Die Großbotschaften Damian Hugo von Virmonts und Ibrahim Paschas (1719/20)
Einleitung – Quellen
Arno Strohmeyer, Yasir Yılmaz
Die Großbotschaften von Damian Hugo von Virmont und Ibrahim Pascha (1719/20) sind das erste QhoD-Projekt und werden von den Mitarbeiter:innen des QhoD-Teams bearbeitet. Die beiden Missionen sind in vielen verschiedenen Quellen habsburgischer wie osmanischer Herkunft umfassend dokumentiert. Basierend auf den Editionsregeln von QhoD werden die Quellen mit Hilfe von fünf Erschließungsstufen historisch-kritisch unterschiedlich tief erschlossen. Ausschlaggebend sind die Bedeutung, Aussagekraft, Zugänglichkeit und der Erhaltungszustand der Quelle. Der Editionsarbeit liegt ein dynamischer Erschließungsprozess zugrunde, demgemäß Quellen und Metadaten schon vor der vollständig abgeschlossenen historisch-kritischen Bearbeitung online gestellt werden, um die Benützung möglichst früh zu ermöglichen.
1. Einleitung
Großbotschaften waren zeitliche befristete diplomatische Missionen auf höchster Ebene, zu denen sich Habsburger und Osmanen meist wechselseitig und im Kontext von Friedensverhandlungen verpflichteten. Es handelt sich um kein spezifisches Merkmal der habsburgisch-osmanischen Beziehungen, denn auch andere Mächte, etwa Schweden, Venedig und Polen-Litauen, fertigten nach Konstantinopel Großbotschaften ab oder spielten zumindest mit dem Gedanken, dies zu tun. Ebenso gab es Großbotschaften in der habsburgisch-französischen und habsburgisch-polnischen Diplomatie.[1] In den bilateralen Beziehungen zwischen dem Kaiser und dem Sultan etablierte sich diese Form der diplomatischen Kommunikation nach dem Frieden von Zstivatorok im frühen 17. Jahrhundert. [2] Zu den Hauptaufgaben der Großbotschafter zählten die Überbringung zu ratifizierender oder bereits ratifizierter Abkommen, die Beilegung kleinerer Konflikte, Verhandlungen über Grenzverletzungen und die Freilassung von Gefangenen, die Klärung umstrittener Vertragsartikel und – besonders wichtig – die Übergabe von Geschenken.[3] Während sie bei der Aushandlung von Friedensverträgen und Waffenstillstandsabkommen in der Regel nur eine Nebenrolle spielten, erfüllten sie bei der symbolischen Inszenierung des Friedens, deren zeitgenössische Bedeutung in der internationalen Politik grundsätzlich schwerlich überschätzt werden kann, Schlüsselfunktionen.[4] Aus diesem Grund handelte es sich um ein zentrales Instrument im Konfliktmanagements zwischen der Habsburgermonarchie und dem Osmanischen Reich.[5]
Die Friedenssicherung zwischen beiden Mächten war für alle Beteiligten eine große Herausforderung. Die Forschung hat zwar in den letzten Jahren aufgezeigt, dass es falsch wäre, von einem unausweichlichen Aufeinanderprallen zweier klar abgrenzbarer kultureller Blöcke zu sprechen, gab es doch hybride Räume und transkulturelle Übergangszonen sowie vielfältige Kultur- und Wissenstransfers. Zu erinnern ist auch an die zahlreichen Friedensverträge und Waffenstillstandsabkommen.[6] Das ändert jedoch nichts an einer fundamentalen Gegensätzlichkeit zwischen Habsburgern und Osmanen, die auch die Diplomatie prägte und umfassender war als etwa die Rivalität zwischen der Habsburgermonarchie und Frankreich.[7] Neben Gegensätzen zwischen Christentum und Islam, die nicht über-, aber aufgrund der für das Zeitalter charakteristischen Verflechtung von Religion und Politik auch nicht unterbewertet werden dürfen und in den zeitgenössischen Wahrnehmungen, wie die Quellen belegen, eine enorm große Rolle spielten, gab es tiefgreifende ideologische, machtpolitische und imperiale Gegensätze der Herrscherdynastien, die in alle Lebensbereiche wirkten. Im Friedensprozess überwunden werden mussten zudem identitätsstiftende Alteritätskonstruktionen, negative Stereotype und Feindbilder, die, propagandistisch verbreitet, im kollektiven Gedächtnis weiter Teile der Bevölkerung fest verankert waren. Unmittelbare Erfahrungen mit oder Erzählungen über die außerordentliche Grausamkeit der Türkenkriege schienen sie zu bestätigen. Charakteristisch war ferner die auf beiden Seiten anzutreffende Überzeugung zivilisatorischer Überlegenheit. Alles in allem waren die Großbotschafter Vermittler zwischen zwei rivalisierenden Herrschaftsräumen mit sehr unterschiedlichen kulturellen Prägungen.
