Bl. 198 Abdul Kadri Ghilani / Stifter, der Kadriten. 346 wie oft und stark er das Wort Ai ausgesprochen. 346 Abgeordneter (Türkischer) wie von unserm Botschafter empfangen. 49 Abreiß von Wien wird etwas aufgeschoben. 14 wann sie vor sich gangen. 15 Abschieds-Audienz bey dem Sultan. 379 bey dem Groß⸗Vizir. 421 Compliment des Botschafters. 422 Absetzung des Sultan Mustapha. 198 Abzug des Groß Vizirs nach der Audienz. 207 Adel / der erste gehet allein bis zur Säͤulen. 52 wird im Divan tractirt. 399 der Tüͤrken / woraus er bestehet. 95 Adler fliegt nach der Auswechslung vor der Botschaft her. 57 Adler-fang. 314 Adrianopel/ daselbst wird wegen der Pest Nachricht eingeholt. 127 Bewillkommung des Botschafters daselbst. 127. 437

Einzug. 128 Beschreibung. 128. 438 wann sich der Sultan allda aufzuhalten pflegt. 129 allhier wird Mustapha abgesetzt. 129 Aemter / deren unrichtige Austheilung. 141 Agiamoglani / wer sie sind. 184. 224 Ahli Bascha / dessen Pallast 413 Ahmed Bascha. 198 wird relegirt. 203 Ai / was es bedeutet. 346 Alcoran verbindet jederman zu Kriegsund Staats⸗Bedienungen. 140 wird von den Vornehmen schlecht beobachtet. 141 will auch den Feinden Glauben gehalten wissen. 142 Alexintza. 63. 472 Allicurs, Französischer Gesandter zu Constantinopel. 290 Allmosen-Stock zu Basardschick. 113 Almeide-Platz 183 Altäre / haben die Türken auser Mecha nicht. 102 Althan (Emanuel Graf von) 6 gehet nach Frankreich. 297 Altmann (Joh. Friedrich) Edel⸗Knab. 8 Amurath / Sultan / von wem er umgebracht worden. 196 Ancyra /

Register. Ancyra / (Erz⸗Bischof von) besucht den Botschafter. 230 dessen Bedienung und Einkommen. 230 Andacht grosser Herrn / wie beschaffen. 226 des Hauses Oesterreich. | 226 Andreas à S. Gertrude. 6 Anklag falsche eines Türken vor Gericht. 193 Antiquitæten / deren Liebhaber gehen oft zu weit. 109 vernichtete in Constantinopel. 270 sind noch viel in den Morgenländern anzutreffen. 275 zu Mustapha Bascha Palanka. 457 Ararath / ob der Berg / worauf Jsaac solte geopfert werden. 283 Arbeit / verrichten die Türken an allen ihren Festen. 28 Arcadius, dessen Säulen. 348 Archatiel / Kaiserl. Courier. 402 Arda / ein Fluß. 129 Armaroli (Anton) fliehet zur Botschaft. 132 Arme / ihnen wird am kleinen Bairam Fleisch ausgetheilt. 285 werden bey den Tuͤrken von den Kirchen⸗Einkünften erhalten. 318 Armee Türkische / wie bald sie kan zusammen gebracht werden 218 Armenier sind Betrüͤger. 63 dessen Gutwilligkeit gegen einem Sclaven. 365 einer wird enthauptet. 384 Ars Aglar. 259 Arsenal zu Constantinopel. 641 Aruth / böser Geist bey den Türken. | 114 Arzt (Leib⸗) des Sultans. 213 ihnen wird der Zutritt zum Tüͤrkischen Frauenzimmer verstattet. 359 Asien / den Leuten daselbst kommt der Teutschen Kleidung seltsam für. 391 Asperl / was einer gilt. 243. 386 Aßan / ein Prinz des Sultan Mustapha. 129 Aßan Firaly. 199 wird stranguliret. 203 Aßas Baschi. 223 Astchi. 184. 207. 224 Avazar. 22 Audienz bey dem Groß⸗Vizir. 171 bey dem Sultan. 183 Ordnung derselbigen. 186 davon müssen einige weg bleiben. 196 Zimmer des Sultans. 197 Aufbruch der Bagage-Wägen. 426 der völligen Botschaft. 427 erster aus dem Lager. 430 Aufruhr wird unter den Janitscharn entdeckt. 268 bestrafft. 268 Außem (Herman Adolph) 4 Auswechslung wo sie geschehen. 48 Ceremonien dabey. 49-55 warum bey der Heim⸗Reiß nicht zu bestimmter Zeit geschehen. 475 Auszug aus Pera. 428

B.

Baba. 135. 435 Babaeskisi. 135 Back (Major) 473 Bad Kais. zu Adrianopel. 446 Baden (Prinz Ludwig von) 37 Bäder warme. 79. 103 Baga Register. Bagage-Wägen / deren Anzahl. 52 Baja. 33 Baino / daselbst werden die Sclaven aufbehalten. 211. 417 Bairactares. 184. 20 Bairam grosser / der Türken gröstes Fest. 130. 215 wann es anfängt. 216 wie lang es dauret. 216 wie es gefeyert wird. 216 Aufzug darbey läßt der Botschafter abmahlen. 219 Lustbarkeiten dabey. 217. 227 kleiner. 283 Bakacs (Thomas Cardinal) 26 Baltagi. 184 Banaroja / Fluß. 63 Banga. 107 Banska. 112. 120 Baranivar / dem Prinz Eugenius zuständig. 450. 491 Basardschi / daselbst will man der Botschaft keine Quartier geben. 451 Bascha / wer damit angezeigt wird. 78 zu Sophia Jrrthum wegen der Abgeordneten von der Botschaft. 88 zu Babylon bringt seine Henker selbst um. 386 Bask Hasaki. 212 Bassurat / Gebürg. 844 Bathyani (Graf Carl von) 6. 77 Battaschina. 484 Bauer Asiatischer / dessen Curiosité 374 in Bulgarien jährlicher Tribut an die Pforte. 112 in der Türkey müssen ein halb Jahr frohnen. 112 aus einem Land ins andere ziehen. 112 Baum / so keine Vögel leidet. 107

Baum⸗Wollen in Servien verarbeitet. 484 Beber Baschi. 221 Bechtasch / Stifter der Janitscharn. 72 Becker / General und Commendant zu Eßeck. 490 Bediente der Botschaften / wie nahe sie der Säule kommen dörfen. 52 (Staats-) damit wechseln die Türken. 468 Begräͤbnuͤß / darüͤber kommen die Geistlichen in Streit. 274 -Ceremonie der Türken. 114 Beiglerbey / was es bedeutet. 78 Beischlaf verkehrter der Türken hindert an Kinder⸗Zeugen. 469 Belgrad Ankunft daselbst. 38. 485 Empfang des Botschafters daselbst. 38. 486 Beschreibung. 38. 486 Verrichtungen allda. 40 Abzug daraus. 489 Benier, ein Jesuit / bringt seinen Orden bey den Türken viel Vortheil zu wegen. 379 Bereuter. 8 Beschli. 236 wer sie sind. 237. 455 Besicktasch / des Sultans verschloßner Pallast. 266. 393. Besoldung der Türkischen Militz ist ungleich. 186 Besora (Johann / Marggraf von) 6. 77 reißt nach Frankreich. 282 Bet⸗Stunden / wie viel deren des Tags bey den Türken. 334 Bettlers⸗Graben (eine Jnsul.) 34 Betrug (betrogener.) 193 Beweiß der Türken in Glaubens⸗Sachen. 124 Bezesten / was es ist. 93. 367

Bie Rrr

Register. Bielinski (Michael Victor Graf) 6 Bild der Mutter GOttes läͤßt sich nicht wegschaffen. 310 verhilft Grichischen Mönchen zu Wasser. 118 wunderthätiges zu Selymbria. 147 Bilder der Menschen und Thiere warum die Tüͤrken nicht leiden. 102. 320 Bischof (Erz) zu Heraclea dessen Vorzug. 295 Bizehami / Stumme. 236 deren abgeschmackte Spiele. 239 wie sie den Mangel der Red ersetzen. 239 Bojana / ein Fluß. 89 Bokovar. 35. 490 Bolduc, ein Venetianischer Edelmann. 483 Bonac, Marquis, Französischer Gesandter. 154 Boots⸗Knecht / überlauft einen mit dem Messer. 384 Bosnaquoi / ein Fluß. 135 Bosphorium, woher es den Namen hat. 248 Bostangi. 184 einer wird erschlagen. 455 was er ist. 128 Bostangi Bascha. 214 zu Adrianopel verlangt des Botschafters Leib-Medicos. 133 dessen Visite bey dem Botschafter. 134 Bota, Marquis. 482 Botschaft / wird in Asien tractirt. 248 zum letztenmal im Namen des Sultans. 406 langt wieder zu Wien an. 494 Botschafter (Groß⸗) dessen Aufzug. 7

Botschafter / wo Er in der Burg abgestiegen. 10 wie weit Er begleitet worden. 11 wo man Jhn empfangen. 11 trctirt tractirt die Botschaft. 14 dessen Zug nach der Saͤulen. 50 Anrede an den Tüͤrkischen. 51 forscht an den Türkischen / ob er Schreiben an den Prinz Eugenius und Graf Oduyer bey sich habe. 53 dessen gefaßte Resolution hiebey. 54 warum Er die Türkische Vollmacht bey dem Paßarowitzer Frieden nicht erkennen wollen. 54 seine Ankunft den Türken angenehm. 58 nimmt jederzeit die Ober⸗Stelle ein. 58 dessen Visite bey dem Seraskier. 71 Anrede. 73 wär bald zu Schaden kommen. 136 läßt sich bey dem Groß⸗Vizir melden. 170 dessen Rede an den Groß⸗Vizir. 178 nimmt in einem Spanischen Mantel⸗Kleid Audienz bey dem Sultan. 183 protestirt wegen der im Divan angewiesenen Stelle. 191 dessen Rede an den Sultan. 205 über dessen Herzhaftigkeit verwundern sich die Tüͤrken. 207 besucht den Französischen Gesandten. 214 wird am Bairam von Hof aus beschenkt. 217 Bot Register. Botschafter besucht den Englischen Gesandten. 229 den Holländischen. 229 den Moufti. 229 gehet nach Pera / die angewiesenen Häuser zu besehen. 233 läßt den Groß⸗Vizir einige Jagd⸗ Vögel überbringen. 234 dessen moralische Discourse. 244. 477 verehrt den Groß⸗Vizir eine Flinte. 244 wird auf den Kaiserlichen LustHauß beschenkt. 262 besucht den Venetianischen Gesandten. 281 gehet nach dem Groß⸗Vizir. 281 tractirt die vier Gesandten. 287 dessen erhaltene Presente. 303 wird von einem Weib incommodirt. 305 läßt bey dem Groß⸗Vizir wegen Absterben des Kaiserl. Prinzens die Condolenz ablegen. 314 gehet in einen der sieben Thüͤrne. 310 besiehet die Sophia⸗Kirche. 314 dessen Resolution bey entstandener Feuers⸗Brunst. 361. 371 läßt den Topchi Baschi condoliren. 363 unterredet sich mit dem GroßVizir. 363 besucht den Mehemet Aga. 370 befindet sich übel auf. 373 besucht die Abgeordnete von Ragusa. 382 lößt einen vornehmen Sclaven von Neapolis aus. 383 beschenkt den ersten Tefterdar 383

Botschafter besucht den Janitscharn Aga. 394 nimmt Abschied bey dem Sultan. 397 wird im Divan tractirt. 389 dessen Abschieds⸗Rede vor dem Sultan. 400 erhaltenes Present von dem Sultan. 402 verehrt dem Sultan seinen LeibWagen. 404 bemüͤhet sich einige Mamelucken zu bekehren. 415 dessen lezte Visiten bey einigen Vornehmen des Türkischen Hofs. 418 divertirt sich mit dem Groß⸗Vizir nach niedergelegten Character. 423 trctirt noch zuletzt die Gesandten. 423 gehet zu einer Hochzeit. 423 läßt bey dem Groß⸗Vizir nochmal Abschied nehmen. 426 begiebt sich auf die Reiß. 428 wo Er zu Adrianopel logirt. 437 läßt sich bey dem Seraßkier zu Nissa anmelden. 467 gibt ihm die Visite. 468 läßt ihm eine Music machen. 475 den Türkischen Botschafter complimentirn. 476 ruͤhmt die Auffuͤhrung des Tüͤrkischen Hofs gegen ihm. 478 nimmt die Jhn im Namen des Sultans offerirte Zelte an 478 gehet nach der Säͤulen. 481 Türkischer / betritt bey der Auswechslung den Boden eher als der Unsrige. 50 dessen Namen. 54

