[Nr. 42](/o:vipa.i.hbg.1720) d.d. Ponte Grande
1. Maii 1720
Hochlöblichster ksl. hof-kriegs-rath p.
Durchleüchtigster fürst, excellenzien und meine hochgeehrtiste herren. Meine den
vierzehenden und sechzehenden Aprilis durch den courrier Arakiel
an ihrksl. und cathol. Mt. allerunterthänigst und an eüer
durchleüchtigste excellenzien und meine hochgeehrtiste herren gehorsambst und
schuldigst eingesandte relationem werden, wie ich hoffen solle, zu gehöriger zeit
einkomben seyn und dieselbe daraus allergnädigst, gnädig und genaigt vernohmen
haben, was bey der zwischen den groß vezier und mir kürzlich
zuvor gehaltenen unterredung vorgegangen. Wie darauf bey dem groß
sultan zur urlaubs-audienz gelassen und auf derselben austrückhlichen
befehl schon von verschidenen der ersteren hiesigen ministren nach ihrer arth
solenniter tractirt worden. Gleich darnach hatte mich eben auf ordre des hofs der
janizaren aga, tefterdar und rees effendi eingeladen und gleichfahls ville ehr
angethan.
Den neünzehenden aber habe den offentlichen abschid
bey den groß vezier
genohmen, bey den er den gewöhnlichen zobelpölz und pferde vor mich, die caftans
aber meinem gefolg geben lassen und sich sonsten ganz freündlich mit testirung
seiner aufrichtigen intention zu erhaltung und cultivation der sowohl zwischen
beeden reichen eingerichteten freündschafft bezaiget, auch zu dem ende mir öfftere
freündliche und vertraüliche correspondenz mit ihme zu führen von mir verlanget. Er
wolte auch noch vor meinen aufbruch, und zwar den 21.
in seinem garten hauß auf den canal des Schwarzen
Meers mit mir auf ein familiare unterhaltung zusamben komben und von ain
und anderen vertraülich sprechen. Wie ich mich auch dahin mit wenige bedienten und
gefolg eingefunden, meine musique jedoch mitgenohmen, weillen er sye zu hören
begehrt hatte. Bey diser gelegenheit eröffnete er sich über das pohlnische weesen,
mich ersuchend, daß ihm in vertrauhen doch sagen möchte, wie man selbes an ihrer
ksl. und cathol. Mt. hof ansehe und was für
maaß darbey abgefast werde, indem es einmahl mit des czaaren seiner aufführung und grosser bewaffnung nicht
richtig seyn könne. Ich antworttete, daß wegen meiner entfehrnung nichts sicheres
davon zu sagen wisse als dasjenige, was schon jüngsten mit ihm davon gesprochen, und
in nahmen ihrer ksl. und cathol. Mt.
declarirt, über welches auch nichts anderes zu melden befehl hätte. Mich aber
vornemblich auf den communicirten article des tractats mit dem könig in Pohlen des
mehreren beruffend und were demnach zu erachten, daß ihrer ksl. und cathol. Mt. und derselben hofes gedanckhen und
absehen vornemblich seye, den könig auf
seinen thron und die Republique bey ihrer
freyheit zu verthädtigen. Man kunte zwar von dem czaar besonders wegen dessen, so ratione Churland, welches doch ein unstreitbahres pohlnisches lehen dise zeit
hervorkomben, wiewohlen
gleichsamb vermuthen, daß was verborgenes darunter seye,
wiewohlen selber eines theylls noch mit Schweden in krieg seye. Es würde also zweiffels ohne gut seyn,
daß von allen seithen darauf invigiliret werde, womit umbsoweniger denen
gemainsamben interessen etwas zu befahren seyn wirdt. Der groß vezier meldete, daß, da Churland ein lehen von Pohlen, auch billig, daß selbe Republique und nicht andere damit disponire, und demjenigen, welchen es
will, zu geben die freye hand behalte. Die Pforten seye ebefahls der entschlüssung,
dieselbe bey ihren freyheiten und rechten zu hand haben, und dahero vorträglich, daß
beede reich als das römische und ihrige de concerto in der sach giengen, welchen
entgegen zu stehen, und etwas widriges zu unternehmen, wan sye eins, gewisslich
niemand sich anmassen dörffe, noch im stand were. Ich möchte es dahero also
berichten, und ihm das weithere noch davon unterweegs aus, wan es seyn kan, zu
wissen machen. Nach disen sagte er (wiewohlen es bishero
nicht der brauch gewesen), gern ein pferd ihro ksl.
und cath. Mt. schickhen wolte, wan ich glaubte, daß es dieselbe
allergnädigst annehmeten, worauf ich sagte, daß ich hoffen darff, mein
allergnädigster herr würde es vor eine gute intention von ihm ansehen, womit wür uns
noch einmahl ganz höf- und freündlich beurlaubten.
