Relatio
Wie der auswechslungsactus des ksl. großbottschaffters, herrn grafen von Virmonds
excellenz, mit dem von der ottomanischen Pforten erkisenen auch großbottschafftern,
herrn Ibrahim bascha, den 15. monaths
Iunii zwischen 12 und 1 uhr des lauffenden 1719
iahrs auf der granitz von statten gangen.
Alldieweillen in dem kurzhin den 5. huius mit beyder,
sowohl diss alß ottomanischer seiten verwilligung getroffenen ceremonial tractat
beschlossen und der tag der auswechslung beyder hohen bottschafftern, den 15. gegenwärtigen monaths festgestellet worden, so
seynd des ksl. großbottschaffters, herrn grafen von Virmonds excellenz, sambt dero beyhabenden suite,
nachdeme dero bagage den tag vorhero vorauß
geschicket worden,
den 9. dises unter meiner begleitung und losbrennung
der stucken von hiesiger vestung gegen 3 uhr nachmittags
aufgebrochen und sich selbigen tags bis nacher Krozka, allwo sich
bereits dero bagage befande, begeben. Weilen nun selbte bey herrannahender nacht daselbst eintraffen, so haben sie allda übernachtet. Die
zu der auswechslungs function aber destinirte 1.500 mann cavallerie und zwey hundert
grenadiers von Gschwind und prinz
Alexander auß hiesiger guarnison unter commando des löblichen alt
württembergischen dragoner regiments obrist lieutnand herrn grafen
von Waldeck befunden, sich allschon vor bemeldten Krozka in ihrem ordentlichen laager, von
wannen
den 10. dises der ksl.
großbottschaffter, nachdeme die bagage und die trouppen vorauß marchiret,
gleichfalls mit dem gefolg die reyß weiters bis nacher Kolar fortsezte, woselbst alles zeitlich
anlangte und um ein wenig auszurasten. Allda des nachts verblibe, wohingegen die
weite des anoch vorgehabten weegs und der angesezte termin der auswechslung nicht
zuliesse, den marche zu treniren. So ist vor gut befunden worden, solchen den 11. huius von bedeuten Kolar
in aller fruhe bis nacher Hassan Bascha
Palanka, von dar aber noch selbigen tags sambt denen trouppen und bagage
bis nacher Patazina zu
beschleunigen, allwo des ksl. großbottschaffters excellenz
sambt dero begleitenden gefolg und trouppen bey einfallenden abend arrivirten,
hingegen die bagage mehrentheils spatt nachfolgete.
Den 12. wurde, gleichfalls auß obangeführter ursach,
der marche von dorten bis nacher Deve Bargardin und von dar nacher Iagodina
selbigen tags fortgesezet und übereylet, allwo mir
unterweegs die nachricht durch einen expressen einlieffe, daß die Morava brucken, durch die bey dermahligen hoch angeschwollenen wasser
angeronnene grosse baumer völlig voneinander und hinwegg gerissen, mithin es eine
ohnmöglichkeit seye, solche hinwiderum in einem stand zu bringen, zumahlen da
solches der gähe strohm sothanen flusses und die häuffig mit sich führende baumer
ganz und gar nicht zuliessen, worüber ich sehr
bestürzet. Alsogleich bey der ankunfft zu Iagodina mich zu so gedachter Morava
brucken, um daß werck selbsten in augenschein zu nehmen und so vill imer
möglich zu poussiren eylete, auch würcklich die beschwerlichkeit solche hinwiderum
aufzurichten in der that befande. Nichts destoweniger in erwegung der grossen
angelegenheit hinwiderum zwischen 6 und 7 uhr abends einen anfang machen liesse, die
schiff ioch nacheinander aufzuführen, auch solches noch so weit brachte, daß gegen
10 uhr solche bis auf noch einige iöcher ferttig wurde, welche aber theils wegen des
eingefallenen finsteren nachts, theils auch wegen ermüdung der darbey sich
befundenen brucken leuthen (weillen solche den ganzen tag hindurch grosse strapatzen
erlitten) nicht völlig in einem stand gesezet werden könnte, begabe mich also zu des
ksl. großbottschaffters
excellenz hinwiderum nacher Iagodina zuruck, allwo mir zwischen 11 und 12 uhr in der nacht
der abermahlige rapport einlieffe, daß durch die schnell angetribene grosse baumer,
solche mit hinwegnehmung einiger ancker, wider völlig voneinander gerissen, auch
davon einige schiff gar hinweggeführet, auch einige ruiniret worden, worüber ich
herzlich bekümert mit aller eylferttigkeit mich alsogleich widerum dahin verfügete,
allwo mir bey meiner ankunfft von dem dabey gewesenen ksl. feldt brucken schreiber
Hezer, nebst dem bruckenmeister
und samentlichen knechten, die ohnmöglichkeit solchem ferers einen widerstand zu
thun und selbte zu einem würcklichen bestand zu bringen remonstriret wurde. Deme
iedoch ohnerachtet, weilen ihro ksl. mt. allerhöhster dienst
daran gelegen, so könnte solches keiner dingen anhören, sondern villmehr
den 13. dises bey anbrechenden tag mit allem eyfer
die anstalt vorkehrete, daß die hinweeg genohmene schiff widerum aufwerths durch die darzu vom land genohmene bauren gezogen, die ioch
nach einander aufgeführet und angeanckert worden. Auch solches mit hefftigen antrib
so weit brachte, daß gegen mittag solche widerum hergestellet und die baumer, so
vill alß es imer thunlich abgewendet wurden. Von dess verlässigkeit, nachdeme des
ksl. großbottschaffters excellenz die behörige avise
ertheillet, so komen auch selbte mit dero suite sambt dero bagage und trouppen eben
zu diser zeit
daselbst an und passirte selbigen
tags noch alles. Auch bey guter zeit gegen abend zu Parakin anlangte, allwo
dan übernachtet und alle anstalten zu der auswechslungs function vorbereitet wurden.