Bot Rrr 2

Register. Botschafter Türkischer / hat Brieffe an den Prinz Eugenium und Graf Oduyer. 54 dessen Pferde und Cameele. 56 beschwehrt sich an seinem Hof über das Wienerische Tractament. 404 will die Visite bey dem Graf Oduyer nicht abstatten. 474 ihm die rechte Hand nicht einräumen. 474 läͤßt sich zu der Saͤulen fahren. 479 stellt sich krank. 479 erhält nicht was er mit seinen Fahren gesucht. 481 Brancova (Constantin) grausam hingerichtet. 311 Braut Grichische / ihr langsamer Gang zu der Trauung. 300 Breitenau (Herr von) gehet nach Frankreich. 297 Brief / der Türken wie von aussen beschaffen. 46 des Groß⸗Vizirs an den Botschafter sehr verbindlich. 157 des Röm. Kaisers und Prinzen Eugenii an den Groß⸗Vizir. 179 geheime des Türkischen Frauenzimmers. 443 Brinkman (Johann) Stallmeister. 2 Brooms (Jacob) Falken⸗Meister. 10 Brucken bey Saribrod. 87 schöne / von Mustapha Bascha erbaut. 125 Merkwürdigkeiten davon. 126 grosse zu Selymbria. 147. 149 zu Eßeck. 490

Brück / eine Stadt an der Leitha. 493 Brunnen / daran wenden die Tüͤrken viel Geld. 83 warmer. 111 Bulgar / deren Kleidung. 104 Bulgarien / dessen Gränze. 79. 107 Name. 79 Bund des Groß⸗Vizirs. 179 Bünde / türkische / von Holz geschnitten / damit werden die Brüͤcken geziert. 113 Burg / Abzug der Botschaft davon. 13 Burg⸗Platz Ankunft daselbst. 10 Burgas. 136. 435 Burumpampukli. 134 Burscheid (Freyin von) nimmt von ihren Hn. Gemahl Abschied. 18 Busbec (Augerius Gislenius) Kaiserl. Gesandter zu Constantinopel. 310 dessen Bericht von den Dervisch. 327

C.

Caab / was es ist. 285 Car⸗Wochen Andacht. 396 Caddare. 222 Cadence seltsame. 364 Cadi / wer sie sind. 85 Cadilescher. 189 in Europa der Vornehmste 190 Cämerlinge des Sultans schlecht disciplinirt. 399 Caftan / was es sind. 76 damit handeln die Juden. 76 wie viel bey dem Groß⸗Vizir ausgetheilt worden. 177 bey dem Sultan. 195 Caloyers, Grichische Mönche. 293. 294 Calvarie Berg bey Salankement. 37 Camber (Joh. Ludwig) Cassier. 4 Cameel

Register. Cameel / so den Alcoran nach Mecha getragen. 285 so dem Mahomet getragen / im im Paradeis. 343 Canal / an dessen Ufer stehen Stücke ge⸗ pflanzt. 210 Canzel des Apostels Pauli ob zu Phi⸗ lippopel. 449 Canzelisten. 3 Türkische. 178 Canzley (Türkische Reichs⸗) 178 Capa Agasi. 224 Capell / wo der Carlowitzische Frieden ge⸗ schlossen worden. 36 Capi Dervent. 87 Capigi / wer sie sind. 184 woran sie zu erkennen. 388 Capigi Baschi wer sie sind. 48 exequiren das Blut⸗Urtheil an den Vornehmen. 385 haben gutes Einkommen. 386 Capigilar Agasi / was er bedeutet. 465 Capigilerchijajasi. 196 Capistranus, ein Franciscaner. 6 Caprara / Röm. Kaiserl. Gesandter / in der Französ. Jesuiter⸗Kirche zu Constantinopel beygesetzt. 377 Capriza. 129 Capudan Bascha. 189 ihn besucht der Botschafter. 266 wird in seinem Amt bestättiget 303 letzte Visite des Botschafters bey ihm. 414 Beschreibung dessen Sitten. 415 Geschenke an den Botschafter. 417 Caradare / Fluß. 129 Caravansarai. 80 Cardona (Joseph Folk / Fürst von) ObristHofmeister bey der ältisten Kaiserl. Joseph. Prinzeßin. 12 Carischtran. 137. 435 Carnevals⸗Lust. 358

Cavallerie Türkische / derselbigen Unordnung. 50 Catacherif. 379 Cayali. 120. 448 Ceremoniell, dessen Einrichtung 40 daruͤber wird von den Tüͤrken eine Erklärung gefordert. 46 Cervi (Joh. Baptista) Zucker⸗Becker. 3 Chalcedonien in Asien besiehet der Botschafter. 301 wo jenesmals das Concilium gehalten worden. 302 Chalkali. 88 Chalveti / deren unterschiedliche Gattun⸗ gen. 346 Character eines Gesandten / wann bey dem Türkischen Hof angenommen und niedergelegt wird 423 Chaskoi 120 Bascha daselbst wer er ist. 120 ersucht den Botschafter um seinen Vorspruch bey der Pforten. 122 dessen Present an den Botschafter. 126 wird auf des Botschafters Vorspruch promovirt. 243 Chederles ein Heiliger bey den Dervisch. 342 Fabel davon. 342 Chesnegir Baschi. 221 Chiaoux Baschi / wer er ist. 171 dessen fehlgeschlagene List. 171 Chiausen / wer sie sind. 63. 172. 184 ihr gewöhnliches Geschrey. 125 Chiohadar Aga. 220 Chirmente / ein Dorf. 127 Christen / um deren Erledigung bemüͤht sich der Botschafter. 99. 115 wie ehmaln von den Türken genennt worden. 145 Ciroccum. 93

Closter Rrr 3

Register. Closter / der Grichischen Mönche 79. 118 deren Beschaffenheit auf dem Berg Sinai. 366 bey Philippopel von wem erbaut. 450 ob so reich als man vorgibt. 450 Cörper Heiliger / in der Patriarchal⸗Kirche zu Constantinopel. 292 Colocza / Schloß. 32 Colossus, eine Saͤule zu Constantinopel / Beschreibung davon. 350 zu Rhodis / wie schwehr er gewesen. 351 Colyers (Graf) Holländischer Gesandter zu Constantinopel. 159 Comödiant wird gehenkt. 455 unverschäͤmte. 410 Comödien von den Soldaten zu Belgrad agirt. 40. 43 Französische. 358 Grichische. 363 Italiänische. 374 Comorn / daselbst wird die Botschaft empfangen. 22 Beschreibung dieser Vestung. 24 Namen derselbigen / woher er kommt. 25 Rede des Unter Gespans an den Botschafter. 492 Compliment an den Türkischen Botschafter. 48 der Türken. 74 abgenöthigtes von einigen in dem Audienz-Zimmer. 205 Confucius, ob dessen Verehrung eine Abgötterey. 323 Constantinopel / Einzug daselbst. 159 Beschreibung. 163. 270 Constantinus Magnus. 349 Constanza (Theodosius) Kaiserl. Courier. 358 Corban / der Türken Opfer. 283

Credenz⸗Schreiben des Röm. Kaisers. 5. 11 Creuz Heil. dessen Erhöͤhungs⸗Fest celebrirt. 245 Csikuar. 491 Courier Kaiserlicher. 2 Curiosité unnuͤtze darf man betruͤgen. 109 Czaki / Cardinal / tractirt die Botschaft. 32

D.

Dänzer künstliche. 366 Darda. 491 Dardanellen. 168 Daravia. 303 Decken grosse / die Moscheen damit zu belegen. 100 Degen / dörfen zu Constantinopel nur die Bedienten bey der Röͤm. Kais. Botschaft tragen. 394 Deli. 236 eines seine ungesalzene Schwenke. 240 Delphinen. 263 Delicatessen der Tüͤrken worinnen sie bestehen. 149 Demerath (Franz Christoph Joseph von) 4 Dervisch / Türkischer Mönch. 42 deren Beschreibung. 325 Gelübde. 326 ob sie in Gemeinschaft der Güter stehen. 327 suchen ihren Glauben fort zu pflanzen. 327 deren Verrichtung. 327 sind Heuchler. 329 deren Kleidung. 329 sind Mag⸗Saamen Fresser. | 330 ihr Gottes⸗Dienst. 330 Danz. 331. 334 Devibakerdane. 44 Dia Register. Diamant Fabel der Türken davon. 123 Diebstahl / dem sind die Türken auch ergeben. 446 Dierling (Joseph von) Legations-Secretaire. 5 Dierna (Bertrand) Canzelist. 3 Dietrichstein (Gundacker Popo / Graf /) Obrist⸗Hof⸗Meister. 12 Dionysius, ein Lay⸗Bruder. 6 Divan zu Nissa gehalten. 76 wann einer gehalten wird. 183. 185 dessen Beschreibung. 185 Beysitzer desselben. 189 deren Authoritaet. 190 daselbst wird die Suite des Botschafters tractirt. 189 Process in demselbigen. 190. 398 Dodangi Baschi. 203 Dogan Baschi. 221 Dohlen / gibt es eine unglaubliche Menge zu Sophia. 95 Dolmetschen. 3 sind bey den Türken in grossen Ansehen. 156 dieser bey der Pforte verlangt eine Abschrifft von der Anrede des Botschafters an den Sultan. 156 Venetianischer / erkundigt sich wegen der bey der Botschaft befindlichen Sclaven ihrer Nation. 170 einer wird gehenkt. 188. 424 warum so viel eines gewaltsamen Todes sterben. 424 Sprichwort davon zu Constantinopel. 425 Dominicaner, dörfen ihre Kirche zu Galata nicht aufbauen. 379 Dorschäus (Andreas) Leib⸗Arzt. 3. 28. 128

Dosithæus, Patriarch zu Jerusalem / schreibt wider die Reformirten. 450 Dragoman / daselbst werden die Teutschen jenesmals von den Tüͤrken überfallen. 87 Dreschen / in der Türkey mit Ochsen. 135 Drey⸗Fuß des Apollo. 352 Driesch(Gerard Cornel) 3 wie er zur Abschieds⸗Audienz bey dem Sultan gekommen. 399 Drit (Caspar) Edel⸗Knab. 8 Druckerey haben die Tüͤrken nicht/ warum? 326 Dumasrambois, Französischer LeibArzt zu Constantinopel. 275 ein Liebhaber der Antiquitaete. 276 Duschtina. 82

E.

Ebrictar Aga. 220 Edel⸗Knaben. 8 Edelleute. 4 Edrene. 128 Efendi / deren Prædicat. 192 Ehebrecherin wird von ihrem Mann umgebracht. 421 Ehr⸗Geitz ausserordentlicher eines Bascha. 126 Einführung zur Audienz des Sultans. 196 Einwohner um Saribrod von allen Tribut befreyet. 87 Einzug in Wien. 1 zu Sophia. 95 zu Constantinopel. 159 diesen soll auch der Sultan und Groß⸗Vizir mit angesehen haben. 162 Eisen / auf dem Widoscha⸗Gebürg gegraben. 104 Eisen

Register. Eisen / bey der Trajanischen Pforte. 110 Ejup. 163 Emir / wer sie sind. 97 werden durch ihre Menge verächtlich. 97 deren Freyheiten. 97 Respect vor ihren Bund. | 98 sind Sodomiten. 98 treiben den Menschen⸗Handel. 98 Engelländer / womit sie in die Türkey handeln. 190 Englische Nation zu Adrianopel kommt dem Botschafter entgegen 437 Epigramma an einer Säulen zu Constantinopel. 350 Erb⸗Recht bey den Türken. 193 Erdbeben. 61 Erdöd / Stamm⸗Hauß der Grafen Erdödi und Palfi. 34. 35 Erdödi und Palfi von einerley Stamm. 34 Erz⸗Herzoginen / verstatteter Hand⸗Kuß daselbst. 12 (Josephinische) sehen den Abzug der Botschaft. 15 Eselin / worauf der HErr Christus geritten / soll im Paradeis seyn. 343 Eski Baba. 135 Eskikali. 253 Esseck / Beschreibung dieser Vestung. 490 Einholung daselbst. 490 Esterhasi (Graf Anton) ist in sieben Thürnen gefangen gesessen. 313 Eugenius (Prinz) dessen Verdienste werden gepriesen. 41 Jhm wird die Ankunft der Botschaft vermeldet. 493 Euladi Resuli. 97 Euphemia / Heilige / deren Cöͤrper in der Patriarchal⸗Kirche zu Constantinopel. 292

Euphemia / Heilige / deren Grab bey Chalcedonien. 302 Eurich (Ferdinand) Canzelist. 3 Execution an einem Armenier zu Pera. 384

F.

