Einleitung AktenLisa BrunnerChristoph WürflingerDatenmodellierungCarina Koch Universität Salzburg, Kultur- und
Gesellschaftswissenschaftliche Fakultät, Fachbereich Geschichte Zentrum für Informationsmodellierung - Austrian
Centre for Digital Humanities, Karl-Franzens-Universität Graz GAMS - Geisteswissenschaftliches Asset Management
System Creative Commons BY 4.0
2021o:dipko.bbe Die Medialität diplomatischer Kommunikation:
Habsburgische Gesandte in Konstantinopel in der Mitte des 17. Jahrhunderts. ProjektleitungArnoStrohmeyer
born digital
Deutsch
Die Internuntiatur des Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn und ihre Akten (1649)
Von Lisa Brunner und Christoph Würflinger
1. Vorbemerkungen
„Dieser Resident ist wie vom Schicksal vorausbestimmt worden, um in schwerster Zeit der
ganzen Christenheit in Europa den größten Dienst zu leisten. ”
Fritz RIPPMANN, Johann Rudolf Schmid Freiherr von Schwarzenhorn.
Ein Lebensbild. Vom Bürger von Stein am Rhein zum Botschafter des Kaisers an der
türkischen Pforte, Stein am Rhein 1938, 5. Wenngleich anderen Faktoren
womöglich größere Bedeutung zukommt
Markus KÖHBACH, Warum beteiligte sich das Osmanische Reich nicht
am Dreißigjährigen Krieg? in: Walter Leitsch / Stanislaw Trawkowski, Hg., Polen und
Österreich im 17. Jahrhundert, Wien 1999, 277-294; Claudia Reichl-Ham, Der Krieg, der
nicht stattfand? Das Osmanische Reich und der Dreißigjährige Krieg, in: Robert
Rebitsch / Lothar Höbelt / Erwin A. Schmidl, Hg., Vor 400 Jahren. Der Dreißigjährige
Krieg, Innsbruck 2019, 149-164. , wurde dem kaiserlichen Diplomaten Johann
Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn – etwa von Fritz Rippmann im obigen Zitat – die Leistung
zugeschrieben, das Osmanische Reich aus dem Dreißigjährigen Krieg gehalten zu haben.
Seine Amtszeit als Resident in Konstantinopel (1629–1643)
Ausführlich dazu Peter MEIENBERGER, Johann Rudolf Schmid zum
Schwarzenhorn als kaiserlicher Resident in Konstantinopel in den Jahren 1629–1643. Ein
Beitrag zur Geschichte der diplomatischen Beziehungen zwischen Österreich und der
Türkei in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, Bern 1973; zuletzt außerdem Arno
STROHMEYER, Kategorisierungsleistungen und Denkschemata in diplomatischer
Kommunikation: Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn als kaiserlicher Resident an der
Hohen Pforte (1629-1643), in: Gunda Barth-Scalmani / Harriet Rudolph / Christian
Steppan, Hg., Politische Kommunikation zwischen Imperien. Der diplomatische
Aktionsraum Südost- und Osteuropa, Innsbruck, Wien, Bozen 2013, 21-29 und DERS., Der
Dreißigjährige Krieg in der Korrespondenz des kaiserlichen Residenten in
Konstantinopel Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn (1629-1643), in: Michael
Rohrschneider / Anuschka Tischer, Hg., Dynamik durch Gewalt? Der Dreißigjährige Krieg
(1618-1648) als Faktor der Wandlungsprozesse des 17. Jahrhunderts, Münster 2018,
319-339. fällt mitten in die Zeit dieses Krieges, nach dessen Ende Schmid
zweimal an seine alte Wirkungsstätte zurückkehrte – einmal als Internuntius (1649), um
dem neuen Sultan Mehmed IV. zur Thronbesteigung zu gratulieren und eine Verlängerung des
Friedens zu erwirken, und einmal als Großbotschafter (1650/51), um den ratifizierten
Frieden und Geschenke zu überbringen. Die Internuntiatur, im Zuge derer der Friede von
Konstantinopel
Instrumentum prorogatae Pacis inter Augustissimum Ferdinandum
III. Romanorum Imperatorem […] & Turcarum Sultanum Mehemete IV. […]. Datum
Constantinopoli, die 1 Julii 1649, in: Treaties, etc. between Turkey and Foreign
Powers 1535–1855. Completed by the Librarian and Keeper of the Papers, London 1855,
35. ausgehandelt wurde, steht im Zentrum der vorliegenden Edition. Im
Folgenden geht es um die Person Schmid sowie die offiziellen Dokumente – Instruktionen,
Briefe, Finalrelation, Geheimbericht –, die im Rahmen der Mission entstanden sind.
2. Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn
Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn, geboren am 17. April 1590, entstammte einer
protestantischen Bürgerfamilie aus Stein am Rhein, einer Kleinstadt westlich des
Bodensees. Die Familie zählte zu den eingesessenen, ratsfähigen Geschlechtern der Stadt.
Sein Vater Felix Schmid heiratete 1580 in vierter Ehe die Konstanzer Patriziertochter
Elisabeth Hürus; aus der Ehe gingen sechs Söhne und drei Töchter hervor, wobei Johann
Rudolf als vierter Sohn auf die Welt kam. Felix Schmid verstarb 1598 und hinterließ
nicht nur 14 Kinder, sondern auch ein unsicheres, mit Schulden behaftetes Erbe.
Vgl. MEIENBERGER, Resident, 102. Der folgende Lebensweg
des jungen Johann Rudolf wird unterschiedlich geschildert: Fritz Rippmann und der
Schweizer Kunsthistoriker Johann Caspar Füeßlin schreiben von einem unbekannten Gönner,
der seine künstlerische Begabung erkannte
Vgl. Johann Caspar FÜEßLIN, Geschichte der besten Künstler in
der Schweitz, Bd. 1, Zürich 1769, 82f; RIPPMANN, Lebensbild, 3. , während der
Historiker Peter Meienberger und der Anglist, Germanist und Slawist Theodor Vetter von
einem Onkel mütterlicherseits berichten, der ihm in Verona eine künstlerische Ausbildung
zukommen ließ
Vgl. Theodor VETTER, „Schmid von Schwarzenhorn, Johann Rudolf
Freiherr“, in: Allgemeine Deutsche Biographie 31 (1890), online unter https://www.deutsche-biographie.de/pnd108194221.html (12.11.2020);
MEIENBERGER, Resident, 102. . Dort verbrachte Schmid die nächsten vier Jahre
und zog dann mit seinem Förderer weiter nach Dalmatien und Ungarn, um an den
Kampfhandlungen gegen die Osmanen im Rahmen des Langen Türkenkriegs (1593–1606)
teilzunehmen. Mit seiner Gefangennahme durch die Osmanen in Ungarn verliert sich seine
Spur für die nächsten 20 Jahre. Es ist anzunehmen, dass er Türkisch lernte und als
Sklave eines osmanischen Würdenträgers in Konstantinopel als Übersetzer eingesetzt wurde
Vgl. VETTER, Schmid. . Aufgrund dieser Tätigkeit dürfte
er mit dem kaiserlichen Gesandten Johann Jakob Kurz von Senftenau in Kontakt gekommen
sein, der ihn wahrscheinlich freikaufte und ihm die Rückkehr ins Reich ermöglichte
Vgl. MEIENBERGER, Resident, 104. .