In den habsburgisch-osmanischen Beziehungen sind rund 15 bis 20 Großbotschaften belegt (die genaue Zahl ist derzeit nicht bekannt). Unter diesen zählen die Missionen Damian Hugo von Virmonts und Ibrahim Paschas zu den bedeutendsten, fanden sie doch in einer Zeit statt, in der das machtpolitische Verhältnis zwischen beiden Mächten neu definiert wurde, sich die jahrhundertelange Erbfeindschaft aufzulösen begann und das internationale System umgestaltete. Zugleich handelte es sich um die bis dahin größten und aufwendigsten Missionen, umfasste das Gefolge der beiden Diplomaten doch jeweils mehr als 500 Personen. Hervorzuheben sind ferner die prunkvolle Inszenierung, die zahlreichen Geschenke und die große öffentliche Aufmerksamkeit, belegt durch die mediale Überlieferung.
Die beiden Gesandtschaften waren 1718 im Frieden von Passarowitz (serbisch Požarevac) beschlossen worden, der den Sechsten Österreichischen bzw. Venezianisch-Österreichischen Türkenkrieg (1714–1718) und eine Phase schwerer militärischer Niederlagen der Osmanen zum Abschluss brachte, die 1683 mit der Zweiten Türkenbelagerung Wiens begonnen hatte. [8] Die veränderte machtpolitische Lage brachte der Habsburgermonarchie mit dem Banat von Temesvár, der Kleinen Walachei, Nordserbien und einem Grenzstreifen im nördlichen Bosnien umfangreiche Gebietsgewinne, die zu ihrer größten geographischen Ausdehnung führten. In einem der Vertragsartikel verpflichteten sich Kaiser Karl VI. und Sultan Ahmed III. zur Entsendung einer Großbotschaft nach Konstantinopel bzw. Wien. Auf habsburgischer Seite wurde Graf Damian Hugo von Virmont (1666–1722) mit der Leitung der Mission betraut, ein niederrheinischer Adeliger, der in den Türkenkriegen in der kaiserlichen Armee Karriere gemacht hatte und 1706 zum Reichsgrafen aufgestiegen war. Anschließend hatte er sich im diplomatischen Dienst bewährt, der in u.a. an den Hof des Königs von Schweden Karl XII. in Stralsund und des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I. in Berlin geführt hatte, um die Interessen des Kaisers im Großen Nordischen Krieg zu vertreten. 1717 bestellte ihn Prinz Eugen als einen von drei kaiserlichen Bevollmächtigten zu den Friedensverhandlungen in Passarowitz, einem kleinen serbischen Dorf südostlich von Belgrad.