Fahne des ersten Adels. 7 des zweyten Adels. 4 der Leib⸗Wacht. 9 Famille Türkische veräͤndern ihre Wohnungen. 120 Farb grüne / ein Zeichen der Nachkömlingen Muhamets. 97 Farfouri. 241 Fasten / halten die Türken nur bey Tage. 130 der Grichen. 392 Fasten⸗Predigten. 375 Feinden / sollen die Türken vermoͤg des Alcorans Glauben halten. 142 Feldscherer Christlicher / zu Adrianopel. 131 Fenster in der Türkey wie beschaffen 91 Ferman / was es ist. 281 Ferriol, Französ. Gesandter / dessen besonderer Humeur. 155 Affaire mit dem Türkischen Hof. 172 Feuers⸗Brunst grosse zu Constantinopel. 172. 300. 370. 395 was deren Ursach. 172. 372 ist merkwüͤrdig / daß so wol bey dieser als der vorigen Gesandtschaft dergleichen entstanden. 171 Feuers⸗Gefahr im Lager unter Weegs. 106 Feuer⸗Werkers zu Belgrad Unglück 39 Fezoula Efendi. 198 dessen gewaltsame Hinrichtung. 201 Fezoula

Register. Fezoula Efendi / seines Tods Ursach. 202 dessen Begräbniß. 202 ist ein fruchtbarer Vater. 202 ein grosser Christen Feind. 202 Finger⸗Nägel / wie das Frauenzimmer in der Türkey färbt. 138 warum? 138 Firdefs Effendi. 192 Fischament / dessen Lage. 16 Fischerey übel bestellte. 85 Flaggen R. Kaiserliche Abriß davon dem Türkischen Hof communicirt. 404 Flinten / Unglück damit. 33 Födwar. 32 Fonseca, Leib⸗Arzt der Wallachischen Fürsten. 395 Fräulein des Herrn Botschafters begleiten ihren Herrn Vatter. 16 Franciscaner zu Adrianopel / ihr Aufzug. 131 Franciscus, Heiliger / in dessen OrdensHabit muß man in das gelobte Land reisen. 233 Franke (Philipp Wilhelm.) 4. 95 Franken werden von den Tüͤrken alle Ausländer genennt. 246 Frankenberg (Niclas) Apothecker 3 Frau Wallachische barmherzig gegen zwey Sclaven. 135 Frauenzimmer / eines übel bezahlte Curiosité. 266 des Sultans gehet im Garten spatzieren. 288 darf niemand betrachten. 288 Grichisches / deren Aufbutz. 297 Kleidung. 298 Türkisches bekommt jemand aus der Botschaft zu sehen. 359 des Sultans / Wohnung. 741 kommt nicht oft zusammen. 441

Franzos / vornehmer / wird ein Türk 419 womit sie nach der Türkey handeln. 350 Freytag / der Türken wöchentlicher Sabbath. 285. 334 Fremde verrichten der Türken Geschäͤfte. 94 Freuden⸗Bezeugung bey der Auswechslung. 55 pflegen die Tüͤrken bey der Geburth ihrer Prinzen und Prinzessinnen nicht anzustellen. 286 Früchte / soll man nicht aus der Stadt ins Lager bringen. 208 Früh⸗Stuck bey dem Einzug in die Stadt Constantinopel. 160 dabey werden Stüͤhle gesetzt. 160 Fuchs⸗Belz schwarze verehrt der Röm. Kaiser den Sultan. 403 Fuhrmann stirbt gähling. 159 wird vom Wetter erschlagen. 454 Fürst Wallachischer zu Constantinopel grausam hingerichtet. 311. 312 Funduklu. 249. 393 Futack. 35 Futter / daran findet sich zu Nissa Mangel. 467

G.

Galata. 211. 241. 273 Garten der Augustiner bey Wien / daraus ziehet die Botschaft nach der Stadt. 1 Kaiserl. zu Adrianopel schlecht beschaffen. 133 auf solche pflegen die Türken viel zu wenden. 134. 253 Gastmahle verschwenderische. 242 Gauckler.

Sss

Gauckler ungeschickter. 409 geschickter. 469 Gebäu / die ihrige wollen grosse Herrn geehrt wissen. 220 Gebegi. 184 sind Anführer der Rebellen. 198 Gebeine der Heiligen ums Geld verkauft. 294 Gebrai / der Türken guter Engel. 114 Gedult / Schlüssel zum Himmel. 143 Gefangene werden von dem Groß⸗Botschafter abgefordert. 211 werden loß gelassen. 280 was für welche in die sieben Thürne gelegt werden. 311 werden bey dem JanitscharnAga dem Botschafter zu Ehren loß gelassen. 418 auch andere werden frey gegeben. 396 Geilheit der Türken. 214. 382 Geistlichkeit / bey dem Einzug. 5 Geistliche / bey den Grichen mit Auflagen beschwehrt. 293 Ordnung derselbigen in der Grichischen Kirche. 294 darinnen kan kein verehlichter zu vornehmen Aemtern kommen. 294 die weltlichen dorfen einmal heyrathen. 294. 295 Aemter werden ums Geld erlangt. 293. 294 Geld / damit schmücken sich die Bulgarischen Weibs⸗Personen. 105 wird an dem Bairam ausgeworfen. 224 Geleid / wird dem Botschafter wegen Unsicherheit auf der Strassen gegeben. 453 Gemahlin des Groß⸗Vizirs / wer sie ist. 174

Gemahlin eines Bascha von ungemeiner Schönheit. 360 des Holländischen Gesandten eine Grichin. 63 des Groß⸗Botschafters kommt ihren Herrn entgegen. 493 Gemeni / was es sind. 62 Georg / Heiliger bey den Grichen / lächerlich vorgestellt. 292 Gerit / eine Art Pfeile. 237 Gesandter muß attent seyn. 241 (Türkischer) wartet lange Zeit zu Nißa. 35 ist nicht so viel als ein Seraskier. 474 denen ausländischen zu Constantinopel wird des Botschafters Ankunft berichtet. 154 zwischen ihnen sucht der Botschafter den Præcedenz-Streit zu vermeiden. 154 (Französische) dessen GegenCompliment an den Botschafter. 155 ihme wird ein loß⸗gekaufter Sclav von der Botschaft praesentirt. 159 besucht den Botschafter. 181 verlangt den Teutschen Adel zu sehen. 182 sammlet für die Königl. KunstCammer Antiquitæten. 371 dessen Anstalt bey einer FeuersBrunst. 371 Kaiserl. soll ehedessen zu Constantinopel gestorben seyn. 309 (Englisch⸗ und Holländische) Gegen⸗Compliment an den Botschafter. 158 besuchen Jhn. 211 Gesand Register. Gesandte (Holländische) wird von dem Botschafter mit einem Zug Pferde beschenkt. 264 (Venetianische) kommt zu Constantinopel an. 231 läßt den Botschafter seine Ankunft wissen. 232 wird von dem Botschafter durch Abgeschickte complimentirt. 233 hält seinen Einzug. 271 wird von einigen aus der Röm. Kaiserl. Botschaft begleitet. 274 darf nicht durch die Stadt ziehen. 274 tractirt die von den andern Botschaften. 274 Audienz bey dem Sultan und Groß⸗Vizir. 279 dessen Name. 282 besucht den Botschafter. 282 gibt bey dem Aufbruch der R. Kaiserl. Botschaft das FrühStück. 427 (Moscowitische) ihm läͤßt der Botschafter seine Ankunft wissen. 209 dessen bedenklichs Gegen⸗Compliment an den Botschafter. 200 nehmen von dem Botschafter Abschied. 421 tractiren ihn. 423 Gesandtschaft / von deren Vorzug urtheilt ein Venetianer falsch. 281 die ausländischen begleiten die Botschaft. 428 Geschenk seltsames derer zu Sophia an die abgeschickte Edelleute. 96 der Türken insgemein. 96 des Röm. Kaisers werden ausgepackt. 159

Geschenk des R. Kaisers vor den Sultan gebracht. 206 werden verkauft. 206 jährliche des Sultans nach Meccha. 284 des Sultans womit es sich vor andern distinguirt. 402 (Hochzeit⸗) bey den Grichen 300 Geschirr / silberner und guldener doͤrfen sich die Tüͤrken nicht bedienen. 161 Geschlechter / darein sind noch einige Raitzen eingetheilt. 85 Geschrey / eine bey den Tüͤrken gewöͤhnliche Ehren⸗Bezeugung der Baschen. 57 Geschütz / da an fehlt es den Türken nach dem letzten Verlust. 456 Gespenster erschrecken einige der Unsrigen. 264 was die Tüͤrken davon halten. 265 Gespräch moralische des Herrn Botschafters. 122. 142. 143 Getraidt wie man in der Tüͤrkey austrischt. 135 Gewehr / dem Teutschen streben die Tüͤrken sehr nach. 63 solte man nicht an die Türken verkaufen. 64 muß die Botschaft im Hof des Kaiserl. Serralliens ablegen. 185 warum niemand damit in den Kaiserl. Pallast gelassen wird. 197 Gieß⸗Hauß bey Constantinopel. 210 abgebrandt. 360 der dardurch verursachte Schaden. 363 Gilid / eine Art türkischer Pfeile. 237 Glimberg (Christian Philipp von) 4 Glocken /

Sss 2

Register. Glocken / warum die Türken in ihren Kirchen nicht haben. 321 Glückwunsch Türkischer. 184 Gnade GOttes / warum denen Menschen und nicht denen gefallenen Engeln ertheilt. 143 Godschalk (Johann) Dolmetsch. 3 Görtz / Dolmetsch. 290 wird krank. 215 stirbt. 228 Götzen⸗Bild der Pallas. 276 GOTT des Drey⸗Einigen gedenkt der Botschafter in der AbschiedsRede an den Sultan. 401 Gottes⸗Dienst / wie die Türken darzu ruften. 225 Grab / darein wird bey den Türken nur eine einige Person gelegt. 113. 169 wie solches eingetheilt ist. 114 in was für einer Positur die Tüͤrcken hinein gelegt werden. 114 Gräber der Türkischen Kaiser und Kaiserinnen. 323 Grab⸗Schrifft flattirende auf des ckely Gemahlin. 381 Grab⸗Stein / deren unterschiedliche Arten bey den Türken. 114 Gran / Ankunft daselbst. 25 Schloß. 26 Kirche. 26 Häuser. 27 Gränz gegen die Türkey. 49 Commendanten gehen zu erst zur Säulen. 50 Gratulation wechselsweise der Gesandsandten zu den Christ⸗ und NeuJahrs⸗Ferien. 359 Grelot, ein accurater Zeichner der Sophien Kirche. 324 Groß⸗Mejer (Christian) Ober⸗Koch. 10

Groß⸗Vizir / dessen Gegen⸗Compliment an den Botschafter. 154. 155 Geschenke an den Botschafter. 156 dessen Anerbieten mit klingenden Spiel in die Stadt zuziehen wird von dem Botschafter nicht wol aufgenommen. ertheilt wider die Gewohnheit den Botschafter auser Constantinopel Audienz. 170 wer er ist. 171 Audienz des Botschafters bey demselben. 171 dessen Pallast. 173 ist ein Eydam des jetzigen Kaisers. 174 empfängt bey der Visite niemand als den Moufti. 177 dessen Unterthänigkeit vor den Sultan. 77 Beehrung von andern Grossen. 177 Beschreibung dessen Person. 179 hört des Botschafters Rede ste hend an. 180 dessen Geschenk an den Botschafter. 180 ist seines Lebens niemaln sicher. 201 dessen Beantwortung auf des Botschafters Rede im Namen des Sultans. 206 dessen Aufzug an dem Bairam. 221 grüsset die Janitscharn. 221 den Botschafter im Vorbeyziehen. 221 besucht den Botschafter im Lager. 234 tractirt ihn daselbst auf einen Kaiserl. Lust⸗Hauß. 235 Groß⸗

Groß⸗Vizir / dessen Leib⸗Wagen. 235 Wohnung zu Frühlingsu. Sommers⸗Zeit 249 ist ein guter Schütz. 261. 408 dessen Sohn kommt zu den Schau⸗Spielen. 262 läßt den Botschafter auf die Jagd führen. 263 schickt den Botschafter Geschenke in seine neue Wohnung. 275 zeigt den Botschafter seiner Gemahlin Bad. 281 gibt dem Botschafter von dem Tod des Kaiserl. Prinzen Nachricht. 306 hat nicht nöthig / wegen entstandener Feuers⸗Brunst sich jenseits des Canals zu begeben. 361 sucht den Topchi Baschi wegen des abgebrandten Gieß⸗Hauses zu trösten. 361 ist ein Rechts⸗Verständiger. 399 darzu werden oft geringe Leute genommen. 399 ihm begegnet ein merkwüͤrdiger Zufall im Schiessen. 408 beschenkt den Botschafter zu letzt. 421 sieht den Auszug der R. Kaiserl. Botschaft mit an. 429 Grublian. 102 Gruß / will der Türkische Botschafter dem R. Kaiserl an seine Gemahlin nicht auftragen. 56 Güter / der Verbannisirten / geht der Sultan an sich. 137

H.