Mit dem Eintritt in die Dienste des kaiserlichen Hofkriegsrats begann 1625 Schmids
eindrucksvolle Karriere als Diplomat. Nach kleineren Missionen, die ihn nach Ofen,
Temeswar und zum kaiserlichen Residenten Sebastian Lustrier nach Konstantinopel führten,
wurde Schmid 1629 zu dessen Nachfolger bestimmt
Vgl. VETTER, Schmid. . Sein Amtsantritt erfolgte in
einer schwierigen Situation. Seine Vorgänger hatten ungelöste Fragen hinsichtlich der
Friedensverhandlungen hinterlassen und in Konstantinopel herrschte ein ungünstiges
Verhandlungsklima. Zudem waren die Beziehungen des Kaisers als direkter Nachbar des
Osmanischen Reichs grundsätzlich größeren Belastungen ausgesetzt als jene der
Seehandelsmächte
Vgl. MEIENBERGER, Resident, 107f. . Im Laufe seiner
Residentschaft hatte Schmid mit zahlreichen weiteren Schwierigkeiten zu kämpfen: Hohen
Ausgaben für Geschenke, die Organisation der Korrespondenz und die Unterhaltung des
Gesandtschaftsbetriebs standen seltene Zahlungen der Hofkammer gegenüber
Vgl. ebd., 78-80. . Zudem brannte sein Haus zweimal
nieder
Vgl. ebd., 112. . Allerdings konnte er in diesen Jahren
auch ein wirksames Informationsnetzwerk aufbauen, das ihm noch in späteren Jahren
zugutekam
Vgl. János SZABADOS, „Ich awer befleise mih, daß ih sie beidte
zue nahbarn mahen khan.“ Die Karriere des deutschen Renegaten (Hans Caspar) in Ofen
(1627–1660) im politischen und kulturellen Kontext, phil. Diss., Szeged 2018, 57f.
. Ab 1640 forderte er angesichts der überwältigenden Herausforderungen immer
dringender seine Ablösung, die nach der Unterzeichnung des Friedens von Szőny (1642)
schließlich 1643 erfolgte, als der neue Resident Alexander von Greiffenklau zu Vollrads
in Konstantinopel eintraf
Vgl. MEIENBERGER, Resident, 112f. .
Nach seiner Rückkehr legte Schmid gegenüber dem Kaiser in Form einer italienischen
ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 116/2, fol. 156r-178v.
und einer vierteiligen deutschen Finalrelation
ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 117/1, fol. 1r-150v.
Rechenschaft ab
Ediert bei MEIENBERGER, Resident, 143-271. . Seinem
Ansuchen, weiterhin in kaiserlichen Diensten tätig sein zu dürfen, wurde entsprochen und
man nahm ihn noch im selben Jahr in den Hofkriegsrat auf. Seine Einkünfte bezog er aus
dem Amt des Waldmeisters in Niederösterreich. Außerdem heiratete er 1645 Helena Fellner
von Feldegg, die Witwe des 1639 verstorbenen Hofkriegsratssekretärs Johann Friedrich
Vischer, die die Herrschaften St. Margareten und Nikolsdorf in die Ehe einbrachte
Vgl. ebd., 113f. . Aus der Verbindung gingen zwei
Töchter – Maria Anna und Maria Polyxena – hervor, die das Kindesalter überlebten
Vgl. ebd., 141. . 1647 erhielt Schmid von Ferdinand III.
den Adelsbrief und durfte somit den Namenszusatz „zum Schwarzenhorn“ führen
Vgl. ebd., 140. .
Der plötzliche Tod des Residenten Greiffenklau im Juni 1648
Zum Tod Greiffenklaus vgl. den Extrakt des Berichts des
Nikusios Panagiotes vom 17. Juni 1648, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 120/2, fol.
118r-121v. und die Thronbesteigung Mehmeds IV. beschleunigten die schon länger
geplante Entsendung einer Gesandtschaft, für die Johann Rudolf Schmid ausgewählt wurde
Ausführlich zur Gesandtschaft und ihren Hintergründen vgl. Historischer Kontext. .
Diese Mission ist durch die hier edierten Briefe
Korrespondenz des Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn mit
Ferdinand III., ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/1. , die Finalrelation
Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn, Finalrelation, Wien,
24.10.1649, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/2, fol. 112r-194v. , den
Geheimbericht
Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn an Ferdinand III.,
Geheimbericht, Wien, 11.10.1649, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/2, fol. 28r-64v.
sowie den Reisebericht des „aufwarther[s], wagen- unnd kuchelschreiber[s]“
Johann Georg METZGER, Itinerarium oder rayß beschreibung von
Wien in Österreich nach Constantinopel. Darinnen werden beschriben die durchgerayste
länder, stätt, vestungen schlößer, märck unnd dörffer unnd deren inwohnenden völckher,
arth unnd tracht, auch die audientzen, visitationes der pottschafter sambt anderen
vihlen denckhwürdigen sachen. In drey underschidliche thail außgethailt unnd mit
etlichen abgerißnen figuren geziert, beschriben und zusammengetragen durch Johann
Georg Metzger auß dem Breyßgaw, iuris utriusque studiosum, anno salutis 1650, Wien,
20.03.1650, Schlossarchiv Stiebar der Familie Seefried, Gresten/Niederösterreich,
[keine Signatur], 8. Johann Georg Metzger umfassend dokumentiert. Bereits
während der Rückreise im Sommer 1649 begann er mit der Organisation der ebenfalls von
ihm geleiteten Großbotschaft, die 1650/51 die ratifizierte Vertragsurkunde überbringen,
die Einberufung einer Grenzkommission erwirken, neue Sprachknaben rekrutieren und sich
für die katholischen Ordensleute in Jerusalem einsetzen sollte. Vor dieser Mission wurde
Schmid in den Reichsfreiherrenstand erhoben
Vgl. Christoph WÜRFLINGER, Symbolic Communication in
Habsburg-Ottoman Diplomatic Relations. The Grand Embassy of Johann Rudolf Schmid zum
Schwarzenhorn (1650–51), in: Legatio: The Journal for Renaissance and Early Modern
Diplomatic Studies 4 (2020), 95-122. .
Nach seiner Rückkehr 1651 nahm ihn die Tätigkeit im Hofkriegsrat immer mehr in
Anspruch, sodass er schon 1652 gezwungen war, die Leitung des niederösterreichischen
Waldamtes niederzulegen. Eine schwere Krankheit, der Tod seiner 1652 und 1654 geborenen
Söhne und sein altes Gichtleiden veranlassten ihn wohl dazu, um seine Abberufung zu
bitten. Wenzel Eusebius von Lobkowicz, der Präsident des Hofkriegsrats, wollte
allerdings nicht auf seine Expertise verzichten. 1656 wurde Schmid zum deputierten
Geheimen Rat ernannt und mit der Leitung des in Wien hinterlassenen Hofkriegsrats
beauftragt
Vgl. MEIENBERGER, Resident, 129. . Eine letzte
diplomatische Mission führte ihn 1664 als kaiserlicher Gesandter an die Eidgenössische
Tagsatzung, wo er um Unterstützung im Türkenkrieg von 1663/64 bitten sollte. Auf dieser
Reise besuchte er erstmals wieder seine Geburtsstadt Stein am Rhein, die er in seiner
frühen Jugend verlassen hatte. 1665 übernahm Schmid noch einmal die Leitung des
Hofkriegsrats, legte aber sein Amt nach der Rückkehr des Hofes nach Wien zurück
Vgl. ebd., 135-138. . Im April 1667 verstarb Schmid an
den Folgen einer Erkältung
Der Eintrag ins Sterberegister der Pfarre St. Michael befindet
sich im Sterbebuch aus dem Zeitraum 1. Januar 1631 bis 31. Dezember 1699 auf der Seite
56 mit der Signatur 03-01, online unter: Matricula Online, https://data.matricula-online.eu/de/oesterreich/wien/01-st-michael/03-01/?pg=59
(12.11.2020). . Heute erinnert ein Epitaph in der Krypta des Wiener
Schottenstifts an ihn
Vgl. MEIENBERGER, Resident, 137f. . Nach seinem Tod
wurden Schmids Einsatz für den Frieden mit dem Osmanischen Reich besonders hervorgehoben
– etwa in einer gedruckten Leichenpredigt des Geistlichen Florentinus Schilling, der in
einer poetischen Hymne über das schwarzenhornische Wappen schreibt:
„Der Adler und der Drach bedeuten in seinem Schildt / Zwey mächtig grosse Reich / durch
seine Mühe gestilt: Der Kayserliche Hoff / die Ottomannisch Porten / Die wissen umb sein
Thun / und wie an beyden Orthen / Als er Bottschaffter war / gehandelt und gelebt / Und
auch warumb man ihn in Herrenstandt erhebt / Er hat drey Kaysern dient / und drey Sultan
gekennt / Sultan Murath / Ibraim und Mehemet genennt / Wann diese sechs gezanckt / dann
hat er sie entschieden / Und beyde Reich erfrewt / mit new gemerthen Frieden.“
Florentinus SCHILLING, Trewer Bottschaffter, Das ist:
Ehrn-Leichpredig Vber die hohe Verdiensten vnnd löblichen Wandel / Weillandt deß
Wolgebohrnen Herrn / Herrn Johann Rudolffen / Freyherrn von Schwartzenhorn […], Wien
1667, o. S.