Weilen sodann in dem errichteten ceremoniel tractat verglichen, daß bey der ankunfft
einer dem andern theil (wie ein solches auß dess übersendeten copia gnädigst und
hochgeneigt zuersehen gewesen seyn wird) die behörige nachricht davon ertheillen
solte, so schicke den 14.
meinem secretarium unter convoy 4 national husarn zu pferd
mit einem schreiben an dem seraskier von Nissa, mit der
instruction auf die graniz, daß damit ihro ksl. mt.
allerhöchste authoritaet in allem observiret und der gegentheil in keiner sach
einige avantage gewinen möchte. Diser so lang auf der gränitz
verbleiben und keinen schritt weiters gehen solte, bis nicht gleichfalls
dessentwegen iemand von erst angezogenen seraskier zu Nissa
herüber gesendet wurde, welches auch gar wohl beobachtet und beyde zu gleicher zeit
die graniz passiret. Also daß nach 2 stunden ein expresser von bemeldten seraskier an mich abgeordneter aga mit
einem schreiben zu Parakin bey mir arrivirte. So mir des türckischen
großbottschaffters und seiner suite nebst des seraskiers
zu Nissa ankunfft zu Raschna zu wissen gemacht, welchen ich nachdeme ihn mit confecturen und
caffee bewürthet und beschencket, mit der antwortt remittirete. Einige stund hiernach langte abermahlen ein anderer aga bey mir mit einem schreiben an, welches sich auf daß
mündliche hinterbringen besagtem aga bezogen, so aber in deme
bestanden, daß in der übersezung in daß türckische, des in teutscher sprach
eingerichteten ceremonials, vermög deren wörtern signification begriffen, daß die
teutsche bey dem permutations actu mit klingenden spill erscheinen wollten, welches
ihnen von ihrem dollmetsch wäre interpretiret worden, daß
unsere trouppen mit blossen degen in der hand anrucken und darauf die sonnen spillen
sollte, ob dan deme also oder was dises vor eine bedeutnus haben möchte? Ich habe
ein solches mit lachen beantworttet und ihme die beschaffenheit dessen kund gemacht,
worauf er gar vergnügter, daß die teutschen nicht mit blossen degen erscheinen
wollten. Nach empfangung der ordinari höfflichkeiten und der schrifftlichen antwortt
zuruck gekehret, wornechst der von mir abgesendete expresser um 10 uhr abends mit der antworth von offt erwehnten seraskier auch zuruck ankomme, welcher nicht beschreiben könnte, was für
höfflichkeiten ihme von demselben wären erwisen. Auch mit einem dolomaliik rothen
tuch, einen stuck helalii, 1 stückl pur weissen, dan 1 stückl aleppischen atlas und
über dises mit 3 türckischen düchl wäre beschencket worden. Der mehr bemeldte seraskier aber ware vermög des innhalts des an mich
ergangenen schreibens sehr wohl zufriden, daß die 12 stund vor die dem tag darauf
festgestellte auswechslung von mir angegeben worden, also daß den 15. in aller fruhe alle dispositiones zu diser
hochfeyrlichen function gemacht, und also veranstaltet wurde, daß nachdeme die
bagage in aller fruhe voraus geschicket worden, so ist der ksl.
herr großbottschaffter, sambt dero suite und bedienung, in der völligen
gala und anderten liberey zwischen 6 und 7 uhr von Parakin aufgebrochen. Eingleiches habe
meinerseits beobachtet und alles pro decore ihro ksl. mt. bey diser gelegenheit angewendet, wo sodann
mit denen völligen trouppen 1 viertl stund ohnweit dem auswechslungsorth angelanget,
woselbst auch alsogleich der Türcken anäherung wahrgenohmen. Daselbst angehalten und
lauth der ceremonial bedingnus ein zelt vor dem ksl.