Haan / was es ist. 80 grosser zu Jenihaan. 140 Haan / prächtiger zu Basardschick. 113 zu Usundschova und Harmanli. 125 zu Hapsa. 135. 436 in Asten Einkünfte derselbigen. 139 woher sie den Namen bekommen. 140 dieses Wort bedeutet einen Köͤnig. 137 Haasen / deren Menge. 145 Haasen⸗Hexerey. 436 Hamus, ein Berg. 107 Häuser in Sclavonien deren Beschaffenheit. 35 zu Sophia / wie eingerichtet. 90 grosses für den Botschafter. 92 zu Grublian schlecht beschaffen. 103 zu Basardschick wol gebauet. 113 Hali Aga Czeschma. 120 Halvadgi. 184 Hand / welche bey den Türken die vornehmste. 58 bey den Grichen. 300 ⸗Kuß (Kaiserl.) wer darzu gelassen worden. 11 Handlung / florirt stark zu Sophia. 93 deren Nachtheil daselbst durch Wegnehmung Belgrad. 94 grosse zu Basardschick. 113 Hapsa. 135 Harem / was es ist. 174 Harmanli. 125. 448 Harrach (Graf Carl.) 493 Hasaki Sultana. 212 Haskoi. 135 Hasodä / wer sie sind. 160 warten im Kaiserl. Lust⸗Hauß dem Botschafter auf. 160 Haßan Bascha Palanka. 44. 484 Haueisen (Joh. Gottl.) Speiß⸗Meister 3 Sss 3 Hau Register. Haufen aufgeworfene in der Türkey was sie bedeuten. 116 Haußhaltung der Baschen / wem solche anvertrauet ist. 414 Hauß⸗Knecht stirbt. 283 Hazeln gibt es zu Sophia sehr viel. | 95 Haznadar Baschi. 224 Haznadar Tschiflick. 149 beziehet der Botschafter. 150 Beschreibung davon. 151 Heckman (Joh. Heinrich) Secretaire. 3 Hegira / was es bedeutet. 340 Hepipcze / ein Fluß. 125 Herackle. 146 Heræus dessen Auslegung einiger Inscriptionen. 459 Herberg Türkische. 80 Heyducken. 8 einer fällt ins Wasser. 33 Hippodromus. 220. 349 Hochzeit der Bulgarn. 106 Grichische. 297 Hörte (Georg. Joh. Raban Gottlob von) 6 Holländer / womit sie nach der Türkey handeln. 390 Holz / von der Arche Noah in der Sophia⸗Kirche aufbehalten. 322 Holzbauer (Swibert) Capell⸗Meister. 3 (Franz Alexander) Edel⸗Knab.) 8 Holzman (Urban) Uhrmacher. 3. 78 Hostien consecrirte stiehlt ein Sclav. 231 Huberts⸗Tag gefeyert. 288 Hulin (Daniel Lampert) Leib⸗Medicus. 3. 28. 127. 128 gibt sich grosse Mühe wegen der Kranken. 231 Hund (Jagd⸗) deren Geschwindigkeit. 119 Gestalt. 119 sind ehmaln die Christen von den Türken genennt worden. 145

Hund der sieben Schläfer soll im Paradis seyn 343 Hunds⸗Hoten (Bohnen) deren Würckung. 213 Hut grosser der Bulgarischen Weiber. 105

I.

Jabrowitz. 111. 453 Jagodina. 4 daselbst tractirt Graf Oduyer den Adel auf der Ruck Reiß. 482 Jahr⸗Märkte zu Meccha. 284 Jahr⸗Rechnung der Türken. 340 Jahrs⸗Zeiten die vier findet man auf dem Widoscha⸗Berg. 103 Janitschar / deren Muthwill. 62. 70 mausen gerne bey entstandener Feuers⸗Brunst. 63. 372 bezeugen ihren Verdruß üͤber die Teutsche. 67 ihre Schmäͤh⸗Worte. 68 die zu Nissa wollen eine Aufruhr wider die Botschaft anstiften. 70 geben Vorkäufer ab. 94 sind dem Botschafter zur Wache zu gegeben. 97 prognosticiren keinen dauerhaften Frieden. 70 sind Vollsäuffer. 71 nicht in einerley Farb gekleidet. 71 deren Tracht. 71. 162 Stifter. 72 tragen ihre Geld⸗Säcke heim. 208 ihr Gefängniß. 210 wie viel ihrer zu Constantinopel. 218 im Reich. 218 warum sie haben rebelliren wollen. 217 Janit Register. Janitscharn / deren Reverenz gegen den Sultan. 225 einer will beichten. 397 ihnen wird Reiß ausgetheilt. 398 dabey wird ihr Wol⸗ oder Mißvergnüͤgen abgenommen. 398 sind zur Aufruhr geneigt. 398 wollen ihres Officiers Hauß stürmen. 403 einer kommt unverschuldet in Lebens⸗Gefahr. 408 der Verbrecher Desperation. 412 einer verehrt den Botschafter zwey Rehe. 472 (junge) woran sie zu erkennen. 128 Janitscharn⸗Aga / dessen zu Nissa Present an den Botschafter. 69. 75. 76 dessen Anrede an Jhn. 75 Rang. 188 zu Constantinopel wird in seinem Amt bestättiget. 394 Beschreibung dessen Sitten. 419 ist ein Mameluck. 419 gehet oft verkleidet durch die Stadt. 419 Janum Hodgia räͤchet sich wegen des erlittenen Schimpfs. 387 Jarkowitz (Joh. Georg) Orientalischer Courier. 2. 487 Jaroch (Jacob) Trompeter. 2 Jbrahim / Groß⸗Vizir / stiftet so viel Haan / als Tag im Jahr. 137 dessen Verdienste. 137 Belohnung und Freyheit. 137 läßt seinen Sohn hinrichten. 140 von dessen Nachkommen ist noch ein einiger übrig. 137 wo sich derselbige aufhäͤlt. 140 der heutige Groß⸗Vizir. 153 Ichoglans. 184. 224

Jchteman. 104. 453 Jeinikoya. 209 Jeneakenscheli. 135 Jenihaan. 104. 453 Jenimakeloi. 448 Jeschewitz. 38 88 JESUS / unser Heyland / was die Türken von Jhm halten. 99. 101 was sie von Jhm dichten. 123 Jesuiten / haben eine schöne Kirche bey Constantinopel. 379 Jhlianch. 88 Jhliman. 104 Jllock / ein Markflecken. 35 Jmam / deren Verrichtung. 225 Installirung. 226 Examen. 226 Jmhof (Anton Jgnatz) 4. 77 Jnkingi Hasaki. 213 Inscription, schmeichlerische eines Fran⸗ zösischen Mönchs. 380 zu Mustapha Bascha Palanka 458 Insecten im Wasser. 389 Insul (Mönchen⸗) 33 (Brigitten⸗) 33 (Bettlers Graben) 34 Invention einfältige der Grichischen Comödianten. 366 Johannes (König in Polen) dessen Niederlag. 27 Josephus à S. Maria. Jric. 489 Jrr⸗Licht halten einige für die Pest. 76 Isaac / die Gedächtniß dessen Auf⸗Opferung von den Türken gefeyert. 283 Jscha / ein Fluß. 89 Jskaro / ein Fluß. 102 Jud / Gespräch des Botschafters davon. 99 betriegender wird bezahlt. 194 Jüdische

Register. Jüdische Famille will durchgehen. 492 Jugend / besondere Art dieselbige zu züchtigen. 452 Jungfrauen Bulgarische lassen sich nicht viel sehen. 105 Dorf. 111 Justinianus (Kaiser) ob die SophiaKirche zu Constantinopel erbaut. 317 dessen Bildniß haben die Türken eingeschmelzt. 351

K.

Kadriten / deren Beschreibung. 345 wägen ihre Speise nach einem Holz ab. 345 deren geistliche Ubung. 345 Kleider. 345 Ursprung 345 Gottes⸗Dienst. 347 unsinnige Gebärden. 347 nächtliche Andacht. 347 Kadune. 216 Kaiser (Röm.) wie Er die Botschaft zu dem Hand⸗Kuß admittirt. 11 Dessen gnädiges Belieben an Seines Botschafters Aufzug. 13 Dessen Namens⸗Tag wird von der Botschaft celebrirt. 288 Kaiserin (regierende) verstattet der Botschaft den Hand⸗Kuß. 12 (verwittibte ältere) Hand⸗Kuß daselbst. 12 Nachricht von Dero höchstseel. Absterben. 373 (verwittibte jungere) Hand⸗Kuß bey Derselbigen. 12 Kalibi / was es sind. 182 Kallenec. 491 Kampf der Türken nach ihrem Tod. 114

Kara Mustapha Bascha wünscht sich die Marter⸗Cron. 386 Karabeiera. 134 Karakullukagi. 184. 297 Kastner (Joh. Christeph) Canzelist. 3 Kaufman von Mördern erschlagen. 455 Schwedischer bey der Türkischen Botschaft entdeckt. 473 Kem Husar Aga. 220 Kemmeter (Franz Xavi) Canzelist. 3 stirbt. 296 Kempf (Joh. Baptist) Edel⸗Knab. 8 Kern (Joh. Michael) Hof⸗Meister. 2 Ketche / was es ist. 71 Kiaha wer er ist. 158. 184. 418 tractirt die Betschaft mit den besten Früchten bey der schönsten Music. 418 Kiblach / so viel als Meccha. 93 Kimling (Christoph) 8 Kinder bey den Tüͤrken in Waffen exercirt. 62 werden einem in einem Jahr LXXXIII. gebohren. 202 an dem grossen Bairam beschenkt. 217 hundert hat Selim gezeugt. 323 kleiden die Türken in ihrer Mönche Habit. 416 Kinigl (Phil. Joseph Joh. Leopold Graf) 6 Kiosch im Serrallien zu Adrianopel. 440 Kiosen / des Sultans Groß⸗Mutter. 217 Kirche zu Sophia. 100 zerstörte. 111 bey deren Eingang legen die Türken die Schuhe ab. 133 wie die Tüͤrken darzu ruffen. 225. 334 (Patriarchal) der Grichen. 291 darf nicht ausgebessert werden. 292 Kirche

Register. Kirche zu Jerusalem wird renovirt. 292 deren erhaltene Vortheil durch den Französis. Gesandten. 379 der Franciscaner zu Pera geschlossen. 296 ist denen Teutschen zustäͤndig 376 deren Geistliche werden aus den Kaiserlichen Erb⸗Landen genommen. 377 darinnen ist das Röm. Kais. Wappen aufgehenkt. 378 wird für den Kaiser gebetten. 378 warum auch das Holländische Wappen daselbst zu finden 378 welche in Morgenland unter des Röm. Kaisers Schutz stehen. 377. 379 Kirch⸗Höfe der Türken sehr weitläuftig. 113. 169 Kirchen⸗Schätze zu Constantinopel wo sie aufbehalten werden. 309 Kisber. 491 Kiskoi. 111. 453 Kisten⸗Pfenning. 278 Kiuperli / dessen Sohn. 37 dessen Nachkommen dörfen nicht am Leben gestrafft werden. 137. 201 Kleider werden vor der Auswechslung unter die Bedienten ausgetheilt. 46 derer an der Pest Verstorbenen verkauffen die Tüͤrken alsobald. 274 Kleidung der Bulgarn. 104 Knab sieben jäͤhriger / will ein Christ werden. 305 unschuldiger Eifer für seine Religion. 366 eines lächerliche Antwort wegen seiner Religion. 475