Über das Wirken des Diplomaten hat ein breit gefächertes Spektrum an Quellenmaterial
die Zeit überdauert, welches sich größtenteils aus seiner politischen und privaten
Korrespondenz zusammensetzt. Darunter befinden sich etwa Schreiben an den Kaiser und
andere wichtige Hofbeamte. Neben seiner diplomatischen Tätigkeit dürfte Schmid
allerdings Zeit seines Lebens weiterhin künstlerisch interessiert gewesen sein. So
überliefern beispielsweise auch bildliche Quellen – vor allem die erhaltenen
Diplomatenporträts – die Karriere Schmids
Sie zeigen Schmid zumeist als Großbotschafter. Erhalten ist
etwa ein Ölgemälde des holländischen Malers Hieronymus Joachims (1651; heute in den
Sammlungen des Fürsten von und zu Liechtenstein). Ein weiteres Porträt zeigt Schmid
als Großbotschafter auf einem Ölgemälde des flämischen Barockmalers Nicolas van Hoy
(1660; heute im Rathaus in Stein am Rhein). Vgl. dazu etwa Nina TRAUTH, Maske und
Person. Orientalismus im Porträt des Barock, München 2009, 268-271. . Das
Porträtieren von Gesandten in ihrer diplomatischen Funktion war dabei ein beliebtes
Mittel politischer Repräsentation
Vgl. ebd. 238. . In Abbildung 1 ist eine Druckgrafik des
Kupferstechers Elias Wideman[n] zu sehen, die auf ein Ölgemälde des holländischen Malers
Hieronymus Joachims zurückgeht und Schmid am Höhepunkt seiner Karriere als
Großbotschafter zeigt. Im Bildhintergrund ist seine Antrittsaudienz bei Sultan Mehmed
IV. (1651) abgebildet. Die Komposition des Gemäldes ist für die übliche Darstellungsform
der Diplomatenporträts unkonventionell, da sowohl Schmids Porträt als auch ein
Historiengemälde – die Darstellung der Audienz – aufeinandertreffen. Die
Kunsthistorikerin Nina Trauth schreibt diese originelle Anordnung eventuell Schmid
selbst zu, der – wie bereits erwähnt – in jungen Jahren einer Künstlerausbildung
nachging. Interessant erscheinen in diesem Kontext Überlegungen zu den künstlerischen
Tätigkeiten Schmids selbst. Peter Meienberger stellte in seiner Untersuchung etwa die
Überlegung an, ob Zeichnungen aus dem Reisebericht Johann Georg Metzgers nicht aus der
Hand des Diplomaten selbst stammen könnten
MEIENBERGER, Resident, 118 (Anm. 71) bzw. 102 (Anm. 6).
. Über das künstlerische Schaffen Schmids während seiner Zeit in Konstantinopel
existieren zwar schriftliche Hinweise; konkret zuordenbare Bilder konnten bisher
allerdings nicht gefunden werden
Über Schmids künstlerisches Talent und Œuvre bemerkt Johann
Caspar Füeßlin: „Was hätte man von einem solchen Manne zu hoffen gehabt, wenn er sein
ganzes Leben der Mahlkunst gewiedmet hätte, die er so sehr geliebt, und die seine
Hauptneigung in seiner zarten Kindheit gewesen, und aus der er […] noch manche Stunde
Vergnügen schöpfte? Die Ueberbleibsel von Zeichnungen, die ich gesehen habe, sind mir
hierüber sichere Bürgen. Es sind ohngefähr 50. Stücke von seltenen Gebäude, aller
Gattung Türkischer Kleider-Trachten; alles mit der Feder gezeichnet und getuscht;
etliche sehr fleissig ausgeführt, andere nur entworffen; unter allen diesen
Zeichnungen stand: Joh. Rudolph Schmid von Stain fecit.“ FÜEßLIN, Geschichte, Bd. 1,
144f; weitere Einblicke in Schmids Talent gibt auch der Schriftsteller, Kunst- und
Autografenhändler Moritz Bermann in seiner „Geschichte der Kaiserstadt und ihrer
Umgebungen“. Er verweist auf mehr als 50 Handzeichnungen des Diplomaten sowie einige
größere Gemälde. Vgl. Moritz BERMANN, Alt- und Neu-Wien. Geschichte der Kaiserstadt
und ihrer Umgebungen, Wien / Pest / Leipzig 1880, 893. .
3. Zu den Quellen: Die Akten der Internuntiatur des Johann Rudolf Schmid zum
Schwarzenhorn (1649)
3.1 Instruktionen
Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn erhielt für seine Internuntiatur eine
Instruktion und eine Nebeninstruktion, von denen sich Kopien in den Staatenabteilungen
des Haus-, Hof- und Staatsarchivs (Türkei I) befinden
ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 120/2, fol. 259r-262r und fol.
267r-272v. . Sie sind mit dem 17. Dezember 1648 datiert und enthalten mehrere
Anweisungen, die sich in vier Gruppen zusammenfassen lassen: Erhaltung des Friedens,
Ankündigung eines neuen Residenten, Krieg zwischen dem Osmanischen Reich und Venedig
sowie religiöse Angelegenheiten.
Dem 1648 ermordeten Sultan Ibrahim folgte dessen 1642 geborener Sohn Mehmed IV. auf
den Thron, weshalb einerseits ein Internuntius entsandt werden musste, um ihm zur
Thronbesteigung zu gratulieren, andererseits auch eine Erneuerung des Friedens
zwischen Habsburgern und Osmanen nötig wurde. Als Preis für den Frieden forderten die
Osmanen – insbesondere in den 1640er Jahren – immer wieder jene 200.000 Gulden, die im
Frieden von Zsitvatorok als einmalige Zahlung
Zur Problematik der voneinander abweichenden Versionen des
Friedensvertrags vgl. Dennis DIERKS, Übersetzungsleistungen und kommunikative
Funktionen osmanisch-europäischer Friedensverträge im 17. und 18. Jahrhundert, in:
Martin Espenhorst, Hg., Frieden durch Sprache? Studien zum kommunikativen Umgang mit
Konflikten und Konfliktlösungen, Göttingen 2012, 133-174, hier: 135-136.
festgelegt worden waren. Schmid war angewiesen, gegen diese Forderung aufzutreten.
