Continuatio Diarii des von Ihro Römisch=Kaiserlich= und Königlich=Catholischen Majestät an die Ottomannische Pfort abgeschickten Groß=Botschafters / Titl. Herrn Damian Hugo / Grafen von Virmont rc. Allerhöchstgedacht=Ihrer Kaiserlichen Majestät würklich=geheimen= und Hof=Kriegs=Rahts / General=Feld=Zeugmaisters / wie auch bestelten Obristen über ein Regiment zu Fuß / als von dem Tag dessen Aufbruchs von Nissa, und Anlangung zu Constantinopel / dan alda gehaltenen Einzugs / und so wohl bey dem Groß=Vezier / als Groß=Sultan selbsten Vom 13. Juny bis 10. Augusti 1719

Dieses Dokument ist samt der Geschenkliste auch Teil des Wienerischen Diariums vom 2. September 1719, die Dokumente sind vom selben Satz gedruckt. Der Bericht umfasst acht Seiten, die Geschenkliste weitere vier; diese drei Bogen sind hier eingebunden.

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Continuatio Diarii des von Ihro Römisch=Kaiserlich= und Kö
niglich=Catholischen Majestät an die Ottomannische Pfort abge
schickten Groß=Botschafters / Titl. Herrn Damian Hugo / Grafen von Virmont etc.
Allerhöchstgedacht=Ihrer Kaiserlichen Majestät würklich=geheimen= und Hof=Kriegs=
Rahts / General=Feld=Zeugmaisters / wie auch bestelten Obristen über ein Regiment
zu Fuß / als von dem Tag dessen Aufbruchs von Nissa, und Anlangung zu Constanti
nopel / dan alda gehaltenen Einzugs / und so wohl bey dem Groß=Vezier /
als Groß=Sultan selbsten
Vom 13. Juny bis 10. Augusti 1719.


DEn 23. Juny. Nachdeme wir Gestern von Nissa wieder aufge
brochen / marschirte man nicht weiter / als 2. Stund Weegs / Heut aber rei
seten wir bis Musta Bassa Palankese, so in allem 7. Stund von besagtem Nissa;
Darauf wir /


Den 24. Dito / zu Scharküi Türkisch / Bulgarisch aber Pirot genent / in einem
zimlich weitläuffigen Ort angelanget; Daselbsten der Kaiserliche Herr Groß=Bot
schafter aus dreyen Stucken / so auf dem aldasig=alten Schloß gepflanzet / mit
einer dreymaligen Salve begrüsset: und darauf gleich dick daran das Lager geschla
gen worden; Nächst an diesem Ort gibt es unvergleichlich schöne Brunquellen / so aus
einem lebendigen Felsen=Berg gleich dem obgedachten Schloß über heller / als Chry
stall / entspringen.


Den 25. Dito wurd alda Rasttag gehalten; Daselbsten man dem Kaiserli
chen Herrn Groß=Botschafter / dem aller Orten grosse Ehr angetahn wird / einen
Sclaven / so denen Venetianern gedienet / und ein Tyroler von Geburt / frey ge
schenket hätte.


Den 26. Dito brache man wieder auf / und marschirte his Sarebrud, und von dar /


Den 27. Dito / nach Halkale, dan /


Den 28. Dito / anderthalb Stund an Sophia, bey dem Bach Philippowza;
Von dar brache man /


Den 29. Dito / in der Fruh / wieder auf / und stellete sich ein gute vierdtel
Stund von der Stadt in unsere bey dergleichen vornehmern Orten gewöhnliche
Einzugs=Ordnung / marschirte darauf in der Parada durch Sophia bis an die Burg /
oder Serail des Hassan Bassa, so vor diesem Guverneur des Landes gewesen / darin
nen der Kaiserliche Herr Botschafter mit dessen meistem Gefolg logiret worden; Die
ser Ort ist zwar ganz offen / aber nach Türkischer Art wohl gebauet / und recht
angenehm gelegen; Es hat ein vortreflich warmes Bad / und viel vornehme Mo
scheen; Fünf oder 6. Stund nach unserer Ankunft hat sich ein Weibs=Person in des
Kaiserlichen Herrn Groß=Botschafters Quartier saluiret / welcher zwar ihr Mann /
und noch einige Türken nachgesetzet / in Willens selbige aufzuhalten / allein sie ent
kam ihnen doch glücklich; Derselben gabe der Kaiserliche Herr Groß=Botschafter
den Schuz.


Den 30. Dito wurde dahier Rasttag gehalten / und die Vorspan abgelöst; Die
sen Tag verlangte obgedachtes Weibes ihr Mann / so wegen Gestriger vor des
Kaiserlichen Herrn Groß=Botschafters Quartier erwiesener Ungestimme von denen Tur
ken in die Eysen geschlagen worden / vor den Herrn Groß=Botschafter gebracht zuwer
den / welchen hierauf der Kadi, oder Richter / auch sogleich folgen lassen; Jener / als er
vorgelassen worden / bekennete / daß er zwar ein Mahometaner / aber mit Gewalt / und - 16 -
vielen Schlägen darzu gemacht worden; Er wär ein Oesterreicher von Geburt /
und wünschte / wieder ein Christ zuwerden / bahte auch zu dem Ende den Kaiser
lichen Herrn Groß=Botschafter / er mögte sich seiner annehmen / und ihn nicht wie
der denen Türken ausfolgen lassen; So auch geschehen / und werden nun beyde
mit nach Constantinopel genommen; Inzwischen aber / weil gedachtes Weib aus
gesagt / daß sie vor dem schon einen Mann in Sachsen / alda sie auch gebürtig /
gehabt / und nicht wüste / ob er tod: oder lebendig seye / wurde diesen beyden Leu
then die fernere Beiwohnung von Stund an eingestellet / und verbotten.


Den 1. July brache man von dar wieder auf / und marschirte wegen des spaten
Aufbruchs nicht weiter / als 2. Stund / alda an dem Fluß Iskra das Lager ge
schlagen worden; Hierum hat es ein grosse Menge Käfer gegeben / so denen un
serigen fast ähnlich / nur / daß sie grösser / und an denen Flügelen weisse Striemen
und Flecken hatten.