Knesen / wer sie sind. 483 Kobila. 37 Kobilke (Obrist⸗Wachtmeister) 482 Koch Kaiserl. wird ein Türk. 487 Könige / deren Ursprung / was davon zu halten. 477 in Frankreich ein sorgfältiger Nachforscher der Antiquitæten. 277 Bulgarische / wo sie ihren Sitz gehabt. 90 Köpfe der Baschen werden öͤffentlich ausgestellt. 385 Kollar. 44. 485 Kollovrath (Emanuel Graf) 6. 86 (Norbert Graf) 6. 86 Kopf⸗Geld bey den Türken. 401 Koritniac. 79 Kraft (Christian) Quartier⸗Meister. 2. 127 Krankheiten / reissen im Lager ein. 231 nehmen zu. 243 was die Ursach. 267 Kriegs⸗Dienste / darzu ist in der Türkey jederman / bis so gar auf die kleine Kinder / verpflichtet. 112 Gefangene / deren Auswechelung wird recommendirt. 180 Krotzka. 43. 485 Kuche bey dem Divan. 186 Kuchen Türkische. 56 Kuchenländer (Baron) Commendant zu Gran. 25 Kunickly. 141 Kunst⸗Stuck curiöses. 260 Kuruczeschma. 120 Kurutschesmen. 209 Kurzweil ärgerl. des Sultans. 439 Kutzlir Aga. 224 verwahrt die Schlüͤssel zur Kirche und zum Frauenzimmer. 319 441

Kutins Ttt

Register. Kutinska / Fluß. 78 Kutschuck Tschemetschen. 149

L

Lämmer⸗Fell / damit belegen die Tüͤrken ihre Kirche. 323 Lager vor Nißa. 6 vor Constantinopel. 151 nach dem Auszug aus Constantinopel. 429 daraus gehen viel wieder nach der Stadt. 430 Laquayen des Botschafters. 7 des ersten Adels. 6 des zweyten. 4 einer wird erstochen. 32 Laster verschließen den Himmel. 143 Lazarus / ein Bulgarischer Fürst. 90 von Sultan Amurath getödtet. 196 Leanders⸗Thurn / falsch angegebener. 167 Le Brun, ein Französ. Dolmetsch umgebracht. 424 Leeb (Robert) ein Bernhardiner. 5 reißt in das gelobte Land. 233 Lehre der Türken von bevorstehender Veränderung im Geist⸗ und Weltlichen. 123 Lehrer / die vier Vornehmsten bey den Türken. 101 sind einander contrair, aber doch orthodox. 102 Leib⸗Wacht des Botschafters. 8 zu Constantinopel. 371 Leiche / Armemanische. 244 Lerchen zweyerley Art derselben. 265 Ley (Ostman von) wird Hof⸗Marschalk bey der Botschaft. 286 Lieutenants, zwey kommen aus Teutschland mit Brieffen an. 272

Locher (Adam Dominicus von) 4 übergibt des Prinzen Schreiben dem Seraskier. 73 wird nach Wien abgeschickt. 482 Löffel der Türken. 59 Löffelholz (Baron) Commendant zu Ofen. 28 Lombardus à Taurino (Petrus Franciscus) ein geschickter Prediger. 376 Lora / ein Dorf. 31 Lothringen (Herzog Carl von) rächet sich an den Türken. 28. 33 Lovina (Joseph) Jesuit. 5. 375 Lucas (Isaac) Kaiserl. Courier 412. 454 Ludwig (König in Ungarn) wo er umkommen. 33 Luna (Jsaac) Oriental. Courier. 2 Luschnitza / ein Fluß. 79 Lustbarkeit bey Grichischen Hochzeiten. 301 Lust⸗Hauß Kaiserl. zu Carischtran schlecht beschaffen. 138 auf einem bey Constantinopel nimmt die Botschaft das FrühStuck ein. 160 Luxenburger / stirbt. 358

M.

Mädgen / wie sie verkauft werden. 367 Magnelos. 490 Mahler Französischer / bringt dem Botschafter etliche Gemählde. 280 Mahomet / dessen Bündniß mit den Christen. 335 wo er gebohren. 340 dessen Flucht. 340 ist ein Aff des Herrn Christi. 101 Malefiz-Personen / wie sie bey den Tüͤrken hingerichtet werden. 385 Mal Register. Malvezzi (Joh Maria) ward ehedem zu Constantinopel gefangen. 310 dessen Leute und Guter wurden verkauft. 310 Mamud / des Mustapha Prinz. 129 Managetta (Theodor) 4. 95 Manarelliquoi. 135 Manns⸗Person / schöne / deren Gefahr in der Türkey. 246 Mantel⸗Kleid Spanisches / darinnen nimmt der Botschafter Audienz bey dem Sultan. 185 Manuscript des Dioscorides in der Kaiserl. Bibliothec zu Wien. 276 etliche sind noch in den Grichischen Clöstern verborgen. 450 Mardari / wer er ist. 176 Maria⸗Bild läßt sich nicht wegschaffen. 320 Maritz / deren Ursprung. 107 107 wird Schiffreich. 117 Marmor künstlich geschnittener. 322 durchsichtiger. 322 Marschalk (Hof⸗) 3 Martinitz (Max. Guidobald Graf von) Obrist⸗Hofmeister. 12 Maruth / ein böser Geist bey den Türken. 114 Mattoni (Jacob) 4. 78 Mauern lange bey Constantinopel. 146 Maul⸗Thiere. Mauromolan. 209 Maurus Cordatus, Dolmetsch bey der Pforten. 155 Mayer (Jgnatz Adam) Speiß⸗Meister. 3 (Joh. Bernhard) Secretaire. 3 (Franz Joseph) Sprach⸗ Knab. 3. 169 Medina. 491

Mehemet Aga / gewesener Gevollmächtiger bey dem Friedens⸗Schluß läßt den Botschafter complimentiren. 158 besucht den Botschafter. 170 Beschreibung dessen Person. 170 Mehemet Aga / Führer bey der Botschaft. 85 disputirt von der Religion mit dem Botschafter. 122 dessen Compliment bey glücklicher Ankunft zu Constantinopel 151 dessen drey Soͤhne kommen ins Lager. 154 wird von dem Botschafter tractirt. 234 bekommt auf dessen Recommendation Besoldung. 243 Meineid achten die Tüͤrken für nichts. 193 Mela / ein Fluß. 136 Melzer (Carl Joseph) 9. 78 Menschen /folgen ihrer natürlichen Fähigkeit nicht. 241 derer Wollust ist nicht zu sättigen. 241 Meß zu Adrianopel gelesen. 438 davon werden die Tüͤrken abgewiesen. 438 Messer und Gabel pflegen die Türken bey den Essen nicht zu brauchen. 59 Mevelava / Stifter der Dervisch. 326 Mevelut Gegeschi. 319 Minkovitz (Martin) Stadt⸗Garde Lieutenant. 10 Mipaslawitz / Jesuit. 5 Mierowitz. 489 Mönche des H. Basilii. 79 Grichische ungeschickt. 295. 366. 450 einer von dem Berg Sinai. 366 Türkische. 324

Mönch Ttt 2

Register. Mönche (Türkische) danzende. 325 heulende. 344 Mohacs. 33. 491 Mollach / wer es ist. 95 Momartz / (Carl Ludwig) Sprach⸗Knab. 3 (Carl) Sprach⸗Knab. 3 Monastor. 33 Mond⸗Jahr der Türken. 216 Mor. 495 Morava / Fluß. 63 -Palanka. 44 Morea / die Ursach vieler Christen Verderben. 415 Morelli (Anton) Feld⸗Scherer. 3-33 Morgen⸗Gab bey den Grichen. 297 Moschee / wird von der Botschaft zur Nacht⸗Herberg gebraucht. 45 zu Sophia. 95. 100 zu Adrianopel. 131 sind mit vielen kleinen Thurnen versehen. 130 des Sultan Ahmeds. 220 wer eine aufbauen darf. 220. 318 in Constantinopel. 318 an andern Orten. 315 wo der Sultan installirt wird. 429 Moufti / dessen Beehrung von dem Sultan und Groß⸗Vizir. 177 kan nicht mit dem Tod gestrafft werden. 201 ist dem Kaiser und Groß⸗Vizir formidable. 201 warum er nicht bey dem öfentlichen Umgang erscheinet. 225 hat eine schoͤne Tochter. 229 Muhasabegi Baschi. 221 Muhlagi. 236 wer sie sind. 237 Mumien / was sie sind. 277 Muselman / was es bedeutet. 315 Music der Baschen bey den Türken. 17. 121 damit läßt sich der Botschafter über der Tafel bedienen. 183 Türkische. 219 machen die Teutschen nach. 234 (Instrumental) in dem Alcoran verbotten. 333 darf vor dem Kaiserl. Serrallien niemand hören lassen. 393 (Nachte) der Kaiserl. Botschaft erlaubt. 394 bey dem Kiaha / läßt sich der Botschafter gefallen. 418 Mußelim / was es bedeutet. 95 Mustapha (Sultan) wird abgesetzt. 129 wie es damit zu gegangen. 198 (Capudan Bascha) hartes Verfahren wider ihn. 362 -Bascha Kiupri. 125 dessen Beschreibung. 447 -Bascha Palanka. 80 wird von den Unsrigen genau observirt. 457 Mutevelli. 220 Mühl⸗Knechte springen zur Kurzweil ins Wasser. 22 Müller (Joh. Adam) 5 Muͤntz untersucht der Groß⸗Vizir. 187 rare. 277

N.

Nacht⸗Quartier bey dem Mehemet. 218 Nakib Eschrel / wer er ist. 97 Namastir. 136 Nano (Stringarius de) 5 Nationen allerhand werden bey dem Capudan Bascha gefunden. 414 Navoni, mit dem Französ. Dolmetsch copulirt. 424 Nazmar

Register. Nazmar (Baron) 473 Nehm (General⸗Feld⸗Zeugmeister) 34 Nesselrode (Franz Bertram Arnold Graf) 6 Neveu (Joseph) Edel⸗Knab. 8 Nicolitz (Roman) 469 Nischanschi Bascha. 189. 191. 239 Nissa / daselbst kan die Botschaft nicht logiren. 64. 467 Einzug daselbst. 65. 467 Beschreibung. 65 daselbst wird die Botschaft durchsucht. 470 Abzug von dar. 470 Nissava⸗Fluß. 79 dessen Ursprung. 88 Novihaan. 104

O.

Obelia. 88 Obrigkeit / soll keine Aergerniß geben. 180 Odabaschi / wer sie sind. 64. 184 Oduyer (Graf) Commendant zu Belgrad. 37 dessen prächtiges Tractament an die Botschaft. 39 wird durch angebottene Geschen ke vom Seraskier versucht. 74 von ihm wird bey dem Seraskier gesprochen. 59 wird von dem Botschafter gelobt. 60 von dem Seraskier. 468 dessen Affaire mit dem Türkischen Botschafter. 473 recommendirt, dem Seraskier den Kauf⸗Handel und die gute Verständniß. 481 hält öffentlich Gericht. 483 wie weit er den Botschafter begleitet. 489

Oebschelwitz (Otto Friederich) ingenieur. Hauptmann. 4. 43 meldet die Gesandschaft bey dem Seraskier an. 65 legt das Compliment bey dem Türkischen Botschafter ab. 476 Ofen / Ankunft allda. 28 Tractament. 28 Bewillkommung von dem StadtRath. 29 Beschreibung. 30 Officiers (Hauß⸗) 2 Olmasch. 490 Oludera. 125 Opfern / thun die Türken bey ihrer Wallfarth. 283 Opo⸗Balsam / ausführliche Beschreibung hievon. 431 Oration eines Jesuiten zu Comorrn vor den Botschafter. 23 Ordnung des Zugs nach der Auswechslung. 56 Oresta. 128 Osman / des Sultan Mustapha Prinz. 129 Oster⸗Andacht. 396 -Fest wie die Grichen feyren. 431 Ostman (Sixt Anton Freyherr) OberStall Meister. 8 dessen Ungelegenheit mit den Türken 456 Ostoraken / wer sie sind. 94 Ottoni (Stephan) wird von Janitscharn Aga zu Nissa der Dienstbarkeit entlassen. 69 dessen tapfere Vertheidigung seines Herrn. 69 Oul Bascha. 134

P.