Sollten die Osmanen darauf beharren, so ermöglichte ihm die Nebeninstruktion, eine
Zahlung in Form von Geschenken und nicht in barem Geld anzubieten. Für den Fall, dass
sich auch das nicht durchsetzen ließe, wurde ihm erlaubt, zuerst 100.000 Gulden, dann
150.000 Gulden anzubieten. Vor der Übergabe des Vertrags sollte er den Text „wohl
uberlesen und durchsehen“
Nebeninstruction für unsern kriegsrath, waldtmeistern in
Under Österreich, abgeordneten internuntium an die ottomanische Porten und lieben
getreuen Johann Rudolphen Schmit von Schwarzenhorn, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I,
120/2, fol. 271r. , um Übersetzungsfehler oder Täuschungen zu verhindern.
Mit der Erhaltung des Friedens zusammenhängend hatte Schmid auch bekanntzugeben, dass
„der zwischen unnß und beeden cronen Franckhreich unnd Schweden langgewehrte Krieg
nidergelegt und alles zu friedlichen standt seye gebracht worden“
Instruction für unsern khriegsraht, waldtmaistern in Unter
Östterreich, abgeordneten internuntio an die ottomannische Portten und lieben
getreuen Johann Rudolphen Schmidt von Schwarzenhorn etc., ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei
I, 120/2, fol. 267v. und dass den ins ungarische Grenzgebiet ziehenden
Soldaten befohlen worden sei, den Frieden zu halten. Über die Verstöße osmanischer
Soldaten gegen den Frieden sollte er sich hingegen beschweren. Falls in den
Verhandlungen die oberungarischen Gespanschaften, die dem siebenbürgischen Fürsten
Georg I. Rakoczi (1593–1648) auf Lebenszeit zugesprochen worden waren, zur Sprache
kommen würden, war Schmid außerdem beauftragt, darzulegen, warum ihre
Wiedereingliederung ins Habsburgerreich rechtmäßig sei.
Nachdem der Resident in Konstantinopel, Alexander von Greiffenklau zu Vollrads, im
Juni 1648 nach einem Fall vom Pferd verstorben war, musste ein Nachfolger präsentiert
werden. Zu diesem Amt war Simon Reniger
Zu seiner Auswahl: Zsuzsanna CZIRÁKI, Making Decisions at the
Imperial Court in Vienna Related to the Election Procedure of the Resident
Ambassador Simon Reniger von Renningen (1649–1666) in Constantinople, in: Archivum
Ottomanicum 33 (2016), 91-98; Zsuzsanna CZIRÁKI, Zur Person und Erwählung des
kaiserlichen Residenten in Konstantinopel, Simon Reniger von Renningen (1649–1666),
in: dies. u. a., Hg., Wiener Archivforschungen. Festschrift für den ungarischen
Archivdelegierten in Wien, István Fazekas, Bd. 10, Wien 2014, 157-164.
bestimmt worden, der zwar bereits 1649 mit Schmid nach Konstantinopel reiste, aber
dort noch nicht als neuer Resident vorgestellt werden sollte. Schmids Aufgabe war es,
Reniger in die Geschäfte einzuführen und seine Tauglichkeit zu beurteilen.
In den Krieg zwischen Venedig und dem Osmanischen Reich
Vgl. dazu Ekkehard EICKHOFF, Venedig, Wien und die Osmanen.
Umbruch in Südosteuropa 1645–1700, Stuttgart 2008. durfte sich Schmid nicht
einmischen, es sei denn, der venezianische Botschafter würde darum bitten und er könne
auch tatsächlich etwas ausrichten. Nach der Gefangennahme des Botschafters wurde diese
Anweisung abgeändert und Schmid befohlen, sich für diesen einzusetzen
Vgl. dazu Ekkehard EICKHOFF, Venedig, Wien und die Osmanen.
Umbruch in Südosteuropa 1645–1700, Stuttgart 2008. . Schließlich sollte sich
Schmid auch noch für die katholischen Geistlichen im Osmanischen Reich – insbesondere
für die umkämpften heiligen Stätten in Jerusalem – einsetzen.
3.2 Briefe
Während seiner Internuntiatur verfasste Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn
insgesamt 27 Briefe an Kaiser Ferdinand III. Diese werden heute in den
Staatenabteilungen (Türkei I) des Haus-, Hof- und Staatsarchivs in Wien aufbewahrt.
Der überwiegende Teil der Briefe umfasst zwei bis vier beschriebene Seiten; zwei
umfangreichere Schreiben zu Beginn und am Ende der Mission zählen 19 bzw. sieben
Seiten. Aus einem Verweis in der Finalrelation wird ersichtlich, dass zumindest ein
Schreiben – verfasst am 23. Februar in Pasardschik – verloren gegangen ist
Das Schreiben dürfte allerdings nicht auf dem Postweg,
sondern erst später verloren gegangen sein, denn in seiner Anmerkung in der
Finalrelation stellt Schmid fest, dass die Schreiben „alle, sovil mir wißendt,
zurecht eingelifert worden seindt“. Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn,
Finalrelation, Wien, 24.10.1649, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/2, fol. 128r.
. Die fünf Antwort- bzw. Befehlsschreiben des Kaisers, deren Empfang Schmid in
seinem Brief vom 13. August 1649 bestätigt
Schmid an Ferdinand III., Edirne, 13. August 1649, ÖStA,
HHStA, StAbt, Türkei I, 121/1, fol. 229r. , sind nicht überliefert. Ihr
Inhalt wie auch die Existenz von drei weiteren – ebenfalls nicht überlieferten –
Schreiben lassen sich allerdings mithilfe der Protokollbücher des Hofkriegsrats
rekonstruieren
ÖStA, KA, ZSt, HKR, HR, Bücher, 301, fol. 26v, 40v-41r, 99v,
107r-107v, 108v, 132v-133r, 142v-143v; es handelt sich hierbei nicht um
Sitzungsprotokolle, sondern um die Registraturbücher des Hofkriegsrats. Vgl. Géza
PÁLFFY, Die Akten und Protokolle des Wiener Hofkriegsrats im 16. und 17.
Jahrhundert, in: Josef Pauser / Martin Scheutz / Thomas Winkelbauer, Hg.,
Quellenkunde der Habsburgermonarchie (16.–18. Jahrhundert). Ein exemplarisches
Handbuch, Wien 2004, 182-195, hier: 187. . Schmid stand außerdem mit
Erzherzog Leopold Wilhelm
Vgl. Schmid an Leopold Wilhelm, Konstantinopel, 31. März
1649, ÖStA, FHKA, SUS, RA, 280, 689r-690v. , Maximilian von Trauttmansdorff
Vgl. bspw. Schmid an Maximilian von Trauttmansdorff,
Konstantinopel, 5. August 1649, ÖStA, AVA, FA Trauttmansdorff, 135, 68r-68v.
, Johann Ferdinand von Porcia
Vgl. Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn, Finalrelation,
Wien, 24.10.1649, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/2, fol. 167r. , Frederigo
Savelli
Vgl. ebd. und dem Hofdolmetscher Michel d’Asquier in
Kontakt
Schmid an Ferdinand III., Plowdiw, 26. Februar 1649, ÖStA,
HHStA, StAbt, Türkei I, 121/1, fol. 26r und Konstantinopel, 10. Mai, ÖStA, HHStA,
StAbt, Türkei I, 121/1, fol. 96r. . Die an den Kaiser adressierten Briefe
wurden mitunter an verschiedene Personen weitergeleitet. Für die Internuntiatur 1649
lässt sich das zum Beispiel für das Schreiben vom 5. August belegen, das an den
Obersthofmeister (Maximilian von Trauttmansdorff), den Erzbischof von Gran/Esztergom
(Georg Lippay), den ungarischen Palatin (Paul Pálffy) und die Hofkammer weitergeleitet
wurde
Vgl. Schmid an Ferdinand III., Konstantinopel, 5. August
1649, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/1, fol. 221v..