Den 2. Dito marschirte man weiter bis Jinehan, so wegen des vortreflich= alda
neugebauten Han also genant; Dergleichen Gebäude gibt es in der Türkey
fast aller Orten / darinnen reysende Kaufleuthe ihr Einkehrungen zunehmen pflegen.


Den 3. Dito geschahe der Aufbruch gleich nach Mitternacht / und kamen wir
gegen 10. Uhr in der Fruhe bey Ichteman, einem offenen Städtel an; Die Gegend
da hierum ist unvergleichlich angenehm / und voller Dörffer.


Den 4. Dito wurde Rasttag gehalten; Des Abends entstund ein unge
mein=grosser Plaz=Regen / mit einem so gewaltigen Wind vermischt / daß fast die
meiste Zelten davon niedergerissen: die Wägen aus ihrer Stelle bewegt: und bis
30. Schrit fortgetrieben: auch ein Theil / so nach der Zwerch dem Wind entge
gestanden / gar umgestürzet worden.


Den 5. Dito hatte man / der grossen Tages=Hiz zuentgehen / wieder / wie
Vorgestern / die meiste Nacht mit marschiren zugebracht / dergestalten / daß man gegen
6. Uhr / Fruh / albereit das Lager / so an dem Fluß Mariza geschlagen / mit der Ba
gage erreichet; Der Kaiserliche Herr Groß=Botschafter aber ist mit denen Cavallie
ren und Edelleuthen bald von Ichteman Seitwärts ins Gebürg / die Trajanische
Pforte / so anjetzo nur noch ein Stuck altes Gemauers / zubesichtigen / von der
ordinari Strassen abgekehret / und um 10. Uhr gleichfals im Lager angelangt.


Den 6. Dito wurde mit dem Aufbruch eben so / wie bey denen zwey leztern
Marschen gehalten / also / daß gegen 9. Uhr schon alles im Lager bey Serembe ein
gerucket; Unter allen Marschen / so wir seit der Auswechslung her meistentheils zwi
schen ein=continuirlichem Gebürg gehabt / ware keiner von so grossen Defileen / viel
engen Passagen / und tiefen Gräben / die von denen aus dem beyderseitigen Ge
bürg herabschiesenden Bächen etliche Klafter tief in purem Felsen ausgeholet / als
eben dieser.


Den 7. Dito langte man in Basartseck, einer Sophia fast ähnlichen Stadt /
an; Alda man / wie zu Sophia, in denen Häusern einlogiret worden.


Den 8. Dito wurde daselbst Rasttag gehalten / alwo bis 10. Sclaven ver
schiedener Nationen von denen P. P. Trinitariern losgekauft worden.


Den 9. Dito darauf ware man wieder aufgebrochen / und / wie lezthero ge
schehen / gleich nach Mitternacht der Aufbruch gemacht; Man passirte Philippopolis, und
langte ein halbe Stund davon in dem daselbst ausgesteckten Lager an ; Die Wä
gen und Reut=Pferde wurden noch selbigen Tag ausgewechslet; Weilen man sich
dis Orts wegen grassirender Seuche nicht verweilen wollen.

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Diese Stadt / so an obbesagtem Fluß Mariza gelegen / hat ein schönen Prospect /
indeme selbige hoch an einem Feisen=Berg gebauet / von dannen man in die daran
liegende Frucht=Felder / und Mayerhöfe / derer alda sehr viel gibt / recht lustig aus
sehen kan; Des folgenden Tags / als /
Den 10. Dito / marschirte man nicht weiter / dan anderthalb Stund; Weilen
man mit dem umladen erst gegen dem Mittag fertig werden können.


Den 11. Dito, giengen wir eine Stund über Papale, und /


Den 12. Dito / gewöhnlicher Massen gleich nach Mitternacht etlich= angesteckten
Dörffern vorbey / nach Semischtse; Daselbsten /


Den 13. Dito / Rasttag gehalten:


Den 14. Dito aber nach Usontsche Ova, und /


Den 15. Dito / nach Mehemet Bassa marschiret ward; Alhier gibt es ein wun
derschön=steinern=grosse Bruck über den Fluß Mariza, so nach dem , der sie
bauen lassen / zusamt dem Ort den Namen führet; Dahier wurde /


Den 16. Dito / Rasttag gehalten /


Den 17. Dito aber wieder bis Harmanla: und /


Den 18. Dito / zwey Stund an Adrianopel marschirt.


Den 19. Dito hielten wir den Einzug in Adrianopel in der gebräuchlichen
Ordnung / und halber Galla; Die Stadt ist zwar meistens offen / ausser / daß ein
kleiner Theil mit einer alten Mauer / und baufälligen Thürnen / gleichsam einer
Burg / umfangen / aber von einer verwunderlichen Grösse; Alhier ist / nebst der Kai
serlichen Residenz und Garten / so ausserhalb der Stadt in einer Lustvollen und mit
Cypressen bepflanzten Gegend gelegen / auch die schöne Moschee berühmt / welche
der Kaiser Selim bauen lassen / meistentheils von Marmor und Alabaster / sonderlich
die Saulen / so die Schwiebogen unterstützen; In der Mitte des Vor=Hofs ist ein
Springbrunn von purem Alabaster / wie in der Moschee selbsten / auch einer an de
nen 4. Thürnen / also um die Moschee ins quadrat stehen / dabey wegen ihrer verwun
derlichen Höhe und Schönheit des Baumaisters grosse Kunst zuverwundern; Je
der von diesen Thürnen hat drey Cränze / von welchen der Messin-Effendi die Beht
stunden ausschreyet / massen die Türken keine Glocken haben / so des Abends / wei
len sich eben diesen Tag ihr Ramazan, oder Fasten angefangen / alle mit unzahl
baren Lampen beleüchtet worden; Dergleichen Moschee soll keine in ganz Türkey /
ausser zu Constantinopel / zufinden seyn.


Den 20. und 21. Dito wurd aldort / wegen Auswechslung der Vorspan /
still gehalten; Da während dessen viele Sclaven von denen P. P. Trinitariern auf
gesucht / und frey gekauft worden.


Den 22. Dito brache man von dar wieder auf / und nahme den Zug bis
Havsa, aldahin 2. Sclaven aus Adrianopel nach geflüchtet.


Den 23. Dito kamen wir zu Baba Escisene, und /


Den 24. Dito / zu Burgas an; Daselbsten /


Den 25. Dito / Rastag gehalten worden.