Paar (Joseph Jgnatz Graf) OberstHof⸗Meister. 12

Page Ttt 3

Register. Page (Claudius) Ober⸗Koch. 10 Palanka in der Gegend bey der Trajanischen Pforte. 453 Palfi Königl. Stadthalter zu Preßburg. 17 — und Erdödi eines Stamms. | 34 Papasli. 119. 448 Papier der Türken. 178 heben die Türken heilig auf. 315 Paposchen / was es sind. 58 Πάππαι / in der Grichischen Kirche. 294 Para / was einer gilt. 224. 386 Parakin. 45 daselbst tractirt der Graf Oduyer den Adel auf der Ruck⸗Reise. 482 Parascowitz (Demetrius) 291 Parkan. 28 Partheyen / wie sie vor den Divan gebracht werden. 192 Paß⸗Brieffe an den Gränzen von wem sie ausgestellt werden. 468 Patriarch der Grichen zu Constantino⸗ pel. 292 kommt durchs Geld zu dieser Würde. 292 wird ins Gefängniß geworfen 293 seinem Amt nachgestrebt. 293 wie er eingesetzt wird. 295 der Grichen überhaupt. 294 zu Jerusalem hält eine Visitation in den Thracischen Clöͤstern 449 redet corrupt Latein. 450 dessen Meinung von Vereinigung der Kirchen. 450 Paucker. 2 Peicks. 184. 222 Penkler (Heinr. Christoph) SprachKnab. 2. 232 Pensova. 485 Pera. 214

Pera / dahin muß die Botschaft eiligst ziehen. 267 Feuers⸗Brunst daselbst. 370 Perfumo (Jacob) wird loß gemacht. 413 Pernnöber (Leopold Anton) Edel⸗Knab. 8 Pest grassirt zu Philippopel. 115 warum sie in Constantinopel so oft grassirt. 165 daran kehren sich die Türken nicht. 211 nimmt stark zu. 211 – – Stadt bey Ofen. 28 Peterwardein. 33. 36 Petrasch (Obrist⸗Lieutenant) ist in sieben Thürnen gefangen gesessen. 312 General. 490 Petrowitz (Johann) Sprach⸗Knab. 3 Pfaffen / einen Grichischen läßt der Groß⸗ Botschafter zu sich kommen. 38 dessen Unwissenheit. 38 eines Grichischen Höflichkeit. | 392 Pfarren / darzu kommt man bey den Tüͤrken umsonst. 226 Pfeiffen / deren Gebrauch heilig u. alt. 333 Pfeil⸗werfen / darinnen sind die Türken sehr geübt. 237 Exempel davon. 238 Belohnung dafür. 238 Pferd (Hand-) 2 Kostbarkeit derer / so von des Muhamets seinen Herkommen. 124 fabelhaftes Vorgeben davon. 224 mit rothen Schweifen. 160 werden bey dem Einzug und der Audienz aus des Groß⸗Vizirs Stall hergegeben. 171 des Chederles / Fabel davon. | 343 läßt der Botschafter einkaufen. 383 451 schlechtes Tractament derer / so ein Kaiserl. Botschafter dem Sultan verehrt. 404 Pfoder

Register. Pfoder (Franz Joseph) Edel⸗Knab. 8 Pforte Trajani / Beschreibung davon. 108 Philippopel / Beschreibung davon. 115. 449 Philippovza / ein Bach. 88 Piccolomini brennt den Haan zu Mustapha Bascha Palanka ab 457 Pichard (Johann) Ober⸗Koch. 10 Picky (Joh. Victor) Stadt⸗ und LeibGarde⸗Hauptmann. 2 Pilgram nach Meccha wie stark deren Anzahl. 284 kommen wieder zuruck. 383 Platten drey an des Sultans Bund / was sie bedeuten. 223 Plum (Johann) Edel Knab. 8 Pöbel in der Tüͤrkey spottet der Fremden. 267 Pompejus, dessen Säule. 289 Porcellan / warum sich die Türken dessen bedienen. 59. 160. 241 Porta lettere, wer damit verstanden wird. 272 Portiuncula-Fest gefeyert. 158 Potentaten (böse) erheben sich über Göttlich⸗ und Menschliche Gesetze 124 Potitschina. 44. 484 Præsident (Hof⸗Kriegs⸗Rath⸗) an Jhn haben die Türken sonst nicht schreiben wollen. 53 Predigen / wird bey den Türken für was grosses gehalten. 225 Predigt⸗Stüͤhle in den Moscheen. | 100 Preitenacher (Ferdinand) 4 Present zu Sophia an den Botschafter. 96 letztes des Sultans / was dabey zu beobachten. 426 für den Kaiser und Prinz Eugenius. 430 des Bostangi Bascha zu Adrianopel an den Botschafter. 446

Preßburg / Empfang der Botschaft daselbst. 17 Priester der Grichischen Kirche / was die Römische Kirche davon hält. 296 Prinzen des Sultan Mustapha. 129 darüber sind die Janitscharn Vormund. 130 unter solchen ist der jüngste am meisten beliebt. 130 der äͤlteste des Sultan Ahmets ist bey der Audienz. 197 ist ein schöner Herr. 204 dessen Aufzug an dem Bairam. 223 siehet die Schau⸗Spiele mit an. 411 einer wird dem Sultan gebohren. 306 werden oft aus politischen Ursasachen verwahrloset. 307 (Holsteinischer) reißt durch Ungarn. 493 Prinzeßinnen des Sultans / werden denen Vornehmen oft noch in der Wiegen zur Ehe versprochen. 174 müssen ihre zugedachte Mäͤnner unterhalten. 174 nebst ihr darf keiner eine andere Frau oder Concubin haben. 175 eine wird dem Sultan gebohren. 286 des Tartar Haans / wird von dem Französ. Gesandten beschenkt. 359 wie sich solche den Uberbringern gezeigt. 359 Prioli (Anton) 349 Proceß (Rechts⸗) bey den Türken geschwind abgethan. 192 Pulver Register. Pulver⸗Magazin zu Belgrad. 486

Q.

Quantiquoi. 135 Quarantaine pflegt man in der Türkey nicht zu halten. 118. 135 muß man auf den Gränzen halten. 228 davon wird niemand ausgenommen. 304 wird wieder aufgehebt. 456 Quelle (gesunde) zu Belgrad. 487 Qulelli. 135 Ququevik. 490

R.

Raab. 491 Racky / so viel als Brand⸗Wein. 219 Ragoczi / wo er sich aufgehalten. 209 muß sich von Constantinopel weiter entfernen. 420 Ragusa / deren Abgeordnete kommen dem Botschafter entgegen. 150 werden von dem Botschafter tractirt. 305 Raitzen / Unterschied derselbigen. 85 zu Grublian. 103 Ramazam / der Türken Fasten. 130 was sie davon glauben. 216 Rami Mehemet Bascha. 199 wird Stadthalter zu Groß⸗Cair. 202 Raschna. 46 Ratinzo. 490 Ravenitz / ein Fluß. 45 Raub⸗Schiff Malthesisches im Haven zu Constantinopel eingebracht. 289. 291

Ratzen⸗Markt / eine Jnsul. 31 Rebhüner / weyerley Art derselben. 265 Rechimbtar Aga. 223 Recht / läßt der Sultan einem unschuldigen Franzosen wiederfahren. 189 Rechts⸗Spruch kluger des Groß⸗Vizirs. 194 Reczep Aga / wer sie sind. 47 Reichard (Franz) Trompeter. 2 Reiger / weisse. 111 Reis⸗Efendi. 189 Reiß / wächst zu Philippopel. 117. 449 wird den Janitscharn ausgetheilt. 186 dabey geben sie ihre Neigung gegen die Regierung zu erkennen. 188 Reit⸗Knechte. 2 Religion / davon dörfen die Türken nicht öffentlich disputiren. 122 darinnen ist mit Disputiren bey den Türken nichts auszurichten. 122 Rhodope / ein Berg. 107 6 Rhomberg (Otto von) bekommt die erste Hauptmannschaft unter den Virmondtischen Regiment. 383 tractirt den Adel zu Talman Bascha. 393 Ricaut, begehet einen chronologischen Fehler. 316 ist unrichtig in Beschreibung der Türkischen Mönche. 326 Rieß (Andreas) Trompeter. 2 – (Wilhelm) Edel⸗Knab. 8 Ringer. 88 ausführliche Beschreibung hievon. 256 werden reichlich beschenkt. 256. 259. einer hat nur eine Hand. 257 Römer/

Register. Römer / diesen ahmen die Türken mit ihren gewöhnlichen Zuruff nach. Romanie / warum es so genennt wird. 107. 108 Rosenfeld / Wachtmeister⸗Lieutenant. 2 Roß⸗Schweif / wer deren drey führen darf. 72 Ruder⸗Bursche / deren Anzahl auf einem Schiff. 250 Eintheilung. 251 auf was Weiß sie die Freyheit erhalten können. 252 darfen für sich arbeiten. 252 bekommen von der Botschaft Allmosen. 252 Rupert (Adam) Edel⸗Knab. 8 Rupora / Berg. 117 Rurnili / so viel als Thracien. 107. 449 Russenstein (Joseph von) 8 gehet nach Venedig. 382 Russini Venetianischer Gesandter. 231 Rustan / Groß⸗Vizir / dessen Schätze. 309

S.

Säcke (Geld⸗) für die Janitscharn. 187 tragen die Janitscharn davon 188 dabey bezeigen sie ihr Wol⸗ oder Miß⸗Vergnügen. 188 deren Anzahl. 188 208 wer davon bezahlt wird. Säule an dem Ort der Auswechslung. 43. 49 Ceremonien dabey. 50. 480 des Kaisers Arcadius. 173. 352

Säule ein Stüͤck davon / an welcher der HERR CHristus gegeisselt worden. 292 einiger zu Constantinopel. 348 gespitzte / deren Beschreibung. 349 gewundene von Erz. 351 dessen Köpfe fallen von sich selbst ab. 351 Muthmassungen davon. 352 des Justinianus zu einem Brunnen⸗Kasten gemacht. 353 wo der Kaiser Leopold und nig in Polen zusammen gekommen. 493 Sakä. 184. 207. 224. 404 Salankement. 37 Samcova. 107 St. Niclas. 493 Sangiack / was es bedeutet. 78 Sariar Althi. 209 Saribrod. 86. 455 Satyren / wer sie sind. 470 Sautermeister (Michael) 4 Schaaf⸗Häute / damit belegen die Türken ihre Kirchen. 100 Scarab / so viel als Wein. 218 Scarlatti (Niclaus) Waidwod / ausgewechselt. 312 Schabschneider (Philipp) Trompeter. 2 Scephonie. 491 Scharkioi. 82. 455 Schau⸗Spiele im Lager des GroßVizrs. 236 im Kaiserlichen Lust⸗Hauß in Asten. 255. 407 Schatz des Sultans / womit er verunehrt wird. 405 Scheig (Groß⸗) 333 Schel (Johann) stirbt. 231

Uuu

Scher Register. Scherbeth / was es ist. 49 Scherftenberg (Maximilian Graf) 6. 86. 88 Schiffe / wie viel deren die Botschaft von Wien aus gehabt. 15 (Leib⸗) dessen Beschreibung. 15 wie hoch eines zu stehen kommt. 250 worauf die Botschaft nach Asien fährt / ist inficirt. 253 darfen dem Ufer nicht zu nahe kommen / wann das Kaiserliche Frauenzimmer im Garten spazirt. 288 wie solche beladen werden. 388 müssen ihre An⸗ und Abfarth durch Losungs⸗Schüsse anzeigen. 390 wie viel Französische jährlich zu Constantinopel einlauffen. 390 wie viel Venetianische. 390 gemüthere / wie viel die Türken dafür bezahlen. 417 Schiffbruch auf dem Canal. 264 schiffs⸗Flotte Türkische wie stark. 417 Schiff⸗Leute sind geschwind in ihrer Arbeit. 253 Schiffmann bey der Türkischen Botschaft entdeckt. 473 Schiff⸗Patron wird aufgehenkt. 420 Schlangen / damit gehen die Egyptier ohne Schaden um. 343 werden von ihnen beschwohren. 344 Schlibniza. 88. 454 Schmäh⸗Worte der Türken. 68 Schmied (Joseph) Trompeter. 2 (Joseph Ernst) Mahler. 3. 219 Kaiserl. Dolmetsch. 45. 473 einer dieses Namens ist ein Gewissenloser Mameluk. 161. 284