Von den 26 überlieferten Briefen sind sieben teilweise und zehn vollständig
verschlüsselt, wobei tendenziell eher jene Schreiben unverschlüsselt sind, die während
der An- und Abreise verfasst wurden; ob ein Brief vollständig oder nur teilweise
verschlüsselt wurde, folgt keiner erkennbaren Systematik. Für die Übertragung der
Briefe in Zahlencodes war vermutlich der Gesandtschaftssekretär zuständig
Darauf deutet ein Schreiben des Residenten Greiffenklau hin.
Vgl. Greiffenklau an die Hofkriegskanzlei, Konstantinopel, 22. September 1646, ÖStA,
KA, FA, AFA, HR, Akten, 124, unfol. . Die Briefe wurden nach ihrer Ankunft in
Wien üblicherweise auf separaten Blättern entschlüsselt
Eine Ausnahme ist der Brief vom 10. Mai 1649, in dem die
Entschlüsselung über den Zeilen erfolgt. . Der Chiffrenschlüssel, den später
auch der Resident Simon Reniger verwendete, befindet sich heute im Kriegsarchiv (Alte
Feldakten)
ÖStA, KA, FA, AFA, 145, fol. 11r-12v. . Mithilfe
dieses Schlüssels konnten die beiden Schreiben vom 5. Februar und 18. April 1649,
denen keine zeitgenössische Auflösung beiliegt, entschlüsselt und zugänglich gemacht
werden. Im Vergleich zu anderen von kaiserlichen Diplomaten gebrauchten
Chiffrenschlüsseln
Der Schlüssel des Residenten Alexander von Greiffenklau zu
Vollrads besteht beispielsweise aus nur einer Zahlenreihe, die das Alphabet ersetzt,
sowie einer Reihe an Zahlen, die für Wörter bzw. Begriffe stehen. Vgl. Christoph
WÜRFLINGER, Die Verschlüsselung der Korrespondenz des kaiserlichen Residenten in
Konstantinopel, Alexander von Greiffenklau zu Vollrads (1643–1648), in: Chronica –
Annual of the Institute of History, University of Szeged 19 (2020), 6-23.
ist dieser sehr komplex und besteht aus vier Zahlenreihen, die Buchstaben,
Kombinationen aus Konsonanten und Vokalen (ba, be, bi, bo, bu, ca, ce, ci, co, cu
usw.) sowie Wörter ersetzen und sich durch über die Zahl geschriebene Zeichen
voneinander unterscheiden (^, ° und ˉ). Ein Nachteil dieser Methode ist die
Fehleranfälligkeit, da diese Zeichen mitunter vergessen wurden. Beim Auflösungsvorgang
wurden diese Fehler in der Regel korrigiert; lediglich einmal wurde aufgrund eines
Chiffrierungsfehlers aus dem französischen Botschafter der russische
Schmid an Ferdinand III., Konstantinopel, 8. Mai 1649, ÖStA,
HHStA, StAbt, Türkei I, 121/1, fol. 95r. .
Die Übermittlung der Korrespondenz erfolgte auf verschiedenen Wegen, wobei nicht
jedem Brief eine genaue Route zuzuordnen ist. Feststellen lassen sich die
Transportrouten mithilfe von Verweisen in den Briefen und in der Finalrelation.
Eingangsvermerke auf den Rückseiten der Schreiben, wie sie mitunter bei anderen
Korrespondenzen üblich sind, fehlen in diesem Fall allerdings; auch die
Protokollbücher des Hofkriegsrats geben darüber keine Auskunft. Die gängigen Routen
für den Brieftransport zwischen Konstantinopel und Wien waren der direkte Weg mittels
eigenen und/oder osmanischen Kurieren, der Seeweg über Venedig, der Landweg via
Siebenbürgen sowie die sogenannte Geheime Korrespondenz
Vgl. Christoph WÜRFLINGER, Der Balkan im Kommunikationssystem
der habsburgischen Diplomatie – die Schwierigkeiten des Brieftransports zwischen
Konstantinopel und Wien in der Mitte des 17. Jahrhunderts, in: Maria Endreva u.a.,
Hg., Der Donauraum als Zivilisationsbrücke. Österreich und der Balkan. Perspektiven
aus der Literatur- und Geschichtswissenschaft, Würzburg 2020, 63-74, hier: 65-69.
.
Die Verwendung eigener bzw. osmanischer Kuriere wurde 1615 vertraglich festgelegt
Vgl. Renovatio Pacis Sitvatorocensis […], in: Treaties, etc.
between Turkey and Foreign Powers 1535–1855. Completed by the Librarian and Keeper
of the Papers, London 1855, 11. . Kaiserliche Kuriere hatte zwei Nachteile:
Einerseits war die Sendung eigener Kuriere teuer, andererseits war man der Willkür der
osmanischen Machthaber unterworfen, die die Abfertigung bzw. die Weiterreise mitunter
erheblich verzögerten
Vgl. bspw. Schmid an Ferdinand III., Konstantinopel, 2. Juni
1649, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/1, fol. 117r. . Zudem konnte die
Reise durchaus gefährlich sein, wie das Beispiel des Kuriers Johann Dietz
Dietz überbrachte die Schreiben aus Ofen vom 19. und 20.
Jänner 1649. zeigt: Er wurde 1651 von ungarischen Heiducken erschossen
Vgl. Johann Georg SCHLEDER, Theatrum Europaeum, oder
außführliche und warhafftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten,
so sich hin und wieder in der Welt, fürnämlich aber in Europa und Teutschlanden […]
zugetragen haben, Frankfurt/Main 1663, 32; János SZABADOS, Habsburg-Ottoman
Communication in the Mid-17th Century – The Death of Imperial Courier Johann Dietz.
A Case Study, in: Osmanlı Araştırmaları / The Journal of Ottoman Studies 54 (2019),
119-140. . Neben den hauptamtlichen Kurieren wurden manchmal auch andere
Personen – im Fall der Internuntiatur der Sprachknabe Hans Zemper
Zemper überbrachte das Schreiben aus Konstantinopel vom 2.
Juni 1649; vgl. Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn, Finalrelation, Wien,
24.10.1649, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/2, fol. 147v-148r. und der
Gesandtschaftssekretär Johann Friedrich Metzger
Metzger überbrachte die Schreiben aus Konstantinopel vom 5.
und aus Edirne vom 13. August 1649; vgl. ÖStA, KA, ZSt, HKR, HR, Bücher, 300, fol.
142v. – geschickt. Osmanische Kuriere konnten je nach Verfügbarkeit in
Anspruch genommen werden. Von ihnen machte Schmid (mindestens) fünfmal Gebrauch
Das gilt für die Schreiben aus Konstantinopel vom 28. März,
15. und 30. April, 1. und 21. Mai 1649. .