Bey denen ausländischen herren bottschaffteren (welche ich sambentlich, ausser den
großbrittanische, weillen er von dem podagra behafftet
worden, und sich auch dessentwegen entschuldiget, so gut als ich gekönt, tractiret)
habe ich mich, und sye sich bey mir nach gebrauch beurlaubet, und liesse sich der
großbrittanische eine stund vor den aufbruch, wiewohlen
er noch, wie ihm auch anzusuchen ware, nicht recht restablirt befande, zu mir
tragen, mit vermelden, daß er, sobald der auszug vorbey, den er annoch zuesehen
wolte, sich widerumb zu bött begeben wurde.
Die deputirte von Ragusa haben sich nicht weniger selbst beurlaubt, ich aber schickhte einen dollmetsch mit dem compliment zu ihnen.
Den tag vor erwehnten meinen auszug liesse ich vorermelten ausländischen herren bottschaffteren solchen erinneren und ihre gefolg und nationen darzue einladen: der großbritannische allein entschuldigte sich, obzwar mit aller höfflichkeit, daß er seine nicht schickhen kunte, weillen disesmahl in dem caeremonial eine änderung geschehe, und nicht wie bey dem grafen von Ötting denen mediatoren der vorzug zugestanden wolte werden.
Das gewöhnliche pferd mit sattel und zeüg ist mir auch den abend vor den aufbruch von dem groß sultan geschickht worden. Und wie nun alle dise caeremonien völlig geendet, die vorspann und die pferde mein gefolg beritten zu machen (welche wir gewöhnlich,
25 13 483 127 185 97 188 154 7 32
obwohl von sehr
570 69 178 77 166 113 74 14 32 70 43
schlechter arth
selben zu einen praesent von disen hof gegeben worden) herbey geschafft, und was nothwendig, beysamben ware, so habe den 26., wiewohlen vermaint gehabt, daß es noch den 25. geschehen solte können, aber die nothdürfftigkeiten nicht beysamben gewesen, die bagage ausruckhen lassen und bin den 27. darauf, nachdeme der venetianische herr bottschaffter mich und mein gefolg mit einem wohl zugerichten fruhestuckh regaliret, in wie sonsten feyerlicher ordnung und galla kleydern, mit trompetten, pauckhen, hautbois, klingenden spill, fliehenden fahnen und geschulterten gewöhr von der garde alles auf die weiß, wie beym einzug durch Constantinopl + + aus Pera gezohen. Die französische nation und des bottschaffters leüth seynd voraus geritten. Disen haben die Venetianer und nach ihnen die Holländer gefolget. Wegen des canal, so zwischen Galata und Constantimopl
habe einen umbweeg von drey stund biß in die vorstatt de Jup nehmen müssen, durch welche eben so ordentlich wie auß Pera und durch die jenige strassen und weeg, welche die öttingische gros bottschafft geführet worden, den zug verfolget, welchen der groß sultan
und groß vezier, wie man mir gesagt, incognito zugeschauet sollen haben. Die mich beglaittende nationen und obberührte gefolge deren bottschafteren seynd eine gute halbe stund in das feld hinaus mitgeritten, allwo sye sich alsdan gestellet und die sye führende legations secretarii oder nation canzler vom pferd abgestigen und ihre compliment ebgelegt.
Der holländische herr bottschaffter hat aus sonderlicher
höfflichkeit biß an die bruckhen zwischen de Jup und Pera auf den wasser sich
führen lassen, alda auf mich gewarttet und sich noch einmahl beurlaubt, auch gleich
darauf widerumb in mehr ermelten de Jup den zug zugeschauhet
und widerholten abschied genohmen.
Das Lager ist disen tag bey Daud bassa, mehr als eine starckhe
stund vor der statt, geschlagen worden und ist man, umb das noch übrige zur reys
nothwendige zusamben zu bringen, den 28. daselbst
still gelegen. Bald darnach aber, alß ich in disem lager
angekomben, seynd mir von dem groß vezier drey pferde ohne
sattel und zeüg, eines vor ihre ksl. und cathol. Mt., eines
vor euer hochfürstlich durchlaucht und das lezte vor mich mit
in translato beyligenden schreiben geschickht worden.
1
Die [Beilage](/o:vipa.l.hbg.17200501.b1) ist erhalten.