großbottschaffter alsogleich (wie es auch türckischer seits geschehen)
aufschlagen lassen und einem haubtmann zu dem seraskier von Nissa, gleichermass wie derselbe an mich einen
aga abgeschicket und die ankunfft zu wissen gemacht. Die
trouppen aber habe wehrender zeit en ordre de battaille stellen lassen und nach
erhaltener nachricht, daß ihrer seits gleichfalls alles in bereitschafft stunde, mit
besagten trouppen nebst denen in dem tractat verglichenen 12 officier, einen
hofmarschalln, 2 pagen, 2 lauffer, 8 heyducken, 20 laqueyen und 8 bedienten mit
handpferden unter klingenden spill und gewöhnlicher
feldmusic anmarchiret. Die trouppen aber seynd 60 schritt von der aussern saulen in
voriger ordnung verbliben. Ich hingegen mit meinem erstbemeldtem gefolg bis 15
schritt von obangeregten ersteren saulen mich in guter ordnung verfügete, allwo die
herrn officiers von ihren pferden abstigen. Ich aber zu pferde, mit nicht mehr dann
denen 12 officiers, einem hofmarschall, 2 pagen und 2 lauffers, alle zu fuß, mich
bis 5 schritt von der mitteren saulen begabe, wie ein gleiches von der ottomanischen
seiten beschahe. Woselbst dann der seraskier von Nissa eben
so weith von der mitleren saulen ienseits observirte, wie er auch gar wohl
beobachtete, wer der erstere von pferd sich herunter lassen möchte, wurde iedoch
nach einer kleinen verweilung daß tempo also getroffen, daß wir beyde zu gleicher
zeit abgestiegen und bey der mitteren saulen zusamen getretten, einander umfangen
und mit allen complimenten, iedoch iederzeit mit
bedecktem haubt (so bis dato niemahlen geschehen) bewillkomet, wo inmittelst
beyderseits die sessel herbeygebracht worden, worauf wir unß niderliessen und
wehrender zeit, daß wir iemand um die großbottschaffters zu
beruffen abgeschicket. Habe offt berührten seraskier
confecturen, caffee und limonada überreichen lassen, wie er dan auch auf ihre arth
mir erstlichen eine porcellan schallen mit etwas eingemachtes, sogleich darauf aber
durch seine chioadars eine schall cafee praesentiren und demnach riechendes wasser
zum waschen übereichen und ihrer gewohnheit nach mich berauchen lassen. Da nun des
ksl. grosbottschaffters excellenz ankunfft wahrgenohmen
und daß selbter in gleichem tempo mit dem türckischen
großbottschaffter bey der aussern saulen von dem pferd abgestigen und zu
fuß nebst dero gefolg gegen die mittere saulen hervor getretten, so bin dero selben
etwelche schritt entgegen gangen und mit gebung der
rechten hand bis an die mittere saulen geführet und da ein gleiches von türckischer
seiten beobachtet wurde. So hat es angefangen dergestalten zu regnen, donner und
blizen, daß einer dem anderen fast nicht erkennen können. Deme iedanoch
ohnangesehen, so haben sich beyde großbottschaffter nach
gethaner höflichster bewillkomung auf die zur rechten hand gestellte sessel
nidergelassen und der ksl. großbottschaffter mit einer sehr
schön und mit allen elegantien gezierten lateinischen anrede gegen dem türckischen angefangen, welcher auch solche sehr vernünfftig
beantworttet und demnach einer den anderen auf obangefügte weiß und manier
gleichfalls mit caffee und confecturen bewürthet hat. Iedoch dergestalt, daß
niemahlen von dem ksl. herrn großbottschaffter, noch von mir,
der hueth abgenohmen worden.
Alß nun gegen anderthalb stund die complimentirung und unterredung angehalten, so
ist beyderseits wehrender zeit der ge folg
sambt der bedienung und bagage (so sich unserer seits rechter, die türckische aber
lincker hand schwenckte) gegen einander permutiret worden. Ich unterdess habe sowohl
den ksl. herrn großbottschafftern als der seraskier zu Nissa dem seinigen bey der hand
genohmen und hingegen dabey so lang ohnvermerckter treniret, daß ehe und bevor ich
den ksl. übergeben, erstbedeuter seraskier mir den seinigen überantworttet. Ich habe
dem übernohmen alsogleich vermög des ceremonial schlusses die rechte hand gegeben,
wo wehrender diser übernahm beyderseitige trouppen unter continuirenden klingenden
spill und feld music auß denen mitgeführten 6 kleinen stückl und dem kleinen gewöhr
eine dreymahlige salve gegeben hat. Da nun dises vollzogen, so habe ich mich sowohl von dem seraskier von
Nissa als der ksl. von dem türckischen grosbottschaffter beurlaubet und ist ieder theil an den orth,
wo man von denen pferden abgestigen, widerum aufgesessen und da daß wetter sich
widerum zu diser zeit sehr verändert und sich gut
angelassen, mit dem übernohmenen türckischen
großbottschafftern zugleich neben einander mit gebung der rechten hand zu
denen trouppen zuruckgekehret. Wie ein gleiches der seraskier von
Nissa mit dem ksl. großbottschaffter, bis etwa eine
stund von dem auswechslungs orth mit völligen corpo begleitet, woselbst abermahlen
in einem alda schon aufgeschlagenem zelt, sothanen türckischen
grosbottschaffter und seiner suite caffee, confecturen und andere
refraichirungen cum omni splendore praesentiren liesse. Nach einer stündigen
verweilung aber, demnach einem hochlöblichsten ksl.