Der Weg über Venedig, der entweder direkt per Schiff
Den Berichten des Residenten Alexander von Greiffenklau zu
Vollrads ist zu entnehmen, dass Briefe wohl auch direkt per Schiff transportiert
wurden. Vgl. Greiffenklau an Ferdinand III., Konstantinopel, 8. Jänner 1644, ÖStA,
HHStA, StAbt, Türkei I, 117/2, fol. 118r und Greiffenklau an Ferdinand III.,
Konstantinopel, 25. Mai 1645, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 118/3, fol. 227v.
oder zuerst über Land nach Cattaro/Kotor und von dort weiter mit dem Schiff
nach Venedig (und anschließend wieder über Land nach Wien) führte
Vgl. Eric DURSTELER, Power and Information: The Venetian
Postal System in the Early Modern Eastern Mediterranean, in: Diogo R. Curto u.a.,
Hg., From Florence to the Mediterranean and Beyond: Essays in Honour of Anthony
Molho, Florenz 2009, 601-623, hier: 605. , bot eine regelmäßige und
zuverlässige Möglichkeit, Briefe zu versenden, wurde aber wegen der langen
Transportdauer und der häufigen Verletzung des Briefgeheimnisses hauptsächlich zur
Übersendung von Duplikaten verwendet
Vgl. MEIENBERGER, Resident, 82. und war wegen des
Krieges um Candia (Kreta) ab 1645 nicht immer verfügbar
Vgl. WÜRFLINGER, Balkan, 70f. . Schmid gibt zwar an,
dass er von dieser Route Gebrauch gemacht hat; welche Briefe auf diesem Weg übersendet
wurden, ist allerdings unklar
Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn, Finalrelation, Wien,
24.10.1649, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/2, fol. 128r. .
Wenigstens zwei Schreiben wurden durch Siebenbürgen transportiert
Es handelt sich um die Briefe aus Konstantinopel vom 8. und
18. April 1649. . Diese Variante erforderte gute Kontakte einerseits zwischen
dem Gesandten und den siebenbürgischen Repräsentanten (in der Regel zum Agenten), der
die Briefe per Kurier nach Siebenbürgen schickte, andererseits auch zwischen dem
siebenbürgischen Fürsten Georg II. Rákoczi und dem ungarischen Palatin Pál Pálffy
Vgl. SZABADOS, Karriere, 84. . Von Siebenbürgen
gelangten sie über Kaschau/Košice und Leutschau/Levoča nach Pressburg/Bratislava
Vgl. Thomas WINKELBAUER, Das Postwesen, in: Michael
Hochedlinger / Petr Maťa / Thomas Winkelbauer, Hg., Verwaltungsgeschichte der
Habsburgermonarchie in der Frühen Neuzeit, Bd. 1/2. Hof und Dynastie, Kaiser und
Reich, Zentralverwaltungen, Kriegswesen und landesfürstliches Finanzwesen, Wien
2019, 1005-1024, hier: 1011. .
Eine weitere Möglichkeit, Briefe aus dem Osmanischen Reich nach Wien zu senden, war
die sogenannte Geheime Korrespondenz, die 1624 eingerichtet worden war, um nicht mehr
von den anderen Wegen abhängig zu sein. Hierfür warb man in Ofen, Belgrad und Sofia
Korrespondenten an, die für einen jährlichen Geldbetrag die Weiterleitung der Briefe
übernahmen
Vgl. MEIENBERGER, Resident, 83-86; ausführlich zur Geheimen
Korrespondenz zwischen 1624 und 1658: SZABADOS, Karriere. . Dieses System
befand sich in den 1640er Jahren in einer Krise, weshalb Schmid die (in der
Instruktion nicht formulierte) Aufgabe zukam, es neu zu ordnen
Vgl. WÜRFLINGER, Balkan, 71-74. . Während ihm die
Reorganisierung in Ofen und Belgrad gelang, dürfte es in Sofia – zumindest anfangs –
zu Schwierigkeiten gekommen sein
Vgl. Schmid an Ferdinand III., Sofia, 22. Februar 1649, ÖStA,
HHStA, StAbt, Türkei I, 121/1, fol. 25r-25v. . Im Zuge der Internuntiatur
gelangten auf diesem Wege mindestens zwei Schreiben nach Wien
Es handelt sich um die Briefe aus Belgrad vom 5. Februar und
aus Sofia vom 22. Februar 1649. Höchstwahrscheinlich wurde auch das Schreiben aus
Philippopel vom 26. Februar 1649 ab Belgrad mit der Geheimen Korrespondenz
transportiert. . Während seiner Großbotschaft 1650/51 scheint die Geheime
Korrespondenz wieder einwandfrei funktioniert zu haben
Vgl. SZABADOS, Karriere, 78. .
Weitere Schreiben schickte Schmid mit dem Richter von Alt-Ofen
Ofen, 17. Jänner 1649. , durch Polen
Konstantinopel, 22. März 1649; diese Route führte über das
Fürstentum Moldau nach Polen und von dort nach Wien. In der Korrespondenz wird Polen
genannt, in der Finalrelation Moldau. Vgl. Schmid an Ferdinand III., Konstantinopel,
22. März 1649, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/1, fol. 36v bzw. Johann Rudolf
Schmid zum Schwarzenhorn, Finalrelation, Wien, 24.10.1649, ÖStA, HHStA, StAbt,
Türkei I, 121/2, fol. 128v. und durch einen nicht näher benannten „alten
bekhandten“
Schmid an Ferdinand III., Plowdiw, 26. Februar 1649, ÖStA,
HHStA, StAbt, Türkei I, 121/1, fol. 26r. , der ein Schreiben von
Philippopel/Plowdiw nach Belgrad transportierte, von wo aus es vermutlich mittels
Geheimer Korrespondenz weiter gelangte. Für die restlichen zehn Briefe
Es handelt sich um die Briefe vom 4. März
(Adrianopel/Edirne), 2. und 28. April, 8., 10. und 31. Mai, 1. Juli (alle aus
Konstantinopel) sowie 15. und 17. September 1649 (Ofen). ist keine Route
eruierbar, wobei zumindest ein Schreiben via Ragusa geschickt wurde
Vgl. Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn, Finalrelation,
Wien, 24.10.1649, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/2, fol. 128v. . Die
kaiserlichen Schreiben vom 20. Februar, 13. März, 20. Juni, 3. und 7. Juli
transportierte der Sprachknabe Hans Zemper, der am 2. Juni von Schmid von
Konstantinopel expediert wurde. Am 13. August übergab er sie in Çorlu an Schmid, der
sich zu diesem Zeitpunkt bereits auf der Rückreise befand
Vgl. Schmid an Ferdinand III., Edirne, 13. August 1649, ÖStA,
HHStA, StAbt, Türkei I, 121/1, fol. 229r. . Die restlichen kaiserlichen
Briefe
21. August, 2. und 7. September 1649. überbrachte der
Gesandtschaftssekretär Johann Friedrich Metzger, der am 13. August 1649
vorausgeschickt worden war und am 15. September 1649 in Ofen wieder mit Schmid
zusammentraf
Vgl. Schmid an Ferdinand III., Ofen, 17. September 1649,
ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/1, fol. 243r. .
Insgesamt scheint der Brieftransport zwischen Wien und Konstantinopel bis zur
Internuntiatur 1649 unter großem Geldmangel gelitten zu haben, den bereits Schmid
während seiner Zeit als Resident erleben musste
Vgl. MEIENBERGER, Resident, 78-80. und der sich
während der 1640er Jahre noch verschlimmerte
WÜRFLINGER, Balkan, 74. . Aufgrund dieser Erfahrungen
setzte sich Schmid für eine Aufbesserung der finanziellen Mittel der kaiserlichen
Gesandten ein, wie in der Finalrelation deutlich wird: „ohne pahres geldt khan dises
werckh kheinen rechten gang und schwung erraichen, sonderen wirdt für unnd für in der
bißhero practicierten imperfection verbleiben.“
Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn, Finalrelation, Wien,
24.10.1649, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/2, fol. 190r. Offensichtlich
hatte er mit seinen Appellen Erfolg, denn Simon Reniger, der zwischen 1649 und 1665
als Resident in Konstantinopel diente, konnte auf ein stabileres System zurückgreifen
und wesentlich häufiger als seine Vorgänger nach Wien schreiben.