Bis vor kurzem war über den Vertreter des Sultans, Dayezade Ibrahim Pascha, nur wenig bekannt. Vor kurzem hat jedoch Hüseyin Onur Ercan eine kurze biografische Skizze des Paschas vorgelegt. Demnach war Ibrahim ursprünglich Georgier und im Enderun (Innenhof des Palastes) ausgebildet worden, wo er zunächst als çuhadar (Wächter der äußeren Kleidung des Sultans) und ab 1699 als silahdar (Schwertmeister) unter Mustafa II. (1695–1703) gedient hatte. Ein persönlicher Streit zwischen Ibrahim und dem einflussreichen Großmufti jener Zeit, Feyzullah Efendi, führte 1701 zu seiner vorzeitigen Pensionierung. 1707 wurde er wieder in Dienst gestellt. In den folgenden Jahren war er als Provinzgouverneur tätig. In den Jahren 1712 und 1714 wurde er zweimal zum nişancı (Kanzler) ernannt und war an den Grenzverhandlungen zwischen Russland und dem Osmanischen Reich beteiligt. Nach einer weiteren kurzen Amtszeit als silahdar trat er 1716 zum zweiten Mal in den Ruhestand. Seine angeblichen Fremdsprachenkenntnisse und Erfahrungen in internationalen Verhandlungen erregten jedoch die Aufmerksamkeit seines Namensvetters, des Großwesirs Ibrahim Pascha, der 1718 sein Amt antrat und den pensionierten Ibrahim Pascha zum zweiten Bevollmächtigten bei den Friedensverhandlungen von Passarowitz ernannte. Ein Jahr später, 1719, wurde Ibrahim der Ehrenrang des Gouverneurs von Rumelien verliehen und er als Großbotschafter nach Wien entsandt. [9]
Zu den wichtigsten Stationen der beiden Missionen zählten der feierliche Auszug der beiden Großbotschafter mit ihrem Gefolge aus Wien (kurz nach dem 26. April) bzw. Konstantinopel (23. März 1719) und der Grenzwechsel mit dem Austausch der beiden Diplomaten am 15. Juni des Jahres auf einer Wiese bei Paraćin, einem kleinen Ort in der Nähe von Passarowitz. Der Ablauf war penibel geplant und folgte einem Zeremoniell, das sich im frühen 17. Jahrhundert entwickelt hatte. Mithilfe einer ritualisierten, bis ins kleinste Detail inszenierten Symmetrie brachten die beiden Großbotschafter Frieden, Parität und (politische) Freundschaft zum Ausdruck. Kleinste Zeremonialverstöße, die diese Symmetrie störten, fanden große Aufmerksamkeit.[10] Weitere wichtige Stationen waren die feierlichen Einzüge bei der Ankunft in Wien (14. August) und Konstantinopel (3. August), die auch insofern von Bedeutung waren, als sie vor einer relativ großen Öffentlichkeit erfolgten, darunter diplomatische Vertreter anderer Mächte, sowie die Antrittsaudienzen bei den jeweiligen Herrschern und hohen Würdenträgern mit der Übergabe von Geschenken. Das Geschenkwesen war ebenfalls symbolisch aufgeladen, denn es stellte zwischen Schenkenden und Beschenkten Beziehungen her und besaß somit im Friedensprozess einen außerordentlich großen Stellenwert. Dabei sind Unterschiede in seiner Bedeutung zu berücksichtigen, denn die Gesellschaft des Osmanischen Reichs war anders aufgebaut und wies eine höhere soziale Mobilität auf als die europäische Ständeordnung. Soziale Hierarchien, Asymmetrien und Differenzierungen bedurften bei den Osmanen noch stärker der symbolisch-expressiven Darstellung. [11]
Deutlich schlechter dokumentiert sind die Abschiedsaudienzen der beiden Großbotschafter, ihre Rückreisen und der Grenzwechsel, der am 16. Juni 1720 stattfand, also fast exakt ein Jahr nach dem Grenzübertritt bei der Hinreise. Insgesamt befanden sich die beiden Diplomaten somit rund neun Monate in Wien bzw. Konstantinopel. Ihre Tätigkeiten vor Ort bewegten sich innerhalb des für derartige Missionen üblichen Spektrums. Im Mittelpunkt standen demnach die Repräsentation des Auftraggebers, die Beschaffung von Informationen über das Gastland, Verhandlungen mit Würdenträgern und einflussreichen Personen, etwa über die Freilassung von Gefangenen, die Teilnahme an Festen, Begegnungen mit Diplomaten anderer Herrscher sowie persönliche Belustigungen wie die Besichtigung von Sehenswürdigkeiten und die Jagd.
2. Zu den Quellen
Die Quellen gewähren einen tiefen Einblick in die habsburgisch-osmanische Diplomatie dieser Zeit und damit in grundlegende Probleme von Transkulturalität, Kultur- und Wissenstransfer, Konstruktionen von Fremdheit und deren Überwindung, das Verhältnis zwischen Christentum und Islam, das Konfliktmanagement zwischen der Habsburgermonarchie und dem Osmanischen Reich sowie in Probleme der Friedenssicherung.