Schmieddegg (Franz Anton Baron von) 4 recommendirt sich mit seinen Exercitiis. 373 Schmuck der Bulgarischen Weiber. 105 Schönheit / wornach die Bulgarischen Weiber solche urtheilen. 105 Schötteler (Ferdinand Fried. Anton) 9 gehet nach Venedig. 430 Schopen (Ferdinand von) 4. 77 (Henrich Friedrich) gefährlich krank. 232 Schrattenbach (Ernst Graf von) Prælat bey der Botschaft. 5. 42 lößt einen Gefangenen aus. 365 sorgt für die Bekehrung der Ungläubigen. 366 Schreiben / Art desselbigen bey den Türken. 178 des Sultans / Ehrerbietigkeit des Groß⸗Vizirs gegen solches. 188 des Römischen Kaisers dem Sultan eingehändiget. 205 Schreib⸗Federn der Türken. 178 Schrifft / Türkische in des Botschafters Zimmer zu Sophia. 93 durch die Züͤgel an den Mauern vorgestellt. 129 Hieroglyphische. 349 schöne estimiren die Türken. 440 Schuhe / ziehen die Türken vor dem Zimmer aus. 90 deren unterschiedliche Gattungen. 90 Schuppellia / Fluß. 48 Schützen (Büchsen⸗) 261. 407 (Pfeil⸗) 407 ein künstlicher. 407 junge. 408 Schwaben

Register. Schwaben ziehen nach Servien. 485 Schwalben / Menge derselben. 111 Schwammen werden zu Binsen Steinen. 146 Schweched. 493 Sclav eines Christlichen / Treue gegen seinem Herrn. 69 hartes Tractament eines solchen. 115 kommt zu der Botschaft geflohen. 119. 266. 286 welche von den Tüͤrken wol tractirt werden. 132 einer will wieder zu den Tüͤrken übergehen. 133 zwey kommen von Adrianopel zu uns. 135 er wird dem Botschafter von dem Französischen Gesandten verehrt. 169 drey verehrt der Englische Gesandte dem Botschafter. 214 einer wird von den Tüͤrken wieder weggenommen. 228 einer gehet wieder zu den Tüͤrken. 231. 403 an den Ruder⸗Bäͤnken deren Tractament. 250 wie hoch einer estimirt wird. 250. 251 einer aus Stockholm stirbt. 267 einer wird mit Schlägen haͤßlich tractirt. 280 die eine Profession können / lassen die Türken ungern loß. 287 welche am theuresten. 368 die gemeinen rufft man öͤffentlich aus. 368 von allerhand Nationen. 368 wie sie die Freyheit erlangen köͤnnen. 368

Sclaven kaufen die Juden / wann sie noch klein / am liebsten. 369 halten die Tartarn für ihre beste Beute. 369 einer wird loß gekaufft. 435 Sclavinnen haben eine harte Dienstbarkeit bey den abgefallenen Christinen. 176 welche die schöͤnsten. 368 wie sie verkaufft werden. 362 Sclaven⸗Markt dessen ausführliche Beschreibung. 367 Sclavonien. 34 Scutari. 249 Sebastida (Olaguer Graf) 6 reißt nach Frankreich. 282 Secretaire (Legations-) 5 des Herrn Botschafters. 3 Secten bey den Türken. 325 Seebach (Carl Ludwig) 3. 77. 153 gehet wieder nach Wien. 286 Seelen / wo sie nach dem Tod hinkommen ist bey den Türken ungewiß. 318 See⸗Rauber listiger. 290 wird gehenkt. 350 See⸗Wasser / ob Steine damit an einander gefügt werden. 349 Segbanloi / daraus haben die Türken ehmaln auf die Christen acht gehabt. 145 Sekenderkoi / ein Fluß. 135 Seleskowitz (Anton) Sprach⸗Knab. 3 Selictar Aga. 224 Selim Türkischer Kaiser / hat hundert Kinder gezeigt. 323 Selymbria. 146. 147 Semendria. 485 Semischeze. 120. 447 Semler (Johann) Mahler. 3. 219

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Seras Register. Seraskier zu Nissa dessen Name. 46. was dieses Wort bedeutet. 56. 78 tractirt den Botschafter auf dem Weg. 58 empfängt den Botschafter stehend. 72 dessen Gewalt. 75. 468. 472 Present an den Botschafter. 75 Visite bey demselbigen. 77 dessen Freygebigkeit wird auf die Prob gestellt. 403 bey ihm läͤßt sich der Botschafter anmelden. 465 Beschreibung dessen Person und Sitten. 468 legt sein Commando nieder. 469 dessen Gegen⸗Visite bey dem Botschafter. 469 Aufzug bey dem Aufbruch nach der Gränze. 471 ist mit seines Botschafters Aufführung zu Wien nicht völlig vergnüͤgt. 478 gehet nach der Säule. 480 Sergius, ein Mönch und Mit⸗Verfasser des Alcorans. 101 Serhanweg. 111. 453 Serrallien zu Adrianopel. 129 ausführliche Beschreibung desselbigen. 438 von Zucker formirt. 374 Servien / dessen Gränze. 79 Servier / womit sie sich nähren. 112 womit sie der Pforte verpflichtet sind. 112 der Kaiserlichen Freyheit und Zustand. 483 Klag über die Heyducken. 484

Sesler (Albrecht und Augustin) Trompeter. 2 Severus, Kaiser. 349 Seyfried / dessen Beschreibung von Adrianopel. 128. 129 Sido. 490 Sieben Thürne / deren Beschreibung. 308 worzu sie ehedessen gebraucht worden. 309 Simonthorn. 491 Sinzendorf (Rudolph Sigmund Graf) Obrist⸗Cämmerer. 11 Sötting. 490 Sofaus / was es ist. 58 zu was sie dienen. 91 Sold / wird den Janitscharn ausgetheilt. 18 in Säcken für ihre Zimmer geworfen. 186 solchen tragen sie selbst zu ihren Officirern. 186 Soldaten / deren Anzahl bey Aus⸗ wechslung der Botschaft. 40. 50. 182 welche von den Sultan bezahlt werden. 405 Solyman/Türkischer Kaiser / bleibt vor Sigeth. 137 Sondermar ( Franz) Trompeter. Sonnen⸗Wädel / bedienen sich die Vor⸗ nehmsten in der Türkey. | 154 Sophia / Beschreibung dieser Stadt. 89. 453 Fabel der Türken davon. 89 zu einer Vestung nicht unbequem. 95 hat eine fruchtbare Landschaft. 95

Sophia /

Register. Sophia / die Heilige / verehren die Türken. 100 Sophia⸗Kirche zu Constantinopel / woher sie ihren Namen hat. 183 wird von einigen besehen. 280 deren Beschreibung. 316 zu Chrysostomi Zeiten abgebrannt. 316 wer sie erbauet. 317 deren tägliches Einkommen. 317 worzu es angewendet wird. 318 ist die schöͤnste in der ganzen Türkey. 319 deren Ausziehrung. 322 Grösse. 322 Soulak. 184. 207 Soulak Baschi. 184 Spahi / einer sucht vergeblich seine Zuflucht bey dem Botschafter. 476 Speise der Türken / Manier dabey. 59 Einrichtung. 74 wir den vornehmen Weibern durch ein Gitter gereicht. 92 dabey wird bey dem Capudan Bascha eine sonderbare Reinigkeit beobachtet. 410 Verschwendung dabey. 477 Sperber / wie sich die Tüͤrken deren zum Vogel⸗Fang gebrauchen. 126. 263 Spiegel⸗Zimmer im Serrallien zu Adrianopel. 444 Sprach / in Lateinischer redet der Röm. Kaiserl. Botschafter dem Türkischen an. 51

Sprach / Lateinischer / bedient sich der R. Kaiserl. Botschafter gegen dem Groß⸗Vizir. 178 gegen dem Sultan. 205 Sprach⸗Knaben Orientalische. 3 Sredoka / Fluß. 84 Sredoreck / ein Fluß. 82 Stadt⸗Garde. 2 Stadthalterschaft in Thracien bey den Türken die vornehmste in Europa. 58 Stäbe silberne der Chiaux Baschi. 185 wozu sie solche gebrauchen. 185 Stärke eines Soldaten. 67 zweyer Ringer. 257 Stall⸗Meister (Oberster⸗) 8 Stall⸗Knecht. 8 Standart des Botschafters. 4 Stangen / an dem Ort der Auswechslung / worzu sie dienen. 49 Stanian (Graf) Englischer Gesandter zu Constantinopel. 154 Stanimocka Fluß. 117 Staraplamina Gebürg. 87. 448 Steger (Ferdinand) 4. 78 Stein (Hauptmann) ist in sieben Thüͤrnen gefangen gesessen. 312 (geschnittener) rarer. 451 von dem Auctor verwahrlost. 452 Stephan (Heiliger) König in Ungarn / wo er gebohren. 26 ein Wallachischer Fürst / wird zu Constantinopel hingerichtet. 312 Stiftungen / deren üͤble Verwaltung. 139 Managetische in Wien. 139

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Storch

Register. Storch / diese lassen die Tüͤrken nicht beleidigen. 245 Straffen Bürgerliche bey den Türken. 192 Strassen unsicher. 111. 453. 455 Strassen⸗Räuber. 34. 111. 456 Streit wegen eines Sclavens. 287 Studenitz (Adam Friederich) 4. 48. 77 wird Ober⸗Stall⸗Meister bey der Botschaft. 286 Stuhl eiserner / damit pflegen die Türken die Vornehmsten zu verehren. 96 Stuhl⸗Weissenburg. 491 Stücke / so viel Kugeln auf einmal schiessen. 271 müͤssen Sclaven aus dem Wasser herfür suchen. 271 Stumme bey den Türken / wie sie sich expliciren. 239 darinnen machen es ihnen die Vornehmen nach. 239 der Sultan. 239 einer zeigt dem Botschafter / wie viel es an der Uhr. 239 werden von dem Botschafter mit silbernen Sack⸗Uhren beschenkt. 242 von den Vornehmen caressirt. 410 Sturm auf dem Meer. 420 Su⸗Baschi. 223 Sugitleka. 135 Suha⸗Gebürg. 79 Sultan verlangt die Botschaft im Vorbeyziehen zu sehen. 181 ist selbst im Divan zu gegen. 187 fället bisweilen selbst das Urtheil. 189 Jhm darf man nicht zu nahe kommen. 196 Sultan / dessen Kleid bey der Audienz. 197 Name. 197 Geschlecht. 197 keiner ist seines Lebens sicher. 201 dessen Crönung. 203 Verfolgung wieder die Aufrührer seines Bruders. 203 Alter. 204 Gesichts⸗Wendung bey der Audienz. 204. 206 besucht den kranken Groß⸗Vizir. 212 will bey solchen Visiten beschenkt seyn. 212 dessen hierunter versteckte Politic. 212 dessen starke Begleitung auf der Reiß. 218 Aufzug an dem Bairam 222 jährliche Presente nach Meccha. 284 muß zu der Sophia⸗Kirche täͤglich was bezahlen. 317 divertirt sich mit Stuck⸗Schuͤssen. 382 geht auf die Jagd. 383 dessen Leib⸗Schiff. 416 siehet den Auszug der R. Kaiserl. Botschaft mit an. 429 dessen Installirung. 429 hält viel aufs Frauenzimmer. 441 wohnt nicht weit von dem Harem. 444 darf ohne Noth nicht von Constantinopel gehen. 445 Sumantzio. 107 Superstition in Sammlung der Antiquitaeten. 109

Sur Register Sur⸗Emini / wer er ist. 284 Sweica. 125 Sycena. 273 Szluha (Franz) 491