3.3 Finalrelation und Geheimbericht
Nach seiner Rückkehr nach Wien Ende September 1649 musste Schmid dem Kaiserhof über
die Geschehnisse während seiner Internuntiatur in Konstantinopel berichten
Wo nicht genauer in Fußnoten angeführt, beziehen sich die
Angaben aus dem Geheimbericht und der Relation: Johann Rudolf Schmid zum
Schwarzenhorn an Ferdinand III., Geheimbericht, Wien, 11.10.1649, ÖStA, HHStA,
StAbt, Türkei I, 121/2, fol. 28r–64v; Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn,
Finalrelation, Wien, 24.10.1649, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/2, fol.
112r–194v. . Bereits kurz nach seiner Ankunft in der Residenzstadt
überbrachte er am 1. Oktober 1649 die ausgehandelten Verträge mit der Pforte in einer
feierlichen Audienz dem Kaiser
Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn, Finalrelation, Wien,
24.10.1649, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/2, fol. 189r–189v. . Ein
schriftliches Resümee über seine diplomatische Mission erfolgte nur wenige Wochen
später. Der Diplomat verfasste dafür zwei gesonderte Berichte: zum einen den mit 11.
Oktober 1649 datierten Geheimbericht und die Finalrelation vom 24. Oktober 1649. Beide
Berichte stellen heute einen Bestand des Wiener Haus- Hof- und Staatsarchivs dar und
sind dort ein Teilbestand der Staatenabteilungen (Türkei I).
Die in Schmids Berichterstattung so bezeichnete „geheimbe Relation“
Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn, Finalrelation, Wien,
24.10.1649, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/2, fol. 166v. ist direkt an
den Kaiser adressiert. Der geheime Bericht liegt in mehreren Ausführungen vor: Zwei
Fassungen werden im Haus- Hof- und Staatsarchiv aufbewahrt, eine weitere Version im
Hausarchiv der Regierenden Fürsten von und zu Liechtenstein in Wien
Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn an Ferdinand III.,
Geheimbericht, Wien, 11.10.1649, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/2, fol. 28r–64v
bzw. 65r–98v; Hausarchiv der Regierenden Fürsten von und zu Liechtenstein,
Geheimbericht vom 11.10.1649. . Für die vorliegende Edition wurde die
Reinschrift des Geheimberichts im Haus- Hof und Staatsarchiv (28r–64v) herangezogen.
Die Quelle befindet sich allgemein in einem guten Erhaltungszustand; es konnten etwa
keine fehlenden Seiten oder Textpassagen ausgemacht werden und auch der Schriftbestand
hat sich gut erhalten. Die Dokumente enthalten verschiedene Seitenangaben, nämlich
eine handschriftliche Foliierung in Tinte am oberen Blattrand, eine handschriftliche
Foliierung mit Bleistift am unteren Blattrand sowie in schwarzer Farbe aufgedruckte
Seitenangaben am Blattende, auf die auch die Folioangaben der vorliegenden Edition
zurückgehen. Die Struktur des Fließtextes wurde durch thematisch zusammenhängende
Absätze gegliedert wobei kurze Bemerkungen am Blattrand oft in wenigen Worten das
Thema der nachfolgenden Textpassage umreißen oder ihn durch eine Datumsangabe zeitlich
einordnen. Abgefasst wurde der Geheimbericht in frühneuhochdeutscher Sprache, die
stellenweise durch fremdsprachige Ausdrücke (Latein und Italienisch) durchbrochen
wird. Diese wurden zumeist in lateinischen Buchstaben geschrieben, während man den
Hauptteil in deutscher Kurrentschrift verfasste.
Die ausführlichere Finalrelation, die wenig später verfasst wurde, umfasst die Folios
112r–194v und wird im selben Bestand wie der Geheimbericht aufbewahrt
Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn, Finalrelation, Wien,
24.10.1649, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/2, fol. 112r–194v. . Anhand
eines Titelblattes und aus der einleitenden Anrede geht hervor, dass auch dieses
Dokument direkt an den Kaiser adressiert war. Auch die Finalrelation weist
verschiedene Nummerierungen auf. Wie beim Geheimbericht wurden hier ebenfalls die
schwarz aufgedruckten Folioangaben herangezogen. Die Textgliederung erfolgte durch
Absätze des Autors wobei seitliche kurze Randbemerkungen den Absatzinhalt
zusammenfassen. Ebenso wie der Geheimbericht erfolgte auch die Abfassung der Relation
in Frühneuhochdeutsch, ergänzt durch einige fremdsprachige Termini. Die Relation ist
gut erhalten und lesbar
An manchen Stellen weist die Quelle leichte Wasserschäden
auf. , zudem konnten keine Textverluste durch fehlende Seiten oder
Textpassgen ausgemacht werden. Das Schriftbild scheint sich im Laufe der Relation zu
verändern – ob durch einen Schreiberwechsel, Wechsel der Schreibutensilien etc.
bedingt, kann an dieser Stelle nicht geklärt werden. Mit der Abfassung der
Schriftstücke beauftragte Schmid wahrscheinlich seinen Sekretär, da er selbst unter
Gicht litt.
3.4 Inhalt
Die verschiedenen schriftlichen Quellen zur Internuntiatur stehen in
unterschiedlichster Weise zueinander in Beziehung. Die Finalrelation orientiert sich
teilweise wortgetreu an den Briefen, fügt aber auch viele Inhalte hinzu, die in den
Briefen völlig ausgespart werden. Auch zu Metzgers Reisebericht lassen sich
intertextuelle Bezüge erkennen. Für den Geheimbericht gilt das nur teilweise. Er
gleicht den Briefen und der Finalrelation zwar in formalen Aspekten, unterscheidet
sich inhaltlich aber deutlich von ihnen
Eine umfassendere Analyse bietet Lisa BRUNNER, Zwischen
diplomatischer Korrespondenz und Reisebericht. Intertextualität am Beispiel der
Internuntiatur Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorns (1649), in: Arno Strohmeyer
u.a., Hg., Die Medialität des Briefes. Diplomatische Korrespondenz im Kontext
frühneuzeitlicher Briefkultur [in Vorbereitung]. .
Während die ausführlichere Finalrelation die gesamte Reisedauer der Internuntiatur
beleuchtet, greift der Geheimbericht einige wichtige Momente der Mission heraus und
behandelt diese genauer. Die Finalrelation beginnt mit der Abreise der Gesandtschaft
aus Wien im Jänner 1649 und thematisiert im weiteren Verlauf die Geschehnisse auf der
Hinreise nach Konstantinopel, die von einigen Erschwernissen geprägt war: Geklagt
wurde über schlechte Wetterverhältnisse sowie dürftige Verpflegung und Unterkunft. Die
wichtigste Reisestation war Ofen, wo die Gesandtschaft noch im Jänner eintraf. Über
die dort abgehaltenen Audienzen mit dem Wesir von Ofen berichtet Schmid besonders
detailliert, denn hier wurden bereits die Weichen für die weiteren Verhandlungen in
Konstantinopel gestellt
Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn, Finalrelation, Wien,
24.10.1649, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/2, fol. 113r–127v sowie Schmid an
Ferdinand III., Ofen, 19. Jänner 1649, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/1, fol.
7r-16r. . Eine Besonderheit in der Wiedergabe von Treffen mit osmanischen
Würdenträgern und anderen Gesandten in Konstantinopel in Schmids Schriftverkehr ist
die Verwendung der direkten Rede – der Großteil der Audienzen beim Wesir von Ofen ist
in dieser Form wiedergegeben.