2.1 Habsburgische Überlieferung
Auf habsburgischer Seite sind vor allem die Korrespondenzen Virmonts mit dem Kaiserhof zu erwähnen, die einen tiefen Einblick in den Verlauf der Mission vom Auszug aus Wien bis zur Rückkehr des Gesandten gewähren. Sie enthalten viele, teilweise sehr detaillierte Informationen über die Tätigkeit des Großbotschafters vor Ort, aber auch über diplomatische Praktiken und den Alltag in Konstantinopel und sogar über die klimatischen Verhältnsse. Ergänzend sind Instruktionen, Protokolle und Berichte von Akteuren aus dem Umfeld Virmonts überliefert, darunter die handschriftlichen Relationen von Otto Friedrich von Öbschelwitz und Johann Joseph Graf von Oduyer.
Otto Friedrich von Öbschelwitz war ein als Kartograph tätiger Ingenieur und Kriegsbaumeister, der in Belgrad zur Mission stieß, an der Vorbereitung des Grenzwechsels beteiligt war und in Konstantinopel an diplomatischen Handlungen teilnahm. Sein Bericht (hier ediert) enthält, chronologisch geordnet, u.a. Angaben zu Marschzeiten, Festungsanlagen, Straßen, Brücken und Landschaften, gibt aber auch militärisch-taktische Überlegungen des Autors wieder. [12] Öbschelwitz trat auch als Verfasser einer Karte in Erscheinung, die den Verlauf der Reiseroute genau visualisiert. Johann Joseph Anton Graf von Oduyer, ein gebürtiger Ire, hatte sich in den Türkenkriegen und im Spanischen Erbfolgekrieg in der kaiserlichen Armee hochgedient, in der er 1716 den Rang eines Generalfeldwachtmeisters bekleidete. Im folgenden Jahr wurde er zunächst provisorisch und 1718 definitiv zum Kommandeur von Belgrad und Nordserbiens ernannt. Eines seiner zahlreichen Tätigkeitsfelder war die Organisation des Grenzwechsels der beiden Großbotschafter, in dem er persönlich wichtige Funktionen ausübte und der auch im Mittelpunkt seiner Relation steht. [13]
Unter den gedruckten Quellen ragt der umfangreiche Reisebericht von Gerard Cornelius von den Driesch heraus, ein in Köln geborener Rat, ehemaliges Mitglied des Jesuitenordens, der die Mission als Sekretär Virmonts begleitete. Der Reisebericht erschien 1721 in lateinischer Sprache sowie 1722 und 1723 in deutscher Übersetzung (letztere edieren wir hier). Er schildert äußerst genau – die kleinformatige lateinische Ausgabe umfasst mehr als 1.000 Seiten, die beiden deutschen Übersetzungen sind rund 500 Seiten lang – den Ablauf der Mission vom Auszug aus Wien bis zur Rückkehr an den Kaiserhof aus der Perspektive eines Teilnehmers. [14] Einen detaillierten Bericht des Einzugs Ibrahim Paschas in Wien veröffentlichte 1719 der Drucker und Verleger Johann Baptist Schönwetter. [15] Die beiden Großbotschaften sind ferner in etlichen Flugblättern und Flugschriften dokumentiert, von denen einige sogar in mehreren Sprachen publiziert wurden. Zeitungen wie das Wienerische Diarium nahmen sich der beiden Großbotschaften an und widmeten bedeutenden Ereignissen wie dem Grenzwechsel Sonderbeilagen.[16] Selbst „Johann Heinrich Zedlers Universal-Lexicon“ erwähnt den Grenzwechsel.[17] Noch im Erschließungsstadium befinden sich derzeit die Bildquellen und Karten. Von besonderer Bedeutung ist jedenfalls eine von Johann Conrad Weiss erstellte Sammlung sehr kunstvoll gestalteter Reportagebilder, die den Grenzwechsel der beiden Großbotschafter mit ihrem Gefolge darstellt. [18]
2.2 Osmanische Überlieferung