Den 29. bin biß Ponte Piccolo
fortgeruckht und den 30. weithers nach Ponte Grande gegangen, allwo heüt rast tag halte, umb mich
also zur reys zuschickhen und einrichten zu können, damit auf das schleinigste
fortziehen und denen gränizen zu näheren möge. Werde auch unterweegs auß die
gehorsambst- und schuldigste bericht von zeit zu zeit einsenden, wie und wie weit
komben seye.
In vorgedachter meiner unter den 14. dises an ihrer
ksl. und cathol. Mt. allerunterthänigst abgestatteten
relation angehängten post scripto habe ich die endliche weckhführung des Ragoczy, Berczeny und ihres anhangs
nach Rhodoste allergehorsambst berichtet, damalhs aber, auß in selber angezohener ursach
185 26 51 54 27 128 17 33 75 359
von dem, was noch
vorher
491 126 54 97 275 52 468 54 27 189 10 32 132 26 40 185 97 53 66 154 26
190 406 127 130 33 24 156 77 61 97 485 75 359 358 133 74 10 32 102 7 131
26 40 180 97 106 26 167 357 197 54 32 52 121 26 11 169 213 60 67 189 37
32 51 185 97 54 113 168 394 243 75 247 154 8 106 26 143 179 32 70 124 73
70 166 97 151 54 26 75 130 124 174 39 229 130 13 124 77 70 158 485 48 33
189 10 32 51 404 487 54 32 159 171 167 140 27 24 9 186 77 10 26 151 10
71 60 186 148 26 44 128 130 130 97 39 54 97 275 189 164 115 123 113 40
154 7 32 168 21 69 23 7 131 70 74 468 130 22 19 54 70 51
zwischen dem groß
vezier und dem ersten von disem rebellen gesprochen worden,
noch nichts erfahren können, nach der hand aber ist mir von der Pforten
dolmetsch durch seinen vertrauthen, dem geraki
beygebracht worden, daß er Ragoczy wegen der so
schimpflichen exilirung gegen den groß vezier
sich gar sehr beschwährent und gemeldet,
daß ihm nicht so hart dabey
136 120 153 26 143 154 72 97 51 30 32 54 75 17 97
geschehen seyn wurdte, wan
man ihn,
359 40 14 19 33 74 8 77 159 14 97 153 156 167 130 322 51 23 12 18 130
153 26 198 296 329 97 40 60 26 54 27 190 10 32 143 48 352 33 39 162 97
483 159 185 32 130 154 153 26 168 48 133 199 60 77 51 210
noch als ich anhero gekommen, weckgehen
hätten lassen, indem er damahls schon wohl vorgesehen, daß ich auf
seine entfernung mit allem nachtruckh
70 145 26 130 97 39 32 54 188 468 74 10 133
tringen wurdte und es der Pforten
vorgestellet,
damit,
17 26 168 61 32 294 74 95 179 32 13 178 8 21 97 358 179 113 164 77 10
32 70 126 154 72 26 176 97 166 39 66 10 154 19 21 190 60 7 26 39 186 10
21 113 185 32 153 156 10 97 70 329
wan er hier zuverbleiben nicht
versicheret seyn kunte, er dieselbe ihn lieber vorhero
entlasse,
welches eben anjezo
298 394 74 358 148 7 27 13 186 77 168 14 97 132 153
ihro Pforten nicht rühmblich
anstehe
und
281 51 14 19 33 40 25 13 151 164 10 129 48 32 95 10 75 130 501 97 485
169 153 32 209 322 454 560 54 32 275 121 70 74 60 7 27 130 34
gleich, als ob sie darzue gezwungen
worden, herauskommen thue. Der groß vezier hat
ihm
26 70 47 32 70 166 134 75 10 33 52 154 72 10 167 85 97 158 61 8 106
188 162 97 151 130 69 184 33 154 106 143 122 77 159 23 19 77 61 189 85
26 168 358 349 74 95 158 14 26 54 131 26
geantworthet, es seye nun eine schon
geschlossene sach, welche nun nicht mehr zu änderen
. Er werde so gar
23 8 70 169 358 127 185 97 294 51 61 26 70 118 32 106 70 168 48 133
189 345 143 8 7 106 39 17 26 10 33 66 61 151 471 437 10 26 95 186 10 33
154 97 468 75 10 32 166 32 54 32 166 97 358 228 597 38 54 32 471 159 14
26 153 156 53 176 26 166 322 344 26. 60 97 54 33 154 26 169 171 19 178
158 10 32 189 148 163 6 40 178 21 26 74 318 61 158 8 97 70 145 119 26
128 344 26 468 17 97 40 10 70 17 33 39 185 113 138 10 19 178 167 48 33
75 10 32 143 54 32 394 169 229 95 230 97 199 8 7 106 51 54 97 275 590 69
131 8 21 26
weith nicht von hier entfernet, daß man