Mit der Ankunft in Konstantinopel im März 1649 folgten Ausführungen zu weiteren
wichtigen Gesprächen, so etwa mit dem Großwesir und dem Sultan sowie über die
obligatorischen gegenseitigen Visiten bei den anderen in Konstantinopel anwesenden
Gesandten aus Europa. Einige Themenkomplexe werden dabei ausführlicher bzw. öfter
behandelt. Ein zentrales Thema stellen die veränderten Regierungsverhältnisse an der
Hohen Pforte dar, die sich – wie Schmid befand – seit seiner Residentschaftszeit
(1629–1643) keinesfalls zum Besseren entwickelt hatten. Korruption und Nepotismus
standen laut Schmid zum Schwarzenhorn an der Tagesordnung. Zudem beklagt er die Macht
der Sultansmutter bzw. -großmutter, Kösem Mahpeyker Sultan, oder den Umstand, dass mit
Mehmed IV. ein Kind an der Spitze des Osmanischen Reiches stand. Ebenso berichtet der
Diplomat fortlaufend über die andauernden Aufstände in Anatolien. Aber nicht nur
innenpolitische Probleme des Großreiches wurden vom Diplomaten thematisiert; auch die
anhaltenden außenpolitischen Schwierigkeiten beobachtete er sehr genau. Schmid widmete
in seiner Finalrelation vor allem dem andauernden Krieg mit Venedig (1645–1669) um die
Insel Candia (Kreta) Platz. Besonders bewegt haben muss ihn die Gefangennahme des
venezianischen Bailo – ihr widmet er einen ganzen Brief und mehrere Seiten der
Finalrelation
Vgl. Schmid an Ferdinand III., Konstantinopel, 1. Mai 1649,
ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/1, fol. 90r-91v; Johann Rudolf Schmid zum
Schwarzenhorn, Finalrelation, Wien, 24.10.1649, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/2,
fol. 138r-140r und 141v-142r. . Auch Probleme innerhalb seines
Gesandtschaftsgefolges legte er an mehreren Stellen dar: Schmid war etwa in besonderer
Weise von der schlechten Leistung der mitgereisten Sprachknaben enttäuscht
Vgl. hierzu an unterschiedlichsten Stellen die Ausführungen
Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorns in seiner Finalrelation: Johann Rudolf
Schmid zum Schwarzenhorn, Geheimbericht, Wien, 11.10.1649, ÖStA, HHStA, StAbt,
Türkei I, 121/2, fol. 60r; Schmid an Ferdinand III., Konstantinopel, 10. Mai 1649,
ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/1, fol. 96r. .
Als besonders problematisch empfand der Internuntius allerdings die Absetzung des
Großwesirs Sofu Mehmed Pascha im Mai 1649, nachdem die türkische Flotte in der
Seeschlacht von Focchies am 12. Mai 1649 von den Venezianern geschlagen worden war
Vgl. Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn, Finalrelation,
Wien, 24.10.1649, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/2, fol. 142v-145v. Zur
Seeschlacht von Focchies und zum Krieg mit Venedig: David BLACKMORE, Warfare on the
Mediterranean in the Age of Sail. A History 1571–1866, North Carolina 2011, 88;
EICKHOFF, Venedig; Spencer C. TUCKER, A global Chronology of Conflict. From the
Ancient World to the Modern Middle East, Santa Barbara 2010, 616. . An die
Stelle des alten Großwesirs trat der vorige Janitscharenagha Kara Murad Pascha, dem
Schmid keine lange Amtszeit prophezeite
Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn, Finalrelation, Wien,
24.10.1649, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/2, fol. 144v–145r. .
Die Verhandlungen waren durch den Wechsel ins Stocken geraten und Schmid sah seine
bisherige Verhandlungsarbeit an der Pforte zunichte gemacht, denn es „kame ein ganz
anderß governo herfür, also daß mein voriges negotiiren undt regaliren umb sonst, nit
anderst alß wann ich alles in daß waßer geworffen.“
Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn, Finalrelation, Wien,
24.10.1649, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/2, fol. 144v. Fortlaufend
beschrieb der Diplomat nun die geheimen Treffen mit osmanischen Würdenträgern und
deren Vertrauenspersonen über den weiteren Verlauf seiner Verhandlungen. Immer wieder
verweist er auf ausführlichere Schilderungen in seinem Geheimbericht
Vgl. etwa Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn,
Finalrelation, Wien, 24.10.1649, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/2, fol. 154v.
. In mehreren Audienzen beim neuen Großwesir versuchte Schmid, den ehemaligen
Janitscharenagha davon zu überzeugen, den Frieden nach dem Vorbild des
Waffenstillstandsvertrages von Szőny (1642)
Instrumentum prorogatae Pacis ad novem annos inter
Augustissimum Ferdinandum III. Romanorum Imperatorem & Ibrahim Turcarum
Sultanum. Actum in Pago Szeönii die 19 Martii, 1642, in: Treaties, etc. between
Turkey and Foreign Powers 1535–1855. Completed by the Librarian and Keeper of the
Papers, London 1855, 31. auf weitere 20 Jahre zu verlängern. Durch verbale
Drohungen, den Einsatz von Bestechungsgeldern und der Vergabe von Geschenken erreichte
Schmid letztlich – nach mehrmaligen Aufschüben – die erneute Friedensverlängerung
Instrumentum prorogatae Pacis inter Augustissimum
Ferdinandum III. Romanorum Imperatorem […] & Turcarum Sultanum Mehemete IV. […].
Datum Constantinopoli, die 1 Julii 1649, in: Treaties, etc. between Turkey and
Foreign Powers 1535–1855. Completed by the Librarian and Keeper of the Papers,
London 1855, 35. . Eine genaue Übersicht über die abgehaltenen Audienzen,
geheimen Treffen mit osmanischen Regierungsmitgliedern oder auch die aufgewendeten
(Sach-)Mittel, um sein Verhandlungsziel durchzusetzen, erörtert Schmid ausführlicher
im Geheimbericht
Vgl. Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn an Ferdinand
III., Geheimbericht, Wien, 11.10.1649, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/2, fol.
28r–64v. Schmids Berichterstattung im Geheimbericht setzt im Grunde mit der
Absetzung des Großwesirs im Mai 1649 ein und beinhaltet vor allem die in den
Unterredungen stattgefundenen Verhandlungen und Gespräche. Auch der Geheimbericht
verweist an manchen Stellen auf die längere Finalrelation. . In
selbstironischer Weise schrieb der Internuntius über seine Verhandlungserfolge etwa,
der Reis Efendi halte ihn „für einen rechten schwartzkünstler, der die türckischen
ministros so verzaubere, daß nach [s]einen willen man alles thuen müße, aber der gute
Panioti undt andere, so dis gehört, auch [ihm] wider referirt, wusten nit, daß [s]ein
zauberey in lauter duggaten bestunde.“
Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn an Ferdinand III.,
Geheimbericht, Wien, 11.10.1649, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/2, fol. 48v.
Nach abschließenden Besuchen bei anderen europäischen Diplomaten und osmanischen
Würdenträgern verließ Schmid nach erfolgreichen Verhandlungen die Stadt Anfang August
1649. Er schildert im weiteren Verlauf der Finalrelation die Heimreise seiner
Internuntiatur. Im September 1649 erreichte Schmid letztlich Wien. Sein Bericht
schließt mit der Audienz beim Kaiser am 1. Oktober 1649 sowie einigen abschließenden
Huldigungsworten und Bitten für sich wie auch für andere Gesandtschaftsteilnehmer –
etwa seinem Sekretär Johann Friedrich Metzger, dessen besondere Leistungen er
hervorhob
Vgl. etwa Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn,
Finalrelation, Wien, 24.10.1649, ÖStA, HHStA, StAbt, Türkei I, 121/2, fol.
188v–191v. .