Den 26. Dito wurde bis Carischtran:


Den 27. Dito bis Tsorlo, und /


Den 28. Dito / bis Silivra, einer nah am Mare di Marmora gelegenen / und
nach alter Manier wohl befestigten / aber schon sehr baufälligen Stadt / marschiret;
Alda man /


Den 29. Dito / gerastet /


Den 30. Dito aber wieder aufgebrochen / und bis Ponte grande, Türkisch - 18 -
Biuk Stsockmetse, wegen der 800. Schritt lang=steinernen Brucken über den daselb
stigen Meer=Armb also genant / angerucket / dan endlich nach einer Reiß von
dritthalb Monat /


Den 31. Dito / über Ponte picolo, oder Güitsuk Stseckemetse, vollends Constan=
tinopel auf ein halbe Stund erreichet; Da nun der Kaiserliche Herr Groß=Bot=
>schafter unterdessen in gewisse Erfahrung gebracht / daß in der Stadt Constantino
pel / und auch in den umliegenden Vorstädten böse Krankheiten und die Contagion
grassirete; So hatte derselbe rahtsam befunden / sich nicht sogleich nacher Pera hin
einzubegeben / und das daselbst angewiesene Quartier zubeziehen / sondern durch Ab
schickung an die Pforten ein ander=gesundes Ort ausser Constantinopel zubegeh
ren; Welches auch gleich verwilliget: und ein halbe Stund von der Stadt zwey
Garten=Häuser zubereitet worden; Das erste und vornehmere dem jezt in Wien
anwesend=Türkischen Herrn Groß=Botschafter / Ibrahim Bassa: das anderte aber
des Groß=Sultans Obrist=Stallmaister gehörig; Immittels bis diese Garten=
Häuser völlig zum logiren zugerichtet / hatte man sich / wie vorher / mit denen Zelten be
helffen müssen / bis daß die Pest / welche stärker / als andere Jahr / allhier grassiret / in
etwas abnehme; Es ist sich nicht zuverwunderen / daß die Pest Jährlich ein unbeschreib
liche Menge des Volks hinwegnimt / weilen man selbe nicht achtet / und keine Anstalt da
gegen zumachen pfleget; Der Kais. Hr. Groß=Botschafter schickte noch selben Tag seinen
Herrn Hof=Marschall / dem Groß=Vezier seine Ankunft zuerinneren / jener kam
Abends mit einer sehr höflichen Antwort wieder zuruck / zugleich meldend / daß der
Einzug den dritten / die Besuchung bey dem Groß=Vezier aber den fünften / und
bey dem Groß=Sultan den achten Augusti die Audienz seyn würde;


Und ware deswegen Hochgedachter Herr Groß=Botschafter von Seiten der Pforte
sehr ersucht worden / auf daß die Audienz beym Groß=Sultan noch in dem Ramazan,
das ist in dem Türkischen Fasten=Monat / geschehen möge; Damit dem Herrn Groß=
Botschafter die gewöhnliche Ehre wiederfahren könne / der Auszahlung des Solds
für die Janitscharen beyzuwohnen; Welche sonsten erst in 3. oder 4. Monat vor
beygehe / und man von Seiten der Ottomannischen Pfort ein grosse Ehren Bezei
gung unterlassen zuhaben vermeinen wölte / wan sie die Audienz ohne diese Zah
lung geben tähte; Dahero der Kaiserliche Herr Groß=Botschafter sich entschlossen /
wiewohl die Zeit sehr kurz / dannoch dazu sich zubequemen.


Den 1. Augusti. Heut schickte der Kaiserliche Herr Groß=Botschafter
einen Edelmann zu dem Französischen Herrn Botschafter / einen andern zu dem
Engellischen: und den dritten zu dem Holländischen / denenselben ebenfals seine
Ankunft zuerinnern; Nachmittags kame der Mauro Cordato, dessen Groß=
Vater Gevollmächtigter beym Frieden=Schluß zu Carlowitz gewesen / und der an
jetzo die Dienste als Dollmetsch bey der Pforte versthet / bey dem Kaiserlichen
Herrn Groß=Botschafter an / und bewillkommete denselben im Namen des Groß=
Veziers; Der Französische Herr Botschafter schickte auch ebenfals seinen Legations-
Secretarium, um den Kaiserlichen Herrn Groß=Botschafter zucomplimentiren; Ein
Augenblick darnach sendete der Groß=Vezier 20. Personen mit Früchten und Blu
men in Körben zu dem Kaiserlichen Herrn Groß=Botschafter / so ein Zeichen einer
sonderbaren Hochachtung; Die Deputirten von Ragusa schickten ebenfals / den Kai
serlichen Herrn Groß=Botschafter zucomplimentiren.


Den 2. Dito wurde der Vormittag / als am Portiuncula=Fest / mit der Andacht
zugebracht / und ein solenne Meß mit der Music gehalten; Nachmittags schickten
die Herren Botschaftere / als Engellische= und Holländische / ihre Cavalliers zu dem - 19 -
Kaiserlichen Herrn Groß=Botschafter / um bey ihme das Gegencompliment abzule
gen; Diesen Tag wurden die Galla=Livereyen ausgetheilet / um Morgen den so
lennen Einzug in die Stadt Constantinopel zuhalten.


Den 3. Dito. Heute wurd in der Nacht das Zeichen mit den Trompeten
gegeben / sich zum Einzug fertig zumachen / es kamen auch fürden Kaiserlichen Herrn
Groß=Botschafter / dessen Herren Cavaliers und Edelleuthe / wie auch Officiers und Be
dienten / ausgenommen was in der Liverey ware / Pferde aus des Groß=Sultans Stall
mit kostbaren Sättel und Zeug / um den Einzug zutuhen / auch wurden etwelche Cale
schen bespant / nebst denen 3. Wagen von dem Kaiserlichen Herrn Groß Botschaf
ter / welche mit seinen 3. Zügen mitgiengen; Es formirte sich also der Einzug / wie
er zu Wien gehalten worden / und hatten wir über ein starke Stund zumarschiren /
ehe wir in die Stadt kamen; Unter Weegs warteten auf uns viel= vornehme
Türken zu Pferd / uns zubegleiten / unter diesen vornehmen Türken befande sich auch
der Chiaus-Bassa, welcher vor dem Kaiserl. Herrn Groß=Botschafter vorausgeritten.