Deutlich weniger Quellen gibt es zu den beiden Großbotschaften von osmanischer Seite, ein Ungleichgewicht, das vor allem auf Unterschiede in der politischen Kultur und im Umgang mit Schriftlichkeit sowie auf die generelle Asymmetrie in den diplomatischen Beziehungen zurückzuführen ist, denn die Osmanen waren in Wien nicht durch einen permanent residierenden Diplomaten vertreten. Gemessen an der auch bei anderen Großbotschaften meist schlechten Überlieferung der osmanischen Perspektive sind jedoch die beiden Missionen ungewöhnlich gut dokumentiert. Das gilt insbesondere für den Grenzwechsel. Zu erwähnen sind vier Überlieferungsstränge bzw. Quellengattungen, die vom QhoD Team bearbeitet werden:
- Ein Bericht Ibrahim Paschas über seine Reise und den Aufenthalt in Wien, verfasst postum 1726 von einem anonymen Autor, der offenbar dem Gefolge des Diplomaten angehört hatte. Schreibfehler und orthografische Widersprüche lassen darauf schließen, dass der Autor aus einfacheren Verhältnissen stammte. Der österreichische Orientalist Friedrich Joh. Kraelitz von Greifenhorst, der den Text 1908 ins Deutsche übersetzte, meinte deshalb, es habe sich möglicherweise um einen Janitscharenoffizier niederen Ranges gehandelt.[19] Der Reisebericht ist besonders hervorzuheben, denn es handelt sich um einen der ersten, der eine derartige Mission – in dieser Länge und Genauigkeit – aus osmanischer Sicht dokumentiert. Er ist freilich deutlich kürzer als etwa der Bericht des Gerhard Cornelius van den Driesch und enthält nur grobe Informationen über die offiziellen Zeremonien, an denen die osmanische Delegation teilnahm. Größere Aufmerksamkeit findet nur der Austausch der Großbotschafter. Die Audienzen bei Prinz Eugen und Karl VI. werden nur kurz zusammengefasst. Oberflächlich ist auch die Beschreibung Wiens. Unabhängig von der Autorenschaft sollte man jedoch den Kontext berücksichtigen, in dem dieser Reisebericht verfasst wurde. Der Großbotschafter Ibrahim Pascha wurde vom Großwesir Ibrahim Pascha ausgewählt, dessen Bestrebungen, Erfolge und Misserfolge auf nationaler und internationaler Ebene bis heute zu den heiß diskutierten Themen der osmanischen Geschichte gehören.[20] Es genügt hier zu betonen, dass der Großwesir, als er den pensionierten Ibrahim Pascha zum Großbotschafter ernannte, auch ähnliche Botschaftermissionen nach Paris und Isfahan initiierte. Alle drei Gesandtschaften brachten diplomatische Reiseberichte hervor, die in Länge, Tiefe und Analyse alle bisherigen Beispiele dieses Genres in der osmanischen Geschichte übertrafen. Dieser Umstand verleiht dem hier edierten Wiener Reisebericht besondere Bedeutung.
- Der in Kopialüberlieferung vorhandene Briefverkehr zwischen osmanischen und habsburgischen Politikern gewährt einen Einblick in die Entwicklung der bilateralen Beziehungen zwischen beiden Mächten im frühen 18. Jahrhundert. Er dokumentiert sehr gut den auf beiden Seiten vorhandenen Wunsch nach Frieden und Freundschaft.
- Die osmanischen Protokollbücher, enthalten Informationen zu den Festlichkeiten und Zeremonien, an denen Damian Hugo von Virmont während seines Aufenthalts in Konstantinopel teilnahm. Verfasser war ein Protokollmeister namens Selman Efendi, über dessen Leben nur bekannt ist, dass er zweimal in diesem Amt tätig war, zuerst vom 15. Februar 1718 bis 1725 und ein weiteres Mal nach 1738.[21] Die Protokollbücher gewähren einen Einblick in die diplomatische Praxis, über Virmonts Treffen mit osmanischen Würdenträgern, sein Netzwerk an der Hohen Pforte sowie in den Ablauf von Festen und Bankette, die zu seinen Ehren stattfanden.
- Ediert werden schließlich noch einige Artefakte osmanischer Herkunft. Konkret handelt es sich um Geschenke des Sultans, die Ibrahim Pascha im Zuge seiner Mission nach Wien an den Kaiserhof brachte. Einige haben bis heute überlebt und befinden sich in verschiedenen Museen und Sammlungen.