Die Internuntiatur des Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn (1649)BriefeBriefletterJohann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn an Ferdinand III., Konstantinopel, 1. Mai 1649Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn to Ferdinand III., Constantinople, Mai 1, 1649Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhornde1649-05-01Allergnädigster kayser und herr. Den 27. April ist derienige Türkh, welcher in meinen hieherraisen wegen cedierung Candia durch Sofia nach Venedig passiert, widerumb zuruckh kommen. Hat zwar von der Republica an die ottomannische Porten brieff gebracht, aber keines cathegorischen inhalts und welche sich allein auff mehrere refellerung des baylo von Venedig berueffeten. Gibt vor, die Venediger hetten ihme ihren schatz und ein großsen vorrath von khriegs preparatorien gezaigt, anzudeuten, das sie dises khrieg noch nicht mued, sondern kaum recht angefangen.Alß nun des tags hernach der baylo von Venedig zu den vesir kommen und ihme namen seiner Republica berichtet, wie das die selbig zwar ein bestandigen frid einzugehen und rllichen wie vorhero alßo noch verbindlich zu halten alzeit willig seye. Man muste aber Canea, Retimo und andere abgenomene orth in der insl Candia widerumb abtreten und ihnen solliche vollig cedieren, widllges fahls sie keinen frid verlangeten, sondern allen feündlihen widerstandt zu begegnen entsinet sein, warauff der vesir gesagt, so habt ihr nun bißhero mit der ottomannische Porten so falsch gehandlet, von einer zeit zur andern vertrostung geben, alß ob man sich accommodieren wolle, nur c disem ende, damit man uns und unsere khriegsmacht suspendierte. Liesse hieruber ihme, baylo von Venedig, mitsambt seinen dragoman, bey sich habenden von adl und dienern vituperosamente von schergen ergreiffen, nebens alberaith vor augen stehenden brigln, eben alda in ein abscheiliche malefitz gefenckhnus werffen, baldt hernach mit einen barbarischen geschrey undt tumult widerumb herausziehen, ihme, baylo von Venedig, zwar und den principal dragoman Antonio Grillo ledig, ohne banden, die andern aber, den Ballerino, der Republica secretarium (so ungefehr vor ein iahr guete coniuncturn zu machen hieher geschickht worden, welchen der vesir von fenster, da er ihm ohne ketten gesehen, bey sein leidern describiert und einzuschliessen verschafft), item den ragionato, den Pasquanavon und 4 diener in eisenbanden an den hals ineinander geschlossen, spotlich zu fues durch Constantinopoli in ein altes, an Schwarz Meer ligendes castell, id est in den Schwarzen Thurn, fuhren. Weillen aber etliche aus der familia nicht hierbey gewesen, alß hat man nicht allein des baylo von Venedig, sondern auch des Grillo logiament (unangesehen sein weib und kind) incontinenti, mit wueten und toben sogar von kuhel geschur spoliert, volgends gesport und verpotschiert, 2 sclavon aus des Grilo haus vor den vesir gefuhrt, eine widerumb entlassen, die andere hindterhalten, des baylo von Venedig capellan aber und andere mehr, so zuhaus verbliben, ebensmessig gefenckhlich ergriffen und in banden an gedachtes castell zu ihren herrn alle zusamen gethan. Hierauff ist gleich ordre ergangen, auch durch das ganze imperium (wo venedigische commercien) geschickht und publiciert worden, das man nicht allein die kauffleüth selbst verhafft nemen, sondern all ihre gueter confiscieren solte, waruber sich dan auch alhie viel verkrochen und sonderlich bey den franzosischen pottschaffter (alwo auch des baylo von Venedig secretarius verborgen) in gehaimb auffhalten.Den 1. Mai schickhte mir mein gueter alssr verthrauter einen brieff und thete mir zu wissen, das der Grillo der Türkh zrgeben nach in der gefenckhnus die stiegen eingefallen und hieruber todt verbliben (wie ich aber hernach verstanden, ist er crudel stranguliert worden). Eben diser Grillo, Gott verzeihe ihms, hat vor iahren den armen patriarch Cirillo de Verria wegen einbe schlechten privat interesse auf das euserist vervolgen, von den patriarchtu in die gefenckhnus und endtlich durch die strangeen umb das liben helffen bringen. Ich habs offt prophezeit, er werde kein guet end nemen. Nun ist es geschehen.Eben disen tag, den 1. Maggio, ist die türkhische schiff armata mit 66 galera, 8 maona und 3 galeazzen, ungefehr bey 6.000 janitschar starckh, von hinen aufgebrochn und nach Candia abgefahren. Die Türkh haben pro felicia armorum successu undter freyen himel in einer campagna die tag hernach ein allgemein gebett angestelt und wollen solches, biß die armata zuruckh kombt, wohentlich continuiren.EKM mich empfelchendt. Constantinopol den 1. Maggio 1649