Besagter Chiaus-Bassa führte uns nachdem in ein Lust=Hauß / ein halbe Stund
ausser der Stadt / einer Sultanin zugehörig / alwo wir von dem Groß=Vezier tracti
ret wurden; Dieses Tractament bestund in gebacken=gebraten= und gedämpften
Hünern und Tauben / auch auf unterschiedliche Manier zugerichteten Fischen / zubereites
tem Reis / und in ein= und andern Gebacken= und Zucker=Werk; Daß es bey denen Tür
ken etwas ausserordentliches muß gewesen seyn / ist aus diesem abzunehmen / daß der
Groß=Vezier / als er in Gegenwart unsers Dollmetschers dieses Tractament angeschaf
fet / hinzugesetzet hat / daß es nicht ein Ordinari=Botschafter wäre / wie die andere / son
dern der Kaiserliche Herr Groß=Botschafter; Und ware dieses Tractament in sol
chem Uberfluß / daß sowohl die Cavalliers / Edelleuthe / Officiers und Bedienten /
als auch Soldaten noch eine Menge derer Speisen übergelassen / welche / samt denen
Löffeln / nachgehends die Türken denen Kindern derer armen Griechen ausgethei
let haben. Von dannen aus sezten wir uns wiederum zu Pferd / und erreichten
endlich in einer halben Stund die Stadt=Mauren.


Man ware durch ein grossen Theil der Stadt herumgeführet worden; Bey den
Thören Crenzweiß / und in viel andern Oertern seynd die Janitscharen in langen
Reyhen mit ihren Officieren spallirt gewesen / und kan man ohne Ruhm sagen / daß
dieser des Kaiserlichen Herrn Groß=Botschafters Aufzug / besonders in so prächtig=
Teutscher Kleydung bey dem hiesigen Volk / und Inwohnern / was vorley Nationen
sie seynd / so in einer fast unbeschreiblichen Menge zugeschauet / ein über die Massen
grosse Verwunderung und Belobung erwecket habe;


Im Zuruckweeg seynd wir wiederum von den vornehmsten Türken bis ein
halbe Stund ausser der Stadt begleitet worden / und / sobald uns solche verlassen /
seynd wir nicht mehr in der Ordnung / sondern nach unserer Gelegenheit bis in das
Lager geritten.


Den 4. Dito. Heute / Fruh / schickte der Kaiserliche Herr Groß=Botschafter
den Herrn Baron Zwifel zu dem Groß=Vezier / ihn zucomplimentiren / und ihme
zumelden / daß er Morgen sich die Ehre geben werde / ihn zubesuchen; Diesen
Vormittag kame der General=Proveditor von dem Heil. Land vom Franciscaner=
Orden / und übergabe dem Kaiserlichen Herrn Groß=Botschafter ein Memorial /
welches drey Puncten in sich gehalten: Erstlich / daß der Kaiserliche Herr Groß=
Botschafter durch seine Anthoritæt bey der Ottomannischen Pfort auswürken möge /
daß die Griechen das Decretum, durch welches die Catholische wiederum in den Be
siz des Heil. Grabs seynd gesetzet worden / mit der Clausul / nichts ohne Mitwis= - 20 -
sen der Griechen zutuhen / und dieses zwar durch Vermögenheit des Französischen
Herrn Botschafters / nicht in einem zu weitläuffigen Verstand nehmen solten;
Andertens / daß man erlauben möge / ein Dach nur von Holz über das Heil. Grab
zumachen; Und drittens / daß man den Berg Sinai / ohne Gelt zugeben / bestei
gen und besuchen könte; Der Mahomet Effendi, gewest=anderter Gevollmächtigter bey
denen Friedens=Tractaten zu den Kaiserlichen Herrn Groß=Bot
schafter zubesuchen / und bezeigte ein absonderliche Freude mit Umarmbung / sol
chen zusehen.


Den 5. Dito. Nachdeme man die Reut=Pferd von dem Groß=Vezier überschicket /
und die Chiaus den Herrn Groß=Botschafter abgeholet / ritten wir ohne Fahnen und
Standarten / ohne Drommel und Paucken / auch ohne die Garde von denen Gre
nadierern / bis an das Thor vor Constantinopel / alwo wir uns in die Ordnung ge
sezt / und ein starke Stund in der Stadt zugebracht / ehe wir zu dem Pallast des
Groß=Veziers kamen; In dem ersten Hof stiegen die Cavalliers / und Edelleuthe
vom Pferd / giengen zu Fuß durch den anderten und dritten / alwo sich erst der Herr
Groß=Botschafter vom Pferd liese; Man führte uns durch ein lange Galerie / in wel
cher unterschiedliche Türken mit ihren ungemein=grossen Bünden auf einer Seiten ran
girt stunden / in das Audienz=Zimmer; Als der Groß=Vezier den Herrn Groß=Bot
schafter bewillkommete / machten die in ansehnlicher Menge umstehende Türken zweymal
ein grosses Geschrey / ihre Freud und Frolocken zubezeigen; Der Herr Groß=Botschafter
sezte sich auf einen mit rotem Damast bedeckt=niederen Sessel / welcher also gestelt ware /
daß er den Rucken der Thür gezeiget; Der Groß=Vezier aber liese sich gleich gegen über
in einem Eck auf einen Polster nieder / aufhabend einen sehr hohen Kalibi mit
3. Ecken / um welchen ein vergoldtes Band geflochten war / es stunden um und
um in dem Zimmer vornehme Türken eben mit hohen Bünden / so ein Zeichen /
daß sie vom Kaiserl. Hof seynd; Der erste von dem Groß=Vezier ware der Chiaja
Aga; Der Herr Groß=Botschafter fienge seine Red in Latein an / welche der Mauro
Cordato dem Groß=Vezier auf Italianisch verdollmetschete / die bestunde / daß Ihre
Römisch=Kaiserlich= und Königlich=Catholische Majestät / als Die den Herrn Groß=
Botschafter nach der Ottomannischen Pforten abgeschicket / befohlen / den Groß=Ve
zier in Dero Namen zubesuchen und zubegrüssen / und / gleichwie derselbe in diesem
gross= und mächtigen Reich grosse Authoritæt und Vermögenheit habe / als recom
mendirten Ihre Kaiserliche Majestät / daß er möge darob seyn / daß alles dasjeni
ge genau gehalten werde / was in denen Friedens Tractaten zu Possaroviz veran
lasset und geschlossen worden / vor seine Person erfreue er sich / einen Minister von
dieser grossen Würde zusehen / und wünsche nichts mehr / als genaue Freundschaft
mit Ihme zustiften; Er / Herr Groß=Botschafter / sezte hinzu / daß / was er weitläuftig
gesaget / enthielte auch das Schreiben von Ihro Kaiserlichen Majestät / welches der
Herr Graf Bathiany überreichte / und der Brief vom Kaiserl. Kof=Kriegs=Rahts=Præ
sidenten und General=Lieutenant / Ihro Hochfl. Durchl. Prinzen Eugeny / den der Herr
Ingenieur=Hauptmann Oebsclowiz übergabe; Es folgten noch ein= und andere Dis
cursen / unter andern sagte der Kaiserliche Herr Groß=Botschafter: es wolle sich
zwar nicht gebühren / daß man gleich Anfangs von Geschäften redete / allein hab
ihn ersuchen wollen / daß er ohne Zeit=Verliehrung die vom Groß=Sultan ge
fangene Sclaven auf freyen Fuß zustellen / und von Particular=Herren gegen
ein billigen Preiß loszumachen / den Befehl mögte erfolgen lassen; Darauf der
Groß=Vezier antwortete: daß der Herr Groß=Botschafter / als erster Plenipotentiarius
bey dem Friedens=Congreß / selbst besser wisse / daß diese Puncten darin enthalten - 21 -
wären / und also sey er vermög des Friedens=Tractats verbunden / solches zutuhn;
Man gabe dem Kaiserlichen Herrn Groß=Botschafter ein Tatzen Caffee / besprizte
die Hände mit Rosen=Wasser / und brachte einen Rauch / um ihn anzurauchen;