T

Taback zu Basardschick gut und wolfeil. 451 Talisman. 225 Talk / zu Grublian. 103 Talman Bascha. 249. 393 Tarsi / ein Dolmetsch / wird torquirt. 421 Tartarn / wie viel sie im vorigen Krieg Sclaven gemacht. 369 wie sie die Türken damit betruͤgen. 369 Taschen⸗Spieler. 257 Tavarnik. 490 Tavillon, ein Jesuit / dessen falsches Vorgeben von den Morgenländischen Kirchen wiederlegt. 376 Taut Bascha. 149 Tchorli. 413 Tczantiquoi. 146 Tefterdar / was es bedeutet. 149. 189 wie viel ihrer sind. 149 erster sucht den Botschafter heim. 383 Teke Thioi. 342 Telkidgi. 188 Teppiche zu Meccha werden von den Pilgrammen zerschnitten. 285 Tersana. 249 Tesheregi Baschi. 221 Teutsche zwey so Türken worden. 414 setzen sich in Ungarn. 491 Tgollimar. 135 Theodosius Kaiser / dessen Bild von Justiniano weggenommen. 351

Theugian / was es sind. 63 Theyls (Niclas) Dolmetsch. 3. 125. 153 läßt taufen. 303 Thiere / welche die Tüͤrken ins Paradies setzen. 343 Thierheim (Michael Graf) 6. 88 errettet eine Sclavin. 99 liegt gefährlich krank. 232 Thor Baschi. 184. 220 Thracien dessen Gräͤnze gegen der Bulgarey. 107 Name bey den Türken. 107 Thron des Sultans. 197. 273 Thuffenti. 480 Thurn (Anna Dorothea Gräfin) Frau Aya. 12 Thürne an den Moscheen mit Ampeln behängt. 130 Tiefenbach (Joseph von) Edel⸗Knab. 8 Tiller (Obrist) Commendant zu Peterwardein. 36. 489 Timarioth. 273 Timoni / ein Dolmetsch / bringt sich selbst um. 425 Tisch⸗Zucht übel bestellte. 406 Titel Jhro Röm. Kaiserl. Majestät gegen die Türken vindicirt. 51 Titel / eine Stadt in Ungarn. 37 Töchter / diese müssen die Bulgarn von den Eltern kaufen. 105 Todten lassen die Tüͤrken reinigen. 114 Tolna. 33 Top / was es heißt. 210 Topchi. 184 Topchi Baschi besucht den Botschafter. 275 wird von dem Groß⸗Vizir wegen des abgebrannten Gieß⸗Hauß getröstet. 362 Tophana Register. Tophana. 204. 210. 249 Topous / was es ist. 63 Toppolnitz / ein Bach. 63 Tractament gewöhnliches der Türken bey dem Willkomm. 121 bey dem Groß⸗Vizir. 180 Trojani Pforte. 108 Trauungs⸗Ceremonien bey den Bulgarn. 106 bey den Grichen. 300 Tribut der Bulgarischen Bauern. 112 aus Asien überbracht. 405 Trinitarier (Patres) dörfen zu Pera eine Kirche bauen. 280. 282 Trink⸗Geschirr / artig zu gerichtet. 114 Triumph⸗Bögen zu Constantinopel. 308 Trompeter. 2 einer sucht seine Zuflucht vergeblich bey der Botschaft. 434 Trunkenheit / deren Wurkung. 477 Tschaicken / was es ist. 22 Tschemetschen. 148 Tugend / Schlüssel zum Himmel. 143 der Tüͤrken ist Gleißnerey. 218 Tulbentar Aga. 220 Tunsa / ein Fluß. 128 Turnakgi Baschi. 221 Tourtain, ein Malthesischer See⸗Räuber. 290 Turtel⸗Tauben / von den Türken für heilig gehalten. 5 deren gibt es zu Sophia sehr viel. 9 Toutsaint (Jo. Latour Ludwig) SprachKnab. 3 Türken zeigen ihren Ehr⸗Geitz. 47 sind keiner Ordnung gewohnt. 67

Türken / deren Beschaffenheit. 162 pflegen nichts auszubessern. 164 haben einen Abscheu vor dem Stehlen. 63 wie sie sitzen. 1 sind nun tractabler, als ehedessen. 146 stellen einem aus der Botschaft nach. 246 sind Liebhaber von zottenhaftigen Schau⸗Spielen. 255 Geld⸗begierig. 113 lassen in ihren Kirchen nichts abzeichnen. 324 waren Anfangs keine ChristenFeinde. 334 sind nicht mehr so grausam. 340 hielten es für ein gutes Werk einen Christen umzubringen. 340 warum sie sich einen Zopf auf dem Kopf stehen lassen. 345 sind grosse Ignoranten in der Historie. 353 scharffe Bestraffer. 362 können bey ihnen nicht zu Sclaven gemacht werden. 368 wie sie mit denen verfahren / bey welchen Feuer auskommt. 372 sind Vollsäuffer. 469 von ihrer Botschaft bleiben viel in Wien zuruck. 488 Türkey / was von dort her gebracht wird. 390 Tyroler lauft zu der Botschaft. 86 Tzgupri Cuprußi. 447 U. V. Register.

U. V.

Uhr (Sack⸗) dem Groß⸗Vizir verehrt. 403 Uhrmacher Gesell stirbt zu Peterwardein 36 Ulanizer Gebürg. 79 Umgang bey dem Bairam. 220 öffentlicher der Catholischen zu Pera. 396 Unhöflichkeit der Türken. 260 Unordnung ist die Türkische Miliz gewohnt. 128. 221 Unterthanen (Türkische) leben in schwehrer Dienstbarkeit. 71 Uscudama. 128 Usundschova. 125 Valida / des Kaisers Mutter. 203 die letzte soll eines Evangelischen Priesters Tochter gewesen seyn. 204 wo sie gestorben und begraben. 444 Venetianer / haben den erhaltenen Frieden dem Röm. Kaiser zu danken. 242 womit sie nach der Tüͤrkey handeln. 390 erzeigen sich nachläßig in Auswechslung der Christen. | 415 Venetianerin / ehmalige Concubin des Groß⸗Vizirs / grausam gegen ihre Sclavinnen. 176 eine wird loß gekauft. 395 Verrätherey in Wien von einem Jtaliänischen Geistlichen angesponnen. 285 Verschnittene / sind zum Dienst der Weiber bestellt. 92 deren Mißbrauch. 124

Verschnittene / warum sie üͤber die EdelKnaben gesetzt sind. 446 Versehen im Krieg / wie darauf regardirt wird. 60 solches straffen die Türken fast auf einerley Weiß. 60 Verstorbene / für sie lassen die Türken bitten. 318 schlagen sich in dem Grab mit dem bösen Feind. 346 Vestung rare. 87 Veterani, dessen Adel⸗Sitz. 491 Villawerda. 440 Vilvo ein Servier / bringt dem Sultan Amurath ums Leben. 196 Visiten des Botschafters bey den Seraskier. 71 bey dem Bascha von Chaskoi. 121 wie es damit bey den Tüͤrken gehalten wird. 177 Vizir (Groß⸗) vor ihn kommt kein Gesandter ohne an ihn mit gebrachte Schreiben. 53 dessen Gewalt. 53 vor ihn muß man eher kommen / als vor den Sultan. 54 Vogel⸗Dorf / warum es so genennt wird. 107 Voigt (Joh. Wilhelm) 479 Vorlaufer. 2 Vorlegung höfliche bey den Türken. 406 Vorner von Sonnenhold (Joh. Heinrich) Dolmetsch. 3. 78. 169

Vor Xxx

Register. Vorurtheil der Türken wegen ihrer Religion. 122 Vrinz (Max.) Edel⸗Knab. 8

W.

Wacht / wird in unserm Lager verdoppelt. 230 Wacht⸗Thurn im Meer bey Constantinopel. 169 Wachteln / warum im Herbst so viel in der Tüͤrkey gefunden werden. 265 Wagen beladene / werden von dem Wind fort getrieben. 106 stunden in Gefahr zu verbrennen. 107 deren in der Türkey Beschaffenheit. 120 Waitzen / eine Stadt in Ungarn. 27 Wald / dessen Laub von Ungezifer abgefressen. 485 Waldeck / Graf. 49 Walfarth der Türken nach Meccha. 283 was sie damit anzeigen. 284 muß ein jeder Türk einmal in seinem Leben anstellen. 284 Wappen einiger Genueser an der StadtMauern zu Galata. 273 Wasser / auf wunderbahre Weise gefunden. 118 Mißbrauch desselbigen. 118 süsses mitten im Meer. 169 heilsames in der H. Cuphemia Euphemia Grab. 302 Weib unbesonnenes / incommodirt den Botschafter. 305 Weiber Türkische/ deren Kleidung. 68

Weiber Türkische / darfen am Bairam ausgehen. 216 Bulgarische haben Anfechtung von den Soldaten. 86 wissen die Türken nicht genug zu verwahren. 92 deren Verrichtung. 9 zu Adrianopel haben mehr Freyheit als anderswo. 131 der Grichischen Priester sind schön. 295 darfen nur einmal heyrathen. 295 Weibs⸗Personen stehen im Gericht verhüllt. 398 eine springt zu Adrianopel vom Fenster herab. 437 einige gesellen sich auf der Heimreise zu uns. 447 werden von jemand aus der Betschaft versorget. 447 Raitzische verkaufen Eyer in unserm Lager. 448 Wein um Adrianopel der beste in der Türkey. 131 wollen die Türken in ihren Häusern nicht trinken lassen. 218 zu Philippopel läßt sich aufheben. 445 will eine Türkische Jungfer in ihrer Krankheit nicht trinken. 319 Weintrinker wird gestraft. 214 werden nach ihrem Tod gequält. 319 Weipler (Anton Joseph) Wekilhargi. 184. 207. 224 Welt/

Register. Welt / andere / in der Sophia⸗Kirche zu Constantinopel woher so genennt. 321 Welz (Gottfr. Helfried Graf) ObristHof⸗Meister. 12 Commendant zu Comorn. 23 Werbnitza. 88 Wetter grausames. 79. 106. 435. 454. 455 Wettstein (Abel von) dessen rüͤhmliche Bemühung in Löschung des Feuers. 107 schenkt einem RuderBursch seine UnterStrümpfe. 252 Widisch / Gebürg. 84 Wien / Einzug der Botschaft bey der Wiederkunft. 494 Wiesen / beruffene bey Constantinopel. 393 Wildbret / grosse Menge desselbigen um Nissa. 465. 472 Winkler (Anton) Paucker. 2 Witoscha⸗Berg / dessen Beschreibung. 103 Wohnung / die der Sultan beziehet / wird nicht leicht jemand anders uͤberlassen. 93 die zu Pera angewiesenen werden besichtiget. 230 Woica. 489 Wokerela. 104 Wolanständigkeit von einem Dervisch schlecht beobachtet. 331 Wolfarum (Joh. Georg) Kuchelmeister. 3 Wütterung nasse / warum die Türken solche bey der Auswechslung für was Guts gehalten. 61

X.

Xerolphus, Berg in Constantinopel. 348

Z.

Zagergi Baschi. 221 Zahlmeister des Capudan Bascha / ein Westphälinger. 422 tractirt einige von Adel. 422 Zaim. 237 Zaun (Franz Jacob) Camer⸗Diener. 3 Zecha (Michael) Ober⸗Koch. 10 Zeckman (Daniel) Bereuter. 8

Zeichen der Türken / nach welchen sie bey dem Gebeth ihr Gesicht wenden. 93 Zelt des Seraskiers. 72 des Groß⸗Vizirs. 236 des Botschafters auf der Heimreise. 429 werden dem Botschafter im Namen des Sultans angetragen. 478 Zena / eine Heilige bey den Grichen. 148 Zerniwitzer⸗Gebürg. 79 Zeth. 491 Zeugen falsche bey den Tüͤrken gemein. 193 können nur Tüͤrken vor ihrem Gericht abgeben. 193 Zichi (Graf) 493 Zichzard / daselbst wächst guter Wein. 491 Zierrath der Türcken in ihren Kirchen. 101

Xxx

Zim Register. Zimmer der Türken / wie sie eingerichtet. 91 des ersten Harems zu Adrianopel Beschreibung. 444 Zimmermann / ein Teutscher ersauft. 45 Ziorly. 145. 435 Zopp. 27 Zosimus. 349 Zulauf des Volks bey dem Einzug in Wien. bey dem Abzug. 15 Zuruff der Bedienten bey den Türken / warum es geschiehet. 125 Zuspruch mit wenigen / sehen die Türken gerne. 281 Zweifel (Bertram Ludwig Baron) 6. 169 Zwenhof (Paul Michel) Cammer⸗Diener. 3 Zweybrück ein Dorf in Servien von Schwaben bewohnt. 485 Zwillinge an einander gewachsene. 19

E N D E.