ihne, wan es die umbstände zuliessen und erforderten, nicht bald
widerumb anhero kunte kommen machen. Indessen solle er ruhig leben,
keine intriguen machen und wan etwas vorfielte, daß er der Pforten
beyzubringen, ihne den groß vezier zu
schreiben
,
126 164 77 51 213 40 358 188 14 97 159 34 26 54 131 167 14 11 42 131
33 164 131 97 190 145 10 70 153
sich aber nicht an andere zu
addressiren riethe,
auch dabey, daß man ihrer
406 158 154 72 70 32 40 273 25 163 26 51 37 70 54 32 17 32 153 8 70
468
rebellen seiths fürohin mit der warheit
und
rechten beschaffenheit der sachen
153 113 185 32 180 27 22 190
herfürkhomme,
es würde
8 7 106 97 358 74 349 163 26 130 153 97
ihnen nicht mehr hingehen
verkehrte,
468 95 60 7 131 97 39 185 32 70 153 8 20
und zu ihrem vortheill
allein
130 69 37 11 166 197 357 145 77 166 97 468 75 8 97 164 85 14 175 25
106 33 40 95 130 21 26 52 38 10 188 227 153 156 189 130 120 153 97 51
154 72 10 74 164 61 127 296 26
geschmidte nachrichten undt
insinuationes zu geben, wie bishero geschehen seye, sie hätten
auch in specie leztlich soviell versicherungen gethan,
48 33 54 32 167 95 12 51 11 128 14 26 8 25 73 151 37 70 52 298 313 190
358 269 10 159 344 97 40 30 113 54 168 171
das der duc
d'Anjou mit ihro ksl. Mt. p.p. nicht
friede machen wurdte, so
doch nunmehro
14 26 54 32 67 189 61 32 153 19 178 468 164 77 66 61 52 394 167
anderst erhelle, undt sich die
Pforten
schön
21 70 156 130 97 51 130 99 26 54 26 519 296 128 17 97 40 345 188 164
77 189 171 151 44 172 70 166 113 190 66 26 130 97 40 185 26 129 8 7 106
97 189 95 39 10 8 106 26 167 106 73 61 97 468 51 73 26 130 131 77 166 97
74 317 189 10 60 97 178 8 70 166 26 198 130 329 97 168 75
betrogen gefunden hätte, wan man sich
so glatter dingen von ihnen zu einen neuen undt ungerechten krieg
einlaithen lassen.
Die von euer durchleuchtigsten excellenzien und meiner hochggehrtisten herren an
mich eingeschickhte original quittungen von der durch den Ibrahim
bassa genossenen verpflegung sende hiemit widerumb gehorsambst und
schuldigst zuruckh. 2
Die
Beilage hat sich nicht erhalten.
3Und lege auch bey die copien und translata
Die Beilage hat sich erhalten. Sie besteht aus mehreren
Schriftstücken, von denen sich [eines](/o:vipa.l.hbg.17200501.b2) im Verbund mit dem Brief befindet, die [übrigen](/o:vipa.l.hbg.17200501.b2.2) befindet sich heute
jedoch teilweise im Bestand HHStA, UR Türkische Urkunden 12 1720 April
21von dem recreditif des groß sultans und des groß veziers schreiben an ihre ksl. und
cathol. Mt. und euer hochfürstliche durchlaucht, in welchen von seitten der
Pforten genug zu verstehen gegeben würdt, daß sye mit denen ihrem bottschaffter beschehenen ehren, und
tractament wohl zufriden, hingegen ist ratione des lezteren mir nichts mehrers, als
was schon gehorsambst und schuldigst berichtet oder destwegen bezaigt worden.
Der sprachknab Caspar Momarts, dene nebst denen dollmetschen Nicola Theyls und Gottschalkh bis auf die gränitzen mit mir zunehmen vor nöttig befunden, hat mich gebetten, bey euer durchlauchtigsten excellenzien und meinen hochgeehrtiten herren vor ihn fürzusprechen, damit demselben gnädigst und gnädig erlaubt möchte werden, gar biß nach Wienn mitzukomben und alda zu erlehrnung der teütschen sprach, die er noch nicht reden kan, nebst fortsezender application in denen orientalischen sich anwenden zu können. Womit mich gehorsambst empfehlend, dienstschuldig ersterbe
Euer hochfürstlichsten durchleuchtigsten excellenzien und meiner
hochgeehrtisten herren.
Gehorsambst und dienstschuldiger diener Damian Hugo graff von Virmonten
Ponte grande
den 1. Maii 1720
Pro notitia Wienn den7. Junii 1720