Die von Ihro Römisch=Kaiserlich= und Königlich=Catholischen Majestät dem
Groß=Vezier überschickte Präsenten wurden vorgetragen / und von dem Cassier ein
Stuck nach dem andern dem Vezier gewiesen; Nach diesem wurde dem Kaiserl. Herrn
Groß=Botschafter ein reicher Zobel=Pelz angetahn / die Herren Cavalliers aber und an
dere von der Hofstatt bekamen Caftans / deren wohl über ein 100. ausgetheilet wurden;
Nach beschehener Beurlaubung wurde dem Kaiserl. Herrn Groß=Botschafter auch ein
schön=schwarzes Pferd mit Sattel und Zeug präsentiret / auf welches sich gesetzet /
und / in Begleitung vieler Chiaus und Bassen / samt denen Janitscharen / wieder zuruck
gekehret / und ein andern Ruckweeg genommen hatte.


Den 6. Dito schickte der Kaiserliche Herr Groß=Botschafter den Herrn
Grafen Königl zu dem Groß=Vezier / ihn zufragen / wie er sich befinde / und sich zu
bedanken für die Ehre / welche er Gestern bey ihm empfangen; Der Groß=Vezier
ließ ihm entgegen wiederum ein höfliches Compliment machen; Nachmittag kame
der Französische Botschafter / Herr Marquis de Bonac, den Kaiserl. Herrn Groß=Bot
schafter zubesuchen / in Begleitung vieler Französischen Kaufleuthen / und hielte sich
über ein Stund auf / dabey präsentirte der Kaiserliche Herr Groß=Botschafter ihme
alle Herren Cavalliers /


Den 7. Dito zoge der Kaiserliche Herr Groß=Botschafter aus dem Lager in
eines bemeldter Garten=Häuser / oder Serailen / nachdeme selbige ganz ausgelüftet
und zugerichtet gewesen; Sonsten ist Heut nichts neues passiret.


Den 8. Dito. Nachdeme zu der Heutigen Audienz bey dem Groß=Sultan angesa
get worden; Und der Gebrauch / daß man wegen vieler darbey vorgehenden Acten
zeitlich / und zwar vor der Sonnen Aufgang sich in dem grossen Serail einfinde; Als
wurd um 12. Uhr / in der Nacht / mit der Trompeten das Zeichen gegeben / sich bereit
zumachen / es kamen aus des Groß=Sultans Stall die Pferde für den Kaiserl. Herrn
Groß=Botschafter / für die Herren Cavalliers / Edelleuthe / und Officiers von dem
Gefolg / davon die erstere mit silber= und goldenen Zeugen / auch reich=gestickt=langen
Waldrappen aufgebutzet waren; Wir brachen um 1. Uhr von dem Garten=Hauß auf /
und / wie es noch finster ware / haben die Janitscharen mit Pech=Fackelen geleuchtet; Bis
an die Stadt=Mauren ritte ein jeder nach seiner Gelegenheit / die andere rangirten
sich in die gewöhnliche Ordnung; Der Kaiserl. Herr Groß=Botschafter fuhr in seinem
Wagen mit 6. Pferden bespant / alda sezte er sich zu Pferd / und über eine Stund brachten
wir in der Stadt zu / ehe wir das Serail erreichten; An der Pforte begegnete dem
Kaiserlichen Herrn Groß=Botschafter der Chiaja Aga, oder Ober=Hof=Maister vom
Groß=Vezier mit den vornehmsten Türken / alle mit hohen Bünden zu Pferd / de
rer Anzahl sich wohl gegen hundert erstreckte; Als der Gefolg durch ein lang= und
weiten Vorhof passirte / liesen sie sich von denen Pferden / der Kaiserliche Herr Groß=
Botschafter aber stiege ab an dem Stien / wo alle Groß=Veziers abzusteigen pflegen;
Ehe man den innern Hof betratte / legte alles die Degen ab / ausser dem Kaiserli
chen Herrn Groß=Botschafter / so ohnedem in einem kostbaren Mantel=Kleyd ritte /
von seinen Heyducken / welche mit ihren Sabelen / Patron=Taschen und Pusican
versehen / auf beyden Seiten umgeben; Und kame dem Kaiserlichen Herrn Groß=
Botschafter bey dem andern Hof=Thor (in welchem Hof bey 30000. Janitscharen
in der Ordnung / wie auch ein grosse Menge von allerhand Hof=Bedienten stunden /
und weilen ein jede Charge in der ganzen Türkey ein besondere Art von Turband - 22 -
traget / also / daß man eines jeden sein Amt / ja so gar seine Geburt / ob er ein
Araber / ob er aus Mahomets Geschlecht / ob er ein Christ / oder Jud / aus dem Tur
band erkennen kan / so ware deren hier auch unzahlbare Sorten zusehen) gleich
bey dem Eintritt / der Capuzilar-Chiajasi, oder Obrist=Cammerer / mit einem silberney Stab
in der Hand / welchen er allezeit im Gehen auf die Erden gestossen / mit vielen
Capizi-Bassen, oder Cammereren entgegen; Von welchen er in den Divan geführet
wurde; Gegen der Thür / oben an / sasse der Groß=Vezier / in einem weissen Kleyd /
von Satin und Zobel gefüttert / und ein dreyeckigten Bund mit einem Gold=Band
geflochten auf dem Kopf habend / auf seiner rechten Hand etwas entfernet der erste
Vezier Capitain-Bassa, oder General=Admiral / und auf der Linken die 2. Kades Legmir.
oder die 2. vornehmste Richter über die in Europa und Asien gelegene Länder neben sich
sitzend; Der Kaiserliche Herr Groß=Botschafter wurde zur rechten Seiten zu dem
Verwahrer des Groß=Sigills gesetzet / auf der linken Seiten sasse der Tefterdar, und
2. Cammer=Präsidenten mit 2. andern Titular=Präsidenten;