hofkriegsrath von dar den unterthenigsten gehorsambsten bericht über die
glücklich vollzogene auswechslung in aller eyl abgestattet, habe mich von ihme
beurlaubet und nach hinterlassung zu seiner convoy, des löblichsten vasquesischen
regiments obrist wachtmeister herrn marchese Botta mit 200
commandirten mit trompeten und paucken von denen 400
cuirassier reuthern, so auß Sclavonien hierzu destiniret
worden, habe mich mit denen übrigen trouppen wider nacher Parakin in daß vorige laager begeben, allwohin
auch der türckische großbottschaffter seine bagage voraus
geschicket und ein eigenes laager formiret hat und ist selbster nach etlichen
stunden auch dahin gefolget und allda des nachts verbliben. Ich hingegen habe mich
nicht mehr zu demselben begeben, sondern die weitere anstalten, wegen dessen fereren
marche, dem herrn oberkriegscommissario von Baumgartner und
herrn hofinungscommissario von Harene überlassen, auch durch
den ersteren so offt berührter großbottschafftern zu wissen
gethan, daß vermög eingehollter nachricht hinwiderum eine kleine brucken über die
Morava, gleich
ienseits gegen Parakin
fliessenden wassers sogenannten Raveniz schlagen lassen, durch
die höhe des wassers gehoben, ein stuck davon hinweck genohmen und zertrennet worden seye, mithin zu besorgen stunde, daß nicht etwa
noch einmahl die Morava brucken durch den gähen strohm und
anschwimmende baumer hinweggerissen werden möchte. Falls nicht der türckische großbottschaffter sich bey zeiten mit seinem gefolg und
angehörigem bagage darüber begeben und dise gefahr witiren wurde und könnte derselbe
alsdann disseits so lang verbleiben, bis er die conditiones wegen seines künfftigen
tractaments ausgemacht und geschlossen haben möchten. Dise aber, so wenig alß alle
andere remonstrationes, haben ihn dahin bewegen wollen, daß er sich von dorten
selbigen tags, alß
den 16. in der fruhe hinwegg begeben und die brucken
passiren möchte, sondern er sich declariret nicht ehender von dar aufzubrechen, bis
man nicht mit ihme daß behörige wegen seiner künfftigen verpfleg- und unterhaltung
concludiret haben wurde, es seynd hingegen seine anforderungen so groß, daß solche nicht leichter dingen zu prostiren seynd. Ich habe
hierüber zu tractiren denen obbemeldten herrn oberkriegscommissario von Baumgartner und dem spesirungscommissario Harenne daß werck überlassen und mich von danen hinweg zu
bedeuter kleinen brucken begeben, solche hinwiderum zu seinem stand gebracht und
noch selbigen tags meine reyß sambt denen übrigen
trouppen bis nacher Iagodina fortgesezet und ihnen allda den weitern befehl wegen ihres
ruckmarche ertheilet. Ich aber habe mich in aller eyl nacher Belgrad zuruck begeben und
daselbst den 18. huius zwischen 12 und 1 uhr
eingetroffen. Die pomp und magnificenz bey disem hochfeyrlichem actu ist beyderseits
gros gewesen. Ich kan aber dabey einem hochlöblichsten ksl.
hofkriegsrath unterthenigst gehorsambst versichern, daß der ksl. dem ienseitigem splendorem in allem übertroffen habe und
sehr zu bedauren, daß daß plözlich ein gefallene starke
regenwetter vill von dem ansehen verhindert hat.
Worüber ich mit allen umständen dem unterthenigst gehorsambsten bericht euer
hochfürstliche durchleuchtigste excellenz und meinen hochgebiettenden herrn ohngesaumbt abzustatten für gut befunden habe. Belgrad den 21. Iunii 1719.
1719 15. Iuni
Deß general Oduyr relation über den außwexlungs actam
deren bey den großbothschafften de 1719.