Alsdan wurde Divan, oder Gericht gehalten / um die geschwinde Justiz zu
zeigen / so in einem Procoß bestunde / da der Groß=Vezier nach gehandelter
Nohtdurft der Parteyen / worbey der Reis-Effendi, oder Canzler / referirte / den
Sentenz gefället; Es wurden darauf auch etliche Memorialien expediret / entwe
der solche zuunterschreiben / oder sie zuzerreissen; Nachdeme dieses vorbey / trate
der General Lieutenant / oder Janitscharen Aga mit vielen andern Officieren
hinein / wobey der ihrige General=Commissarius viele Schriften in der Hand
halte / in welchen der Sold für die Soldatesca enthalten war; Dan kam auch
der Chiaus-Bassa, oder Marschall / mit einem Schreiben von dem Groß=Sultan an
den Groß=Vezier / welcher solchem bis an die Thür des Divans entgegengienge / und bey
dessen Empfang / auch erbrochenem Schreiben an den Mund und Stirn druckte; Dan
ware der Befehl / die Soldstesca zubezahlen / dessentwegen 2360. Beutel / jeder von
500. Rthlr. aus der Schaz=Cammer in den Divan gebracht: und sowohl linker= als
rechter Seiten vor dem Groß=Vezier in Hauffen zu 10. Beutelen ordentlich gelegt
wurden; In diesen ware dreyerley Müntz / als Groschen / Gulden und Ducaten /
und ein jede Sort wurde dem Groß=Vezier gewiesen / daß es ein gerechte Müntz
wäre; Man hatte die Beutel zu 30. 40. 50. gezählet / und hinaus vor den Divan
auf ein Pflaster getragen; Die Commandanten von denen Janitscharen stunden vor
der Thür in der Ordnung / und die Janitscharen hinterwärts / und warteten auf das
Gelt / so bald nun der Officier von der Schaz=Cammer eine Rott Janitscharen / in
welche sie abgetheilet waren / bey dem Namen nennete / kamen selbe mit gröster Gewalt
angeloffen / und die geschwindeste unter ihnen ergriffen einen Beutel / legten solchen
auf die Achsel / und kehreten wiederum zuruck mit ihrem Commandanten / welcher
vor dem Groß=Vezier zwey tieffe Neigungen machte / auf dem Kopf ein ungemein
hoh ausgebreit= weisse Feder tragend; Bey diesem Auszahlen und Lauffen der Ja
nitscharen wurde kein Wort gehöret / sondern nur das Getös des Lauffens wahr
genommen; Nach denen Janitscharen seynd die Compagnien von der Munition /
Artillerie / Arfenal / ingleichem die innere Hof=Bedienten / und die besoldte Chiau-
sen bezahlet worden / welch= alle auch vor der Thür des Divans, gegen denen Comman
danten von denen Janitscharen in einer Reyhe gegen über stunden; Dieses alles
hat der Groß=Sultan durch ein viereckigt=vergoldtes Gätter / so in dem Divan
über des Groß=Veziers Haupt ware / angesehen; Es pflegt zwar allezeit der Kai
serliche Herr Groß=Botschafter=tractiret zuwerden / und der Groß=Vezier mitzuspey
sen / allein / weilen die Türken ihren Ramazzan hatten / und der Groß=Vezier nach - 23 -
seinem Gesaz nichts essen dörfte / als hatte der Kaiserliche Herr Groß=Botschaf
ter vor seine Person auch nicht allein speysen wollen; Dessen Gefolg aber hatte
in einem offenen Saal neben dem Divan unter dem bezahlen derer Janitscharen
gespeyset; Das Tractament bestund in Fleisch / Fisch / Reiß / Pasteten / und Gebacke
nem / auch auf unterschiedliche Art zugerichteten Confecturen;


Nach geendigter Bezahlung der Militz führte man den Kaiserl. Herrn Groß=
Botschafter aus dem Divan an ein Ort in den Hof / wo ein grosse Menge derer vor
nehmen Hof=Bedienten und Beamten / auch Janitscharen aufwarteten / alwohin
man Caftans brachte / und dem Kaiserlichen Herrn Groß=Botschafter einen Zobel=Pelz
anlegte / auch unter seinen Gefolg über die hundert Caftans austheilte; Der Kai
serliche Herr Groß=Botschafter sezte sich nachdeme nieder / und alles / was Caftans
bekommen / rangirte sich einer nach dem andern / und sahen den Groß=Vezier aus
dem Divan in das Kaiserlich=geheime Audienz=Zimmer vorbeygehen; Er gienge
Schritt vor Schritt / und grüssete den Kaiserlichen Herrn Groß=Botschafter im Vor
beygehen / vor ihme gienge der Chiaus Bassa, oder Obrist=Hofmarschall / und der
Capizilar Chisnaga, oder Obrist=Cammerer / mit ihren Stecken / nach diesen die an
dere Bassen und Officiers; Darauf wurde der Kaiserliche Herr Groß=Botschafter
zur Audienz beruffen / und von dem Obristen Hof=Marschall zur Rechten: dan dem
Obrist=Cammerer zur Linken unter den Armben geführet / der Kaiserliche Herr
Legations-Secretarius, samt dem Herrn Prælaten / Marschallen / und Cavalliers /
seynd ebenfals zur Audienz gelassen: und jeder von 2. Capici-Bassen / oder Cammere
ren / bey denen Armben geführet worden; Wir giengen durch Entraden / von grün=
Marmorsteinernen Saulen unterstützet / unter beederseits mit Evnuchen / oder Ver
schnittenen besezt / über rot=sammet= und mit Atlaß hocherhebten Blumen gezierten
Decken;


Als wir nun in das Zimmer / alda der Sultan auf dem Thron sasse / kamen / neigten
uns die Capici-Bassen den Leib mit den Händen; Den Sultan fanden wir auf einem
viereckigt= im oberen Winkel des Zimmers gegen anderthalb Ehlen hohen Thron / von
vier mit geschlagenem Gold und kostbaren Steinen versezten Saulen / welcher auch
mit von kostbaren Perlen gestickt=rot=sammeten Decken beleget ware; Die Wand von
dem selben ware mit von grossen Perlen gestickten Polster gezieret / und das völlige Zim
mer ware mit rot Atlaß von Schophio gestickt=kostbaren Spalieren behengt / der Bo
den des Zimmers aber ware mit goldenen Sonnen und von Schophio gestickten Decken
belegt; Der Sultan ware mit einem von Zobel gefüttert= Türkischen Rock gekley
det / so von rotem Tuch / und mit gross=Diamantenen Schlingen und Knöpffen be
sezt gewesen; Auf dem Kopf hatte er einen grün=mit weissem Muselin überflochtenen
Turband / beederseits ein angehefte Schnur von Perlen / in der Mitten auf der Stirn
ein grossen mit Kleynodien reich besezt= weiß und schwarz gemischten dreyfachen
Raiger=Busch; In dem Gürtel steckte ein Dolch mit einem von kostbaren Stei
nen gefasten Heft / an den Fingern truge er kostbare Ringe; Neben seiner stunde
linker Hand ein goldener Schreibzeug / rechter Hand lag auf dem Polster ein mit Dia
manten versezter Sabel; Das Angesicht des Groß=Sultans ware länglicht / mit
einem schwarzen Bart / und sittsammen Gebehrden; Linker Hand stunde sein Sohn /
Sultan Soliman, ein Prinz von etwan 8. bis 9. Jahr / schön von Gesicht / welcher
seinem Vater viel gleichet / so nächstens solenn beschnitten werden solle / und deswe
gen die Ausschreibung geschehen / rechter Hand / zwey Schritt von dem Thron /
stunde der Vezier-Aga, oder Groß=Vezier / ein Schritt von ihm der Niftangi Bassa,
oder Sigill=Verwahrer / dan unweit davon der Kaiserliche Herr Groß=Botschafter / - 24 -
auf seiner rechten Hand der Legations-Secretarius, Herr von Tirling / auf der linken
aber der Kaiserliche Herr Dollmetsch / hinter seiner die Cavalliers / jeder zwischen
zweyen Capici-Bassen;


Der Hr. Legations Secretarius übergabe dem Kaiserlichen Herrn Groß=Botschafter
das Kaiserl. Creditiv / welcher es dem Nissangi Bassa, als dritten: dieser aber dem
Capitain-Bassa, oder anderten: und dieser dem ersten / als Groß Vezier / überreichete der
es neben dem Groß Sultan auf den Thron niedergeleget; Hierauf der Kaiserliche
Herr Groß=Botschafter in Lateinischer Sprach seine Rede vortrage / des ungefähr
lichen Inhalts: daß er von Ihro Römisch=Kaiserlich= und Königlich=Catholischen
Majestät / seinem Allergnädigsten Herrn / abgesendet worden / dem Groß=Sultan das
jenige / was Allerhöchst=Dieselbe in dem gleich anjetzo überreichten Schreiben ver
sicheret / auch mündlich zubestätigen / daß Sie nemlich den zu
schlossenen Frieden in allen Stucken genau halten / und beobachten lassen wolten /
und ein Gleiches von Ihme Groß=Sultan Sich versehen thähten.


Diese Red hatte der Mauro Cordato in Türkischer Sprach verdollmetschet / und
die Antwort von dem Groß=Vezier dem Kaiserlichen Herrn Groß=Botschafter in
Italiänischer Sprach eröfnet: daß der Groß=Sultan den Tractat zu
in all= seinen Articklen stäts halten werde / und sich ein Gleiches von Ihrer Kai
serlich= und Catholischen Majestät Seiten getröste; Hierauf begunte man die von Ihro
Kaiserl. und Catholischen Majestät dem Groß=Sultan überschickt=kostbare Præsenten
in das Audienz=Zimmer zubringen / immittels der Kaiserliche Herr Groß=Bot
schafter / samt den obbemeldten Herren / wieder auf vorige Manier herausgefüh
ret wurde / da dan jederman die Degen wieder zu sich genommen / und zu Pferd
gesetzet / auch sich in Ordnung rangiret / folglichen nach dem alten Gebrauch die
völlige Janitscharen und andere von der Türkischen Militz / mit ihren Gelt=Beute
len auf der Achsel / ihre und andere Officiers von der Militz / die Hof=Beamte und
Bediente / und endlichen der Groß=Vezier mit all=vornehmen Bassen vorbey= und
nach Hauß ziehen gesehen / dan ebenfals den Weeg nach dem Quartier in die obbesag
ten Serailen / Hasnadar Ciftigli genant / in der prächtigsten Ordnung genommen;
Aldahin der Groß=Vezier wieder einige Früchten nachgeschicket hatte.


Den 9. Dito ware nichts sonderliches passiret.


Den 10. Dito hatte der Groß=Britannische Botschafter / Mylord Stanian, als
deme der Kaiserliche Herr Groß=Botschafter dessen Ankunft durch den Herrn Baron
Locherer von Lindenheim: und dem Französischen durch den Herrn Baron von
Studeniz: dem Holländischen aber / als Herrn Grafen von Colyers / durch den
Herrn von Wetzstein erinnern lassen / in der Morgenzeit bey dem Kaiserlichen Herrn
Groß=Botschafter die Besuchung abgestattet / auch bey demselben das Mittagmahl
eingenommen;


Was nun übrigens obgedacht=Kaiserlicher Herr Groß=Botschafter für kost
bare Præsenten für den Groß=Sultan / Sultanin / Groß=Vezier / Bassa zu Nissa /
zweyten / dritten / vierdten / fünften / sechsten / und siebenden Vezier / wie auch
Mufti / Canzler und den Chyaja zu Nissa mitgebracht / solche seynd hierbey
zusehen.

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Präsenten /
Welche Ihre Glorwürdigst=Regierend=Rö
misch Kaiserlich= und Königlich=Catholische Majestät
dem Groß=Sultan / dessen Sultanin / und Groß=Vezieren / wie
auch ander= vornehmen Ministeren und Bassen
übersendet.[1]


    Für den Groß=Sultan.

  • ZWey grosse 76. Zoll hohe Spiegel=Gläser / die Rahmen von Silber / die Bords
  • gestochen / und vergoldt.
  • 1. Gross. Massiv=silberner Cron=Leuchter von 12. Lichtern.
  • 12. Dergleichen Massiv=silberne Wand=Leuchter.
  • 1. Dergleichen silbern= niedriges Tisch=Blat / auf 4. silbernen Kugeln stehend.
  • 6. Gross= silberne Gueridons / und 6. deto Guerondels / mit 6. Leuchtern.
  • 1. Deto silberner Camin=Rost.
  • 2. Deto gross Massiv=silberne Kühl=Kessel.
  • 2. Gross=silberne Kandeln / samt Becken / ganz vergoldt.
  • 6. Deto grosse Flaschen / mit silbernen Ketten / ganz vergoldt.
  • 6. Silbern=grosse Blumen=Krüg.
  • 2 Silbern=grosse Rauch=Faß.
  • 6. Silberne Caffee=Geschirr / von unterschiedlicher Gattung.
  • 12. Silberne Sorbet=Schüsselen / inwendig vergoldt / samt Sottocopeen.
  • 1. Gross= silberner Confect=Aufsatz.
  • 2. Gross=silberne Hang=Uhren.
  • 2. Grosse 60. Zoll hohe Spiegel / mit gläsernen Rahmen.
  • 1. Dergleichen grosser Cron=Leuchter.
  • 12. Dergleichen Wand=Leuchter.
  • 12. Stuck reiche Zeug.
  • 2. Hoh=grosse sehr kostbare Uhren.


    Für die Sultanin.

  • 2. Grosse 54. Zoll hohe Spiegel / mit gläsernen Rahmen.
  • 2. Silberne Scheiben=Uhren auf Füssen.
  • 1. Silberner Korb mit dem Deckel.
  • 1. Deto ohne Deckel.
  • 1. Caffee=Tisch / samt Zugehörung.
  • 2. Silberne Blumen=Krüg.


    Für den Groß=Vezier.

  • 1. Gross= silbernes Gieß=Beck / und Gieß=Kanne vergoldt.
  • 1. Silberner Kühl=Kessel.
  • 1. Silberner Gueridon mit Guerondels.
  • 1. Weiss=getrieben= silberne Tatza.
  • 1. Weiss=getrieben=silberner Korb / ohne Deckel.
  • 6. Halb=vergoldte Sorbet=Schüsselen und Sottocopeen.
  • - 26 -
  • 2. Weiss= getrieben=silberne Caffee=Krüg.
  • 2. Grosse Uhren auf niederen Postamenten halb vergoldt.


    Für den Bassa zu Nissa.

  • 1. Gross=silbernes Gieß=Beck und Kandel.
  • 2. Dergleichen Ketten=Flaschen.
  • 2. Silberne Caffee=Krüg.
  • 6. Halb=vergoldte Sorbet=Schüsselen mit Sottocopeen.
  • 1. Weiss=getrieben= silberne Tatza.
  • 1. Gross= silberne Kasten= Uhr / und 2. silberne Hang=Uhren.


    Für den 2ten Vezier.

  • 1. Weiss= silbernes Gieß=Beck /samt Kandel.
  • 6. Halb=vergoldte Sorbet=Schüsselen mit Tellern.
  • 1. Gross= auf Postament stehende Uhr.


    Für den 3ten Vezier.

  • 1. Silbernes Gieß=Beck / samt Kandelen,
  • 4. Halb=vergoldte Sorbet=Schüsselen / samt Decklen.
  • 1. Uhr.


    Für den 4ten Vezier.

  • 1. Silbernes Gieß=Beck und Kandel.
  • 2. Silberne Sorbet=Schüsselen und Teller.
  • 1. Uhr.


    Für den 5ten Vezier.

  • 1. Silbernes Gieß=Beck und Kandel.
  • 2. Silberne Sorbet=Schüsselen und Teller.
  • 1. Uhr.


    Für den 6ten Vezier.

  • 1. Silbernes Gieß=Beck und Kandel.
  • 2. Silberne Sorbet=Schüsselen und Teller.
  • 1. Uhr.


    Für den 7ten Vezier.

  • 1. Silbernes Gieß=Beck und Kandel.
  • 1. Weiss=getrieben=silberne Tatza.
  • 1. Silberne Sorbet=Schüssel und Teller.
  • 1. Schwarze Kasten=Uhr.


    Für den Mufti.

  • 1. Silberner Korb mit Handheben.
  • 4. Silberne Wand=Leuchter.
  • 1. Silbernes Caffee=Trüchel.
  • 1. Silbern= vergoldtes Lavor / samt der Gieß=Kandel.
  • 1. Uhr.


    Für den Canzler.

  • 1. Vergoldtes Schreib Zeug.
  • 4. Silberne Wand=Leuchter.
  • 1. Silbernes Caffee=Trüchel.
  • 1. Uhr.


    Für den Chyaja zu Nissa.

  • 1. Silbernes Gieß=Beck und Kandel.
  • 1. Silberne Sorbet=Schüssel mit Tellern.
  • 1. Uhr.